„Hessen“-Einsatz im Roten Meer: Erstmals Gefechtsmedaille für komplette Besatzung
Erstmals ist eine komplette Bundeswehreinheit mit der Gefechtsmedaille der Streitkräfte ausgezeichnet worden. Die Besatzung der Fregatte Hessen erhielt nach ihrem Einsatz in der EU-Mission Aspides zum Schutz der Handelsschifffahrt im Roten Meer neben der EU-Medaille für diese Mission und der Einsatzmedaille Aspides der Bundeswehr die Einsatzmedaille Gefecht. Das Schiff hatte bei seinem Einsatz mehrere Angriffe der Huthi-Milizen abgewehrt.
Die Hessen war im März und April knapp zwei Monate im Roten Meer im Einsatz gewesen. Die Europäische Union hatte die Mission Aspides (griechisch für Schilde) in der Region im Februar begonnen, um Handelsschiffe vor den anhaltenden Angriffen aus dem Jemen zu schützen. Von dort hatten die Huthi-Milizen, die einen großen Teil des Landes kontrollieren, bereits seit November vergangenen Jahres Frachter und Tanker auf dem Weg zum Suez-Kanal mit Drohnen und Raketen angegriffen, um damit die islamistischen Hamas-Milizen im Gazastreifen im ihrem Kampf gegen Israel zu unterstützen.
Die Angriffe halten unvermindert an. So war vor zehn Tagen als 40. getroffenes Schiff der griechische Tanker Sounion schwer beschädigt worden und geriet in Brand. Sowohl der Einsatz der US-geführten Operation Prosperity Guardian und der EU-Mission als auch Angriffe der USA und Großbritanniens auf Einrichtungen der Huthi im Jemen selbst haben diese Aktionen bislang nicht eindämmen können.
Die Hessen hatte während ihres Einsatzes nach Angaben des Verteidigungsministeriums 27 Handelsschiffe durch das Rote Meer eskortiert. Dabei wurden vier Angriffe abgewehrt:
• Abschuss von zwei fliegenden Drohnen am 27. Februar
• eine Überwasserdrohne, die am 21. März mit dem schweren Maschinengewehr des Bordhubschraubers SeaLynx zerstört wurde, und
• eine Antischiffsrakete, die am 6. April abgewehrt wurde.
Als Anerkennung der Bedrohung, in der sich das Schiff befand, wurde die Gefechtsmedaille an die gesamte Besatzung verliehen. Die Sonderform der Einsatzmedaile wird laut Marine an Soldaten und Soldatinnen vergeben, die mindestens einmal aktiv an einem Gefecht teilgenommen oder unter hoher persönlicher Gefährdung terroristische oder militärische Gewalt erfahren haben.
Bislang war diese insgesamt mehr als 5.500 Mal verliehene Einsatzmedaille der Bundeswehr nur an einzelne Personen verliehen worden, nicht an ein ganzes geschlossenes Kontingent. Neben der Parlamentarischen Staatssekretärin Siemtje Möller war auch der Kommandeur der EU-Mission, der griechische Konteradmiral Vasileios Gryparis, bei der Verleihung am (heutigen) Montag in Wilhelmshaven anwesend.
Nach der Hessen hatte eigentlich Anfang September die Fregatte Hamburg in den Aspides-Einsatz gehen sollen. Das Schiff, dass zunächst zum Flugkörperschießen als Vorbereitung für den Einsatz ins östliche Mittelmeer gefahren war, soll allerdings angesichts der Lage im Nahen Osten vorerst dort bleiben und nicht ins Rote Meer verlegen.
(Foto oben: Hessen-Besatzung mit Medaille – Dirk Heuer/Bundeswehr; Foto unten: Die drei Medaillen nebeneinander – Cedric Turping/Bundeswehr)
Absolut verdient! Glückwunsch.
Da wäre die Schaffung einer „Medaille Seegefecht“ eleganter gewesen.
Und diese dann aber auch als Sammelabzeichen verleihen, wenn man eben
wieder in so einen Einsatz fährt…
Sehr vernünftig unseren Matrosen und Offizieren eine Ehrung zuteil wird. Sie verteidigen schließlich unsere Werte und unsere Freiheit.
Bravo Zulu! für die Crew und die wohlverdiente Ehrung.
@TW
Kann man von der Bundeswehr erfahren, wieviel Munition während des Einsatzes im Roten Meer verbraucht wurde, und wie groß daran die Anzahl der Lenkflugkörper war? Die US Navy ist da ja sehr transparent, siehe Ölpest-Topic. Auf bundeswehr.de läßt sich eine solche Angabe nicht finden. Zumindest bislang nicht.
