Vorerst keine weiblichen Dienstgrade für die Bundeswehr
Eine Einführung weiblicher Dienstgradbezeichnungen in der Bundeswehr wird es vorerst nicht geben. Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer werde sich zunächst nicht damit befassen, teilte ihr Parlamentarischer Staatssekretär Peter Tauber dem Verteidigungsausschuss des Bundestages mit. Ob das Thema damit grundsätzlich erledigt ist, bleibt allerdings offen.
Tauber erklärte am (heutigen) Mittwoch via Twitter:
und auf Nachfragen:
Zuvor hatte der Parlamentarische Staatssekretär vor dem Ausschuss erklärt, die Ministerin habe Anfang der Woche entschieden, sich mit derartigen Plänen aus ihrem Haus vorerst nicht weiter zu befassen. Ein entsprechender Bericht des Spiegels wurde von Ausschussmitgliedern bestätigt.
Das Verteidigungsministerium reagierte damit auf die heftige Debatte, die Berichte über geplante weibliche Dienstgradbezeichnungen ausgelöst hatten: In der vergangenen Woche war bekannt geworden, dass nach einer Vorlage im Ministerium, erstellt von Staatssekretär Gerd Hoofe und den Leitern der Ministeriumsabteilungen Personal, Generalleutnant Klaus von Heimendahl, sowie Führung Streitkräfte, Generalleutnant Kai Rohrschneider, mit Ausnahme von Hauptmann und Oberst alle Bezeichnungen um eine weibliche Form ergänzt werden sollten.
An dem Plan, der vor allem die rund 8.000 weiblichen Feldwebel verschiedener Stufen in der Bundeswehr betreffen würde, hatte es heftige Kritik gegeben – auch von Frauen aus der Truppe. Der Bundeswehrverband hatte sich ebenfalls gegen diese Überlegungen gestellt.
Nach Taubers Aussagen bleibt jedoch unklar, ob das Thema vom Tisch oder nur verschoben ist – eine Entscheidung Kramp-Karrenbauers, diese Frage aufzugreifen, bleibt ja nach seinen Worten jederzeit möglich. Allerdings kann die Verteidigungsministerin über eine solche Änderung nicht allein entscheiden: Die Dienstgrade sind in der Anordnung des Bundespräsidenten über die Dienstgradbezeichnungen und die Uniform der Soldaten festgelegt und können nur im Einvernehmen mit dem Staatsoberhaupt geändert werden.
(Archivbild Dezember 2016: Bei der Übung Feldberg auf dem Truppenübungsplatz Bergen erteilt eine Kompaniechefin kurz vor Beginn des Angriffs ihren Zugführern letzte Befehle – Carl Schulze/Bundeswehr)
Die Einlassungen von Herrn Tauber klingen etwas verschnupft bzw. nach „Frau Ministerin hat wichtigeres zu tun“. Schon merkwürdig, dass sich dann dessen ungeachtet trotzdem als hochkarätig zu bezeichnende Offiziere und Ministerialbeamte umfassend mit diesem Thema befasst haben und sogar Prüfaufträge mit recht knapper Terminsetzung erteilt wurden…
In dieser Legislatur nicht mehr.
Die Streitkräfte, an ihrer Spitze die Inhaberin der Befehls- und Kommandogewalt, kümmern sich mit aller Kraft bitte wieder um Merkmale, die Truppe ausmachen:
Großgerät, Instandsetzungstitel, Munition, Personal, Übungstätigkeit (im Heer) im Verbandsrahmen.
Eine sehr gute Entscheidung. Danke an alle Kameradinnen die sich dafür eingesetzt haben.
@T.W.
Ist doch eindeutig von Tauber:
Die Frage wurde aufgeschoben, es wurde nichts entschieden. Nicht dafür und nicht dagegen.
Das heißt, dass das Thema wiederkommt – leider.
Auch hier hat man mal wieder keinen „Arsch“ in der Hose Nägel mit Köpfen zu machen.
Entweder dafür einzustehen oder eben entschieden dagegen zu sein.
Von allein wurde da nämlich mit Sicherheit nicht dran gearbeitet, wenn ein Staatssekretär (Hoofe) daran mitwirkt.
Für mich ist das ganze mal wieder ein Beweis für inkonsequente Führung.
Wenn ich ein Thema durchbringen will, muss ich mir vor der Ausarbeitung Gedanken machen um die Umsetzung und Zustimmung (politische und/oder gesellschaftliche Zustimmung).
Das wurde hier mal wieder nicht getan – das beweisen schon die Studien (ZMSBw) aus eigenem Hause und die prompte Meldung des Bundeswehrverbandes und die Hinweise aus der (weiblichen) Truppe selbst.
