Sonntagsarbeit beim ZDF
Das ZDF fragt heute um 19.10 Uhr in der Sendung Berlin direkt nach den Lehren aus zehn Jahren Afghanistan. Ich bin vor allem auf die Politiker-Aussagen gespannt – und auf die Fragen, für die ich im Anschluss (ab 19.30 Uhr) für Nachfragen im Online-Chat zur Verfügung stehe.
Die ersten Fragen an und Antworten des Verteidigungsministers sind bereits online: 3 Fragen an Thomas de Maizière
Nachtrag: Zur Dokumentation hier der Verlauf des Chats:
Berlin direkt: Der Chat mit Thomas Wiegold beginnt zwar erst um 19.30 Uhr, Eure Fragen könnt Ihr aber jetzt schon stellen.
Berlin direkt: Willkommen beim Berlin direkt-Chat zur Bilanz von zehn Jahren Bundeswehr in Afghanistan. Wir begrüßen alle Teilnehmer, sowie unsere Chatpartner, den Verteidigungsexperten Thomas Wiegold. Guten Abend, Herr Wiegold.
Thomas Wiegold: Guten Abend!
Berlin direkt: Herr Wiegold, seit nunmehr zehn Jahren steht die Bundeswehr am Hindukusch. Über 50 Soldaten sind gefallen und von Stabilität scheint das Land weiter entfernt denn je. Ist die Bundeswehr dort gescheitert?
Thomas Wiegold: Gescheitert ist ein Begriff, der immer suggeriert: bloß raus da. Nein, noch ist sie nicht gescheitert, aber die Gefahr ist groß, dass der ganze Einsatz scheitert.
Berlin direkt: Deutschlands Sicherheit werde auch am Hindukusch verteidigt, sagte der damalige Verteidigungsminister Peter Struck – ist das tatsächlich der Grund, warum deutsche Truppen auch heute noch in Afghanistan stehen?
Thomas Wiegold: Mittelbar… wenn man Deutschland als Teil eines Bündnisses sieht, nämlich der NATO. Und wenn man als gemeinsames Ziel definiert, dass Afghanistan nicht (wieder) Rückzugsort für Terrorismus werden soll.
Berlin direkt: Die Bündnisnationen wollen lieber morgen als übermorgen abziehen und die Sicherheit des Landes in afghanische Hände übergeben. Wie wird sich Afghanistan nach Abzug der NATO-Truppen entwicklen?
Thomas Wiegold: Das ist die große Gefahr: ein zu schneller Abzug aus einem nicht stabilen Land bedeutet vermutlich einen schnellen Weg in einen neuen Bürgerkrieg. Es gibt Anzeichen, dass sich verschiedene Warlords darauf schon vorbereiten.
Gast215 (Gast): Ein Ziel, welches doch nicht mit Beginn des ISAF Einsatzes an vorderster Stelle lag. Es gin doch um Demkratie und Rechtsstaatlichkeit, oder täuschte mich damals, vor zehn Jahren?
Thomas Wiegold: Die Ziele von vor zehn Jahren sind schrittweise immer weiter runtergefahren worden…. In der Tat, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit war ein Ziel. Nur: geschickt haben die verschiedenen Nationen vor allem Soldaten. Recht wenig Juristen, Verwaltungsfachleute etc.
Gast310 (Gast): Ist unsere westliche Herangehensweise nicht grundätzlich falsch zu denken wir marschieren mit Gewalt in Afghanistan ein, stülpen unsere Demokratie über ein islamisches Land ohne auf andere Traditionen, Religionen und Gewohnheiten einzugehen?
Thomas Wiegold: Wenn es tatsächlich den Gedanken an das „Überstülpen“ gab, war er in der Tat falsch. Ich bin mir nicht sicher, ob das so gemeint war, und Demokratie hat viele verschiedene Spielarten. Allerdings: Was viele Politiker ihren Wählern daheim als Ziel verkauft haben, hatte mit der Realität am Hindukusch nicht immer was zu tun.
