Lesestoff zum Wochenende: Der Combat Camera Photographer
Ein Zufallsfund am Wochenende: National Geographic hat den U.S. Master Sergeant Jeremy Lock interviewt, einen Combat Camera Photographer der Air Force.
In the military we (photographers) were trained to be assets to the team we were working with. We could provide first aid, act as vehicle commander/driver, fight, or act as a soldier in the stack, going into a house if the need arose. However, I saw myself as a photojournalist first, there to document and tell the stories of our Marines, soldiers, sailors, and airmen. If I felt we (the team) were going to be overrun, or there was danger to one of my teammates and they needed my help, it was time to put the camera down. You just know when it is time.
Zum Nachlesen: Jeremy Lock: Capturing War From the Front Lines
mit etlichen Fotos – mehr finden sich bei einer Flickr-Suche nach seinem Namen.
(Foto: U.S. Marine Corps recruits conduct daytime movement simulations during Marine Corps Recruit Training at Marine Corps Recruit Depot Parris Island, S.C., Oct. 15, 2009 – DoD photo by Master Sgt. Jeremy Lock, U.S. Air Force via Flickr)
wow, beeindruckendes Bild und beeindruckendes Statement des Fotografen.
Ein kämpfender und komplett ins Geschehen involvierter Soldat, der sich als erstes als Fotojournalist sieht hat rein gar nichts davon verstanden, was FotoJOURNALISMUS bedeutet. Egal wie gut seine Bilder auch sein mögen, er ist KEIN Journalist. Letztlich arbeitet er für eine Seite und kann entsprechend auch kein Journalist sein. Und wenn hier jetzt alle wütend aus dem Sessel brausen, das ist Propaganda, sonst nix! Hätte er „Photographer“ gesagt, ok. Dann wäre das eben sein Selbstverstädnis. Denn alle Welt darf fotografieren und sich dem angelsächsischen Sammelbegriff „Photographer“ zuordnen. Aber er hat „Photojournalist“ gesagt und es so auf etwas eingegrenzt, was für ihn im Sinne des Journalismus nicht gelten kann!
„Journalist“ ist keine geschützte Berufsbezeichnung. Jedermann darf sich „Journalist“ nennen. Davon abgesehen dürfte es auch noch kulturelle Unterschiede zwischen europ. und nordamerik. Journalisten geben.
Lieber Jack,
es geht nicht um die Benutzung eines geschützen Begriff. Es geht um Berufsethos. Knarre und Knipse machen eben keinen unabhängigen Journalisten. Weder in einer Rebellentruppe, noch in einer regulären Armee. Wer das zusammen betreibt, und wie in den USA noch unter der Militärzensur arbeitet, kann kein Journalist sein, weil er eben kein unabhängiger Beobachter ist. So einfach ist das und wird nicht richtiger, wenn es sich Uniformträger einreden. Oder will hier jemand die Medienaktivisten in Syrien als unabhängige Journalisten bezeichnen? Sie sind oft die einzigen Beobachter überhaupt vor Ort. Sie sind wichtig und manche von ihnen machen gute Arbeit, die der von Journalisten nahe kommt. Dennoch sind sie keine und ihre Details werden in jeder seriösen Nachrichtensendung entsprechend als nicht „überprüfbare Informationen“ dargestellt. Und genau so ist es mit Jeremy Lock. Im schlechtesten Falls macht er Propaganda. Im besten Fall gibt er sich Mühe…
Ich fürchte aber, Tonmann, dass die von Dir angestrebte Unabhängigkeit der Berichterstattung, gerade in Krisengebieten, bie erreicht werden wird. Das beginnt schon damit, dass es sehr schwer ist, sich wirklich alleine und frei dort zu bewegen, ohne auf die Unterstützung örtlicher Parteien angewiesen zu sein. Was kann man zeigen? Was wird einem gezeigt? Wem glaubt man?
(Wenn hier die Rede von „man“ ist – nein, ich bin kein (Foto)journalist, und in Krisengebieten war ich noch nie.)
Ethos, Pathos … die Grenzen sind manchmal fließend. Ein ausgewiesener Militärfotograf berichtet „ehrlicher“, als so mancher, vermeintlich unabhängige, Journalist. Jeder kann Herrn Lock bei den Quellenangaben eindeutig als das identifizieren, was er ist – und die Bilder entsprechend interpretieren. Die Hintergründe zur „freien“ Presse sind oftmals schleierhafter.
