Erstes Luftverteidigungssystem Iris-T SLM für die Bundeswehr
Das Luftverteidigungssystem Iris-T SLM, das bereits in der Ukraine im Einsatz ist, ist nun in der Bundeswehr angekommen. Bei der Flugabwehrraketengruppe 61 in Todendorf in Schleswig-Holstein wurde im Beisein von Bundeskanzler Olaf Scholz und Verteidigungsminister Boris Pistorius die erste von sechs für die Luftwaffe bestellten Feuereinheiten übergeben.
Iris-T, produziert von der deutschen Rüstungsfirma Diehl Defence, wird bereits seit Oktober 2022 von der Ukraine zur Abwehr russischer Raketen, Marschflugkörper und größerer Drohnen benutzt. Nach Angaben aus dem ukrainischen Militär soll es eine Trefferquote von fast 100 Prozent haben. Diehl hatte vor knapp zwei Jahren ein System, das eigentlich für den Kunden Ägypten gebaut worden war, kurzfristig an die Ukraine geliefert und später zwei weitere Feuereinheiten ausgeliefert.
Für die Bundeswehr wurde das System, mit dem im so genannten Nahbereich bis zu rund 40 Kilometer Angriffe abgewehrt werden können, im Sommer vergangenen Jahres bestellt. Der Bundestags-Haushaltsausschuss billigte die Bestellung von sechs Feuereinheiten für rund 950 Millionen Euro, die aus dem Sondervermögen für die Bundeswehr bezahlt werden.
Die Ausrüstung mit Iris-T SLM ist für die Bundeswehr Teil des Wiedereinstiegs in die bodengebundene Luftverteidigung im Nah- und Nächstbereich. Nachdem vor mehr als einem Jahrzehnt die Heeresflugabwehrtruppe aufgelöst und die Waffensysteme Gepard, ein Flugabwehrkanonenpanzer, und Roland (sowohl beim Heer als auch bei der Luftwaffe) ausgemustert worden waren, hatten die Streitkräfte in diesem Bereich nur begrenzte Fähigkeiten: Unterhalb des US-Systems Patriot für die mittlere Reichweite stand nur das Leichte Flugabwehrsystem zur Verfügung, bei dem von einem Wiesel-Waffenträger Stinger-Flugabwehrraketen verschossen werden.
In Todendorf soll nach Bundeswehrangaben langfristig ein Ausbildungszentrum für den Einsatz von Iris-T SLM entstehen – auch in der Absicht, damit eine Möglichkeit zur Ausbildung für Verbündete zu schaffen. Im Rahmen der von Deutschland initiierten European Sky Shield Initiative (ESSI) wollen zahlreiche europäische Staaten ihre Bemühungen zum Wiederaufbau von Luftverteidigungskapazitäten in Europa bündeln.
Hinweis: Die Rede des Kanzlers bei der Indienststellung liegt noch nicht in schriftlicher Form vor; sie soll auf der Webseite der Bundesregierung eingestellt werden. Ggf. wird dann dazu hier was nachgetragen.
(Foto: Übergabe erstes Iris-T SLM System an die Bundeswehr in Todendorf; v.l. Bundeskanzler Olaf Scholz, Verteidigungsminister Boris Pistorius, Luftwaffeninspekteur Ingo Gerhartz – Foto Diehl Defence)
Die Auslassungen des Bundeskanzlers zur Stationierung Mittelstreckenwaffen sind in zwei Punkten bemerkenswert
1) Mit dem Satz „Neben einer starken Luftverteidigung brauchen wir in Europa abstandsfähige Präzisionswaffen“ gibt er erstmals eine Teildefinition des Schlüsselbegriffs „abstandsfähige Präzisionswaffen“. Demnach sind Abwehrwaffen, auch wenn sie weitreichend sind, keine „abstandsfähige Präzisionswaffen“.
In diesem Zusammenhang ist vielleicht von Interesse, was die Bundesregierung noch im März 2023 (in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag vom 29. März 2023) unter „abstandsfähige Präzisionswaffen“ hat verstanden wissen wollen:
„Die … Bedeutung abstandsfähiger Präzisionswaffen ist …. in NATO-Planungszielen operationalisiert – in Form von Fähigkeitsforderungen an die NATO-Mitgliedstaaten …. So werden von Deutschland neben Kampfhubschraubern auch weitreichende Artilleriesysteme und entsprechende Fähigkeitsträger der Luftwaffe gefordert.“
2) Mit der Aussage „Bis Systeme bereitstehen, die wir hier in Europa entwickeln, werden wir auf amerikanische Raketen zurückgreifen.“ lässt er antönen, dass die US-Systeme NUR für die Übergangszeit in Deutschland stationiert werden, bis Europa das ELSA-Projekt (Letter of Intention vom 11. Juli 2024) zum Abschluss gebracht hat.
Das aber widerspricht diametral dem Wortlaut der deutsch-amerikanischen Verlautbarung vom 10. Juli 2024 in Washington. Washington sieht die Stationierung diese Waffen als „Teil der Planung zu deren künftiger dauerhafter Stationierung“. Wenn da nicht nur zweideutig etwas gesagt wird, sondern ernst gemeint ist, was der Kanzler nur antönt, dann geht er in Konflikt mit den USA.