Detzen: Hallo, warum wird nicht massiver gegen den Drogenhandel vorgegangen mit dem die Taliban doch offensichtlich ihre Waffen finanzieren?
Thomas Wiegold: Eine sehr gute Frage. Warum hat Deutschland für die Bundeswehrsoldaten ausdrücklich den Kampf gegen Drogenanbau und -handel ausgeschlossen? Eine schlüssige Erklärung dafür habe ich nicht – und andere ISAF-Nationen hatten damit auch nicht gerade Erfolg.
Gast215 (Gast): Wer legt wann und unter welchen Bedinungen und Kriterien fest, ob der ISAF Einsatz ein Erfolg war? NATO? COM ISAF oder der Präsident der Vereinigten Staaten (USA)?
Thomas Wiegold: Letztendlich die innenpolitische Debatte in den jeweiligen Ländern.. Die ganze Abzugsdiskussion ist aus meiner Sicht nicht wirklich von der entwicklung in Afghanistan bestimmt. Sondern von der deutschen (und amerikanischen und… usw) Innenpolitik.
rollingthunder: Die Afganistan Mission geht auf Traditionen, Religionen und Gewohnheiten ein.
Thomas Wiegold: @rollingthunder ist das eine Frage oder ein Statement?
Gast310 (Gast): Ich habe eine Antwort auf die Drogenfrage. Hätte sich die ISAF gegen den Drogenhandel und damit gegen das Hauptgeschäft der Warlords versucht zu stemmen, wären sie in einen blutigen Drogenkrieg verstrickt worden, wogegen Mexico einem Kindergeburtstag gleichkommt!
Thomas Wiegold: @Gast 310 Vielleicht. Aber ich bin nicht sicher, ob sie es – von der gelegentlichen Aushebung von Laboren abgesehen – überhaupt gewollt haben.
Berlin direkt: Es war für die Bundeswehr der erste Auslandseinsatz, in dem Kampfhandlungen und tödliche Gewalt zum beinahe täglichen Geschäft gehören. Hat dieser Einsatz die Bundeswehr verändert?
Thomas Wiegold: Auf jeden Fall. Für deutsche Soldaten, die ja inzwischen alle freiwillig zum Militär gehen, gehören scharfe Einsätze, Tod und Verwundung jetzt zur Realität. das war vor 10 Jahren noch nicht so
Gast215 (Gast): Welche möglichen Szezanarien sind nach dem Abzug ISAF realistisch?
Thomas Wiegold: @Gast215 Ein Bürgerkrieg. Oder, wenn wir es positiv sehen wollen: eine handlungsfähige und genügend starke Zentralregierung in Kabul, die das Land organisieren und befrieden kann. Aber ob das wirklich klapppt?
rollingthunder: Vieleicht weill die dort lebenden Menschen einfach keine Alternativen haben ihren Lebensunterhalt zu finanzieren… Sollte mehr ein Statement sein,,
Thomas Wiegold: Wenn gerade keine Frage kommt: Bitte auch beachten, dass die Rede von einem Abzug von „Kampftruppen“ bis 2014 ist. Nicht von einem Abzug aller Truppen.
Gast620 (Gast): Warum darf und soll die Bundeswehr in Afghanistan Gruppierungen ausrotten – die in Deutschland finanziell gefördert, von Anwälten verteidigt und gestärkt werden?
Thomas Wiegold: @Gast620 Das mit dem „Ausrotten“ finde ich eine etwas unglückliche Wortwahl. Was meinen Sie genau? Welche Gruppen „fördert“ Deutschland?
rollingthunder: Was gab es den für ein Szenario nach abzug der Sowjets aus afganisten?
Thomas Wiegold: @rollingthunder Das ist ja genau die Parallele, die es zu vermeiden gilt: Die Sowjets sind raus, der Rest war ihnen egal. die Folgen sind bekannt.
Gast215 (Gast): Wenn Bürgerkrieg realistisch ist, dann hat sich der Status quo ante nicht verbessert, das gab es auch schon vor ISAF, dann hat es sich doch nicht „gelohnt“?
