Das Problem sitzt oben
Oberst Michael Dederichs ist Kommandeur des Luftwaffen-Standorts Holzdorf und war bis Mai dieses Jahres Stabschef des deutschen ISAF-Kontingents in Nordafghanistan (für Kenner: der XO, nicht der Stabschef des RC North). Vorgestern abend hat er aus seiner Erfahrung aus dem Hindukusch-Einsatz – und sehr persönlich – bei einer öffentlichen Veranstaltung der Evangelischen Akademie Sachsen-Anhalt doch deutliche Kritik an der Art des Einsatzes und vor allem der deutschen Politik und der militärischen Führung im Blick auf diese Mission geübt.
Kernpunkte seiner Kritik sind bei der Mitteldeutschen Zeitung nachzulesen; ein kurzer Ausschnitt aus Dederichs Äußerungen zum Nachhören hier:
(Mit bestem Dank an den Kollegen Alexander Baumbach für das Audio.)
Der Mann geht wohl bald in Pension …
Das viele Abgeordnete und auch generäle wenig Ahnung haben von Afghanistan glaube ich auch. Ob man daraus aber eine Forderung nach vermehrtem Einsatz ableiten sollte wie der Oberst das macht bezweifele ich. Eher sollte man sagen „Schuster bleib bei deinen Leisten“ und Einsätze die man nicht versteht (und wie den in Afghanistan nicht verstehen kann) ganz ablehnen.
(Vietnam war ein „halbherziger“ Einsatz? Bis auf A-Waffen hat man dort ja wohl alles in enormen Massen eingesetzt was verfügbar war, inklusive 500,000 Soldaten. Was hätte der Oberst denn den Amerikanern dort empfohlen?)
Mutig und richtig, einen goldenen Stern wird er wohl nicht erhalten. Das muss aber in die großen Zeitungen, sry, aber dieses größere Regionalblatt liest doch keiner – dank Ihnen T.W. vlt. online schon.
b, ihre kritische Meinung ist ein wichtiger Faktor hier aber manchmal sind Ihre Ausflüge (Vietnam) ein bisschen anstregend und wenig zielführend. Wenn ich mir diese Anmerkung erlauben darf.
Das war wohl der genius locii der den Herrn Oberst da inspirierte :)
Ausnahmsweise zitiere ich Spiegel Online: Es ist im Bundestag völlig normal, dass Abgeordnete nicht wissen, worüber sie abstimmen. http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,789405,00.html
Das betrifft auch viele Abgeordnete im Verteidigungsausschuss, die sich häufig nicht ausreichend informiert fühlen bzw. Information für eine Bringschuld anderer halten. In einigen Fällen schaffen es leistungsfähige Mitarbeiter immerhin, die Defizite eines Abgeordneten etwas auszugleichen. Die Zahl der sich aktiv informierenden Abgeordneten kann man m.E. an einer Hand abzählen.
Da der Großteil der Entscheidungen aber in Brüssel oder (sicherheitspolitisch) in Washington getroffen wird und letztlich ohnehin die Fraktionen geschlossen abstimmen, ist der einzelne Abgeordnete letztlich aber auch gar nicht so wichtig wie verbissene Anhänger des Grundgesetzes manchmal meinen. Man sollte den Bundestag m.E. eher als Bühne verstehen, auf der die Parteien ihre Schaukämpfe austragen.
Wir kratzen mal wieder an der Grundkonstante der deutschen Sicherheitspolitik, die sich ausdrücklich zu formulieren niemand traut: Die deutsche Gesellschaft ist im Kern pazifistisch.
Ein Krieg mit deutscher Beteiligung, ein echter militärischer Einsatz deutscher Soldaten, wird von praktisch sämtlichen gesellschaftlichen Gruppierungen abgelehnt. Die deutsche Politik kann nicht anders, als diesem Umstand Rechnung zu tragen.
Nun ist aber Deutschland Partner in einem militärischen Bündnis, der NATO. Man sah sich genötigt, in einen Krieg zu ziehen, mit dem man eigentlich gar nichts zu tun haben wollte. Und so lavierte man sich irgendwie durch, formulierte die deutschen „caveats“ in der Hoffnung, dass man den Krieg irgendwie in der Etappe, weitab vom eigentlichen Kampfgeschehen, aussitzen kann.
