Vormerken: Fotos von Anja Niedringhaus in Berlin
Es ist noch eine Weile hin bis zum September, aber in den Kalender schreiben kann man es sich schon mal: Die deutsche (Kriegs)Fotografin Anja Niedringhaus, die für die Nachrichtenagenur Associated Press arbeitet, stellt eine Auswahl ihrer Fotos aus. In Berlin, ab dem 10. September (Vernissage ist am 9. September).
(Trost-Hinweis für die, die nicht in Berlin sind: Es wird auch ein Buch mit Bildern geben, das zur Ausstellung erscheint.)
Anja Niedringhaus hat hier im Blog schon mehrfach eine Rolle gespielt, und einige Leser haben sie in Afghanistan persönlich kennengelernt. Mit ihren Assignments auf dem Balkan, im Irak-Krieg, am Hindukusch und in Libyen dürfte sie mehr Einsatzerfahrung haben als (fast?) jeder deusche Soldat…
(Foto © Associated Press/Anja Niedringhaus, via c/o Berlin)
Die Ankündigung der Gallerie c/o Berlin:
C/O Berlin, International Forum For Visual Dialogues, präsentiert vom 10. September bis 4. Dezember 2011 die Ausstellung At War der deutschen Fotografin Anja Niedringhaus. Die Eröffnung ist am Freitag, den 9. September 2011, um 19 Uhr im Postfuhramt in der Oranienburger Straße 35/36 in Berlin-Mitte.
„Wenn ich es nicht fotografiere, wird es nicht bekannt.“ Anja Niedringhaus
Ihre Fotos kennt man, ohne es zu wissen. Sie erscheinen weltweit auf den Titelseiten von Tageszeitungen und Zeitschriften und prägen tagtäglich unser Bild von Krisen und Kriegen. Ob Kroatien, Serbien, Kosovo, Bosnien, Irak, Afghanistan, Libyen oder Israel – seit 20 Jahren fotografiert Anja Niedringhaus mit eindringlicher Schonunglosigkeit das Leid und Elend weltweit. Als eine der wenigen Frauen in diesem speziellen Bereich der Reportagefotografie doku- mentiert sie die menschlichen Tragödien und tiefen Spuren, die die Gewalt hinterlässt. Auf ihren Einsätzen fotografiert Anja Niedringhaus keine Szenen, vielmehr steht sie mittendrin, ist Akteurin im Krieg.
Anja Niedringhaus fotografiert unter extremen Bedingungen. Sie sucht genau diese Grenzerfahrung, weil sie sich selbst und den Menschen dort am nächsten ist. Oft wird man sich als Betrachter dessen gar nicht bewusst, weil der Kontext die Dramatik unterläuft. Immer steht bei ihr der Mensch im Vordergrund – Soldaten, eine strapazierte Zivilbevölkerung, Gefangene. Erschöpfung, Verzweiflung und Anspannung zeichnen die Gesichter, in wenigen Momenten – völlig unerwartet – auch Lachen, Leichtigkeit und Freude inmitten in der Not. Die Fotografin begegnet den Menschen immer mit Neugier und Verständnis, nie verletzt sie die Würde der Porträtierten.
Wie sind diese Exremsituationen bzw. das Dilemma der Kriegsberichterstattung zwischen Eingreifen und Fotografieren auszuhalten? Die Kamera schafft Distanz und ist auch ein großer Schutz. Die Konzentration auf ihre Aufgabe schirmt Anja Niedringhaus gegen die Eindrücke ab. Andererseits hat sie Verletzte ins Krankenhaus in Sarajevo gefahren, weil nur sie noch über die Vereinten Nationen an Benzin gekommen ist. Erst hinterher bemerkte sie, dass sie kein einziges Foto geschossen hatte.
C/O Berlin präsentiert erstmals in Berlin eine Ausstellung mit ca. 40 Schwarz-Weiß-Fotografien von Anja Niedringhaus aus den letzten zehn Jahren. Die Ausstellung wurde von Anne-Marie Beckmann, Art Collection Deutsche Börse, und Felix Hoffmann, C/O Berlin, kuratiert und wird Anfang 2012 im neuen Unternehmenssitz der Deutschen Börse in Eschborn bei Frankfurt gezeigt. Zur Ausstellung erscheint ein Katalog bei Hatje Cantz mit Texten von Jean-Christophe Ammann, Ulrike Demmer, Santiago Lyon und Felix Hoffmann.
