Wehrbeauftragte stellt Personalprobleme in den Mittelpunkt: „Bundeswehr schrumpft und wird älter“ (mit Audio)
In ihrem – voraussichtlich letzten – Jahresbericht hat die Wehrbeauftragte des Bundestages, Eva Högl, vor allem die Personalprobleme der Truppe in den Mittelpunkt gestellt. Die Bundeswehr schrumpft und wird älter, warnte Högl bei der Vorstellung ihrer jährlichen Mängelliste. Aber auch beim Material gelte: Weiterhin ist für die Bundeswehr viel Geld nötig.
Bei der Vorstellung ihres Tätigkeitsberichts für das vergangene Jahr verwies die Wehrbeauftragte am (heutigen) Dienstag in Berlin darauf, dass die Bundeswehr in den vergangenen Jahren mit dem Sondervermögen von 100 Milliarden Euro zwar Großgerät habe beschaffen können, dasd Material aber noch nicht bei der Truppe angekommen sei – bedingt durch die lange Produktionszeit komplexer Waffensysteme: Die Bundeswehr hat nach wie vor von allem zu wenig, aber es gibt Fortschritte.
Wenn absehbar künftig weiter zusätzliches Geld für die Streitkräfte zur Verfügung stehe, werde es auf den Kauf neuer Technik und Technologien wie Drohnen oder Künstliche Intelligenz ankommen. Aber auch auf eine weitere Beschleunigung des Vergabe- und Beschaffungsverfahrens, sagte die Wehrbeauftragte.
Die größten Probleme sah Högl jedoch aktuell in einer Personalsituation, in der die Bundeswehr Ende vergangenen Jahres im Vergleich zum Vorjahr sogar schrumpfte und zudem der Altersdurchschnitt von 32,4 Jahren noch 2019 auf jetzt 34 Jahre gestiegen sei. Zudem gebe es die paradoxe Situation, dass 20 Prozent der Dienstposten unbesetzt seien – und es zugleich an Planstellen für Beförderungen fehle. Das steigert nicht die Attraktivität der Bundeswehr, warnte die Wehrbeauftragte.
Ein Zeichen für mangelnde Attraktivität sei auch, das zwar die Steigerung der Bewerberzahlen erfreulich sei – aber ein gutes Viertel der Freiwilligen vorzeitig den Dienst abbreche und nach wenigen Monaten aussteige. Dabei spiele längst nicht nur die Schwierigkeit eine Rolle, die jungen Männer und Frauen ihrem Wunsch entsprechend heimatnah zu stationieren: Das größte Problem ist Langeweile, warnte Högl. Wenn es zu wenig Gerät in den Einheiten und zu wenig Ausbilder gebe, fänden die Freiwilligen eben nicht das vor, was sie von ihrem Dienst bei der Truppe erwarten würden.
Deshalb wandte sich die Wehrbeauftragte auch ausdrücklich gegen eine Wiedereinführung der 2011 ausgesetzten Wehrpflicht alten Stils. Das ist weder modern noch hilft es der Bundeswehr in irgendeiner Art und Weise, ihr Personalproblem zu lösen, warnte Högl. Eine Wehrpflicht, die weder die beschränkten Möglichkeiten der Bundeswehr für Ausbildung und Unterbringung berücksichtige und zum Beispiel Frauen außen vor lasse, könne nicht zu nötigen Personalaufwuchs führen: Das ist illusorisch.
In ihrem Jahresbericht räumte die Wehrbeauftragte auch mit einem von Bundeswehr und Verteidigungsministerum eifrig genutzten Mythos auf: Die Behauptung, dass es nur eine Frage der Zeit sei, bis Frauen auch in den oberen Führungsrängen auftauchen würden, lässt sich nach Einschätzung von Högl nicht halten. Auch wenn erstmals eine Soldatin als Drei-Sterne-Generalin Abteilungsleiterin im Ministerium geworden sei, ist die Realität in den obersten Spitzenrängen nach wie vor ernüchternd. Das wird sich alsbald auch nicht ändern, denn in darunter liegenden Führungsetagen nimmt die Zahl an Soldatinnen seit Jahren nicht sichtbar zu.
Die fünfjährige Amtszeit der früheren SPD-Bundestagsabgeordneten Högl als Wehrbeauftragte endet im Mai. Eigentlich hätte eine Neu- oder Wiederwahl in diese Funktion noch vom bisherigen Bundestag vorgenommen werden sollen. Doch durch die vorgezogene Bundestagswahl und die veränderten Mehrheitsverhältnissen im Parlament läuft es absehbar nicht auf eine Verlängerung von Högls Tätigkeit hinaus (auch wenn das natürlich nicht völlig ausgeschlossen ist).
Die komplette Pressekonferenz von Eva Högl zum Nachhören:
… und, nachgetragen: der Bericht findet sich hier.
(Foto: Die Wehrbeauftragte Eva Högl, r., übergibt ihren Jahresbericht an Bundestagspräsidenten Bärbel Bas – Thomas Koehler/photothek.de)
Zum Thema Infrastruktur /Sanierungen / Neubau Kasernen:
Hierfür sind in der Regel die Bundesländer zuständig mit Ihren Planungsämtern und nicht die Bundeswehr selber. Prio hat das überhaupt nicht. Hier könnte man sinnvollerweise ansetzen mit zielgerichtetem Personal.
Und bevor alle mit einer Wehrpflich anfangen:
Wie wäre es in folgender Reihenfolge:
1. Definieren, was mit Wehrpflicht erfüllt werden soll
2. Festlegen, was des dazu braucht (Uniformen, Untersuchungen, Prozesse
3. Dann erst über eine „Wiedereinführung“ reden.
4. Machen
Ich befürchte,
es wird 3. und dann hektisches 4. und Teil 1 und 2 lassen wir irgendwie weg.
Irre ich mich, oder braucht man nur die Jahreszahl und einige Zahlen und Grafiken im Text auf den aktuellen Stand zu bringen ? Und fertig ist der neue Bericht 😎
Frau Högl hat wirklich gute Arbeit gemacht. Ich würde mir wünschen, dass der BT die Arbeit der Wehrbeauftragten mehr nutzen und die BW-Führung enger zur Abarbeitung der in den Berichten aufgelisteten Probleme anhalten würde.
@ FNU SNU
Seit Mitte 2024 besteht eine Rahmenvereinbarung, nach der die ziemlich professionell aufgestellte BIMA für den Bund bauen kann (https://www.bundesimmobilien.de/neue-vereinbarung-bima-baut-infrastruktur-fuer-die-bundeswehr-63126adc8e4d92d5). Auf der Schiene ist schon einiges in Bewegung gekommen.
