Ganz viele Gesetzes-Stellschrauben: Mehr Attraktivität für Brigade Litauen, mehr Industrie im Notstandsgesetz
Mit einem Bündel an finanziellen Maßnahmen hofft die Bundeswehr, mehr Soldaten und Soldatinnen gewinnen zu können – und die Meldung von ausreichend Freiwilligen für die geplante Kampfbrigade in Litauen zu sichern. Das Bundeskabinett verabschiedete dafür den Entwurf eines umfangreichen so genannten Artikelgesetzes, das darüber hinaus ausgeweitete Vorschriften für die Wirtschaft im Kriegsfall vorsieht.
Das Gesetz zur weiteren Stärkung der personellen Einsatzbereitschaft und zur Änderung von Vorschriften für die Bundeswehr, dass die Regierung am (heutigen) Mittwoch billigte und dem Bundestag zur Abstimmung weiterleitete, führt unter anderem zu einem Teil-Abschied von der Soldatenarbeitszeitverordnung (SAZV). Die bleibe im Grundbetrieb zwar gültig, sagte der stellvertretende Ministeriumssprecher Oberst Arne Collatz in Berlin. Die möglichen Ausnahmen würden aber deutlich ausgeweitet.
Das betrifft vor allem einen finanziellen Ausgleich für Mehrarbeit: Künftig soll in mehr Fällen als bisher gezahlt statt in Freizeit ausgeglichen werden – auch im Ausland. Damit soll vermieden werden, dass die Heeresbrigade, die ab 2027 in Litauen stationiert werden soll, bei umfangreichen Übungen durch den Freizeitausgleich praktisch lahmgelegt wird. Finanzielle Ausgleiche gibt es auch an anderen Stellen, zum Beispiel bei den Truppenteilen, die künftig in sehr hoher Alarmbereitschaft für die NATO stehen.
Für die Brigade in Litauen hofft das Verteidigungsministerium zudem auf Attraktivität durch eine Änderung der Regelungen für Umzugskosten und Trennungsgeld: Wer aus dem – geplant mehrjährigen – Einsatz im Baltikum zurückkehrt, soll sowohl den Umzug an seinen Heimatort als auch dann Trennungsgeld bei einer Stationierung an einem anderen Bundeswehr-Standort in Deutschland bekommen. Hinzu kommen mögliche Zahlungen für den Ausgleich von Pflegekosten zum Beispiel betreuungsbedürftiger Angehöriger sowie für Zuschüsse zur Altersversorgung der (Ehe)Partner. Allerdings, auch das machte der Ministeriumssprecher deutlich, werde bei allen Bemühungen um Freiwillige für die Brigade Freiwilligkeit nicht das oberste Organisationsprinzip der Streitkräfte sein können.
Die wesentlichen geplanten Änderungen hat das Ministerium in einer Pressemitteilung als Übersicht aufgeführt
20240904_BMVg_Artikelgesetz_Zeitenwende
und für die Feinschmecker den Gesetzentwurf online gestellt. (Die Sicherungskopie: 20240904_Entwurf_Artikelgesetz_Zeitenwende)
Die Aussagen des stellvertretenden Ministeriumssprechers (und zuvor des stellvertretenden Regierungssprechers Wolfgang Büchner) in der Bundespressekonferenz zum Nachhören:
Was das Ministerium in seiner Pressemitteilung (s. oben) recht knapp abhandelt
Der sachliche und räumliche Anwendungsbereich des Arbeitssicherstellungsgesetzes wird erweitert, um die Versorgung der Bundeswehr und der verbündeten Streitkräfte für Zwecke der Verteidigung einschließlich des Schutzes der Zivilbevölkerung besser gewährleisten zu können.
steht zwar nicht im Mittelpunkt dessen, was die Bundesregierung, das Wehrressort und die Bundeswehr im Zusammenhang mit diesem Gesetz offensiv bewerben – aber da steckt einiges drin, was langfristig für die Wirtschaft und damit auch für die Gesellschaft in einem Spannungs- oder Verteidigungsfall von Bedeutung ist, wenn nicht schon vorher.