Wenn ich dann aber trotzdem ein Thema durchbringen will (entgegen einer Mehrheitsmeinung), dann muss ich auch dem (ersten) Widerstand etwas entgegensetzen und nicht mal wieder eine Schwurbelantwort abgeben.
Oder als Ministerin sogar gar keine Antwort.
Und Zeit war jetzt genug um sich zu positionieren als Ministerin.
Einfach nur traurig dieses Führungsverhalten (und das sage ich als Gegner von weiblichen Dienstgraden).
Also vertagt und nicht ausgesetzt bzw. abgelehnt. Damit zeigt man mal wieder, dass man eigentlich nichts gelernt hat und sich auch nicht mit der Kritik aus dem unterstellten Bereich befasste – die Antwort von Herrn Tauber strotzt vor Arroganz. Schade…
Hoffentlich bleibt das so. Habe viele weibliche Soldaten gefragt. Alle waren dagegen. Was für ein Aufwand es gäbe. Es müssten u.a. alle Abkürzungen neu eingepflegt (IT) werden.
Wenn man schonmal mit Behörden zu tun hatte, weiß man dass es manchmal Kollegen weiter oben gibt, die unbedingt „eine gute Idee“ in der Chefetage platzieren wollen, aus Karrieregründen, Aufmerksamkeit, was auch immer.
M.E. von daher sinnvolle Herangehensweise der Ministerin.
Aktuell gibt es drängendere Themen; eine kategorische Absage hätte einen Shitstorm ausgelöst, den braucht man in der aktuellen Lage auch so unbedingt wie einen Vollbrand im Mun-Depot.
Wenn es den wirklich Betroffenen wichtig wird, wird es die Hausspitze schon erfahren und man kann sich immer noch darum kümmern.
Von daher Dankeschön an die Ministerin.
Ich frage mich ob unsere „Führung“ wirklich noch Kontakt zur Truppe hat und wenn ich sehe wer sich mit dem Thema befasst hat erübrigt sich eigentlich die Antwort…
Vielleicht sollte man sich mal mit den Betroffenen beschäftigen anstatt im Luftschloss zu leben…
Ich hoffe das Thema ist vom Tisch und wir können uns um die wirklichen Probleme kümmern.
Davon gibt es ja genug…
Ich finde es persönlich schade, wie Tauber sich zur Sache äußert.
Ich habe ihn kurz kennengelernt. An für sich sympathisch, am Ende bleibt er aber im konkreten Handeln ein politischer Beamter.
Also wollte man hier wieder mal nach Jacques-Delors-Style verfahren:
»Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, was passiert. Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter – Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt.«
https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-15317086.html
Das »Geschrei« gab es glücklicherweise nun aber doch, also ist man auf die Taktik »Zwei Schritte vor, einen zurück« umgeschwenkt und kommt mit dem ideologischen Stuß dann nach der kommenden Wahl wieder um die Ecke. Kaum verhohlener temporärer taktischer Rückzug, weiter nichts.
Ja klar, Außenstehende mögen es kaum glauben, aber Behörden sind (zum Glück) nicht die radikalen Top-Down-Orgas, für die sie offenbar von Vielen gehalten werden. Klar wird von der Haus- oder Abteilungsleitungen etc. mal was durchgedrückt oder ein Veto eingelegt. Aber Fachreferate (oder wie das dann jeweils heißt) haben in Fachfragen in der Regel natürlich auch eine gewisse Gestaltungsfreiheit. Das BMVg kenne ich nicht, aber es würde mich wundern, wenn es keine*n Gleichstellungsbeauftragte*n gäbe. Deren*Dessen inhärenter Job wäre es ja, so etwas voranzutreiben. Zudem dürfte so ein*e Beauftragte*r ja auch ein Stückweit außerhalb der sonst üblichen Dienstwege stehen. Aber wie gesagt, alles Spekulation, ich kenne das Haus nicht näher von innen.
Den Shitstorm wohlmeinender Menschen, die – ohne freilich selbst betroffen zu sein – der Bundeswehr jetzt die sprachliche Gendergerechtigkeit bis hin zum letzten Dienstposten und der letzten Dienstpostin überziehen wollen würden, kann man so vielleicht vermeiden, indem man gesichtswahrend zum Rückzug bläst, ohne selbst das kategorische Aus für diese Idee verkünden zu müssen.