Thomas Wiegold: @Gast215 Tja. Das genau ist der Punkt: Kann etwas getan werden, um ein solches Szenario zu vermeiden? Und sind die verschiedenen Nationen zu den Anstrengungen bereit, die noch nötig sind? Zum Beispiel: Wenn die Aufständischen, Taliban und andere, nur durch längere internationale Präsenz eingedämmt werden können – müssten die Länder dann nicht dazu bereit sein?
Gast620 (Gast): Ist Ihre Frage ernst oder rhetorisch Herr wiegold? Deutschland fördert Hamas und Taliban in Deutschland. In Afghanistan dürfen wie die jagen – in Deutschland nicht.
Thomas Wiegold: @Gast620 Ich bin wahrscheinlich schlecht informiert und habe noch nicht mitbekommen, dass Taliban und Hamas in Deutschland gefördert werden.
Gast310 (Gast): In wieweit wird denn darauf eingegangen? Warum denken wir im Westen überhaupt das Recht zu haben, das leben von Menschen zu bestimmen, über das wir weder genug wissen noch genug verstehen und die sich vor allem gar nicht helfen lassen wollen. Nicht von feindlichen Soldaten. Meine Frage hier, warum muss ein solcher Einsatz mit Soldaten gemacht werden? Kann das nicht mit einer besseren „Marketingstrategie“ gemacht werden?
Thomas Wiegold: @Gast310 Eine bessere Marketingstrategie gegen Bewaffnete mit Kalaschnikows? Wenn überhaupt, dann eine Verbesserung der Lebensbedingungen der Menschen – die ja nicht unbedingt die Taliban gut finden, aber sich möglicherweise von ihnen – trotz aller Nachteile – ein halbwegs stabiles Leben versprechen. Und da sind wir doch beim kern des Problems.
Gast124 (Gast): Hallo, ist denn schon abzuschätzen bis wann die Bundeswehr komplett aus Afghanistan abgezogen werden wird?
Thomas Wiegold: @Gast124 Eben nicht. Denn die Zusage des Abzugs der Kampftruppen bedeutet, wie schon gesagt, ja nicht den Abzug aller Truppen. Wie lange ist zum Beispiel noch Ausbildung von afghaniscen Soldaten und Polizisten sinnvoll und nötig? Ich weiß es nicht.
Gast426 (Gast): Wie sieht es denn mit den amerikanischen Abzugsplänen im Norden aus? Stichwort Dustoff
Thomas Wiegold: @Gast426 Kurz zur Erklärung: „Dustoff“ ist immer das Rufzeichen der amerikanischen Rettungshubschrauber. Angeblich sollen die USA signalisiert haben, dass sie da vorerst keine signifkante Reduzierung planen. Derzeit gibt es ja 15 Forward MedEvac Hubschrauber der USA in der Nordregion.
Gast66 (Gast): Die Ausbildung der Polizei und Armee vor Ort bedarf noch mindestens 10 Jahre bis das Sicherheitsniveau akzeptabel ist.
Thomas Wiegold: @Gast66 Das ist eine Vermutung, die stimmen kann oder auch nicht….
Detzen: Ich denke schon das Hilfe zur Selbsthilfe immer besser ist. Nur wie viele Geschäftsleute gibt es die dazu bereit sind?
Thomas Wiegold: @Detzen Ist nicht nur eine Frage an Geschäftsleute, sondern auch an andere Organisationen.
Gast215 (Gast): @ Wiegold „…müssten die Länder dann nicht dazu bereit sein?“ Ich denke nein. Der ISAF Einsatz war von vorne herein zum Scheitern verurteilt. Die Ziele wechselnden ständig und der Abzug wird hoffebtlich nicht vergleichbar wie damals in Saigon sein.
Thomas Wiegold: @Gast215 Das mit dem „von vorherein zum Scheitern verurteilt“ will ich nicht unbedingt teilen. Und Saigon… Es ist ja nicht so, dass eine Taliban-Armee auf Kabul marschiert. Sondern dass die Aufständischen mit Anschlägen und Angriffen z.B. auf Politiker klassischen Terror-Mustern folgen.