@Ökonom:
„Bis Systeme bereitstehen, die wir hier in Europa entwickeln, werden wir auf amerikanische Raketen zurückgreifen.“ Dieser Satz ist doch korrekt. Daraus abzuleiten, dass die dann danach wieder verschwinden müssen, scheint mir ein wenig hergeholt zu sein.
Ansonsten ist es sehr gut, dass jetzt auch bei der Bundeswehr der Einstieg in das IRIS-T SLM System stattgefunden hat. Die aus meiner Sicht spannende Frage ist, welche Produktionskapazität für Systeme, bzw. Raketen SLM Diehl Defence aufbaut. Hat da jemand genauere Informationen? Ich vermute, dass bereits jetzt die Auftragsbücher für die kommenden fünf Jahre gefüllt sind.
Es gibt ein Interview vom Hausherrn Thomas Wiegold auf dem Sender Phoenix von heute ( 4.09.2024 ). Da wird u.a. dargelegt „Bevölkerungszentren / Ballungszentren, sogenannte Hochwertziele“ zu schützen.
Diese Aussage hat mich im ersten Augenblick etwas irritiert. Bei sich entwickelnden militärischen Auseinandersetzungen würden wohl in erster Linie solche Raketeneinheiten im Umfeld von militärischen (!) Hochwertzielen plaziert werden. Als Beispiele fallen mir da spontan die Ramstein Airbase, der Fliegerhorst Büschel mit den kolportiert stationierten 20 Atombomben oder der grösste deutsche Marinestützpunkt ( Wilhelmshafen ) ein.
Iris T für die City München oder Hamburg sehe ich da eher weniger…
Im kalten Krieg und den dazugehörigen Filmen der 1980er (z.B. „War Games“ oder „The day after“) waren die üblichen „Hochwertziele“ allerdings tatsächlich auch grosse Städte, da hier noch die grossen Atomsprengköpfe bis in den zweistelligen Megatonnen-Bereich auf den ICBMs montiert waren und großflächig immer auch dortige Militäreinrichtungen vernichtet hätten… Die hatten einen Zerstörungsradius von bis zu 19 km ( Explosionsdruck ) bzw. über 40 km ( Verbrennungen dritten Grades ) lt. nukemap bei der sowjetischen Satan 1 ( „SS18“ mit 20 Mt Sprengkopf, den gab es damals tatsächlich… )..
Aber das war kalter Krieg…
Mit Blick auf die Situation in der Ukraine und bei rein konventionellen Zermürbungsangriffen bekommt die Aussage von T.W. aber leider wieder eine reale Bedeutung…
[Ich hab‘ zwar die Bevölkerungszentren genannt, nach meiner Erinnerung aber auch militärische Hochwertziele wie Anlandehäfen genannt… T.W.]
Wieviele Flugkörper gehören zu einer Feuereinheit und wie lang ist aktuell die Lieferzeit für Flugkörper?
spannend…
Hoffen wir dass schnell die weiteren 5 Iris-t SLM Systeme zulaufen und dass noch weitere/ggf. auch SLX Systeme für Deutschland bestellt werden!
Außerdem halte ich den Ansatz für wichtig dass die Iris-t Reihe auf Marineeinheiten integriert wird… Bitte dazu zeitnahe Tests auf F125 durchführen!
bzgl Long Range Strike:
hier sollte dann zeitnahe
Artillerie -> RCH155
RakArt -> EuroPuls/GMARS
und weitreichende Munition in großem Umfang beschafft werden
außerdem! Wieso wurden noch keine neuen Taurus Flugkörper bestellt!!?!?!?
@Apollo 11:
City München steht vielleicht nicht auf der Prioliste ganz oben, aber wenn man sich keine Angriffe auf mil. Bildungseinrichtungen wie just in der Ukraine einfangen will, muss man Sanitätsakademie und UniBw unter die Glocke nehmen.
In der Fröttmaninger Heide unweit der SanAkBw kann man übrigens noch alte Falkstellungen erkennen. :-)
Also einmal Radar und ein paar Werfer im Norden und Süden, schon ist München von der Arroganz-Arena bis zum Tegernsee mit abgedeckt.
Hat auch Vorteile, sich nicht in irgendwelche Einödstandorte zu verkrümeln.
Wie weit man mit der Anzahl der Systeme kommt, ist ne andere Frage.
Vielleicht zur Erläuterung: Der Begriff „Abstandswaffe“ bzw. die „Abstandsfähigkeit“ kommt aus dem Englischen „standoff weapon“ bzw. „standoff capability“. Wikipedia weiß dazu: „Standoff weapons are missiles or bombs which may be launched from a distance sufficient to allow attacking personnel to evade the effect of the weapon or defensive fire from the target area. Typically, they are used against land- and sea-based targets in an offensive operation. The name is derived from their ability to engage the target while standing off outside the range at which the defenders are likely to engage the attacker.“
Ich setze mal genügend Englisch bei den Kommentatoren voraus, um das nicht übersetzen zu müssen.
