Wehrdienst aus nordischer Sicht: Die Rückkehr der Wehrpflicht und der Gesellschaftsvertrag
In der laufenden Debatte über eine mögliche Wiedereinführung der Wehrpflicht in Deutschland gibt es fast immer einen Hinweis auf die Wehrdienst-Praxis in den nordeuropäischen Ländern (hier im Blog haben dazu bereits der schwedische und der finnische Verteidigungsattaché in Deutschland das Nötige gesagt). Die finnische Politikwissenschaftlerin Minna Ålander weist in ihrem Gastbeitrag auf eine Besonderheit des Nordens (und des Baltikums) hin: Wehrpflicht ist dort ein Teil des Gesellschaftsvertrags – eine andere Sichtweise als hierzulande üblich.
Die Rückkehr der Wehrpflicht und der Gesellschaftsvertrag
Westeuropa versucht derzeit, den militärischen Aufbau nachzuholen, der in den vergangenen drei Jahren seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine erstaunlicherweise weitgehend vernachlässigt wurde. Warum die Verteidigungsproduktionskapazitäten nicht unmittelbar nach, wenn nicht sogar vor der vollständigen Invasion der Ukraine ausgebaut wurden, ist eine Frage, die so ziemlich alle in der sicherheitspolitischen Gemeinschaft beschäftigt.
Die Wahrheit ist, dass sich zwar die Wahrnehmung der Ukraine und damit auch ihre Stellung in Europa durch den Krieg entscheidend verändert hat, die Wahrnehmung der russischen Bedrohung jedoch nie ganz Europa erreicht hat. Erst Trumps Comeback hat Westeuropa zum Handeln bewegt. Für die Nordosteuropäer war Russland historisch gesehen immer die größte Bedrohung, und die vollständige Invasion der Ukraine hat diese Bedrohungswahrnehmung sofort aktiviert. Für Westeuropa blieb die Bedrohung jedoch eher fern und in gewisser Weise auch abstrakter oder unwahrscheinlicher.
Die transatlantische Partnerschaft ist jedoch seit der Gründung der NATO im Jahr 1949 der Eckpfeiler der westeuropäischen Sicherheit. Die Bedrohung, die Trump für das Bestehen des Bündnisses darstellt, wird in Westeuropa ebenso akut wahrgenommen wie die russische Bedrohung im Nordosten Europas. Nun sind wir also endlich alle mehr oder weniger auf dem gleichen Stand.
Die kleinen Berufsarmeen Europas wieder auf eine Größe auszubauen, die für die Übernahme der vollen Verantwortung für die europäische Verteidigung ausreicht, ist jedoch eine schwierige Aufgabe.
Der schwierigste – und langsamste – Teil davon ist die Erhöhung der Truppenstärke. Mehrere kleinere europäische Länder haben beschlossen, das Problem durch eine Wiedereinführung der Wehrpflicht zu lösen. Die Rückkehr zur Wehrpflicht findet vor allem im nordisch-baltischen Raum statt, wo alle acht Länder über eine Form des verpflichtenden Wehrdienstes verfügen: Finnland, Estland und Norwegen haben ihre Wehrpflicht nach dem Kalten Krieg beibehalten, während Lettland, Litauen und Schweden die Wehrpflicht ausgesetzt hatten und Island keine Armee hat. Dänemark (6 Millionen Einwohner) hat die Wehrpflicht für Männer beibehalten, aber die Dauer auf nur vier Monate und die Zahl der Wehrpflichtigen pro Jahr auf 4.200 reduziert. Im Vergleich dazu hat Litauen (knapp 3 Millionen Einwohner) die Wehrpflicht 2015 wieder eingeführt und bildet jährlich etwa die gleiche Anzahl von Wehrdienst Leistenden aus. Auch in Norwegen ist die Zahl der tatsächlich Wehrdienst Leistenden nach dem Ende des Kalten Krieges relativ gering geblieben und liegt derzeit bei etwa 9.000. Schweden (10,5 Millionen Einwohner), das die Wehrpflicht 2017 nach einer Aussetzung im Jahr 2010 wieder eingeführt hat, kann derzeit etwa 8.000 Wehrpflichtige pro Jahr ausbilden. Lettland hat erst 2023 den „nationalen Verteidigungsdienst” wieder eingeführt, der zur freiwilligen Wehrpflicht ermutigt. Nur Finnland (5,5 Millionen Einwohner) hat eine bedeutende Reserve (bis zu 870.000) aufrechterhalten und bildet jährlich etwa 22.000 Wehrpflichtige aus.
In Ländern mit geringer Bevölkerungszahl ist die Wehrpflicht oft der beste Weg, um sicherzustellen, dass das Militär über ausreichende personelle Ressourcen verfügt. Gleichzeitig fehlen in einem reservistenbasierten System wie dem finnischen mit nur kleinen aktiven Streitkräften die Reservisten in Friedenszeiten nicht in der Arbeitswelt. Ein reservistenbasiertes System ist daher eine kostengünstigere Möglichkeit, eine große Truppenstärke für Kriegszeiten aufrechtzuerhalten, als eine Berufsarmee (auch wenn die tatsächlichen Kosten eines Wehrpflicht-Systems nur schwer zu beziffern sind).
Bedeutsamer ist jedoch, dass in den nordischen Ländern mit Wehrpflicht-Tradition der Militärdienst Teil eines Gesellschaftsvertrages ist. Der Staat garantiert die Verteidigung der territorialen Integrität, während die Bürger ihren Beitrag zum Vertrag durch ihren Militärdienst leisten. Als Norwegen 2015 als erstes NATO-Land den Wehrdienst für beide Geschlechter verpflichtend einführte, bezeichnete die norwegische Regierung die Wehrpflicht ausdrücklich als „ein wichtiges Prinzip im Gesellschaftsvertrag zwischen Bürgern und Staat”.
Ein Gesellschaftsvertrag mit Wehrpflicht basiert auf einem Ansatz, der die Bevölkerung als Ressource betrachtet. Um den Bürgern ihren Teil der Vereinbarung akzeptabel zu machen, muss der Staat dafür sorgen, dass der Militärdienst keine schreckliche Erfahrung ist, und Wege finden, die Bürger zu motivieren, einen Beitrag zur Landesverteidigung zu leisten. Dies hat sogar Auswirkungen auf die Befehlskultur, in der den Wehrpflichtigen und Reservisten wichtige Rollen und Aufgaben übertragen werden – schließlich machen sie einen bedeutenden Teil der Gesamtstreitkräfte aus.
Die Debatte über die Wehrpflicht wird mittlerweile auch in Westeuropa geführt, vor allem in Deutschland. Die (Wieder-)Einführung der Wehrpflicht in einen Gesellschaftsvertrag, in dem die Bevölkerung eher als potenzielles Problem denn als Ressource betrachtet wird, ist jedoch nicht einfach. Die Wiedereinführung der Wehrpflicht ist auch nicht die Wunderwaffe, als die sie oft dargestellt wird – würde die Wehrpflicht heute in Deutschland wieder eingeführt, wären die anfänglichen Zahlen so gering, dass es Jahre dauern würde, bis Ergebnisse sichtbar würden.
Die Umwandlung eines Militärsystems, das auf die Bedürfnisse einer Berufsarmee zugeschnitten ist, in ein System, das über die personellen Ressourcen, das Know-how und die Einrichtungen zur Ausbildung von Wehrpflichtigen verfügt, ist nicht von heute auf morgen zu bewerkstelligen. Die Beispiele Schwedens und Norwegens zeigen, wie langwierig der Prozess der Aufstockung der Zahlen ist: Schweden strebt an, die Zahl der jährlich ausgebildeten Wehrpflichtigen bis 2035 auf 12.000 und Norwegen bis 2036 auf 13.600 zu erhöhen.
Jedes europäische Land muss einen Weg finden, seine Streitkräfte auf eine Weise zu vergrößern, die wirtschaftlich machbar ist und mit dem bestehenden Sozialvertrag vereinbar ist. Es gibt keine Einheitslösung, und es ist von entscheidender Bedeutung, dass die Maßnahmen die gesellschaftliche Akzeptanz nicht überstrapazieren.
