OPlan Deutschland vs. Planfeststellungsbeschluss von 2013 (m. Nachtrag)
Während die Bundeswehr den Operationsplan Deutschland erarbeitet, um im Krisen- und Kriegsfall unter anderem die Verlegung von Truppen durch das Land sicherzustellen, schafft das deutsche Baurecht Fakten: Am Nord-Ostsee-Kanal bei Kiel wurde eine speziell präparierte Fährstelle abgerissen, die für den Übergang von militärischem Gerät über die Bundeswasserstraße vorgesehen war.
Über den Abriss berichteten am (heutigen) Donnerstag die Kieler Nachrichten (hinter Paywall): Für die Verbreitung des Kanals wurde im Dezember 2013 (rpt 2013) ein Planfeststellungsbeschluss getroffen, der den Abriss der vorbereiteten Fährstelle bei Königsförde westlich der Landeshauptstadt vorsah. Mehr als zehn Jahre später habe es deshalb keine Möglichkeit gegeben, darauf zu verzichten, zitiert das Blatt den Projektleiter für den Ausbau: Der gültige Planfeststellungsbeschluss sieht den Abriss vor. Wenn es heute geplant worden wäre, wäre die Fährstelle sicher nicht abgerissen worden.
Das Landeskommando Schleswig-Holstein der Bundeswehr, das im Krisenfall mit der Verlegung von Truppen durch das nördlichste Bundesland befasst wäre, wurde nach Angaben eines Sprechers nicht vom Abriss informiert. Allerdings habe die Bundeswehr das Gewässer inzwischen so genau erfasst, dass es Alternativen für das Übersetzen von Truppen und Gerät an anderen Stellen gebe, sagte Fregattenkapitän Frank Martin auf Anfrage von Augen geradeaus!: Das bricht nicht wie ein Kartenhaus zusammen.
Im Zuge des Operationsplans Deutschland erfasst die Bundeswehr unter anderem, welche Verkehrswege für Transporte infrage kommen, zum Beispiel welche Lasten auf welcher Brücke möglich sind und welche Alternativen es gibt. Die speziell vorbereitete Fährstelle bei Königsförde, die unter anderem das Anfahren der Ufer mit schwerem Gerät wie Panzern oder Lastwagen ermöglichte, war offensichtlich noch nicht bei den zuständigen Ämtern als Problem angekommen.
Für die Gewässerüberquerung des Kanals, der das Bundesland praktisch zweiteilt, setzt die Bundeswehr übrigens auf die M3-Amphibie des deutsch-britischen Pionierbrücken-Bataillons 130 aus Minden. Allerdings ist die Fähigkeit dieser Einheit, wie es im Militärsprech heißt, eine Engpassressource – und die verfügbaren Brücken dieses einzigen Bataillons dieser Art in den europäischen NATO-Ländern sind für Übungen der Allianz zwischen Portugal und Polen ständig unterwegs.
Nachtrag: Ein Leser hat den Planfeststellungsbeschluss vom 4. Dezember 2013 rausgesucht (vielen Dank!) und die Stelle mit der damaligen Äußerung der Bundeswehr gefunden (S. 439):
Der Wehrbereichsverwaltung Nord, Außenstelle Kiel hat sowohl im Rahmen der ursprünglichen Auslegung der Planunterlagen als auch im Planänderungsverfahren mitgeteilt, dass durch das hier genehmigte Vorhaben die Belange der Bundeswehr nicht berührt würden.
Die Wehrbereichsverwaltung Nord, IUW 1 in Hannover hat eingewandt, dass von der vorgesehenen Baumaßnahme die militärischen Ersatzübergangsstellen (ErsUgSt) Landwehr und Königsförde betroffen seien, die militärisch allerdings nicht mehr relevant seien und daher im Rahmen des Ausbauvorhabens zurückgebaut werden könnten. Dies müsse allerdings derart erfolgen, dass der Bundeswehr keine Kosten entstünden. In der Einwendung ist darum gebeten worden, schriftlich zu bestätigen, dass der Bundeswehr für den Rückbau der Wasserbauteile der ErsUgSt Landwehr und Königsförde keine Kosten entstünden und die Bundeswehr mit dem Rückbau aus der Haftung entlassen sei.