Und gerade in Zeiten von Blogs ist die Subjektivität zunehmend ein Markenkern. Beim einen mehr, beim anderen weniger. Solange der Leser sich dessen bewusst ist (bzw. nicht darüber getäuscht wird), ist daran übrigens überhaupt nichts auszusetzen.
Insofern ist eine S/W-Einteilung nicht sachdienlich. Oder ist Thomas Wiegold jetzt korrumpiert, weil er u.a., aus nachvollziehbaren Kostengründen, öfters mal (hochwertiges) Bildmaterial von EADS und Co einsetzt?
Tonmann hat absolut recht.
Zwischen Militärberichterstattung und unabhängigem Journalismus liegen Welten, und das sowohl im Anspruch als auch im handwerklichen Können. Und gerade am Material zu Afghanistan wird das besonders deutlich.
Journalistische Werke wie „Geliebtes, dunkles Land: Menschen und Mächte in Afghanistan“ von Susanne Koelbl und Uli Gack, oder „Die afghanische Misere: Warum der Westen am Hindukusch zu scheitern droht“ von Can Merey stellen an Gehalt halt alles in den Schatten, was so aus der ISAF-Blase kommt. Auch Thomas Ruttig von AAN oder Nicht-Journalist Reinhard Erös mit seinem locker-unterhaltsamen Stil sind da um Welten besser, einfach weil sie seit Jahren im Land sind und entsprechend Ahnung haben wovon sie schreiben.
Im Vergleich dazu kommt alles, was aus der ISAF-Blase kommt, nicht über Militärberichterstattung hinaus. Sei es jetzt durch für ISAF arbeitende Journalisten („Drachenwind“, „Kabul ich komme wieder“) oder als Soldatenbericht („Vier Tage im November“): Was denkt der deutsche Soldat, wie ist dessen Alltag so. Und in die Kategorie kann man dann auch alle von BW-Tours organisierten Journalistenreisen aufnehmen: Ein paar Soldaten-O-Töne aufnehmen, ein paar Militärfahrzeuge knipsen, und als Höhepunkt damals vielleicht noch ein Ausflug zur Höhe 431. Oberflächliches Gedöns ohne Informationsgehalt. Den guten Journalisten gelingt dabei hin und wieder ein Blick hinter die BW-Fassade, aber trotzdem kommt man aus dieser Position nicht näher an die afghanische Realität ran.
Gerade bei den Berichten von Uli Gack merkt man immer wieder einen enormen Unterschied, wenn er nicht mit BW-Tours unterwegs ist, sondern selbst im Land rumkommt.
Besonders auffallend wird der handwerkliche Unterschied auch gerade dann, wenn Soldaten tatsächlich versuschen zu informieren. „Unter Beschuss“ von Marc Lindemann hat zwar einige sehr gute Punkte über die Realitäten des deutschen Afghanistan-Engagements zu machen, aber der Text ist weder besonders gut geschrieben, noch kommt er je über die Feldlager-Perspektive hinaus. Das ist dann zwar mehr als der sonst so übliche Reisebericht, aber kein Ersatz für journalistische Arbeit.
Wobei ich persönlich halt immer wieder den Eindruck habe, dass in Sachen Afghanistan vielen die Information gar nicht so wichtig ist. Auch gerade bei Augengeradeaus. Vielen scheint da die Militärberichterstattung alles zu bieten was sie sich erwünschen.
@ Jack Bristow
„Oder ist Thomas Wiegold jetzt korrumpiert, weil er u.a., aus nachvollziehbaren Kostengründen, öfters mal (hochwertiges) Bildmaterial von EADS und Co einsetzt?“
Wenn schon, dann ist er korrumpiert weil er auch Geld von der BW erhält. ;)
Und warum er damit durchkommt? Weil er eben einen journalistischen Anspruch verfolgt, und der sich auch durch seine Arbeit zieht. Trotzdem bezweifle ich, dass T.W. von BW-Tours oder einem BW-Embedd aus einen anspruchsvollen Bericht über Afghanistan hinbekäme.