Dänemark hat mittlerweile die Wehrpflicht für Frauen ab 2026 beschlossen und die Dauer von 4 auf 11 Monate ab Aug26 erhöht.
https://www.deutschlandfunk.de/daenisches-parlament-beschliesst-wehrpflicht-fuer-frauen-104.html
Ich verstehe bei all den praktischen Bedenken immer noch nicht die Probleme, die Deutschland mit der Wiedereinführung der Wehrpflicht hat. Vieles ließe sich regeln, wenn nicht jede/r eine Einzelstube und individuelle Betreuung durch einen Gruppenführer erwarten würde.
pi
@politisch inkorrekt, auch ohne Erwartung an Einzelstube und 1:1 Betreuung bleiben eine Menge Probleme über die, im Gegensatz zur Reaktivierung der Wehrpflicht, nicht Mal eben während ganz Deutschland Fußball guckt vom Bundestag per Abstimmung gelöst werden können. Erfassung und Musterung der Wehrpflichtigen, Ausrüstung, fehlende Unterkünfte etc. Die schleichende Abrüstung der letzten 30 Jahre hat auch vor den Strukturen für die Wehrpflicht nicht halt gemacht.
@politisch inkorrekt: „Ich verstehe bei all den praktischen Bedenken immer noch nicht die Probleme, die Deutschland mit der Wiedereinführung der Wehrpflicht hat.“
Wer nicht will, findet Gründe, wer will findet Wege.
Es ist klar, dass Diejenigen, die die Wehrpflicht ablehnen oder nicht den Mut haben, für sie einzustehen, jetzt alle Herausforderungen hervorheben.
Dabei sind all die aufgeführten Herausforderungen unabhängig von einer Wehrpflicht sowieso zu lösen. Wie wollen wir sonst einen potentiellen Gegner abschrecken, der auf langwierige Abnutzungskriege setzt? Bei der heutigen Bundeswehr muss Putin nur zwei Wochen durchhalten und überleben, dann wird die Bundeswehr mangels Munition, Ersatzteilen und Personal überwältigt/vernichtet.
Wir brauchen also sowieso, um Putin abzuschrecken, viel größere Ausbildungskapazitäten bei der Bundeswehr. Wehrpflicht hin oder her. Am besten fangen wir gleich damit an, diese aufzubauen. Die Wehrpflicht ist dann nur ein Beschleuniger und realer Test.
Ich habe gestern einen Kommentar von den Autoren des Buches “ Totally kaputt? Wie Deutschland sich selbst zerlegt“ (etwas sehr reißerisch wie ich finde) zu dem Thema gelesen, der ein paar wirklich gute Punkte aufweist. Ich hoffe der Link ist okay:
https://www.theparliamentmagazine.eu/news/article/germany-is-losing-the-war-at-home
Zwei kleine Zitate daraus:
Die Folgen dessen hat man in der letzten Bundestagswahl gesehen – außergewöhnlich viele junge Wähler wanderten zu den äußeren Rändern ab. Die Frage nach einem „Gesellschaftsvertrag“ der Wehrdienst beinhaltet kann nicht so einfach per ordre mufti verfügt werden, da müßte ganz gewaltig an der Generationengerechtigkeit geschraubt werden und das hieße u.a. Rentenreform zuungunsten der jetzigen Ruheständler. Was, wenn wir ehrlich sind, politisch völlig illusorisch ist.
@Flo sagt: 18.06.2025 um 22:45 Uhr
„Erfassung und Musterung der Wehrpflichtigen, Ausrüstung, fehlende Unterkünfte etc. Die schleichende Abrüstung der letzten 30 Jahre hat auch vor den Strukturen für die Wehrpflicht nicht halt gemacht.“
Die Probleme könnte man alle zügig lösen, wenn man denn nur wollte. Aber unsere Gesellschaft will nicht und die Politik eiert rum.
Es ist einfach nur noch demotivierend und frustrierend.
Ich fürchte, die meisten Bürger, ob in DEU oder Skandinavien, haben wenig bis keine Ahnung von dem Begriff „Gesellschaftsvertrag“. Das ist der Sache wenig zuträglich, und bewirkt mehr Vernebelung als Klarheit.
@csThor
Ich halte die verteilungspolitische Frage ebenfalls für wichtig, allerdings ist die Textpassage doch ein bisschen zu pauschal. Ein Beispiel: Der Wohlstand konzentriert sich keineswegs bei den Älteren, ganz im Gegenteil, denn dem Statistischen Bundesamt zufolge lag die Armutsgefährdungsquote 2024 bei Menschen ab 65 bei 19,1 % und damit über dem Durchschnitt (15,5 %). Ältere sind etwa vom Mangel an bezahlbaren Wohnraum genauso betroffen, wenn sie in eine altengerechte Wohnung umziehen wollen, diese aber mit ihrer niedrigen Rente nicht bezahlen können. Davon abgesehen haben die heutigen Rentner in der Regel bereits ihren Wehrdienst bereits geleistet (der Autor dieser Zeilen im Jahr 1978/1979).
Grundsätzlich ist es richtig, die verteilungspolitische Frage aufzuwerfen, aber die Trennlinie verläuft nicht hauptsächlich zwischen den Generationen. Dazu eine letzte Bemerkung: Die illegale Steuerhinterziehung wird hierzulande auf 100 Milliarden Euro geschätzt. Pro Jahr, wohlgemerkt. Und wenn wir auch die legalen Steuerschlupflöcher schließen würden, die nur die Begüterten nutzen können (siehe z.B. § 28a ErbStG, die Verschonungsbedarfsprüfung kann erst ab einem Vermögen von mehr als 26 Millionen Euro in Anspruch genommen werden), wäre genug Geld für Waffen und Kasernen vorhanden.
@ pio fritz
Radio Erewan – „im Prinzip schon, aber …“ Dazu müßte man die Bundeswehr komplett aus dem verworrenen Konglomerat von „Bundeseigenen Immobilien“ herauslösen, ihre Liegenschaften ihr wieder rückübertragen, alle existierenden Vorschriften und Verfahrensweisen über den Haufen werfen und die neu zu erstellenden Liegenschaftsverwaltungsstrukturen mit Kapital und Personal befüllen (und was hat Deutschland eher nicht? Richtig – Personal). Klingt unrealistisch? Ist es auch.
Zweitens wäre immer noch das quasi „immovable obstacle“ der schon jetzt völlig überforderten und personell unterbesetzten Landesbaubehörden, bei denen Bauvorhaben ewig rumliegen weil sie schlicht nicht die Leute haben alle Anträge auch nur annähernd zeitnah zu bearbeiten. Und dann kommt dann noch der Eiertanz mit Ringelpietz und Anfassen genannte „Ausschreibung Bauvorhaben“, am besten noch europaweit. Das alles zu entwirren würde enormes politisches Kapital erfordern, politisches Kapital das die aktuelle Koalition schlicht nicht hat (äußerst knappe Parlamentsmehrheit!) und auch gar nicht bereit wäre zu investieren (siehe SPD „Friedenstauben“). Und dann finden Sie mal Baubetriebe, die diese Bauten auch termingerecht und im Kostenrahmen hinstellen ohne die baulichen Vorschriften zu unterlaufen.
Ich spiele mal den advocatus diaboli und frage mal schnippisch, ob das Bedrohungsgefühl von Otto Normalo vielleicht dann doch nicht ganz so drastisch ist und daß die „Unterstützung“ für Bundeswehr und auch Ukraine im Endeffekt nur solange existiert, wie es einen selbst nicht betrifft (finanziell oder eben ideell, d.h. Wehrdienst).
In der Politikwissenschaft spricht man da von „Pfadabhängigkeit“. Die nordischen Gesellschaften haben sich in einem ganz anderen Kontext entwickelt. Um mal ein paar Beispiele zu nennen: Die Definition von Wohlfahrtsstaatlichkeit ist dort eine andere, generell herrscht ein deutlich egalitäreres Staatsverständnis vor. Unser Staat hat sich aus Preußen entwickelt und so sieht sich und funktionieren hier auch Politik und öffentliche Verwaltung. Das mag zwar alles nach dem Krieg erst „transatlantisch“ und „katholisch-konservativ“, dann „rot-grün“ angemalt worden sein, aber so sieht sich hier der Bürger gegenüber dem Staat. Auch weltanschauliche Gräben sind hier wohl deutlich tiefer ausgeprägt als dort oben. Um Beispiele zu nennen: Im anderen aktuellen Beitrag lesen wir von einer Übereinkunft zwischen Regierung und Opposition in Schweden inklusive Schwedendemokraten (die ihrerseits vermutlich auch nicht ständig durch „politische Romantik“ anschlussunfähiger werden…). Das ist dann tatsächlich „gesellschaftlicher Konsens“. Den würde man hier gegenüber Russland ohnehin nicht hinbekommen, was auch wieder historische Gründe hat. Finnland und Schweden können das.
