Drohnen-Angriff in Pakistan: Deutsche Islamisten getötet
Das Thema ist inzwischen in allen Medien, aber eine Übersicht scheint mir sinnvoll: Bei einem der wiederholten Angriffe von U.S.-Drohnen auf Ziele in Pakistan sollen mindestens fünf Islamisten aus Deutschland getötet worden sein. Unklar ist noch, inwieweit dieser Angriff bei Mir Ali in Nordwestpakistan im Zusammenhang steht mit den Aussagen eines deutschen Islamisten in amerikanischem Gewahrsam in Bagram in Afghanistan – dessen Aussagen sollen auch zu den Warnungen vor Anschlägen in Großbritannien, Frankreich un Deutschland geführt haben.
Eine grobe Übersicht über die bisherigen Meldungen – die englischsprachigen Berichte aus Pakistan beziehen sich fast alle auf ungenannte officials, möglicherweise gehen sie auf die selbe Quelle zurück:
Five German rebels of Turkish origin and three local militants were killed in the strike – AFP
A U.S. missile killed five German militants taking shelter in a house in northwest Pakistan – AP
A suspected U.S. drone strike killed eight militants of German nationality in northwest Pakistan – Reuters
At least eight al-Qaeda militants – some of whom were German nationals – have been killed in a drone attack in Pakistan – BBC
Eight German nationals were among the nine people killed in a U.S. drone strike launched Monday night in Pakistan’s northwest tribal area of North Waziristan – Xinhua
Eight people thought to be German nationals were killed in a suspected drone strike in northwestern Pakistan – CNN
Die deutschen Meldungen dazu entsprechen im Wesentlichen den internationalen Agenturberichten – mit dem Zusatz, dass das Auswärtige Amt dazu bislang nicht Stellung nahm.
Archivfoto aus dem September 2008: „pre-flight inspection“ einer MQ-1B Predator-Drohne. Foto REUTERS/Christopher Griffin/Handout via picapp
Das Long War Journal, welches einen privilegierten Zugang zu Informationen besitzt, berichet weitere Details: http://www.longwarjournal.org/archives/2010/10/eight_germans_said_k.php
Danke, USA.
Das Longwarjournal berichtete auch von 8 toten Deutschen bei einem der Drohnenangriffe vom 8. September, hier in Deutschland ist das irgendwie untergegangen.
http://www.longwarjournal.org/archives/2010/09/germans_britons_link.php
In longwarjournal wird auch über einen Drohnenangriff vom 8. September berichtet, bei dem ebenfalls 8 Deutsche getötet worden sein sollen. Darüber wurde in deutschen Medien aber meiner Erinnerung nach nicht berichtet.
Ernsthafte Frage: Glaubt das jemand?
@b
Da die Namen der Personen bekannt sein dürften, werden deutsche Behörden vermutlich in der Lage sein, sich bald näher dazu zu äußern.
Von allgemeinen Unsicherheiten abgesehen (es vergehen z.T. Wochen, bevor die Tötung einer bestimmten Person bestätigt oder ausgeschlossen werden kann), halte ich die Meldung für prinzipiell plausibel. Es ist Routine, dass internationale Kämpfer im Nordwesten Pakistans getötet werden, und es wären auch nicht die ersten Personen dieser Art aus Deutschland gewesen. In diesem Fall geht die Meldung zudem nicht nur auf amerikanische Stellen zurück, sondern wird von anderer Seite bestätigt, z.B. hier: http://www.hurriyetdailynews.com/n.php?n=us-drone-strike-kills-germans-of-turkish-origin-in-pakistan-2010-10-05
Auch die Bekämpfung einer entsprechenden Zelle nach Festnahme und Verhör eines ihrer Mitglieder (in diesem Fall Herrn Siddiqi ist nicht ungewöhnlich.
Umgekehrt ist es natürlich ist es kein Zufall, dass die Amerikaner die Information zum jetzigen Zeitpunkt herausgeben. Selektive Transparenz ist im Rahmen von Informationsoperationen üblich.
@b
In Kenia ist auch so ein Landesverräter festgenommen worden: http://www.tagesspiegel.de/politik/deutscher-terrorverdaechtiger-festgenommen/1949678.html
Glauben Sie, dass es militante Islamisten aus Deutschland gibt?
@b
Ein aktuelles Video milianter Islamisten zeigt Kämpfer aus Deutschland in Pakistan:
http://www.telegraph.co.uk/news/worldnews/asia/pakistan/8043343/German-Taliban-video-posted-on-al-Qaeda-website.html
Gerne poste ich den Link zum Originalvideo, falls Sie den Daily Telegraph für CIA-beeinflusst halten und Herr Wiegold nichts dagegen hatt.
meine Frage schient ja zumindest nicht abwegiig zu sein. Selbst der Innenminister und die FAZ geben sich da doch eher skeptisch: Drohnenangriff auf Islamisten – De Maizière: Es bleiben Fragen
Ich halte das für einen Teil der derzeitigen U.S. Informationsoperationen die darauf angelegt sind Zustimmung zur Ausweitung des Krieges nach Pakistan zu erzielen.
