Lost in Translation: Deutsch-Französische Brigade
Die jüngste Absichtserklärung zur deutsch-französischen Brigade, in dieser Woche in Paris unterzeichnet von den beiden Verteidigungsministern Boris Pistorius und Sébastien Lecornu, liest sich in der deutschen und der französischen Darstellung doch ein klein wenig unterschiedlich. Irgendwie klingt die deutsche Haltung mehr nach Übung und die französische mehr nach Einsatz.
Die deutsche Darstellung in der Übersicht des Ministeriums:
Gleich danach unterzeichneten beide Minister eine Absichtserklärung zur Einmeldung der Deutsch-Französischen Brigade in das NATO Force Modell. In Umsetzung der Beschlüsse des letzten Deutsch-Französischen Verteidigungs- und Sicherheitsrats steht die Brigade damit ab diesem Jahr der NATO für Ausbildungs- und Übungsvorhaben zur Verfügung. Teile der Brigade werden beispielsweise an einer Übung des Multinationalen Korps Nordost teilnehmen. Deutschland und Frankreich stärken so die NATO-Ostflanke und die Verteidigungsfähigkeit Europas gleichermaßen.
Die französische Fassung aus dem veröffentlichen Communiqué:
Deutsch-Französische Brigade wird der NATO zur Verfügung gestellt
Die beiden Minister unterzeichneten das Abkommen, mit dem die deutsch-französische Brigade für drei Jahre dem multinationalen Armeekorps Nordost unter NATO-Führung zur Verfügung gestellt wird. Die Brigade, die aus 5400 Soldaten besteht, wird ab 2025 ihre Stärke durch die Teilnahme an Nato-Übungen in Osteuropa erhöhen. Ihren ersten Einsatz an der Ostflanke des Bündnisses wird sie bereits im darauffolgenden Jahr durchführen können. Diese Einheit verfügt nun über eine klare operative Funktion und einen mehrjährigen Ausbildungsfahrplan. „Die Arbeit dieser Brigade wird unsere Stimme innerhalb des Bündnisses stärken, weil wir zeigen, dass wir gemeinsame operative militärische Fähigkeiten bereitstellen können“, sagte Sébastien Lecornu.
(Übersetzt mit deepL.com)
Reden beide wirklich über das gleiche, nach deutscher Lesart allein über Ausbildungsvorhaben, oder ist da was lost in translation?
Ich glaube das muss man pragmatisch sehen. Die deutsche Seite kann im politischen Alltagsbetrieb nicht jedes Mal in den Keller gehen und im Archiv die Bedeutung des Worts „Streitkräfte“ nachschlagen, geschweige denn jedes Mal einen Beipackzettel verfassen, der das der deutschen Öffentlichkeit erklärt.
Losgelöst von dieser Diskussion…
wenn man europäische Verteidigung ernst meint… dann müsste die DF Brigade zu einer DF Division ausgebaut werden!
Am besten mit gemeinsamer Ausrüstung und Basis MGCS !!
das könnte man ja zumindest mal als Ziel bis 2040 ausgeben!
Das Stichwort zur Erklärung der dt.-frz. Ablage wird wohl „Parlamentsborbehalt“ sein.
M.E. sind die Darstellungsdifferenzen nicht relevant. Beide Unterzeichner werden nicht mehr im Amt sein, wenn irgendetwas mit Substanz passieren sollte.
Die Franzosen gehen ihrem Selbstverständnis entsprechend stolz in den Einsatz, um durch ihre Präsenz den Feind abzuschrecken.
Die Deutschen hingegen nehmen lediglich an Verteidigungsübungen teil, mit denen sie niemanden provozieren und insbesondere die eigene Bevölkerung nicht verunsichern wollen.
Für mich ist das nichts anderes als unterschiedliche Sprachregelungen, basierend auf einem konträren Selbstverständnis beider Streitkräfte und Nationen.
Seit über 30 Jahren lebe ich jetzt in Frankreich.
Ich habe das im Link bereitgestellte französische Original gelesen. Die Übersetzung von Deepl scheint mir weitestgehend korrekt.
Frankreich scheint wahrscheinlich aus geschichtlichen, aber auch kulturellen Gründen und insbesondere seitens der Politik zu einer eher martialischen Redensart bereit als Deutschland. Auch war Frankreich in seiner jüngeren Vergangenheit weitaus beliceuser unterwegs als Deutschland.
Der Link verweist auf eine Veröffentlichung des Ministeriums der Armee. Es ist eine staatliche Institution mit einem Auftrag, der über den parteipolitischen Alltag hinausgeht.
