Krieg in der Ukraine: Drohnen als wichtigste Munition, deutsche Waffensysteme zu kompliziert
Der Vortrag, den der stellvertretende deutsche Militärattaché in der Ukraine an der Unteroffiziersschule des Heeres in Delitzsch bei Leipzig hielt, ist zwar schon fast zweieinhalb Monate her. Seine Schlussfolgerungen aus dem Krieg in der Ukraine dürften die deutschen Streitkräfte aufgeschreckt haben: Der Stellenwert von Drohnen auch und gerade als Munition ist noch höher als gemeinhin bekannt. Und: deutsche Waffensysteme sind, so das Fazit, zum großen Teil nicht uneingeschränkt kriegstauglich.
Über die Zusammenfassung des Vortrags hatten zuerst ARD und Süddeutsche Zeitung berichtet. Das Papier liegt Augen geradeaus! vor.
Als wesentliche Erkenntnis findet sich darin gleich zu Beginn die Einschätzung der Bedeutung unbemannter Systeme, insbesondere fliegender Drohnen (Unmanned Aerial Systems, UAV):
UAV ist eine beherrschende „Munitionsart“ (mit Trefferrate 50%) an der Front. … Ein vollständiges Behersschen des Raumes bis 6 km Tiefe durch UAV (LMS) [Loitering Munition Systeme, T.W.] liegt vor. Der tägliche „Verbrauch“ von UAV (FPV, Aufklärung, Electronic Warfare-Träger, „Mutter-UAV“) beträgt ca. 400 Stück, ca 4 Mio werden jährlich oft in Heimarbeit produziert, ca. 30.000 in Lagern weil durch Gegenmaßnahmen zurzeit nicht einsetzbar (oft hilft ein Softwareupdate in Bezug auf die Gegenmaßnahme). „KI übernimmt das Ruder“, da durch russische Electronic Warfare sehr oft weite Abschnitte gesperrt werden (GPS-denied areas).
Neben den fliegenden Drohnen werden allerdings auch unbemannte Transportfahrzeuge immer wichtiger. Dabei geht es um das Verlegen von Minen ebenso wie um elektronische Kriegführung und die Versorgung. Und um den Verwundetentransport. Der ist ohnehin eine große Schwachstelle, hieß es in dem Vortrag: die durchschnittliche Wartezeit auf den Transport vom Ort einer Verwundung (KORREKTUR, nicht Verwendung) zu einer Sanitätsversorgung zur Stabilisierung liege bei acht Stunden – sie könne aber auch drei Tage betragen.
Bei deutschen Waffensystemen, die an die Ukraine geliefert wurden, kommt der Vortrag zu dem Schluss: Kompliziertes Gerät bleibt ungenutzt, vor allem, wenn keine Instandsetzung durch die Truppe selbst vor Ort möglich ist. Das – bei der Bundeswehr übliche – System der Instandsetzung durch zivile Mitarbeiter sei in der Ukraine in Frontnähe praktisch ausgeschlossen. Damit seien vor allem die komplizierteren Waffensysteme Panzerhaubitze 2000 und Kampfpanzer Leopard 2A6 nur von geringem Gesamtnutzen.
Folgerichtig gilt denn auch der Flugabwehrkanonenpanzer Gepard, der in der Bundeswehr vor mehr als einem Jahrzehnt ausgemustert wurde, als das beliebteste, effizienteste und zuverlässigste Waffensystem. Auch der Jahrzehnte alte Schützenpanzer Marder sei ein sehr beliebtes Gefechtsfahrzeug ohne Einschränkung.
Je moderner das Waffensystem, um so schwieriger ist angesichts der Herausforderungen an Front-Tauglichkeit und Instandhaltung der Einsatz in der Ukraine. So gelte die Panzerhaubitze 2000 zwar nach ihren Leistungsdaten als hervorragendes Waffensystem, habe aber so hohe technische Anfälligkeit, dass Kriegstauglichkeit stark in Frage gestelt wird. Beim Leopard 2A6 mache sich ebenfalls negativ der hohe Aufwand bei Instandsetzung bemerkbar, zudem sei oft keine Feldinstandsetzung möglich.
Neben der technischen Komplexität behindern offensichtlich auch andere Faktoren den Einsatz der von der Bundeswehr gelieferten Waffensysteme an der Front. So sei der Raketenwerfer MARS zwar vor allem wegen seiner Reichweite der „Gamechanger“ auf dem Gefechtsfeld – aber die deutschen Werfer dürften nicht mit Streumunition eingesetzt werden, was sie nur teilweise durch Ukraine nutzbar mache. Das Flugabwehrsystem Iris-T in den Varianten SLM und SLS habe sehr gute Wirkung – aber einen zu hohen Preis für die Munition.
Uneingeschränkt kriegstauglich ist kaum ein deutsches Großgerät, heißt es in der Zusammenfassung des Vortrags. Als unmittelbare Lessons Learned für die Truppe werden allerdings erstmal kurzfristige Schritte für die Ausbildung in Deutschland empfohlen: Unter anderem müsse die Truppe lernen, mit langfristigem Ausfall der Funkverbindungen zu leben, die durch gegnerische elektronische Kampfführung mit stundenlangem Sperren fast aller Funkkreise und Ausfall der Satellitennavigation blockiert würden. Und: der Anteil der Sanitätsversorgung in den Übungen, so ein Fazit des Vortrags, müsse erheblich verstärkt werden: mit mehr und besserer Ausbildung aller Soldaten.
Eine weitere Erkenntnis aus dem Vortrag Ende Januar ist längst beim Generalinspekteur angekommen. UAV-Kampf und Abwehr gehören zum Fähigkeitsspektrum jedes Einzelschützen, hieß es an der Unteroffiziersschule des Heeres in Delitzsch. Vergangene Woche ließ General Carsten Breuer im Bundeswehr-internen Podcast Auf Augenhöhe mit dem Generalinspekteur erkennen, dass diese Botschaft verstanden wurde: Ich glaube, dass wir dazu kommen müssen, dass wir Drohnen als Jedermannaufgabe verstehen. … Also wenn heute jeder sein Doppelfernrohr nutzt, um damit eben auf weite Entfernungen schauen zu können, wird genau das vielleicht in Zukunft eine Drohne machen …. Und so wie heute jeder von uns mit einer völligen Selbstverständlichkeit ein Doppelfernrohr nutzt, so muss man zukünftig dann auch Drohnen nutzen.
@all
Die hinreichend schräge Debatte, weil lt. dem zitierten Vortrag in der Ukraine teils in Heimarbeit Drohnen hergestellt würden, seien alle Privatwohnungen in der Ukraine legitimes Angriffsziel, lassen wir hier jetzt einfach.
Schlammstapfer sagt: 12.04.2025 um 19:04 Uhr
Völlig korrekt. Einfache, aber allseits drohnengepanzerte StuGs zur Infanterieunterstützung wären optimal. Gibt es aber aktuell nicht. Daher: kommen T-xx basierte turtle tanks mit Zusatzpanzerung und tlw. Turmdrehbereich vorne auf ein paar Grad eingeschränkt dem Konzept aktuell am nächsten, und solche gepanzerten Feldumbauten gibt es auch großer Anzahl von beiden Kriegsparteien.
Ihr anderer Gedanke, nämlich KISS Lösungen auch auf Deutschland anzuwenden, ist zu kühn und wird der deutschen overengineering Mentalität nicht gerecht. Es MUSS der Königstiger in kleiner Stückzahl sein! Und dafür steht, dem Anschein seiner Aussagen nach, auch der Herr Pistorius.
„Bayonet Innovation Symposium“ präsentiert Spitzentechnologie und adaptive Denkweisen in der 173. (U.S) Luftlandebrigade.
Spannend an den Darstellungen von KI Anwendungen und Drohnenkriegführung vor dem Erfahrungshintergrund einer Luftlandebrigade die immerhin DIE Krisenreaktionstruppe der US-Armee in Europa darstellt ist, ein Team von drei 1st Lieutenants führt das „Bayonet Innovation Team“.