Wahl zum oder zur Wehrbeauftragten im Mai dieses Jahres:
Eine Wiederwahl der jetzigen Amtsinhaberin Dr. Eva Högl im Mai wäre durchaus möglich gewesen sofern die Legislatur bis September gedauert hätte. Ich kann mich leicht daran erinnern, dass Eva Högl von einer CDU Abgeordneten und Mitglied im Verteidigungsausschuss auch schon mal (ohne Not) vorgeschlagen wurde.
Jetzt läuft es anderns und es bleibt zu vermuten, dass dies in einer Koalitionsvereinbarung (oder einer verbindlichen Nebenabsprache) verhandelt wird.
Die CDU wird darauf hinweisen, dass mit Claire Marienfeld (1995 bis 2000) letzmals eine CDU Abgeordnete das Amt inne hatte und seit dem ausschließlich Sozialdemokraten und ein FDP Abgeordenter.
Vielleicht gilt auch zu beachte, welche Partei den zukünftigen Bundesminister der Verteidigung stellen wird.
Um es mal mit C. Lindner zu sagen: „Wo ist die Nachricht?“
Kleiner Service.
Der Link zum kompletten Bericht: https://www.bundestag.de/resource/blob/1056744/d6b1b9216af9ef4cc4d2d39494ac6a36/jahresbericht_2024_11maerz.pdf
[Oh ja, pardon, hatte ich machen wollen und dann vergessen. Danke – ist inzwischen auch oben nachgetragen. T.W.]
Dazu Mal ein Verweis auf einen Artikel von Soldat und Technik mit dem Titel….
„Wie weiter in der NATO – Stärke der Bundeswehr über 300.000?“ von heute.
daraus ein Zitat…
„Fielen die gegenwärtig in Europa stationierten US-Truppen und mögliche Verstärkungen weg, könnte sich die Gesamtzahl der deutschen Brigaden sogar auf 18 verdoppeln. Da die deutschen Streitkräfte aufgrund der mittlerweile sehr tiefen Integration stets zusammen mit den niederländischen gedacht werden müssen, kämen ausgehend vom jetzigen Stand von drei voraussichtlich sechs Brigaden der Niederlande hinzu. Gemeinsam mit den Partnernationen wäre dies ein Gesamtumfang von 24. Bei Fortschreibung der jetzigen Struktur entspräche dies sechs bis acht Divisionen in zwei Korps.“
Ohne Wehrpflicht geht’s nimmer mehr!
Die Bundeswehr hat massive Defizite, die sich durch den Ukrainekrieg besonders offenbart haben:
Munition – Viel zu geringe Bestände, teils nur für wenige Tage Gefechte.
Schwere Waffen – Leopard 2, Marder & Co. wurden an die Ukraine abgegeben, eigene Bestände sind ausgedünnt.
Drohnenabwehr – Kaum Abwehrsysteme gegen Kamikaze- und Aufklärungsdrohnen.
Luftabwehr – Mangel an Kurz- und Mittelstrecken-Abwehrsystemen gegen Raketen und Drohnen.
Digitale Kriegsführung – Veraltete Kommunikationstechnik, unzureichende Cyberabwehr.
Personalmangel.
Schnelle Mobilität – Fehlende Transportkapazitäten für schnelle Verlegungen von schwerem Gerät.
Veraltete Infrastruktur – Kasernen, Depots und Treibstofflager sind unzureichend geschützt.
Schwerfällige Bürokratie – Beschaffung dauert Jahre, trotz 100-Milliarden-Sondervermögen.
Was hat die Bundeswehr aus dem Ukrainekrieg nicht gelernt?
Drohneneinsatz – Die Ukraine nutzt Drohnen in Massen, die Bundeswehr hat kaum offensive Drohnenstrategien.
Elektronische Kriegsführung – Russland setzt massiv auf Störsender, Deutschland hat kaum eigene Fähigkeiten.
Flexibilität und Improvisation – Die Ukraine repariert Panzer im Feld, die Bundeswehr braucht lange Werkstattaufenthalte.
Dezentralisierte Führung – Die Ukraine setzt auf schnelle Entscheidungen, die Bundeswehr ist stark bürokratisiert.
Bevölkerungsschutz & Reserven – Deutschland hat kaum Zivilschutzpläne für großflächige Angriffe.
Masseneinsatz einfacher Waffen – Billige FPV-Drohnen und Kamikazedrohnen fehlen.
Die Bundeswehr hat erkannt, dass sie aufrüsten muss, aber viele Lehren aus dem Ukrainekrieg sind noch nicht umgesetzt. Das wird sich auch mit einer Wehrpfilicht und 300 Milliarden Euro Sondervermögen nicht ändern.
Kein Wunder, dass die Personalstärke der Bw seit Ausrufen der „Trendwende Personal“ nicht steigt, wenn man die (offensichtlich) falschen Spitzenfunktionäre damit beauftragt und dann trotz Mißerfolg auch noch weiter befördert.
Das Ziel, 203.000 bis 2031 erreichen zu wollen ist doch mittlerweile völlig illusorisch, selbst wenn man die Wehrpflicht (peu à peu?) wieder in Kraft setzt.
Das Glas ist seit Jahren schon „halb leer“, auch wenn es immer noch „Zauberlehrlinge“ gibt, die der Truppe das Gegenteil verkaufen wollen.
Laut einer neuen Forsa Umfrage die heute morgen in der Welt zitiert wurde sind 60% der Bundesbürger nicht bereit Deutschland mit der Waffe zu verteidigen. 17% würden das sicher machen, 19% Wahrscheinlich.
Mit solchen Zahlen in der Gesellschaft wird sich am Personalproblem der Bw gar nichts ändern.
Von der benötigten Infrastruktur ganz zu schweigen.
Ich beobachte gerade den Umbau eines ! Unterkunftgebäudes in der Kaserne in der ich Wehrübung mache. Mittlerweile ist 1 Jahr rum, und das Gebäude ist innen immer noch weitgehend im Rohbau.
Das bringt mich zu einer weiteren Frage.
Will man eigentlich bei einer Wehrpflicht weiterhin auf Einzelstube setzen oder was ist der Plan?
@Küstengang01 sagt:
11.03.2025 um 18:24 Uhr
„Ohne Wehrpflicht geht’s nimmer mehr!“
Eine wie auch immer geartete Wehrpflicht wird nicht das Fehl an qualifizierten (!) Fachkräften (!) in den Laufbahnen oberhalb der Mannschaften beheben.
Denn die Erfahrungen aus der Zeit der alten Wehrpflicht zeigen, dass man aus diesem Pool nur einen kleinen Teil des Bedarfs decken kann.
Die Masse muss über direkte Neueinstellungen für diese Laufbahnen gewonnen werden.
Das dies gelingt ist auch mit einer Wehrpflicht nahezu ausgeschlossen.
Die beweisen die verzweifelten Bemühungen der Bw in den letzten Jahren… die nur einen zu vernachlässigbaren Erfolg brachten.