Demnach ist verständlich, dass in dem französischen Text die Einsatzbereitschaft und Fähigkeit zur Verteidigung besonders betont wird. Meines erachtens wird dieser Aspekt nicht durch die Übersetzung von Deepl verzerrt. Andererseits widerspricht es inhaltlich nicht der deutschen Presseerklärung, die wiederum der deutschen Kultur entsprechend den Aspekt der Übung hervorhebt.
Beide Darstellungen nennen aber eindeutig die Stärkung der Verteidigungsfähigkeit.
Was als „lost in translation“ wirkt,scheint nichts weiter zu sein als eine Feinheit der öffentlichen Kommunikation, die den jeweiligen Kulturen der beiden Länder unterliegt, bzw diese bediehnt.
Keine Sorge, so wie das beim Neujahrsempfang der Brigade adressiert wurde ist der Führung der Brigade, aber auch deren Angehörigen mehr als bewußt, daß aus Spiel (Übung) sehr schnell Ernst werden kann – zumal man ja auch vom MNC NO sehr konkrete Aufträge bekommt.
It’s serious business.
Hübsches Easteregg. Man kann nur spekulieren, ob das Freud‘scher Lapsus oder eine sehr spezielle Form strategischer Kommunikation ist, die so auch nur noch in Deutschland praktiziert wird: Man fahre irgendwo hin, verabrede dort was mit Freunden und Partnern, und komme dann zurück, um daheim etwas über das Verabredete zu berichten, was leider nicht ganz mit dem übereinstimmt, was Freunde und Partner mitgenommen haben. Das ergibt dann Widersprüche, die dann wiederum Glaubwürdigkeit kosten. Aber wen stört‘s im Raumschiff Berlin, hat schon Frau von der Leyen und Nachfolge in Bezug auf eFP Litauen konsequent so betrieben: In Litauen wirklich tipptopp „shoulder to shoulder“-Reden gehalten, in Deutschland eFP als Übungs- und Ertüchtigungs-Maßnahme kommuniziert, Das hat leider viele KameradInnen verwirrt, die Anfangs dachten: Ach ja, wie in AFG, Train, assist, advice! Und bei den litauischen Gegenstellen immer das Fragezeichen: Ist den Deutschen zu trauen, wenn deren SpitzenvertreterInnen hier so und daheim anders sprechen? Der dickste Heuler dieser Art: Kanzler fährt 2022 nach Litauen, sichert Gestellung einer Kampfbrigade zu, cool, kehrt zurück nach Hause und sagt, dass sich deutsche Kontingente in Brigade-Umfang gen Norden aufmachen würden, wenn es ggf. brenzlig werden sollte. Da wusste man in Vilnius wohl anfangs nicht, ob man lachen oder weinen sollte. Daher hat man auf der litauischer Seite erstmalig öffentlich die deutsche Glaubwürdigkeitslücke adressiert. Zum Glück mit Erfolg. Abgesehen von den strategischen Pantoffeltierchen unter uns, die lautstark beklagen, dass eine vollausgestattete Brigade, also eine mit einem echten Beitrag zur äusserer Abschreckung und Bündnis-Kohäsion, Verbände in der Heimat schlechter stellen würde. Auch ein schöner Beitrag zu deutscher Glaubwürdigkeit bei Freunden und Partnern.
Evtl. weil der eigentliche offizielle deutsche Terminus der „einsatzgleichen Verpflichtung“
1. der gemeinen deutschen Öffentlichkeit zu unverständlich wäre bzw. in vorauseilender Weise nicht zugemutet werden soll und
2. bei den Franzosen so schlicht nicht existiert
?
Ich interpretiere das Folgendermaßen:
1. Für die Franzosen ist die Unterstellung von Streitkräften unter NATO-Führung keineswegs eine Selbstverständlichkeit. Denken wir an den Flugzeugträgerverband um die Charles de Gaulle.
2. Für die Deutschen ist dies so eine Selbstverständlichkeit, dass es nicht extra erwähnt werden muss. Außerdem sind wir ja selber beim multinationalen Armeekorps Nordost stark in der Führung. Persönlich muss ich bekennen, dass ich das NATO Force Modell noch nicht so richtig verinnerlicht habe. Deshalb finde ich es auch normal, dass dort dedizierte Truppenteile in festgelegte Ausbildung und Manöver gehen. Das war bei der VJTF nicht anders und ist ja auch bei EFP fester Bestandteil des Turnus.
Für mich ergänzen sich die beiden Aussagen daher eher als dass sie eine Diskrepanz darstellen.
Ich tendiere auch zu unterschiedlichen Sprachregelungen.