Angetrieben vom BrigKdr treibt das Team einen kulturellen Wandel hin zu kontinuierlicher Verbesserung voran – nicht nur bei der Ausrüstung, sondern auch bei der Denkweise. Dies kann sicherlich nur von jungen, hierarchisch nicht vorbelasteten Offizieren erwartbar sein?
Verbesserte Kommunikation und Datenverbreitung sind zentrale Schwerpunkte der Innovationsabsichten. „Der Einsatz von Technologien wie Starlink, neuen Funkgeräten und Rechenleistung ist unerlässlich. Wir müssen Daten von UAS-Systemen, Sensoren und Personal auf dem gesamten Gefechtsfeld erfassen.“
Ein lesenswerter Beitrag.
https://www.dvidshub.net/news/493830/bayonet-innovation-symposium-showcases-cutting-edge-technology-adaptive-mindsets-173rd-airborne-brigade
Ich war 2002/2003 in einem Art.Btl. mit PzH2000 und schon damals wurde ständig geklagt, dass immer was mit den Teilen wäre und sie kaum einsatzfähig sind. Natürlich kann ich nicht sagen, ob es sich um die gleichen Probleme handelt, aber das hat schon keinen guten Eindruck gemacht…
Ich glaube aber, man darf Hightech auch nicht generell verteufeln. Der Gepard wird ja sehr gelobt – und zur Zeit seiner Indienststellung war das auch ein Hightech-Gerät, oder täusche ich mich?
Eine neue 🇩🇪 -geführte „Capability Coalition on Electromagnetic Warfare“, bestehend aus 11 Ländern, wurde in aktueller UDCG gegründet, um 🇺🇦 beim Schutz seiner Kommunikation und der Identifizierung und Zerstörung feindlicher Kommunikation zu unterstützen und so Zivilisten und Soldaten zu schützen.
@GermanyNATO
Verteidigungsminister #Pistorius : „Die Unterstützung, die wir #Ukraine leisten, ist keine Einbahnstraße, sondern eine Win-win-Situation. Sowohl Deutschland als auch die Ukraine werden von den Erfahrungen dieser Fähigkeitskoalition profitieren.“
Wir legen uns ziemlich stark in Zeug, oder täuscht der Eindruck?
„Der tägliche „Verbrauch“ von UAV (FPV, Aufklärung, Electronic Warfare-Träger, „Mutter-UAV“) beträgt ca. 400 Stück, ca 4 Mio werden jährlich oft in Heimarbeit produziert, ca. 30.000 in Lagern weil durch Gegenmaßnahmen zurzeit nicht einsetzbar“
Ja, OK, dann produziert man durchschnittlich über 10.000 pro Tag und verbraucht 400.
Da hat jemand doch Kapazität und Produktion in einen Topf geworfen, oder?
zur HIL: Die Mitarbeiter setzen auch Baumaschinen instand. Manpower ist im Ernstfall nicht das Problem.
RUS errichtet neue Befüllanlagen für Kampfstoffe und wir diskutieren hier über Wartbarkeit und Instandsetzbarkeit. Wir brauchen Lösungen bis 2029 oder früher. Die notwendige Combat Mass erreichen wir bis dahin nur mit günstigen, massenproduzierbaren Systemen hoher Präzision. Das sind Z.B. LMS mit KI im Endgame, gedacht für den Einsatz von der Kompanieebene bis zur Korpsebene. Der Bedarf geht in den 7-stelligen Bereich. Das sind „Kampfdrohnen“, also Angriffswaffen, Weil man mit Defensivwaffen nicht das notwendige Kill-to-Cost Ratio erreicht und nicht gewinnen also letztlich glaubhaft abschrecken kann. Neben der Masse brauchen wir eine Deep Precision Strike Föhigkeit mit einer Reichweite 2000 km+. Dazwischen brauchen wir attritables. Das sind durchsetzungsfähige Jagdbomberdrohnen. Wenn die erforderliche Combat Mass erreicht ist, kann man wieder über klassisches Großgerät reden.
@ Gepard „ALso ich kenne noch das System der Materialerhaltungsstufen (MES). MES_1 war die Besatzung (techn. Dienst vor/während/nach der Benutzung, Schiessen, usw.), MES_2 machte die Versorgungsbatterie des Regiments, MES_3 war dann die spezielle Gepard-Inst.-Kp des Inst.Btl. und MES_4 die Industrie (oder so ähnlich, schlagt’s mi jetzt ned, wenn das nicht 100% so stimmt, iss ja scho‘ sooo land her… ;-)“
Das ist alles korrekt, hatte aber mindesten 2 Problems: 1. Die Klassifizierung MESt 4-5 wurde fuer den Friedensbetrieb zu niedrig (dh nicht Gefechtsfeld-Konform) angesetzt und 2. MESt 5 in der Industrie dauerte Jahre….
Cheers
@ Alteisen ? „Was sind die multikausalen Gründe für nicht verfügbare Ersatzteile (für Rüstungsgüter), wohlgemerkt unter kapitalistischen, globalen Beschaffungsbedingungen, und nicht unter den Bedingungen einer Kriegswirtschaft?“
Lagerbestaende an ET kosten (verbrauchen) BeschaffungsHH-Mittel, die der/die BMVg lieber fuer ein paar mehr Generals/Admirals-Planstellen und Staebe ausgegeben haben/s
Cheers
@ GWDL9 12.04.2025 um 21:51 Uhr
Nein, Sie täuschen sich nicht, was den Begriff „High-Tech“ anbelangt. In den 70er-Jahren war das state of the art, im heutigen Sprachgebrauch vielleicht „cutting edge“. Nach 50 Jahren Kultur- und Technologie-Wandel wäre jedoch auch eine Kultur-Kritik und Technologie-Kritik fällig.
Man könnte sich nun fragen, warum gerade ein altes Gerät wie z.B. dieser alte Flugabwehrkanonenpanzer heute in der UKR im modernen Drohnen-Krieg so sehr erfolgreich ist? Immer noch erfolgreich? Nein, weil schon ausgemustert, aber wieder! Und dieses „wieder“ ist der Punkt!
„Cutting edge“ heute ist tauglich für Messe- und Manöver-Veranstaltungen. Da funktioniert z.B. die „War-Cloud“, dieser technologische Übermut, was unter Gefechtsbedingungen aber keine Voraussetzung für Funktionalität sein darf, weil der Feind immer auch kraftvoll elektromagnetisch wirken kann.
Was sich heute unter Gefechtsbedingungen bewähren kann, muss also nicht unbedingt cutting/bleeding edge Technologie sein, sondern vor allem auch robust und ausdauernd. Wer wenig Soldaten hat, darf sie nicht auch noch durch fragiles over-engineering gefährden.
Für Drohnen als Verbrauchsmunition gilt das zuvor gesagte so nicht. Dieser Bereich ist bleeding edge par excellence. Das Problem ist, wie man dieses Zeug effizient bekämpfen/abwehren kann. Ebenfalls mit bleeding edge oder nicht ganz so bleeding? Wenn Drohnen heute schon kilometerlange Glasfaser hinter sich herziehen müssen, könnte das vielleicht auf ein absehbares Ende deuten, denn so sehr erfolgreich sind die nicht (die Bilder von Abstürzen z.B. durch verheddern will man uns zur Belustigung nicht präsentieren).
@ Mike Molto 13.04.2025 um 11:39 Uhr
> Lagerbestaende an ET kosten (verbrauchen) BeschaffungsHH-Mittel, die der/die BMVg lieber fuer ein paar mehr Generals/Admirals-Planstellen und Staebe ausgegeben haben/s
Eine doch eher monokausale Hypothese mit Unterhaltungswert, denn die Generäle/Stäbe haben das Allokationsproblem finanzieller Mittel zwar bemerkt, es aber nicht überwinden können.
Gerne noch jemand dazu?
Vielleicht Lieferketten-Problematik?
Da ist er wieder der kleine Junge, der feststellt, dass der Kaiser gar keine Kleider anhat.
Und jetzt stellen erschrocken alle Fest, dass das Material der Bundeswehr überwiegend nicht kriegstauglich ist, da die Bedienung zu kompliziert und die Instandhaltung zu komplex ist. Eine Feststellung, die spätestens seit den Einsätzen in Afghanistan und Mali jedem Vorgesetzten hätte klar sein müssen.