Das Arbeitsicherstellungsgesetz ist eines der Notstandsgesetze aus den 1960-er Jahren, mit dem bestimmte Arbeitsbereiche im Falle von Krise und Krieg am Laufen gehalten werden sollen. Seit dem Kalten Krieg waren das vor allem Betriebe der Strom- und Wasserversorgung sowie der Abfall- und Abwasserentsorgung, Krankenhäuser und Pflegeheime, Ölraffinerien, Verkehrsunternehmen einschließlich Reedereien sowie Post und Telekommunikation.
Künftig wird von dieser Regelung die gesamte Rüstungsindustrie erfasst. Darüber hinaus aber auch praktisch alle Unternehmen, die Dienstleistungen für die Streitkräfte bereitstellen: Neu aufgeführt werden
– sonstige Unternehmen, soweit deren Leistungserbringung im Rahmen von Vertragsverhältnissen zur Versorgung der Bundeswehr und der verbündeten Streitkräfte erforderlich ist,
– Betriebe oder Betriebsteile, soweit sie Militärausrüstung, einschließlich dazugehöriger Teile, Bauteile oder Bausätze liefern, erzeugen oder Dienstleistungen in unmittelbarem Zusammenhang dazu erbringen
– Forschungseinrichtungen, soweit sie militärisch forschen
Die Frage nach einer Kriegswirtschaft stellt sich damit noch einmal anders; mal sehen, ob es zu diesen geplanten Gesetzesänderungen eine Debatte gibt.
@TW
Soweit mir bekannt sind wohl alle Sicherstellungsgesetze – die sog. „Schubladengesetze“ sind – in Überarbeitung. Man darf gespannt sein ob die Umsetzung auch einmal erprobt wird bzw. ob es Ausführungsbestimmungen gibt.
https://de.wikipedia.org/wiki/Sicherstellungs-_und_Vorsorgegesetze
Dazu vielleicht ganz interessant: „Das Notstandsrecht im Lichte des Krieges in der Ukraine“
https://www.bundestag.de/resource/blob/948530/ac7c2766a3c534557662fb641c669576/WD-2-004-23-pdf.pdf
Mit dem Teilabschied von der SAZV ist aber auch klar, dass von dem Bestandspersonal Personal, welches nicht mehr allzu zahlreicht vorhanden ist (um die Aufgaben zu erfüllen), die Arbeitslast immer weiter ansteigen wird.
Gesundes, motiviertes und einsatzbereites Personal wird man so nicht weder gewinnen noch erhalten.
Die „Ausnahme“ (i.S.v. Ausnahmetatbestand bzw. Tätigkeiten außerhalb des Grundbetriebes) kann damit immer öfter zur Regel werden. Finanziell lohnt sich ein Ausgleich dieser Mehrarbeit nicht wirklich, für höhere Dienstgrade ist der Ausgleich in Freizeit attraktiver. Niedrigere Dienstgrade laufen Gefahr, ggf. mehr Steuern zahlen zu müssen oder z.B. bei den Kosten für die Kinderbetreuung in eine höhere Stufe zu rutschen.
Die Attraktivität für Mannschafter ist IMHO zweifelhaft, für mich war zu der Zeit eine wesentlich höhere Vergütung als die BW Mannschaftern zahlt weniger wert als die Freizeit.
Mögen andere anders sehen, aber vermutlich nicht alle
Das ist doch bezeichnend.
Würde man von der Wirksamkeit der eigenen Maßnahmen überzeugt sein,
bedürfte es nicht dieser Klarstellung.
Denn diese bedeutet nichts Anderes als die Versetzung nach Litauen auch gegen den Willen des Soldaten, wenn sich nicht genügend geeignete (!!) Freiwillige finden.
Denn diese benötige ich, solange man an der Aussage festhält, dass die Brigade zu 12/2027 einsatzbereit, sprich kriegstüchtig sein soll.
Bei den bereits jetzt schon festgelegten Btl gibt es sowieso keine Freiwilligkeit. Diese werden als geschlossener Verband verlegt.
Ein anderer Punkt ist die deutliche Ausweitung der Vergabemöglichkeit von Verpflichtungsprämien für Gewinnung und Bindung.