Eine temporäre Verlegung der Brigade ins Baltikum kann man als Einsatz (Abschreckung durch Präsenz) oder als intensive, mehrmonatige, standortverlagerte Ausbildung ansehen. Jeder hat da halt so seine Vorlieben.
Also ich lebe nicht wie Arthur seit 30 Jahren in Frankreich …. nur 6 Jahre in der schönen Auvergne. Aber seit 26 Jahren rede ich täglich mit denen.
Die Übersetzung ist eigentlich ok – der Unterschied der beiden Texte liegt in dem, was von der deutschen Seite (wohl nur teilweise absichtsvoll) unter den Tisch gekehrt wird:
Eine Armee, Kampfverbände, dienen einem Zweck: Eben kämpfen, wenn nötig. Das ist in Frankreich so „normal“, dass es keiner Erläuterung und Verbrämung bedarf, wozu denn so eine Brigade denn aufgestellt und eben unterstellt wird. Sie dient der Verstärkung der NATO in einem zugewiesenen Gebiet, und dafür muss dann auch geübt werden.
In Deutschland dagegen … nun, wir kennen es. Da reden und denken wir nicht so gerne daran, dass die Bw tatsächlich mal kämpfen müsste.
Deswegen denke ich nicht, dass bewusst verzerrt wird in dem deutschen Kommuniqué. Wir müssen halt nur zwanghaft von „Ausbildung“ und „Übung“ sprechen, wenn es um Bundeswehr geht. Sonst denkt noch jemand, die Bundeswehr müsse – horrible dictu – gegen Russland kämpfen.
Völliger OT: Deshalb ist es uns auch gelungen, Fregatten zu bestellen und einzuführen, die so wenig kampfkräftig sind, dass sie amerikanisches Geleit benötigen, um im Roten Meer fahren zu können … ich weiß, das ist jetzt gemein. Den Franzosen wäre so etwas aber nicht eingefallen.
Das französische Verständnis von Einsatz umfasst eben auch die Operation Vigipirate, also bewaffnete Präsenz im Inneren. In DEU natürlich undenkbar. Vigipirate stellt nun mal aber eine Realität und gewisse Belastung für die FRA SK dar.
Deshalb muss man in FRA verkaufen können, warum der NATO nun eigene Truppen unterstellt werden sollen. Das geht nicht so einfach unter ferner liefen, Ausbildung und ein bisschen Präsenz zeigen, ohne den Einsatzcharakter von Vigipirate in Frage zu stellen. Obacht: es soll hier nicht darum gehen, Sinn oder Unsinn von Vigipirate zu diskutieren, und das ist wohl auch die versteckte Aussage im FRA Text.
Am Rande: Der Begriff „mission“ hat im Englischen, Französischen und EU-(Brüssel)Englisch durchaus unterschiedliche Bedeutungen.
Im übrigen ist die Deepl Übersetzung wie schon gesagt näher am Original.
Meine amerikanischen Freunde in der US Navy nennen das deutsche Engagement deshalb auch „pussyfooting.“
Schafft natuerlich Vertrauen im Buendnis./s
Cheers
@J10:
Danke für den Lacher. Pantoffeltierchen sind im Übrigen äußerst schwer totzukriegen…
Die Deutsch/Französiche Brigade ist und war immer eine politische Kopfgeburt.
Solange alle im „tiefen Frieden“ leben und gemeinsam werbe- und TV-wirksam üben können – alles gut.
Aber schon in Somalia und AFG haben wir gesehen, dass diese Brigade keinen Mehrwert hat, denn sie steht nur formal unter einer Führung.
Die unterschiedlichen ROE und die unterschiedlichen Strategien (so man auf beiden Seiten davon reden kann), sind schon immer ein Hemmschuh gewesen.
Im Ernstfall würde weder der deutesche Bundeskanzler, noch der französische Päsident die Befehlsgewalt über seinen Teil der Truppe aufgeben.
Allein die Ansätze sind unterschiedlich: Währen Deutschland gerne nur TAA macht und sich sonst nicht weiter engegieren will, marschiert Frankreich gerne irgendwo ein und macht den Lauten, um sich dann schneller zurückzuziehen (nein, da wird nicht „kämpfend ausgewichen“, da wird Hackengas gegeben), als man zusehen kann, um dann den Schlamassel anderen zu überlassen.
Eine dauernde Geschichte von Vietnam, über Algerien, bis Mali.
Allein die Fremdenlegion macht es Frankreich einfacher, mal einen Konflikt vom Zaun zu brechen/militärisch eskalieren zu lassen. Trifft ja keine Franzosen, sondern nur die „Ostblock-Söldner“.