Seit Mitte der 90er Jahre wurde Material für eine Ausbildungsarmee im Modus „3 Schuss Einzelfeuer – Feuer frei!“ beschafft. Die Einsatzerfahrung hat gezeigt, dass dieses Material der Realität eines Gefechts nicht standhält – siehe beispielsweise Präzisionsprobleme beim G36. Beschaffungen wurden eher Industriepolitisch getrieben als Einsatzorientiert getätigt. Die Industrie konnte und musste High-End-Lösungen liefern, die nur unter enormem materiellem und finanziellem Aufwand überhaupt lauffähig zu machen und zu halten sind….
Jetzt zeigt sich, dass derartige Waffensysteme auf ILÜ’s schön ausgesehen haben, aber auf dem Gefechtsacker nicht bestehen können bzw. nicht genutzt werden. Im Fall einer Störung bzw. eines Schadens muss der Nutzer mit Bordmitteln – stumpf gesagt: Hammer und 17er Schlüssel – oder unter Hinzuziehung eines GSI-Trupps den Bock wieder Flott bekommen können und nicht erst auf den Schirrmeister mit Diagnoselaptop warten müssen….
Aber erst der stellvertretende Militärattaché der Ukraine muss kommen und uns sagen, dass der Kaiser gar keine Kleider anhat….. schon traurig.
Ich habe ja noch die leise Hoffnung, dass sich im BMVg und der nachgeordneten Beschaffungsorganisation jetzt zügig die Erkenntnis durchsetzt: Keep it short and simple.
Diese ganze Diskussion wird mir teilweise zu „verschnupft“ und „angefasst“ geführt.
Einer der Kommentatoren hatte ja hier sehr schon die Auflistung gepostet was die Ukrainer an welchem Waffensystem zu bemängeln haben. Daraus lässt sich erstens ableiten: kein System ist perfekt. Was logisch ist.
Zweitens ist die Liste das was sie ist. Eine Auflistung der im Kampf gemachten Erfahrungen.
Auch richtig ist, dass unser Material da in einem Krieg eingesetzt wird, der so – bundeswehrseitig – nie geplant war.
Sämtliches Gerät (abseits des seit ~2005 für die Auslandseinsätze beschafften) das wir haben und hatten ist auf die Abwehr einer hochmechanisierten, angreifenden Streitkraft ausgelegt. Für ein hochintensives Gefecht überschaubarer Dauer im Kalten Krieg. Ziel: jedes System soll vor eigenem Ausfall so viel Schaden wie möglich anrichten. Unsere Panzer (insbesondere Leo1) sollten spähen, schießen und weglaufen. Unsere Artillerie einzelne Feuerschläge abgeben und sich dann schnell verziehen usw. usf.
Jedes militärisches System ist halt für eine gewisse Doktrin gedacht.
Nur kann die Ukraine diese Doktrin nicht abbilden, vor allem nicht jede davon.
Wenn man US-Foren liest unterstellen da auch alle Kommentatoren den Ukrainern komplett Unfähigkeit weil sie so viele Abrams verloren haben. Was sie vergessen ist, dass die Ukrainer halt nicht die – bei sonstigen M1-Einsätzen – gegebene Lufthoheit und -nahunterstützung haben.
Wichtig ist, dass wir daraus die richtigen Rückschlüsse ziehen. Und einer der wichtigsten lautet: Egal was wir beschaffen oder kaufen oder bauen: wir brauchen mehr davon als wir lange dachten.
Ein weiteres Argument dafür, dass einfaches Gerät, welches „gut genug“ funktioniert und häufig verfügbar ist, immer einem komplizierten Gerät, welches „sehr gut“ funktioniert, aber häufig nicht verfügbar ist, vorgezogen wird.
Wer Goldrandlösungen kauft und einsetzt, produziert teure Hochwertziele und ist dann eben ggf. mit einfachsten Mitteln konfrontiert, die allerdings sehr effektiv wirken. Und wer sich im Frieden großzügig auf die Industrie abstützt, sodass er im Krieg kaum noch etwas selbst kann, muss sich auch nicht wundern, wenn wartungsintensives Gerät sich dann nicht gerade durch hohe Einsatzbereitschaft auszeichnet.
Das Einzige, worauf ich bei unseren Hochwertgeräten nichts kommen lasse, ist die eingebaute Survivability für die Besatzung. Da haben Leopard II usw. schon durchaus abgeliefert.
Wenn ich mich richtig an meine Bw-Zeit in den siebziger Jahren erinnere, wurde die Einsatzreife eines Waffensystems dann bescheinigt, wenn die Voraussetzungen für den uneingeschränkten Betrieb gegeben waren, von der Ausbildung bis zur Versorgungsreife. Im Falle der Ukraine hingegen wurde z.B. ein buntes Sortiment von z.B. Panzern geliefert, französischen, britischen, tschechisch-sowjetischen, polnisch-sowjetischen usw. Ursprungs. Die Einrichtung der Versorgungskette für ein Waffensystem ist schwierig genug, erst recht für ein Sammelsurium. Insofern kann man die in Rede stehenden Probleme einzelner Waffensysteme nicht deren funktionellen Eigenheiten zuordnen, sondern den Umständen ihres derzeitigen Einsatzes. Gewiss hat ein simples System Vorteile, die aber ein komplexes System jedoch nicht automatisch abwerten. Außerdem nimmt die ukrainische Armee tiefgreifende Modifikationen wie z.B. das Anbringen von Zusatzpanzerungen am Turm des L2 vor, deren Gewicht den Drehmechanismus zweifellos zusätzlich belastet und verschleißt. Abgesehen davon muss man sich schon wundern, dass sich die Ukraine über die Kosten eines FlARak-Systems beschwert, das ohnehin aus einen deutschen Sonderfonds finanziert wird. Man muss eben immer was zu Meckern haben.
praedator sagt: 13.04.2025 um 16:19 Uhr
@ GWDL9 12.04.2025 um 21:51 Uhr
Ich glaube aber, man darf Hightech auch nicht generell verteufeln. Der Gepard wird ja sehr gelobt – und zur Zeit seiner Indienststellung war das auch ein Hightech-Gerät, oder täusche ich mich?
Nein, Sie täuschen sich nicht, was den Begriff „High-Tech“ anbelangt. In den 70er-Jahren war das state of the art, im heutigen Sprachgebrauch vielleicht „cutting edge“. Nach 50 Jahren Kultur- und Technologie-Wandel wäre jedoch auch eine Kultur-Kritik und Technologie-Kritik fällig.
Oh doch, sie täuschen sich beide: Gepard = Wanne/Motor/Mechanik vom Leo1, kein Hightech, Kanonen kein Hightech, die Radare (Suchradar & Folgeradar) state-of-the art, aber auch kein echtes Hightech, und nu der Kern: der Feuerleitrechner = analoge Rechenanlage, das gab’s schon im 2.WK, ist also auch kein Hightech der 70er Jahre! (Die digitalen Rechner hatten lange Zeit u.a. das Problem des „Zuckens“, es konnten damit keine sauberen, glatten Zielverfolgung gemacht werden, und dann gibt’s nur Löcher in die Luft…). Die FNA (Fahrzeugnavigationsanlage) war recht interessant und evtl. Hightech zu der Zeit: Man hat von einem Messpunkt aus der Karte mittels Bewegung den Standort interpoliert, das kann funktionieren, muss aber ned… Gab halt noch kein GPS.
Die funktionierende Integration aller Komponenten in einem bezahlbaren Kampf-Fahrzeug war sicherlich die herausragende technische Leistung und besser als alles andere, was so weltweit zu der Zeit hergestellt wurde…
Hier wurde andererseits gesagt, er wäre „einfach“ — nein, ist er nicht! Die analogen Rechner (Uhrwerke) sind alles andere als einfach, sehr wartungsaufwändig. ABER: Er war/ist robust. Die Erfahrung zeigte: Wenn er lief, dann lief er tagelang im Dauerbetrieb, dafür war er auch ausgelegt.
Danke, VG, NG.
Mike Molto sagt: 13.04.2025 um 11:21 Uhr
Das ist alles korrekt, hatte aber mindesten 2 Problems: 1. Die Klassifizierung MESt 4-5 wurde fuer den Friedensbetrieb zu niedrig (dh nicht Gefechtsfeld-Konform) angesetzt und 2. MESt 5 in der Industrie dauerte Jahre….