Und für ein wichtiges internes Problem hat die Bundeswehr keine Lösungsmöglichkeit, da NUR (!) durch die Politik lösbar. Das Problem der verfügbaren Planstellen für SaZ und BS.
Die letzten Jahrzehnte, auch unter Verteidigungsministern der CDU, kam es zu einer deutlichen Verschiebung im Dienstgradgefüge der Bw.
Dieses passt aber nicht mehr zu den von der Politik bereitgestellten Planstellen, da dies nur anhand theoretischer Annahmen erfolgt und die Praxis ausblendet! Trotz besseren Wissens!
Die Auswirkungen sind aber gravierend und führten z.B. dazu das hoch qualifizierte Offiziere im Status SaZ entlassen werden müssen, obwohl sie gerne einige Jahre verlängert hätten und kein Nachfolger in Sicht…
Mit Not konnte für 2025 gerade so abgewendet werden, dass junge OA nicht zeitgerecht zum Leutnant befördert werden können.
Aber im Haushaltsentwurf 2025 ist wieder keine Abhilfe geschaffen…
Anstatt die Planstellenzuweisung deutlich zu erhöhen, um die bestehenden Praxis-Probleme lösen zu können…
Solange die zuständigen Politiker im Deutschen Bundestag dies verweigern und nur auf die disfunktionale Theorie verweisen… kann hier die Bundeswehr nichts tun…
Mit den entsprechenden Folgen.
Aber hier beweist sich das alte Prinzip.
Für totes Kapital können die Politiker inzwischen hunderte Milliarden bereitstellen…
Für das lebende Kapital, dass ja auch angeblich „im Mittelpunkt steht“, wird von Seiten Politik, BMI, BMF auf Sparflamme agiert…
z.B.
https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/bundeswehr-kann-es-sich-die-armee-leisten-soldaten-zu-verprellen,Uf8IR98
Oder die Farce um das BBVAngG…
Hier wurde durch das BMI mit allerlei Rechentricks alles unternommen um ja nicht die Vorgaben des BVerfG so umsetzen zu müssen, wie dieses es fordert.
Davon sind ja alle SaZ und BS betroffen. Und die Zeiten sind schon lange vorbei… das diese das einfach hinnehmen… auch mit Folgen…
Zwischen Staat und Soldat besteht ein Treueverhältnis.
Wenn aber diese Treue nur von einer Seite gelebt und vor allem eingefordert wird, Stichwort: soldatisches Selbstverständnis, stimmt etwas nicht.
Nur „früher“ hat das der Masse der Soldaten einfach hingenommen.
Aber auch dies ist nicht mehr so…
Auch etwas was Politik und militärische Führung noch nicht begriffen haben…
Deutsche Soldaten sind Staatsbürger in Uniform und keine dumpfen Befehlsempfänger.
Wem dieser Grundsatz nicht gefällt, sollte in einer anderen Armee dienen.
Ich denke ein Grund für das Personalproblem ist die im Vergleich zur zivilen Verwaltung mangelhafte Besoldung der Soldaten. Zielführend wäre als erster Schritt die Einführung einer „Soldatenzulage“ analog zur „Polizeizulage“. Dies würde die speziellen Besonderheiten des Soldatenberufes erfassen.
[Hm, diese Aussage kommt regelmäßig immer wieder und wird regelmäßig von den Kennern entkräftet… vielleicht noch mal nachlesen? T.W.]
@Insider: Wenn man die genannten 17% auf die Gruppe der Männer zwischen 20 und 59 Jahren anwendet – laut Statista 22,0 Millionen – sind das auch „mal eben“ 3,74 Millionen Männer. Da nicht klar ist, ob sich die 17% nur auf Männer beziehen oder auf die gesamte Bevölkerung: im gleichen Altersband kommen noch einmal 21,4 Millionen Frauen hinzu. Bei 17% sind dies weitere 3,6 Millionen Menschen – gesamt 7,3 Millionen. Ich empfinde dies als eine durchaus beachtliche Zahl, die mit Sicherheit das Land verteidigen würde.
Die zu stellende Frage ist eher: wie schaffe ich es, aus diesem Potential von etwa 7 Millionen Menschen genügend Freiwillige zu rekurtieren, die die Bundeswehr auf Sollstärke bringen? Selbst ein Soll von 300.000 Soldaten entspricht mal gerade 4% dieser 7 Millionen.
@FNU SNU: Zuerst müsste die Truppenstärke festgelegt werden bzw. die Anzahl der Divisionen bestimmt werden, welche die BW stellen soll, wie einst in der Himmerroder Denkschrift geschehen und die dort festgelegten 12 Heeresdivisionen galten dann bis 1993.
Erst wenn ich die Truppenstärke weiß, kann man entscheiden, ob eine Wehrpflicht nur für Männer reicht oder ob ich auch eine Wehr- oder Dienstpflicht für Frauen brauche.
Modelle, wie nur Musterungseinladungen oder Fragebögen dürften unzureichend sein, wenn die BW mehr als 230.000 Soldaten umfassen soll, dies kann nur mit Dienstpflicht oder Wehrpflicht erreicht werden.
Auch mehr viel Reservisten dürften nur mit Wehr- oder Dienstpflicht zu gewinnen sein. Aber nur die alte Wehrpflicht kann durch einfaches Gesetz wieder in Kraft gesetzt werden. Für alles andere braucht man Linkspartei oder AfD. Beide Parteien werden wohl kaum eine Dienstpflicht unterstützen. So daß die Ablehnung der alten Wehrpflicht durch die Wehrbeauftrage nicht nachvollziehbar ist.
Die Pläne der CSU noch dieses Jahr 20.000 Wehrpflichtige einzuziehen dürften schon an der Realität scheitern, daß es weder Kasernen, noch Ausbilder, noch Ausrüstung & Sturmgewehre für 20.000 neue Soldaten vorhanden sind. Von Kreiswehrersatzämtern ganz zu schweigen.
Ein Kasernenbau könnte nur gelingen, wenn der Bund die Aufgabe des Kasernenbaus von den Ländern übernimmt, wie bei den Autobahnen bereits geschehen. Ansonsten wird der Kasernenbau schon an den unterbesetzten Landesbauämtern scheitern.
Interessant am Bericht der Wehrbeauftragten war vor allem, daß die BW mittlerweile auf die Idee gekommen ist(mit 14 Jahren Verspätung), daß man nicht mehr ad hoc als Freiwilliger Soldat kündigen kann, sondern jetzt einen Monat Kündigungsrist zum Monatsende oder Monatsmitte einhalten muss. Daß dadurch die Kündigungen von Freiwilligen in den ersten 3 Monaten etwas zurückgegangen sind, war zu erwarten. Allerdings verstehe ich nicht, daß die BW nicht in der Lage ist, auch einen Wehrdienst nach den alten Vorschriften der Wehrdienstzeit anzubieten, freiwillig, ohne Kündigungsmöglichkeit. Die Wehrpflichtigen konnten schließlich auch nie kündigen. Und bei den Zeitsoldaten würde ich die Kündigungsmöglichkeiten auch einschränken, z.B. auf nur 4 Monate Probezeit. Außerdem würde ich dazu raten, für das Verstreichen lassen der Probezeiten eine Geldprämie von z.B. einem Monatsgehalt anzubieten, um die Kündigungen in der Probezeit weiter zu reduzieren.