Es war, glaube ich, Harald Kujat, der es letzte Woche sinngemäß so formulierte: Deutschland ist in Afghanistan nur dabei, weil man den großen Bündnispartner USA aus historischer Verpflichtung nicht so einfach vor den Kopf stoßen konnte und man das Gesicht wahren wollte.
Vor diesem Hintergrund ist es natürlich ausgesprochen undankbar, als hoher deutscher Militär in den Einsatz geschickt zu werden.
Ist Deutschland so pazifistisch? Ich glaube nicht. Hat man denke ich an den Reaktionen auf Lybien gesehen.
Ich glaube es ist vor allem, weil die sicherheitspolitische Bildung nicht da ist (vgl. den Bericht der Jugendoffiziere). Falls die mal da wäre, hätten die Deutschen ein weitaus differenzierteres Bild.
Naja, in ähnlicher Weise hat sich am Montag auch BG Dirk Backen öffentlich bei einer Veranstaltung der Friedrich Ebert Stiftung in Hannover geäussert … wäre ja schön, wenn sowas (bei aller Loyalität) zur Kultur werden würde.
@Heiko
Danke für den Hinweis – gibt es davon ggf. Berichte?
Hi Thomas;
tja wenn hier in Hannover diese 4 Herren auf dem Panell sitzen:
Botschafter Prof. Dr. Ashraf, Botschafter der islamischen Republik Afghanistan in Deutschland
BG Dirk Backen, Kommandeur Panzerbrigade 21, Augustdorf
Lars Klingbeil, MdB, Verteidigungsausschuss
Moderator: Hans-Joachim Schaprian (Oberst a.D.)
Dann interessiert das zwar ca. 300 Mitbürger (sehr viele Soldaten in Uniform), aber halt nicht Deine Kollegen der schreibenden Zunft.
Sorry, keine Berichterstattung …
Ehrliche Worte in allen Ehren, aber von welchen Zielen sprechen wir? Wenn das Ziel die Zerschlagung der Taliban und Al-Quaida, sowie die Tötung Osamas war, dann sieht es doch gar nicht so verkehrt aus. Man hätte es auch einfacher bzw. schneller haben können, aber das wäre ein richtig großer Kampfeinsatz gewesen, der zeitlich deutlich begrenzt gewesen wäre.
Egal: Wenn das Ziel aber ist, aus Afghanistan sonst was zu machen, dann kann ich den werten Herrn Oberst nur enttäuschen. Demokratie ist keine Folge einer direkten Reform (wie auch immer bewirkt), sondern ein Mitbringsel von Wohlstand. Wohlstand ist allerdings ne richtig harte Nuss. Wichtigste Zutaten sind: Die Herrschaft des Rechts (Eigentumsrechte), Transportwege für Waren und Infos, Kapitalmärkte und wissenschaftlicher Rationalismus. Was haben wir davon in A-Stan? Allerhöchstens Transportwege für Waren und Infos, allerdings ineffizente, wenn es in die Fläche geht.
Aus volkswirtschaftlicher Sicht, und das ist am Ende wirklich entscheidend, müssen wir da passen. Es sind einfach zu viele verhindernde und hemmende Faktoren, welche bewirken, dass es in Afghanistan niemals vorwärts gehen wird. Niemals.
Wir können also nur versuchen, rein militärische Ziele zu erfüllen und unsere Feinde zu vernichten. Mehr ist nicht drin.
@MD. b, ihre kritische Meinung ist ein wichtiger Faktor hier aber manchmal sind Ihre Ausflüge (Vietnam) ein bisschen anstregend und wenig zielführend. Wenn ich mir diese Anmerkung erlauben darf.
Den, zugegeben, unsinnigen und wenig zeilführenden Vergleich hat der Oberst gemacht. Das er den machte ist bei der generellen Bewertung seiner Aussagen durchaus wichtig.