@S.W. – das Video auf der Telegraph Seite ist ca. 3 Minuten lang und enthält kein Wort auf Deutsch. Es zeigt infantristische Nachtausbildung.
Das im Text beim Telegraph beschriebene Video soll hingegen 56 Minuten lang sein.
Meldungsinhalt und das angebotene Medium passen da offensichtlich nicht zusammen. Das läßt mich am inhalt der Meldung zweifeln.
Das der Telegraph und insbesondere sein Foreign Editor Con Coughlin regelmäßig von Geheimdiensten „gefüttert“ werden und Falschmeldungen verbreiten, ist in Großbritannien vor Gericht belegt worden.
Genauer können Sie das im British Journalism Review nachlesen.
Die BBC bestätigt auf Grundlage eigener Recherche die Präsenz der Personen aus Deutschland in Pakistan: http://www.bbc.co.uk/news/world-south-asia-11480212
Dass die Amerikaner diese Präsenz kommunizieren um politische Unterstützung für ihr Vorgehen zu stärken, ist doch völlig selbtverständlich. Ihre implizite Schlussfolgerung, dass es keine Bedrohung gibt, kann ich immer noch nicht nachvollziehen. Bestimmte Medien haben ihrerseits übertriebene Schlußfolgerungen gezogen, wie es leider in dieser sensationsfixierten Branche zunehmend verbreitet ist. Ihre umgekehrte Schlußfolgerung halte ich aber für genauso übertrieben.
Die Originalvideos können Sie sich u.a. hier anschauen: http://www.ansar1.info oder http://www.sehadetzamani.com/kategori_haber.php?&kat_id=22
Einige ein paar Monate alte Videos deutscher Kämpfer in Nordwest-Pakistan:
http://www.sehadetzamani.com/haber_detay.php?haber_id=2367
http://www.sehadetzamani.com/haber_detay.php?haber_id=2372
An die aktuellen Videos im anderen Forum komme ich gerade nicht heran, weil die Seite überlastet ist.
Offenbar sind meine Video-Links im Spamfilter gelandet. Es wäre schön, wenn diese noch freigeschaltet werden könnten, damit klar wird, dass deutsche Kämpfer in Nordwest-Pakistans keinesfalls nur eine Erfindung westlicher Geheimdienste sind.
[Ist passiert. Kommentare mit mehreren Links gehen vorsichtshalber in die Warteschlange. T.W.]
@ S.W.
Dass in Afpak ausländische Kämpfer, darunter Europäer, ausgebildet werden ist aber jetzt nicht gerade neu. Daraus ergibt sich eben keine Veränderung der Bedrohungslage. Und das ist doch der Punkt: Es gibt ein Risiko terroristischer Anschläge (und einen Sicherheitsapparat der dagegen vorgeht). Aber das derzeitige Risiko ist gut abschätzbar, und eben sehr überschaubar.
Da ist die nüchterne Haltung des Innenministers, und die sachliche Reaktion von FAZ und Sueddeutsche, mehr als angebracht.
Persönlich finde ich ja wie gesagt die Gewichtung sehr zweifelhaft. Mit Terrorismus haben die europäischen Staaten seit Jahrzehnten Erfahrung, das Phänomen ist weitgehend unter Kontrolle und die Auswirkungen sind gering. Trotzdem zählt man das Thema zur „Sicherheitspolitik“, finanziert sich eine entsprechende nichtstaatliche Industrie und macht damit nach Herzenslaune Politik.
Organisiertes Verbrechen ist nicht unter Kontrolle, der Schaden ist immens, die Entwicklung ist fortschreitend negativ und die Gefahr für Staaten ist greifbar. Trotzdem zählt das „nur“ als Kriminalität und wird von Medien und Politik nicht aufgegriffen. Verkehrte Welt.
@J.R.
Ich teile Ihre Ansicht. Ich hatte nur den Eindruck, dass einige Diskussionsteilnehmer Meldungen über internationale Kämpfer im Nordwesten Pakistans für reine Propaganda hielten.
@ S.W.