Demnach sind abstandsfähige Präzisionswaffen primär für offensive Operationsarten gedacht. Ihr Einsatz ist in der Regel nicht nur „beyond visual range“ (BVR) sondern müssen meist sogar aufgrund der GPS-unterstützten Navigation nicht einmal das Ziel in Sensorreichweite haben. Diese grundsätzlich offensive Ausrichtung heißt aber wiederum nicht, dass derartige Waffen nicht auch in defensiver Absicht, also als Abschreckung stationiert werden können. Dem Gegner klar zu machen, dass er bei einem Angriff aufgrund der gegebenen Möglichkeiten nicht ungeschoren davonkäme, ist für ihn ein enorm wirksamer Anreiz, von Angriffen abzusehen*.
Flieger- und Raketenabwehrwaffen sind demgegenüber keine Abstandswaffen (auch dann nicht, wenn sie „beyond visual range“ eingesetzt werden können, weil ja dort immer auf eine Bedrohung reagiert wird.
* Dass offensive Waffen von russischer Seite und nützlichen I…ndividuen, die Russland bewusst das Wort reden, als „Provokation“ oder „Angriffsvorbereitungen“ gewertet werden, ist eingepreist. Für Putin und die russische Nomenklatura ist ohnehin vermutlich nur akzeptabel, wenn die potenziellen Opfer von Aggression sich nicht mal effektiv wehren könnten, wenn sie denn wollten. Klar. Wo das Abdrehen des Gashahns nicht mehr hilft, muss man als „Weltmacht“ militärisch die Muskeln spielen lassen. Wenn da das realistische Risiko besteht, dass einem im Gegenzug neuralgische Stützpunkte und Einrichtungen per Präzisionsschlag ausgeschaltet werden, kann man die Nachbarn ja gar nicht mehr so ungehindert kujonieren.
@Martin Schröder
Ein Startgerät IRIS-T SLM kann mit bis zu 8 Lenkflugkörpern bestückt werden. Die Luftwaffe plant derzeit, eine Kampfstaffel mit je drei Startgeräten auszustatten, also langfristig sechs Kampfstaffeln mit insgesamt 18 Startgeräten.
Über Lieferumfang und Lieferzeiten der Herstellerfirma kann ich nichts sagen.
Zuerst dachte ich ja, dass man die Marinestützpunkt doch am besten mit marineeigenen Systemen – also einem TRS-4D plus ESSM oder so ähnlich schützen sollte. Aber da es sich um eine landbasierte Anwendung handelt, wäre da wohl wirklich IRIS-T basierte Systeme besser. Für den Schutz fester Standorte sollte man sich allerdings überlegen, ob man dort nicht mittelfristig einfache „abgesessene“ Containerlösungen des Systems mit stationärer Stromversorgung usw. entwickelt. Die LKW-Lösung erscheint mir dort nicht optimiert.
Aufgrund der – auf die Fläche Deutschlands bezogenen – geringen Reichweite der IRIS-T Systeme wären sie zur Landesverteidigung aus meiner Sicht bei den küstennahen Stützpunkten und Städten zu positionieren. Zusätzlich – wegen Kalingrad – entlang der polnischen Grenze. Ansonsten ist dies natürlich auch ein wesentliches Element für den Schutz der Brigade in Litauen.
Vielleicht sollte man Mal ausrechnen wie viel Systeme die Bundeswehr tatsächlich benötigt um das Bundesgebiet zu schützen und ihre Einheiten die an der Ostflanke zum Einsatz kommen würden.
Blick in die Vergangenheit mag ja eine Idee geben über welche Dimension wir sprechen sollten. Da exestierten bei der Bundeswehr fast 30 Patriot Staffeln. 3 Heeresflugabwehr Regimenter beim Heer und 8 Flugabwehrraketen Gruppen bei der Luftwaffe mit Roland und die Marine hatte auch noch 3 Flugabwehrstaffeln für ihre Fliegerhorste.
Von den zum Ende des Kalten Krieg’s noch vorhanden HAWK Einheiten will ich hier gar nicht sprechen.
@ Küstengang01:
Man kann das zwar berechnen, aber nicht umsetzen. Im kalten Krieg zog sich ein FlaRak-Gürtel von den Alpen bis nach Dänemark, im wesentlichen ausgerichtet nach Osten, mit überlappenden Wirkbereichen und in den Wirkschichten mit Nike/Patriot und Hawk, später dann nur noch Patriot. Selbst da war das Bundesgebiet (Westdeutschland) nicht vollkommen abgedeckt. Hinzu kam Roland im Objektschutz.
Heute existiert eine 360° Bedrohung durch Langstreckenwaffen, die Front liegt hunderte Kilometer weiter im Osten mit ganz anderen bzw. zusätzlichen Herausforderungen.