Anja Niedringhaus, 1965 in Höxter in Westfalen geboren. Zunächst für die European Pressphoto Agency (EPA) in Frankfurt am Main und seit 2002 für Associated Press (AP) in Genf in der Schweiz ansässig, ist sie bei allen großen Konflikten im Einsatz – vom Balkan in den 1990er-Jahren bis zu den Kriegen im Irak, in Afghanistan und Libyen. Sie fotografiert nicht nur Krisen und Kriege, sondern auch sportliche und politische Ereignisse. Anja Niedringhaus hat zahlreiche Auszeichnungen erhalten, unter anderem im Jahr 2005 mit einem Team von Associated-Press-Fotografen den Pulitzerpreis in der Kategorie „breaking news“ für ihre Berichterstattung aus dem Irak und den International Women’s Media Foundation’s Courage in Journalism Award (IWMF).
Sry, aber die Arbeit als Fotografin, bei allem Respekt, mit Einsatzerfahrung gleichzusetzen, halte ich für verfehlt…..
Stimmt, ich hätte schreiben sollen: sie war in bewaffeten Konflikten länger und näher an der Einsatzrealität dran als jeder deutsche Soldat. (Inklusive Verwundung.)
Ich meinte es mehr in Richtung des Tragens der Einsatz – und Auftragsverantwortung. Die Gefährdungslage ist natürlich gleich. Aber ich finde es halt einen erheblichen Unterschied, ob man nur die Verantwortung für sich selbst hat oder auch für seine Männer u. Frauen und ggf. Schutzbefohlene. Das verstehe ich unter Einsatzerfahrung……
Lieber Herr Wiegold, bei allem Respekt, aber jetzt fangen sie an, Blech zu schreiben…
Es gibt zum Beispiel einen Sanitätsstabsoffizier, der mittlerweile in der dritten Armee dient und mit einer der beiden vorher auch schon mal Afghanistan kennenlernen durfte. Y-Tours ermöglichte im dann eine komplette Balkan-Tour beginnend Mitte der 90er und abgeschlossen mit dem Kosovo Anfang des neuen Jahrtausends. Gerüchten zur Folge düste er auch durch Somalia, aber das weiß ich nicht mit Sicherheit.
Glauben sie mir, was dieser Mann schon gesehen hat, wollen sie nicht als Albtraum haben und ich bin mir ganz sicher, das solche Beispiele keine Einzelschicksale in unserer Armee sind – also lassen wir doch bei bei Frau Niedringhaus einfach die Kirche im Dorf, respektieren ihre Arbeit und verirren uns nicht in Lobpreisungen ;-)
Oh, ich wollte da nicht in einen Wettstreit eintreten. Deshalb auch das fast? im Eintrag. Aber da scheine ich einen wunden Punkt erwischt zu haben…
Ich stimme Herrn/Frau Schwertz zu. Herr Wiegold, Ihre Bewertung hinsichtlich der „Einsatzerfahrung“ teile ich nicht. Schon allein deswegen, dass der Auftrag überhaupt nicht vergleichbar ist.
Gleichwohl ist die journalistische Arbeit in Krisen-/Kriegsgebieten unverzichtbar.
„Zuschauen“ als Einsatzerfahrung zu bezeichnen ist eine Beleidigung eines jeden Soldaten – aber dies werden Sie mit Sicherheit nicht verstehen wollen. Für mich haben Sie sich damit eindeutig disqualifiziert. Und damit melde ich mich aus diesem Blog ab.
@Heinrich: Man sollte die Kirche im Dorf lassen…
Eine Beleidigung von Soldaten hatte Herr Wiegold wohl ganz sicher nicht im Sinn.
Was sollen denn diese scharfen Reaktionen? Es gibt doch genügend Soldaten, die sich überwiegend in Feldlagern aufgehalten haben und aufhalten und weniger häufig „raus“ kommen, als die Fotografin, die berufsbedingt ja geradezu nach der Gefahr und dem Leid suchen muss. Minen, Querschläger und Splitter unterscheiden nicht nach Berufsgruppen und für den einen oder anderen Kämpfer ist ein europäischer Journalist nun auch nicht gerade eine schützenswerte Person. Warum es einen Soldaten beleidigt, mit ihr verglichen zu werden, erschließt sich nicht.
Herr Wiegold ist nun wirklich ein wohlwollender Journalist und freundlicher Vater dieses Forums. Ausdrücke wie „sie schreiben Blech“ oder das Unterstellen einer Beleidigung finde ich mehr als unangebracht.
Herr Wiegold, sie sind da weder in einen Wettstreit eingetreten, noch haben sie einen wunden Punkt erwischt, sondern sie haben, meiner Meinung nach Birnen mit Äpfeln verglichen. Schwerlich könnten sie diese Aussage aufrecht erhalten, wenn sie sich inmitten von Kameraden aus Seedorf, Zweibrücken, Lebach oder einem anderen Infanterie-Standort befinden würden.