Fakt ist: Beide Nationen sind militärische Zwerge. Die Franzosen haben eine noch kleinere und noch schlechter und sinnloser ausgerüstete Armee, als wir.
Wir sind manchmal zu zürckhaltend, eigene Interessen zu definieren und das auch militärisch zu untermauern.
Wichtig ist und bleibt zweierlei:
1. Dass man immer wieder einen Aufhänger hat, um tolle TV-Bilder zu kreieren
2. Dass FCAS (French Controlled Air System) weiter geht und Deutschland einen franzöischen Flieger finanziert, der dann bei Dassault gebaut werden kann (wenn nach teuerer Entwicklung die Zusammanarbeit doch nicht weitergehen kann) und der auf jeden Fall flugzeugträgerfähig ist.
Nicht, dass man das falsch versteht: Ich mag Frankreich, ich mag die Franzosen, aber ich weiß um ihre Schlitzohrigkeit und ihren aktuellen nationalen Minderwertigkeitskomplex.
@Bow 28/01/2025 um 10:06 Uhr
… also ich möchte jetzt nicht auf die einzelnen Punkte eingehen – das sprengt den Thread. Ich möchte nur anregen, sich ein wenig mehr mit den Einsätzen, der Konzeption und der Ausrüstung der französischen Armee zu befassen. Dann ändern Sie Ihre Meinung, versprochen! Bitte interpretieren Sie das auch nicht als Angriff. Ist es nicht. Nur eine Bitte, über den eigenen Zaun zu sehen.
Einer meiner früheren Chefs im französischen Konzern, für den ich arbeite, war in den 80er Jahren als OTL in der Fremdenlegion und mit denen einige Male in der Sahelzone. Und dummerweise 1983 Teil des Kontingents Fallschirmjäger, als Terroristen sowohl das US HQ in Beirut als auch das HQ der Franzosen in die Luft jagten. Aus seinen Berichten verstand ich, dass in der französischen Armee ein ganz anderer Geist vorherrscht als in der Bw. Nicht immer „besser“, aber ganz sicher viel pragmatischer und wesentlich robuster als bei uns.
Und zum „Hackengas“ …. dazu haben u.a. die Kader der FLN eine wesentlich andere Erinnerung, fürchte ich.
Damit möchte ich es bewenden lassen – rege aber nachdrücklich an, sich mehr mit der (auch militärischen) Kultur und Praxis unserer europäischen Nachbarn zu beschäftigen. Wir können tatsächlich ziemlich viel lernen.
@all
Mich erreichen einige sehr böse Reaktionen auf den Kommentar von @Bow – ich räume ein, dass der in den Formulierungen grenzwertig ist. Aber einige andersrum auch nicht anders in ihrer Argumentation sind. Können wir uns drauf verständigen, dass sich alle ein wenig zurücknehmen? Natürlich kann ich auch viel schärfer moderieren. Dann schreien diejenigen vermutlich genauso…
@ T.W und Bow
Bis auf die Passage „Frankreich marschiert gerne irgendwo ein“ kann ich Nichts unwahres oder zur Empoerung provozierendes an dem Beitrag finden.
Die BR Deutschland hat gerne multinationale Einsaetze mitgemacht, aber mit „gebremstem Schaum“ und „mach mich nicht nass:“ – wie auch der Afghanistan-Bericht deutlich macht.
Habe selber lange Jahre in franzoesischen Territorien gerne und gut gelebt und Verwandtschaft und Freunde in Aktiven und Legionaeren. Sie haben ein anderes Selbst- und Dienstverstaendnis als die heutigen deutschen Soldaten. Das ist historisch begruendet.
Aber die Einsatzbedingungen und Buendnisdokumente werden in der Bundesrepublik von den Politikern definiert und geschlossen. Das bedingt Unterschiede im Verstaendnis und in der Praxis.
@all
Nachdem mein – zugegeben überspitzer – Beitrag hier Wellen schlägt, möchte ich gerne die Wogen glätten und Aussagen ggf. zu versachlichen.
Mir geht es hier nicht darum den einzelnen französischen Soldaten zu beleidigen – im Gegenteil. Und auch meinen Einlassung zur Legion Etrangere wird hier falsch herum gelesen.
Die Legion darf immer ausrücken, soll gerde „robust“ auftreten und muss dann zusehen, wie sie klarkommt. Dafür Ersteres ist sie da, Letzteres erhöht den Nimbus und die etwaigen Opfer sind nur vereinzelt Franzosen, dann ist das nicht so schlimm. (Auch wenn’s böse klingt, die Gründung der Legion ist nicht zuletzt auf die Eindämmung französischer Opfer bei militärischen Auseinandersetzungen zurückzuführen).