Für Deutschland bedeutet das, dass mit den ab 2027 fünf operativen (+ ein einsatzbereites System zur Schulung) Iris-T SLM nicht nur die kritische Infrastruktur (militärisch und zivil) geschützt werden muss, sonder darüber hinaus auch die nächsthöhere FlaRak-Ebene. Arrow (nur exoatmosphärisch) ausschließlich und Patriot vornehmlich sollen gegen ballistische Raketen wirken, brauchen aber beide eine. 360° Schutz gegen Marschflugkörper, die aufgrund der heute möglichen Reichweiten aus allen Richtungen kommen können. Patriot schafft nur 120° Wirkbereich, so dass nur eine eingeschränkte Selbstverteidungskapazität gegen anfliegende Bedrohungen besteht.
Dazu kommt dann noch der Schutz der Einheiten an der Ostflanke, der über das LVS NnbS realisiert werden soll. Bis das da ist, über Patriot und Iris-T SLM.
Für das Teilprojekt 3 des LVS NnbS sind u.a. nochmal sechs reine Iris-T SLM geplant. Die kommen, wenn bezahlbar, aber erst nach 2030.
Soll heißen: Viel Arbeit für fünf (sechs) Staffeln Iris-T SLM. Vielleicht bis 2029 im Verbund mit 17 Staffeln Patriot, wenn nicht noch ein paar Systeme abgegeben werden. Ein wichtiger Schritt wurde mit der Übergabe des ersten Systems und der IOC für Iris-T SLM gemacht. Aber da muss noch viel mehr passieren, wenn der deutsche Luftraum auch nur ansatzweise in den wirklich wichtigen Bereichen geschützt werden soll.
Was die Produktionsrate angeht: Diese beträgt ca 6 Feuereinheiten pro Jahr, was bis 2026 auf ca 10 / Jahr gesteigert wird.
Stand in Hartpunkt.
Passend zum Thema Raketenabwehr der Bundeswehr:
Soweit ich das verstanden habe gibt es nun drei Arten von Raketenabwehr bei der BW:
Bis 40 km Entfernung: Iris T SLM. ( Deutschland )
Bis 160 km Patriot ( USA )
Bis über 2000 km Arrow 3 ( Israel, wohl ab 2025/26 )
Nur letztere hat grundsätzlich die Fähigkeit Raketen oberhalb der Atmosphäre abzufangen. Aufgrund der Hit-to-kill-Konzeption wage ich aber die hohe Treffsicherheit bei den angedachten ICBM-Zielen zu bezweifeln. Die ja bei heutigen System mit bis zu fast 30.000 km/h ( Orbitalgeschwindigkeit ) viele kleine manövrierbare Wiedereintrittskörper in grossen Höhen aussetzen. Teils noch mit Täuschmitteln ausgestattet.
Und für ICBMs gibt es ja immer nur atomare Sprengköpfe, keine konventionellen… #schauder#
Aber für begrenzte Angriffe mit maximal Mittelstreckenraketen ist Arrow 3 wohl durchaus brauchbar.
Hintergrund der Stationierung des Arrow 3 Systems ist lt. Berichten ein auf 30 Jahre klassifiziertes Papier einer neuen Bedrohungslage. Der genaue Inhalt würde mich interessieren…
In früheren Verträgen wurde übr. das Fractional Orbital Bombardment System, d.h. Stationierung von Atombomben im All mit extrem kurzen Vorwarnzeiten verboten, das hatte die damalige Sowjetunion schon entwickelt.
Schaut man sich heute einige geheime Raketenlasten der Russen, der USA und China an könnte man allerdings schon auf Gedanken kommen…
IRIS-T kann laut öffentlichen Quellen auf Reichweiten von 40 km im 360° Bereich eingesetzt werden. Ergibt einen Schutzbereich von 5026km². Um das ganze Bundesgebiet damit zu schützen bräuchte man knappe 71 Feuereinheiten. Selbst ein 50% Schutz würde 35 bis 36 Einheiten erfordern… Plus alles die Einheiten die Truppe im Einsatz schützen müssten.
Für die 4 Milliarden € für Arrow 3 hätte man weitere 28 Feuereinheiten IRIS-T beschaffen können. Kommen Iskander und Kh-101 eigentlich in den Anfangbereich von Arrow3??
@ CCS79: „brauchen aber beide eine. 360° Schutz gegen Marschflugkörper, die aufgrund der heute möglichen Reichweiten aus allen Richtungen kommen können.“
Die Marschflugkörper müssen von See aus, von russisch kontrollierten Gelände oder Luftraum aus kommen. Insofern gibt es da zwar eine 360° Bedrohung. Zum Schutz vor Marschflugkörpern sollte es aber reichen eine „ringförmige“ Verteidigung um das zu schützende Gebiet zu ziehen und nicht unbedingt eine flächendeckende. Zum Schutz eines Arrow-Standortes in Penzing (eine der diskutieren Möglichkeiten) vor Marschflugkörpern reicht es ja beispielsweise, wenn es keinen Weg dorthin gibt, die nicht irgendwo auf eine qualifizierte Luftverteidigungstellung trifft. Wenn ESSI funktioniert, dann sollten uns Österreich und die Schweiz von Süden her schützen. Den Norden und Teile des Ostens müssen wir selber abdecken. Frankreich, Polen, Tchechien, Belgien und die Niederlande werden wohl auch ihren Beitrag leisten. Kurz gesagt: Ich sehe weiterhin keinen Bedarf für die IRIS-T System im tiefen deutschen Hinterland. Notfalls muss man die QRA-Kapazität mit Eurofightern im Süden Deutschlands ausbauen und ist damit dort in der Reichweite für die Verteidigung gegen Marschflugkörper auch flexibler. Die sind dort ja bereits vorhanden.