Manchmal ist es besser, Dinge so in der Versenkung verschwinden zu lassen, und sie einfach nie wieder aus der Schublade zu ziehen. Unter den Betroffenen war ja das Ergebnis großer Konsens: „Nonsens!“
Meine Freude, über die Tatsache, dass diese für uns Soldatinnen eher rückschrittliche und diskriminierende Debatte „vorerst vom Tisch“ sei, ist zunächst sehr groß, aber dennoch nicht entspannend und wirklich beruhigend anzunehmen. „Aufgeschoben ist nicht Aufgehoben“ und natürlich hätte ich mir, wie alle anderen wohl auch, keine Vertagung, sondern eine konkrete und standpunktfeste Entscheidung bzw. klare Ablehnung gewünscht.
Leider werden Vorgesetzte, die das Rückgrat besitzen, Entscheidungen zu treffen und zu diesen zu stehen, mehr und mehr zu einer aussterbenden Spezies, so sind eben Vorbilder, wie diese, die mich einst geprägt und haben wachsen lassen, nur noch schwer auffindbar.
Derzeit ist also nur Verhandlungspause für die Politik und Kampfunterbrechung für uns Soldatinnen und Soldaten angesagt.
Eines sollte trotzdem vorerst nicht unausgesprochen bleiben: Ich danke allen meinen Kameradinnen, die sich jetzt stark gemacht und eingesetzt haben, aber auch meinen Kameraden, die deutlich Stellung bezogen und im Zuge der Gleichbehandlung zu uns gehalten und uns unterstützt haben, gilt mein aufrichtiger Dank. Ein echtes Zeichen für Zusammenhalt und gelebter Kameradschaft…!
Erhellend und erheiternd sind die Diskussionen in der Twitter-Bubble – bis hin zu Verschwörungstheorien, wonach eine SocilaMediaDivision-Insta-Influencerin die Kampagne gezielt gestartet habe, um diesen Fortschritt gezielt zu hintertreiben – und das ganze im Dienste der konservativer CSUler. Man weiß nicht mehr, ob man lachen oder weinen soll.. Auch frage ich mich, ob man ähnlich verärgert reagiert hätte, wenn umgekehrt eine Bildkachelkampagne zum Durchbruch bei Gedner-Dienstgraden geführt hätte. Die Diskurshoheit in der Bubble bedeutet halt nicht die Mehrheit an der Basis bzw. in der Truppe. Aber wie auch immer: Dieses Profilierunsgthema wird uns regelmäßig wieder neu beschäftigen, der Tauber-Tweet lässt da ja keinen anderen Schluss zu.
@
gonzoviews sagt:
17.09.2020 um 8:42 Uhr
Die Gleichstellungsbeauftrage brauchen Sie nicht gendern. Die darf man ganz offiziell mit richterlichem Urteil voll diskriminiert und rein weiblich ausschreiben, was auch alle umfassend machen. Männliche Bewerber werden mit Hinweis auf das mit der Position unvereinbare Geschlecht abgelehnt. (Hinsichtlich der Thematik der Gleichstellung natürlich ein eklatanter gar grundsätzlicher Fehler, aber legal und Praxis!)
@gonzoviews:
Ihre Spekulation mit dem Top-Down und dem Dienstweg kann man verneinen.
Einfach den Artikel von T. Wiegold lesen
https://augengeradeaus.net/2020/09/frau-hauptmann-bleibt-frau-oberst-auch/
und dort steht:
„Kern sei ein Papier von Staatssekretär Gerd Hoofe und den Leitern der Ministeriumsabteilungen Personal, Generalleutnant Klaus von Heimendahl, sowie Führung Streitkräfte, Generalleutnant Kai Rohrschneider“
Genau diese 3 Mann machen mit Sicherheit nichts alleine und stechen das dann einfach mal so durch. Ohne Zweifel war das beschlossen von ganz oben und jetzt wird zurückgerudert.
Deshalb ist es eher wie @Derfflinger geschrieben hat und das ist nicht nur bedenklich, sondern auch sehr schade.
Mit dieser Arbeitsmethode (nicht das Thema, sondern die Art und Weise) kann man nämlich auch den letzten Soldaten aus der Truppe vergrämen und Vertrauen verlieren.
Ich habe einfach nur noch null Vertrauen in die Führung im Berliner Ministerium und das haben die sich alle ganz alleine zuzuschreiben.
@Lincoln
Wie schon geschrieben kenne ich das BMVg und die genannten Herrschaften nicht näher. Tatsächlich gehören die (großen) Namen auf einem Papier aber nicht zwingend zu dessen tatsächlichen Autor*innen (aus der Fachebene). Trotzdem KANN es natürlich auch so gewesen sein, wie von Ihnen geschildert.
@Lincoln
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