Man könnte das noch viel weiter ausführen, aber in Kürze: Man kann sich aus nordischer Politik nicht immer nur die Rosinen herauspicken. Ich würde viel darum geben, wenn wir uns von deren Renten- bzw. Pensionssystem einiges abschauen würden. Machen wir ja auch nicht.
@ St.Marc Was machen die anderen ca. 1,2 Millionen Soldaten der europäischen NATO-Staaten in den von Ihnen angesprochenen 14 Tagen Krieg? Stundenabbau? Von der Kopfzahl nehmen sich Russland und die europäischen NATO-Staaten nichts. Eine Überlegenheit von 3:1 für den Angreifer läßt mich da beruhigt schlafen. Die Performance der Russen in der Ukraine spricht auch nicht für Russland. Oder lösen die dann die angeblich angezogene Handbremse? Mehr Boots on the Ground und weniger Stäbe wären mal ein Anfang. Dafür, dass der Russe angeblich 2029 bereit wäre für ein Abenteuer, passiert bei uns herzlich wenig.
@Michael Schöfer: Ich glaube inhaltlich liegen wir nicht weit auseinander, gerade was die Steuerhinterziehung angeht, aber ein wenig reibe ich mich doch an ihrem kommentar.
„Davon abgesehen haben die heutigen Rentner in der Regel bereits ihren Wehrdienst bereits geleistet“ – der Satz allein blendet schon mal ca. 50% der Bevölkerung aus, die keinen Wehrdienst leisten musste. Das kann man begründen mit diversen anderen Faktoren, aber so pauschal stimmt es halt nicht.
Und während die Armutsgefährdungsquote bei 65+ ca. 19% liegen mag, sollte man nicht unerwähnt lassen, dass sie bei 18-24jährigen knapp 25% beträgt.
Ich empfehle ansonsten (nicht auf Sie persönlich gemünzt) wirklich mal ein paar Gespräche mit Menschen Anfang 20. Für die meisten, mit denen ich so zu tun habe gilt (anekdotisch) das was csThor schon schrieb: Der Gesellschaftsvertrag wird als einseitiger gesehen, der die Jungen zu etwas verpflichtet, ohne dass sie etwas zurückbekommen. Gerade auch die Coronajahre spielen da eine Rolle, und sei es nur emotional. Als Beispiel: mir persönlich war meine Abifeieregal, aber ich hab mit genug Bekannten gesprochen, für die deren Ausfallen durch Corona ein echtes Ärgernis war. Ebenso die Lockdowns, die im Nachhinein halt ganz massive Folgen haben (als Beispiel nur ein Artikel der FR „Deutschlands „größter“ Corona-Fehler trifft vor allem Kinder – mit deutlichen Folgen“). Von der mangelnden Aufarbeitung mal gar nicht angefangen.
Das alles hinterlässt Spuren, so dass ich jede*n verstehen kann, die sich fragen, was dieser Gesellschaftsvertrag denn nun bringt. Auch wenn ich persönlich den Nutzen von Wehrpflicht/FSJ/BFD/Zivildienst/… sofort unterschreiben würde.
@sakrileg sagt: 19.06.2025 um 13:30 Uhr
„Der Gesellschaftsvertrag wird als einseitiger gesehen, der die Jungen zu etwas verpflichtet, ohne dass sie etwas zurückbekommen.“
Da haben Sie den obigen Artikel aber nicht gründlich gelesen. Der Kernsatz ist doch:
„Der Staat garantiert die Verteidigung der territorialen Integrität, während die Bürger ihren Beitrag zum Vertrag durch ihren Militärdienst leisten.“
Also bekommt jeder etwas zurück. Nämlich die Chance, in den bisherigen gesellschaftlichen Verhältnissen weiterleben zu können. Oder sehen Sie oder ihre Bekannten das als selbstverständlich an? Dann haben wir gesellschaftlich tatsächlich ein Problem mit einer Generation von Schmarotzern vom Stamme Nimm.
Klingt hart? Soll es auch. Frieden, Freiheit und Demokratie sind keine Selbstläufer. Wir alle als Mitglieder unserer Gesellschaft müssen darum kämpfen, jeden Tag. Und vielleicht auch mit der Waffe in der Hand.
Und Corona als Argument vorzuschieben ist doch hanebüchen. Auch mir als älterem Semester haben die Beschränkungen und Lockdowns nicht gut getan. Auch meine Aktivitäten und sozialen Kontakte waren massiv eingeschränkt. Und wahrscheinlich war manche Maßnahme im nachhinein gesehen auch überflüssig. Aber zumindest haben bei uns in den Straßen keine Kühl-Lkw´s mit Leichen gestanden (z.B. New York) und sind keine Militärlaster mit Leichen quer durch die Republik gefahren, um diese zu entsorgen, weil man es in den Hotspots nicht mehr geschafft hat (z.B. Bergamo). Aber man kann natürlich mit solchen OT-Argumenten kommen.
@Pio-Fritz
Die Debatte welche Generation was von unserem Staat hat, sollen wir hier nicht aufmachen. Da gibt es eine ganze Generation, die durchaus berechtigt fragen kann, was sie denn von unserem Staat hat:
Marode Infrastruktur, marodes Bildungssystem, den Klimawandel, aktuelle Steuerpolitik, Finanzierbarkeit des Lebens, Steuerlast, Rentensystem vor dem Kollaps, Wohnungsmarkt ect ect.
Mir ist bewusst das einzelne Punkte global zu betrachten sind. Ich stimme ihren Punkt durchaus zu, dass unsere Werte einer Verteidigung Wert sind. Sie können dennoch nicht außer Acht lassen, dass die Generation, die gerade frisch aus der Schule kommt sehr berechtigte Kritikpunkte aktuell an unserem Staat hat und berechtigt fragen kann: „Für was soll ich meine Freiheit aufgeben?“ Diese einfach damit ab zu tun, dass unser Land ja ach so toll ist, greift hier für mich zu kurz und schwingt eher in die Richtung: „Das war immer so, habt euch nicht so und tut euren Teil!“ Damit kann man meiner Meinung nach eher weniger Leute begeistern.
Pio-Fritz sagt: 19.06.2025 um 15:50 Uhr
„Also bekommt jeder etwas zurück. Nämlich die Chance, in den bisherigen gesellschaftlichen Verhältnissen weiterleben zu können. Oder sehen Sie oder ihre Bekannten das als selbstverständlich an? Dann haben wir gesellschaftlich tatsächlich ein Problem mit einer Generation von Schmarotzern vom Stamme Nimm.“
Jetzt muss ich „die Schmarotzer vom Stamme Nimm“ verteidigen. Ein ziemlich breites politisches Spektrum unterschiedlichster Richtung übt Fundamentalkritik an diesem Staat. Es gibt keine Identifizierung mehr, er wird nur noch als Dienstleister gesehen. Warum soll ich diesem Staat Zeit, Geld, Gesundheit oder sogar das Leben opfern? In dem Punkt hat Deutschland eine ganz andere Ausgangssituation als die nordischen Länder, wo es eine viel größere Identifikation mit ihrem Staat gibt. In Deutschland hilft auch die Drohung mit dem „Russen“ nicht. Zum einen ist er weit weg und wer die Drohung ernst nimmt, ergreift eher die Flucht, als dass er kämpft.
M.E. ist eine umfassende Wehrpflicht gesellschaftlich nicht durchsetzbar. Die Partei, die so eine Wehrpflicht durchsetzen möchte, wird abgestraft werden. Deshalb ja auch der aktuelle Versuch, sich langsam anzuschleichen, um die Bevölkerung wieder an eine Wehrpflicht zu gewöhnen. M.E. mehr als fraglich, ob es funktionieren wird.
Man hat halt einfach das Gefühl, dass hier Parteiprogramme und Koalitionsverträge ziemlich deutlich widerspiegeln, dass Boomer eine größere Wählergruppe stellen als die Jüngeren. Deswegen gibts ne Rentengarantie auf der einen, 10€ im Monat ab 6 Jahren auf der anderen Seite. Mir fällt es schwer, das als gerechten „Gesellschaftsvertrag“ zu betrachten.