Ich kann natürlich nicht für die anderen Diskutanten sprechen. ;)
Aber ich bezweifle ebenfalls, dass durch solche Ausbildungslager das Risiko für Terroranschläge in Europa wesentlich steigt. Zumindest die Ausbildung der Sauerland-Gruppe scheint ja an der Situation in Europa ziemlich vorbeigegangen zu sein, und auch sonst wüsste ich nicht, was man da „nützliches“ lehren könnte. Umgekehrt kann man den deutschen Sicherheitsdiensten wohl keinen größeren Gefallen tun, als so ein Lager zu besuchen. Da kann man sich auch gleich „Ich bin Terrorist“ auf die Stirn schreiben…
Das heißt nicht, dass solche Lager nicht gefährlich seien – vor allem für die Sicherheit in der Region, wo man eben mit so einer Infanterieausbildung samt IED-Bau eben wirklich einiges mehr Schaden anrichten kann.
Aber das ist nicht das Narrativ, das mit den Ereignissen erzählt wird. Das ist halt „Ausländer in Trainingslager in AfPak -> mehr Bomben in Europa und Amerika“. Da dies die Realität in meinen Augen nicht hergibt sehe ich hier bewußte Manipulation.
@J.R.
„….und auch sonst wüsste ich nicht, was man da “nützliches” lehren könnte.“
Wie diverse Zellen in Europa und den USA in den vergangenen Jahren feststellen mussten, ist es gar nicht so leicht, nur auf Grundlage von Videos und anderem Material aus dem Internet die für einen wirksamen Anschlag erforderlichen Mittel herzustellen. Genau das kann man aber in Pakistan lernen. Die Sauerland-Zelle scheiterte ja nicht an ihrer technischen Inkompetenz, sondern u.a. daran, dass sie von Behörden frühzeitig erkannt worden war. Momentan scheint der Überblick der Behörden über entsprechende Reisebewegungen und Netzwerke noch auszureichen, aber da die Bundesregierung der Ansicht ist, immer mehr Problemfällen das Recht auf unbeschränkten Aufenthalt in Deutschland bei vollem Bezug von Sozialleistungen und „Religionsfreiheit“ zu gewähren, könnten die Fähigkeiten der Behörden irgendwann nicht mehr ausreichen, um durchgehende Beobachtung zu gewährleisten.
Was davon abgesehen kaum zu verhindern sein wird, sind Anschläge von Einzeltätern ohne Anbindung an größere Netzwerke und ohne Reisebewegungen nach dem Vorbild des Fort-Hood-Anschlags. In Deutschland gab es dazu möglicherweise Ansätze bzw. Versuche, der Polizei Waffen zu entwenden, um dann entsprechend zu agieren. Allerdings können solche Anschläge auch keinen allzu schweren Schaden anrichten.
@ S.W.
Tja, die erfolgreichsten Terroristen werden halt in der Regel immer noch vom eigenen Militär ausgebildet. Fort Hood haben sie ja schon genannt, der Oklahoma City-Bomber wäre ein anderes prominentes Beispiel. Da können der Timesquare-Bomber und der Schuhbomber schlicht nicht mithalten. Und auch was den Zugang und das „Verlieren“ von Waffen angeht kann in Deutschland wohl niemand mit der Bundeswehr mithalten. Trotzdem würden Sie sich wohl gegen Gerede vom „Terrorcamp Bundeswehr“ verwehren, von Verunglimpfung reden und eine Beachtung der Verhältnismäßigkeit fordern. Ein ähnliches Verhalten hinsichtlich Einwandern fände ich nicht unangemessen. ;)
Da muss ich dann auch feststellen, dass mir ziemlich egal ist, wer mich versucht abzufackeln, ob das jetzt ein Anarchist, Maoist, Nationalsozialist oder Islamist ist. (Ich wage sogar die These, dass die Wahl der Ideologie bei solchen Persönlichkeiten eher nachrangig ist.) Und ich muss sagen, ich habe den Eindruck, dass die deutschen Sicherheitskräfte da nach allen Richtungen entsprechend wachsam sind.
Sie haben ja auch schon angemerkt, dass die größte Gefahr unvernetzte Einzeltäter sind. Und man kann wohl auch guten Gewissens anmerken, dass heutzutage jeder Terrorist in Europa nur einen Versuch hat. Auch von daher ist das Bedrohungspotential überschaubar.
Vom „War on Terror“ und dem amerikanischen „nachrichtendienstlichen Komplex läßt sich das aber nicht sagen. Tatsächlich halte ich diese outgesourcte Schattenstaatlichkeit für eine deutlich größere Bedrohung demokratischer Staaten, als es Terroristen je sein könnten. Selbst für den offensichtlichen Teil – der Entführung europäischer Staatsbürger aus Europa, oder die Bombardierungen in Pakistan – steht noch jegliche Kostenbilanz, Wirkbilanz, Schadensbilanz oder gar Kosten-Nutzen-Rechnung aus. Von öffentlicher Kontrolle ganz zu schweigen.