Die Ausrüstung der Armee de Terre sieht es materiell noch schlechter aus, als bei uns. Das ist Fakt.
Die Force de frappe ist nur bedingt einsatzbereit, nicht zuletzt, weil die Kosten explodieren.
Die Charles de Gaulle bleibt aus Kostengründen auch gerne im Hafen und die Armee de l‘ air ist ähnlich unterfinanziert, wie die Luftwaffe. Das 4.1-Update (MLU?) für die Rafale wird an allen Ecken und Enden gestreckt und geschoben.
Die Situation in Frankreich ist also materiell vergleichbar, die Attraktivität der Streitkräfte – trotz eines deutlich stärkeren Partiotismus‘ – ähnlich gering, wie bei uns inkl. der Gendarmerie.
Nicht umsonst diskutiert man die Wiedereinführung der Wehrpflicht in Frankreich ebenso, wie bei uns, weil die Einführung des SNU (quasi ein Ein-Monats-Pflichtpraktikum vor dem Bac) schon jetzt auf wenig Gegenliebe stößt, obwohl es erst 2026 zur vollen Entfaltung kommen wird.
Wir sollten auch nicht vergessen, dass sich Deutschland weiland auf Bitte (!) Frankreichs im Sahel engagiert hat, dann aber recht überhastet Mali und die ganze Region verlassen hat/verlassen musste, so dass unsere Kameraden (m/w/d) plötzlich alleine im Wüstensand von Gao standen. (hier sehe ich das genannte „Hackengas“)
Frankreich ist mit Worten groß (siehe Ukraine Krieg) und damit, irgendwelche martialischen Dinge zu beginnen. Das ist gut für die innere Verfasstheit und es suggeriert Handlungsfähigkeit und Stärke.
Aber was steckt da wirklich hinter?
Ich erinnere mich noch an einen Bericht aus der „Welt“ (glaube ich), in der der Ukrainische Stabschef Frankreich gebeten hat, seinen „Schrott“ (es ging um die AMX 10 RC) bitte wonaders zu entsorgen, als die Dinger in die Ukraine zu liefern, weil die Geräte absolut kriegsuntauglich seien. Das wurde auch hier im Forum diskutiert.
Kurz: Die Ansagen Frankreichs sind meist recht „breitbeinig“, vollmundig und martialisch – was dann hinten raus kommt, ist da wieder eine ganz andere Sache.
Gerade Frankreich kocht auch nur mit Wasser, macht das aber lauter und PR-trächtiger, als Deutschland.
Etwas genaueres Hinsehen hilft festzustellen, dass das Gras auf der anderen Seite des Flusses auch nicht immer grüner ist. Es gibt keinen Grund uns selber klein zu reden und teilweise neidisch zu anderen Nationen zu gucken. Bei denen sieht es meist nicht besser aus, aber eine patriotische Grundhaltung – die uns leider oft abgeht – überdeckt dann oft die Defizite, die wir in unserer „deutschen Gründlichkeit“ mit masochistischer Genugtuung ans Licht zerren.
Bei aller Kritik (auch gerne von mir) ist die BW in den letzten zwei Jahren deutlich in die Puschen gekommen. Das hat zwar oftmals länger gebraucht, als erhofft – es musste aber auch ein ordentlicher Apparat in Rotation versetzt werden.
Vor diesem Hintergrund ist das Ergebnis Deutschlands deutlcih positiver zu bewerten, als die Ergebnisse Frankreichs (und vieler anderer Staaten der EU und Europas).
Doch warum sollte auch das Erreichte zählen, wenn doch das Erzählte reicht?
In diesem Sinne wünsche ich allen eine schönen und herzschonenden Abend.
Wir wollen doch eigentlich alle dasselbe: Eine gut ausgerüstete und ausgebildete Bundeswehr, die mit gut ausgerüsteten und ausgebildeten Kameraden (m/w/d) anderer europäischer Staaten in der Lage ist, die vielfältigen Sicherheitsaufgaben in Europa effizient und personalschonend (!) zu erreichen.
Hallo zusammen,
Ein Punkt scheint total unter gegangen zu sein nämlich, dass Herr Pistorius die französischen Orden der Ehrenlegion bekommen hat… Man muss wissen, dass sie in Frankreich extrem begehrt ist. Sie wird sowohl an das Militär als auch an Zivilisten vergeben. Die Leute sind so stolz darauf, dass sie sie ständig auf ihren Anzügen tragen. Allerdings wird nicht die schwere Medaille getragen, sondern ein dezenter roter Streifen am Revers des Anzugs. Achten sie nächstes Mal drauf 😉.