Gast620 (Gast): Mein Gott Herr Wiegold, wie kann man so träumen wie Sie? spätestens als die Deutschen nicht bei der Bekämpfung des Drogenanbaus mitmachen durften, hätte die Bundeswehr abgezogen werden müssen. Ab da war zu erkennen – dass die dt. Soldaten voll verarscht werden sollen und ja auch täglich werden. Es ist mir bis heute ein Rätsel wie man sich dafür freiwillig melden kann. drum hält sich ja das Mitleid der Bevölkerung in Grenzen. schönen Abend noch
Thomas Wiegold: @Gast620 ;-)
Berlin direkt: Warum tut sich die deutsche Öffentlichkeit so schwer mit der Unterstützung ihrer Soldaten in Afghanistan?
Thomas Wiegold: Fragen sie mal Gast620 ;-) Aber im Ernst: Die deutsche Bevölkerung mag von Krieg nichts hören. Das ist nicht unbedingt schlecht, wenn auch vielleicht nicht (mehr?) realistisch.
Wieland Jagodzinski: Ich arbeite seit 2007 via GOETHE INSTITUT in diesem Land, bin seit 9 Tagen erst wieder zurueck. Die Leute dort wollen frei ueber ihr Leben entscheiden- so hat sich die Haltung zu Deutschland seit 2009 stark veraendert. Nach meiner Meinung sollten alle finanziellen Mittel in Bildung / Kultur gegeben werden. Mit meinen kleinen Moeglichkeiten – ich bin Puppenspieler und Lehrer fuer dieses Genres – haben wir mit dem GOETHE INSTITUT d as erste Puppentheater-Ensemble Afghanistans 2009 gegruendet. Mit Stuecken zur Aufklaerung (2010 via UNICEF zu den Rechten der Kinder), jetzt zu Problemen der Umwelt. Ich meine, nur ueber Wege der Bildung kann Deutschland in AFG Entwicklung voran bringen und das verlorene ‚Gesicht‘ wieder zurueck gewinnen. Nach Abzug aller Armeen wird das Land – wenn nicht JETZT mit richtigen Mitteln dort gearbeitet wird(Bildung!)- wieder ein ethnischer Konflikt aufbrechen, der ohnehin latent vorhanden ist (Paschtunen/ Dari-sprechende Bevoelkerung bzw. Hazara) -. Das weitere Problem ist Pakistan. Auch hier sollte im Grenzgebiet zu AFG Bildung gebracht werden, um die Talib-Schulen/ Einrichtungen Einhalt zu gebieten. (Sorry – meine erste Teilnahme an einem ‚chat‘) Wieland Jagodzinski (via ‚google‘ unter meinem Namen alle Interviews etc. nachzulesen)s
Thomas Wiegold: @Wieland Was Sie sagen, illustriert das Problem: Es wurde (und wird) immer auf die militärischen Anstrengungen geschaut, kaum auf das zivile Engagement. Mehr Juristen, mehr Lehrer, und, ja, auch mehr Puppenspieler. Aber die kann man nicht hinbefehlen wie Soldaten, um die muss man werben.
Gast125 (Gast): Es ist nicht nur die fehlende Unterstützung, man wird regelrecht böse angesehen, wenn man man als Soldat für 4 Monate nach Afghanistan geht. Vor allem die evangelischen Kirchen versagen für die Angehörigen jegliche Unterstützung und Verständnis !
Thomas Wiegold: @Gast125 Ich finde es in Deutschland eine recht üble Situation, dass die – legitime – Ablehnung eines Auslandseinsatzes auch immer gleich die Ablehnung der Soldaten bedeutet. Auch wenn man den Afghanistan-einsatz unsinnig findet, begründet dass ja nicht eine solche Haltung gegenüber der Truppe und dem einzelnen Soldaten.
Berlin direkt: Werden sich solche Einsätze für die Bundeswehr in Zukunft häufen?