Zumindest „in theatre“ gibt es eine „common defended assets list“, erarbeitet durch ein Board, wohlwissend, daß Flugabwehr nie in ausreichendem Maß vorhanden ist.
D.h. ich kann nie alles, was ich schützen möchte, auch tatsächlich schützen und muß priorisieren. Ich selbst bin aus psychologischen Gründen gegen den Schutz aus politischen Gründen ohne militärische Notwendigkeit, weil: die Bevölkerung gewöhnt sich an die Sicherheit und wird dann ins kalte Wasser geworfen wenn aus taktischer Notwendigkeit die Luftverteidigungsmittel anders im Raum verteilt werden müssen, also quasi der Schutzschirm zugeklappt wird.
Zu München: ich hoffe doch sehr, daß spätestens im V-Fall der Betrieb an SanAk und UniBw M eingestellt oder sehr stark zurückgefahren wird. Ich gebe aber zu, daß dort und im Umland rüstungswichtige Unternehmen angesiedelt sind.
BÜCHEL wird wahrscheinlich gleich zu Beginn leergemacht werden, das Ziel ist zu prominent. Hoffentlich gibt es für die F-35 noch zwei Ausweichflughäfen mit entsprechender Infrastruktur.
@ Apollo 11:
Nicht ganz. Iris-T SLM kann keine Raketenabwehr = BMD. Es mögen in optimalen Konstellationen Hit-to-Kill-Abschüsse möglich sein (der Näherungszünder dürfte zu träge für BMD sein), aber dafür ist die Rakete auch nicht gedacht. Die dient der Abwehr klassischer luftatmender Flugobjekte im Mittelbereich (ca. 40 km Reichweite, 20 km Höhe).
Patriot kann beides, BMD und Luftverteidigung. Die 160 km Reichweite beziehen sich aber wieder auf klassische Luftziele, die mit PAC-2 GMT Flugkörpern bekämpft werden. Im BMD-Szenario reden wir über deutlich geringe Reichweiten (PAC-2 GMT ca. 15 km), beim PAC-3 MSE ca. 35 km. Soweit jedenfalls die öffentlichen Quellen.
Arrow 3 richtet sich gegen MRBM/IRBM, nicht gegen Interkontinentalraketen (ICBM). Letztere sind eine ganz andere Hausnummer.
@ Nachhaltig:
Da stimme ich grundsätzlich zu. Allerdings sehe ich schon den Bedarf, besondere Infrastruktur auch in Deutschland separat zu schützen. Irgendwas kommt immer durch. Ich wollte auch nur zum Ausdruck bringen, dass viel mehr auch nicht möglich sein wird, schon gar nicht der in manchen Pressebeiträgen angesprochene vollständige Schutz der ganzen BRD.
Noch ein kurzer Nachtrag, soweit gestattet:
Eine aus Kaliningrad gestartete und auf Brandenburg zurasende Iskander, geschweige denn eine luftgestartete Kinschal mit ganz anderen Reichweite, wird nicht von einer Patriotstaffel in Polen aufgehalten werden können.
Nachtrag zu umfangreichen Raketenabwehr/Flugabwehrsystemen im Allgemeinen:
Wenn man darüber nachdenkt die verstärkt zu brauchen ist im Vorfeld politisch schon (zu) viel schiefgelaufen.
Bestes Beispiel die Entwicklung in den 1990/2000ern mit der Flugabwehrentwaffnung des Heeres und sonstigen Raketenabwehrfähigkeiten.
Durchaus plausibel zumindest noch in den 90ern da ja die grossen Gegner ausgegangen waren.
Dann eine neue politische Entwicklung die alles wieder reversiert hatte. Spät bemerkt, aber immerhin.
Jetzt ist das Entsetzen gross, ich vermisse bei allem Enthusiasmus aber immer ein wenig den Realismus bei der Darstellung.
Schon der Name „Iron Dome“. Hört sich gut an ist aber nicht korrekt. Sollte eher „Iron Net“ heißen. Denn Netze haben Lücken über deren Grösse man diskutieren sollte.
Ich warte immer noch auf die erste Langstreckenrakete ( ICBM ) die auf konventionellen Sprengkopf umgerüstet wird.
Die kommt mit hoher Wahrscheinlichkeit durch jedweden Iron Dome und löst wohl keine nukleare Folgereaktion aus… alleine das miserable Kosten/Nutzenverhälts steht dem wohl entgegen.
Aber das hatte ich bei den Zermürbungs-Luftangriffen der Russen auf die ukrainische Infrastruktur auch schon gedacht. Kolportiert werden über eine Milliarde Kosten für alle Flugkörper beim letzten Grossangriff !