Bravo Zulu.
Nicht nur an meinen Sohn ,der auf der Hessen dient, sondern an alle Kameradinnen und Kameraden.
Als Ehemaliger Kamerad im Minenabwehrverband Südflanke macht mich mein Sohn und die komplette Besatzung, sehr stolz.
So wie ich es verstanden habe gab es nur einen direkten Angriff auf die HESSEN, mit einer Drohne. Würdigt die Auszeichnung diesen einen Angriff oder die Teilnahme an Gefechtshandlungen auch ohne persönliche Gefährdung, also „allgemein“? Bei letzterem könnten auch die Artilleristen in AFG eine Gefechtsmedaille erhalten, die haben ja auch gewirkt.
Unter „Gefecht“ stelle ich mir als HUT etwas anderes vor.
Unglückliche Entscheidung einer kompletten Besatzung die „Gefechtsmedaille“ zu verleihen, wenn man bedenkt wann und wofür sie ursprünglich gestiftet wurde.
@AlterOlt v. 02.09.2024 um 18:24 Uhr
Warum sollte eine eigene Gefechtsmedaille für die Marine geschaffen werden? Weil „nur“ der Kommandant kämpft und deswegen einen besseren, höherwertigen Orden verdient hat?
Auf einem Schiff kann im Gefecht das Leben aller von einem Einzelnen abhängen, und das muss nicht zwingend der Alte sein.
Bei der Infanterie mag nach einem individuellen Fehler nur der Einzelne tot sein, auf einem Kriegsschiff ist es im schlechtesten Fall die gesamte Besatzung weil „abgesoffen“.
Von daher: richtige Entscheidung!
Grüße, Jon
Interessant ist die Entwicklung der “ Orden und Ehrenzeichen“ bei der Bundeswehr.
Zu meiner Wehrpflichtigenzeit in den 1980ern gab es so viel ich mich erinnern kann keine Orden die irgendwie mit Kampfhandlungen in Zusammenhang standen ( Man korrigiere mich sollte es anders sein…). Schon gar nicht die in anderen Armeen leider übliche Variante der posthumen Verleihung…
Die einzigen ernsten „Zwischenfälle“ damals waren Verkehrsunfälle mit BW-Beteiligu g…
Bei den heutigen Auslandseinsätzen gibt es jetzt „neu“ eingeführte Orden.
Einsatzmedaillen oder Gefechtsmedaillen sind da durchaus angemessen.
Und auch die gesamte Besatzung eines Schiffes im durchaus gefährlichen Einsatz damit auszuzeichnen ist völlig in Ordnung…
Als ehemaliger Wehrpflichtiger traure ich allerdings den Zeiten etwas nach ganz ohne „echte“ Auslandskampfeinsätze…
Ich erinnere mich dann noch an Mitte der 90er Jahre. Im Umfeld meines Sportvereins gab es damals eine kleine Welle an nachträglichen (völlig unkompliziert möglichen ) Verweigerungen bei ehemaligen Wehrdienstleistenden aufgrund der geänderten Gesetzeslage bzgl. Auslandseinsatz der BW.
Das war aber auch der Höhepunkt der „Friedensdividende“…
> Als Anerkennung der Bedrohung, in der sich das Schiff befand
Natürlich gönne ich der Besatzung die Anerkennung, nur:
Was ist denn da alles schief gegangen dass die komplette Besatzung einer AAW-Fregatte in so einem Umfeld wegen hoher persönlicher Gefährdung ausgezeichnet werden muss?
Finde nur ich das komisch? Gab es noch andere USV gegen die Hessen?
Gerade die Abwehr von zwei UAV und einem ASM sollten doch eher bei der Erfüllung der Minimalanforderungen für diese Klasse liegen und die sollten doch zuverlässig erfüllt werden können, sodass das eigene und andere Schiffe sicher sind?
Bei aller Wertschätzung gegenüber der Besatzung der Hessen… selbst ich als langgedienter Soldat finde eine solche Auszeichnung übertrieben.
Und das gilt nicht nur für den geschilderten Fall, sondern grundsätzlich für diese „Gefecht-Medaille“. Es ist schließlich mein Job als Soldat durchaus auch mal in einem „Gefecht“ zu sein – wobei ich das Abschießen von sich nicht wehrenden Drohnen nicht als solches bezeichnen würde, wobei man hier abhängig der jeweiligen SItuation auch durchaus anderer Meinung sein kann.
