Neue Dienstanzüge: Erläuterung vom Verteidigungsministerium

Nachdem am (gestrigen) Sonntag die Berichte über geplante Millionenausgaben für neue Dienstanzüge der Bundeswehr weite Kreise gezogen haben, hat das Verteidigungsministerium einen Tag später das mal im Detail erläutert. Zur Dokumentation:

Die Aussagen dazu von Oberst Mitko Müller als Sprecher des Ministeriums vor der Bundespressekonferenz am (heutigen) Montag:

Frage: Ich habe eine Frage ans Verteidigungsministerium zur Ausstattung von Soldatinnen und Soldaten. Nach der Vorlage für den Haushaltsausschuss stehen knapp 520 Millionen Euro für neue Dienst- und Ausgehkleidung für, so meine ich, einen Zeitrahmen bis 2032 bereit.
Was kostet die Ausstattung eines Soldaten, einer Soldatin?

Müller: Das kann man nicht pauschalisieren, weil die Ausstattung nicht für jede Soldatin und jeden Soldaten gleich, sondern immer an die Tätigkeiten angepasst ist, die er und sie macht. Soldatinnen und Soldaten im Borddienst haben zum Beispiel eine Bordausstattung. Manche beschäftigen sich mehr mit dem infanteristischen Handwerk und haben deswegen eher Feld- und Kampfanzüge. Manche leisten mehr Stabsdienst.
Um auf die von Ihnen angesprochene Berichterstattung kurz einzugehen, kann ich sagen: Es trifft nicht zu, dass wir 800 Millionen Euro für Ausgehuniformen ausgeben, auch nicht 4000 Euro für eine Ausgehuniform eines Soldaten. Richtig ist, dass es, wie Sie angesprochen haben, einen Änderungsvertrag zu einem bestehenden Vertrag zur Ausstattung der Truppe mit Uniformen gibt. Dabei geht es darum, in den nächsten Jahren die Dienstbekleidung abseits der Flecktarnanzüge, die Sie vielleicht kennen, sicherzustellen. Diese Dienstbekleidung sind Dienstanzüge, wie ich zum Beispiel gerade einen trage, gegebenenfalls ohne Jackett, die Zehntausende Soldaten jeden Tag nutzen, im Stabsdienst, im Innendienst, in den Kommandobehörden, im Ministerium und natürlich auch zu besonderen Anlässen wie etwa bei Vorträgen oder bei Beförderung. Das ist daher keine Ausgehuniform.
Im Rahmen dieses Änderungsvertrages sind zwei wichtige Dinge zu berücksichtigen. Ich will auch die Summe erklären, die Sie genannt haben.
Zum einen haben wir eine Neuorganisation der Ausstattung der Soldatinnen und Soldaten in Gänze in den nächsten Jahren. Zudem haben wir eine Modernisierung der Uniform. Über die Modernisierung der Uniform wurde bereits 2018 entschieden. Die Uniform und die Schnitte, die wir aktuell nutzen, sind aus den 70er-Jahren. Man wollte eine Anpassung im Bereich der Materialqualitäten, der Schnitte, des Tragekomforts, auch um geschlechterspezifische und witterungsbedingte Rahmenbedingungen besser zu erfüllen. Das wurde zunächst entschieden, aber 2022 in Anbetracht der Sicherheitslage zurückgestellt. Für 2,4 Milliarden Euro wurde ein Großprojekt zur Kampfausstattung bzw. Kampfbekleidung initiiert, das weit fortgeschritten ist. Alle priorisierten Verbände sind ausgestattet. In diesem und im kommenden Jahr gehen wir in die breite Masse, sodass dieses Projekt im kommenden Jahr beendet werden wird. Wir haben also die notwendige Einsatz- und Kampfausstattung priorisiert.
Zum anderen kam hinzu, dass es eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung gab und die aktuelle Form der Ausstattung mit dem Dienstanzug, wie ich ihn gerade trage, neu geregelt werden sollte. Diese beiden Vorgänge wurden jetzt im Rahmen des Änderungsvertrages wieder aufgenommen und eingebracht.
Es handelt sich um den genannten Finanzbedarf für die nächsten acht Jahre. Ich möchte noch einmal unterstreichen, dass es sich nicht um eine Uniform pro Person handelt. Wenn man die gesamte Truppe in der Breite ausstatten will, dann benötigt man verschiedene Größen, verschiedene Passformen, auch eine gewisse Lagerhaltung. So kommt für die nächsten Jahre ein gewisser Betrag zustande. Aber mir war wichtig, noch einmal einzuordnen, dass es sich dabei nicht um die genannte Ausgehuniform handelt und dass wir die Einsatz- und Kampfbekleidung klar priorisiert haben. Das war mir wichtig.