(Archivbild März 2024: Tschechische Pandur-Schützenpanzer auf der M3-Amphibie auf der Elbe)
@Y-998201 sagt:
23.09.2024 um 21:12 Uhr
…2020 in Beirut haben 2750 Tonnen Ammoniumnitrat umgesetzt das würde damals mit dem Energieäquivalent von 1,1 KT TNT angegeben… nach der Rechnung würde die M/V Ruby mit dem Potential einer 8KT Bombe umher fahren. Klingt jetzt richtig wahnsinnig, oder? Nein, tut es nicht! Solange da keine Zündquelle dran kommt passiert damit nix. Die Havarie war eine Grundberührung. Da ist dann für den Klasse Erhalt (TÜV für Schiffe) ein Docken vorgeschrieben und die Besichtigung durch einen Besichtiger (Prüfingenieur) der Klassifikationsgesellschaft vorgeschrieben. Und genau das verweigern die europäischen Küstenstaaten. Dann gibt’s vom Flaggenstaat des Schiffes und der Klasse eine befristete Ausnahmegenehmigung um die Reise planmäßig durchzuführen und die Ladung am Bestimmungshafen zu löschen. Danach geht’s dann ins Dock und die Klasse macht ihren Haken drunter. Wär das Schiff ernsthaft beschäfigt, wäre es bereits auf Tiefe gegangen…. im großen und ganzen geht’s eigentlich nur um Papier was schwarz gemacht werden muss.
Aber die Medien mögen reißerische Berichte. Wenn der Dampfer sinken würde, passiert genau nix. Das zeuch löst sich in Wasser auf. Ich musste schon das Laden und Löschen von Dünger Stundenlang unterbrechen, weil die Luftfeuchtigkeit zu hoch war.
@ Y-998201 sagt: 23.09.2024 um 21:12 Uhr
Sorry, ich kann auch nichts finden, habe nachtraeglich, nach meinem Beitrag hier, in Sache Bluff gegoogelt – es wird nicht und nirgens erwaehnt.
Aber ich war ca 1 Monat nach dem big bang in Bluff und habe die locals erzaehlen lassen und den Schaden gesehen, nach meinen alten Reiseaufzeichungen soll es am 15.10. 2002 gewesen sein.
@Schlammstampfer
Die Arbeiten zur Verbreiterung des NOKs laufen seit über vier Jahren schon. Kann man sich z.B. auf Google Maps angucken. ;-)
@Schlammstapfer: Es wird seit 2020 gebaut. Es gibt dazu Infobriefe, eine Webcam und Internetseiten:
https://www.wna-nord-ostsee-kanal.wsv.de/Webs/WNA/WNA-NOK/DE/1_Projekte/2_Investitionsprogramm_NOK-Strecke/1_Ausbau_Oststrecke/ausbau_oststrecke_node.html
Disclaimer: Ich habe einfach nach „Oststrecke NOK“ gegoogelt.
Metallkopf sagt:
23.09.2024 um 8:24 Uhr
…
Thema Sprengschächte: Ich gehe davon aus, dass der russische Dienst sehr genau weiß, wo die sind. …
Sowas hatte die NVA schon in den (späten) 70ern und den 80ern vom kompletten Territorium der damaligen Bundesrepublik. Darin waren alle möglichen Sperranlagen, Brücken, Übersetzstellen, mögliche Überschwemmungsgebiete usw. eingezeichnet. Nannte sich, glaube ich mich zu erinnern, „Kartenwerk des operativen Ausbaus und der Passierbarkeit“ und war als Geheime Verschlusssache (GVS) eingestuft. Woher ich das weiß? Ich hatte das Monstrum eine Zeit lang in meinem VS-Bestand.