Tja, deshalb hatte ich bewusst MES4-5 ausgelassen, nicht wirklich meine Baustelle. Und man kann das System ja verbessern. Nur: Heute ist es doch so, dass sich z.B. die Lkws in MES2 monatelang bei der örtlichen Mercedes-Werkstatt die Reifen platt stehen. Hat ja keine Prio — Lkws bei der Spedition oder in der Wirtschaft müssen rollen, um Geld zu verdienen… In der Ausbildung der Truppe fehlen sie aber.
VG, NG.
Mit der Drohnen-Euphorie wäre ich vorsichtig. Sollte sich die Laser-Flugabwehr technisch erheblich weiterentwickeln, was nicht ganz unwahrscheinlich ist, pflückt man in Zukunft die Drohnen praktisch zum Nulltarif (außer dem Energieeinsatz) vom Himmel. Wie störanfällig sie sind, sieht man an den Glasfaser-Lösungen; wie viele bei einem EMP überhaupt in der Luft bleiben, dürfte spannend sein. Insofern würde ich nicht zu einseitig auf diese Technologie setzen.
Zum Drohnenheimarbeitspunkt würde ich würde nur mal anregen, Kommentare nicht immer böswillig zu verstehen. Nicht jeder ist gleich ein feindlicher Agent, der schwierige Punkte zur Sprache bringt.
Ich hatte darüber auch noch nicht nachgedacht, aber ja, wenn man Waffenproduktion in Wohnhäuser verlagert und Waffenwerkstätten legitime Angriffsziele darstellen, dann schafft man sich hier neue Probleme und nähert sich dem Konzept totaler Krieg an. (Analog, wenn Zivilisten ermuntert werden feindliche Truppenbewegungen zu melden.) Das sind alles Maßnahmen aus der Verzweiflung heraus, lassen aber die Grenzen verwischen. Und das zu sagen heißt bei mir NICHT, russische Bombardierungen zu legitimieren. Aber genug OT.
Es geht darum, was wir tun können, um solche Maßnahmen nicht ergreifen zu müssen.
Und schön wenn jetzt auch offiziell deutlichere Sprache gesprochen wird. Kosten Nutzen unserer Systeme ist sehr gering. War bekannt, jetzt nach 3 Jahren Krieg wird es offiziell zur Kenntnis genomnen, schöner Anfang.
Den Gedanke von gemeinnütziger Rüstungsproduktion finde ich interessant, würde ich unterstützen (glaube aber kaum, dass das aufgegriffen wird). Aber auch staatliche Rüstungsunternehmen wäre vielleicht mal eine Überlegung wert, wenn man es schaffen kann, sie von extravorschriften aller Art frei zu halten. Ich glaube es gibt hier Menschen, die bereit wären da auch für weniger Lohn zu arbeiten, wenn es dafür Sinnstiftend ist.
In jedem Falle wäre das KISS Prinzip ausschlaggebend. Masse an robusten, einfachen Systemen. Bedienbar und wartbar von einfachen Soldaten. D.h. heißt jetzt vor allem Drohnen, Drohnen, Drohnen.
Und Drohnenabwehr: Ja gerne irgendwann auch Lasertürme, aber in der Ukraine werden aktuell erfolgreich Schrotflinten für die Nahabwehr eingesetzt. Ist sowas hier auch denkbar, oder muss das im Falle des Falles Privat beschafft werden?
Für Inspiration was low cost so alles möglich ist, kann man übrigens einfach mal „automatic turret“ googeln.
Da stößt man dann auf Projekte wie sowas:
https://hackaday.io/project/165350-anti-drone-gun-turret
Macht die Bundeswehruniversität eigentlich soetwas? Wenn ja, höre ich nichts davon.
Wie lange dauert es, Techniker so auszubilden, dass sie fähig sind, unsere aktuellen Gefechtsfahrzeuge (Panzer, Schützenpanzer, Artillerie, Flak) unter Feldbedingungen zu reparieren?
Lassen sich unsere aktuellen Gefechtsfahrzeuge überhaupt unter Feldbdingunen reparieren? Ich meine Fahrzeuge, die so stark beschädigt ist, wie jene, die aktuell in der Ukraine in frontnahen Reparaturplätzen repariert werden. Frontnahe Feldlager und alle Einrichtungen zur Unterstützung von Truppen sind genauso gefährdet wie Truppen an der Front.
Wie lange würde unsere Industrie brauchen um Totalverluste an Gefechtsfahrzeugen zu ersetzen?
Wie lange dauert es eine komplett grüne Crew an einem unserer aktuellen Gefechtsfahrzeuge (Panzer, Schützenpanzer, Artillerie, Flak) so auszubilden, dass sie das Waffensystem unter Gefechtsbedingungen sicher beherrschen?
Mal angenommen, wir sind gezwungen einen Abhutzungskrieg zu führen, wie groß sind unsere Chancen, die zu erwartenden Verluste auch an Fahrzeugbesatzungen und technischem Personal so schnell zu ersetzen, dass davon immer ausreichend viele in den Einsatz geschickt werden können?
Die Antworten darauf lauten vermutlich in jedem Fall: Zu lange.
Von den unzureichenden Munitionsreseven noch gar nicht zu reden.
Wir sollten doch aus unserer eigenen Geschichte gelernt haben, dass Qualität zwar einen hohen Stellwert hat, dass sie aber durch hohe Stückzahlen geschlagen werden kann. In der Zeit, in der die deutsche Industrie einen Kampfpanzer Panter baute, bauten die Sowjets acht T-34. Am Ende sind viele Hunde des Leoparden Tod.
Also mal angenommen, Putin entscheidet sich tasächlich, nach der Kapitulation der Ukraine, dafür, die Entschlossenheit der NATO zu testen. Mal angenommen er würde alle seine nun kampferprobten Einheiten mit ihrem erprobten Material in den Angriff auf das Baltikum schicken.
Wie lange könnten wir unsere Brigade, die bis dahin hoffentlich aufgehört hat, nur ein Papiertiger zu sein, mit Truppen und Material versorgen?
Oder, weil wir das vermutlich nicht können, wie lange würde es dauern, bis diese Brigade „abgenutzt“ wäre und abgezogen werden müsste?
Wären zwei Wochen ein zu optimistischer Zeitraum?
Vielleicht könnte unser Hausherr ja bei der nächsten BPK mal nachfragen.
Allerdings könnte ich mir vorstellen, dass er da nicht negativ auffallen möchte. Wirklich unbequeme Fragen sind bei einer BPK ja nicht willkommen.
[Meine Güte, ohne eine kleine Pöbelei geht es inzwischen gar nicht mehr? Schon diese dümmliche Unterstellung, ich wollte bei der Bundespressekonferenz „nicht negativ auffallen“, ist so dumpfbackiger Rechtsaußen-Sprech. Lassen wir hier. Davon mal abgesehen: ich würde ja danach fragen, wenn ich auch nur die geringste Hoffnung hätte, auf diese Fragen dort eine Antwort zu bekommen. Aber in dieser öffentlichen Veranstaltung rechne ich schlicht nicht damit. T.W.]
@OFA d. Res.
„Mit der Drohnen-Euphorie wäre ich vorsichtig. Sollte sich die Laser-Flugabwehr technisch erheblich weiterentwickeln, was nicht ganz unwahrscheinlich ist, pflückt man in Zukunft die Drohnen praktisch zum Nulltarif (außer dem Energieeinsatz) vom Himmel.“
„Drohnen“ bedeutet weit mehr, als fliegende Quadcopter. Automatische Schrotkanonen, kann heute schon einfach bauen und Schrotpatronen kosten nicht gerade die Welt.
Laser die Dinge zum Schmelzen bringen, sind wiederum eindeutig Hightech und brauchen kurzfristig große Energiemengen.
Die mobilen Varianten setzen da oft auf teure (und giftige) Chemikalien, um diese Energie bereit zu stellen.
Aber auch hier gibt es Videos von Freaks, die sich Laserpistolen mit großen Batterien (auf dem Rücken) bauen, die Holz auf 10 m zum Brennen bringen. Sicher und zuverlässig ist da aber gar nichts.