Auszeichnungen für BESONDEREN Mut und Tapferkeit vor dem Feind, oder auch für dahingehend erlittene Verwundung ist durchaus gerechtfertigt. Auch eine besondere Wertschätzung von Seiten der Bevölkerung für den POTENTIELL gefährlichen Soldatenberuf ist angebracht – wie auch für andere Berufe, die über das normale Maß hinaus gefährlich oder „dreckig“ sind. Aber eine Medaille zu bekommen dafür, dass ich einfach meine FREIWILLIG gewählte Arbeit gemacht habe, für die ich vom Steuerzahler auch entsprechend überdurchschnittlich bezahlt werde… irgendwie… unangebracht.
Das untergräbt auch den Stolz den man durchaus auch für die Besatzung und deren Erfolg empfinden könnte. Denn außerhab der militärischen „Blase“ winkt man bei solchen Meldungen oft nur milde lächelnd ab und verbucht das unter „militärische Kirmes“, Nicht wenige Zivilisten in vergleichbar, gefährlichem beruflichen Umfeld empfinden derartige „Auszeichnungen“ als lächerlich.
Gibt es sowas eigentlich auch bei der Polizei, z.b. für „die erfolgreiche 1. Festnahme unter realen Bedingungen außerhalb einer Lehranstalt“? -> „Medaille Verbrechensbekämpfung“. :-D
Wenn man Raketen abfeuert ist man der Held? Ich dachte, dass sei das Geschäftsmodell der Bundeswehr. Haben auch alle Infanteristen in Afghanistan, die geschossen haben, eine solche Auszeichnung erhalten?
Zwei Beiträge weiter kann man lesen, dass ein Öltanker im Aufgabenbereich dieser fragwürdigen Mission gerade brennt. Die int. Containerschifffahrt fährt weiterhin um Südafrika. Mir kommt das ein wenig vor wie Kasperletheater (gegen Ende von „Das Boot“…).
Ja, wie hätte man die Medaille bei einer Schiffsbesatzung auch anders verteilen oder aufteilen sollen? Nach Schwimmern und Nicht-Schwimmern?
Für mich geht das völlig in Ordnung, terroristische Gefahr war eindeutig vorhanden, Anspruch erfüllt.
Well done, buddies!
@all
Das wird jetzt in Teilen hier etwas toxisch. Es scheint, dass Heeresuniformträger, meist infanteristisch geprägt, mal erklären wollen, warum die Marine eigentlich gar nicht im Gefecht war. Es wäre ganz gut, wenn das jetzt unterbleiben könnte, sonst greife ich da ein.
@Georg Thun sagt: 03.09.2024 um 8:05 Uhr
„Auszeichnungen für BESONDEREN Mut und Tapferkeit vor dem Feind, oder auch für dahingehend erlittene Verwundung ist durchaus gerechtfertigt.“
Nur zur Klarstellung, diese Anforderung stellt die Gefechtsmedaille nicht. Dafür gibt es das Ehrenkreuz der Bundeswehr für Tapferkeit.
Zur weiteren Info hier:
https://www.bundeswehr.de/de/ueber-die-bundeswehr/selbstverstaendnis-bundeswehr/orden-auszeichnungen-bundeswehr/ehrenzeichen-bundeswehr
„Erstmals ist eine komplette Bundeswehreinheit mit der Gefechtsmedaille der Streitkräfte ausgezeichnet worden.“
Ob das so stimmt? Meine mich zu erinnern, dass eine der Einsatzkompanien bei KFOR in den 2010er Jahren nach Beschuss während eines CRC-Einsatzes bei Camp Cabra auch komplett mit Gefechtsmedaillen ausgezeichneten wurden.
@Pio-Fritz
Das ist mir durchaus bekannt. Deshalb schrieb ich ja, dass entsprechende Auszeichnungen bei Erfüllung der Bedingungen berechtigt sind. Dass die Gefechtsmedaille diese Anforderungen nicht stellt, ist ja genau der Inhalt meiner Kritik.
Um es für Sie verständlicher zu machen:
Ich kritisiere, dass Soldaten extra dafür ausgezeichnet werden, wenn sie ihren regulären Job machen. Ohne darüber hinaus besonderen Mut oder Tapferkeit zu beweisen. Ich halte die Gefechtsmedaille daher für unnötig. Wer seinen Dienst ordentlich versieht, erfüllt einfach seinen Auftrag/Vertrag – wie jeder andere Berufstätige auch, und braucht deshalb nicht ausgezeichnet werden.