@Landmatrose3000: Ich bestreite, dass die BImA „ziemlich professionell aufgestellt“ ist. Zugegeben, das ist nur ein verbaler Rülpser, aber ich habe die Erfahrung gemacht dass die bisherige Leitung der BImA mehr Appetit hatte (hat?) als man verdauen kann. Die Projektrahmenvereinbarung ist durchaus sinnvoll, aber einen Paradigmenwechsel sollte man angesichts bundesweit begrenzter Planungs- und Baukapazitäten nicht erwarten.
@Thomas Melber: Sehe ich genauso, die Berichte der Wehrbeauftragten sind immer ziemlich austauschbar. Eine schöne Pressemeldung und Fotos einmal im Jahr, und ein gut bezahlter und unter Abgeordneten begehrter Posten.
Generell: „Die Bundeswehr schrumpft und wird älter“. Stimmt – zumindest das ist nett, dass diese zutreffende Schlagzeile in die öffentliche Diskussion eingebracht wurde.
@Felix2 sagt:
12.03.2025 um 8:51 Uhr
@Küstengang01 sagt:
11.03.2025 um 18:24 Uhr
„Ohne Wehrpflicht geht’s nimmer mehr!“
…Eine wie auch immer geartete Wehrpflicht wird nicht das Fehl an qualifizierten (!) Fachkräften (!) in den Laufbahnen oberhalb der Mannschaften beheben….
Oh doch! Das hat Jahrzehnte gut funktioniert das da junge Männer ihren Dienst als GWDL’er antraten und als BS oder SaZ wieder aus dem Dienst ausschieden.
Ich kenne jemanden der ist mit 17 als GMDL’er zur Marine gekommen und mit 55 als BS gegangen… alle Laufbahngruppen durchlaufen vom Mannschafter über den Uffz, PUO zum MilFD Offizier und hatte zur Pension auch den Kommandantenstern an der Geige.
Insbesonders die Marine hat immer von Weiterverpflichtungen gelebt. Einheit macht ne geile Reise z.b. in die Karibik, da bildete sich flott ne Schlange vor der Wachtmeisterei und der Wachtmeister verkaufte Weiterverpflichtungen. Auf meiner Einheit gab’s Wochen da wurde ein Kleinbus voll gemacht um die Leute nach WHV zu Karren damit die ihre Maaten oder Bootsmann Eignungsfeststellung durchlaufen konnten.
Und eins ist Fakt! Zu Zeiten der Wehrpflicht gab es keine unbesetzten SaZ und BS Dienstposten, da gab es durch die Bank wech für jeden Dienstposten mehr Bewerber als Stellen.
Da kam Schütze Mustermann zum Dienstantritt. Einfach weil er noch keinen Plan im Leben hatte oder keinen KDV Antrag gestellt hatte. Dann stellt er fest, Mensch das erste Mal im Leben wird Leistung gefordert aber auch gefördert. Das erste Mal wird ihm auch Mal Verantwortung überzragen und vielleicht auch das erste Mal das er Lob und Anerkennung von Respektspersonen bekommt.
Sagt sich Obergefreiter Mustermann, warum nicht bleiben und noch ein paar gute Ausbildungen mitnehmen… und Ratz Fratz ist er Uffz FA Mustermann.
Ohne Wehrpflicht hätte er sich wohl nie mit dem Soldatenberuf beschäftigt… hätte nie den Fuß in ein KarrC gesetzt und hätte nie eine Bewerbung abgegeben.
Wehrpflicht generiert Nachwuchs!
@ Küstengang
„Früher“ (TM ;)) hatte Deutschland aber auch keine umgekehrte Pyramide als Bevölkerungsstruktur und Urlaube auf den Seychellen, Malediven oder auch ganz prosaisch „Malle“ waren auch nur für die obersten 10% der Bevölkerung möglich. Heute sind da ganz andere Sachen möglich und für viele auch längst passiert. Ich habe arge Zweifel, daß man heute noch mit einem Karibiktrip allein groß Personal generieren könnte. Oder wie es meine Nichte letztes Jahr zum Thema Urlaub sagte: „Schon wieder an die Ostsee? Ich würd viel lieber mal nach Ägypten.“ ;)
Mal im Ernst: Schon der zivile Arbeitsmarkt giert nach Fachkräften und da gibt es so einige Arbeitgeber, die ziemlich viele Verrenkungen mitmachen, um geeignete Kandidaten an sich zu binden. Die Bundeswehr mit ihrem ureigenen Personalbullsh*t hat noch nicht mal angefangen zu begreifen wie von vorvorgestern ihr gesamtes Personalmanagement ist und wie viel interner Blödsinn die wenigen interessierten Kandidaten abschreckt (und auch das Bestandspersonal). Aber die ollen Kamellen von „früher hat das immer funktioniert“ die sind IMO auch Teil des Problems, nicht der Lösung.
Küstengang01 sagt: 12.03.2025 um 11:06 Uhr
Das Problem an Ihrer Schilderung ist Folgendes: der Lockstoff ist weg. Die Marine fährt heute leider keine „geilen Touren“ mehr in die Karibik oder rund um Südamerika wie es im tiefsten Frieden der 90er oder 2000er üblich war, mit geilen Hafenaufenthalten usw. Und ja, da haben sich sich GWDLer damals zum FWDLer machen lassen, um diese eine (!) Tour mitfahren zu können. Das wars dann aber auch. GWDLer/FWDLer, die dann SaZ geworden sind, waren in meinen Lehrgängen die Ausnahme, nicht die Regel. Die Karrieren, die Sie beschreiben gabs und gibts, klar.. Aber das waren damals andere (wirtschaftliche) Zeiten, die Bundeswehr war eine andere (viel mehr in der Fläche), die Wahrnehmung der Wehrpflicht war ne andere und die Bundesrepublik war irgendwie auch ne andere, denn die politische Gesamtsituation war ne andere.
Kurz: es ist Zeit vergangen, vieles hat sich verändert und es ist nicht immer klug Lösungen von gestern auf die Probleme von heute anzuwenden.
Was mir heute im Vergleich zu damals fehlt, sind die alten Karriereoptionen. Da waren das Erreichen von Dienstgraden/der Wechsel in höhere Laufbahnen an Weiterverpflichtungen oder die Übernahme zum BS gekoppelt. Wer aufsteigen wollte, musste damals auch schon relativ früh viel Dienstzeit ranhängen, also sich weiterverpflichten. Wer nicht, dem war regelmäßig ein zeitiges Ausscheiden beschieden. Da war klar: wenn du SaZ 12 werden willst, dann nur als Fw/Offz. Ausnahmen bestätigen die Regel. Das waren dann aber auch die ganz, ganz wenigen Oberstabsgefreiten damals. Vielleicht sollte man darüber wieder nachdenken.