Man könnte die böse Gegenthese aufstellen: Deutschland ist nach innen schlicht völlig verkrustet und strukturkonservativ (woran alle Diversity-Programme nichts ändern, das sind kostengünstige Plakate). Nach außen ist einem das aber unangenehm und weil man auf NATO-Gipfeln nicht hintan stehen möchte, sollen dann hier nach innen Reformen durchgeboxt werden, die in anderen Politikfeldern scheinbar nicht möglich sind.
@S4 Offz und @Segestes
Das von Ihnen erwähnte breite politische Spektrum und die Fundamentalkritik sehe ich nicht. Zumindest nicht konstruktiv mit dem Willen, etwas zu verbessern
Statt dessen wird politisch am rechten und linken Rand gewählt. Offensichtlich werden stumpfe Parolen guten Argumenten vorgezogen. Das lässt mich zweifeln.
Denn Kritik am Staat hatten wir in dem Alter alle und in jeder Generation. Nur Nszis wählen, das ist neu.
@ S4 Offz 19.06.2025 um 19:40 Uhr
Darf man fragen, aus welchem Milieu Ihnen diese Frage so gestellt wird?
Meine anekdotischen Erfahrungen mit Schulabgängern sind eher dieser Art:
„Ich will meine Freiheiten behalten. Was kann/soll ich dafür tun?“
@Segestes sagt:
19.06.2025 um 20:05 Uhr
„M.E. ist eine umfassende Wehrpflicht gesellschaftlich nicht durchsetzbar. Die Partei, die so eine Wehrpflicht durchsetzen möchte, wird abgestraft werden. Deshalb ja auch der aktuelle Versuch, sich langsam anzuschleichen, um die Bevölkerung wieder an eine Wehrpflicht zu gewöhnen. M.E. mehr als fraglich, ob es funktionieren wird.“
So ist es.
Und das aktuelle Handeln der Politik
lässt nicht erwarten das sich daran bis
zur nächsten Wahl etwas ändern wird.
Warum? Weil die Politiker wiedergewählt werden wollen und
wissen, dass die aktuelle deutsche Gesellschaft ist wie sie ist. Da nützen auch keine Verweise auf andere Länder. Aktuell ist die deutsche Gesellschaft nicht bereit für eine Wehrpflicht, die auch einen signifikanten (!!) Nutzen hat. Das kann man wortreich bemängeln… ändert aber trotzdem nichts.
Und dies wird so bleiben, solange es der Politik nicht gelingt das Volk von den Notwendigkeiten zu überzeugen (!!). Und dabei in der gesellschaftlichen Diskussion Menschen, wie Pro-Fritz es getan hat, als „Schmarotzer“ zu bezeichnen, ist dabei bestimmt nicht hilfreich. Denn dies führt erst recht zur Ablehnung. Denn Schmarotzer sind auch Superreiche die dem Staat Milliarden an Steuern hinterziehen.
Wer Menschen, mit abweichenden Sichtweisen, pauschal beschimpft, hat noch nie etwas erreicht. Das beste Beispiel haben wir bei der letzten Wahl gesehen… mit dem Wahlergebnis der AfD. Die Politik muss also überzeugen, muss erklären … und dann sachgerechte Entscheidungen treffen.
Dies wird aber ein langer Prozess sein.
Wer hier mit der Brechstange agiert… kann Glück haben das es gut geht… Aber es kann auch schief gehen… und dann werden die rechten und linken Hardliner die Profiteure sein…
@Pio-Fritz
Jemand im Altersbereich 16-30 Jahre alt kann heute ja fast schon sarkastisch fragen wie er denn überhaupt etwas ändern soll heutzutage. Stichwort der Mitkommentator Eichenblatt und die Altersstruktur in unserem Land. Mehr als 40% der Wahlberechtigten sind 60 plus. Junge Menschen wollen durchaus etwas verändern. Nur tut sich unser Land/ unsere Gesellschaft unheimlich schwer dies zu tun. Ist in der Bundeswehr nicht anders.
Und wenn ich mir die letzten 30 Jahre der Politik in Deutschland anschaue und mal so tue als seien die CDU und SPD die Parteien der Mitte, dann darf es nicht verwundern, warum Parteien wie die Linke und die AfD unter jungen Wählern beliebt sind. Die politische „Mitte“ tut nämlich wenig bis gar nichts, um junge Menschen für sich einzunehmen, respektive diese zu animieren am politischen Geschehen in Deutschland teilzunehmen. Alles was sie tun, sind die gleichen Phrasen wiederzugeben mit Personal, dass meiner Meinung nach eher seinen Hut nehmen sollte, siehe der aktuelle Vorstizende der Bundestagsfraktion CDU/CSU. (Sofern zu viel Offtopic bitte ich dies zu entschuldigen.)
@Marie
Akademisches und nicht akademisches Milieu in einer Altersstruktur von 18-30. Ich widerspreche ihrer Frage auch nicht. Allerdings bedarf es erstens, das diese Freiheiten als solche erkannt werden und auch erkannt wird, dass diese schützenswert sind. Und diese Einschätzung haben m.E. nach viele Menschen nicht. Unabhängig vom Alter. Und zweitens kann selbst der Staat ihre Frage „Was kann/soll ich dafür tun?“ nicht einmal adäquat beantworten. Sonst würden statt Diskussionen und Talkshows Dinge mal getan werden.
Schlussendlich, um einen zu allgemeinen gesellschaftliche Grunddiskussion zu vermeiden, liegt der Ball in meinen Augen am Ende sowieso bei der Politik/aktuellen Regierung. Ihre Aufgabe ist es die Bevölkerung mitzunehmen und die Bundeswehr in den Stand zu versetzen, eine Wiedereinführung der Wehrpflicht erfolgreich umsetzen zu können.
Ich erlaube mir mal den Einwurf, dass man auch signifikante Anteile einer „Wehrertüchtigung“ an die Schulen delegieren könnte.
Vorteile: Gewohnte Umgebung, etablierte Strukturen bzw Strukturen, die man sowieso engmaschig und niederschwellig etablieren sollte. Zudem eine flexible Gestaltung/Integration in die Curricula.
Konkret: Alles rund um „Blackout“, also wie helfe ich mir selbst und anderen.
Retten und Bergen von Verschütteten (nach Beschuss von Gebäuden), Sanitätsdienst (Wundversorgung, Transport, SanMat-Kunde), Funk/Kommunikation/Meldewesen (Fokus auf Zivilschutz), Brandbekämpfung, OpSec, Kochen, Eigenhygiene und „BugOutBags“, Kaltstartakte und natürlich körperliche Eignung (+Förderung) und Voruntersuchungen. Das ist alles „dual use“ und nicht Bw-spezifisch.
Sowas stärkt die Zusammenarbeit im „eigenen Viertel“ (wenn man die Szenare glaubhaft aufbaut, würde doch fast jeder in der Nachbarschaft mit anpacken) und die Zeit beim Kommiss ist dank der Vorkenntnisse deutlich reduziert.
Naja, man sollte den Begriff „Wehrunterricht“ vermeiden, sonst kriegt man die Ohren abgerissen, bevor der Satz zuende ist. Lieber „Sommercamp beim THW/DRK“ oder so.
@Eichenblatt sagt: 19.06.2025 um 21:10 Uhr
„Deswegen gibts ne Rentengarantie auf der einen, 10€ im Monat ab 6 Jahren auf der anderen Seite. Mir fällt es schwer, das als gerechten „Gesellschaftsvertrag“ zu betrachten.“
Auch Sie haben den Artikel offenbar nicht genau gelesen. Sie argumentieren mit Schritt drei oder vier, bevor der erste Schritte gemacht wurde. Damit man diese ganzen Punkte überhaupt diskutieren und anfassen kann braucht es erstmal was?
Genau, einen deutschen Staat in seiner territorialen Integrität. Gibt es den nicht, brauchen wir uns um solche Sachen wie Rente etc. gar keine Gedanken mehr zu machen. Dafür muss man bereit sein, sein Scherflein zur Verteidigung beizutragen, wie auch immer, es gibt ja außer der Bundeswehr noch genug andere Aufgaben.
Wer das nicht möchte oder für überflüssig hält, der nehme diesen Staat bitte auch nicht in Anspruch, der /die scheint ihn nicht zu brauchen. Am besten die Sachen packen und dahin verschwinden, wo es besser ist (wo immer das sein mag). In Skandinavien hat man das Problem erkannt, und auch dort ist das Gras des Staates nicht grüner als anderswo.
Es wird immer wieder die Musterungskapazität angesprochen.
