Autobombe: So sieht das aus
Jedem deutschen EOD (Explosive Ordnance Disposal; zu deutsch: Kampfmittelbeseitiger)-Experte würden da die Haare zu Berge stehen: Das Foto der afghanischen Nachrichtenagentur Pajhwok zeigt einen Blick in ein VBIED, ein Vehicle Borne Improvised Explosive Device, also eine Autobombe. Bevor sie explodieren konnte. Hier wird alles von afghanischen Polizisten säuberlich ausgeräumt…
Laut Pajhwok war mit dieser Autobombe ein Anschlag auf eine Demonstration im Bezirk Dascht-e Archi bei Kundus geplant. So ganz verständlich ist das nicht – warum sollten Insurgents eine afghanische Demonstration angreifen, ohne dass es auch nur so scheint, als ob entweder ISAF oder der afghanische Staat das Ziel wäre?
Mit dem Fall wird sich dann wohl die Ethikkommission der Taliban befassen müssen…
Aber Zynismus bei Seite: Das ist doch gerade der Vorteil der Terroristen, dass sie sich für Kollateralschäden bei niemandem verantworten müssen.
Sie sind insbesondere auch nicht auf das Wohlwollen der Zivilbevölkerung angewiesen.
In der aktuellen Situation ergibt es durchaus Sinn für die Taliban, das Feuer tüchtig anzufachen, mit der durchaus reellen Perspektive, dass die Westler endgültig die Nerven verlieren und das Feld räumen.
Die Insurgenten benötigen für ihre Anschläge keinen klar zu identifizierenden Feind, es handelt sich sozusagen um abstrakten Terror.
seit wann braucht man denn als regulärer irregulärer Aufständischer keine Zivilbevölkerung mehr hinter der man sich verstecken kann ? Ohne ein gewisses Wohlwollen der lebendigen Tarnung stell ich mir das Aufständischenleben doch sehr anstrengend vor.
btt: ein zyniker könnte in anbetracht der abgeblasenen Demo von einer recht erfolgreichen arbeit des antikonfliktteams sprechen ;)
OT: Die Kriminellen von Wikileaks haben einen Schriftverkehr eines deutschen „Former Intelligence Analyst“ mit der Firma Stratfor über die Lage im Raum Kunduz und einen Anschlag auf die GIZ veröffentlicht
http://pastebin.com/Ddrwrqkw
Auch wenn ich das Verhalten von Wikileaks nicht gutheiße, so ist der Inhalt doch sehr interessant.
Ungewöhnlich wäre das nicht, wenn INS (Insurgents) eine zivile Menschenmenge treffen würden. Gab es in den vergangenen Jahren schon öfter.
Für die INS ist es wichtig Unsicherheit und Unzufriedenheit zu schüren. Ein Anschlag inmitten der Zivilbevölkerung zeigt den Menschen, „seht her, die Regierung ist nicht in der Lage für Sicherheit und Stabilität zu sorgen“.
Ist die Bevölkerung unzufrieden mit der Regierung ist der Boden bereit die Saat aufzunehmen, bildlich gesprochen. Interessant ist dabei, dass es immer wieder Atmospheric Reports gibt, wonach die Bevölkerung unmittelbar nach solchen Anschlägen wütend auf die Insurgents sind. Wenige Tage später jedoch sind sie dann wütend auf GIRoA (Government of Islamic Republic of Afghanistan) und ISAF, da diese nichts für ihren Schutz unternehmen.
@Orontes:
Interessanter Inhalt in der Tat. Leider vergisst auch dieser Analyst in BEzug auf den Angriff auf LANTdefence einen entscheidenden Faktor.
LANTdefence ist innerhalb der Bevölkerung und der Insurgency relativ unbekannt. Der Compound jedoch diente jahrelang als GUESTHOUSE. Dort verkehrten deutsche Entwicklungshelfer und andere Personen mit zivilen Ortsansässigen. Daher muss man auch in Betracht ziehen, dass in den Augen der Insurgency dieses vermeintliche Guesthouse ein High Value Target war, noch dazu mit der Möglichkeit bei diesem Angriff westliche Personen zu töten.
@Orontes
Ist an dieser Stelle nicht so richtig OT ;-)
Aber wenn, dann bitte auch das Original verlinken:
http://wikileaks.org/gifiles/docs/5008523_re-alpha-insight-germany-afghanistan-german-security-company.html
(Was das Verhalten von Wikileaks angeht, habe ich eine Meinung, die der des Kollegen vom The Atlantic sehr ähnlich ist. Die apodiktische Bezeichnung als die Kriminellen von Wikileaks bringt uns dennoch hier nicht unbedingt weiter; der nächste kommt dann und besteht auf der Bezeichnung die amerikanischen Kriegsverbrecher…)
@T.W.: Danke für’s teilen, der Artikel ist ja ganz großes Kino … ähm … Presse meine ich!
@T. Wiegold
Die Bewertung von „Stratfor“ durch „The Atlantic“ teile ich absolut. Die Firma veröffentlicht im Grunde nur politische Kommentare. Deren internen Schriftverkehr zu stehlen und zu veröffentlichen ist jedoch kriminell. Kriminell und m.E. in jeder denkbaren Weise unethisch war es auch, die Namen z.B. von Afghanen zu veröffentlichen und diese damit Lebensgefahr auszusetzen, die nicht mehr getan haben als mit ISAF zu sprechen.
Unter all dem Material, das Wikileaks bislang veröffentlicht hat, war m.E. nur ein Bruchteil für die öffentliche Diskussion relevant, z.B. der „Feldjäger-Bericht“ oder die jetzt veröffentlichte Kunduz-Meldung. Wenn es Wikileaks darum ginge, die Diskussion weiterzubringen, hätte man eine entsprechende Auswahl treffen und dafür Sorge tragen müssen, dass für die Diskussion irrelevante (und für die Betroffenen potentiell tödliche) Details wie Namen etc. nicht veröffentlicht werden. So jedoch entsteht für mich der Eindruck, dass es sich bei den Aktivisten von Wikileaks um politisch native Egomanen handelt, die ihre Suche nach Aufmerksamkeit zum couragierten Akt des Widerstands aufwerten wollen und dafür bereit sind, buchstäblich über die Leichen Unschuldiger zu gehen.
Angesichts dessen, was Wikileaks oder Anonymous schon gestohlen und veröffentlicht haben, würde es mich nicht erstaunen, wenn irgendwann auch der private Schriftverkehr mutmaßlich „militaristischer“ Journalisten oder Blogger veröffentlich würde. Brächte das die Diskussion weiter, oder würde es dazu führen, dass sich irgendwann niemand mehr im privaten Schriftverkehr kritisch über irgendetwas äußert, weil er damit rechnen müsste, von selbstermächtigten Egomanen an den Pranger gestellt zu werden?