Nur hier stellt sich die Frage… wieviel Geld ist man bereit dafür bereitzustellen. Macht man hier, auf Grund der desolaten Haushaltslage, den „Sack schnell wieder zu“… nützt die ganze Maßnahme nichts…
Wie so oft, erst die Umsetzung im realen Truppenalltag wird zeigen wieviel Zeitenwende auch in diesem Projekt wirklich (!) steckt….
Naja im Grunde wurde nur das im Gesetz geändert, was seit ca. 1 – 2 Jahren eh quer durch die Bundeswehr wabbert – sämtliche Übungen und sämtliche Tätigkeiten die über die tägliche Arbeitszeit hinaus gehen, werden als 30c abgeschrieben. Bevorzugt natürlich nur für die Übende Truppe – Kameraden die als Leitung o.Ä. fungieren schreiben ganz gemütlich ihre Stunden und feiern diese dann ab…man selbst wird mit ein paar mausrigen €´s pro Tag abgeschmiert und schon läuft der Laden….
Für Kameraden die tw. mehr als 600 km nachhause haben, ist das zudem kontraproduktiv, im Hinblick auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die ja so groß geschrieben wird/werden soll.
Rein als Bezug auf Litauen, finde ich eine generelle Abwicklung durch 30c natürlich sinnvoll – soll ja kein Feriencamp sein, sondern die erste Feuerwehr…
Erhöhung des Ausnahmetatbestands von 91€ auf 101€ ist ein Witz. Jeder der auf die Übung fährt geht am Ende mit weniger nach Hause, als der der „drinnen“ UvD oder sonstige Dienste schiebt. Dazu kommt dann noch der Stundenlohn für einen normalen Werktag von 101€/14Std.
Meine Bewertung zum Artikelgesetz:
– Zusätzliche Vergütung für NTM (Notice to move): Gerechtfertig, auch wenn die privaten Belastungen dadurch nicht ausgeglichen werden (NTM von 2 Stunden über einen ganzen Monat hinweg ergeben 500 EUR brutto mehr im Monat)
– Erweiterung der Stellenzulage auf Combat Controller: okay
– Erhöhung der wöchentliche Arbeitszeit von 48 h auf 56 h / Woche für „fliegende Besetzung“: Naja, ob das wirklich die „Attraktivität“ steigert, halte für sehr zweifelhaft.
– Kompensationszahlung für SaZ bei Unfall während einer lebensgefährlichen Diensthandlung: Finde ich richtig, wobei ich mich Frage, was der konkrete Anwendungsfall ist (Was handelt es sich um eine lebensgefährliche Diensthandlung? Wenn ich im Gefecht verwundet werde, ist das dann ein „Unfall“)?
Insgesamt: Ob das jetzt die „Zeitenwende“ abbilden soll, halte ich für äußerst zweifelhaft. Manche Sachen gehen in die richtige Richtung, andere Maßnahmen, wie z.B. die Arbeitszeit, sind zwar politisch nachvollziehbar, gehen aber aus Attraktivitätsgründen in die komplett falsche Richtung. Alles in allem zu wenig und zu halbherzig.
@DrStoffz:
Wenn ich bei einer Diensthandlung verletzt werde und die Verletzung auch hätte zum Tode führen können, dann ist die Diensthandlung potenziell lebensgefährlich, würde ich sagen. Ich fürchte nur, der Dienstherr wird sich dann im Einzelfall wieder mit Erbenzählen bemühen, warum in diesem oder jenem konkreten Fall die Beachtung besonderer Sicherheitsvorkehrungen die Gefahr ausgeschlossen hätte. The proof is in the pudding, not the recipe.
Ein zutiefst deutsches Problem ist es, in gesetzlichen Regelungen und Verwaltungsbestimmungen die theoretische und umfassende Allgerechtigkeit anzustreben, um dann in der konkreten Ausführung zur größtmöglichen Verhinderung nach Haushaltslage zu gelangen. Das frustriert am langen Ende mehr Leute als alles andere.
@Kj: „Dazu kommt dann noch der Stundenlohn für einen normalen Werktag von 101€/14Std.“
Eine Armee, die sich ihr Bild des Soldaten vor dem Hintergrund der Zeitenwende in solchen Kategorien zurechtlegt, ist unbrauchbar.