Küstengang01 sagt:
12.03.2025 um 11:06 Uhr
„Oh doch! Das hat Jahrzehnte gut funktioniert das da junge Männer ihren Dienst als GWDL’er antraten und als BS oder SaZ wieder aus dem Dienst ausschieden.“
Sie verlgeichen hier Äpfel mit Birnen. Es gab vor 2011 NICHTS anderes für Männer. Wer zum Bund als SaZ/BS möchte, ging das nur über GWDL. Erst seit 2011 hat man eine Situationen, in denen sich Leute freiwillig für einen Dienst an der Waffe entscheiden müssen.
Von daher ist es schwer zu beurteilen, ob die Leute länger geblieben sind, weil sie erst durch den GWDL herangeführt wurden oder schon vorher den Entschluss gefasst haben und den GWDL als Probezeit gesehen haben.
Nur ich frage mich: Wieso soll eine Wehrpflicht die Personalprobleme in den Ebenen Uffz /Offz lösen, wenn
1. Über 25 % der UA/OA in den ersten 6 Monaten abbrechen,
2. Die Bw es nicht schafft, aus dem Pool der FWDL (die ja schon freiwillig da sind) ausreichend SaZ zu generieren?
Das soll dann mit zwangsverpflichtenden Männern, die gegen ihren Willen aus dem Zivilleben gerissen wurden, in ausreichendem Maße besser klappen? Ich habe da so meine Zweifel.
Nichtsdestotrotz bin ich mittlerweile ein Befürworter der Wehrpflicht, aber aus den Gründen „Aufbau Reserve“, „Mehr Boots on the Ground“, „mehr Infanterie“ (siehe Mangel an Infanteristen in der UKR).
Das Problem mit der Infrastruktur wird auch seinen Teil dazu beitragen Leute zu vergraulen.
Zitat aus dem Bericht:
„Ein besonders negatives Beispiel war im Berichtsjahr die Südpfalz-Kaserne in Germersheim:
Bei einem Truppenbesuch im Frühling 2024 war der schlechte Zustand zahlreicher Gebäude offensichtlich,
insbesondere von Lehr- und Unterkunftsgebäuden: Schimmel in Stuben und Sanitärräumen, Wasserschäden
sowie von den Wänden abblätternder Putz waren allgegenwärtig.“
Zitat: „… Wer zum Bund als SaZ/BS möchte, ging das nur über GWDL. …“
Das stimmt so in der Absolutheit aber ganz und gar nicht. Ich war Spieß einer PzGrenKp (Bataillon 1991 in Mecklenburg neu aufgestellt) und wir hatten 1995 in der AGA die ersten drei Eignungsübenden StUffze im Bataillon und weitere ca. 20 SaZ (UA und Mannschaften) bei insgesamt 220 Rekruten. Ich habe mehrere AGA.s als Spieß „betreut“ und da waren immer ungediente Freiwillige dabei, auch zwischen 2007 und 2010, als ich als Wehrübender in meiner ehemaligen Kompanie (zu der Zeit bereits reine Ausbildungskompanie mit vier GA-Durchgängen im Jahr) mehrfach den Spieß vertreten habe.
„Der größte Feind sei die Langeweile“, warum kommt mir das so bekannt vor?
Es war vor 20 Jahren auch nicht anders.
Ich wurde wie viele gezwungen aus der Arbeiterschicht, zur Bundeswehr zu gehen und Zeit regelrecht tot zu schlagen.
Etliche haben das Rauchen und Saufen erst richtig in der Bundeswehr angefangen, einige haben die ganzen Tag Anime geguckt, PlayStation gezockt usw.
Wenn uns Arbeit angeschafft wurde, so war diese völlig unnötig /hirnrissig.
Die Kids aus den besseren Schichten hatten derweil die richtigen Atteste, sind ausgemustert worden und haben sich über die zum Bund müßten, lustig gemacht.
Es ist übrigens ein großer Unterschied, ob man zur Verteidigung seiner eigenen Heimat oder sich für den Kampf an der Ostfront in der Ukraine melden soll.
[Ah, das führt zu der Frage, wer sich hierzulande „für den Kampf an der Ostfront in der Ukraine melden soll“ – oder ist das eine dieser Propagandafragen, die man so lernt? T.W.]
@DrStOffz
„Wer zum Bund als SaZ/BS möchte, ging das nur über GWDL.“
Den Direkteinstieg als SaZ gab es damals schon, Musterung, Bewerbung, OPZ, etc. mit Einplanung Truppengattung und Studium.
Es sind eben wie jedes mal die alten Probleme die in dem Bericht genannt werden. Die Bundeswehr braucht jetzt endlich mal eine Vollausstattung aller Einheiten, Investitionen in die Infrastruktur, das bei den Rüstungsprojekten Gas gegeben wird und den Abbau des riesigen Wasserkopfes auf Kommando- und Ministerialebene. Zudem darf man ja nicht vergessen, das die BW zwei Probleme gleichzeitig adressieren muss: 1.) Bestehende Ausrüstungsmängel beheben und 2.) Für neue Aufgaben aufrüsten. Meiner Meinung nach bräuchte es auch eine grundlegende Reform der Laufbahnen vor allem was die Durchlässigkeit angeht, das würde sicher auch mehr Bewerber anziehen.
Ein Vorschlag zum weiteren Vorgehen:
1. Es sollten Papiere mit dem Titel „Trendwende“ erzeugt werden. Trendwende Personal, Trendwende Ausrüstung, Trendwende Ausbildung etc.
Gabs als Reaktion auf die Annexion der Krim schon mal und hat nicht funktioniert.
2. Es sollte eine TaskForce Personal eingerichtet werden
Gabs auch schon mal und hat nicht funktioniert.
3. Wenn das alles nicht klappt, lasst uns auf die weisen Worte eines bald scheidenden Kanzlers besinnen, dass diese Probleme überschaubar seien.
4. Man kann sich mal den Spaß erlauben und den Wehrbericht von vor 20 Jahren neben den aktuellen legen. Dort stehen die gleichen Dinge drin, lediglich die Überschrift war eine andere. Damals war „ISAF“ oder „OEF“ die Überschrift, heute ist es Russland/ Ukraine whatever.
5. Glaub an das Kölsche Jrundjesetz
Et hät noch immer jot jejange
Da kann ich KlausP nur absolut beipflichten:
als S1- bzw. PersUffz war ich zuletzt in der 1.TrspBtl10 in Ellwangen maßgeblich mit der Bearbeitung der Bewerbungseingänge unserer Wehrdienstleistenden betraut.
