Für Afghanistan: australische Panzer nein, französischer Flugzeugträger ja
Zwei Meldungen der vergangenen Tage zum Thema Afghanistan-Einsatz, die in Deutschland ein bisschen untergegangen sind:
Die neue australische Premierministerin Juli Gillard hat bei einem Kurzbesuch in Afghanistan auf die Forderungen ihrer Opposition reagiert, auch Panzer an den Hindukusch zu schicken: Das mache in dem Terrain in Uruzgan keinen Sinn. In dieser Ansicht wurde sie, laut dem australischen Medienbericht, vom U.S.-Kommandeur des Combined Team Oruzgan bestätigt.
(Der afghanische Präsident Hamid Karzai soll übrigens bei einem Treffen mit Gillard der NATO vorgeworfen haben, keinen realen Anti-Terror-Kampf zu führen…)
Frankreich will seinen Flugzeugträger Charles de Gaulle Richtung Afghanistan in Marsch setzen (und jetzt bitte nicht der billige Witz, noch habe niemand eine Fregatte am Hindukusch gesehen). Ähnlich wie die amerikanischen Flugzeugträger soll das renovierte französische Flaggschiff als schwimmende Basis vor Pakistan die Rafale Marine-Kampfjets für den Einsatz über Afghanistan bereithalten.
France’s President Nicolas Sarkozy (C) walks on the deck among sailors as he visits the Charles-de-Gaulle aircraft carrier off the French Mediterranean coast June 10, 2010. REUTERS/Philippe Wojazer via picapp
Wenn Sie erlauben, würde ich Ihnen einen 21-seitigen Bericht (PDF) eines kanadischen Majors mailen, der sich zu dem Einsatz von Kpz (für den Glossar Kampfpanzer ;) ) im PRT Kandahar, welches vom Terrain her eventuell nicht vergleichbar mit Uruzgan ist, äußert.
Bekanntlich haben die Kanadier dort Leopard 1 und später von der Bundeswehr geleaste Leopard 2 A6M eingesetzt.
Ein Flugzeugträger… Es gibt doch Pisten im Land selbst? Tja.
Vielen Dank für den wichtigen Hinweis.
Man kann es einem kontinental denkenden Mitteleuropäer nicht oft genug erläutern: zwar wohnen in der Tat 100% der Weltbevölkerung an Land, die überwiegende Mehrheit davon jedoch in einem Umkreis von 700Km zur Küste. Das ist Trägerreichtweite. Deswegen werden diese kostspieligen Dinger unterhalten.
Flugzeugträger unterschieden die Nationen, welche Macht projizieren wollen von denen, die es wirklich können.
Vorteil Flugzeugträger?
1. Ich spare mir Horden von Objektschützern, Infrastruktur, lange Logistikwege über ungesicherte Verbindungswege, Flugplatzbetriebspersonal…
2. Die wenigen wirklich guten Pisten (mit ihren Basen) im Land dürften eh schon hoffnungslos überfüllt sein.
3. 12 Nautische Meilen vor der Küste bestimme ich die Regeln, nicht mein Gastgeber.
4. Pourqui? Parce que je peut!
:-)
Wir wollen ja jetzt keine Grundsatzdiskussion über Flugzeugträger angehen. Aber von der arabischen See bis in den afghanischen Luftraum ist es ne ganze Strecke und das Vieh lebt auch nicht von Luft und Liebe. Daher wundert mich das etwas. Wäre ja billiger, einfach ein paar zusätzliche Pisten zu verlegen. Aber ist mir auch egal. Pourquoi? Parce que ce n’est pas mon monnaie.
Viel spannender finde ich die Äußerung der australischen Premierministerin zur Panzerdiskussion, die ja etwas der damaligen Äußerung von Fr. Merkel ähnelt.
Die Super Etendard kann es an Alter fast schon mit unserem Luftverteidigungsdiesel aufnehmen.
CdG wird anscheinend 10 Rafales und 12 Supers dabei haben
Andererseits ist dieser Typ wahrscheinlich sogar besser geeignet als die Rafale, da er ökonomischer im Betrieb ist.
Ist die Rafale M eigentlich inzwischen in der Lage, ihre Ziele für LGBs selbst zu beleuchten oder braucht man dafür immer noch Supers?
Flugzeugträger unterschieden die Nationen, welche Macht projizieren wollen von denen, die es wirklich können.