Man darf also getrost davon ausgehen, dass Putins Geheimdienstkumpels der Zustand in Deutschland durchaus bekannt ist.
Um ein Stahlbetonbauwerk in seiner Struktur zu schwächen und abrißreif zu machen bedarf es nicht unbedingt einer Sprengung.
@Küstengang01 Als ehemaliger Sprengberechtigter ist mir bekannt, dass Ammoniumnitrat normalerweise nicht einfach so umsetzt. Aber Unfälle passieren. Darum ging es mir auch gar nicht. Aber an 40000ts würde man sich erinnern.
Es sprechen ja bereits einige Kommentatoren an, die Kritische Infrastruktur in Deutschland ist gegen Sabotage sehr verwundbar. Mich würde es nicht wundern wenn russische Nachrichtendienste GRU/SWR/FSB ect.PP hier hunderte wenn nicht tausende Schläfer platziert haben die im Ernstfall losziehen und einen veritablen Partisanen Krieg mit Brandsätzen und Sprengladungen führen. Für die Sicherung der nötigen Kritis ist ja eigentlich der Heimatschutz zuständig aber mit den 6 Heimatschutzregimenter kommt man dann nicht allzuweit. In den 80’ern war alleine für die Sicherung der Rhein-Main-Airbase (Ehm. Militärischer Teil des Frankfurter Flughafens) ein ganzes Heimatschutzbattalion ausgeplant zusätzlich zu BePo und US Personal.
Alleine die Bundesautobahn 2 hat knapp huntert Brückenbauwerke. Beim Bahnnetz reicht es ja bekanntlich an wenigen nolralgischen Punkten die Signaltechnik zu stören und es steht in ganz Deutschland jeder Zug. Ein paar Hochspannungsmasten gesprengt und wir haben in weiten Teilen des Landes Blackout.
Um das vernünftig zu sichern, zumindest die Marschwege der Alliierten von den Nordsee Häfen nach Polen oder Tschechien bräuchte man wohl ehr 60.000 statt 6000 Heimatschutzkräfte.
https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_gr%C3%B6%C3%9Ften_k%C3%BCnstlichen,_nichtnuklearen_Explosionen
Hier gibt es eine Liste. Bei sehr vielen steht „unbekannt“ bei der Sprengstoffmenge. Richtig häufig sind Explosionen im dreistelligen Tonnen-Bereich.
Nach dem dt. Sprengstoffgesetz ist ein Ammoniumnitrat-Gemisch dann als „gefährlich“ eingestuft bei einem Stickstoffgehalt über 16%.
Das ist regelmamässig der Fall bei landwirtschaftlichem Dünger. So auch in diesem Fall.
Im Grunde transportiert man 20.000 t Sprengstoff. Das TNT-Äquivalent ist hier 0,5. Also 10 kt.
Die,Hiroshima-Bombe hatte etwa 13 kt.
Zugegeben, zur Zündung muss einiges schiefgehen.
Dummerweise reicht aber eine kleine Sprengladung aus um ALLES hochgehen zu lassen, Stichwort Initialzündung.
Nach der derzeitigen Sicherheitslage könnte man etlichen Akteuren unterstellen da etwas drehen zu wollen. Das Schiff ist nicht wirklich bewacht.
Und wenn es passiert bleibt nichts mehr übrig um irgendeinen Schuldigen zu fassen…
Eine andere Möglichkeit ist eine Explosion im Rahmen von Reparaturen wie bspw. Schweissarbeiten.
Deshalb die Verweigerung von Hafeneinfahrten.
Selbst Malta, der Flaggenstaat, hat jetzt das Einlaufen verweigert.
Ein Transport von militärischen Sprengstoffen ist eine andere Sache. Gut bewacht und auch gut gewartete Schiffe statt Seelenverkäufer im russischen Auftrag.
Wobei ich das jetzt auch nicht so prickelnd finde…..
