Personalstärke Juni 2024: Unter 180.000 aktive Soldaten und Soldatinnen
Die Zahl der aktiven Soldaten und Soldatinnen der Bundeswehr nimmt weiter ab und ist im Juni erstmals seit fast sechs Jahren wieder auf unter 180.000 gefallen. Ende Juni dienten 179.694 Soldaten und Soldatinnen, gut 500 weniger als im Vormonat. Der Rückgang im Juni ist vor allem auf eine geringere Zahl an Freiwillig Wehrdienst Leistenden zurückzuführen; die Zahl von Berufs- und Zeitsoldaten veränderte sich kaum.
Die Statistik für Juni 2024, wie üblich unter dem immer gleichen Link veröffentlicht:
(Seit der Statistik für den Monat März 2023 wurde das Format der Darstellung verändert; der Übersichtlichkeit und Vergleichbarkeit halber bleibt es hier bei der Art der Darstellung vor den März-2023-Zahlen)
Insgesamt leisten 179.694 Soldatinnen und Soldaten ihren Dienst bei der Bundeswehr
Bundesministerium der Verteidigung 1.109
unmittelbar nachgeordnete Dienststellen 9.070
Streitkräftebasis 22.252
Zentraler Sanitätsdienst 20.156
Heer 60.617
Luftwaffe 26.968
Marine 15.272
Cyber- und Informationsraum 13.701
Bereich Infrastruktur, Umweltschutz, Dienstleistungen 956
Bereich Ausrüstung, Informationstechnik, Nutzung 1.893
Bereich Personal 7.700
davon bis zu 5.400 Studierende an Bundeswehr-Universitäten
Berufssoldaten 57.352
Soldaten auf Zeit 112.644
Freiwillig Wehrdienstleistende 9.481
Freiwillig Wehrdienstleistende im Heimatschutz 217
Die Zahl der Frauen in den Streitkräften:
24.228Soldatinnen sind aktuell bei der Bundeswehr; mehr als 13 Prozent (beträgt der) Anteil der Soldatinnen bei der Bundeswehr
Heer 4.600
Luftwaffe 2.689
Marine 1.705
Streitkräftebasis 2.578
Sanitätsdienst 8.305
Cyber- und Informationsraum 1.398
Ministerium und andere Bereiche 2.953
Laufbahngruppe/Laufbahnen (auch Anwärterinnen)
Offizierinnen 6.880
Unteroffizierinnen mit Portepee 8.441
Unteroffizierinnen ohne Portepee 3.456
Mannschaften 5.451
Status
Berufssoldatin 5.174
Zeitsoldatin 17.280
Freiwillig Wehrdienstleistende 1.760
Freiwillig Wehrdienstleistende Heimatschutz 14
Die wie immer von einem Leser – vielen Dank! – erstellte und fortgeschriebene Tabelle dazu:
Juni_2024_BWPers
Die gesonderte Statistik zu den Zivilbeschäftigten – analog zu den Soldat*innen nach Teilstreitkräften und Organisationsbereichen aufgeschlüsselt; zusätzlich werden Militärseelsorge und Rechtspflege ausgewiesen.
Beschäftigt sind 80.527 zivile Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Bundesministerium der Verteidigung 1.837
unmittelbar nachgeordnete Dienststellen 2.536
Streitkräftebasis 6.342
Zentraler Sanitätsdienst 4.271
Heer 2.430
Luftwaffe 4.585
Marine 1.812
Cyber- und Informationsraum 1.776
Bereich Infrastruktur, Umweltschutz, Dienstleistungen 32.722
Bereich Ausrüstung, Informationstechnik, Nutzung 11.525
Bereich Personal 10.130
Militärseelsorge 470
Rechtspflege 91
Der Anteil von Frauen am zivilen Personal wird nur nach Statusgruppen ausgewiesen:
Von den insgesamt 80.527 zivilen Beschäftigten sind 31.434 Frauen (rund 39 Prozent), die in allen Bereichen der Bundeswehr tätig sind.
Beamtinnen insgesamt 10.290
im höheren Dienst 2.130
im gehobenen Dienst 4.250
im mittleren Dienst 3.887
im einfachen Dienst 23
Arbeitnehmerinnen 19.368
im Vorbereitungsdienst, in einem Ausbildungs- oder Praktikantenverhältnis 1.776
(Stand 30. Juni 2024)
Die frühere ausführliche Statistik der Personalstärke in den Auslandseinsätzen und einsatzgleichen Verpflichtungen wurde durch die Gesamtzahl nur in den Auslandseinsätzen ersetzt. Der Stand vom 22. Juli 2024:
Insgesamt sind 848 Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr unmittelbar bei Auslandseinsätzen eingesetzt.