Und Laser haben übrigens eine sehr begrenzte Reichweite wegen der Atmosphäre und bis jede Einheit über ihre eigene Laserkanone verfügt, würde ich erstmal auf simplere Lösungen wie Schrot setzen.
Im ersten Weltkrieg wollte Deutschland übrigens den zeitweilig massiven Schrotwaffeneinsatz der Entente ächten lassen. Wenn ein ganzer Trupp feuert, trifft irgendwas bestimmt. Und wenn man Vogelschrot nimmt, kann man das sogar ziemlich gefährdungsfrei in Zivilen Gebieten tun.
Ansonsten haben wir aber natürlich auch kompetente Optik Firmen wie Zeiss. Die freuen sich sicher über langfristige Aufträge (als Zulieferer).
Beim Gepard sticht besonders der Turmdrehkranz heraus. Die Geschwindigkeit mit der da 15 Tonnen präzise bewegt werden und das über 50 Jahre ist schon ein Meisterwerk für sich. Da kann sich manch modernes Fahrzeug mal was von abschneiden.
@Peter Eberl
Die Ukraine möchte direkt bei Diehl mehr Flugkörper kaufen. Die Kaufkraft der Ukraine ist aber sehr niedrig. Man möchte deshalb eine Produktion in der Ukraine aufziehen. Hätte für Diehl auch Vorteile im Export. Preismäßig könnte man mit Russland oder China gleichziehen. Da würden sich neue Märkte eröffnen.
Der Vorteil des Iris-T SLM liegt darin das es eben nicht dem KISS Prinzip folgt. Das tun die meisten sowjetischen Systeme, weil deren Sucher oft nur passives Radar ist oder sie gar keinen haben und vom Boden aus ferngelenkt werden. Ferngelenkte Lenkflugkörper sind zwar billig aber die ins Ziel zu lenken ist mitunter ganz schon kompliziert – oder gar unmöglich.
Die Ukraine würde zur Drohnenabwehr auch mehr an Lasern arbeiten, aber das Elektrooptische Institut liegt jetzt im besetzten Teil des Landes. Das macht es nicht einfacher.
Wer wie Schlammstapfer den SPD Politiker Pistorius verteidigt, der ist betreffend „dumpfbackiger Rechtsaußen-Sprech“ ziemlich unverdächtig. Viellicht sollten Sie mal beim Kampf-Gegen-Rechts die Kirche im Dorfe lassen; Diese aggressive, fast schon paranoide, Kampf-Gegen-Rechts Attitüde passt nicht gut für einen Militär-Blog. Die Angehörigen von Polizei, Zoll und Militär, die ich kenne, sind meist (nicht immer) politisch eher rechts als links orientiert, und bei Theologie-Studenten, Kriegsdienstverweigerern und Journalisten ist es meist (nicht immer) umgekehrt. Das ist auf der ganzen Welt normal so und darf sein. Ihre Einschätzung, das die Frage von Schlammstapfer ein klein wenig naiv wäre, scheint mir allerdings zu stimmen.
[Schlammstapfer hat mir persönlich vorgeworfen, aus politischer Opportunität bestimmte Fragen in der Bundespressekonferenz nicht zu stellen. Dass Sie diese persönliche Beleidigung unterstützen, zeigt, dass Sie die aggressive, fast schon paranoide Hass-Haltung gegen Journalisten ebenfalls verinnerlicht haben. Ich würde doch sehr darum bitten, die hier nicht so raushängen zu lassen. T.W.]
Die Rede von Gen a. D. Trull zur Kommandoübergabe der 14. PzGrenDiv im Jahre 2005 ist ja sicherlich hinlänglich bekannt. Diesbezüglich haben wir (bzw. unsere Mandatsträger) 2022 im Grunde erkannt, dass unsere Pippi-Langstrumpf-Welt der Außen- und Sicherheitspolitik krachend zusammengebrochen ist und sind gerade dabei, alte Strukturen für LV/BV neu zu erfinden. Nach Trull wären wir dann frühestens 2032 in der Lage, an eine OpFührung „wie früher“ zu denken, wahrscheinlich aber noch später.
ALL unsere aktuelles Großgerät wurde konzipiert oder mindestens modernisiert, als die Streitkräfte und die Industrie aufgrund der „Friedensdividende“ unter massivem finanziellen Druck stand. Mir hat der beispielsweise ein Referent der Abteilung Kampf (u.a. Leopard 2) einmal erklärt, dass man bis ungefähr 2017 um jeden Cent feilschen musste, da die politische Führung keinen Nutzen mehr im KPz sah; maximal Obsoleszenzbesietungen kamen durch, aber noch nicht einmal eine Neuauflage von Verbrauchsgütern, wie Zahnkränzen etc.; anderen Abteilungen in KOBLENZ wird es da sicherlich nicht anders ergangen sein. Was sollen diese Systeme denn nun ernsthaft im Gefecht leisten?
Zudem wurden wesentliche Säulen (siehe Inst) privatisiert, um Geld zu einzusparen und/oder so lange transformiert, bis sie selber nicht mehr wussten, welchen Auftrag sie eigentlich einmal erfüllen sollen.
Die Industrie wird sicherlich ihre Lehren aus den Meldungen aus der UKR ziehen und Lösungen, wenn denn überhaupt noch möglich, vorschlagen. Was die Strukturen betrifft, so bin ich mir noch nicht ganz sicher. Denn mittlerweile stehen wir in einem Verteilungs- und Verteidigungskampf um die ganz persönliche „ökologische Nische“, in der man es sich in den letzten 25 Jahren bequem eingerichtet hat. Es wird schwer, diesen Geist aus dem Geschäftsbereich BMVg auszutreiben…
@ Lukan @ all
„aktuell erfolgreich Schrotflinten für die Nahabwehr eingesetzt. Ist sowas hier auch denkbar, oder muss das im Falle des Falles Privat beschafft werden?“
Erlaube mir, auf die geringe Reichweite von Schrotwirkung gegen haertere Ziele merkwuerdig zu machen. Uerber 50m gibt es nur den Kill mit Gauge 8 – und dann ist die „Garbenwirkung“ nicht mehr gross.
Cheers
@Schlammstapfer: „“Wie lange dauert es eine komplett grüne Crew an einem unserer aktuellen Gefechtsfahrzeuge (Panzer, Schützenpanzer, Artillerie, Flak) so auszubilden, dass sie das Waffensystem unter Gefechtsbedingungen sicher beherrschen?““ Die Frage suggeriert, dass die Männer und Frauen ohne technisches Vorwissen in den Kampfpanzer geseteckt würden. Die hohe Kunst der Personalführung in einer Wehrpflichtarmee besteht aber in der optimalen Ausnutzung ziviler Vorkenntnisse und Begabungen. Es ist ein enormer Unterschied, ob man vier Abiturienten ;-) oder einen Mechatroniker, einen Berufskraftfahrer, einen Unteroffizier d.R. u. Gamer und einen Elektroniker zu einer Panzerbesatzung trainiert! Die Ukraine hat mit Kriegsbeginn ganze Hörsäle Elektrotechnikstudenten in die EloInst oder in Drohnenwerkstätten eingezogen. Und man hört, dass aus einem guten Gamer in wenigen Wochen ein guter FPV-Drohnenführer werden kann. Und: Es gibt ja schon tausende Leute, mit ziviler Drohnenerfahrung. Im VdRBw bilden sich „Arbeitskreise Drohne“. Die Armee der Zukunft braucht eben den Mix aller Fähigkeiten und Ausbildungen. Durch die Wehrpflicht kommen Talente in die Armee, die sonst niemals als Mannschafter oder Unteroffiziere dienen würden. Und dann schafft man auch die moderne Technik.
Auch andere haben Probleme mit Zuverlässigkeit und Wartung:
source: https://www.stripes.com/theaters/asia_pacific/2025-04-15/f-35b-iwakuni-marine-corps-shikoku-17474376.html
@Schlammstapfer
Deutlicher und richtiger geht’s kaum.
Um @Windlicht dennoch eine Idee des Gefechts für „Combat Ready einer Greenhorntruppe“ zu geben, wenige Hinweise.