Als nicht-Arzt habe ich dazu zumindest eine These:
Letzten Endes ist die Musterung eine medizinische /Arbeitsmedizinische Untersuchung, die keine besondere Zusatzqualifikation erfordert und ein Allgemeinarzt durchführen kann. Wenn hierfür eine Abrechnungsposition gefunden wird und über eine Einweisung/Schulung der Untersuchungsanteil von Allgemeinärzten / Hausärzten durchgeführt wird, dann könnten wenige Bundeswehrärzte dann aufgrund der Ergebnisse die Zuordnung zu den Verwendungsreihen setzen/bestätigen.
Zu viele Personen haben die Musterung/Wehrpflicht von 2000 und davor im Kopf, anstatt zu überlegen, wie wir eine neue Wehrpflicht durchführen können
Guten Morgen in die Runde, zu mir hat 2001/2003 ein Religionslehrer als wir über die Wehrpflicht sinngemäß gesagt: Das Volk durfte hunderte Jahre keine oder nur eingeschränkt Waffen tragen. Das hat sich das Volk auch erkämpfen müssen ebenso wie die politische Mitbestimmung.
Das Volk ist der Souverän in einer Demokratie. Somit sind der Staat vereinfacht gesagt: Wir. Also ein Dienst u.a. Militärdienst zur Verteidigung unserer Heimat für unsere Gesellschaft sollte eine Selbstverständlichkeit sein.
Ich bin zum Grundwehrdienst 1981 eingezogen worden. Dann gab es nochmal einen kurzen Militärdienst im Studium. Ich würde, wenn ich jung wäre auch zur Bundeswehr gehen, weil es eine Armee zur Verteidigung der Demokratie und unserer Heimat ist. Letzteres durfte ich auf Fortbildungen der Bundeswehr in Koblenz und Brühl kennenlernen: Der Bürger in Uniform.
Das spricht für den Wehrdienst bzw. einen Ersatzdienst.
Herzliche Grüße aus Mecklenburg-Vorpommern :-)
@ Pio Fritz
Schon vor ca 15 Jahren hat der amerikanische Autor Eric T. Hansen erstaunt festgestellt, daß „die Deutschen“ ihren Staat und dessen Institutionen mit erstaunlicher Nonchalance betrachten und daß das „gehört auch uns“ Gefühl (was Teil seiner persönlichen Definition von Patriotismus war) fast vollständig gefehlt hat. Ich denke das ist nicht nur „jugendbezogen“, das ist eine Spätfolge des nötigen „Sicherheitsabstands“ mit der die neuen westdeutschen Institutionen aufgebaut worden sind – eben weil man nicht wußte, was die Deutschen denn machen würden. Und nach der Wende kam eine ganze Bevölkerungsgruppe (ex-DDRler) dazu, für die die neuen Institutionen eben noch weiter weg gewesen sind. Da wundert die sehr begrenzte Identifikation mit dem Staat (und v.a. dessen Institutionen) eher wenig.
@ Pio-Fritz noch einmal mit Zahlen unterlegt: Bei der letzten Bundestagswahl erzielten AfD und Linke zusammen 29,8%. Ich unterstelle der aktuellen Linken, dass sie den Nationalstaat insgesamt ablehnt und der AfD zumindest den aktuellen. In der Altersgruppe der 18-24-jährigen haben 46% diese beiden Parteien gewählt, bei den 25-34- jährigen 42%. Und zumindest die Grüne Jugend hat wohl auch Probleme mit diesem Staat. Gegen diese recht breite Ablehnung der Betroffenen setzt man keine allgemeine Wehrpflicht durch, maximal die Pseudowehrpflicht der Nuller Jahre.
Ich frage mich ja immer, wie die Bundeswehr Tausende Ukrainer jedes Jahr ausbilden und unterbringen konnte, ohne dass der ganze Laden zusammenbricht aber bei einer Wehrpflicht soll das angeblich auf keinen Fall klappen?
@Pio-Fritz
Sie reden zwar richtigerweise von Schritten. Allerdings ist ihr Schritt 1, der deutsche Staat genau jetzt in diesem Moment vorhanden. Er ist ja da und wird in naher Zukunft auch nicht weg sein. So betrachtet macht diese Argumentation ja wenig Sinn m.E. nach. ich kann also berechtigterweise durchaus direkt von den Schritten 3 und 4 sprechen.
Und bei allem Respekt, ihr letzter Absatz liest sich vereinfacht formuliert wie: „Ist man nicht bereit Deutschland zu verteidigen, dann verlässt man es am besten direkt sofort.“
Im Endeffekt kann ich @Felix2 zustimmen. Das aktuelle Handeln der Politik lässt keine Änderung in der Thematik erkennen.
@Segestes sagt:
20.06.2025 um 11:02 Uhr
„@ Pio-Fritz noch einmal mit Zahlen unterlegt: Bei der letzten Bundestagswahl erzielten AfD und Linke zusammen 29,8%. Ich unterstelle der aktuellen Linken, dass sie den Nationalstaat insgesamt ablehnt und der AfD zumindest den aktuellen. In der Altersgruppe der 18-24-jährigen haben 46% diese beiden Parteien gewählt, bei den 25-34- jährigen 42%. Und zumindest die Grüne Jugend hat wohl auch Probleme mit diesem Staat. Gegen diese recht breite Ablehnung der Betroffenen setzt man keine allgemeine Wehrpflicht durch, maximal die Pseudowehrpflicht der Nuller Jahre.“
Nun ja, Sie vermischen jetzt hier die Haltungen von Parteien in Einzelpunkten mit denen ihrer jeweiligen Wählerschaft. Wie sinnvoll das ist sei dahin gestellt.
Davon ab: beliebt war der Wehrdienst noch nie, nirgends. Ihn durchzusetzen wäre wohl kaum schwer. Grade zu Beginn einer Legislatur. Bis zu den Wahlen ist dann die Aufregung vorbei (zumal die Parteien des demokratischen Spektrums es ja alle eigentlich schon mittragen). Zumal wir die Zweck des Wehrdienstes, nämlich die Verteidigungsbereitschaft mittlerweile transnational, sprich europäisch definieren.
@Segestes sagt: 20.06.2025 um 11:02 Uhr
Auch die Zahlen ändern den Kern der Aussage ja nicht. Es wird auch von Ihnen und der von Ihnen angesprochenen Altersgruppe der Wählerschaft nicht erkannt, dass diese Protesthaltung und das Wählen von Parteien mit eindeutigem kommunistischen oder nationalsozialistischen Hintergrund schon der erste Teil der Freiheit ist, den es zu schützen und zu verteidigen gilt. Denn wenn eine dieser Parteien ans Ruder kommt, dann hat die andere extreme Seite sehr schlechte Karten, wir alle natürlich auch.
Es wird schlicht und einfach nicht gesehen, das wir alle dieser Staat sind und die Parteien wählen, die unsere Interessen vertreten. Dazu gibt es eine Staatsverwaltung, die das umsetzt. Aber für den Großteil sind das nur „die da oben“, ein völlig falscher Ansatz.
Ich kann da @csThor sagt: 20.06.2025 um 10:14 Uhr und seinem Kommentar nur vollständig beipflichten. Das bringt die Grundhaltung des deutschen Michels gut zum Ausdruck.
Interessante historische Denkanstösse zur Wehrpflicht – damals und heute:
VETERANENTAG: Das nette Abzeichen für den Anzug gibt es für JEDEN Ex-Wehrpflichtigen.
Aber nicht doch… Die Ex-NVA ist raus…
IRANISCHE ARMEE:
War schon immer spinnefeing zu Israel.
Aber nicht doch: Ist reine Definition des aktuellen Regimes. Zu Schah-Zeiten ( vor 1980 ) waren die Länder beste Freunde. Tatsächlich.
REICHSTAGSWAHLEN 1932:
Vorher war der Eintritt ins dt. Militär recht unkritisch.
Bei den 1932er Wahlen dann NSDAP + 19%. Erinnert das evtl. ansatzweise an heutige Wahlergebnisse ?
MOTIVATION von Wehrpflichtigen:
Ich erinnere bspw. an die Aussagen eines Markus Lanz in seiner Talkshow: “ Ich hätte im Ernstfall meinen alten Karabiner in die Ecke geworfen“…
( Gut, das war in Südtirol… )
SKANINAVISCHE Wehrpflicht:
Immerhin… diese Länder sind historisch so vorbelastet ( entweder deutsche oder russische Occupation ), zudem unfassbarer Weise mit Spontan-NATO-Beitritten, das man zugeben muss:
WIRKLICH KOSISZRNTES VETHALTEN. HUT AB :-)
@Segetes: Man verteidigt ja auch nicht nur den National-Staat sondern seine Bevölkerung und die fürs Leben notwendigen Infrastrukturen. Dagegen haben die jungen Leute sicher alle nichts.