Ich will die Leistung von Frau Niedringhaus nicht schmälern, sie hat als Fotografin sicher einen guten Job gemacht, dennoch hat sie ihren Job als Fotografin gemacht und nicht als Soldatin. Ein wesentlicher Unterschied ist zum Beispiel, dass Frau Niedringhaus jederzeit ihren „Einsatz“ hätte abbrechen können. Auch wurde nicht explizit auf sie geschossen, sondern wenn, dann auf die Einsatzkräfte die sie begleitet hat. Und es ist auch für die Einsatzkräfte nicht immer ganz ungefährlich, wenn man sich auch noch um einen „embedded Reporter“ kümmern muss. So könnte man diese Liste fortführen, wenn man wollte.
Zusammenfassend lässt sich sagen, Frau Niedringhaus hat große Erfahrung als Kriegsfotografin aber sie hat keine Einsatzerfahrung im militärischen Sinne.
Achtung Ironie: Einer meiner Ausbilder hätte ihnen gesagt: Benutzen sie das gegenstandsadäquate Begriffsrepertoir ;-)
Es trifft schon einen wunden Punkt in der Diskussion um das Verhältnis zwischen Militär, Politik und Öffentlichkeit. Sind es nicht die im zivilen Bereich häufig vorzufindende „Militärexperten“, die sich aufgrund einiger „Battlefield-Tours“ militärisches Mikro-Management zutrauen und deshalb nicht selten viel Unheil anrichten. Die gesamte, erst durch eigene Verluste erzwungene „Aufrüstung“ der deutschen ISAF-Truppe ist doch ein exemplarisches Beispiel dafür. Zuweilen konnte man ja geradezu den Eindruck gewinnen, unter den Journalisten gäbe es überproportional viele „Panzerexperten“.
Meine Hochachtung gilt aber auch den „Robert Capas“ der journalistischen Zunft, die aus ihrem beruflichen Ethos heraus den Mut aufbringen, z.B. einen Sturmangriff auf die normannische Küste zu „begleiten“.
@ Politikverdruss: Hinsichtlich der „Experten“ haben Sie schon Recht. Wenn ich nur daran denke, dass der Leo 2 A 7+ auf einmal „zur Unterdrückung von Aufständen“ designt wurde, nur weil die friedensliebende Bundeswehr das Gerät in einer Vorführung einmal so dargestellt hat, als wäre vor allem der Räumschild eine ganz tolle Ergänzung für unblutige Beendigungen von Demos (Ironischwerweise hat ja gerade diese Darstellung, die ganz ohne den Einsatz der Waffenstation gegen Sniper und ansprengen auskam dieses Bild geprägt).
Trotzdem muss man nicht seine gute Kinderstube vergessen, denn ohne Zweifel gehört Mut zu dem Job als Krisenjournalist, wie ihn Frau N. betreibt und eine Beleidigung der Soldaten liegt in einem Vergleich mit ihr sicher nicht.
„Für mich haben Sie sich damit eindeutig disqualifiziert. Und damit melde ich mich aus diesem Blog ab.“
Was ist in ihrer Kindheit falsch gelaufen?
ich kann mir schon vorstellen das diese Fotografin mehr Elend, mehr Leid, und näher am Tod war als nen Marketender-Fw
Einsatzerfahrung ist in diesem Fall wohl eher Auslegungssache, jeder definiert „Einsatz“ wohl anders.
Klar hat ein Soldat andere Aufgabengebiete als ein Fotograf.
Aber sich gleich aus dem Blog abmelden…
Hoffentlich haben sie @Heinrich keine Kinder, die werden bestimmt 4 Wochen lang weggesperrt wenn sie was falsch machen, oder direkt zur adoption freigegeben…
Volle Zustimmung zu „Thomas“. Darum geht’s im Kern. Belegte Begrifflichkeiten etwas unglücklich zu gebrauchen, kann manchmal leichtes Unverständnis hervorrufen.
Die journalistische Berichterstattung ist auf der anderen Seite unverzichtbar und ein wichtiges Teil der Meinungsbildung.
Meinen ausdrücklichen Dank an dieser Stelle dafür !
Komische Diskussion hier. Niemand hat die Leistungen der Soldaten im Einsatz geschmälert. Und noch wichtiger: jede Berichterstattung über die Verhältnisse, Lebensbedingungen und Zustände aus den Einsatzländern der Bundeswehr kann nur zu einer Verbesserung der Kenntnisse, der differenzierten Darstellung und damit der objektiveren Wahrnehmung durch die Bevölkerung führen. Und aus eigenem Erleben: Hut ab vor jedem Kollegen, der sich vor Ort um eine entsprechende Berichterstattung oder Abbildung bemüht.