Wer über das normale Maß hinaus dient (oder Verwundung erleidet), dem kann mit der Ehrenmedaille / dem Ehrenkreuz in seinen entsprechenden Abstufungen (inkl roter Umrandung) Respekt und Anerkennung gezollt werden – wenn berechtigt auch gerne ganzen Besatzungen. Wer besonderen Mut und Tapferkeit im Einsatz zeigt, erhält das Ehrenkreuz für Tapferkeit.
Von mir aus auch noch die Einsatzmedaillen als Erinnerung für Dienst unter erschwerten Bedingungen (Auslandseinsatz). – da gibt´s ja häufig auch noch entsprechende NATO- und UN-Medaillen „gratis“ für dieselbe Leistung dazu. Aber damit sollte es auch wirklich gut sein.
@ Jon Dhoe
Sie haben es nicht verstanden!
Die Medaillle würde die gesamte Besatzung erhalten – vom Kapitän bis zum Koch.
Und sie würde wieder verliehen, wenn man wieder in einem Seegefecht war.
Verdient für alle die dabei waren! Respekt! Ein bitterer Beigeschmack: Die eingeschifften Kräfte des Seebatallions waren nicht dabei und haben auch noch nichts erhalten. Von den Marinefliegern weiß ich nichts. Man muss die Truppe ja nicht extra zur Verleihung von Eckernförde nach Wilhelmshaven schicken, aber die Verleihung hätte am gleichen Tag stattfinden müssen. Chance verpasst.
Von wegen fehlender Rückhalt in der Zivilgesellschaft… Es klappt ja nicht einmal innerhalb der Bw.
Es hat aktive und „scharfe“ Angriffe gegeben. Die HESSEN hat diese gem. Auftrag abgewehrt. Warum wird das kleingeredet? Weil der Smutje nicht auch abgekrümmt hat?
Als die BW Camps in Afghanistan mehr oder weniger regelmäßig mit RPG beschossen wurden, hat kein einziger dafür eine Gefechtsmedaille erhalten. Nach der Schilderung hier auf der Fregatte, müsste man einige AFG Kontingente komplett im nachhinein dieselbe Medaille verleihen. Und zwar allen im Camp befindlichen.
Die Frage lautet wohl: „Was ist ein Gefecht?“
@T.W. um 10:35 Uhr:
Interessante Diskussion, die man nicht abwürgen sollte, nur weil einige Heereskameraden den Begriff „Gefecht“ anders definieren. Lassen Sie denen doch ihre Meinung (Meinungsfreiheit!).
Selbst ich als pensionierter Marineoffizier und ehemaliger Kommandant habe meine Zweifel, ob man mit dieser Verleihung der Sache gerecht wird und kann die Kameraden verstehen, die in einem „echten“ (manchmal mehrstündigen) infanteristischen Feuergefecht gestanden haben.
„Unter hoher persönlicher Gefährdung“ haben schon 1992/93 die Besatzungen der Zerstörer monatelang ihren Dienst bei der Embargooperation gegen Ex-Jugoslawien in der Adria versehen.
Wir waren damals durch den Seeziel-FK STYX der Serben schon deshalb „gefährdet“, weil uns das militärische Nachrichtenwesen keine Analysen zur Verfügung stellen konnte, anhand derer wir einen solchen Angriff rechtzeitig hätten bemerken und abwehren können. Dennoch hat keine der Besatzungen damals einen besonderen Orden dafür erwartet oder bekommen.
Trotzdem gönne ich der HESSEN-Crew diese möglicherweise übertriebene Auszeichnung.
Es geht nicht um die Frage Marine oder infantrie oder Luftwaffe. Es geht darum: Wofür wird hier belobigt? Die ganze Mission ist eine Lachnummer und wir klopfen uns auf die Schulter für ein paar abgeschossene Raketen?
Das hat etwas sehr surreales.
@Georg Thun sagt: 03.09.2024 um 11:56 Uhr
„Ich kritisiere, dass Soldaten extra dafür ausgezeichnet werden, wenn sie ihren regulären Job machen. Ohne darüber hinaus besonderen Mut oder Tapferkeit zu beweisen. Ich halte die Gefechtsmedaille daher für unnötig.“
Das heißt, Sie haben ein Problem damit, das es diese Medaille für etwas gibt, das Sie für die normale Soldatenpflicht halten. Das sieht der Dienstherr wohl anders und hat deswegen die Einführung dieser Medaille 2008 beim Bundespräsidenten beantragt.
Da hilft es dann auch nicht, wie hier einige Kommentatoren beklagen, das sie diese nicht bekommen haben, weil es sie seinerzeit nicht gab. Betrifft mich auch, ist eben so. Ich erinnere an dieser Stelle mal an die (tlw. unwürdige) Diskussion für die nationale Einsatzmedaille für UNOSOM.