Der Oberst meint das in Vietnam die Mittel und der Wille gefehlt haben. Dabei wurden dort mehr Bomben abgeworfen als im zweiten Weltkrieg,. Zudem wurden zwei Nachbarländer bombardiert und politisch (zum Schlechteren) umgekrempelt. Die Amerikaner haben alles ausser A-Waffen an die Front geworfen was sie hatten bis am Ende der politische Wille in der Heimat entgültig zusammenbrach.
Der Oberst fordert jetzt einen größeren Einsatz in Afghanistan als in Vietnam wo, wie er meint, man ja nur halbherzig gehandelt habe.
Wie soll ich das verstehen? Mehr Bomben? Mehr Länder umkrempeln?
Das ist offensichtlich unsinnig und damit wird klar das der Oberst sich auf dem falschen Pfad befindet.
Der Vergleich mit dem Vietnamkrieg ist prinzipiell nicht ganz abwegig, wenngleich natürlich die Dimensionen der Konflikte überhaupt nicht vergleichbar sind.
Dazu, wie die USA den Krieg hätten gewinnen können, wurde im Laufe der Jahrzehnte jede Menge publiziert.
Die Amerikaner hätten z. B. mit den strategischen Bombenangriffen auf Nord-Vietnam (in der Art, wie es erst 1972 in der Operation Linebacker – praktisch gegen Ende des Kriege – geschah) früher beginnen können. Dasselbe gilt für die Angriffe auf die Nachschubwege des Vietcong in Laos.
Beides hätte aber eine dramatische Eskalation des Krieges bedeutet, wie sie im Kontext des Ost-West-Konfliktes kaum wünschenswert erschien.
Das ist aber alles nur Theorie. Für Vietnam und für Afghanistan gilt praktisch: Man kann nicht gewinnen.
Bemerkenswert, dass der Oberst nicht „nur“ Politiker, sondern auch die militärische Führung kritisiert. Der ungeschönte Blick auf die Generalität? Er ist längst überfällig. Aber auch kein Freispruch für die Politik. Denn zur Realitätsverweigerung gehören immer 2:
Einer der die Realität systematisch verdrängt – und ein Anderer der es glaubt.
Nachtrag: Erste Reaktion von BMVg u. MdB Arnold:
http://www.naumburger-tageblatt.de/ntb/ContentServer?pagename=ntb/page&atype=ksArtikel&aid=1318482738751&openMenu=1013016724320&calledPageId=1013016724320&listid=1018881578370
Was zu beweisen war.
Diesen hier vom „Experten“ Arnold drucke ich mir aus. Mein Gott, WO lebt der ?
Er war besorgt über deutsche Kampftruppen, er war besorgt über Tornado-Jets, die Zieldaten für Bombardements liefern könnten, er war besorgt über die Panzerhaubitze, weil das ja für die Afghanen ein völlig falsches Signal wäre, usw. usw.:
„Zwar dürften Staatsbürger in Uniform durchaus so sprechen, so Arnold. „Aber man darf das so nicht stehen lassen.“ So seien manche Aussagen schlicht falsch, wie etwa die, von Taliban befreite Gebiete könnten von der Bundeswehr wegen Mangels an Soldaten nicht gehalten werden.“
Eine interessante Diskussion, die wahrscheinlich auf wenige Beiträge beschränkt sein wird. Leider. Grund dafür ist vermutlich, dass der im Beitrag von Heiko schon eingebrachte Loyalitätsbegriff teilweise instrumentalisiert wurde und dadurch ziemlich diffus ist. Wo bestehen Grenzen? Es gibt darüber offensichtlich erhebliche Unsicherheit bis in die höchsten militärischen Dienstgrade. Wie ist es sonst zu erklären, dass erst der Zusatz a.D. die Zunge löst. Ich will die Aussagen von Oberst Dederichs nicht werten, weil mir da sicherlich die fachliche Kompetenz fehlt. Ich begrüße es jedoch außerordentlich, dass er vielleicht dazu beiträgt, mehr Rechtssicherheit für diejenigen zu schaffen, die aufgrund ihrer Fachkompetenz wichtige Diskussionsbeiträge zur Meinungsbildung in der sehr heterogenen deutschen Gesellschaft leisten könnten, aber heute noch schweigen.
