Gendern, aber richtig
Zum (heutigen) Internationalen Frauentag ein Foto, dass mir ein Leser zugeschickt hat (vielen Dank!): Offensichtlich gibt es zunehmend einige Standorte, an denen die Schilder mit dem Hinweis auf den militärischen Sicherheitsbereich ausgetauscht werden – damit als Unterzeichner neben dem Kasernenkommandant oder dem Standortältesten auch die Kasernenkommandantin oder die Standortälteste genannt werden.
Die offizielle Sachlage habe ich mal beim Verteidigungsministerium nachgefragt: Nach der Zentralen Dienstvorschrift (ZDv) 40/1 Aufgaben im Standortbereich, Anlage 2, ist zwar die gegenderte Fassung der Schilder vorgesehen. Bereits vorhandene Schilder sollen aber erst ausgetauscht werden, wenn eine weibliche Person mit der Aufgabe betraut wird (das klingt ja logisch), die Schilder aus Gründen wie Beschädigung ausgetauscht werden oder der Standortälteste oder Kasernenkommandant (m) das Schild austauschen will.
Nun dürfte es bislang recht wenige Frauen in dieser Funktion geben – allein schon deshalb, weil die Truppe insgesamt erst Anfang des Jahrhunderts für Frauen geöffnet wurde und allein nach Zeitablauf bislang noch keine weibliche Soldatin den entsprechenden Dienstgrad erreicht haben dürfte (den Sanitätsdienst mal ausgenommen). Dennoch, so scheint es, werden bisweilen die neuen Schilder montiert – weil so gewünscht, aber nicht, weil erforderlich.
Ganz subjektiv: Das dafür fällige Geld – und bei manchen Anlagen, zum Beispiel Truppenübungsplätzen, sind es ja etliche solcher Schilder – könnte ich mir besser für sinnvollere Dinge zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf eingesetzt vorstellen. Von Unterstützung einer KiTa bis zu Pendler-Entschädigungen gäbe es da etliches, von dem Frauen bei der Truppe mehr hätten als von neuen Schildern.
Aber vielleicht irre ich mich auch und es sind nur ganz wenige Fälle, in denen die neuen Schilder montiert werden?
Nachtrag nach einem Hinweis in den Kommentaren: Siehe Beispiel Thüringen.
(Vorsorglich der Hinweis: Aus Erfahrung weiß ich, dass beim Thema Frauen und Streitkräfte manche Emotionen männlicher Leser recht hoch schlagen. Ich werde deshalb bei diesem Thread etwas schärfere Maßstäbe bei der Moderation anlegen und ggf. zwischendurch auch mal alle Kommentare auf moderiert schalten.)
@ Mario Kaeß | 08. März 2013 – 22:42
Das Weglassen ist für den Schußwaffengebrauch ziemlich irrelevant. Im Feldjägerdienst oder bei der Transportsicherung sind auch keine Schilder an den KFz/Soldaten.
@ Name (erforderlich) | 08. März 2013 – 22:48
Nur weil ich das generische Maskulinum verwende, bin ich also nicht bereit mich anzupassen und Frauen zu akzeptieren? Mein Sprachgebrauch hat nichts mit meiner Denkweise zu tun. Ich habe nur keine Lust, jede Eventualität sprachlich ausdrücken zu müssen. Das verlängert Vorträge und schriftliche Anweisungen nämlich unverhältnismäßig und einschlägige Dienstvorschriften verlangen eine klare und knappe Ausdrucksweise.
@Someone
Mir ist unklar wo ich das behauptet haben soll.
@Iltis
Exakt. Die Formulierungen sind kaum zu gebrauchen. Kennt man aus der Bundeswehr ja so gar nicht …
@ Someone
Im Feldjägerdienst bzw. bei der Transportsicherung ist es richtig. Jedoch gelten für feste Areale (StOÜbPl, TrÜbPl, Kas etc.) zusätzliche Bestimmungen wie z.B. die ZDv’s 40/1, 70/1 etc. … Und hier ist auch eindeutig festgelegt, daß der Schußwaffengebrauch bereits auf den Schildern anzudrohen ist. … Dieses nicht nur wegen der Vorschrift wegen, sondern allein schon der Tatsache, daß es einen Unterschied macht, ob jemand der sich dort unberechtigt aufhält eine Ordnungswidrigkeit oder eine Straftat (Haus-/Landfriedensbruch) begeht.