Da haben sie wohl recht, wirklich Einfluss auf die Geschehnisse in Afghanistan nehmen wird man mit so einem Multimilliarden-Koloss wohl nicht. (Es wird wohl seine Gründe haben, warum selbst die Flugzeugträger-Nation keine im Zusammenhang mit Afghanistan einsetzt. Einige könnten sein, dass selbst Termez eine deutlich bessere Abdeckung bietet, dass Flugzeugträger nichts zur afghanischen Infrastruktur beitragen, oder dass sie zum Einfliegen von Material ungeeignet sind.)
An der Stelle sei dann auch noch kurz darauf hingewiesen, dass französische Jets, die ja bereits in Afghanistan Luftunterstützung fliegen, vergleichsweise schlecht abschneiden (siehe Michael Yon, „Bad Medicine“: „JTACs hier meinen, dass das von diesen das am wenigsten wünschenswerte Flughzeug die französische M2000D sei. Eine Einheit von zwei Jets hat keine Bordkanone, keinen Downlink und zusammen nur 4 GBU 12s. Die Optiken an Bord der Flugzeuge sind nicht gut, und das hintere Flugzeug sichtet Ziele mit einem Fernglas wie der Rote Baron.“). Ich vermute ja nicht, dass gerade Flugzeuge der Marine dann für den Kampf gegen Infanterie besser aufgestellt sind.
Ist halt wieder ein Fall, wo das Zurschaustellen des eigenen Militärs wichtiger ist als Ergebnisse vor Ort.
Dass die sich erzielen lassen wurde ja wiederholt gezeigt (etwa Was ist der Sieg einem afghanischen ETT wert?). Nur wird sowas von vielen Militärs und Sicherheitspolitikern kaum aufgegriffen (die Amerikaner mittlerweile vielleicht ausgenommen) oder und oft sogar aktiv erschwert.
Gerade Deutschland bekleckert sich da ja nicht gerade mit Ruhm, und zwar durch alle Instanzen. Da tröstet dann auch nicht, dass auch Australier und Franzosen ähnlich oberflächlich agieren.
@Seestratege
Zitat: „Vorteil Flugzeugträger? …“
Volle Zustimmung. Für den temporären Einsatz von Kampfflugzeugen, fern der Heimat, gibt es nichts besseres, als einen Flugzeugträger. Der Einsatz ist weniger aufwendig und damit kostengünstiger, wenn es nur ein zeitlich begrenzter Einsatz werden soll. Wenn man aber von vornherein die Absicht verfolgt, sich für viele Jahrzehnte festzusetzen, um ein Land im Griff zu behalten, dann ist die Errichtung einer landgestützten Basis kostengünstiger. Es kommt also auf die Strategie eines Staates an. Ich glaube die USA haben, im Gegensatz zu Frankreich, die Absicht die nächsten 50+ Jahre in Afghanistan zu bleiben.
@J.R.
Da liegt wohl ein Missverständis vor: natürlich setzte bzw. setzt auch DIE Trägernation ihre Trägerflugzeuge in AFG ein. Genaugenommen waren dies die Kräfte der ersten Stunde in AFG.
Die Strecke Indischer Ozean nach AFG kann übrigens jeder bei Google Earth nachmessen: für Trägerflugzeuge absolut machbar.
Gut, ich gebe zu, ich bin nicht ganz unvoreingenommen…
@ Seestratege
Naja, die Clinton-Regierung hat ja schon vor der OEF versucht Ziele in Afghanistan von See aus zu bombardieren, und die Reaktionszeiten waren einfach zu lang.
Und wenn man sich die Karte anschaut, dann gibt es gerade mal einen rund 200km Streifen im Süden, der näher an der See liegt als an Termez. Allein bis an die Grenze Afghanistans wären es rund 500 km. Wenn man sich anschaut was 500km von Termez, Bagram und Kandahar alles abdecken erschließt sich mir der Sinn nicht so ganz, Überflugrechte über Pakistan jetzt mal außen vor gelassen.
Ok, ich geb zu, ich bin da auch nicht ganz unvoreingenommen. Kriegsschiffe für Afghanistan halte ich für eine Idee, auf die auch nur Politiker und die Streitkräfte kommen können.
Mit das Beste und Flexibelste was die amerikanischen Streitkräfte in Afghanistan auffahren – die Marines – hat in der Bundeswehr kein Äquivalent und wird auch nicht groß diskutiert oder gar gefordert. Aber Flugzeugträger…