Was soll ich sagen: an Arbeit mangelte es mir nie! Den besten und brauchbarsten Nachwuchs haben wir aus den Wehrpflichtigen gezogen, diejenigen, die sich das Ganze angesehen hatten und für sich befunden hatten, dass eine Karriere bei der BW eigentlich so schlecht nicht ist.
Der Vorteil war – wir konnten bei der schieren Masse an Bewerbern immer eine Bestenauswahl betreiben. Innerhalb kürzester Zeit entschieden sich dann auch viele von SaZ4 auf SaZ12 zu gehen (SaZ8 war ein Auslaufmodell).
Daher: wenn ein wie auch immer gearteter Wehrdienst wieder kommt, wird sich m.E. nach der Nachwuchs für die Führungsrigen am besten darüber rekrutieren lassen.
@Küstengang01:
Schütze Mustermann hier. Der letzte Absatz beschreibt präzise, was mir vor vielen, vielen Jahren widerfahren ist. Und ich hatte lange Zeit, das bei vielen anderen GWDLern zu beobachten. Natürlich ging es Vielen um Vergünstigungen wie den LKW-Führerschein, aber das Wechselspiel von Erwartungshaltung, Leistungserbringung und vor Allem gegenseitiger Wertschätzung war schon elementar.
Natürlich gab es das bei Weitem nicht überall, auch das gehört zu den unangenehmen Wahrheiten. Genauso wie der gelangweilte Nachschieber-GWDL mit seiner Schlafstätte im Hochregal.
@DrStoffz sagt: 12.03.2025 um 14:32 Uhr
„Nur ich frage mich: Wieso soll eine Wehrpflicht die Personalprobleme in den Ebenen Uffz /Offz lösen, wenn…“
Naja, wenn das drängendste Problem die Langeweile ist. Am Wochenende hatte ich ein Gespräch mit einem aktiven Berufsunteroffizier. der beklagte sich darüber, das er seine Leute nicht vernünftig ausbilden kann. Wegen Munitionsmangel bei den Handwaffen. Nicht nur der scharfe Schuss fehlt, auch Übungsmunition ist nicht zu bekommen.
was helfen Leute, wenn es an grundlegenden Dingen mangelt?
Moin allerseits!
Mal eine ketzerische Frage in die Diskussion geworfen:
Abgesehen von den Berechnungen der putativen Wehrdienstleistern jedweden Geschlechts. Wer würde denn wirklich zum BUND gehen?!
Sind das wirklich signifikant mehr als die, die sich jetzt schon melden?!
Wenn ich durch den Blätterwald der letzten Wochen ansehe, dann lese ich immer mehr Artikel mit dem Tenor: „Landesverteidigung – wozu? Aber auf jeden Fall ohne mich!“
Diesen Grundpatriotismus scheint es in der jüngeren Generation (wenigstens in weiten Teilen der veröffentlichten Meinung) wohl so gar nicht zu geben. Gleichzeitig sehen wir weiterhin diesen Konsumgedanken. „Security as a service“. Sollen gerne andere machen, aber nicht ich!
Als ich in den 90ern meinen Dienst angetreten habe, da war der erste Satz unseres Zugführers:
„Wisst ihr, warum ihr hier seid?! Weil ihr zu faul wart eine Postkarte ans KWEA zu senden!“
Das mag zynisch sein, aber es hatte einen wahren Kern. Damals war ein Hauptteil der Rekruten und SAZ-Mannschaften/UA Spätaussiedler, die das Militär als Möglichkeit sahen, sich schneller zu integrieren und mit wenigen Kenntnissen gutes Geld zu verdienen.
Auch diese Gruppe gibt es – meiner Wahrnehmung nach – so nicht mehr.
Mit einer Wehrpflicht würden sich – meiner Meinung nach – nicht viel mehr SAZ gewinnen lassen, als heute schon. Im Falle eines „Pflichtdienstes“ müsste auch die Verweigerung wieder möglich sein. Kurz: Unmengen von jungen Leuten würden die „einfachen Tätigkeiten“ in sozialen Einrichten hinlänglich kostengünstig übernehmen, was einen weiteren Druck auf die unteren Gehaltsempfänger in den Sozialeinrichtungen bringen würden.
Küchenhilfen, Fahrer, Lageristen, …. Ob das dem sozialen Frieden dient?
Vielleicht hätten THW und FFW noch weitere Kapazitäten, also die Zivilschutzkomponente. Allzu viele Menschen kann man hier aber auch nicht reinschwemmen.
Nebenbei sind – der Bericht der Wehrbeauftragten gibt da gut Aufschluss – viele Unterkünfte in einem nicht mehr hinnehmbaren Zustand – etwaige Klagen würden hier sicherlich stattgegeben werden.
Ganz abgesehen, dass die Unterbringungskapzitäten nicht annähernd ausreichend für die jetztigen Soldaten (jedweden Geschlechts oder auch nicht) sind.
Auch hier wird ein Pflichtwehrdienst die Situation eher verschlimmern, als verbessern.
Was tun?
Möglichkeit 1: Man fängt mit der ganzen Pflichtdienst-Geschichte erst an, wenn die Infrastruktur hinreichend modernisiert, saniert oder wieder neu geschaffen wurde.
Optimistisch gesagt in 25 Jahren.
Möglichkeit 2: Man fängt an, guckt wie’s läuft oder nicht und verprellt die ersten 2-3 Jahrgänge als Versuchskaninchen.
Ob das die Akzeptanz erhöht wage ich zu bezweifeln.
Möglichkeit 3: Man fährt ein integriertes Ausbildungskonzept analog der ROA-Ausbildung:
Die Kameraden werden in einem Grundlehrgang (Grundi) angebrütet und machen den Rest des Wehrdienstes quasi in Monatsabschnitten während der Semesterferien (Studenten), bezahlten Freistellungen (Handwerk) und gewissen Wochenendlehrgängen.
Möglich, aber sehr aufwändig, sehr teuer und ich wage zu behaupten, dass die BW nicht flexibel genug ist, diese Organisation zu stemmen.
Grundsätzlich muss dann der Wehrdienst aber auch einen VORTEIL für die Menschen haben. Wenn ich mir den kargen Sold „damals“ ansehe, dann habe ich an zwei Wochenenden in der Gastronomie mehr als das Doppelte verdient, als die komplette Zeit in der Kaserne.
Geld ist es also eher nicht.
Mal ein wenig Abenteuer-feeling in vergammelten Kasernen mit 8 Mann auf dem Zimmer, statt des gemütlichen (Kinder)Zimmers mit all-inclusive Angebot im Hotel-Mama, den man bei „heimatnaher Verwendung“ als Essen-auf-Rädern-Fahrer bei der Diakonie haben kann?
Wohl eher auch nicht.