Darüber hinaus gibt es noch die Anerkannten Missionen.
(Die diversen Anerkannten Missionen wie z.B. die NATO-Battlegroup in Litauen sind eben damit nicht erfasst.)
Den Service von Augen geradeaus!, die Vergleichszahlen, gibt es auf einer gesonderten Übersichtsseite.
(Archivbild Mai 2024: Bundeswehrsoldaten auf dem litauischen Truppenübungsplatz Pabrade im Rahmen des Nato-Grossmanövers Steadfast Defender und dem deutschen Anteil der Übung Quadriga 2024 – Juliane Sonntag/photothek.de)
Die Bundeswehr ist nach über 10 Jahren ohne Wehrpflicht und 30 Jahren Auslandsmissionen nicht in der Lage ausreichend Nachwuchs zu bekommen. Ein Rekrutierungskonzept ist nicht erkennbar und die eigentlich Verantwortlichen insbesondere das BAPersBw sind unfähig neue Wege einzuschlagen. Es fehlt an Mut, Kreativität und Ergebnisorientierung. Mit diesem „Weiter so“ steuern wir sehenden Auges in ein Personaldesaster.. Dass in den kommenden Jahre die geburtenstarken Jahrgänge fehlen, verschärft das Problem. Die Bundeswehr scheitert an ihrem Vorschriften Wirrwarr und einer Dysfunktionalität, die bei einem Unternehmen zu einem „Sanierungsfall“ führen würden.
Und wie viele Soldatinnen und Soldaten sollten wir aktuell haben, wenn 2031 (früher mal 2027!) die Sollstärke von 203.000 erreicht würde?
Ich wiederhole mich, aber pro 1.000 fehlenden Soldatinnen und Soldaten, sollte man ad hoc einen B6+ Dienstposten streichen. Dann bewegt sich vielleicht mal was in diesen überdotierten, bräsigen Wasserkopf.
Die Zahlen bestätigen meine persönlichen Eindrücke aus Gesprächen und Erlebnissen der letzten Monate: Eine Personalgewinnung ohne Orientierung, eine Reform des Personalwesens blockiert durch interne Oberbundesbedenkenträger, besitzstandswahrende Interessenverbände und politische Kräfte in der SPD, die eine „kriegstüchtige Armee“ um jeden Preis verhindern wollen und dafür Haushaltsmittel und Rechtsanpassungen verweigern. Solches war schon im Vorfeld des „Wehrpflichtpapieres“ zu beobachten. Die internen Fachdiskussionen in und mit der Leitungsebene schienen erfreulich konstruktiv zu werden. Ich habe den Satz im Ohr „Wir arbeiten an der Freistellungspflicht für Arbeitgeber, damit Reserve und Aufwuchs überhaupt funktionieren.“ Und dann kam auf den letzten hundert Metern vor der Veröffentlichung die scharfe Rasur durch den Mützenich – Flügel… Wahnsinn…auch die Zeitenwende wird verampelt.
Die sinkende Personalstärke sollte endlich zum Anlass genommen werden, schleunigst eine amtsangemessene Alimentierung der Staatsdiener einzuführen.
Dann folgend, eine Anpassung der Arbeitszeit bzw. ersatzweise mehr Urlaubstage (35h-Woche oder 4-Tage-Woche. So wie es der Grossteil der IGM-Konzerne umsetzt.
und wer dagen argumentiert, dass man dann den Auftrag nur unzureichend erfüllen kann…. Das ist die derzeitige Arbeitspraxis bei dem aktuellen Personaldefizit, quasi der ‚Status quo‘.
Ich blicke einmal über den Tellerrand: bei unseren Partnern sieht es nicht viel anders aus, was die Sache natürlich nicht besser macht:
https://www.telepolis.de/features/Nato-Laender-kaempfen-mit-Personalmangel-bei-geplanter-Truppenaufstockung-9830532.html
Das Ziel der NATO wird jedenfalls deutlich verfehlt werden, insbesondere, wenn man versucht es über die Verpflichtung von Zeit- und Berufssoldaten zu erreichen.
In mehreren Medien wird heute berichtet, dass es auch in den osteuropäischen NATO- Staaten Probleme mit der Personalgewinnung für die Armeen gibt. Könnte es sein, die Nachteile des Jobs Soldat treten langsam in den Vordergrund?
Spannend da ja wie z.b. in Oerbke neue Bataillone aufgestellt werden.
Also werden von anderen Btl Truppenteile abgezogen um auf dem Papier ein neues Bataillon aufzustellen?
So geht das also mit der Kriegstüchtigkeit, auf dem Papier!
