RC N Watch: Ramadan, „Series of attacks“ in Kundus
Zwei Hinweise:
Heute beginnt der Ramadan, der islamische Fastenmonat (und dauert bis zum 9. September). Die strikten Fastengebote (u.a. Verzicht auf Getränke von Sonnenaufgang bis -untergang) haben gerade in einem Sommermonat Auswirkungen auf das öffentliche Verhalten und machen unter Umständen die Zusammenarbeit von Nicht-Muslimen mit ihren islamischen Kooperationspartnern bei der afghanischen Armee und Polizei schwieriger.
Und: die Ausbildungs- und Schutzbataillone der Bundeswehr in Nordafghanistan haben ihre Arbeit aufgenommen. Während in Deutschland die politische Diskussion vor Implementierung der neuen Strategie vor allem Wert auf, eben, den Ausbildungs- und Schutz-Gedanken legte, werden diese Einheiten international als Teil eines aggressiveren Vorgehens gegen Aufständische gesehen. Beispielhaft dafür der Bericht im Wall Street Journal: German Offensive Aims to Repair Security, Reputation. Aus amerikanischer Sicht passt da ein adeliger Bataillonskommandeur (wofür der ja nichts kann) ebenso ins Konzept wie das Zitat: The new German commander of the battalion in Kunduz province expects to begin a series of attacks in October. „This is a new mission,“ said Lt. Col. Christian von Blumröder, who took command this month. „My orders are to get this done.“
Nachtrag: Die New York Times schildert eine Training Mission bei Kundus – der U.S.-Streitkräfte im Partnering mit der afghanischen Polizei: In Mission With Afghan Police, Issues of Trust.
Nachtrag 2: Die Kollegen vom AfPak Channel machen aus dem Wall-Street-Journal-Bericht gleich das ganz große Ding: German Army plans fall Afghanistan offensive… Zusammen mit der Bildunterschrift Uneasy allies düffte das die Stimmung heben.
Wenn die Darstellung im WSJ-Beitrag stimmt, dann wird die Rolle der ASB bei der Unterstützung der ANP sehr begrenzt sein und wesentliche Elemente aussparen. Ich habe mir einen Kommentar dazu erlaubt:
http://weblog-sicherheitspolitik.info/2010/08/11/afghanistan-zweifel-an-wirksamkeit-der-neuen-ausbildungs-und-schutzbataillon/
An der Stelle könnte man anmerken, dass die Ausbildung der ASBs ziemlich improvisiert wirkt (siehe etwa „Welt online):
– Trotz Jahren in Afghanistan scheint das jetztige Kontingent das erste zu sein, an dem die Bundeswehr einen Dari-Schnellkurs ausprobiert. (Aber vermutlich besser spät als nie…)
– Bei der Ausbildung zum Partnering scheint man nicht auf Afghanen zurückgreifen zu können.
– Bisher liest man auch nichts über Lernziele oder Lehrmethodik – anstatt auf einen konkreten Endstand hinzuarbeiten scheint man bei der Bundeswehr eher davon auszugehen, dass man jetzt einfach mal mit den Afghanen zusammen unterwegs ist, und dann schon irgendwas hängenbleibt bis das nächste Kontingent eintrifft. (Auf Freerange International wurde dazu auch etwas geschrieben: „Getting after it“)
Und wie SiPol anmerkt: Bisher gibt es wenig Hinweise, dass die Bundeswehr plötzlich vorhat tatsächlich mit den Sicherheitskräften in den Dörfern zu bleiben bis sichergestellt ist dass die Sicherheitslage halbwegs stabil bleiben wird. (Tatsächlich klingt Guttenbergs Äußerung, dass man mit den Afghanen nicht die Iso-Matte teilen werde, eher nach dem Gegenteil.) Sich darauf zu verlassen, dass irgendwelche Kräfte jenseits der eigenen Kontrolle sich so verhalten wie man das im Westen gerne hätte hat in der Vergangenheit schon nicht funktioniert – gerade in Hinblick auf die afghanische Polizei.
Zusätzlich zu den von SiPol vorgebrachten Punkten sollte man auch nicht übersehen, welche Nachrichten man an die Afghanen sendet, wenn man schlecht ausgebildete, schlecht ausgerüstete und unterbezahlte Einheimische für eine gefährliche Aufgabe verheizt, die man den eigenen Landsleuten nicht zumuten will.
Alles in allem scheint mir das so, als hätte sich die das Verteidigungsministerium trotz gegenteiliger Erfahrungen mal wieder für das abgespecktest mögliche Konzept entschieden; und als würde die Bundeswehr versuchen, das jetzt unter den Gesichtspunkten a) geringstmögliche strukturelle Änderungen und b) minimales Risiko für die eigenen Soldaten umzusetzen. Die Afghanen und der Erfolg der ISAF-Mission scheinen dabei wieder mal in den Hintergrund zu treten.
Beim „A Year at War“ Journal, dass ein amerikanisches Battalion bei Kunduz über einen längeren Zeitraum begleitet gibt es inzwischen zahlreiche interessante weitere Videos. Unter anderm ein ca. 6 minütiges („Building Trust“), dass die US-Soldaten bei Char Darreh im Feurekampf untertstützt durch deutsche Kräfte (u.a. Marder im Gefecht) zeigt. Es wurde über das Journal ja schon berichtet, hier nocheinla der Link:
http://www.nytimes.com/interactive/world/battalion.html?ref=world#/NYT/19
@J.R.
Überhaupt kann man es sich nur deshalb leisten, solche Offensiven über die Medien anzukündigen, weil man vermutet, dass die Aufständischen ausweichen werden. Hoffentlich überlegen es sich die Aufständischen nicht doch einmal anders. Manche Ortschaften z.B. im Distrikt Chahar Darreh sollen ja zur Verteidigung vorbereitet zu sein, und aus den jüngsten Meldungen über Vorfälle könnte man herauslesen, dass die Aufständischen in einigen Fällen selbst Räume gehalten haben.
@SiPol
Ich bin mir nicht sicher, ob man in diesem Fall davon sprechen kann, dass „solche Offensiven über die Medien angekündigt“ werden – oder ob die U.S.-Kollegen das, was sie gehört haben, aus ihrem Verständnis ein ganz klein wenig hochgehypt haben…
— Off Topic, @allcon: Sollte ich die derzeitige Kommentar-Darstellung – der jüngste Kommentar oben – vielleicht umdrehen? Kommt mir gerade bisschen komisch vor, wenn das, worauf ich mich während des Schreibens beziehe, so weit oben steht, dass ich dauern scrollen muss…
@Thomas Wiegold
Es wäre nicht die erste durch Bundeswehr bzw. NATO angekündigte „Offensive“: http://www.ftd.de/politik/deutschland/:afghanistan-einsatz-bundeswehr-plant-offensive-gegen-taliban-in-kundus/50090441.html
Von manchen dieser Operationen sah man allerdings hinterher nicht viel, und auch die von bestimmten Medien unter Berufung auf General Kasdorf für diesen Sommer angekündigte „Sommeroffensive“ war mit dieser Bezeichnung vielleicht etwas zu dramatisch beschrieben.