EIN (!) Gefechtsfahrzeug ist nichts, ist KEIN Gefechtsfahrzeug, gleich welche Truppengattung.
Wenn also eine Panzerbesatzung nach 6 Monaten Einzel- und Besatzungsausbildung im Team, der Panzerbesatzung, funktioniert, ist das ein guter Einstieg in die Ausbildung des Zuges mit 3 Monaten und an- wie abschließend der Ausbildung im Kompanierahmen.
Zusammengefasst also 12 Monate, damit die Männer gemeinsam (!) mit ihren Vorgesetzten alles Erforderliche erlebt haben.
Diese Zeitangaben gelten für Friedensbedingungen. In der Krise, also im Zustimmungs- und Spannungsfall bleiben es dennoch 9 Monate.
Jede Kurzausbildung schafft Misserfolge, verursacht unnötige Verluste, untergräbt den Gefechtswert der Truppe.
@KPK
„Jede Kurzausbildung schafft Misserfolge, verursacht unnötige Verluste, untergräbt den Gefechtswert der Truppe.“
Ja, aber die Frage ist dann doch: trete ich überhaupt an, auch mit einer vielleicht nicht optimal ausgebildeten Truppe, oder trete ich nicht an, da die Ausbildung zu kurz wäre ? Von Spannungs- auf Verteidigungsfall kann es schnell gehen, da müssen ggf. auch Defizite in der Ausbildung hingenommen werden wenn sonst die Truppe erst „combat ready“ wäre wenn der Feind schon am Rhein steht, überspitzt gesagt.
Klar – Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten schafft Sicherheit aber manchmal muß man aus der Not heraus die Kameraden in das kalte Wasser werfen. Wichtig wäre dann die Mischung mit erfahrenen Kameraden die die Newbies anleiten, quasi als sog. Korsettstangen in den Trupps und Zügen.
Davon ab: wer wäre vom vorgelagerten Bereitschaftsfall überhaupt betroffen ? Und was folgt aus einer Feststellung (durch die BReg) ? Viel Information zu diesem Thema gibt es wohl leider nicht.
Auch der Marder und der Gepard galten bei ihrer Einführung als anfällig, letzterer als zu komplex und viel zu teuer. Heute sind sie ausgereift und gelten quasi als Musterknaben.
Die PzH 2000 ist ebenfalls ausgereift und in dem, wofür sie konstruiert wurde (schneller Stellungswechsel, Entlastung der Besatzung, hohe Feuergeschwindigkeit), nachwievor an der Weltspitze. Aber man muss sie eben vernünftig warten und im Geschütz Ordnung halten, insbesondere letzteres wird bitter bestraft, wenn dort etwas herumfliegt und in den Munitionsfluss gerät. Letztlich steht und fällt alles mit den Ersatzteilen – da müssen ganze Baugruppen vorgehalten werden, die man im Gefecht fix ersetzt, das defekte Bauteil „nach hinten“ liefert, es dort instandsetzt und wieder dem Ersatzteilkreislauf zuführt. So ist es schon seit den 80ern gedacht, Stichwort „REMUS“ (Rechnergestütztes Einheitliches Mess- und Prüfsystem) und hätte wohl auch funktioniert.
@Thomas Melber
Was ist ein „vorgelagerter Bereitschaftsfall“, Eigendefinition?
GG kennt den Zustimmungs- und Spannungsfall, natürlich folgend den Verteidigungsfall.
Notstandsgesetzgebung ist eindeutig.
Die NATO noch den Bündnisfall nach Artikel 5.
@KPK
Der Bereitschaftsfall ist niederschwelliger als der Spannungsfall somit m.M.n. diesem vorgelagert:
https://www.gesetze-im-internet.de/wehrpflg/__6.html
https://www.gesetze-im-internet.de/wehrpflg/__48.html
Windlicht sagt: 15.04.2025 um 16:08 Uhr
Sorry: ROTFL (oder besser weinend)… DA war die Bw noch nie gut drin. Ich kenne einige Fälle aus den späten 80zigern, wo z.B. der frische, voll ausgebildete Flugzeugmechaniker in die PzGrenTr eingezogen wurde :-(
Gna-den-los! Naja, hoffentlich waren diese Erlebnisse nur negative Einzelfälle und heute geht’s besser. Ich denke zwar immer positiv aber ich habe leider meine Zweifel.
Danke, VG, NG.
Kritik an der Zuverlässigkeit unserer Waffensysteme: Vielleicht kann die Industrie ja als Erkenntnisgewinn aus in der Ukraine festgestellten Schwächen Verbesserungen und/oder Vereinfachungen vornehmen. Was ich in der ganzen engagierten Diskussion hier vermisse, ist die kritische Hinterfragung, ob unsere Waffensysteme von den Ukrainern auch tatsächlich so eingesetzt werden, wie man es ihnen in den Crashkursen bei der Bundeswehr engagiert beizubringen versuchte. Das der Leo 1 eine schwache Panzerung hat, war von Anfang an bekannt, Wie unsere Panzer eingesetzt werden sollen,, wissen wir hier auch alle. Wenn ich aber lese, dass die Ukrainer den Leo 1 auch als „Hilfsartillerie“ – was heißt das eigentlich – einsetzen, befürchte ich, dass einiges Gerät zerschossen wird, weil die Ukrainer es zweckwidrig benutzen. Hat da jemand genauere Erkenntnisse? Da muss man mit den Ukrainern auch mal offen freundschaftlich reden – und ich denke, das passiert auch.
Und ich frage mich, ob solche Meldungen vielleicht auch von „interessierten“ Verbündeten gestreut werden, um mit ihren Waffen besser ins Geschäft zu kommen – ich denke da an unsere westlichen Nachbarn, die im Vergleich zu uns herzlich wenig Equipment in die Ukraine liefern.
@T.W.
Sie zu beleidigen war wirklich nicht meine Absicht. Ihre Erklärung, hinsichtlich kritischer Fragen in der BPK akzeptiere ich. Auf keinen Fall würde ich Ihnen politische Opportunität unterstellen. Nach dem ich ein gerütteltes Maß an Ausschnitten von BPK’s gesehen habe, ist bei mir der Eindruck entstanden, das dort wirklich kritische Fragen nicht gestellt werden und ich habe mich gefragt woran das liegen könnte.
Wenn Sie meinen Kommentar als beleidigend empfunden haben, entschuldige ich mich hiermit bei Ihnen.
Ich schätze Ihre Arbeit sehr.
Ihr Schlammstapfer
@Windlicht
Um das Missverständnis zu korrigieren. Ich suggeriere hier nicht. Meine praktischen Fragen bezogen sich auf den hypothetischen Fall, dass unsere Bundeswehr in einen Abnutzungskrieg, wie den in der Ukraine, hineingerät.
DIe Frage bezog sich auf den Zeitraum der Ausbildungslänge, von dem Tag an dem komplett grüne Soldaten ihr Waffensystem zum ersten mal kennen lernen, bis zu dem Tag an dem sie es sicher beherrschen.
Und, um auf die Inst zu kommen, wie lange dauert es bis bei einem Mechanikerlehrling, der vielleicht schon ein bisschen an seinem Moped geschraubt hat, bis der gelernt hat einen Leopard Motor unter Feldbedingungen zu reparieren?
Ich fomuliere beide Fragen unter dem Eindruck, dass es in einem Krieg, wie dem in der Ukraine, keine sichere Etappe zu geben scheint, Es gibt auch keine sicheren Produktionsstätten. Sowohl die Kampftruppe an der Front, als auch die Kampfunterstützer hinter der Front erleiden Verluste.
Wenn ich die Antworten (Danke an alle) richtig verstanden habe und auf meinen hypothetischen Fall anwende, dann erfordert die Komplexität der Waffensysteme Ausbildungszeiten, die in Monaten (eher Jahren) gemessen werden. Zeitgleich sorgt unser aktuelles Rekrutierungssystem dafür, dass die verfügbare Mannschaftsstärke, im Ernstfall „abgenutzt“ wäre, bevor neues Personal mit der Ausbildung fertig sein kann. Was aber nur hypothetisch ein Problem ist, weil die Industrie ohnhin nicht in der Lage wäre, die Gefechtsbedarfe an Ausrüstung, Ersatzteilen und Munition zeitnah zu liefern.