Wissenschaftlicher Dienst des Bundestages WD 2 – 3000 – 064/21 vom 26.10.2021:
„Der Standpunkt der französischen Regierung ist insbesondere durch eine Stellungnahme der Verteidigungsministerin Florence Parly vor der Nationalversammlung am 20. Juli 2021 deutlich gemacht worden: ‚(…) In dem EuGH-Urteil, welches einen slowenischen Fall betraf, zerlegten die Richter die militärische Tätigkeit in zwei Teile: Es gebe die Soldaten im Einsatz und dann die anderen. Aber eine derartige
Zersplitterung militärischer Arbeit widerspricht sowohl der Geschichte unserer Armeen als auch dem Anspruch, den wir an sie haben. Diese Entscheidung ignoriert, wie Sie es selbst am besten wissen, die Realität des täglichen Lebens unserer Soldaten, die Realität ihrer Aufgabe, die darin besteht, die ultima ratio unseres Landes zu sein, die letzte Bastion der Nation. (…) Deshalb sind wir dabei, die Folgen dieses Urteils sehr genau zu analysieren, um die beste Antwort zu finden und, ich wiederhole: Wenn es sich herausstellt, dass die einzige Lösung in einer Änderung der Richtlinie besteht, dann werden wir entschlossen diesen Weg einschlagen, um den Mitgliedstaaten, die dies wünschen, die Möglichkeit zu geben, ihre Streitkräfte vollständig von der
Anwendung der Richtlinie zu befreien. (…) Ich will das nicht, die Streitkräfte wollen das nicht und die Franzosen wollen das nicht. (…) Ich wiederhole: Wir werden nicht zögern, das geltende Recht zu
ändern, wenn es nötig ist.’“
Nachzulesen auf der Website des Bundestages:
https://www.bundestag.de/resource/blob/876516/af2919d5dfa0819e73b3f708c4ca2e7b/WD-2-064-21-pdf.pdf
Ich halte diese Aufwendungen für nicht angemessen. Sie erinnern mich daran, dass jeder Innendienstleistende in Afghanistan und Mali Bezüge erhielt, welche für mich überhöht waren. Poststelle und Betreuung mit ähnlichen Bedingungen der Verwaltung in Deutschland.
Es sind alles merkwürdige Entwicklungen: Gefechtsmedaille für alle (!) einer Fregatte im Einsatz und Geldsegen für Selbstverständliches (Brig 45).
In ein paar Jahren wird man feststellen, Litauen unterscheidet sich nicht so sehr von Hammelburg. Man lässt sich dann möglicherwesie versetzen, wenn die Frau in der Babypause ist, nimmt alle Vorzüge in Kauf, genießt die Landeskultur. Irgendetwas ist in der Schieflage. Das wird ganz offen diskutiert.
@HauMiBlau sagt: 04.09.2024 um 22:54 Uhr
„Für Kameraden die tw. mehr als 600 km nachhause haben, ist das zudem kontraproduktiv, im Hinblick auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die ja so groß geschrieben wird/werden soll.“
Es steht jedem/jeder frei, auf Kosten des Dienstherrn in die Nähe oder an den Standort zu ziehen. Wer das nicht will/möchte/kann, aus was für Gründen auch immer, wird entsprechend alimentiert
Nur eines darf der-/diejenige nicht – rumjammern. Ihre Argumentation geht gar nicht.
@ Y-560634
Vielleicht missverstehe ich Ihren Beitrag auch, aber Litauen war offenbar der Anlass, generell etwas an den Regelungen betreffs der Auslandsverwendungen der Soldaten anzupassen (im Wesentlichen: UKV sowie Gewährung von Trennungsgeld). Zumindest mit der Stichwortsuche ist es mir nicht gelungen, den besonderen/exklusiven Bezug zu Litauen in einem (vorgeschlagenen) Gesetzestext zu finden, wohl aber zu Auslandsverwendungen im Allgemeinen (alles andere wäre ja auch gar nicht zu rechtfertigen).
Ansonsten: Diese Regelung hätte sich der ein oder andere „Auslandsrückkehrer“ schon wesentlich früher gewünscht – und wohl auch der ein oder andere aus anderen Ressorts nach wie vor.