Der Rest ist reine Verwaltungstechnik, dafür gibt es Vorschriften. Da werden die Voraussetzungen geprüft und wenn diese erfüllt sind, dann wird die Medaille verliehen.
Im Fall der „Hessen“ habe ich da überhaupt keine Zweifel. Im Gegensatz zu einem Feldlager, in dem die Soldaten in gewissen Rahmen auch Dienstschluss etc. haben, läuft so ein Schiff im Einsatzgebiet unter ständiger Gefechtsbereitschaft mit sehr kurzen Reaktionszeiten.
Wie @LuckySailor das schon schrieb, es ist auch eine Frage von „gönnen können“. Ich finde, einige meiner Heereskameraden hier könnten mal etwas runterkommen. Oder wie das auf neudeutsch heißt: „chillt doch mal“.
@AFG-Vet
In AFG hielten sich die Gerüchte sehr hartnäckig, dass diversen Stäben geschlossen die Gefechtsmedaille überreicht wurde, nachdem das Camp mal wieder beschossen worden war. Das traurige daran ist, dass die Statuten dieser Auszeichnung dies sogar hergeben würden…
Insofern geht die Verleihung an die Crew absolut in Ordnung, bedenkt man vor allem, was bei einem Treffer hätte passieren können.
Moin,
zunächst an diejenigen, welche meinen, eine Gefechtsauszeichnung für Soldaten sei nicht gerechtfertigt, da die Soldaten doch ohnehin nur ihren – vom Steuerzahler vergüteten – Job machen würden. Verschiedene Nationen verleihen Gefechtsmedaillien oder entsprechende Abzeichen. Spontan fallen mir Frankreich und die USA ein. In der US Navy ist es bspw. übliche Praxis, allen Besatzungsmitgliedern die mit ihrem Schiff im Kampf waren, den „Combat Action Ribbon“ zu verleihen, Dieses militärische Gebaren/Brauchtum mag für einige Außenstehende befremdlich erscheinen, ist aber eben üblich.
Für jeden, der sich etwas mit dem Seegebiet und den Houthi beschäftigte, war klar, dass die Fregatte Hessen wird kämpfen müssen. Die Frage war nicht ob sondern wann. Diese Einschätzung teilten offenbar auch der Verteidigungsminister und der Inspekteur der Marine, denn sonst hätten sie wohl kaum vor Eintritt der Fregatte Hessen in das Einsatzgebiet vom gefährlichsten Einsatz den deutsche Streitkräfte gegenwärtig wahrnehmen gesprochen. Gefährlich weil – ich wiederhole mich – klar war, dass die Hessen wird kämpfen müssen.
Weiterhin finde ich Kommentare, die sinngemäß darauf abheben, dass eine Drohne (unbemanntes Luftfahrzeug) sich nicht wehren würde und der Abschuss deshalb ja nicht so schwer sei und demzufolge keine Gefechtsmedaille „wert wäre“, gelinde gesagt extrem unkameradschaftlich. Weiterhin zeugen solche Aussagen davon, dass man sich nicht mit der Materie befasst hat aber stattdessen seinen Unmut unreflektiert freien Lauf lässt.
Die Huthi setzen im Kern vier Hauptwaffenkategorien ein: unbemannte Boote, unbemannte Luftfahrzeuge, Seezielflugkörper und ballistische Antischiffsraketen. Letztere werden erstmalig im Seegefecht eingesetzt. Sie kommen mit bummelig Mach 5 und lassen dem Schiff – so es denn ein Kriegsschiff ist und sich wehren kann -weniger als ein bis zwei Minuten „Vorwarnzeit“ und dann etwa 10 bis 20 Sekunden, um zu reagieren und die Bedrohung für sich bzw. ein zu schützendes Handelsschiff zu bekämpfen.
Die anderen o.g. von den Houthi eingesetzten Waffen sind nicht weniger gefährlich, wenn sie denn einschlagen und haben allemal das Potential Besatzungsmitglieder zu töten, schwer zu verwunden und das Schiff ernsthaft zu beschädigen.
Zusammenfassend kann man festhalten, dass auf See Kämpfe einfach in wesentlich höherer Geschwindigkeit und oftmals auch auf deutlich größeren Abständen stattfinden, als beim Kampf „Mann gegen Mann“ üblich ist. Kampf ist es trotzdem.
Zu der Bedrohung durch die Houthi kann man sich auch die CBS 60 Minutes Crisis in the Red Sea Doku ansehen, die ab Minute 06:55 das Ganze auch gut beschreibt.