Bliebe aber Möglichkeit 4: Das (angepasste) französische Modell
Wer in Frankreich einen guten Job bei der Polizei, haben will, muss seinen Wehrdienst leisten.
Das könnte man bei uns auf viele Bereiche ausdehnen: Bundes-, Landes-, und Kommunalverwaltungen etc.
Wer hier arbeiten oder eine Ausbildung machen will, muss seinen Wehrdienst leisten – gerne auch im Schreibzimmer oder in einer Inst,, damit die SAZ/BS wieder mehr „kämpfen“ können und von administrativem Firlefanz befreit werden.
Wäre möglich, aber da fehlt der Wille, denke ich.
Wir brauchen also wieder Anreize wie NC-Upgrades für Studiengänge, Vorzugsbehandlung in Studentenwohnheimen oder sonstige Vergünstigungen und damit meine ich nicht eine kostenlose Bahnfahrkarte, die man in den klassischen „Kasernengegenden“ eh nicht gebrauchen kann.
Sind wir ehrlich: Als (in diesem Zusammenhang) älterer Mensch (40+) ist es leicht einen Wehrdienst zu fordern. Einen selbst betrifft es nicht mehr und gerade hier im Forum ist die BS-, SAZ-, Ex-SAZ-Dichte eh maximal.
Aber gerade Jüngere haben weniger tiefe Wurzeln. In einer Umfrage (ich glaube es war im FOCUS) gaben 60% der ukrainischen Flüchtlinge unter 30 an, auf jeden Fall in Deutschland bleiben zu wollen.
Warum sollten junge Deutsche im Falle des Falles (und da möge Gott und wer weiß wer davor sein!) nicht sagen:
„Okay, dann ist Deutschland zwar weg, aber ich fühle mich in den USA, Australien, Frankreich, …. auch sehr wohl.“
Lange Rede – kurzer Sinn: Die Einführung einer Wehrpflicht zu fordern ist leicht, aber die Zeiten, Einstellungen und Lebenswirklichkeiten haben sich geändert.
Ob „die Jugend“ überhaupt so erpicht darauf wäre, „die Alten“ irgendwie zu verteidigen, weiß ich nicht.
Die eigenen Eltern und Großeltern – vielleicht; die Nachbarin, den Postboten, die Bäckereifachverkäuferin aus der Bäckerei an der Ecke – keine Ahnung.
Der Zusammenhalt der Bevölkerung hat jetzt schon massiv gelitten. Einzelinteressen stehen seit langem über dem Kollektivwohl. Eigensinn vor Gemeinsinn und ICH über allem!
Woher alle den Optimismus bei einem neuen Wehrdienst nehmen, weiß ich nicht.
@ Ex-Wehrpflichtiger vor 20 Jahren Ich habe genug Soldaten mit Abi und Elternhaus, in dem Geld keine Mangelware war, ausgebildet. Ich komme aus einer Arbeiterfamilie. Mein Bruder hat Zivildienst gemacht. Der hat einfach nur den ortsüblichen Wisch eingereicht. Nicht clever genug gewesen?
Unsere Streitkräfte brauchen einen Aufwuchs sowohl bei Personal als auch bei Material. Hier gibt es viele Hindernisse zu beseitigen und dicke Bretter zu bohren.
Nur eines darf nicht vergessen werden: die Einsicht und der Wille, dass unser Land, unsere Gesellschaft und unser demokratisches System eine Verteidigung wert sind. Hier muss dringend investiert werden.
Zu viele Bürgerinnen und Bürger haben sich in einer Nische eingerichtet und glauben, dass sie das alles nichts angeht. Sie denken, genügend andere würden dafür eintreten, und es wird erwartet, dass diese dann selbstverständlich auch noch bereitwillig die persönlichen Lasten tragen.
Sinnbildlich: Sollte der Worst Case eintreten, hänge ich ein Schild „Ich habe verweigert“ bzw. „Ich mache nicht mit“ an meine Tür, und ein Angreifer wird mich, meine Familie und meinen Lebensstil verschonen, denn ich bin ja raus. Viele glauben auch, dass sie im Worst Case einfach vorher in ein anderes Land ausreisen können, und übersehen, dass sie erst einmal jemanden finden müssen, der sie aufnimmt.
Weist man darauf hin, dass das Ziel unserer Verteidigungsbemühungen eine glaubhafte Abschreckung zur Verhinderung eines Angriffs sein muss und dass jeder dafür einen Beitrag leisten sollte, wird man oft mit großen, erstaunten Augen angeschaut.
Ich nutze dann gerne den Vergleich mit einem Schulhof: Wer wird dort gehänselt, gemobbt oder gar abgezogen? Eher der Schwache mit den dünnen Oberarmen als der Trainierte mit dem dicken Bizeps, denn an den traut man sich eher nicht ran, weil das Risiko, den Kürzeren zu ziehen, viel zu groß ist.
Ich habe vor einiger Zeit Berichte über die Phase vor dem Zweiten Weltkrieg in der Schweiz gelesen. Man hatte erkannt, dass sich ein neuer Krieg abzeichnete, dieses Bedrohungszenario aber noch nicht in der Bevölkerung angekommen war.
Man kam zu der Feststellung, dass nicht nur Material und Personal aufgerüstet werden müssen, sondern auch in die geistige Landesverteidigung investiert werden muss.
Ist ein Großteil der Bevölkerung einsichtig, wird man leicht und eher zum Ziel kommen.
Die Frage ist halt, wie kann man die BW attraktiver machen!?
Vielleicht sollte der Dienstweg analog zur Polizeikarriere laufen?
Evtl. kann man die sanierten Kasernen der Amerikaner nehmen, wenn die jetzt vielleicht abhauen (Ist nur ein Spaß ;-)
So lange Straßenbahnfahrer ihren Dienst quittieren weil sie Werbung für die BW auf der Bahn kleben haben stimmt halt was mit dem Grundverständnis nicht… Klar, es gab schon immer genug Menschen, die gegen Militär und so waren. Wie kann man die öffentliche Meinung über die Bundeswehr verbessern?
Aber mal ehrlich: Es wird ja auch nur Negatives berichtet!
Immer nur typisch deutsches Gejammer und genöle. In den öffentlichen Medien kommen eigentlich nie positive Nachrichten über Erfolge, welche für und mit der BW erreicht wurden. Damit fängts ja schonmal an…
Und warum nicht mit einem LKW-Schein locken? (Dann gibts vielleicht wieder mehr nationale LKW Fahrer auf unseren Straßen).
Oder den Weg ins Cockpit vereinfachen (genug Helicopter werden ja gerade beschafft und die Luftrettung hätte auch wieder mehr Piloten).
Alles nur Gedankengänge, also verurteilt mich nicht. Aber wenn da nicht bald eine Trendwende zum Thema Akzeptanz und Ruf der BW stattfindet, gehen die Kerzen bald aus und jemand anders bekommt die Torte!