Wenn der oberste Einplaner bei BAPers mir mitteilt mein Abiturienten Sohn könne kein SAZ2 machen, da sein Abitur nicht rechtzeitig zum Einstieg fertig ist, und er könnte erst nächstes Jahr zum Fixtermin sich bewerben…
Was für Hilfskräfte Ohne Nennenswerte Kenntnisse (HONKS)
sitzen da an entscheidenden Stellen??
Pistorius hat die selben Beteiligten in einer Rochade im BAPERS und Bmvg hin und her geschoben, weil er nicht wirklich den Mumm hat durchzugreifen oder weil der Oberpersonaler ihn nicht lässt.
Es ist nur erbärmlich.
Der Witz dabei ist, dass die Zahl der Bewerbungen zuletzt sogar deutlich gestiegen war. Aber recruitment und vor allem retention kann das System einfach nicht.
Ich denke der Fehler liegt lange zurück ein Wehrdienst oder Ziwi hat der gesamten Gesellschaft sehr sehr gutes Gegeben das Resultat der Abschaffung liegt den Statistiken doch schon lange vor….jeder sollte erst etwas für seine Heimat leisten..bevor er Leistung von dieser Erwartet
@Ex.Soldat im BAAINBw
Ich denke die Alimentierung und die Arbeitszeit sind noch die kleinsten Probleme der Bundeswehr. Nach fast 40 Jahren bin ich als Pensionär in einem IGM Betrieb eingestiegen und frage mich so langsam, warum ich überhaupt gerne BS war. Die Arbeitszeit ist besser, das Gehalt kann besser sein (muss es aber nicht, viele HFw, gerade mit Familie und Kindern sind überrascht wie wenig sie angeboten bekommen) aber was den Unterschied macht, das sind die folgenden Punkte:
Wertschätzende Personalführung statt Willkür, Standortsicherheit statt Versetzungen, selbst wenn man aufsteigen will und die Möglichkeit, Spezialist zu werden statt „Breite statt Tiefe“
Warum die Bw nicht mal eine vernünftige Stellenbörse hinbekommt, wird mir für immer schleierhaft bleiben. Wenn ich nach Pusemuckel will, dann versucht meine Firma das hinzubekommen. Ich soll ja hochmotiviert bleiben. Aber die Bw versetzt lieber zB Flugzeugmechaniker, die gerne Schrauben, gegen ihren Willen ins BAAIN und wundert sich über schlechte Leistungen.
Und Dienstposten, wo man wirklich noch Entscheidungen treffen darf, beginnen gefühlt erst in der B Ebene. Auch kein Motivationsschub, wenn heute Entscheidungen von OTL getroffen werden, die früher ein Wachtmeister geregelt hätte.
Dazu noch der Wasserkopf der Bw und schon finden gute Leute die freie Wirtschaft besser als 15 Jahre lang der Karotte des BS hinterherzulaufen.
Leider musste ich es erleben, wie mein Sohn durch das System der Nachwuchsgewinnung nicht den Weg zur Bundeswehr als FWDL gefunden hat. Langes Warten in Warteschleifen, falsche oder unpassende Informationen über Zuständigkeiten, mal vergessen eine Mail an ihn zu schicken und genannte Ansprechpartner, die kaum erreichbar waren und eine deutlich zu lange Wartezeit bis zur Termivergabe zur Eignungsfeststellung sind die Kurzversion dieser wirklich interessanten Erfahrung.
Aus Vorsicht im Sinne von Plan B hat, sich mein Sohn dann auf eine Stelle im Bundesfrewilligendienst beworben und innerhalb von zwei Wochen eine feste Zusage erhalten. Nun hatte er eine Zusage für eine – aus seiner Sicht – zweitbeste Lösung und wollte noch einmal bei der Bundeswehr nachfassen. Nach langem probieren endlich einen Hauptmann im Karriecenter erreicht und nach Schilderung des Sachverhaltes wurde ihm dann gesagt, er möge doch eine Mail schreiben, dass er von der Bewerbung zurücktritt. Was der Herr Hauptmann sonst noch so am Telefon gesagt hat, habe ich dann mit seinem Vorgesetzen diskutiert.
Ich bin selbst seit 1995 Soldat und war wirklich sehr überrascht wie das so abgelaufen ist. Leider scheint das wohl kein Einzelfall zu sein.