Deshalb trete ich hoffentlich niemand auf die Zehen, wenn ich feststelle, dass es so, wie es bislang gelaufen ist, nicht weitergehen kann, wenn wir kriegstüchtig werden wollen.
Auch eine Wehrpflicht mit 12 Monaten, wie wir sie am Ende hatten, würde dieses Problem bei sehr komplexen Waffensystemen nicht lösen.
@Mike Molto
„Erlaube mir, auf die geringe Reichweite von Schrotwirkung gegen haertere Ziele merkwuerdig zu machen. Uerber 50m gibt es nur den Kill mit Gauge 8 “
Da das Ziel hier aus ultraleichtgewichtigen FPV Drohnen aus Plastik besteht, ist es glücklicherweise nicht gehärtet. Aber die Reichweite ist natürlich dennoch arg begrenzt. Boden Luft Raketen wäre trotzdem teurer overkill, Laser nicht verfügbar, Flakpanzer rar, Antidrohnen ebenfalls noch nicht wirklich, aber Schrot wäre einfach möglich und das schon heute.
Aber auch in der Ukraine müssen die Soldaten das Privat beschaffen (auf beiden Seiten). Die große Politik scheint universell eher bombastische Lösungen zu bevorzugen, die nur leider noch nicht verfügbar sind und der einfache Soldat deshalb mit nichts dasteht und sich irgendwie selbst behelfen muss.
Das sind übrigens aus meiner Sicht Gründe, warum ich keine Lust auf Wehrpflicht hätte. Ich würde mich verheizt fühlen. (Die Debatte „Soldaten sind ehe zum sterben da“, hatten wir erst kürzlich)
@KPK:
Der Begriff des „Bereitschaftsfalles“ wurde freilich schon im Jahr 2021 durchaus von offizieller Seite genannt und auch in diesem, unserem Medium hier abgebildet und diskutiert: https://augengeradeaus.net/2021/11/die-bundeswehr-und-ihre-reserve-jetzt-neu-mit-kundenbindung/
Da dieser Fall unterhalb der Schwelle der gesetzlich normierten bleibt, ist die Bezeichnung als „vorgelagerter Bereitschaftsfall“ durchaus zutreffend.
Die NATO selbst kennt ja durchaus auch vor Eintritt des Bündnisfalles abgestufte Kategorien betreffend die eigene Lage. Siehe „Force Protection Condition Alpha“ bis „Delta“. Das hat aber natürlich primär was mit den schon aktiven Soldaten zu tun, und nicht mit Überlegungen betreffend Wehrdienst.
Trennung und Rückkehr zum eigentlichen Thema Drohnen und Loitering Munitions:
Wenn jetzt die Leopard 2 übrigens künftig Trophy gegen Drohnen, Geschosse und RPGs bekommen, sollte man dazu auch anmerken, dass sie dadurch aufgrund der von Trophy ausgesendeten Radarstrahlung theoretisch wieder anfälliger für Raketen mit EM-Suchkopf werden können und natürlich auch auf entsprechenden Sensoren herausstechen, als hätten sie Weihnachtsbeleuchtung an.
@saarnebel
„… , weil die Ukrainer es zweckwidrig benutzen.“
Nun, unsere Waffen sind zum Führen des Kampfes der verbundenen Waffen ausgelegt, und dieser Kampf findet so in der UKR eben nicht statt. Die Überlegenheit in Duellsituationen kann der LEO gar nicht ausspielen, da es diese Gefechte sehr selten gibt. Die Frontlinie ist ja auch eher statisch, also keine Bewegungsgefechte wo die überlegene Mobilität zum Tragen käme. Das „gläserne Gefechtsfeld“ und die Luftbedrohung durch PzAbw-UAV tut ein übriges (direkte Treffer von oben auf das Turmdach oder den Motor).
Auch die PhH 2000 ist nicht dafür gedacht tagelang in der gleichen Stellung zu stehen, da tut es auch ein „normales“ Geschütz (777, o.a.).
Fazit: unsere technische Überlegenheit kann man dort nur sehr begrenzt ausspielen, was bleibt ist allerdings die Komplexität und ggf. technische Anfälligkeit.
@lukan
„…, aber Schrot wäre einfach möglich und das schon heute.“
RUS Sdt. haben eine Schrotmunition entwickelt (aufbauend auf einer AK Hülse) die das Schrotkorn erst später frei gibt um so die Kampfentfernung und damit die verfügbare Reaktionszeit zu erhöhen:
https://www.youtube.com/watch?v=0gE3CZyWpuI
https://www.youtube.com/shorts/D4DU3Woe7ew
https://www.youtube.com/watch?v=nCfpYI4qViQ
Man spricht von einer Einsatzreichweite von 100 m.
@Mike Molto
„Erlaube mir, auf die geringe Reichweite von Schrotwirkung gegen haertere Ziele merkwuerdig zu machen. Uerber 50m gibt es nur den Kill mit Gauge 8 “
@lukan
„Da das Ziel hier aus ultraleichtgewichtigen FPV Drohnen aus Plastik besteht, ist es glücklicherweise nicht gehärtet. Aber die Reichweite ist natürlich dennoch arg begrenzt“
Schrotflinten zur Verteidigung gegen FPV-Drohnen können nicht mehr als eine Notlösung sein. Die effektive Reichweite von Flinten im handelsüblichen Kaliber 12/70 oder 12/76 Magnum hängt in erster Linie von der Schrotgröße ab. Faustformel: Schrotgröße in mm mal 10 ergibt effektive Reichweite. Aber: je größer die Schrote, um so weniger sind in der einzelnen Patrone und um so löchriger wird die Garbe. Nach meiner persönlichen Einschätzung wären ca. 50g Schrot in 3,5 mm angebracht. Weitere Voraussetzung: ein langer Lauf. Die bei unserer Infanterie eingeführten „Türöffner“ (Pumpguns mit kurzem Lauf, Pistolengriff und ohne Schulterstütze) sind dazu ungeeignet.
Letztlich muss aber auch noch die Frage gestellt werden, wie die Folgen aussehen, wenn man unter 25 Metern eine Drohne z.B. mit einem RPG-Sprengkopf abschießt oder zur Detonation bringt…
@Christian B. sagt:
14.04.2025 um 23:00 Uhr
„[…]Viellicht sollten Sie mal beim Kampf-Gegen-Rechts die Kirche im Dorfe lassen; Diese aggressive, fast schon paranoide, Kampf-Gegen-Rechts Attitüde passt nicht gut für einen Militär-Blog. Die Angehörigen von Polizei, Zoll und Militär, die ich kenne, sind meist (nicht immer) politisch eher rechts als links orientiert, und bei Theologie-Studenten, Kriegsdienstverweigerern und Journalisten ist es meist (nicht immer) umgekehrt. Das ist auf der ganzen Welt normal so und darf sein. […]“
Das ist ein ziemlich harter Take – in mehrerlei Hinsicht.
„Kampf gegen Rechts“ meint nicht gegen die konservative Weltsicht (welche Sie ja mit „eher rechts als links orientiert“ meinen), sondern gegen rechtsextrem und rechtsradikal. Und ja, auch von beiden letztgenannten haben wir in Armeen vermutlich mehr als im gesamtgesellschaftlichen Schnitt. Was übrigens bedenklich ist und nicht gut im Sinne des Staatsbürgers in Uniform.
Die Bundeswehr und die anderen von Ihnen genannten Organisationen sollen unseren Staat und das Grundgesetz schützen. Damit ist der „Kampf gegen Rechts“ de facto eine ihnen inhärente Aufgabe. Denn politisch Rechte wollen diesen Staat radikal verändern.
Im Übrigen gibt es mittlerweile sehr viele Journalisten in diesem Land die doch ehr im rechten politischen Spektrum unterwegs sind.
Im Übrigen – hier lasse ich mich aber gerne vom Hausherren korrigieren – sehe ich Augengeradeaus nicht als reinen Militär-Blog, sondern sehe hier den Fokus breiter gefasst, gesamtsicherheitspolitisch quasi.