Ich finde es wichtig, dass es jetzt bald zu einer klaren Ansage der jährlich benötigten Neuanfänger-Zahlen für Wehrdienstleistende, Soldaten auf Zeit und Berufsoldaten für die kommenden 5 – 10 Jahre für die Bundeswehr kommt. Dies sollte dann jährlich fortgeschrieben werden. Wenn das dann auch entsprechend der Verwendung hinreichend detailliert und abgesichert ist, können udn sollten alle Betroffenen sich darauf einstellen (und das sind sehr sehr viele!). Es wird dann immer noch schwer genug in der Umsetzung. Natürlich ist dann auch eine entsprechende Planung für den Wiederaufbau der Reserve daraus abzuleiten.
Ein Jahr Wehrdienst für eine bestimmte Anzahl Männer von September bis August und ein Äquivalent an Zivildienst halte ich immer noch für den sinnvollen Ansatz. Und parallel dazu die Vorbereitung des Ausweitung auf ein Pflichtjahr (potentiell) für Alle.
> Ich unterstelle der aktuellen Linken, dass sie den Nationalstaat insgesamt ablehnt
Das können Sie zwar machen, ist aber so realitätsfremd, dass Sie als bedauernswert erscheinen. Als Linker darf ich Ihnen sagen, dass ich mich als Patriot verstehe, und zwar als Verfassungspatriot, der die FDGO gegen seine Feinde verteidigt.
Linke sind kein homogener Haufen. Um das zu erkennen, müssten Sie mal ihre Stereotypen überarbeiten.
@Stöber sagt: 20.06.2025 um 8:46 Uhr
Hmm, wie erfolgreich sind Sie damit in Ihrem „Viertel“, wenn man fragen darf?
Kann man Ihr Leuchtturmprojekt zum Erfahrungsaustausch irgendwo besichtigen?
@Sozialarbeiter:
Auf eine grenzwertig dämliche Frage mit dem Ziel des Derailing nur eine knappe Antwort: Bedauerlich, dass T.W. das durchgelassen hat.
#Nachhaltig:
„Ein Jahr Wehrdienst für eine bestimmte Anzahl Männer von September bis August und ein Äquivalent an Zivildienst halte ich immer noch für den sinnvollen Ansatz.“
Genau dieser Satz könnte der zukünftigen Bundesregierung böse auf die Füsse fallen.
Eine „bestimmte“ Anzahl Männer und ein „Äqivalent“ an Zivildienst…
Klar würde das genau die Lücke schliessen die irgenwann in den nächsten Jahren bestehen wird wenn denn die BW-Kapazitäten ausgebaut sind. Und die Freiwilligen fehlen. Schwedisches Modell hin oder her…
Der wahrscheinliche ABLAUF dann:
Viele werden in dem Augenblick verweigern in dem der Brief kommt (logisch..)
Und zu einem Zivildienstleistenden werden. Alles völlig korrekt.
ABER: Es trifft als Zivildienstleistende ja dann nur diese Personengruppe. Alle anderen nicht!
Die vorauszusehende Klagewelle wird alsdann höchstinstanzlich als Grundsatzurteil entschieden werden.
Ich vermute das Ergebnis wird der Regierung dann nicht passen…
Und dann… ?
Ist etwas OT, deshalb nur ganz kurz:
Linker sagt:20.06.2025 um 16:35 Uhr:
„Linke sind kein homogener Haufen.“
Da gebe ich Ihnen vollkommen recht, wenn z.B. ein Herr Ramelow laut über seinen Austritt nachdenkt. Aber für das aktuelle Führungspersonal halte ich doch an meiner Behauptung fest, dass sie den deutschen Nationalstaat (immer noch die Voraussetzung für die Bundeswehr) ablehnen.
@Julian sagt:
20.06.2025 um 12:43 Uhr
Ich frage mich ja immer, wie die Bundeswehr Tausende Ukrainer jedes Jahr ausbilden und unterbringen konnte, ohne dass der ganze Laden zusammenbricht…?
Weil das insbesondere auf dem Rücken der Kameraden des Heeres ausgetragen wird…
Und weil dies zu Lasten der eigenen Ausbildung/Kapazitäten durchgeführt wird…
Dies ist eine wichtige Aufgabe um unsere UKR Kameraden zu unterstützen!
Aber dafür bleiben eben eigene Aufgaben liegen, bzw. werden heruntergefahren…
Bzw. das eigene Personal wird überproportional belastet…
Also in keinster Weise zu vergleichen mit einer dauerhaften neuen Implementierung einer Wehrpflicht
und der im Raum stehenden Erhöhung der aktiven Soll-Stärke der Bundeswehr auf 250.000 Soldaten.
Wodurch z.B. die Lücke bei den SaZ über Nacht auf ca. 30.000 anwachsen würde.
Und bei den Wehrpflichtigen, die dann ja wahrscheinlich BWDL heißen sollen, bräuchten wir allein 2026 mindestens 30.000…
Für 2026 wären dies dann mindestens:
26.000 Einstellungen SaZ (freiwillig)
25.000 Einstellungen BWDL (freiwillig/verpflichtet)
Das dies nicht funktioniert hat ja selbst der Verteidigungsminister endlich erkannt und in letzten Interviews erklärt, dass für diese Anzahl einfach die Kapazitäten nicht verfügbar sind.
Es wird schlicht Zeit brauchen ein neues (!!) System aufzubauen.
Denn eine Wehrpflicht wie „früher“ wird es mit der heutigen und kommenden Generationen nicht mehr geben.
Denn ist der Krieg in der UKR irgendwann einmal vorbei… Wird er in der Masse der Bevölkerung genauso schnell vergessen sein wie z.B. 20 Jahre Afghanistan…
Und wenn der RU dann um 2030 doch keinen Krieg gegen die NATO beginnt…
Wird auch die Angst davor mit jedem Jahr des Ausbleibens schwinden…
Wenn es die Politik bis dahin nicht geschafft hat die Jugend verstärkt für einen längeren, freiwilligen Dienst in der Bundeswehr zu gewinnen… wird die Bundeswehr ein Personalproblem bekommen dessen Tragweite heute nur schwer abschätzbar ist.
Denn dann stehen die ganzen tollen neuen Waffensysteme auf dem Hof…
und ich habe keine Fachkräfte/SaZ (!!) die sie bedienen…
Da nützen mir auch, bis dahin, ca. 40.000 BWDL im Jahr nix, wenn ich daraus nur einen kleinen Teil SaZ gewinnen kann (wie „früher“) und die Freiwilligkeit für Neueinstellungen SaZ so bleibt wie heute…
Ich habe es ja schon mehrfach gesagt.
Die aktuelle Fokussierung auf die Wehrpflicht ist wie mit Scheuklappen durch die Gegend zu rennen….
Die Bundeswehr besteht aber nicht nur aus BWDL!
Sie ist ein großes Getriebe aus BS,SaZ,FWDL, (dann BWDL), Zivilbeschäftigten!
Nur wenn dies perfekt funktioniert kann ich die besten Ergebnisse erzielen.
Das ist wie im Gefecht…
Da schickt der Kdr ja auch nicht nur seine Panzer zum Angriff vor…
Sondern wird im besten Fall das System der verbundenen Waffen anwenden…
@Apollo11: „Viele werden in dem Augenblick verweigern in dem der Brief kommt (logisch..)
Und zu einem Zivildienstleistenden werden. Alles völlig korrekt.“
Mag sein: Aber das war früher schon auch so. Und wenn dem so ist, dann erhöhnt man einfach die Zahl der Einberufenen. Sie fragen nach Gerechtigkeit? Wurde hier auch schon diskutiert. Losverfahren wäre eine Möglichkeit. Auf jeden Fall kann ich mir nicht vorstellen, dass jemand grundsätzlich ein Anrecht darauf hat, einen Wehrdienst zu verweigern, weil nicht alle anderen potentiell in Frage kommenden auch einberufen werden. Das Auswahlverfahren muss nur richtig gewählt werden.
Und eine Klagewelle: Ja – dann kommt sie halt. Da muss Deutschland dann durch.
Linker sagt: 20.06.2025 um 16:35 Uhr ….