Ich frage mich, was passieren muss, damit deutsche Politiker stolz darauf sind, während einer Talkshow oder im Wahlkampf eine militärische Auszeichnung zu tragen?
Diese Auszeichnung ist sicherlich nicht die Nachricht des Tages, aber ich finde, sie ist ein schönes Symbol für die unterschiedliche militärische Wahrnehmung der beiden Länder.
Deutschland ist nicht Frankreich und Frankreich ist nicht Deutschland dennoch regen wir uns auf, weil der andere nicht so denkt wie wir oder nicht die gleiche Militärdoktrin vertritt. Ich wäre schon zufrieden, wenn wir uns alle besser kennen wurde und wüssten wieso der andere so denkt. Vielleicht liegt gerade hier den wahren Mehrwert der Deutsch-Französiche Brigade. 😉
Zitat: „Fakt ist: Beide Nationen sind militärische Zwerge. Die Franzosen haben eine noch kleinere und noch schlechter und sinnloser ausgerüstete Armee, als wir.“
Armee de terre: 120 000
Heer: 62 000
Zitat „Ostblock-Söldner“.
Légion étrangère:
Südamerikaner: 21% (Meist Kolumbianer und Brasilianer)
Indischer Subkontinent 18% (meist Nepalesen, vulgo Gurkhas)
Slawen 12 %.
Zitat „Hackengas“ im Algerienkrieg
Verluste der Armée française:
30 ooo Tote
65 Verwundete
@Alter Olt:
Vorsicht mit den Zahlen:
Bei den 121.000 Mann wird die Marine-Infantrie (die wir so nicht haben), die Legion, Logistik und Fernmeldewesen (haben wir aktuell querschnittlich ausgelagert in die SKB), sowie die Universitäten, der Orgbereich etc. mit eingerechnet. Ebenso wie die Anteile des Zivilschutzes.
Früher wurden sogar noch die Gendarmerie mitgerechnet.
So gesehen ist der Unterschied dann nicht mehr so groß und – wie bereits gesagt – auch materiell ist da nicht alles Gold, was glänzt.
Um das Thema Algerienkrieg (von meiner Seite aus) abzuschlie0ßen, so bezog sich das „Hackengas“ in diesm Zusammenhang weniger auf Algerien, denn auf Mali.
Allerdings hatte Frankreich schon den Indochina-Krieg – den Auftakt zum Vietnam-Krieg – ruhmreich verloren und die geopolitische Weltbühne erst mal den USA überlassen. Da Algerien vor der Haustür lag, man sich eine weitere Schmach nicht erlauben konnte und wollte, hat Frankreich hier auch deutlich härter zugeschlagen.
Geholfen hat es nichts. Frankreich hat auch hier die Segel streichen müssen und die Unabhängigkeit Algeriens mündete in einer Militärdiktatur. Die Probleme hatten wieder andere.
Dass man Mali aber ausklammert und die komplette Destabilisierung der Sahel-Region, verstehe ich nicht.
Hallo Bow,
Leider strotzt Ihr Kommentar über die französische Armee nur so von Halbwissen.
Fangen wir mal mit der Légion Étrangère an. Diese ehrenwerten Soldaten sind keine „Söldner“, wie Sie sie stigmatisiert haben, sondern vollwertige Mitglieder der französischen Armee. Es wird Sie vielleicht überraschen, aber es gibt auch Franzosen in der Fremdenlegion. Da dies aber nicht vorgesehen ist, bekommen sie alle bei der Eingliederung einen neuen Namen und eine neue Nationalität. Die Franzosen in der Legion werden auf 10 % geschätzt. Dieses Elitekorps hat seine eigenen Traditionen, die es im Laufe seiner Geschichte bewahrt hat. Einige dieser Traditionen mögen uns heute als übertrieben oder sogar brutal erscheinen. Manche werden aber sagen, dass dies daran liegt, dass die Gesellschaft verweichlicht ist, während die Legion ihren ursprünglichen Biss bewahrt hat. Die Legion genießt bei der französischen Bevölkerung einen sehr guten Ruf und tiefen Respekt. Die Behauptung, dass Frankreich nicht um seine Toten aus der Fremdenlegion trauert, ist schockierend und zeigt, dass Sie die Verbundenheit der Franzosen mit diesem Armeekorps nicht kennen.
Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie Ihre Behauptungen wie: „Die Ausrüstung der Armee de Terre sieht es materiell noch schlechter aus, als bei uns.“ begründen wurden . Denn Ihre: „Das ist Fakt“ beweist leider gar nichts, sondern lediglich, dass es sich um ein Bauchgefühl handelt. Eine Tatsache ist jedoch, dass die Einsatzbereitschaft der französischen Tiger doppelt so hoch ist wie die ihrer deutschen Kollegen.
https://augengeradeaus.net/2023/05/jetzt-offiziell-langes-ende-fuer-den-kampfhubschrauber-tiger-nachfolgeentscheidung-dieses-jahr/comment-page-2/#comment-399706
Es ist auch eine Tatsache, dass das französische Heer mit seinem Skorpion-Programm die Vernetzung und Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Einheiten wie dem Serval, dem Griffon, dem Jaguar und dem Leclerc XLR eingeführt hat, während die Bundeswehr noch mit ihren klassischen Funkgeräten zu kämpfen hat…
Heisst es somit, dass alles super in der Armée de Terre ist? Absolut nicht. Sie ist wie vielen Armen in Europa unterdimensioniert und vieles muss noch verbessert werden. Sie jetzt mit der Bundeswehr zur vergleichen, halte ich für Fehlerhaft, denn beide Armen verfolgen unterschiedlichen Doktrinen. Das deutsche Heer ist eine klassische Verteidigungsarmee, während die Armée de Terre eine Projektionsarmee ist, um unter anderen ihre Übersee Territorien zu verteidigen. Wenn Sie dennoch Apfel mit Birnen vergleichen wollen, dann sollten Sie es mit Vorsicht tun.
Die französiche „Force de Frappe“ (auch bekannt als nukleare Abschreckungskraft) ist so in Europa einzigartig und voll einsatzbereit. Die Atomwaffen können sowohl aus U-Booten (mindestens ein U-Boot ist immer in See) als auch aus der Luft mit dem Rafale abgefeuert werden (derzeit werden sogar neue Raketen entwickelt). England hat zum Beispiel die Luft Komponente aufgegeben.
Dass der Flugzeugträger Charles de Gaulle aus Kostengründen im Hafen bleibt, ist absolut falsch. Es stimmt allerdings, dass der Flugzeugträger regelmäßig in seinen Heimathafen zurückkehrt. Daran ist aber nichts außergewöhnlich schließlich muss man die Mannschaft austauschen, Munition neu aufladen und Wartungen durchführen (letzte große Wartung war Anfang 2022 und hat 8 Monate gedauert). Im Parlament und im Senat wird momentan debattiert, ob Frankreich in der Zukunft nicht zwei Flugzeugträger benötigt, damit zumindest immer einen auf See ist (ähnlich wie die Britten).
Die Rafale Version F4 teilt sich in der Tat zwischen 4.1, 4.2, 4.3. momentan werden die ersten Kampfjets auf 4.1 umgerüstet. Grund dafür ist sicherlich Geld aber leider ist es so, dass die Anzahl der Rafale in der Armee de l’Air zu klein ist, sodass die Armee nur eine kleine Stückzahl an Kampfjet pro Jahr in der Fabrik zurückschicken kann (deswegen auch die kleine Budgetierung). Hat auch den Vorteil, dass den Ingenieuren und Produktion Linien immer genug Arbeit haben, damit kein Knowhow bei möglichen Auftragslücke verloren geht. Dieses Jahr fängt sogar die Forschung der Version F5 an. Dennoch werden alle Rafale systematisch auf die aktuelle Version umgerüstet. Übrigens wieviel Eurofighter der Tranche 1, 2 und 3 hat die deutsche Luftwaffe noch? Hum?
2022 war das erste Jahr wo Frankreich Schwierigkeit hatte die Anzahl ihre Posten vollständig zu erfüllen. In 2023 und laut General Schill sind die „Rekrutierungszahlen“ wieder auf einem hohen Niveau und die „Bindung verbessert sich“. Und das, so sagte er, „dank spezifischer Maßnahmen“. Dass Sie jetzt die deutsche Rekrutierungsschwierigkeiten mit der Lage in Frankreich vergleichen, halte ich für stark übertrieben.
https://www.opex360.com/2024/09/12/larmee-de-terre-a-redresse-la-barre-en-matiere-de-recrutement-et-de-fidelisation/
Die französiche Regierung denkt nicht über eine Wehrpflicht nach. Sie will aber die Anzahl der Reservisten erhöhen. Bitte nicht alles verwechseln.
Die SNU spricht Jugendlichen zwischen 15 und 17 Jahre alt an. Sie kein „Pflichtpraktikum” sondern freiwillig. Sie steht tatsächlich in der Kritik, hauptsächlich weil die Mittel möglicherweise besser direkt der Armee zugutekommen könnten.