Thomas Wiegold: Häufen wohl kaum – weil Afghanistan die Bereitschaft dämpfen wird. Auf der anderen Seite werden Fragen nach einer deutschen Beteiligung zunehmen – aus der NATO, aber vermutlich auch von den Vereinten Nationen. Es wird mehr Anforderungen geben, weniger Bereitschaft. Was konkret passiert, wird sehr vom jeweiligen Einsatz abhängen.
Gast124 (Gast): Das wüsste och auch mal gerne…in keinem andern Land werden Soldaten, die für die Sicherheit anderr und ihres eigenen Landes sorgen, zu Hause als Mörder beschimpft oder böse angeschaut..
Thomas Wiegold: Dazu ein interessantes Zitat von Ex-ISAF-General Petraeus, der von einem Graffiti in Boston erzählte: „Hate the war, love the troops“…
Berlin direkt: Wir kommen nun zur letzten Frage.
Gast620 (Gast): warum weigert sich die Türkei immer noch in Afghanistan mitzuhelfen?
Thomas Wiegold: @Gast620 ??? Die Türkei ist in Afghanistan seit Jahren engagiert, betreibt im deutschen Verantwortungsbereich im Norden das PRT in shiberghan, hat die Sicherheitsverantwortung für Kabul übernommen, war zeitweise im Stab von ISAf der größte Truppensteller. Außerdem gibt es – ethnisch/kulturell begründet – enge Kontakte im Norden…
Thomas Wiegold: Danke für die Fragen – und mehr von mir auf augengeradeaus.net
Berlin direkt: Das war es wieder für diese Woche. Wir bedanken uns bei allen Teilnehmern, sowie unserem Chatpartner und wünschen allen noch einen schönen Rest-Sonntag.
Dann wird ja 2021 in der Sendung Brüssel direkt nach den Lehren aus zehn Jahren Libyen gefragt.
Ob ich heute, zu diesem Sendezeitpunt von der ARD auf das ZDF umschalten werden?
Ich weiss es noch nicht.
Wer legt eigentlich die Kriterien für „erfolgreich“ bzw. „nicht erfolgreich“ fest?
NATO – ISAF oder die USA alleine und ausschließlich?
Interessant wäre es doch in Erfahrung zu bringen, wer die Deutungshoheit daraüber hat, ob der ISAF Einsatz nun erfolgreich war oder nicht? Es war ja nun mal ein internationaler Einsatz, wie aus dem Namen ISAF hervorgeht. Ob es da zu unterschiedlichen nationalen Deutungsversuchen kommen wird.
Wird nun auch die Mongolei, die neuerdings an ISAF teilnimmt, auch nach dem Fortschritten zu Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Afghanistan gefragt werde?
Sorry, aber das ist großer Quatsch, was da als „Chat“ läuft.
GastXXX (Gast): Dieser Chat ist moderiert. Ihre Nachricht wurde an den Moderator weitergeleitet. Eingehende Fragen werden einzeln für den Chat freigestellt.
Totaler Mist. Zudem lässt der Minister mal locker die Aussage springen, das Soldaten ohne Einsatzerfahrung „anders“ sind, also vmtl. eher 2. Klasse. Gut, stimmt ja auch, tragen ja keine Gucci-Brillen sondern nur die 08-15 Ausrüstung für Wehrpflichtige.
Werter Herr Wiegold, da hätte ich aber bessere Kenntnisse von Ihnen erwartet.
Die Sowjets haben die Afghanen weiter unterstützt und versorgt bis zum Zusammenbruch der UdSSR. Najibullah war nach Abzug der Sowjets noch drei Jahre im Amt und hat sich in der Zeit sehr um Ausgleich mit den Mujahedin bemüht. Denen wurde allerdings von den USA und Pakistan gesat das der Kampf weitergehen solle bis das Regime fällt. Dieser Kampf wurde dann von den USA auch, entgegen dem Genfer Abkommen mit den Sowjets, weiter finanziert.
Das ist die allgemeine und heute unbestrittenen historische Wahrheit.