Das ist ja erfreulich, aber nicht die erfahrene Haltung der „Linken“ in der Bundesrepublik, welche den Wehrdienst abgelehnt haben, weil sie einen Antagonisten in NATO gegen den roten Bruder in der SU sahen.
at all:
In Sache „Wehrwillen“ und „Wehrpflicht“ , meine Erfahrungen als NA Jugendoffizier in den 80er Jahren, bis ’93 fasse ich so zusammen, dass die meisten Jugendlichen von ihren Lehrern und Ausbildern, aus politischen und kommerziellen Grunden, gezielt gegen die Bundeswehr und gegen einen Wehrdienst indoktriniert wurden. Das hat sich bei/in den meisten Faellen in die Soehne dieser Gruppe, zu denen nateurlich auch unsere derzeitigen Politiker gehoeren, fortgesetzt. Dierse Politiker stehen seit „Putin“ & „Trump“ nun vor dem Problem dem Ersten eine glaubhafte Verteidigungsbereitschaft vorzulegen, dem Zweiten zu beweisen, dass sie keine „Trittbrettfahrer“ sind, dabei sieht Gp Putin auf Faehigkeiten und Mr.Trump auf cash transfer. letzteres ist fuer unsere Politiker einfacher.
Aber nach Jahrzehnte an „Friedensdividende“ (und alle Generale und Admirale der BW haben da mitgespielt) ist den behaebigen Michel eben nicht klar, warum er denn verteidigungsbereit sein sollte…..
Und was niemand zugeben moechte: Viele unserer Politiker und hoeheren Militaers haben immer auf Polen als Pufferstaat spekuliert und gemeint, man haette dann ja noch Optionen. Die Oblast Kaliningrad als Place’d armes nahmen sie nicht zur Kenntnis.
Andererseits, und das sage ich als welterfahrener Seemann, bei allen maroden Bruecken, disfunktionalen Schulen, Schlagloechern in den Strassen ect aber Optionen gegen Unendlich, freie Meinungsaeusserung und eine gut funktionierende Verwaltung bzw politische Leitungen, die zu 99% weder korrupt noch unfaehig sind und ueber 80 Mio freien Buergern ist Deutschland ein Gemeinwesen, dass es wert ist verteidigt zu werden.
Letzteres sollte oeffentlich diskutiert werden.
@S4 Offz sagt: 20.06.2025 um 12:43 Uhr
„@Pio-Fritz
Sie reden zwar richtigerweise von Schritten. Allerdings ist ihr Schritt 1, der deutsche Staat genau jetzt in diesem Moment vorhanden. Er ist ja da und wird in naher Zukunft auch nicht weg sein. So betrachtet macht diese Argumentation ja wenig Sinn …“
Ach so, ich Dummerchen, klar doch Verteidigungsfähigkeit und kriegsfähige Streitkräfte machen keinen Sinn. Und mehr Soldaten brauchen wir auch nicht, um diese herzustellen. Das machen wir dann, wenn dieser Staat schon im Konflikt ist, die pflücken wir dann von den Bäumen. Die sind dann fertig ausgebildet.
Merken Sie selber, oder?
Wir müssen jetzt anfangen, mit allem, was geht.
@ Apollo11 Schweden war weder deutsch noch russisch besetzt. Auch als Neutrale hatten die eine starke Armee. Die Schweden wußten, wofür. Wobei das mit der Neutralität so eine Sache ist. Im WK 2 wurden Geschäfte mit Deutschland gemacht und die Zusammenarbeit mit der NATO im Kalten Krieg ist ja auch kein Geheimnis. Die Skandinavier haben sich auch gerne gegenseitig besetzt und die Schädel eingeschlagen oder sind durch das heutige Deutschland gezogen und haben Gebiete besetzt. Unser Staat sollte den Bürgern die Hauptaufgabe des Staates erklären. Da könnte man ja eine Umfrage bei den Bundes- und Landtagsabegeordneten machen, welche das ist. Auf das Ergebnis wäre ich gespannt. Wenn die Russen 2029 bereit sind, warum passiert dann so wenig?
Y-998201 sagt 21.06.2025 um 20:51 Uhr „Im WK 2 wurden Geschäfte mit Deutschland gemacht“
Das ist nur ein Teil der schwedischen Taetigkeiten in WWII. Schweden hat die Stueck-gleichen Geschaefte mit den Alliierten gemacht und es wurde von „Reichsseite“ sichergestellt durch einen Reichskommissar in Goeteborg, dass die gleich Anzahl von Waffen (Bofors, KaMeWa ect), gegen cash, die an Alliierte gingen (via neutrale Umschlaghaefen und auf Schiffen mit neutraler Flagge) auch ins Reich kamen. Das ist mit der Genfer Konvention und der Neutralitaetserklaerung vereinbar. Schweden hat damit seinen erheblichen Wohlstand , der erst in den 1990er Jahren aufgebraucht war, erwirtschftet.
@Pio-Fritz
Wenn sie das herausgelesen haben, dann habe ich mich vermutlich nicht richtig ausgedrückt. Weder habe ich ausdrücken wollen, das eine Verteidigungsfähigkeit sinnlos sei noch wir keine einsatzbereiten Streitkräfte benötigen. Inhalt dieses Kommentarfadens ist ja vereinfacht formuliert, ein Weg, wie Deutschland wieder zu mehr Soldaten kommt. Sei es die Rückkehr zur klassischen Wehrpflicht oder ein anderes Modell. Das es einen Wechsel vom aktuellen Status quo erfordert, darüber ist sich hier ja jeder einig.
Am Ende geht es nur darum, wann und wie dieser Wechsel erfolgen wird. Wie bereits von einigen Mitkommentatoren beschrieben, wird diejenige Partei, die zurück zur Wehrpflicht geht, sich in Deutschland sehr unbeliebt machen. Und da man wiedergewählt werden möchte, wird das vermutlich keiner tun.
Ich bin lediglich Befürworter der Methode, dass die Politik versucht die Gesellschaft bestmöglich mitzunehmen bei der Änderung, um eine größtmögliche Akzeptanz zu schaffen.
#Nachhaltig:
„@Apollo11: „Viele werden in dem Augenblick verweigern in dem der Brief kommt (logisch..)
Und zu einem Zivildienstleistenden werden. Alles völlig korrekt.“
Mag sein: Aber das war früher schon auch so. Und wenn dem so ist, dann erhöhnt man einfach die Zahl der Einberufenen.“
„Früher“ gab es ja nur 3 ( na ja, mit Auswanderung nach West-Berlin auch 4 ) Möglichkeiten:
– Wehrdienst
– Ausmusterung
– Irgendeine Form von Ersatzdienst wie bspw. THW
Entscheidend war das ALLE männlichen Bürger AUF JEDEN FALL betroffen waren.
Bei einer erneuten Aktivierung des Grundgesetzparagraphen gilt aber unverändert die alte Regel. Aufgrund der fehlenden 2/3- Mehrheit nur für Männer und unverändert wie früher.
Bei der vorauszusehenden Klagewelle ist nur eines sicher:
Keine Bundesregierung hat die Absicht diesen Shitstorm über sich ergehen zu lassen. Zumindest nicht wenn man den der nächsten Regierung 2029 überlassen kann.
Schwedisches Modell ja, aber bitte ohne Pflichtteil.
Wird das Verfassungsgericht entscheiden das ein irgendwie gestaltetes Losverfahren legal ist ?
Kann natürlich sein…
Wird das Verfassungsgericht dem Bundestag aufgeben den Wehrpflichtparapraphen anzupassen um das zu ermöglichen ?
Kann auch sein.. Aber aufgrund der nötigen 2/3 Mehrheit unrealistisch…
Eine dritte Möglichkeit besteht selbstverständlich auch: Aufgrund der existentiellen Bedeutung einer Wehrpflicht für den Staat darf dieser Regelungen einführen die der Situation angepasst sind. Auch ohne 2/3 Mehrheit.
Eine rechtliche Bewertung des alten Wehrpflichtparagraphen bei Wiederaktivierung hab ich noch nicht gelesen WENN es denn, wie zu Anfang geplant, nur einen kleinen Teil treffen würde.
In den 1950er Jahren war das bekannterweise zwar kein Problem, aber Gerichte berücksichtigen ja immer auch neue Entwicklungen und den Zeitgeist.