@ Y-560634
Sie sind also der Meinung, dass die „Drinnies“ wie man so schön betitelt wurde, einen anderen AVZ hätten beziehen sollen, als diejenigen, die in irgendeiner Form außerhalb des Lagers waren?
Wo hätten sie da die Grenze gezogen? Dadurch hätten sie nur den Nährboden für Missgunst, Streit und anderen negativen Auswirkungen gelegt.
Und zum Thema der Fregatte wurde im dafür erstellten Thread bereits ausführlich dargelegt, warum es bei einer Fregatte „für alle“ Sinn macht. Diese Ausführungen haben einen starken Neid- oder Missgunstgeruch an sich.
Ich versteh’s echt nicht. Da geht einer ins Ausland in einen gefährlichen Einsatz und wird dann von irgendwelchen selbsternannt „echteren“ Soldaten runterargumentiert, weil er „nur“ GeziMokel S1-Pers oder Nachschieber gemacht hat? Oder es wird sich beschwert, weil auf einer Fregatte, die im scharfen Einsatz ist, auch der Smutje eine Einsatzmedaille kriegt? Im Ernst?
Vielleicht sollten die Herrschaften von der „kämpfenden“ Truppe dann künftig so ehrlich zu sich sein und die „unwichtigen“ Aufgaben des Back-Office dann gleich selbst erledigen, damit dann auch wirklich niemand mehr eine Medaille verliehen bekommt, der es in ihren Augen nicht verdient hat. Wenn, wie in Camp Pamir das Lager mit Mörsergranaten beschossen wird, kann es schließlich potenziell auch jeden Kameraden treffen.
Man lässt sich ja humorvolle Frotzelsprüche wie „Herr [Dienstgrad], ich benutze bekanntlich die Worte ‚Luftwaffe‘ und ‚Soldat‘ selten in einem Satz, aber bei Ihnen will ich mal eine Ausnahme machen!“ noch gefallen, weil daraus immerhin ein kleines Fitzelchen widerwillige Anerkennung hervorblitzt, aber wenn jetzt Leute schon die Zacken aus ihrer Krone brechen sehen, weil andere (auch) eine Einsatzmedaille bekommen, dann ist das genau die Art Missgunst, die die Sorte Mensch an den Tag legt, die glaubt die Ehe sei „entwertet“, weil Homosexuelle seit einiger Zeit auch heiraten können.
@ S4 Offz sagt am 05.09.2024 um 13:16 Uhr
„@ Y-560634 Sie sind also der Meinung, dass die „Drinnies“ wie man so schön betitelt wurde, einen anderen AVZ hätten beziehen sollen, als diejenigen, die in irgendeiner Form außerhalb des Lagers waren?“
Ja!
Wie in vielen Bereichen in der Bundeswehr muss man sich ehrlich machen.
Schon im Friedens- und Garnisionsdienst gibt es für gutes Geld viel Gammelei und Wegducken. In allen Dienstgradgruppen.
Seit Jahren gibt es eine versuchte Zuschlagsorgie. Die große Gießkanne trifft meiner Ansicht nach bei weiten nicht nur die Leistungsträger. Mancher partzipiert halt unverdient. Nicht nur passiv, sondern auch faul. Dies gehört zur gern ausgeblendeten Wahrheit.
Auch im Einsatz war es m.A.n so, mancher, der nie das Lager verlassen hatte, einen sehr überschaubaren Job hatte, war gern in der Betreungseinrichtung, in den gut ausgestatteten Sportanlagen uvm. Da rede ich nicht von der „initial phase“, auch nicht von Außenposten, sondern den zentralen Einrichtungen. Dies alles zu den gleichen Bedingungen wie der Fallschirmjäger, der Feldjäger oder der Einsatzlogistiker oder der combat medic.
Auch im Einsatz gab es diejenigen, welche den Laden am Laufen hielten und die, die einfach da waren. Einsatztourismus betrieben meist die, welche in der 3. Reihe, weit im Hinterland waren.
PzBrig 45. Das Personalproblem war und ist lange bekannt. Nun versucht man irgendwie jeden mit viel Geld zu locken. Auch schon beim Vorkommando wird gern und massiv betont, was dies für ein aufreibender Job ist. Überprüfen kann es niemand. In ein paar Jahren haben wir eine 2 Klassen Gesellschaft im Heer. Div 25 und PzBrig 45 mit allen Vorzügen und dann der stumpfe Rest.