Für mich hat die Besatzung der Fregatte Hessen einen guten Job gemacht und die Auszeichnung verdient. Wenn ich diesbezüglich etwas zu meckern hätte, würde ich fragen, warum die Verleihung erst jetzt passiert (Schiff ist seit Monaten zu Hause) und dass die Anzugsordnung nicht eingehalten wurde. Erst kommen von links nach rechts die nationalen Medaillen in ihrer Wertigkeit absteigend und danach die internationalen. ;)
[Ehe sich das beliebte Thema Anzugordnung verselbständigt: Die Reihenfolge auf dem Foto dürfte vom Fotografen festgelegt worden sein, nicht vom Protokoll… Und damit hätten wir das auch erledigt. T.W.]
Kurioserweise würde es für Soldaten im LV/BV-Szenario nach heutiger Rechtslage keine solche Auszeichnung geben, denn der StiftEinsatzMedBWErl ist nur auf Einsätze oder besondere Verwendungen im Ausland im Rahmen humanitärer, friedenserhaltender oder friedensschaffender Maßnahmen anwendbar.
Eine „Gefechtsmedaille“ im allgemeinen Sinne gibt es nicht.
Für die erste reale Festnahme außerhalb der Dienstzeit während des ersten Ausbildungsjahres, habe ich mal eine schriftliche Belobigung mit Eintrag in die Personalakte durch den Leiter der Lehrabteilung bekommen.
Nichts was an der Brust glänzt, dafür aber Türen öffnen kann.
Ansonsten gibt es da so etwas: https://www.die-deutschen-orden.de/category/ordensuebersicht/kategorien/polizei/
Üblich ist auch das Tragen des Deutschen Sportabzeichens, des Deutschen Rettungsschwimmerabzeichens, des Europäischen Polizeileistungsabzeichens und ähnliches. Kurz gesagt alles was mit sportlichen Leistungen oder Lebensrettung zu tun hat.
@AleterOlt v. 03.09.2024 um 11:59 Uhr
Ich widerspreche:
Das „Problem“ ist doch, dass die bestehende Einsatzmedaille am „persönlichen“ Einsatz festgemacht wird. Das gibt es auf einem Kriegsschiff nicht – das Äquivalent der „Person“ ist das Schiff als kämpfende Einheit – in Persona der Kommandant. Nur ihn auszuzeichnen war lange Tradition, mit der nun gebrochen wurde. Jetzt haben alle, die zur Person „Schiff“ gehören, die Auszeichnung erhalten. Verdient, wie ich finde.
Ich meine, die Linie verläuft zwischen: direkter persönlicher Bedrohung / Todesgefahr (i.d.R. Kampftruppe und tlw. Lw / Heeresflieger, u.a.) und einer eher abstrakten Bedrohung.
Daß auch die Marine früher tlw. Totalverluste erlitten hat ist eben nicht mehr präsent (tlw. mit Verlusten an 100% der Crew), das bezieht sich aber auf die mögliche, nicht die hier beschriebene mögliche Bedrohung.
Dies sollte besser kommuniziert werden.
Im ersten Moment dachte ich… „Oh man schöne Ordens Inflation!“ Aber dann kam mir doch die Einsicht das die Besatzung ja ganz genau die Verleihungsbestimmungen erfüllt hatte. Vielleicht stören sich ja einige das es halt nicht mit dem harten Infanteriegefecht vergleichbar ist. Das hat z.B. die US Army mit ganzen drei Auszeichnung gelöst.
Da gibt es für Infanteristen die Combat Infantry Badge.
Für Sanitäter die Combat Medic Badge und für alle anderen die Combat Action Badge. Für alle die Verwundet wurden das Purple Hart. Die Navy/Marines/Coast Guard haben ihr Combat Action Ribon das auch an ganze Besatzungen verliehen wird wenn der Marineminister das Schiff Qualifiziert. Und die Air Force hat ebenfalls ihre Combat Aviation Medal…..
Die USA kennen also sechs verschiedene Orden und Auszeichnungen je nach Teilstreitkraft und Truppengattung und ob man verwundet wurde. Wir kennen nur die Eine Gefechtsmedaille.
Einige hier sollten entspannen, Im ersten Jahr nach Stiftung der Medaille Gefecht wurde diese in Afghanistan, wenn ich mich richtig erinnere, über 4.500 mal verliehen. Und das zu einer Zeit, wo 20 bis 25% der Ktgt-Angehörigen überhaupt nur die Feldlager verließen, zusätzlich zum In- und Out.