Bloomberg berichtet, Kanzler Scholz hätte 17 Iris T Staffeln für die Ukraine bestellt.
@Hr. Wiegold
Haben Sie davon gehört?
[Ich habe sogar schon davon gelesen (wenn auch nicht Staffeln, sondern Systeme) – das hat nicht nur der Kanzler am Mittwoch in seiner oben verlinkten Rede gesagt, sondern das steht auch schon seit einiger Zeit auf der öffentlichen Liste der Bundesregierung mit den Angaben zu den Waffenlieferungen an die Ukraine… letzter Stand:
Militärische Unterstützungsleistungen in Vorbereitung/Durchführung:
…
8 Luftverteidigungssysteme IRIS-T SLM
9 Luftverteidigungssysteme IRIS-T SLS
https://web.archive.org/web/20240819225321/https://www.bundesregierung.de/breg-de/schwerpunkte/krieg-in-der-ukraine/lieferungen-ukraine-2054514
T.W.]
@SilentUser, @Nurso:
Es geht mir nicht um die Startrampen, sondern um die Munition.
Wieviel davon ist bestellt und wird produziert?
@CCS79
„Eine aus Kaliningrad gestartete und auf Brandenburg zurasende Iskander, geschweige denn eine luftgestartete Kinschal mit ganz anderen Reichweite, wird nicht von einer Patriotstaffel in Polen aufgehalten werden können.“
Kinschal sind die Raketen, die nach Patriot-Kontakt so aussehen?
https://cloudfront-us-east-2.images.arcpublishing.com/reuters/GUVTEQAS6BINHFT5IUXN4KCCPY.jpg
Es ist aber richtig, daß ungefähr die Hälfte dieser Flugkörper durchkommt.
@ Hans-Joachim Zierke:
Bedingt. Die sehen so aus, wenn eine Kinschal auf Kiew zufliegt und in der Flugbahn in extremer Nähe auf fast gerader Linie zum Ziel-/Einschlagpunkt ein Patriot System steht.
Wenn die Kinschal in Kaliningrad gestartet über Polen in Richtung Deutschland fliegt, dann ist der Gefechtskopf viel zu hoch, als dass eine polnische (auch noch in Richtung Osten ausgerichtete) Patriot-Batterie etwas ausrichten könnte. Patriot ist lower-tier-BMD und damit immer am Ende der Terminal Phase, also 10.000 bis 35.000m.
Patriot bietet zudem eine Abfangreichweite im BMD-Szenario von 15-35 km (ggf. mehr, aber nicht bekannt)., je nach Flugkörper. Das wars dann auch.
Daher muss bestimmte Infrastruktur in Deutschland in mehreren Layern geschützt werden. Alles geht leider nicht. Klassische Denkaufgabe der bodengebundenen Luftverteidigung. Was kann / muss ich mit begrenzten Mitteln schützen? Am Ende steht eine Abwägung, die niemand gerne treffen möchte.
Um hier im Thema Iris-T SLM zu bleiben: Die müssen Patriot gegen Marschflugkörper schützen, während Patriot zum Beispiel Arrow 3 vor reinkommenden Iskander/Kischal deckt.
@CCS79.
„Wenn die Kinschal in Kaliningrad gestartet über Polen in Richtung Deutschland fliegt, dann ist der Gefechtskopf viel zu hoch, als dass eine polnische (auch noch in Richtung Osten ausgerichtete) Patriot-Batterie etwas ausrichten könnte.“ Was die kurze Reichweite der PAC3-MSE anbelangt stimme ich Ihnen zu, Allerdings ist die veröffentlichte Abfanghöhe (34km) ausreichend für die veröffentliche Flughöhe der Kinschal (20 km). Es müsste also in der Tat ein Starter sein, der in etwa auf der Flugroute liegt.
@ Nachhaltig:
Sorry, da haben Sie natürlich vollkommen recht. Ich wollte auch Iskander schreiben. Kinschal hat als luftgestartete Waffe eine andere, viel flachere Flugbahn, als die Iskander. Kinschal kann die ohnehin flache Parabel deutlich mehr reduzieren, als es bei der ballistisch fliegenden Iskander geht.
Laut Wikipedia beträgt das Apogäum für die Iskander E (Exportversion mit weniger Reichweite) 40-50 km. Bei der Iskander M wird es mehr sein. Von daher zumindest nach den offiziellen Daten zu PAC-3 MSE schwer zu erwischen.
Um im Thema des Hausherrn zu bleiben: Vielleicht kann eine glücklich gestartete Iris-T SLM ja unter optimalen Bedingungen eine Kinschal in 20 km Höhe erwischen.
Diese endlosen Kommentare und Debatten zu technischen Details der Abwehrraketen vermögen den interessierten Laien kaum zu überzeugen. Wo liegt der Nutzen? Im Kern geht es doch um die simple Frage, wie man sich effektiv gegen eine Bedrohung mit Flugkörpern schützen kann. Dies ist nur bedingt eine technische Frage.