„Der Rest war ihnen egal“ ist daher eine falsche Behauptung. Nach dem Fall von kabul an die Mujahedin war den USA allerdings „der Rest egal“. Man hat dann die Warlords von allem Durck befreit, keinen Gelder mehr gezahlt und sie machen lassen. Das folgende Chaos gebar dann die Taliban.
@b
Auch eine Frage der Bewertung?
Der Abzug der sowjetischen Truppen hinterließ Afghanistan politisch und militärisch ohne Ordnung. Die Regierung Mohammed Nadschibullah war ebenso wie der heterogene Widerstand nicht in der Lage, einen Führungsanspruch auszubauen und eine in der Bevölkerung mehrheitlich akzeptierte Regierung zu bilden.
http://de.wikipedia.org/wiki/Sowjetisch-afghanischer_Krieg#Abzug_der_sowjetischen_Truppen_und_der_Weg_in_den_neuen_B.C3.BCrgerkrieg
Ja, sicher eine Frage der Bewertung. Zumal wenn wir unsere Maßstäbe z.B. über Kontrolle und Effektivität einer Regierung über ein Volk bzw. ein Gebiet nach AFG übertragen. Für mich persönlich hat b insofern Recht, als das es die UdSSR es durchaus geschafft haben, eine Übergangslösung zu schaffen. Das es den Mudschahedin nicht zügig gelang, die Regierung zu stürzen zeigt, wie effektiv eigentlich das sowj. Militär während der „Besatzungszeit“ war. Dagegen, und da hat TW Recht, gab es schon damals große Gebiete, in denen die Regierung nicht vertreten war und lokale Machthaber nach eigenem Gusto schalten und walten konnten. Diese Gebiete gibt es durchaus heute auch noch/wieder, nur will man sie heute sofern es noch möglich ist, befrieden/befreien und erst dann abziehen. Zumindest, wenn man der ISAF-Propaganda glauben darf.
Zitat:
„Der Abzug der sowjetischen Truppen hinterließ Afghanistan politisch und militärisch ohne Ordnung. Die Regierung Mohammed Nadschibullah war ebenso wie der heterogene Widerstand nicht in der Lage, einen Führungsanspruch auszubauen und eine in der Bevölkerung mehrheitlich akzeptierte Regierung zu bilden.“
Genau das Gleiche wird wieder passieren !
Nach dem Abzug der Nato-Truppen sollen afghanische Sicherheitskräfte von insgesamt min. 300000 Männern vorhanden sein.
Ich denke es wird keine Frage werden, wieviel Regierungstruppen vorhanden sein werden, sondern wie die Ressourcen des Landes aufgeteilt werden.
Für die ca. 20 Drogenbarone, die bereits heute über dem Gesetz stehen, wird sich nicht viel ändern. Sie werden mit ihren Drogengewinnen ihre eigenen Privatarmeen finanzieren. Wenn wir Glück haben, dann wird es zu einem Gleichgewicht der verschiedenen Machtgruppen in AFG kommen mit einer friedlichen Aufteilung der verschiedenen Einflusszonen.
Pakistan, Iran und Saudi Arabien werden weiter ihr Süppchen in AFG kochen.
PAK will kein stabiles AFG und Indien versucht über seine Botschaften und Konsulate im ganzen Land Einfluss in AFG zu gewinnen. Saudi Arabien wird weiterhin weltweit der geistige Brandstifter für den islamischen Fundamentalismus und Terrorismus sein, indem in den von ihnen weltweit bezahlten Madrass-Schulen, Hass und Intoleranz an die nächste Generation gelehrt wird.
China wird versuchen die Kupfervorkommen rund um Kabul auszubeuten und mittels einer neu zu bauenden Eisenbahnlinie nach Hause bringen.
Der Westen wird weiter das Regime in Kabul bezahlen.
Und Deutschland wird erkennen, dass es mit der falschen, bzw. lfd geänderten Strategie in AFG keinen Erfolg erzielt hat und wenn wir Glück haben, dann merkt die deutsche Gesellschaft, dass sie von den jeweiligen deutschen Politikern an der Nase rumgeführt wurden (um das Wort ver****** nicht gebrauchen zu müssen).