Auch dort hat man großzügig verliehen, „Konvoy vorne beschossen, Besatzungen der Fzg hinten, hinterm nächsten Hügel, ebenfalls ausgezeichnet…“
Das Thema „Orden und Ehrenzeichen“ wird – gerade im militärischen Bereich – wohl primär mit der Idee der Anerkennung für individuelle Verdienste bzw. sogar Tapferkeit verbunden. Die Gefechtsmedaille gehört dagegen zu den „Ich bin dabei gewesen“- Abzeichen, die scheinbar durch entsprechende Ehrenzeichen-Traditionen z.B. aus dem US-Raum und der Sowjetunion / Russland inspiriert wurden (Als deutsche Vorläufer mag man die „Schilde“ der Wehrmacht ansehen (Narvik, Cholm, Krim).
Ich würde sie klar von den Auszeichnungen für Verdienste im allgemeinen und persönliche Tapferkeit in Gefahrensituationen unterscheiden, Viel zu wenig anerkannt sind hier die – nicht nach Quoten verteilten – Ehrenkreuze „mit dem roten Rand“.
Ansonsten sollte man das Thema „Orden“ nicht überhöhen. Der Stifter der französischen Ehrenlegion, Napoleon Bonaparte hat einmal gespottet, dass Orden Spielzeuge seien, mit denen man Männer regiere. Und ein Bonmot formuliert, dass es vier Arten von Orden gäbe; verdiente, erdiente, erdienerte und erdinierte. Dazu passt auch eine, heute noch auf YouTube abrufbare Satire „Orden für die Wunderkinder“ aus den Anfangsjahren der Bundesrepublik.
Den für mich nachdenklichsten Beitrag zur Bedeutung von Orden hat Friedrich II von Preußen geliefert, der einmal gesagt hat „Dem Mann, der die Geige baut, dankt allein der Klang“. .
Zunächst BZ an die Besatzung die ich persönlich kenne! Dann Dank an alle (@T.W. auch an Sie natürlich) die ebenfalls gratuliert haben.
Zum Rest muss ich teilweise sagen: ohne zu wissen was vor Ort los war und Detailkenntnisse von der Marine, bzw. Seefahrtseinsatzerfahrung zu haben wäre manchmal „Reden ist Silber, Schweigen ist Gold“ angebracht. Auch ich durfte mir von HUT schon anhören wir würden ja gar keine richtigen Einsätze machen, andererseits aber „Sechs Monate auf einem Schiff wäre nichts für mich“… Und zur Auszeichnung der gesamten Besatzung: wie denn sonst? Das ist im Grunde nichts anderes wie z.B. eine Panzerbesatzung. Nur eben „ein paar“ Leute mehr. Ein Schiff kämpft als Gesamtheit. Hier zu unterteilen ist Unsinn. Konkret zum Seegefecht jeglicher Art: primär kämpft erstmal die OPZ. Sekundär alles spätestens „wenn es kracht“, sprich das Schiff getroffen wird. Wäre das einigen etwa lieber gewesen? (Ja, ich bin wütend wie hier einige eine Leistung, die sie nicht nachvollziehen können, klein reden! Das ist unkameradschaftlich!)
Ich finde es absolut schlüssig, dass die gesamte Besatzung eines Waffensystems diese Auszeichnungen erhalten hat. Bei Kampfpanzern, Transportflugzeugen u.ä. würde ebenfalls die gesamte Besatzung ausgezeichnet. Eine Fregatte ist am Ende auch nur ein einzelnes Waffensystem, wenn auch eine Nummer größer, als in den Vorstellungen der meisten. Und jeder/jede Besatzungsangehörige ist von den richtigen Entscheidungen des Kommandanten oder der Kommandantin abhängig – und zwar absolut und unmittelbar. Und da wir keine Waffensysteme auszeichnen (historisch und geografisch gibt es andere Beispiele, z.B. Kleiner Kreuzer EMDEN) sondern Menschen, ist die umfängliche Auszeichnung der gesamten Besatzung nur konsequent und richtig. BZ!
Ich finde die Argumentation „Waffensystem Panzer“ ≈ „Waffensystem Fregatte“ und die Auszeichnung der jeweils ganzen Fregatte schlüssig und sinnvoll.
Warum die Soldaten des Seebataillons keine Gefechtsmedaille bekommen haben, ist für mich allerdings nicht nachzuvollziehen. Sind die nicht ab Einschiffung Teil des „Waffensystem Fregatte“?
Aber das ist alles Schmuck am Nachthemd äh Diener. Hauptsache alle gesund nach Hause gekommen und Auftrag erfüllt.
