Neue SIPRI-Zahlen: Militärausgaben seit zehn Jahren ständig erhöht
Die weltweiten Ausgaben fürs Militär sind im vergangenen Jahr nach einem Jahrzehnt kontinuierlicher Erhöhungen erneut gestiegen. 2024 gaben die Staaten weltweit umgerechnet 2.718 Milliarden US-Dollar für militärische Zwecke aus. Das waren 9,4 Prozent mehr als im Vorjahr und 37 Prozent Steigerung seit 2015, wie das Stockholmer Friedensforschungsinstitut SIPRI errechnete. Deutschland liegt mit seinen Verteidigungsausgaben inzwischen an vierter Stelle weltweit. Überraschend scheint dagegen der Rückgang in Südafrika.
Nach der jährlichen Übersicht zu militärischen Ausgaben, die das Stockholmer Institut am (heutigen) Montag veröffentlichte, geben die USA unverändert den größten Anteil aus: Auf sie entfielen im vergangenen Jahr 37 Prozent dieser Ausgaben weltweit, und die 997 Milliarden US-Dollar waren eine Steigerung um 5,7 Prozent im Vergleich zu 2023 und eine Erhöhung um 19 Prozent im Vergleich zu 2015.
Auf der SIPRI-Liste folgen auf den Plätzen zwei und drei China mit 314 Milliarden US-Dollar und Russland mit ebenfalls 149 Milliarden US-Dollar. Beide Zahlen sind geschätzt, weil die offiziellen Zahlen zunehmend nur einen Teil der tatsächlichen Ausgaben widerspiegeln Nach Angaben des Stockholmer Instituts stiegen die Rüstungsausgaben Chinas nicht nur um sieben Prozent im Vergleich zum Vorjahr und damit so stark wie seit 2015 nicht mehr: Das asiatische Land ist laut SIPRI das einzige mit einer ununterbrochenen Serie jährlicher Erhöhungen seit 30 Jahren.
Russlands Ausgaben lagen um 38 Prozent höher als im Vorjahr und doppelt so hoch wie 2015. Allerdings ist nach Angaben der Stockholmer Forscher die exakte Höhe der Ausgaben fürs Militär immer schwieriger herauszufinden, weil ein beträchtlicher Teil des russischen Staatshaushalts geheimgehalten wird. Zudem würden Haushalte regionaler Behörden und finanzielle Mittel außerhalb des regulären Haushalts für Rüstungszwecke verwendet.
Deutschland gibt nach der SIPRI-Berechnung als Land mit den vierthöchsten Militärausgaben weltweit bei einem Anteil von 3,3 Prozent zwar weniger als ein Zehntel der US-Summe aus. Der deutsche Verteidigungshaushalt sei aber vor allem aufgrund des Sondervermögens für die Bundeswehr im vergangenen Jahr auf umgerechnet 88,5 Milliarden US-Dollar und damit im Vergleich zum Vorjahr um 28 Prozent gestiegen. Im Vergleich zu 2015 stieg das Budget sogar um 89 Prozent und machte die Bundesrepublik damit erstmals seit der deutschen Wiedervereinigung zum Land mit den höchsten Militärausgaben in West- und Zentraleuropa.
Die anderen großen europäischen NATO-Staaten wie Großbritannien mit 81,8 Milliarden US-Dollar oder Frankreich mit 64,7 Milliarden US-Dollar liegen zwar hinter Deutschland, folgen aber dem gleichen Trend: Inzwischen hätten die Rüstungsausgaben in Europa das Rekordniveau des Kalten Krieges überschritten. Außer Malta erhöhten alle europäischen Länder im vergangenen Jahr ihre Verteidigungshaushalte.
Insgesamt stiegen die Militärausgaben in Europa 2024 um 17 Prozent auf zusammengenommen 693 Milliarden US-Dollar, eine Erhöhung um 83 Prozent seit 2015. Beispielhaft dafür steht das jüngste NATO-Mitglied Schweden, dass im Jahr seines Beitritts zur Allianz seine Verteidigungsausgaben um 34 Prozent auf zwölf Milliarden US-Dollar erhöhte und damit gleich zu Beginn das bisherige NATO-Ziel von zwei Prozent der Wirtschaftsleistung erreichte. Insgesamt erhöhte Schweden in den vergangenen zehn Jahren seine Aufwendungen fürs Militär auf mehr als das Doppelte, berechnete das Stockholmer Institut.
Am Beispiel der Ukraine, die gemessen am Staatshaushalt die höchsten Rüstungsausgaben weltweit hat, rechnete SIPRI auch die Verwendung der Ausgaben vor: So plante das Land Anfang 2024 für seinen Abwehrkrieg gegen die russische Invasion 74 Prozent der Verteidigungsausgaben für Personal und nur 23 Prozent für Beschaffung und Instandsetzung von militärischem Gerät ein. Eine Haushaltsaufstockung Mitte vergangenen Jahres wurde nur knapp zur Hälfte für neue Waffen, überwiegend aber für Sold und die Unterstützung der Familien gefallener und verwundeter Soldaten vorgesehen. Nach den Zahlen des Stockholmer Instituts lag die Ukraine mit ihrem eigenen Verteidigungshaushalt von 64,7 Milliarden US-Dollar weltweit an achter Stelle – bei Einberechnung der ausländischen finanziellen Militärhilfe von rund 60 Milliarden US-Dollar vor allem aus den USA und Deutschland wäre das Land auf dem vierten Platz.