Wenn in diesem Zusammenhang aber die Frage weitgehend ausgeklammert wird, wie man deren Abschußrampen erfolgreich bekämpft, dann ist dies alles andere als zielführend. Gerade die Ereignisse in der Ukraine zeigen doch, daß eine erfolgreiche Verteidigung nur möglich ist, wenn man den Gegner auf seinem Territorium massiv attackiert. Liegt ein solcher Gedanke außerhalb deutscher Verteidigungspolitik?
@Sabine Hahn:
Was die Zerstörung der Abschussrampen anbelangt, stimme ich Ihnen gerne zu.
Bzgl. der technischen Details: Ich finde es ob der oft sehr undifferenzierten, manchmal fast euphorischen und häufig schlicht falschen Berichterstattung in den Medien über die verschiedenen Waffensysteme nicht ganz unwichtig, da etwas Realität reinzubringen. Und die sollte man dann auch begründen. Manchmal ist es too much, das stimmt, aber es ist halt auch ein komplexes Thema. Im Notfall einfach nicht lesen ;-)
Was die Zukunft der Luftwabwehr angeht, tut die Bundeswehr gut daran, weniger auf amerikanische Systeme zu setzen. Nicht weil diese schlecht wären oder aus Industriepolitik, sondern weil, gerade bei maritimen Systemen, der Verbrauch im Moment derart hoch ist, dass die USA schlichtweg keine Kapazitäten für andere Nationen haben. Die USA sind nicht mehr der Rüstungsgigant des 2. Weltkrieges der alle anderen mitbeliefern kann.
Z.B. Standard Missiles sind wohl auf Jahre hinaus Mangelware.
@JCR:
Das stimmt vollkommen.. Und gerade mit Iris-T über SL, SLX und hoffentlich später HYDEFF schlägt man da ja den richtigen Weg ein. Am Ende kommt es auf die Mischung an. Im angesprochenen maritimen Bereich wird die Emanzipation noch ein wenig länger dauern. An Land fährt Diehl die Iris-T Produktion hoch und MBDA baut neue Patriot PAC-2 GMT. Aus meiner Sicht ein guter Kompromiss und ein zukunftsfähiger Weg.
Und noch mal zum Thema aber etwas anders:
Als eingefleischter Sience Fiction Fan hab ich ja immer diese Schutzschirm / Energiefeld-Geschichte im Hinterkopf.
Entweder es schlägt nichts durch ( richtig cool, so etwas bräuchte man heute, in den üblichen. Filmen ist der Schutzschirm oft farbig… ) oder das Energiefeld ist geschwächt und es kommt zum Durchbruch.
Bei allen realen Raketenabwehrsystemen ( egal wieviel Reichweite, wie modern oder wie teuer ) gibt es IMMER die Möglichkeit eines Versagens. Auch deshalb schickt z.B. Israel zwei Abwehrrakten pro Ziel los.
Solange es bei konventionellen Sprengköpfen bleibt ist das Drama zumindest lokal begrenzt.
Dummerweise ( und das ist der Punkt wo mir wirklich der Hut hochgeht ) stehen an der russischen Grenze bzw. in Kaliningrad Raketen mit echter atomarer Option. Und russ. Politiker und Talkshows spielen fleißig mit dieser Option.
In ganz Europa incl. GB gibt es meines Wissens keine landgestützten Raketen die dies können, auch nicht die angedachte Mittelstreckenraketen-Nach-Rüstung. Und das ist auch gut so.
Dummerweise wird das aber (zu) oft in der Presse/TV/Social Media zumindest widersprüchlich wiedergegeben.
Gerade vor kurzem am Do, 5.08.2024 bei Markus Lanz war wieder vom NATO-Doppelbeschluss vor über 40 Jahren die Rede („Wie damals“).
Von Leuten die bei den Demos dabei waren. Und die es besser wissen sollten dies mit heute zu vergleichen. Völlig andere Situation, Intention und Denkweise.
Damals wurde ausschließlich nuklear nachgerüstet. Das war in Tateinheit mit den damaligen Umständen in der Tat gruselig.
Hat aber mit der heutigen Situation nicht viel gemein.
Immerhin scheinen die Russen ihre nukleare Truppe im Griff zu haben. Von verschwundenen, verkauften, angebotenen oder versehentlich explodierten Nuklearsprengköpfen war noch nichts zu hören. In anderen Bereichen des russ. Militärs ist das auch mal anders…
@ Apollo 11
Wer beim NATO-Doppelbeschluss richtig lag und wer falsch, hat die Geschichte eindeutig gezeigt. Natürlich kann man zwei verschiedene Situationen nie zu 100% vergleichen, aber deutliche Parallelen sind dennoch erkennbar. Die Russen verfügen über Waffensysteme, für die es derzeit im NATO-Gebiet Europa keine Entsprechung gibt – also wird nachgerüstet. Das war mit SS-20 vs. Pershing 2 und Cruise Missiles im Wesentlichen dasselbe.
Ich denke, das aktuelle Thema „Stationierung/Nachrüstung von Langstreckenwaffen“ ist – was die angebliche nukleare Befähigung anbelangt – ausdiskutiert.