@Gerd Peters SeeBtl und alle anderen eingeschifften Kräfte werden auch ausgezeichnet, nur das an ihren jew. Standorten, bzw. in ihren Einheiten. Es sind ja auch mache der Stammbesatzung aus dem Einsatz schon versetzt, auch die werden dann in ihrer neuen Einheit ausgezeichnet.
Kurz: wer die Voraussetzungen erfüllt bekommt auch die Medaillen, egal wo er oder sie jetzt ist.
Bravo-Zulu an die Besatzung! Ich gönne jedem Besatzungsmitglied diese Auszeichnung, auf die man zurecht stolz sein darf. Leider bleibt für mich als HUT aber ein fader Beigeschmack, weil man nicht überall mit gleichem großzügigem Maß entscheidet. Ich denke, hier wurde auch das „1. Mal der Marine“ berücksichtigt zuzüglich der Punkt, das der Einsatz in den Medien sehr präsent war. Als die Gefechsmedaille gestiftet wurde, wurde ähnlich inflationär beim Heer vergeben, was später deutlich restriktiver gehandelt wurde. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, das der Antrag für Gefechtsmedaillen einer ganzen Patrouille, die in AFG angesprengt wurde (Material- aber kein Personenschaden), zurückgewiesen wurde und nur die Besatzung des angesprengten Fz ausgezeichnet wurde. Ohne Bewertung, daß die gesamte Patrouille gefährdet war, die vorderen Fz ebenfalls über das IED gefahren sind, der Splitterradius deutlich größer als eine Fz-Länge ist usw. Okay, kann man so entscheiden, aber ich verstehe dann eben auch die oben geposteten Statements der Heereskameraden, die der Verleihung an die gesamte „Hessen“ etwas skeptischer bewerten. Hier wäre eine etwas paritätischere und nachvollziehbarere (vllt. auch großzügigere) Verleihungspraxis wünschenswert.
@Thomas Melber
„ Ich meine, die Linie verläuft zwischen: direkter persönlicher Bedrohung / Todesgefahr (i.d.R. Kampftruppe und tlw. Lw / Heeresflieger, u.a.) und einer eher abstrakten Bedrohung.“ – Was ist denn an einem Seeziel-FK abstrakt? Wenn die Fregatte getroffen wird, hat man – um das in Heeresbegriffen zu beschreiben – einen Zug Tote und einen Zug Schwerverletzte. Was ist daran abstrakt?
BZ an die Besatzung der Hessen.
In Anbetracht der Gesamtumstände sowie der erzielten Resultate vollumfänglich verdient und in Teilen beispielgebend.
@polemische Kritiker
Meine Herren, ich empfehle dringendst sich zukünftig zuerst über die reale Lage vor Ort sowie die Auftragserfüllung in Gänze zu informieren. Ansonsten machen Sie sich weiterhin, nicht nur persönlich vollumfänglich zum Obst sondern auch Ihre und meine Teilstreitkraft.
Gefechtsmedaille, Ehrenkreuz für Tapferkeit und Sonderausführungen mit rotem Rand sind die einzigen noch anhand realer Kriterien verliehenen Ehrenzeichen der Bundeswehr. Die „normalen Ausführungen“ Medaille/Ehrenkreuz bronze-silber-gold sind sowohl nach langjährigen eigenen Beobachtungen, als auch nach den offiziellen Statistiken irgendwo zwischen Willkür, Zufall und Vetternwirtschaft angekommen. Abgesehen davon, dass sogar die offiziell zulässigen Verleihungszahlen in den allermeisten Jahren nicht erreicht werden und die höchste Stufe in Gold fast am häufigsten verliehen wird. Da gibt es seit Jahrzehnten tolle Bundestagsanfragen zu. Aber jetzt sind wir sehr am Rande des off topic…
Nach SPIEGEL-Informationen feuerte die Besatzung der »Hessen« versehentlich auf eine US-Drohne vom Typ Reaper.28.02.2024
[Wie hier mehrfach berichtet. Was wollen Sie in diesem Zusammenhang ausdrücken? T.W.]
@Müller Und wie man ebenfalls nachlesen kann war das kein Versehen. Das Schiff hatte eine Drone geortet die kein IFF Signal ausstrahlte, auf Nachfrage bei den Verbündeten hies es „Ist nicht von uns!“ Da das Flugprofil eine Bedrohung möglich erscheinen lies wurde die Bekämpfung eingeleitet. Dies völlig zu Recht und gem. ROE. Noch Fragen?
@Unreal: Vielen Dank, BZ wie man bei der Marine sagt.