Einen gegenläufigen Trend verzeichnete Afrika südlich der Sahara, wo die Militärausgaben 2024 im Vergleich zum Vorjahr um 3,2 Prozent und im Vergleich zu 2015 sogar um 13 Prozent fielen. Verantwortlich dafür war nach Angaben von SIPRI neben Nigeria und Äthiopien vor allem Südafrika: Dort sanken die Rüstungsausgaben das vierte Jahr in Folge auf inzwischen 2,8 Milliarden US-Dollar – 6,3 Prozent weniger als im Vorjahr und ein Viertel weniger als 2015. Grund dafür ist nach Angaben des Stockholmer Instituts eine Ausgabenpolitik, die Wirtschaftswachstum und Sozialausgaben Vorrang vor den Kosten des Militärs einräumt.
Si vis pacem para bellum!
Rüsten für den Frieden. Auch das muss man sich leisten können.
Aber mit welcher Motivation rüstet z.B. China? Zur Sicherung von Handelswegen (Köhler, H. 2010)?
Und welche Motivationen unterstellen „wir“ den anderen, wenn diese aufrüsten?
Wann entsteht dann wieder das Bedürfnis nach Abrüstung, etwa so: „Eigentlich könnten wir uns das auch sparen!“
Und damit mir hier niemand mit Fehlinterpretationen kommt: Bedauerlicherweise werden wir gegenwärtig in Europa zum Aufrüsten gedrängt und gezwungen, weil an unseren Rändern revanchistische Imperialisten an der Macht sind.
Bleibt zuletzt die Frage, wann sind die „Mächte“ im Gleichgewicht?
Und wer hat ein Interesse daran, so ein Gleichgewicht zu stören, wenn es erreicht wurde?
Gibt’s für Deutschland eigentlich auch bereinigte Zahlen? Allein der inflationsbedingte Anstieg der Personalkosten und Mehraufwendungen bei den Pensionen müsste die Steigerung (abgesehen vom Sondervermögen) ziemlich relativieren.
Zukünftig sieht es ja dann eh so aus, dass nur noch laufende Kosten aus dem Haushalt, alle Investitionen aus Schulden heraus getätigt werden (>1 BIP). Der Regelhaushalt wird für Verteidigung entsprechend sinken.
Wie schnell man doch die noch vor Kurzem genannten 1,6 % vergisst. Es werden plötzlich über 2% „gescholzt“ und die „Schönrechnerei“ sogar veröffentlicht. Nunmehr spricht keiner mehr davon, einschließlich der studienführenden Institute. Damit verlieren diese für mich jede Glaubwürdigkeit.
Ich habe die Zahlen nicht zur Hand aber würde man die Zahlen von vor der „Schönrechnerei“ nehmen, wären wir immer noch irgendwo bei 1,6%,
[Was wollen Sie jetzt eigentlich zum Ausdruck bringen? Dass Ihnen die Zahlen von Bundesregierung und NATO nicht passen und deshalb nicht stimmen können, weil sie den scheidenden Bundeskanzler nicht mögen? Inhaltlich ist das ein bisschen… vage. T.W.]
Ich erkenne aus dem Text nicht, ob der vierte Platz Deutschlands nun mit oder ohne die Hilfen für die Ukraine erreicht wurde. Aber unabhängig davon, in der Kampfkraft der Streitkräfte dürfte Deutschland kaum unter den ersten zehn Staaten der Welt zu finden sein. Wieder einmal ein Hinweis, dass die Bundeswehr kein Geld- sondern ein Organisationsproblem hat.
@T.W
28.04.2025 um 11:27 Uhr
[Was wollen Sie jetzt eigentlich zum Ausdruck bringen? Dass Ihnen die Zahlen von Bundesregierung und NATO nicht passen und deshalb nicht stimmen können, weil sie den scheidenden Bundeskanzler nicht mögen? Inhaltlich ist das ein bisschen… vage. T.W.]
Ganz einfach: Noch am 8.04.2024 veröffentlichte das IW, daß in der Summe auch Lieferungen der Bundeswehr an die UKR sowie die Ersatzbeschaffungen für in die UKR geliefertes Material und gleichzeitig eingerechnet werden. Laut IW eine Doppelzählung.
Am 16.07.2024 schreibt das Kieler Institut für Weltwirtschaft noch (Zitat): „Deutschland erfüllt 2024 offiziell durchaus die sogenannte NATO-Quote, nach der die Verteidigungsausgaben mindestens 2 Prozent des BIP betragen sollen. Die von der Bundesregierung gemeldeten 2,1 Prozent kommen zustande, weil nach den NATO-Regeln die Mitgliedsstaaten Ausgaben für Pensionen, Verwaltung und Ausbildung sowie bestimmte verteidigungsnahe Ausgaben ihrer Außenministerien und anderer Ressorts – etwa für Friedensmissionen oder Ukraine-Hilfen – hinzurechnen dürfen.