Die grundsätzliche Frage, ob Europa, oder nur Deutschland eine nukleare Abschreckung aufbauen soll/kann/muss ist wichtig, gehört aber nicht hierhin.
Ich bin zwar der festen Überzeugung, dass wir dringend Langstreckenwaffen brauchen, dagegen aber nicht sicher, ob deutsche Politiker eine Freigabe zum Einsatz auf Ziele tief in russischem Territorium geben würden. Und, zwar noch weiter vom Thema weg, aber irgendwie auch entscheidend: Würde die Nato versuchen, mit Bodentruppen die Bedrohung in Kaliningrad auszuschalten?
Ich habe da so einen Satz im Hinterkopf, dass es eine Absprache zwischen den USA und der UDSSR gab, nach den Motto: Kein Waffeneinsatz auf die beiden Kernländer. Kann aber auch Quatsch sein.
#Hans Dampf:
„Die Russen verfügen über Waffensysteme, für die es derzeit im NATO-Gebiet Europa keine Entsprechung gibt – also wird nachgerüstet. Das war mit SS-20 vs. Pershing 2 und Cruise Missiles im Wesentlichen dasselbe.“
Grundsätzlich korrekt.
Nur wurde damals vor 40 Jahren auf beiden Seiten massivst atomar aufgerüstet.
Heute stehen in Kalliningrad grundsätzlich atomar bestückbare Iskander, die aber u.a. in der Ukraine „nur“ konventionell eingesetzt werden.
Und die NATO will Mittelstreckenraketen nachrüsten nicht um diese mögliche atomare Bedrohung auszugleichen. Sondern um im Falle einer echten Auseinandersetzung direkt Ziele im feindl. Hinterland zu bekämpfen. Rein konventionell, im Gegensatz zum alten NATO Doppelbeschluss. Trüge dann auch zur Abschreckung bei.
So hatte ich das zumindest verstanden…
Die Kinshal und Iskander werden im Augenblick in der Ukraine vermutlich in etwa so schnell verfeuert, wie sie nachproduziert werden können. Flaschenhals ist immer noch trotz Verbesserung der russischen Nachbeschaffung die Steuerungs- und Leitlektronik. Vielleicht bleibt da die eine oder andere Rakete für den Stockpile, aber es ist schon damit zu rechnen, dass Russland im Falle eines Konflikts mit der NATO nicht sofort in der Masse Schwärme von Iskander- und Kinshal-Raketen auf Polen, Litauen und Deutschland wird werfen können, wenn nicht zuvor der Ukrainekrieg beendet wurde und die Produktion wieder auf Lagerhaltung geht.
Zudem müssen die Russen ihren Nachschub nach Kaliningrad quasi unter den Augen der gesamten baltischen NATO transportieren. Im Kriegsfall ist damit eher schneller als später sehr bald Schluss. Die Schweden haben mit der verbesserten Gotland-Klasse immer noch sehr leise und unauffällige Boote, die nicht nur zur U-Jagd und Bekämpfung von Überwasserschiffen, sondern auch zur COMINT und ELINT und sogar zum Minenlegen geeignet sind. SMS Gotland hat 2005 gezeigt, dass die Boote in der Lage sind, den U-Jagd-Schirm amerikanischer Trägergruppen zu penetrieren (wie im Übrigen auch „unsere“ 206-Klasse 2001). Mit den zwei neuen Booten der Blekinge-Klasse (A26) dürfte sich die schwedische Kapazität im Unterwasserbereich noch etwas weiter verbessern.
Natürlich haben die Russen auch in dieser Hinsicht etwas zu bieten. Aber die Russen haben mit Kaliningrad und St. Petersburg doch gegenüber der durch FIN und SWE aufgewachsenen NATO eher begrenzte Operationsmöglichkeiten ihrer baltischen Flotte. Und wie der Ukrainekrieg bewiesen hat, ist auch die mächtige Schwarzmeerflotte nicht einmal in ihrem Hafen einigermaßen sicher.
Und so schließt sich der Kreis zur IRIS-T und der Verteidigung gegen Raketen aus Kaliningrad. Das Pulver dort dürfte vergleichsweise schnell verschossen oder durch konventionelle Gegenschläge zerstört sein. Der Nachschub über das Baltikum ist schwierig, Vermutlich wäre es aus RUS Sicht also sehr viel sinnvoller, von Belarus aus zu agieren. Da hat man jede Menge Luftraum im Hinterland zum Starten der Flugkörper, ist nicht von prekären Nachschublinien abhängig und hat auch viel mehr Raum, in dem man seine mobilen Iskander-Starter verstecken kann.
Dass RUS in Kaliningrad geräuschvoll Iskander stationiert hat, ist m.M.n. halt ein PR-Move um Druck auf die friedensbewegt-ängstliche europäische Zivilgesellschaft aufzubauen. Militärisch allzu sinnvoll ist das eher nicht, jedenfalls nicht, wenn man nicht gleich den ganz großen Atomkrieg anzetteln will. Und dass Putin oder Medvedew so unklug und irrational handeln, kann ich angesichts der doch noch vorhandenen inneren Ratio im Kreml nicht so wirklich glauben.