Hoffentlich wird es aus Anlass der geplanten AFG-Konferenz in Deutschland, 10 Jahre nach der Petersberg-Konferenz, die zu dem ISAF-Einsatz führte, zu Protesten in der deutschen Gesellschaft kommen, damit die Politiker nicht so weitermachen können wie bisher.
Herr Wiegold – „der Rest war ihnen egal“ ist der Punkt der mich da am Wesentlichsten stört.
Die Sowjetunion hat Najibullah noch drei Jahre mit sowohl militärischen als auch nicht-militärischen Gütern unterstützt. 1990 im Wert von ungefähr $3 Milliarden U.a, sind zig-tausend Tonnen Getreide nach Kabul geflogen worden. Najibullah hat die meisten großen Städte im Griff gehabt. Im weiten Land in Afghanistan hatte er wenig zu sagen. Das war allerdings in Afghanistan schon immer so und ist heute auch nicht anders.
Seine Regierung brach erst zusammen als es innerhalb der Regierungskoalition zu Streit am und z.B. Dostum die Seiten wechselte und die Unterstützung aus der Sowjetunion versiegte.
Wenn der „Westen“ etwas Vergleichbares zustandebringt (unwahrscheinlich) dann wäre das schon als Erfolg zu werten.
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Author Talk: Jonathan Steele „Ghosts of Afghanistan“ (CBS) (16 Minuten)
Jeff Glor talks to author Jonathan Steele about „Ghosts of Afghanistan,“ an account of the country’s turbulent recent history that Steele – an award-winning journalist – has covered since his first visit there as a reporter in 1981.
@b
Mir erscheint es wiedersprüchlich, dass sie häufig jegliches kinetische Vorgehen von ISAF als kontraproduktiv verurteilen, aber das sowjetische Vorgehen (das wesentlich weniger Rücksicht auf den Feind und die Bevölkerung nahm) dem von ISAF positiv gegenüberstellen. Vielleicht können Sie diesen Widerspruch auflösen?
An die wirklich unangenehme Frage hat sich hierzulande m.E. noch niemand herangewagt: Vielleicht waren die Sowjets im Vergleich zu ISAF ja gerade wegen ihres konsequenteren Vorgehens trotz eines gefährlicheren (mit weltweiter Unterstützung operierenden) Gegners relativ gesehen erfolgreicher? Immerhin waren die Sowjets am Anfang so erfolgreich, dass die Amerikaner befürchteten, dass sie sich endgültig durchsetzen würden und einige Ressourcen mobilisierten, um dies zu verhindern.
@Orontes – ich habe nichts zu dem militärischen Vorgehen der Sowjets gesagt. Wieso unterstellen sie mir das ich das positiv sehe?
Es ging bei meinem Punkt ausschließlich um historische Richtigstellung der Unterstützung nach dem Abzug.
Die Sowjets haben in Afghanistan militärisch nicht mehr oder weniger erreicht als die ISAF. Die Brutalität des Vorgehens zu US/ISAF unterscheidet sich auch nicht besonders. Der Einmarsch der Amerikaner war begann immerhin mit Flächenbombardements und der akuelle Einsatz von MARS in Helmand zeugt auch nicht gerade von Zurückhaltung.
Die Sowjets hatten höhere Verluste da die Ausrüstung schlechter war, die Truppenhygiene miserabel und die Einsatzregeln weniger Rücksicht auf eigene Verluste genommen haben. Ansonsten sehe ich da insgesamt wenige Unterschiede der beiden Besatzungen.
Immerhin waren die Sowjets am Anfang so erfolgreich, dass die Amerikaner befürchteten, dass sie sich endgültig durchsetzen würden und einige Ressourcen mobilisierten, um dies zu verhindern.
Historisch ist auch die Aussage falsch.
Der damalige U.S. Präsident Carter hat im Juli 1979 zwei Direktiven unterschrieben die den CIA ermächtgte die Rebellen gegen die Regierung von Afghanistan zu unterstützen. Die Sowjets sind erst im Dezember 1979 einmaschiert.