@Küstengang01
Es gibt vier Arten von Infrastruktur:
– Objekt ist keine KRITIS – weder zivil noch militärisch
– KRITIS (zivil)
– ZIMI – zivile Infrastruktur von militärischem Interesse
– verteidigungswichtige Infrastruktur
Grundsätzlich wird die Bw nur verteidigungswichtige Infrastruktur, ggf. noch herausragende ZIMI, schützen, sofern die Kräfte ausreichen.
Es wäre interessant zu wissen, in wie weit sich organisierte Kriminalität (OK) zu irregulären Aktionen motivieren ließe, ggf. auch ethnisch organisierte Gruppen. Über letztere wird ja – zumindest öffentlich – überhaupt nicht diskutiert.
@Apollo 11
„Ein Transport von militärischen Sprengstoffen ist eine andere Sache. Gut bewacht und auch gut gewartete Schiffe statt Seelenverkäufer im russischen Auftrag.“
Haben Sie irgendeinen Anhaltspunkt für „Seelenverkäufer“? Das Schiff wurde 2012 gebaut, ist deutlich jünger als viele „Military Sealift“-Schiffe.
@ Apollo 11 sagt: 24.09.2024 um 19:03 Uhr „Ein Transport von militärischen Sprengstoffen ist eine andere Sache. Gut bewacht und auch gut gewartete Schiffe statt Seelenverkäufer im russischen Auftrag.
Wobei ich das jetzt auch nicht so prickelnd finde…..“
Wir hatten 2000-2001 gelegentlich Ladungen von 2000ts Fliegerbomben (ohne Zuender) von Nord-Spanien in die Tuerkei. Vorschriftsmaessig nach HAZMAT gestaut, waren sie den Versicherern und der Personalabteilung (Heuertarif) nicht mal eine Gefahrenzulage wert. Meine Besatzung (Ukrainer) war sehr enttaeuscht – aber niemand ist abgemustert.
Das tonnenweise 1.1 auf deutschen Straßen unbegleitet unterwegs ist beunruhigt euch nicht?
Zum Abschluss:
Der Ausdruck „Seelenverkäufer“ trifft wohl öfter auf russisch gecharterte Öltanker zu. Für die Ruby ist das sehr wahrscheinlich übertrieben…
Der entscheidende Punkt den ich bedenklich finde ist das ein Schiff aus einem russischen (!) Hafen ausläuft mit 20.000 Tonnen explosivem Kunstdünger.
Das ist zwar grundsätzlich üblich. Nur haben sich in den letzten Jahren die Möglichkeiten der vorstellbaren hybriden Kriegsführung stark erweitert.
Und da kann es keine gute Idee sein ein aus einem russischen Hafen kommendes Schiff irgendwohin fahren zu lassen völlig ohne Bedenken.
Die Vermutung von geplanter Sabotage mag weit hergeholt erscheinen. Aber das Risiko bemisst sich ja mit Höhe des Schadensereignisses multipliziert mit der Eintrittswahrscheinlichkeit.
Und es geht hier um die potentiell grösste menscheninduzierte nichtatomare Explosion aller Zeiten.
In irgend einem Hafen. Den die Ruby ja verzweifelt versucht anzulaufen…
Beste Lösung: Einstweilen das Schiff auf Abstand halten ausserhalb der 12 Meilen Zone…
„Jede zehnte Brücke „nicht ausreichend“
Von den 3.786 Autobahnbrücken mit einer Mindestlänge von 50 Metern hätten 1.382 die Zustandsbewertung „noch ausreichend“ bekommen, bei 378 werde der Bauwerkszustand als „nicht ausreichend“ bezeichnet.“
aus ZEIT Online – so viel zur Drehscheibe DEU. Am besten verschifft man schweres Material direkt nach Polen oder ins Baltikum.
Und: selbst eine strukturschwache Brücke von unter 50 m Spannweite ist ein Hindernis. MLC 100 (+) durchgehend wird wohl auf längere Zeit unrealistisch sein, ggf. müssen Brücken auch abgelastet werden.
Wie sieht das denn mit den Eisenbahnbrücken aus ? Frage für einen russischen Freund …