Erster Piratenangriff des Jahres vor Somalia
Erst ein paar Tage ist es her, dass das Piracy Reporting Centre des International Maritime Bureau (IMB) ein positives Bild vom Rückgang der Piraterie vor Somalia zeichnete – da kam am (gestrigen) Freitagabend die Meldung von einem neuen Versuch der Piraten: Vor der Küste Omans wurde ein Handelsschiff angegriffen.
A merchant vessel was attacked at 1800 UTC in posn 15 07N 054 23E by two (2) Skiffs & one (1) mother vessel . Vessel is safe.
Merchant vessels are advised to proceed with caution in this area.
berichtete das NATO Shipping Centre (Ort des Angriffs auf der Karte oben).
Es war der erste offensichtliche Piratenangriff am Horn von Afrika in diesem Jahr (ein weiterer vom IMB gezählter Angriff war ein Diebstahl von einem auf Reede liegenden Frachter und fällt nicht in diese Kategorie). Interessant ist dabei, dass auch von einem Mutterschiff die Rede ist – offensichtlich sind die vermutlich somalischen Seeräuber trotz eingeschränkter Aktivität doch weiter in der Lage, von solchen Mutterschiffen aus zu agieren.
Die Statistik lässt dennoch hoffen:
Piracy at sea has reached its lowest levels in six years, with 264 attacks recorded worldwide in 2013, a 40% drop since Somali piracy peaked in 2011, the International Chamber of Commerce (ICC) International Maritime Bureau (IMB) revealed today. 15 incidents were reported off Somalia in 2013, down from 75 in 2012, and 237 in 2011. (…)
“The single biggest reason for the drop in worldwide piracy is the decrease in Somali piracy off the coast of East Africa,” said Pottengal Mukundan, Director of IMB, whose Piracy Reporting Centre (PRC) has monitored world piracy since 1991. IMB says Somali pirates have been deterred by a combination of factors, including the key role of international navies, the hardening of vessels, the use of private armed security teams, and the stabilizing influence of Somalia’s central government.
Entscheidend ist aus Sicht der Piraterie-Bekämpfer allerdings, dass diese Kombination – weiterhin eine Präsenz von Kriegsschiffen, die Sicherung der Handelsschiffe mit baulichen Maßnahmen und bewaffneten Sicherheitsteams, und die Stärkung der staatlichen Ordnung in Somalia selbst – beibehalten wird.
Das sieht auch die Bundeswehr so, die derzeit mit der Fregatte Hessen und einem Seefernaufklärer am Horn von Afrika präsent ist. Ohne eine militärische Präsenz im Kampf gegen die Piraterie, warnte Generalleutnant Hans-Werner Fritz, Befehlshaber des Einsatzführungskommandos, vor ein paar Tagen, wäre es nur eine Frage der Zeit, bis die Piraten zu ihrer alten Stärke zurückkehren könne.
Zu der kombinierten Hilfe für Somalia würde allerdings auch gehören, dass Deutschland seine vorerst beendete Beteiligung an der Ausbildung somalischer Soldaten wieder aufnimmt. Die fand bis Ende vergangenen Jahres in Uganda statt und wurde inzwischen in die somalische Hauptstadt Mogadischu verlagert – ohne die Bundeswehr. Eine Entscheidung, ob die Bundeswehr wieder an der EU-Trainingsmission Somalia teilnehmen werde, hänge von einer sorgfältigen Beurteilung der Lage vor Ort ab, sagte Fritz. Und einer Minimierung des Sicherheitsrisikos. Allerdings: Um die Beurteilung der Lage vor Ort bemüht sich Deutschland schon seit einigen Monaten, ohne dass es bisher ein Ergebnis zu geben scheint.
Dafür ist absehbar, wie es auf See weiter geht: Ab April soll die Fregatte Brandenburg in den Einsatz der EU-Antipirateriemission Atalanta gehen – als Flaggschiff: Deutschland will dann den Force Commander der Operation stellen. Dafür müsste dann aber auch das derzeit gültige Bundestagsmandat verlängert werden. Das endet nämlich am 31. Mai.
(Karte: OpenStreetMap)
Man könnte ja auch einfach mal die fragen, die vor Ort sind….
Aber das wäre ja zu einfach…
;-)
Alle Erfahrung über Jahrhunderte (beinahe schon Jahrtausende) hindurch lehrt, daß Piraterie wirksam und nachhaltig nur an Land bekämpft werden kann.
Zu EUTM SOM: Interessant, dass man weiter die Lage prüft – alle anderen haben sich wohl mittlerweile so oder so entschieden.
Das scheint mir das wahre Problem zu sein – unsere Unentschossenheit.
Da hat man nun schon 2 Drei-Sterner nur für Grundsatzentscheidungen zu Einsätzen,
aber Entscheidungen bzw. -empfehlungen gibt es trotzdem – oder gerade deßhalb (?) – keine.