In diesem Tenor gilt auch die Diskussion „Einsatzmedaille Gefecht“. Die Ursprungsintention war eine andere. Die Umsetzung mies. Bald werden wir einen Weg finden, Dienst in Litauen nicht nur als Einsatz zu bezeichen, sondern auch als Gefecht, weil es einen vermeintlich russischen Drohnenüberflug gab.
Metallkopf sagt: 05.09.2024 um 14:26 Uhr
Falls es Sie tröstet: Ich kann Ihnen nur aus Erfahrung sagen, dass eingeschiffte Kameraden des Heeres ihre Denkweisen nachhaltig ändern, wenn sie erleben, wie es wirklich ist, wenn eine Fregatte unter Gefechtsbedingungen (Kriegsmarsch) fährt.
Mit Verlaub, Neid und Missgunst innerhalb der Truppe scheinen mir der einzig Kitt zu sein der die noch zusammenhält, wie man es ja insbesondere in dem Thread zum Blech an der Brust sehen kann.
Es gibt zahlreiche Ungerechtigkeiten, insbesondere bei Zuschlägen, Aufwendungen. Die scheint sich nun fortzusetzen. PzBrig 45 überstrahlt im Heer alles, gefolgt von der Diivision 25.
Ich vermute, dass neben den Notwendigkeiten auch eine Rolle spielt, dass insbesondere die Entscheidung zur PzBrig 45 ziemlich einsam in Ministernähe gefällt wurde und nun für Pistorius zum Erfolg werden muß. Im wahrsten Sinne der Worte „koste es was es wolle“.
Neben Fragen zur taktischen Sinnhaftigkeit und der Einbindung in NATO Planungen gestaltet sich das Thema Personal zu einem Ungetüm.
Geld und gerne auch der work life Balance Schlager FREIZEIT erlangen für Streitkräfte fast die gleiche Bedeutung wie Kriegstüchtigkeit.
Einsatz und Gerechtigkeit. Es geht nicht um drin oder draußen, es geht um substantiellen Beitrag für die Erfüllungs des Auftrages vs Mitnahme aller Vorzüge ohne Leistung. Ich vermute, jeder kennt sie, die ewigen Meckerer, die immer Kranken, die hauptsächlich in der Betreungseinrichtung rumturnenden Miesepeter. Raus ging nicht, weil Schein von Ärztin (Zahnschmerzen :-)…). Aber Joggen und Gym ging dann aber. Persönlich erlebt, genau mit dieser Ärztin im Gym mit diesem „kranken“ Soldaten beim cross fit.
Damals hat schon keiner der Führungskräfte diese Punkte ehrlich angesprochen.
Heute zeichnet sich ab, dass PzBrig 45 mit einem bürokratischen Tsunami aufgebläht wird.
Das hört der Minister natürlich nicht gern, der InspH erfüllt artig seine Pflicht, obwohl er nicht wirklich in der Entscheidungsphase zu Wort kam.
Unser gesellschaftliche Muster ist auch das der Bundeswehr:
Huston, wir haben ein Problem!
Die deutsche Lösung, alles erst einmal mit viel Geld und Gefälligkeiten zuschütten. Das macht auch die Bundeswehr.
@Master of the Land
„PzBrig 45 überstrahlt im Heer alles, gefolgt von der Diivision 25.“
Das ist sinnvoll, wenn man Freiwilligkeit herstellen möchte.
„Ich vermute, dass neben den Notwendigkeiten auch eine Rolle spielt, dass insbesondere die Entscheidung zur PzBrig 45 ziemlich einsam in Ministernähe gefällt wurde und nun für Pistorius zum Erfolg werden muß. Im wahrsten Sinne der Worte „koste es was es wolle“.“
Bei der Bewertung von „Erfolg“ bitte ich zu bedenken, daß dies erst an zweiter Stelle eine militärische Maßnahme ist. An erster Stelle geht es um deutsche Innenpolitik. Pistorius hat einen Pflock eingerammt, der es extrem schwierig macht, Litauen im Falle eines Angriffs im Stich zu lassen.