[Danke für den support; mit dem letzten Satz haben Sie recht – und damit würde ich diese Debatte gerne beenden. T.W.]
Metallkopf/Thomas Melber
Was Sie nicht sagen!
Aber nicht der „“vorgelagerte‘ Bereitschaftsfall“.
Eigenkreation.
Oder wie lautet dessen staatliche Festlegung?
@Thomas Melber
„RUS Sdt. haben eine Schrotmunition entwickelt (aufbauend auf einer AK Hülse) die das Schrotkorn erst später frei gibt um so die Kampfentfernung und damit die verfügbare Reaktionszeit zu erhöhen:
https://www.youtube.com/watch?v=0gE3CZyWpuI
https://www.youtube.com/shorts/D4DU3Woe7ew
https://www.youtube.com/watch?v=nCfpYI4qViQ
Man spricht von einer Einsatzreichweite von 100 m.“
Die Videos bringen mich zum Schmunzeln.
Das funktioniert nicht. Nicht mal auf kurze Entfernung.
Dazu brauchts auch keinen Anfängerkurs in „Innen- und Außenballistik für Anfänger“.
Da wäre jede Zwille besser zur Drohnenabwehr geeignet…
@ saarnebel 16.04.2025 um 0:04 Uhr
> die kritische Hinterfragung, ob unsere Waffensysteme von den Ukrainern auch tatsächlich so eingesetzt werden, wie man es ihnen in den Crashkursen bei der Bundeswehr engagiert beizubringen versuchte.
Ausbildung und Drill sind das eine, und der existenzialistische Kampf im Krieg ist das andere. Kriegserfahrung des Personals und Kriegserprobung des Materials lassen sich nur auf dem Gefechtsfeld erlangen. Diese Differenz zur Ausbildung und im Gebrauch des Materials hätten „wir“ zu lernen.
Bürokratie auf dem Feld ist an Voraussetzungen geknüpft. Zu diesen gehört eine funktionierende Logistik, Wartung, Möglichkeiten zum Rollieren von Personal und Material. Die Bedingungen in der UKR waren zu keinem Zeitpunkt so üppig vorhanden, wie es wünschenswert gewesen wäre.
Anstatt zu kritisieren, dass das Material überbeansprucht wurde, sollten wir vielmehr „danke“ sagen für die Materialerprobung unter realen Gefechtsbedingungen, und für die Erkenntnis, was es bedeutet, wenn theoretische Voraussetzungen aufgrund einer Mangellage in die Schieflage geraten.
Was das kritisch genug hinterfragt?
@Schlammstapfer: Volle Zustimmung, dass unser heutiges „PersGewSys“ dysfunktional und nicht zukunftsfähig ist. Wenn man aber organisationsgeschichtlich aus der Vergangenheit lernen will, dann muss man akzeptieren, dass fast alle militärischen Probleme des Personalwesens so schon einmal bestanden. Die in den 1930er Jahren sich abzeichnende Technisierung des Kriegsbildes hat u.a. dazu geführt, dass z.B. in den USA die Lehrpläne an den Military Colleges angepasst wurden (mehr Physik u. Chemie statt Reiten), in Großbritannien die Reserveoffizierausbildung an den Universitäten ausgebaut wurde und man – neben dem Nachwuchs für das FGG2 – besonders die heute sogenannten MINT-Fächer im Blick hatte und in Deutschland (über die HJ) das Sportangebot mit Segelfliegen und Motorsport massiv beworben wurde. Alle Maßnahmen, in Demokratie und Diktatur, hatten das Ziel, die Rekrutierungsbasis für technisches (Führungs-)personal deutlich zu verbreitern. EIGENTLICH müsste HEUTE über die Bildungsministerien von Bund und Ländern ein massives Förderprogramm für Drohnen- und Robotik-Arbeitsgemeinschaften an Schulen ausgerollt werden… Klassisches dual-use-Projekt mit zivilem und militärischem Nutzen… Aber wäre das politisch vermittelbar? An der Schnittstelle Kampf/Rüstung/Wissenschaft wäre im Kontext der hier geführten Debatte ein großer Unterschied zwischen D heute und GB im 2WK aber, dass damals keine Zivilklauseln existierten…
Shahed-Drohne mit „chemischer Keule“ (CS-Gas):
source: https://www.pravda.com.ua/eng/news/2025/04/16/7507845/
Diese chemische Eskalation (vorbehaltlich Verifizierung) dürfte auch Sorgenfalten im Bereich ziviler Terrorabwehr hervorrufen. Auch wenn dieser Konflikt vielleicht in ferner Zukunft mal zu einem Ende gekommen sein wird, werden Drohnen-Fähigkeiten weiterhin zur Anwendung kommen. Effektive und schnelle Drohnenabwehr wird es daher auch nach dem Krieg geben müssen, denn das Zeug kriegen wir nicht mehr in die Tube zurück gedrückt.
@Thomas Melber
Ja, die Videos kenne ich und soetwas meine ich. Die einzelnen Truppen machen selber Notbehelf.
Ganz neu jetzt – und da sollte man vielleicht genau hinschauen wie sich das bewährt, sind Drohnen, die Schrotflinten tragen und andere Drohnen jagen.
(Gerade eben beim Feind gelesen.)
https://t.me/rybar_in_english/22239
„According to the developers, the supply of these shotguns to the troops in small batches has already begun. So there is a good chance that we will soon see the first videos of successful combat use against enemy UAVs.
❗️In general, this again illustrates the role of private initiative in creating „from scratch“ the necessary means, including for combating drones. It remains to help with production and centrally introduce the products into the troops.“
Die Ukraine hat das scheinbar schon eher eingeführt und erprobt es gerade.
Wenn ich unten im Schützengraben stehen würde, hätte ich mir jedenfalls schon längst privat eine Schrotflinte besorgt. Der einzige Trost ist, dass auch Russland sehr Träge auf Innovation reagiert.
@KPK
Wie gesagt, m.M.n. ist der Bereitschaftsfall deutlich niederschwelliger als der Spannungs- oder gar der Verteidigungsfall. Was ich herausgefunden habe ist, daß der Bereitschaftsfall wohl von der BReg ohne Beteiligung des BT angeordnet werden kann.
„Eigenkreation.
Oder wie lautet dessen staatliche Festlegung?“
Wieso „Eigenkreation“? Der Ausdruck „Bereitschaftsfall“ findet sich so in den beiden Fundstellen / Paragraphen des WPflG. Zu näheren Ausführungen fragen Sie Ihren Gesetzgeber, ich habe, wie geschrieben, hierzu auch nichts weiteres gefunden.
„Zu betonen ist, dass auch während der Grundbeorderung das Prinzip der Freiwilligkeit von Reservistendienstleistungen im Frieden bestehen bleibt: • Zu Irritationen bei Soldatinnen und Soldaten führte daher, dass die Bundeswehr an verschiedenen Stellen in der Strategie der Reserve von einem „Bereitschaftsfall“ spricht, bei dem eine Heranziehung von Reservistinnen und Reservisten auch ohne freiwillige Zustimmung möglich sei. Der Terminus Bereitschaftsfall ist weder im Soldatengesetz noch im Wehrpflichtgesetz genannt. Gemeint sind damit unbefristete Übungen als Bereitschaftsdienst für den Krisenfall gemäß § 61 Absatz 3 Soldatengesetz; entsprechende Heranziehungen hierzu wären verpflichtend. Es müsste eine Lage der potenziellen Bedrohung für die Bundesrepublik Deutschland vorliegen, die aber noch nicht die Feststellung des Spannungs- oder Verteidigungsfalles verlangt. Die Bundesregierung hat bei einer solchen Anordnung ein politisches Ermessen, das von den Gerichten nicht überprüft werden kann. Derartige Heranziehungen sind zu beenden, wenn der Grund für die Anordnung entfallen ist.“
https://www.bundestag.de/resource/blob/937820/d52d8f040a6e1e3d1d4226497e498e42/jahresbericht_2022_pdf-data.pdf – wobei sich der Terminus nunmehr im WPflG wiederfindet. (ich setze einmal „Bereitschaftsdienst“ = „Bereitschaftsfall“).
@TW
Wäre dies nicht eine Frage für die BPK ?