Erst wägen, dann wagen.
Zumal es zwischenzeitlich in der Presse hieß, dass Fritz eine positive Empfehlung gegeben hat. Vielleicht paßte die nicht ins Konzept und jetzt „prüft“ er nochmal?
Normalerweise entscheidet doch „die Politik“ ob ein Einsatz erfolgen soll – „die Absicht der Bundesregierung ist es …“ („ich will“ klingt etwas zu autokratisch). Vielleicht habe ich die Aussage: „GM Fritz empfiehlt positiv den Einsatz“ mißverstanden? Letztlich kann die Bw nur sagen: „geht oder geht nicht“ (mit Begründung), bzw. „wenn, dann“ (ebenfalls begründet).
@Thomas Melber, Stuttgart:
Klar entscheidet am Ende die Politik. Aber offenbar gibt es seit Monaten keine Empfehlung (die Beurteilung der Sicherheitslage, Logistik, medizinische Versorgung) muss ja irgendwann abgeglichen und bewertet werden.
Noch im Dezember war diese Prüfung nicht abgeschlossen, dann hieß es zur Jahreswende in der Presse das EinsFüKdo empfehle einen Einsatz (http://augengeradeaus.net/2013/12/chef-des-bundeswehr-einsatzfuhrungskommandos-wir-mussen-uns-mit-afrika-beschaftigen/#comment-85310). Nun prüft man immer noch oder wieder?
Beides schadet uns weitaus mehr als eine Nichtbeteiligung oder Beteiligung an einem Einsatz.
Denn es gilt weiterhin:
„Eure Rede aber sei: Ja, ja; nein, nein. Was darüber ist, das ist vom Übel.“
Mt 5, 37
@Memoria
Dann wüßte ich doch zu gerne, wie die Entscheidung „wir gehen mit EUTM SOM nicht mit nach Mogadischu“ zustande gekommen ist. Hat das EinsFüKdo gesagt „das ist uns zu gefährlich“, oder wurde neutral über Risiken berichtet, und „die Politik“ hat entschieden? Man kann nicht immer nur vom „worst case“ (most dangerous vs. most likely) ausgehen, dann sollte man nämlich gar keine Einsätze mehr durchführen. Wasch mich, aber mach‘ mich nicht naß klappt eben nicht. Aber genug der Gemeinplätze.
@Thomas Melber, Stuttgart
Politik entscheidet zwar, BMVG/Bundeswehr bereitet jedoch Mandate vor und darf im besten Fall auch beraten. Dazu gehört in helfender Absicht Ratschläge erteilen.
Solang die Entscheidung durch Kabinett/Parlament getroffen wird, ist den Primaten der Politik genüge getan.
Es geht mir darum, wie neutral beraten wird. Man kann Szenarien so oder so darstellen. „Auf Powerpoint viel rot und der nächste Einsatz ist tot“ – schon vor dem ersten Schuß!
Eine positive Empfehlung des EinsFüKdoBw zu einer weiteren DEU Beteiligung an EUTM SOM in Mogadischu gab es bereits im Sommer letzten Jahres, nachdem im Juni 2013 ein Fact-Finding-Team vor Ort war. Dieser Empfehlung hat sich die „Arbeitsebene“ von SE auch uneingeschränkt angeschlossen.
Allerdings kam dann der Wahlampf, die BT-Wahl und anschließend waren wir ja faktisch längere Zeit ohne Regierung….
Das Problem liegt zurzeit immernoch in der Politik. Hier werden keine Entscheidungen getroffen.
@tex:
Noch im taz-Interview (Ende Dezember 2013!) erweckte GenLt Fritz den Eindruck man prüfe (im EinsFüKdo?) noch die Gefährdungslage und werde dann eine Empfehlung aussprechen:
„Es muss sichergestellt werden, dass unsere Soldaten dort über ein solides Schutzniveau verfügen und im Fall des Falles gute ärztliche Versorgung bekommen. Wenn das gegeben ist, würde ich die Empfehlung abgeben, die Mission fortzusetzen.“
Er sagt damit explizit, dass er noch keine Empfehlung ausgesprochen hat. Ebenso erweckt seine Ansprache diese Woche (s.o.) diesen Eindruck.
Oder steht das Stoppschild bereits beim AL SE?
So oder so wieder ein Beispiel von TdM für die „Freude an der Verantwortung“.
@Memoria
Ich gehe mal davon aus, dass die Aussage vom Befehlshaber in diesem Interview eine politische Antwort war. und ja…ich habe mich in meinem vorherigen Beitrag nicht ganz korrekt ausgedrückt:
Das „Stopschild“ steht m.E. wohl beim AL SE, da ist – so denke ich – Ihre Vermutung 100% richtig.