Es ist nicht mehr völlig undenkbar, daß ein Sprachrohr Rußlands in Parteiform an einer Bundesregierung beteiligt sein könnte. Wenn sich die PzBrig 45 im Gefecht befindet, ist es bei aller Rußland-Sympathie großer Minderheiten in einigen Landschaften Deutschlands, und bei allen denkbaren Verrenkungen von … sagen wir: „schillernden“ Politikerpersönlichkeiten nicht unmöglich, aber sehr stark erschwert, daß sich eine Bundesregierung an einem Deal „Land für Frieden“ versucht.
Das ist die Funktion der PzBrig 45. Wenn sie außerdem militärisch nützlich ist (was ich für gegeben halte) … umso besser.
„Huston, wir haben ein Problem!“
Hustontown Pennsylvania
https://www.google.com/maps/place/Hustontown,+Pennsylvania+17229,+USA/@40.0489818,-78.0320974,2073m
oder Hustonville Kentucky?
https://www.google.com/maps/place/Hustonville,+Kentucky,+USA/@37.4756574,-84.8216729,2149m
SCNR
Hans-Joachim Zierke
@ Hans-Joachim Zierke 05.09.2024 um 18:18 Uhr
„An erster Stelle geht es um deutsche Innenpolitik. Pistorius hat einen Pflock eingerammt, der es extrem schwierig macht, Litauen im Falle eines Angriffs im Stich zu lassen.“
Das ging auch vorher, natürlich wissen sie das,
…“„Huston, wir haben ein Problem!“ Hustontown Pennsylvania https://www.google.com/maps/place/Hustontown,+Pennsylvania+17229,+USA/@40.0489818,-78.0320974,2073m oder Hustonville Kentucky? https://www.google.com/maps/place/Hustonville,+Kentucky,+USA/@37.4756574,-84.8216729,2149m“
SCNR“…..
Na klar doch, musste sein. Danke für intellektuelle Belehrung!
Bitte: „Houston, wir haben ein Problem!“. Jetzt sind wir weiter.
Der Trend im Bund allgemein geht zunehmend dahin, Arbeit durch externe Dienstleister erledigen zu lassen mit der Begründung, dass sie es ja eh besser können, flexibler sind und einen technologischen Vorsprung haben. Man stelle sich mal vor, dass diese Personen im Ernstfall den operativen Betrieb sicherstellen müssen und auf das „müssen“ kommt es besonders an.
Oh je, der BM verspricht, eine Kampfbrigade in Litauen zu stationieren. Aus welcher Motivation heraus? Damit bringt er sich unnötig selbst in Zugzwang. Hätte er mal bloß gesagt „…eine Kampfbrigade für Litauen zu assignieren…“. Klingt ähnlich, bedeutet aber viel weniger – und läßt Handlungsspielräume. Doch nachdem der Primat der Politik dieses öffentliche Versprechen gab, muß er liefern. Zunächst mit der Betonung, dass die Besetzung der DP im Ausland auf freiwiliger Basis geschehen werde. Das mit der Freiwilligkeit hielt sich aber stark in Grenzen. Zusammen mit all den anderen Regeln, Gesetzen usw. gab es mehr Hindernisse und Hemmnisse, als gangbare Wege. Also wird nachgelegt. SAZV (zum Wohle der soldatischen Gesundheit, so hieß es mal) deutlich zusammenstreichen, Mehr Prämien und das Versprechen, dass nach erfolgter Rückkehr das Inlands-TG wieder aufleben wird usw. Ich bin gespannt. Kommt aber alles irgendwie sehr bekannt vor. Die Geschichte wiederholt sich. Vor rund 30 Jahren versprach der Primat der Politik auch, sich am internationalen Krisenmanagement zu beteiligen. Natürlich nur auf freiwilliger Basis. Das lief auch nicht so richtig. Dann kam irgendwann das Geld als „Motivator“. Irgendwann mußten alle, die länger bei der Bw bleiben wollten (= SaZ) einen Zettel unterschreiben, dass sie grundsätzlich bereit sind, auf freiwilliger Basis an Auslandseinsätzen teilzunehmen. Ohne die Unterschrift, kein SaZ. Man hatte plötzlich ganz viele „Freiwillige“ gefunden. Über die tatsächliche Freiwilligkeit braucht man nicht zu diskutieren. Irgendwann wurde es auch noch beurteilungsrelevant an Auslandseinsätzen teilzunehmen (sogar mit Aufnahme der Einsatztage in die Beurteilung). Auch das motivierte viele sich „freiwillig“ zu melden. Den Damen und Herren im BMVg und der Politik bleiben also noch einige Möglichkeiten das Personal „freiwillig“ zu motivieren dem Versprechen des BM nachzukommen. Ob das attraktiv ist, muß jeder für dich selbst bewerten. Ob das sinnvoll und zielführend ist, ebenfalls. Die beiden letzten größeren „Engagements“ der Bw im Ausland waren allerdings mehr oder weniger Reinfälle (obwohl immer als total wichtig und super erfolgreich dargestellt), was hier ausreichend diskutiert wurde. Wie gesagt Geschichte wiederholt sich, aus ihr lernen ist sicher schlau. Das Personal allerdings mit Geld und schönen Versprechungen zu locken (das hieß früher mal „Shanghaien“) könnte nach hinten losgehen, spätestens, wenn die schönen Versprechungen mit juristisch exzellent formulierten Absagen in sich zusammenfallen. Auch das ist dann nichts neues. Attraktivität? Vielleicht sollte man (Primat der Politik) sich tatsächlich mal „ehrlich machen“, wie hier schon mehrfach gefordert. Damit kann man aber möglicherweise auf dem internationalen Parkett nicht so schön glänzen. Aber man hätte aus der Geschichte gelernt.
Nachtrag: Ob man mit Geld und attraktiven Versprechungen tatsächlich die „klügsten Köpfe und geschicktesten Hände“ gewinnt, oder schlicht und einfach „Masse macht“ wird die Zukunft zeigen. Allerdings bin ich überzeugt, dass die wirklich klugen Köpfe und wirklich geschickten Hände, sich Ihrer Chancen im zivilen Bereich sehr wohl bewusst sind (mit Ausnahme der Patrioten und Idealisten).
@ORR
Das ist eben Menschenführung. Da muß eben der ZgFhr / Spieß / Chef vorlegen / entscheiden ob Personal umbesetzt oder abgegeben / getauscht wird. Das war zu Zeiten der Wehrpflicht üblich.
Ansonsten gilt: Ausbildung, ehemals die vornehmste Aufgabe – quasi die Königsdisziplin – in einer Offz-Verwendung, in der nur die fähigsten Kräfte (menschlich / fachlich) eingesetzt wurden.
@ Y-560634
Gut zu wissen, keine weiteren Fragen.
@ Force B
Für mich wahr, ist und sollte es immer die Kameradschaft bleiben. Die anderen Sachen sind dieser schädlich.
@ Thomas Melber: Soweit zur Theorie bzw. den Erkenntnissen aus Wehrpflicht-Zeiten. Das geht allerdings an der Realität um Lichtjahre vorbei.
Die Maßnahmen sind richtig, aber Tropfen auf’n heißen Stein. Freiwillige wird es nicht in die Streitkräfte locken und nach Litauen ebenfalls nicht.
Wenn man jetzt schon hört, dass die Trennungsgeldempfänger die hohen Mietkaution (ca.3000 bis 5000e) ohne Lohnvorschussmöglichkeiten selbst tragen müssen. Das bedeutet, dass man sich Verschulden muss, um freiwillig in Litauen dienen zu dürfen….
@heiko
Das ist unzutreffend. Bezieher von Auslandstrennungsgeld werden im Ausland mietfrei gestellt, müssen also für die Kaltmiete der in LTU nicht aufkommen.
Die erwähnte Mietspanne ist mir ebenfalls unbekannt. Die zuerkannten Mietobergrenzen liegen jedenfalls weit darunter. (Halbieren Sie die genannten Zahlen) Und die sind für Trennungsgeldberechtigte maßgeblich.
Beste Grüße,
Ein Insider
@heiko
Mea culpa.
Sie schrieben über die Mietkaution und bezog ihren Kommentar irrtümlich auf die Monatsmiete.
Ihrem Kommentar kann ich nur zustimmen.