Es werden eben nicht alle Areale nur durch Feldjöger, die im übrigen vollzugspolizeiliche Aufgaben haben, kontrolliert, sondern auch durch OvWa’s (z.B. StOÜbPl) dieser hat auch Befugnisse nach dem UZwGBw, aber lassen Sie diesen nur einmal die Schußwaffe in einem Areal androhen oder gar gebrauchen müssen, welches nicht entsprechend mit der Schußwaffenandrohung ausgeschildert ist. … da freut sich der Anwalt des „Bedrohten“ regelrecht drauf. Was meinen was passiert? … Der Delinquent bekommt gesagt, daß er das nicht nochmal machen sollte. Der Standortälteste muß die Schilder vom StOÜbPl tauschen lassen … und der OvWa darf sich höchstwahrscheinlich über ein Diszi freuen …
Es kann natürlich auch sein, daß es nur Liegenschaften in einem bestimmten Ort (Berlin) sind. Dann wäre völlig klar, warum die Schußwaffenandrohung fehlt. … Es „macht politisch ein schlechtes Bild“.
Der Kasernenkommandant der UniBW München ist weiblich. Die Hinweisschilder auf den militärischen Bereich sind jedoch mit „der Kasernenkommandant“ gezeichnet.
@FeKr:
Lassen Sie mich raten, der Kasernenkommandant der UniBW München dient genauso wenig in den Streitkräften der Bundesrepublik Deutschland wie der Kasernenkommandant der UniBW Hamburg. Letzterer ist nämlich ernsthaft der „Präsident“ der Universität, ergo Zivilist.
Alles, was man dazu wissen muss, steht hier: http://www.scilogs.de/wblogs/blog/sprachlog/sprachstruktur/2011-12-14/frauen-natuerlich-ausgenommen
Aber das ist natürlich ein „Linker“. Dennoch bleibt die weiter oben gestellte Frage, warum wir kein gerisches Femininum verwenden weiter offen.
Noch was zum lesen:
http://www.rhetorik.ch/Feministisch/Feministisch.html
@Ghost bear
Was hat die Bezeichnung Kasernenkommandant damit zu tun, ob jemand Zivilist ist oder Soldat bzw Zivilistin oder Soldatin?
Ist Militärsprache nun die letzte Bastion der Männer(sprache)????
Wenn vorhandene Schilder erst dann ausgetauscht werden sollen, wenn eine Frau Kasernenkommandant wird, wäre die Übertragung dieser Aufgabe an eine Frau bis zu einem gewissen Grad unwirtschaftlich ;-).
@diba
vielen Dank für den link, sehr lesenswert
@all
bei den Schildern sollte natürlich auch noch diskutiert werden, wie die männliche und weibliche Kasernenkommandantbezeichnung korrekt anzubringen sind: übereinander, nebeneinander und Reihenfolge….;-)
@klabautermann
Hier könnte dann das alte „Gentleman“-sein helfen
;-)
@Soenke
“Gentleman” ist doch was patriarchaisches, geht also gar nicht ;-)
@klabautermann
Wer sagt denn, dass alles archaische schlecht ist……
oder haben Sie Angst, dass Ihnen eine junge Frau die Tür auf hält bzw in der S Bahn einen Platz anbietet ;-)
@Soenke
das wär ja mal was, bin ja schon froh, wenn mich Frauen zuerst aus dem Fahrstuhl/Geschäft lassen bevor sie die Tür stürmen ;-)
Ich finde, dass eine m/w Differnzierung aus funktionalen Gründen sehr sinnvoll ist : Ab 60 cm Wassertiefe hat der Soldat selbsttätig mit Schwimmbewegungen zu beginnen, Soldatinnen ab 50 cm……..oder haben Männer und Frauen mittlerweile die gleiche durchschnittliche Körpergröße ?
@Klabautermann
Jetzt wird das Eis wieder glatter….. jetzt kommen dann wieder die Eine -Frau -kann- nicht- was- ein- Mann- kann Protagonisten heraus… Vorsicht mit den Geistern die sie rufen…,
ich bin ja mehr für den Ansatz Bring Allen das Schwimmen bei und lass sie selbst entscheiden…
@Soenke
lol….das ist natürlich die „elegante“ Lösung, ändert aber nichts an den demographischen und biometrischen Realitäten wie man an der Unisex-Tarif Debatte sehen kann ;-)
@ klabautermann
„Wenn das Wasser bis zu den Oberschenkeln reicht geht Schwimmen besser.“ scheint den meisten Deutschen vollkommen auszureichen – falls man es ihnen überhaupt sagen muss. Das ist sogar kürzer, zukunftssicherer und genderneutral. ;)
Es fehlt nur der Kasernenvorschriftston – da muss man dann natürlich Prioritäten setzen. ;)
Das mit dem Schwimmen und klettern ist raus aus der 3/11 … schon lange
@J.R.
natürlich gibt es semantisch immer elegantere Lösungen, die dann eben nicht unbedingt im traditionellen Sinne militärisch klingen. Deswegen hatte ich ja als ersten Kommentar in diesem Faden das Weglassen/Überpöhnen von „Der Kasernen……..“ auf den MilSichBer-Schildern vorgeschlagen.