@Bow
„Mit einer Wehrpflicht würden sich – meiner Meinung nach – nicht viel mehr SAZ gewinnen lassen, als heute schon. Im Falle eines „Pflichtdienstes“ müsste auch die Verweigerung wieder möglich sein. Kurz: Unmengen von jungen Leuten würden die „einfachen Tätigkeiten“ in sozialen Einrichten hinlänglich kostengünstig übernehmen, was einen weiteren Druck auf die unteren Gehaltsempfänger in den Sozialeinrichtungen bringen würden.“
Aus meiner persönlichen Sicht alles eine Frage der Ausgestaltung des Ersatzdienstes:
Während Grundwehrdienstleistende früher kaum Einfluss auf den Dienstort und die Tätigkeit nehmen konnten, war es den Zivildienstleistenden möglich, sich eine attraktive Stelle zu suchen (in der näheren Region, einer attraktiven Tätigkeit).
Wer schlau war, zählte bei einer Naturschutzorganisation Vögel, der andere musste seinen Dienst in einem Altenheim antreten.
Hätten Zivildienstleistende heimatferne Einsatzorte und möglicherweise unattraktive Tätigkeiten ohne persönliche Einflussnahme in Kauf nehmen müssen (z.B. Pflege in einer Alteneinrichtung), hätte manch einer seine Verweigerung überdacht.
Ich wäre schon dankbar, wenn die hinreichend sinnfreie Argumentationsweise der Kalten Krieger „muss man halt den Zivildienst so übel fies abschreckend machen, damit die lieber zur Bundeswehr gehen“, nicht wieder ausgepackt würde.
Zumal diese intellektuell durchaus sehr überschaubare Argumentation schlicht unter den Tisch fallen ließ, dass in einem Krisenfall nicht nur Waffenträger nötig sind, um das Weiterbestehen einer Gesellschaft und eines Staates zu sichern. Hat vermutlich den geistigen Horizont dieser Typen überstiegen.
Mir erscheint dies alles als nicht lagegerecht und viel zu unambitioniert. Mit Stichtag 31.12.2028 muß die Bw hinreichend abschreckungsfähig und kriegstüchtig sein. Bis dahin sind es knapp vier Jahre, man sollte daher nun einmal mit entsprechenden Maßnahmen beginnen wenn man ab 2029 mit einer tatsächlichen direkten Bedrohung durch RUS rechnet – wobei man bereits äußert, daß RUS den Aufwuchs der NATO ggf. nicht abwarten würde, so wie das DR 1914 den Krieg mit RUS besser früher als später wollte so er sich denn nicht vermeiden ließe.
Bei einer Zielmarke 2035 sind wir sechs Jahre im Verzug und das Personalziel von 203k ist ja heute bereits sehr deutlich zu niedrig angesetzt (+/- 250k aktiv + 200k Res)
Merke: wer will findet Wege, wer nicht will findet Gründe, und machen ist wie wollen, nur krasser.
@Bow
Ich kann aus meiner Erfahrung sagen, dass ich nur durch die Wehrpflicht zur Bundeswehr gegangen bin, und dort erst erfahren habe wie sehr mir der Dienst gefällt. Das war 2011, ich bin immernoch da.
@Fen Estron
weniger verschimmelte Buden, damit man nicht in seiner Stammeinheit(!!!) in einer Turnhalle schlafen muss sind wohl ein guter erster Schritt.
Gruß an die Kameraden in der Südpfalz-Kaserne.
Wenn die Amerikaner in großen Zahlen aus DEU weg verlegen, dann werden ja schon einmal wieder die Kasernen frei. Als Brückenlösung sicherlch nicht vollkommen abwegig für die Unterbringung unserer Rekruten. In der Not frisst der Hund Fliegen….
@Küstengang01 sagt:
12.03.2025 um 11:06 Uhr
@Felix2 sagt:
12.03.2025 um 8:51 Uhr
@Küstengang01 sagt:
11.03.2025 um 18:24 Uhr
„Ohne Wehrpflicht geht’s nimmer mehr!“
…Eine wie auch immer geartete Wehrpflicht wird nicht das Fehl an qualifizierten (!) Fachkräften (!) in den Laufbahnen oberhalb der Mannschaften beheben….“
„Oh doch! Das hat Jahrzehnte gut funktioniert das da junge Männer ihren Dienst als GWDL’er antraten und als BS oder SaZ wieder aus dem Dienst ausschieden.“
Dann deutlicher formuliert:
Eine Wehrpflicht wird nicht im benötigten (!) Umfang (!) den Aufwuchs an qualifizierten Fachkräften erbringen.
Zumal es ja keine Wehrpflicht wie zu Zeiten des Kalten Krieges geben wird.
Der Pool pro Jahrgang würde deutlich geringer sein als früher…
Und dies sage ich unter Kenntnis der Zahlen aus über 3 Jahrzehnten Tätigkeit im Personalwesen der Bw.
@Felix2 sagt:
13.03.2025 um 17:12 Uhr
Stelle fest sie sind Angehöriger der Laufbahn der *Verteidigungsverhinderungs Beamten* in ihrer Welt braucht man sich nicht bewegen weil Bewegung eh nur unnötige Kalorien verbrennt und das Risiko einer Bänderzerrung in sich birgt. Alles so lassen wie es ist.. die eigene Dienststube ist geheizt, die dienstlich gelieferte Kaffeemaschine funktioniert und der Dienstherr überweist pünktlich das Gehalt aufs Konto.
Komischerweise funktioniert in jedem Land wo die Wehrpflicht angewendet wird und wo man auf funktionierende Streitkräfte angewiesen ist das System gut. Von Finnland über die Schweiz, Israel, Singapur oder Südkorea… alles moderne Staaten mit einem westlichen Lifestyle und die zum Teil die selben Demografischen Probleme haben aber ihre Streitkräfte funktionieren gut in der Regel deutlich besser als die Bundeswehr es heute tut.
Sitzen sie also weiter in ihrer Dienststube oder zu Hause im Home-Office und trinken ihren Kaffee.
Ich bleibe bei meiner Meinung.
Bundeswehrfachschulen
Ich habe auf Telepolis gelesen, dass die Bundeswehr sich 10 Fachschulen zur Aus- und Weiterbildung von Soldaten leistet (Kosten rund 25 Millionen Euro pro Jahr), die aber nur zu 50% ausgelastet sein sollen. Der Bundesrechnungshof kritisiert diese Verschwendung regelmäßig.
Die Bundeswehr verfügt also über Ausbildungseinrichtungen, bei denen junge Menschen ohne Schulabschluss einen solchen nachholen könnten, aber sie nutzt diese Resourche nicht oder nicht hinreichend zur Nachwuchswerbung.
„Verschwendung de luxe: Bundeswehr-Karriere in Pistorius’ teuren Geisterschulen?“ (Telepolis: 14. März 2025 von Harald Neuber)