Doch selbst nach Einbeziehung aller Positionen, die unmittelbar dem Verteidigungshaushalt zuzurechnen sind, im Bundesausgabenmonitor aber anderen funktionalen Ausgabenkategorien zugeordnet werden, steigt die Ausgabenquote nach IfW-Berechnungen auf maximal 1,7 Prozent des BIP. Je nach Ansatz liegen die Verteidigungsausgaben damit nur um 0,4 bzw. 0,6 Prozentpunkte höher als im Jahr 2000, als nach dem Ende des Kalten Krieges die Zeichen in der Welt auf Entspannung standen.“
Die Zahlen sind heute nicht besser. Schönrechnerei aus meiner Sicht.
Und ja, ich mag es nicht, wenn große Versprechen gemacht werden (hier zum Teil ausführlich erörtert) und dann klammheimlich eine Kehrtwende vollzogen wird. Das gilt gleichermaßen für Herrn Merz mit der Schuldenbremse und ist nicht an eine bestimmte Partei gerichtet.
@ Segestes Sie haben den Nagel auf den Kopf getroffen. Was nutzen erfüllte Prozentzahlen, wenn dahinter nicht gut ausgebildete, gut ausgerüstete, personell gut aufgestellte, hoch motivierte Bataillone, Brigaden und Divisionen stehen. Der Output ist für den finanziellen Aufwand, den wir betreiben, überschaubar. Das erinnert mich an meine Lehre in einem Großbetrieb in der DDR. Wir haben den Plan immer erfüllt. Aber der Laden und das Land waren im Eimer.
@Segetes (und Y-998201): Die Kampfkraft keiner Armee dieser Welt basiert auf den Ausgaben aus dem Kalenderjahr 2024. Dazu sollte man schon die aufsummunierten Ausgaben aus dem Zeitraum der letzten 30 Jahre – also 1995 bis 2025 – zugrunde legen. Und da wird Deutschland definitiv nicht auf Platz 4 in der Welt stehen.
Davon unbenommen besteht natürlich trotzdem der von Ihnen benannte Bedarf an Effizienzsteigerung. „More Bang for the Bug!“.
@ Nachhaltig: Ich hoffe nicht, dass unsere Bugs noch mehr Bang bekommen. Es ist so schon schwierig und kompliziert. Wenn Sie aber „More bang for the buck“ meinen stimme ich voll zu :-)
@General Dsata:
Vielen Dank für die Korrektur. Da war ich wohl nicht konzentriert genug :-)
Zitat aus dem Bericht: „The latest policies adopted in Germany and many other European countries suggest that Europe has entered a period of high and increasing military spending that is likely to continue for the foreseeable future.’ Wohl wahr.
Wenn wir uns in dem Bericht allein Europa anschauen, so ist schon einiges deutlich:
Wer die Aufrüstung ernsthaft angeht, erreicht einen Wachstum von in etwa 1/3 pro Jahr: Russland, Schweden Polen und Deutschland. Die Ukraine nimmt es natürlich auch ernst – ist aber bereits am Anschlag.
Halbherzigkeit findet man im Bereich von 5%-Aufwuchs: Frankreich, Großbritannien und USA. Die Starten natürlich von einem höheren Niveau – aber dennoch.
Wenn man davon ausgeht, dass man bei voller Aufrüstung eine Verdoppelung der Ausgaben alle 2 Jahre erzielen kann, so ist uns Russland 4 Jahre voraus. Russland selber wird sein Wachstum aber auch maximal nur noch 3- 4 Jahre aufrechterhalten können. Dann wird auch allerspätestens dort der Anschlag erreicht. Wenn man dies bedenkt, so markiert das Jahr 2029, das ja gerne mal genannt wird, in der Tat den Zeitpunkt zu dem Russland allerspätestens beim Wettrüsten seinen zeitlichen Vorsprung zu den europäischen NATO-Staaten beginnen wird, zu verlieren……
Die Zahlen sind einfach nicht aussagekräftig. 2/3 des Etats für die BW wird von der Verwaltung und Bezügen aufgebraucht. Das kann man alles im digitalen Bundeshaushalt nachlesen. Auch passt bei uns schon lange nicht mehr das Verhältnis beim BANG for BUCK. Wie viele schon seit Jahren anmerken.Unsere Ausrüstung und Munition ist exorbitant teuer. Eine Stingerrakete kosten dem Steuerzahler um die 500.000 Euro, eine Patriotrakete bis zu 3,5 Mio Euro. Wir brauchen bei der Rüstung endlich mal Skalierungseffekte, dass das Gerät und Munition viel günstiger wird.
Ja, wen wundert es noch? Was war z.B. 2014 noch mal in der UKR los?
Statt nur auf die Ausgaben zu schauen, wäre s vielleicht anschaulicher, diese mal in Relation zu den derzeit auf der Welt herrschenden bewaffneten Konflikten zu setzen. Im Prinzip gibt es derzeit nur auf zwei Kontinenten keinen bewaffneten Konflikt – Australien und Antarktis.