@ hühnerhabicht: Wenn man den Kern der deutschen Gesellschaft als pazifistisch ansehen möchte, dann würde ich es eher als Wohlstandspazifismus bezeichnen.
Arnold sagt: „So seien manche Aussagen schlicht falsch, wie etwa die, von Taliban befreite Gebiete könnten von der Bundeswehr wegen Mangels an Soldaten nicht gehalten werden.“
Woran glaubt der Mann eigentlich? Das die befreiten Gebieten (clear) nicht unter ständiger Kontrolle von offiziellen Sicherheitskräften sind (hold), ist unter Soldaten zum Beispiel in Kunduz nichts unbekanntes. Boots on the ground ist ja nicht erst seit gestern, aber Herr Arnold ist ja der Verteidigungsexperte, er muss es ja wissen.
Nein Herr Arnold, Sie liegen falsch, vielleicht sollten Sie mal nach Kunduz fahren und nicht mit der Führung reden, sondern mit denen die draußen in Verantwortung stehen (z.b. Kompaniechefs) oder mit denen, die sich mit der Feindlage (neudeutsch: Lage anderer Kräfte) beschäftigen.
Wenn dann Afghan Local Police (ALP), Critical Infrastructure Programm (CIP) oder einfach nur Local Security Forces (LSF) den Raum als Hold Kräfte füllen, dann ist das Geschrei wieder groß. Allerdings können sich unsere Soldaten nicht zweiteilen.
Neulich stieß ich zufällig auf einen Artikel in „Y – Das Magazin der Bundeswehr“ mit dem Titel: „Juristen in Flecktarn“ ( http://is.gd/RRzVYc ). Thema ist der Einsatz von Rechtsberatern beim deutschen Einsatzkontingent in Afghanistan.
In dem Artikel heißt es u. a.:
Mit anderen Worten: Da findet also ein Krieg mit deutscher Beteiligung statt, und jedesmal, wenn in diesem Krieg ein Schuss fällt (wie das nun einmal in einem Krieg ab und an vorzukommen pflegt), überprüft ein Volljurist, ob das überhaupt zulässig war.
Wie die Franzosen mal zu sagen pflegten: Une drôle de guerre
„“Zwar dürften Staatsbürger in Uniform durchaus so sprechen, so Arnold. “Aber man darf das so nicht stehen lassen.” So seien manche Aussagen schlicht falsch, wie etwa die, von Taliban befreite Gebiete könnten von der Bundeswehr wegen Mangels an Soldaten nicht gehalten werden.”“
Wenn man es genau nimmt, lügt Arnold m.E. nicht. Hätte die Führung einen Befehl zum Halten gegeben, hätte die Bw nicht über ausreichend Kräfte dazu verfügt. Da aber ein Befehl zum Halten nicht gegeben wurde, wurden die entsprechenden Räume nicht wegen Mangel an Kräften nicht gehalten. Man kann die Öffentlichkeit eben auch irreführen, ohne zu lügen.
Irgendwann wird die Frage gestellt werden, warum der Einsatz gescheitert ist. Die Antwort wird viele Kapitel umfassen, aber Herr Arnold wird mit Sicherheit vielfach gewürdigt werden, weil er mit seinem Verhalten exemplarisch steht für einiges, was auf politischer Ebene schiefgelaufen ist. Wäre er aber nicht nur einer von vielen Teilen eines umfassenden Systems des Versagens und der Selbsttäuschung, hätte es nicht so weit kommen können.