Zusatzfrage: Sie haben gesagt, es gehe nicht um eine Ausgehuniform. Wie lange wird die Dienstbekleidung, die nicht der Flecktarn ist, in der Regel getragen, bis sie ausgetauscht wird?

Müller: Es kommt darauf an. Ich habe erwähnt, dass das alte System bald obsolet sein wird. Wir haben aktuell ein Selbsteinkleidersystem, in dem Soldaten einen Zuschuss bekommen, aber sich diese Uniform komplett selbst kaufen müssen. Dann entscheidet jeder selbst, ob er nach fünf oder nach acht Jahren ein neues Jackett oder neue Hosen beschafft. Dann gibt es ein System zum Beispiel für freiwillig länger Dienende oder auch für Zeitsoldaten, die durch die Truppe ausgestattet werden. Sie können sagen: „Die Hose ist abgeschabt, und am Sakko ist etwas nicht ganz okay“, dann tauschen wir das aus. Deswegen gibt es keine Standardzeiten.
Aber wenn man jetzt auf 200 000 Soldatinnen und Soldaten geht, dann braucht man natürlich einen gewissen Finanzrahmen, um die Neugrundausstattung mit dieser Uniform, die tagtäglich viel genutzt wird, sicherstellen zu können.

Frage: Gibt es den Begriff der Ausgehuniform eigentlich tatsächlich, oder ist das eher eine möglicherweise traditionalistische, aber dann doch eher manipulative Kategorie, die hier in den Raum geworfen wird?

Müller: Diesen Begriff gibt es in der Vorschriftenlandschaft bei uns nicht. Es gibt den Begriff umgangssprachlich. Ich habe gerade dargestellt, dass es für uns, für viele, die diese Uniform tragen, nichts Besonderes ist. Wir gehen damit nicht sozusagen flanieren.
Im Bekleidungsbestand der Bundeswehr gibt es natürlich auch Gesellschaftsanzüge, die aber zu ganz speziellen, teils protokollarischen Anlässe getragen werden, zum Beispiel vom Botschaftspersonal, also von Militärattachés, oder auch zu hohen Anlässen, wobei es um Bälle oder große Auszeichnungen geht. So etwas gibt es. Das ist aber eine Sonderbekleidung, mit der wir nicht die Truppe ausstatten werden.

Zusatzfrage: Vielen Dank für die Ausführung. Das bedeutet, Ausgehuniformen an sich gibt es im Sinne dessen, was der Begriff insinuiert, überhaupt nicht, sondern es gibt eine Uniform, die für die Bewegung im Alltag und nicht für Feldeinsätze bestimmt ist. Wäre das so richtig beschrieben?

Müller: Das ist richtig. Für Innendienst, Stabsdienst, vereinfacht gesagt, für Büroarbeit am Schreibtisch, aber auch für Repräsentation. Wenn ich zum Beispiel in der NATO-Kommandobehörde arbeite oder im Ausland in anderen Dienststellen, dann ist dieser Anzug quasi Standard. Wir benutzen den Begriff der Ausgehuniform maximal als umgangssprachlichen Begriff, der aber nicht in dem Sinne zutreffend ist, den Sie gerade genannt haben, nicht als besondere Repräsentationsmöglichkeit. Das nicht.

Frage: Herr Müller, können Sie uns vielleicht eine Zahl, was die Kosten pro Uniform angeht, oder auch den Betrag nennen, den die Soldaten als Zuschuss bekommen, damit man das zumindest einordnen kann?

Müller: Den Betrag pro Monat habe ich jetzt nicht im Kopf. Wie gesagt, gibt es eine Unterscheidung zwischen den sogenannten Selbsteinkleidern ‑ das sind meistens Berufsoffiziere ‑ und denen die Zeitsoldaten oder FWDLer sind. Der Betrag pro Uniform schwankt enorm. Als Selbsteinkleider kann ich zum Uniformschneider gehen und schnell eine Summe in vierstelliger Höhe ausgeben. Ich kann über die von der Bundeswehr bereitgestellten Uniformshops gehen und bin dort bei mehreren Hundert Euro. Die Einkleidung über die Truppe, über die Mechanismen, die ich genannt habe, umfasst aktuell den von mir genannten Ausstattungsstand, also mit 30, 35 Jahre alten Schnitten usw. Diese Produkte werden in großen Massen hergestellt. Deren Preise sehe ich nicht, kann sie aber auch nicht bestätigen. Deswegen kann ich Ihnen keine Zahl in Gänze nennen.

Zusatzfrage: Aber es liegt weit unter den 4000 Euro, die Sie selbst eben aus der Berichterstattung zitiert haben, oder?

Müller: Soweit ich es gelesen habe, stammt der Betrag in Höhe von 4000 Euro aus der Division der Summe in Höhe von rund 800 Millionen, die genannt wurde, durch die Truppenstärke, und wie ich gerade dargestellt habe, ist das ‑ entschuldigen Sie! ‑ Quatsch.