T.W. hat schon recht, wenn er meint ,dass diese stereotype editiorielle Gentrifizierung des BW-Vorschriften- und Schilderwaldes vielleicht gesetzlich vorgeschrieben, allerdings auch ganz schön teuer ist und man diese Gelder eher in die Verbesserung der realen gender-Situation in der BW nutzen sollte.
Stand es jemals drin?
Und wenn es raus ist, ist es dann ein Dienstvergehen NICHT zu schwimmen wenn man es kann? ;)
Und was ist mit der Grußplicht?
Fragen über Fragen….
Mit den Schildern ist es doch ganz einfach … eigentlich:
Jeder Kasernenkommandant, jeder Standortälteste etc. ist eine dem BMVg nachgeordnete Stelle, die das BMVg vor Ort „vertritt“. … Warum „unterschreibt“ man dann nicht einfach alle Schilder mit …
„Das Bundesministerium der Verteidigung“?
Man tritt keinem Geschlecht auf die Füße, es gibt kein Sprachwirrwarr etc. … und aus die Maus?
@JCR: Ja, es stand vor Ewigkeiten wirklich drin. Ich konnte es in meinen Anfangszeiten noch selbst lesen.
Es stand in der 3/11 auch mal drin: Bei hereinbrechender Dämmerung ist mit zunehmender Dunkelheit zu rechnen.
Tolle Info. Man muss aber auch Wahrheiten nicht unbedingt immer ernst nehmen.
Hirn einschalten, „Die Kasernenkommandantur“ schreiben und die Schilder können ewig hängen.
Wundert sich da noch jemand, warum der Verteidigungsetat vorne und hinten nicht reicht? Hauptsache, die Türschilder passen…
*Kotz-gleich-im-Kreis*
@T.W.
Buchidee (für den Vorschlag hätte ich gerne 50 % Beteiligung):
Titeloptionen:
„Gesammelte Dienst-Alltags-Idiotien aus den Kommentaren bei Augengeradeaus.net“
„Bundeswehr – wie sich der Dienstherr gerne nicht präsentiert sieht!“
„Die un(tarn)geschminkte Wahrheit! – Bundeswehr bei Augengeradeaus.net“
@ klabautermann
War halt eine zu schwer zu ignorierende Steilvorlage. ;)
Der Begriff ist übrigens „Gender Mainstreaming“ (nicht Gentrifizierung), und wird in dieser Form von Teilen der CDU forciert, nicht von den Grünen. Angesichts der Probleme, die viele in der Union sonst so mit allem Nicht-Heterosexuellen haben, ist das an Ironie kaum noch zu überbieten.
(Und wie sorgfältig das auf die deutsche Sprache abgestimmt wurde, sieht man nicht zuletzt daran, dass es nichtmal einen deutschen Begriff dafür gibt. ;) )
Erzwungene Erziehungsmaßnahmen, nicht nur ohne gesellschaftlichen Konsens, sondern auch noch gegen den Willen der Bevölkerung, haben halt schnell was totalitäres.
@J.R.
völlig Ihrer Meinung..
Gendern geht im Übrigen auch anders herum.
Ich habe im letzten Jahr eine Kur mit meinem erkrankten Sohn gemacht.
Sie glauben gar nicht, wie oft ich seitens des Dienstherren auf die Bezeichnung „Mutter-Kind-Kur“ gestoßen bin. Gefühlte 8 Formularen im SanBer unter diesem Titel musste ich dazu ausfüllen. Ich fühlte mich aber kein bisschen diskriminiert.
PS: Die Kureinrichtungen waren da im Übrigen schon wesentlich weiter . Hier wurde immer von Eltern-Kind-Kur gesprochen.
Die Diktion des Schildes hat einen kleinen logischen Mangel. Es fehlt das Kästchen zum Ankreuzen! So entsteht der Eindruck, dass Kasernen immer Paarweise kommandiert werden.
Sehr spannend wo wieder bei der Bundeswehr die Schwerpunkte gesetzt werden. Anscheinend muß mal wieder Geld alle gemacht werden. Und dann ist kein Geld für Munition da.
Am Truppenübungsplatz in Rheine-Gellendorf sind so einige der Schilder zu finden:
„Militärischer Bereich
Unbefugtes Betreten […]
Die Standortälteste / Der Standortälteste“
Der Standortälteste ist hier männlich…