Sahel: Frankreich engagierte sich auf Wunsch der betroffenen Länder in der Sahelzone, um die Entstehung eines afrikanischen islamischen Kalifats zu verhindern. Nach einer Zeit bat Frankreich seine Verbündeten um Unterstützung, da sie nicht in der Lage war, eine Fläche, die fast so groß wie Europa war, allein zu kontrollieren. Nach einem Militärputsch in Mali und mit der Unterstützung der Wagner-Miliz wurde Frankreich aus Mali vertrieben. Andere Länder folgten. Ich persönlich fand es problematischer, dass Deutschland weiterhin mit Ländern zusammenarbeiten wollte, deren Demokratien militärisch gestürzt wurden. Dies ist umso erstaunlicher als die deutschen Streitkräfte vor Ort regelmäßig von den neuen Machthabern „bedrängt“ wurden. Es ist erstaunlich, dass Sie Frankreich jetzt dafür verantwortlich machen wollen…
https://augengeradeaus.net/2023/03/merkposten-mali-bamako-will-frankreich-im-un-sicherheitsrat-kaltstellen/#comment-397441
Die Zeiten, in denen Deutschland seine Unterstützung für die Ukraine auf die Entsendung von 5.000 Helmen beschränkte, sind in der Tat vorbei. Frankreich liefert jedoch Kampfflugzeuge, während Deutschland sich weigert. Es ist auch Frankreich, das den Scalp liefert, während Deutschland den Taurus immer noch zurückhält. Es ist auch Frankreich, das mit dem AMX 10 RC als erstes Kampf Panzer entsandt hat und damit die Abrams, Leopard oder Challenger zuvorkam. Sie haben aber Recht, dass die Effektivität des AMX 10 RC von den Ukrainern zu Beginn seines Einsatzes kritisiert wurde. Dies lag vor allem daran, dass die Ukrainer den AMX 10 als Offensivpanzer einsetzten, was er aber nicht war. Tatsächlich wurde der AMX 10 für Aufklärungs- und Unterstützungsmissionen konzipiert. Nachdem die Ukrainer diese Einsatzdoktrin verinnerlicht hatten, änderten sie ihre Meinung über den AMX 10:
„Die ukrainischen Marines begrüßen ihr neues Reittier aus französischer Produktion: den AMX-10! Wir haben ihn mit unseren Kämpfern ausprobiert und sind übereingekommen, ihn das ’schnelle Scharfschützengewehr auf Rädern‘ zu nennen. […] Diese schnellen und modernen Maschinen mit ihren starken Kanonen werden uns helfen, unser Territorium zu befreien“, ließ der damalige Verteidigungsminister Oleksii Reznikov im April 2024 verlauten.
https://www.opex360.com/2024/12/17/selon-les-militaires-ukrainiens-lamx-10rc-se-revele-redoutablement-efficace/
Ich glaube, dass ein bisschen mehr Nuance wäre, hier sehr gut angebracht.
@all
Mit dem vorangegangenen Kommentar hoffe ich auf ein Ende der inzwischen recht schrägen Debatte „Deutschland oder Frankreich, wer hat die bessere Armee?“ Das war nicht Thema dieses Threads, und der OT ist nun lang genug ausgeufert.
Guten Morgen,
Leider sind die Diskussionen zum Thema Personalstärke und Gesetz zur Steigerung der Attraktivität schon geschlossen. Wenn das zu OT ist einfach löschen oder evtl. verschieben.
Aber da es ja wie bei der DF-Brig um die Stärkung der Ostflanke der NATO geht, freut es mich das heute ab 9 Uhr im BT über den Gesetzesentwurf unseres Ministers abgestimmt wird. Wie bereits im September zum Referententwurf diskutiert, kommen damit weitreichende Änderungen in Bezug auf die SAZV, bzgl Führsorge und Trennungsgeld für die Familien und Soldaten zur Abstimmung.
Hier der zur Abstimmung stehrnden Änderungen. Die MZ aus dem Bundesrat erfolgte ohne Änderung mWn.
https://dserver.bundestag.de/btd/20/134/2013488.pdf
Sollte dieser soweit angenommen werden haben wir einen weiteren wichtigen Schritt für die Attraktivität und die Einsatzbereitschaft mit Blick auf die Brig 45 Litauen gemacht. Das dürfte dann auch weiter die Rollen des Stettiner Korps stärken, in die sich die Unterstellung der DF-Brig einreiht.
[Meldung zu den verabschiedeten Gesetzen kommt noch, und am Artikelgesetz ist noch mal geändert worden. Hier bitte das Thema nicht weiter verfolgen. T.W.]