Schade, ich dachte es gelingt eine Diskussion, die sich nicht auf die Frage konzentriert, ob’s nun stimmt oder nicht. In dem Link von Memoria wird jedenfalls deutlich,dass der Direktor der Akademie sich beeilte, den Oberst zu schützen und Insider den Hinweis gaben, dass mit 58 Jahren der Oberst wohl nicht viel zu verlieren habe. Mich würde jedoch vielmehr interessieren, ob er in Uniform seine persönliche Meinung in einer öffentlichen Veranstaltung geäußert hat, oder ob er in der Funktion als Soldat eine hoheitliche Aufgabe gekennzeichnet durch die Uniform wahrnahm und diese Aufgabe durch das Erfordernis der Beantwortung einer Frage unterbrochen wurde und danach wieder aufgenommen wurde. Ich gehe mal nicht davon aus, dass es die Meinung der Bundesregierung war, die er äußerte. MDB Arnold bemerkte ja wohl schlank dazu, dass zwar Staatsbürger in Uniform so reden dürfen, jedoch lässt er offen, ob Staatsbürger in Uniform auch in Uniform so reden dürfen. Es ist sicherlich schwierig im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit Bundeswehr in der Öffentlichkeit zu repräsentieren und dann vor dem Hintergrund eigener Einsatzerfahrung mit Tod und Verwundung jederzeit Herr dessen zu sein, was man sagt. In Situationen emotionaler Betroffenheit nicht jedes Neuronengewitter in Schallwellen umzuwandeln, erfordert manchmal Übermenschliches. Es ist sicher im Sinne von Oberst Dederichs, die Angelegenheit nicht nur formaljuristisch zu behandeln.
Diese Idee, dass man als Soldat in Zivilkleidung etwas sagen darf, was man in Uniform nicht sagen darf, hat für mich persönlich noch nie Sinn ergeben. Es ist und bleibt der selbe Kopf, Klamotten an oder aus.
Volle Zustimmung zu allen Beiträgen, die den „Experten“ Arnold kritisieren. Politiker wie er schicken unsere Soldaten unzureichend ausgerüstet in Einsätze, die in weiten Teilen unverantwortlich sind. Oder leidet er lediglich unter Realitätsverlust?
Holt unsere Männer und Frauen nach Hause, wenn ihr nicht bereit seid, die Folgen zu verantworten!
Und überhaupt: was der Oberst gesagt hat, wird niemand, der sich in diesem Einsatz auskennt anzweifeln. Im Gegenteil, er hat sich eher noch zurückhaltend geäußert.
Das Kernproblem sehe ich hier in der fehlenden Diskussions- und Kritikkultur was sicherheitspolitische und militärische Themen in Deutschland betrifft.
Die Öffentlichkeit sieht dieses Thema als nachrangig an und ist wenig informiert, ein Teil der Presse bringt beide Themen standardmäßig mit imperialismus, Militarismus und dem diffus in den Raum geworfenen „Hintergrund unserer Geschichte“ in Verbindung und daher trauen sich weder Bundesregierung noch einzelne Abgeordnete an dieses Thema heran. Auch die wenigen Politiker, die es tun, nähern sich dem Thema meist als kritische Kontrolleure des Militärs mit geringem Fachwissen.
Der Primat der Politik wird im Zusammenhang mit der Pflicht zur Loyalität zum Dienstherren dann so interpretiert, dass die Politik nicht nur abschließende Entscheidungsgewalt hat, sondern auch immer recht haben muss. Egal was sie entscheidet und wie uninformiert dies ist.
Dieses Verhalten hat sich über Jahrzehnte eine militärische Führung erzogen, die gelernt hat nicht öffentlich und nicht unbequem zu sein. Daher gibt es auch kaum ernstzunehmende Veröffentlichungen von Militärs zu militärischen Themen, sondern meist nur Lobhudeleien, wie toll doch alles funktioniert. Unbequeme Offiziere landen schnell auf militärfachlichen Hochwertverwendungen (FüAk, Taktikzentrum Heer, TrS), die Karrieresackgassen sind, während Offiziere, die keine Probleme melden durch die Arbeitswaben der Administration befördert werden (alles wo -amt, -kommando oder Ministerium dransteht).
Ebenso wird die militärische Führung sehr sensibel was die vermutete Absicht der politischen Führung anbelangt und reagiert schon mal mit vorgefasstem Gehorsam, Mitzeichnung durch alle Bereiche und Absicherung über Rechtsberater bis am Ende gar nichts mehr gemacht wird – weil gar nichts nicht falsch sein kann. Klassisches Verwaltungsdenken entgegen allen taktischen Grundsätzen.
