„Berliner Strategiekonferenz“: Sehr grundsätzlich
So ganz bin ich noch nicht überzeugt, dass die am (heutigen) Dienstag in Berlin erstmals veranstaltete Berliner Strategiekonferenz des Bundesverbandes der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (BDSV) wirklich ein so neues, innovatives Format ist… Am Vormittag redeten Verteidigungsminister Thomas de Maizière und seine niederländische Kollegin Jeanine Hennis-Plaeschert, moderiert von Ex-Verteidigungsminister Volker Rühe. So ähnlich hat man das auch schon bei anderen Konferenzen gesehen…
Bevor ich am Nachmittag weiter zuhöre, zunächst hier der O-Ton der sehr grundsätzlichen Rede von de Maizière. Zum Thema EuroHawk sagte er nur recht kurz was (ab Minute 01:58)und vor allem, dass er derzeit nichts sagen werde:
Als Nachtrag weitere O-Töne:
Rede niederländische Verteidigungsministerin Jeanine Hennis-Plaeschert
Rede Ulrich Grillo, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI)
Welches Format? Die halbe Welt einladen, wie bei Anne Will ein paar Stühle zusammenschieben, heiße Luft produzieren, ein hübsches networking dinner inkl. diverser unbezahlter Praktikanten (vulgo Buffetfräsen). Visitenkarten austauschen, die man nachher größtenteils wegwirft, die Erkenntnis „War nett hier“, Bonus-Meilen sammeln, das war’s.
Der kränkelnden Bundeswehr hilft’s kein bißchen, dazu bräuchte es ja, siehe Konferenztitel, eine Strategie. Die hatte Volker Rüpel nicht, und bei TdM sieht’s nicht besser aus.
In heutigen Zeiten gibt es wahrlich keinen Mangel an Konferenzen dieser Art mit immer denselben oder zumindest fast denselben Gesichtern: Minden, Königsbronn, Koblenz, Königswinter, jetzt „Berliner Strategiekonferenz“ und all die anderen Orte – das klingt so wie Gipfeldiplomatie auf Provinzniveau.
Dennoch wäre es ja interessant, hier mal reinzuhören, auch ohne dem sicher erlesenen Teilnehmerkreis anzugehören. Gibt es denn keinen Audiofeed oder Webstream des Veranstalters? Nicht, dass ich den Service von Herrn Wiegold geringschätzen will. Aber hier ruht sich ein Verband als Veranstalter aus und verlässt sich auf die starke Leistung eines Einzelschreibers.
@GermanObserver: Ja, interessant wäre dies (der Beitrag von BDI-Chef Grillo würde mich z.B. sehr interessieren), aber da überfordern Sie den entsprechenden Verband. Die kennen auf ihrer Webseite noch nicht einmal das Jahr 2013: http://www.bdsv.eu/de/Veranstaltungen.htm
@Matt
Grillo etc. kommt später – mit einer Mobilfunkverbindung ist es recht mühsam, die Audiodateien hochzuladen…
(Und langfristig denke ich natürlich darüber nach, diesen Service nicht mehr für lau anzubieten, sondern für einen recht begrenzten Kreis interessante Dokumentationen hinter eine Paywall zu packen…)
Vielleicht benötigt der Verband ja einen anderen Pressesprecher oder besser, jemand für PR-Arbeit mit neuen Ideen und Konzepten? :-)
Man bleibt halt gerne unter sich, hat aber hohe Ansprüche, wie ein Zitat aus einem nicht verlinkten Artikel auf Welt Online zeigt: „Die Berliner Strategiekonferenz bietet Teilnehmern aus Wissenschaft, Politik und Wirtschaft eine geeignete Plattform und setzt andere Schwerpunkte als die weltweit agierende Münchner Sicherheitskonferenz.“ Das ist natürlich reine PR und kein journalistischer Text.
Der Innovationsgrad zeigt sich im offiziellen Programm: http://www.convent.de/new/uploads/tx_cagevents/130528_BerlinerStrat.pdf
Er liegt bei ungefähr Null. Interessant dürfte allenfalls sein, wie viel Geld der Verband in die Hand genommen hat, um diese Truppe nach Berlin zu holen.
Zu den „Provinzveranstaltungen“ muss man festhalten, dass es sich um unterschiedliche Formate bzw. Zielgruppen handelt. Für Minden gilt hier seit 20 Jahren: Es werden nicht – echte und vermeintliche – Experten adressiert, sondern sicherheitspolitisch interessierte Bürger, die sich aus erster Hand und nicht nur aus den Medien informieren möchten. Es handelt sich also um eine Veranstaltung im Bereich der politischen Bildung und nicht um den x-ten „Fachdialog“.
Jedenfalls bietet er mit dem Veranstaltungsort ein angenehmes Ambiente.
JPW
Lieber Herr Wiegold,
wenn Sie den Vortrag von Herrn Grillo noch hochladen könnten, wäre super. (Ihre langfristigen Überlegungen hinsichtlich einer Paywall für Komplettdokumentationen von Veranstaltungen sind verständlich).
@Sascha Stoltenow: Ich denke schon, dass der Industrieverband hier ganz andere Schwerpunkte als die weltweit agierende Münchener Sicherheitskonferenz setzt. Und zwar Provinzialität, Inzest und Selbstbezogenheit. Gekostet hat das auf jeden Fall ganz viel Geld. Aber wahrscheinlich hätten viele der Teilnehmer auch welches bezahlt, da sie ja auch für Behördenspiegel, Handelsblatt und Co ihr Geld zum Fenster rauswerfen.
Einen Pressesprecher brauchen die nicht. Haben doch Herrn Staatssekretär a.D., der gewiss bestens vernetzt ist und den Medien alles in die Federn zu diktieren vermag (Ironiemodus wieder aus). Die Sonderseite in der WELT ist natürlich gekauft. Das ist wenigstens professionell, denn das machen ja praktisch alle Interessengruppen.
Wen und was genau die mit diesem Projekt und dieser Veranstaltung allerdings erreichen wollten, das bleibt mir unklar. Selbstdarstellung?
@Matt
Bitte sehr, O-Ton Grillo (und Hennis-Plaeschert).
GermanObserver: Herstellung von kognitiver Resonanz.
@T. Wiegold: Vielen Dank!!
Ja etwas verspätet hab ich es jetzt hier auch gesehen. Also Vorträge über die Herausforderungen einer Multipolaren Welt ist natürlich schon sehr 1999 (eher früher). Auf der anderen Seite muss ich sagen dass dieTatsache, das all diese ganzen Sicherheitsevents im Prinzip das selbe sind ja auch irgendwo von allen Beteiligten gewollt ist.
Wirklich innovatives Querdenken was Sicherheitspolitk angeht finde ich bekommt man fast nur von akademischer Seite geboten (aber mit dem akademischen Hintergrund bin ich vorbelastet). Diese werden aber dann meistens gleich abgetan als utopisches Elfenbeinturmdenken und man landet genau wieder bei den selben Diskussionen die durch das selbe Prisma betrachtet werden.
Ganz generell ist es in Deutschland aber zumindest erfreulich das es mehr von diesen Events gibt – das hilft vielleicht das Thema weiter aus der Ecke zu holen.
Sehr grundsätzlich und langweilig – haben auch schon andere Redner gesagt – gähn.