Ist aber auch kein Wunder, jede Regierung würde den Teufel tun über ungelegte Eier ein potentiell wählervergraulendes Gutachten erstellen zu lassen…
Die deutsche Politik ist nur mal wieder zu naiv, die einfache Sache der Wehrpflicht möglichst lautlos zu regeln. Die Wehrpflicht nicht im Koalitionsvertrag gelöst zu haben, rächt sich jetzt. Die SPD Linken wollen keine Wehrpflicht in dieser Legislaturperiode diskutieren, sondern erst einmal ein paar Jahre abwarten, die die BW verlieren würde. Natürlich sind das wie immer dieselben Politiker, die immer gegen Bundeswehr oder Ukraine oder Aufrüstung Stimmung machen von „Berufs“ wegen.
Pistorius will ja nach den neusten Medienberichten nicht ein paar Jahre verlieren, sondern ein Zwangselement in die neue Wehrpflicht einfügen, um Teiljahrgänge doch einziehen zu können, wenn die Zahlen nicht stimmen. Bin gespannt, ob er damit durchkommt oder dabei von der SPD wieder gestoppt wird. Es ist unehrlich, daß immer vom Schwedischen Modell gesprochen wird, welches aber eine Wehrpflicht enthält, die die Schweden nur nicht ziehen müssen, weil genug Freiwillige, aber ein Modell vorzusehen, was gerade keine Wehrpflicht enthält. Viel einfacher wäre gewesen, das Schwedische Modell gleich zu beschließen und eine entsprechende Sollzahl ins Gesetz zu scheiben, bei deren Unterschreitung die Wehrpflicht eingreift. Denn die ungefähren Forderungen der Nato waren doch seit Monaten bekannt. Man hätte das Problem, einfach durch die Festlegung einer Sollzahl von 203.000, 220.000 oder 24o.0000 Regeln können. So höher die Sollzahl, umso wahrscheinlicher der Einzug von Rekruten zwangsweise.
Was das Bundesverfassungsgericht angeht, so machen sich hier manche zuviele Sorgen. Das Bundesverfassungsgericht hat immer im Interesse der Wehrpflicht bisher entschieden. Solang die Politik behauptet, auf dem Wege zur Wehrgerechtigkeit zu sein, Kasernen bauen zu wollen usw, wird das Bundesverfassungsgericht auch erhebliche Ungerechtigkeiten billigen.
Nur wenn eventuelle Ungerechtigkeiten über Jahre nicht reduziert würden, könnte es Probleme mit dem Bundesverfassungsgericht geben, aber dies ist Zukunftsmusik in 5 – 10 Jahren.
Die heikelste Frage einer Wehrpflicht dürfte sein, wie werden die Betroffenen ausgewählt, wenn sich viele freiwillig melden und nur ein paar Tausend zwangsweise gezogen werden müssten. Losverfahren wie in Dänemark oder Auslesen nach Tauglichkeit T 1 vor T 2? Ein Losverfahren dürfte problematisch sein oder es wird gesagt, nur Tauglichkeit würde Karlsruhe nicht mitmachen. Vermutlich müsste die BW, wie schon in der Vergangenheit, verschiedene Kriterien zur Entscheidung heranziehen, damit die Auswahl gerichtsfest ist. Z.B. Alter, Bildung, Ausbildungsstand, Bedarf , Tauglichkeit.
Komischerweise wird eine der wichtigsten Fragen der Wehrpflicht bis jetzt gar nicht debattiert, nämlich die Wehrpflichtsdauer. Diese Frage hat schon zu Verfassungskonflikten in Preußen geführt. Und auch in der BRD waren 18 oder 15 Monate oder später 10 oder 9 Monate umstritten. Zuletzt hatte ich gelesen, daß die Wehrpflicht von nur 9 Monaten zuletzt zu kurz gewesen sei. Daraus würde folgen, daß eine Wehrpflicht eigentlich mindestens 10 Monate lang sein müsste. Aber aktuell ist nur von 6 Monaten Wehrpflicht die Rede. Die Frage ist, ob viele Wehrpflichtige dann verlängern würden, wenn die Pflicht nur 6 Monate wäre?
Das Bundesheer in Österreich hat nur die kurze Wehrpflicht von 6 Monaten. Aber bei Weiterverpflichtung wird deutlich mehr Geld bezahlt. Oder andersherum, ein Rekrut, der nur die 6 Monate im Bundesheer abreißt, verdient deutlich weniger, als ein BW-FWDL. Dagegen gibt es deutlich mehr Geld im Bundesheer, wenn man sich über 6 Monate hinaus verpflichtet. Mit einer Wehrpflicht nach dem Schwedischen Modell kann die BW aber den Wehrpflichtigen Rekruten kaum den Wehrsold, im Vergleich zu den FDWL, kürzen, weil diese Ungleichbehandlung vermutlich nicht gerichtsfest wäre.
Da für die Frage, ob zwangsweise rekrutiert werden muss oder nicht, die Wehrpflichtdauer wichtig ist, sollte die Wehrpflichtdauer auch endlich diskutiert werden. Bei nur 6 Monaten sind mehr Rekruten pro Jahr nötig, als bei 10 Monaten oder gar einem Jahr. So kürzer die neue Wehrpflicht ausfällt, umso wahrscheinlicher ist es, daß die Freiwilligen nicht ausreichen und zwangsweise gezogen werden muss.
Was die Frage des Gesellschaftsvertrages angeht, so gibt es einen solchen Gedanken nicht. Es scheint in Deutschland eher der Gedanke vorzuherrschen, daß der Staats zu geben hat. Pflichten gelten als uncool. Die Wehrpflicht war eine Pflicht, welcher sich die Männer nicht entziehen konnten, aber wurde doch nie als Teil eines Gesellschaftsvertrages gesehen in der BRD. In den Freiheitskriegen wurde den dt. Bürgern mehr Freiheit versprochen von den Fürsten, wenn sie Deutschland/Preußen verteidigen gegen Napoleon, aber die Fürsten & Könige habe nicht Wort gehalten, sondern die deutschen Unterdrückt bis zur Revolution von 1848 & darüber hinaus.
Ein Gesellschaftsvertrag würde eine Dienstpflicht meiner Meinung nach voraussetzen & weitere Zugeständnisse der Politik für den Bürger(mehr Demokratie wagen oder höhere Steuer für die Reichen). Denn zu einem Vertrag gehört geben und nehmen. Leider habe ich noch keinen Politiker gehört, der dem Volk im Gegenzug für Wehrpflicht oder Dienstpflicht mehr Rechte geben will!
Oops…
Der BW-SPD-Flügel macht Ernst…
Welche Mehrheit braucht es eigentlich um die Wehrpflicht wieder zu aktivieren ?
„Pistorius erklärte in der ARD‑Sendung „Caren Miosga“, sein geplanter Gesetzentwurf solle bereits Klauseln enthalten, mit denen eine ausgesetzte Wehrpflicht rasch reaktiviert werden könne, falls die Zahl der Freiwilligen nicht ausreiche. Auch Vizekanzler Lars Klingbeil (SPD) hatte zuletzt Vorbereitungen für eine etwaige Wiederaufnahme der Wehrpflicht gefordert.“
Bitte auch hier Gleichberechtigung und die künftige Wehrpflicht bzw. Dienstpflicht für alle Geschlechter gleich handhaben. Auch ein Grundgesetz kann man anpassen. Es gibt keinen Grund, ausgerechnet hier einseitig stehen zu bleiben.
@ Couch Potato
Dazu müßte man aber im Bundestag eine 2/3 Mehrheit zustandebringen und die Linke werden Sie mit einem „militärischen“ Thema garantiert nicht zur Zustimmung bewegen. Und die AfD ? Ich erinnere an das riesige Fettnäpfchen in welches Herr Merz vor der letzten Wahl getappst ist … Diese Blöße wird er sich nun nicht mehr geben und niemand in der Regierungskoalition wird ihn lassen.
@Closius
Gefordert ist eine stehende Streitmacht von 260.000 Sdt, also 80.000 Sdt mehr als derzeit. Wenn Sie eine Wehrdienstzeit von sechs (6) Monaten ansetzen – was ggf. für einfache infanteristische Aufgaben ausreicht – müssen Sie 120.000 Sdt / Jahr generieren. OK, die Reserve (200.000 Sdt) wächst dann sehr schnell auf, will aber auch in Übung gehalten werden.
Allerdings wird man die zusätzlichen 6-7 Brigaden nicht nur mit Kurzdienern befüllen können (das gilt für andere Verwendungen analog). Und: deren Führung müßte ja jetzt bereits quasi auf dem Hof stehen.