Die uninformierte Öffentlichkeit fragt jetzt in Ermangelung einer Erklärung der Politik die Streitkräfte nicht nur was sie im Einsatz machen, sondern auch warum. Der ausnahmsweise unbequeme StOffz gibt dazu im Sinne der Wahrheitspflicht seine militärfachliche Einschätzung ab und prompt fühlt die Politik sich hintergangen, weil hier ein Bild in anderen Farben als grün und rosa gezeichnet wird. Kritikfähig muss offenbar nur der unterstellte Bereich sein und auch Loyalität scheint eine einseitige Verpflichtung zu sein. In Freiheit dienen – und ja die Klappe halten.
So, und nun nehmen wir doch einfach mal die Beiträge von @Schleppi und @cynic2 und posten diese im Forum des Herrn Arnold, damit dort mal wieder ein aktuellerer Eintrag auftaucht: http://www.rainer-arnold.de/arnoldforum/
Und zusätzlich noch als Mail mit dem Hinweis auf die Diskussion hier. Ich für meinen Teil werde dies heute noch tun und Herrn Rainer Arnold per Mail dazu befragen, wie denn seine Aussage zu verstehen ist.
Vielleicht fühlt Herr Arnold sich ab dem Erreichen einer gewissen Schmerzgrenze doch dazu berufen an der Diskussion teilzunehmen. Paul Schäfer hat es schliesslich auch geschafft sich an Diskussionen hier zu beteiligen. Und das fand ich ehrlich gesagt gut. Unabhängig von den vertretenen Positionen.
100% cynic2!
Ich war eh verwundert wie viel deutliche Kritik an die übergeordnete Führung an der OSH geäußert wird. Nicht nur zwischen den Zeilen.
Jeder Offz und erst recht StOffz hat die Verpflichtung seinen Auftrag kritisch zu bewerten. Aber: Wem hilft der Oberst mit dieser Art der öffentlichen Bewertung. Unseren Kameraden in Af., nein die Verunsicherung wird noch größer, wenn es überhaupt noch eine Steigerung zum Status Quo gibt. Ich hielte es für den besseren Weg, dass sich endlich ein Forum innerhalb der BW bildet, das mit aller Kraft und mit allen Möglichkeiten aus diesem Netzwerk heraus die Politik als auch die BW-Führung zu Veränderungen oder klare Zielvorgaben zwingt. Aber bitte nicht auf diesem Wege. Das Volk versteht es nicht oder will es nicht hören und die Politik wird nur aggressiv zurückschlagen. Wir sollten intelligenter vorgehen.
@b: Vielleicht meinte der Oberst, wir sollten in Afghanistan noch mehr Verluste produzieren, auf das die Heinatfront zusammenbreche? Zynismus aus.
Und wieder an: Werde ich jetzt auch General? Das, was Kujat sagt, nämlich den Einsatz nicht an den vorgegebenen Zielen zu messen, sondern einmal zu untersuchen, welche impliziten Ziele zu Art und Ausmaß des Engagements passen, ist schon länger meine Rede – und die anderer.
Und vielleicht hat Arnold ja doch recht: Was, wenn es keine von Taliban befreiten Gebiete gäbe. Das wäre wie mit dem trockenen Alkoholiker. Der bleibt es, trinkt nur nicht mehr.
Andererseits: so tiefgründig ist Arnold nicht.
Ich habe meine Zusammenfassung nochmal aufgefrischt und noch ein paar neue Tonspuren angehängt. Interessant sind Dederichs Äußerungen über die afghanische Polizei, seine Erwartungen an die deutsche Politik und seine Einschätzung afghanischer Würdenträger („würden in Deutschland alle im Gefängnis sitzen“).
http://dcrc.de/index.php/news/104-die-cause-qdederichsq
@Alexander Baumbach:
Vielen Dank.
Das Video Nr. 3 ist leider nicht abspielbar, da es laut Fehlermelung „privat“ ist. Ist das Absicht?
Danke für den Hinweis. Ich schalte es frei – war ohne Absicht ;-)