Ich darf mich als aktiver Soldat um die Gewinnung von Reservedienstleistende kümmern. Gerade im Bereich von Beorderungen wird es immer mehr ein Kampf gegen Windmühlen, da Altqualifikationen nicht anerkannt oder nicht in die Neuen überführt werden können. Die Gründe sind oftmals geänderte oder modernisierte Lehrgangsmodelle und wir können die hochmotivierten und auch „damals“ gut ausgebildeten Kameraden nicht beordern. Und wenn ich einem Ingenieur erklären soll, es klappt nicht, weil er nicht mit den heutigen elektronischen Regelungen arbeiten könnte, mit dem heutigen Sonderwerkzeug (welches eh nicht vorhanden ist) nicht umgehen könnte sowie nicht in der Lage sei, eine MP 7 instandzusetzen, da er zu seiner Zeit vorrangig P8, G36 und MG3 geinstet hat, ist sein Bild über die Arbeitgebermarke BW vorprogrammiert und seine Unterhaltungen im Familienkreis o.ä. werden auch nicht zu mehr Bewerbern führen. Und ich schildere nur die Spitze des Eisberges.
Als Beamter der Bundeswehr und beorderter Reservist bin ich heilfroh, dass unser ältester Sohn mit einem ausgezeichneten Abitur dual über einen bedeutenden Rüstungskonzern studiert und einen großen Bogen um die Bundeswehr macht. Es ist eigentlich schade, aber ehrlich.
Wer seine Kinder wirklich gerne hat, der schickt sie nicht mehr zur Bundeswehr. Nicht wegen einer abstrakten Kriegsgefahr im Osten.
Früher haben sich Unternehmen an der Bundeswehr orientiert. Jetzt suchen wir uns täglich selbst und finden Bürokratie, Stumpfsinn und Allgemeine Regelungen A1-222/4751- 0-0-1 etc. Fertig.
Boris ist hoch gesprungen und ebenfalls kläglich gescheitert.
@Windlicht 09.08.2024 um 18:37 Uhr:
Wohlfeil, hier bei jeder Gelegenheit „Sozen-Bashing“ zu betreiben – deren „Track record“ in Sachen Bundeswehr ist aber weit besser, als Ihre Einlassungen einen glauben machen wollen. Wer hat den die deutschen Streitkräfte 2011 derart neu ausgerichtet, dass alle wussten: Deutschland hat den Anspruch, Operationen verbundener Kräfte durchführen zu können, aufgegeben? Die Aktion war nur einer schwarz-gelben Koalition zuzutrauen, und die haben es durchgezogen, inkl. Abschaffung der Wehrpflicht, den FDPlern gestern wie heute ein Gottseibeiuns. Das hätte es mit der Partei eines Dr. Bartels nicht gegeben. Freistellungspflicht haben daher nicht die Doktoren Stegner & Mützenich blockiert, sondern folgerichtig die „Schuldenbremsen-Taliban“ (Zitat Ulrike Herrmann) um Major de luxe Lindner.
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Meine 2 Cent zu dem Thema „Recruitment & Retention“ – wir hatten mal eine Kultur des „Wir ziehen in den Kampf mit denen, die da sind“, d.h., alle werden von Anfang an Teil der Kampfgemeinschaft. Heute, auch als Spätfolge der Ära Auslandseinsatz und der mentalen KSK-isierung der Truppe, herrscht oft die Haltung vor: „Alles Trottel, bis das Gegenteil bewiesen ist“. Will sagen: Selektive Kameradschaft hat zum Verkümmern der schnellen Integrationsfähigkeit von Individuen geführt, die viele Truppenteile einst ausgezeichnet hat. Wenn dann noch mittleres und höheres Management nach der Devise führt: „Ich arbeite nur mit Menschen, welche meine Absicht am besten erraten, der Rest wird ignoriert.“ – dann haben wir in zu vielen Einheiten und Verbänden eine latent toxische Betriebskultur entwickelt, die Neulinge als „Outsider“ behandelt.
Vielleicht sollte sich die BW eher auf Brigaden umstellen. Das sähe bei 5000 pro Brig positiver aus als leere Div mit 20T Soll.
@Florian Staudte 10.08.2024 um 12:12 Uhr:
Die Gedanken sind frei, aber was gesagt wird, muss sich dem Urteil anderer stellen. Daher danke ich für Ihre Ehrlichkeit, aber es stellen sich 2 Fragen: Wenn die Streitkräfte so eine furchtbare Veranstaltung sind, warum quittieren Sie nicht das Dienstverhältnis? Nun sind Sie ja als Zivilist auf der Payroll, haben also das Beste aus zwei Welten, und Ihre Statusgruppe hat vielleicht am stärksten von einer gewissen Tendenz zur Verantwortungsdiffusion profitiert (Sicherheit ohne Verpflichtungen?). Und: Sind Sie sicher, dass die Nachkommenschaft in der Industrie das große Glück findet? Viele öffentliche Bedienstete reden kurioserweise ihren Status schlecht, und überhöhen die Perspektiven in der „Freien Wirtschaft“, besonders jene, die nur öffentlichen Dienst kennen. Brav, die eigenen Privilegien nicht an die große Glocke zu hängen, das ziert die Beamtenschaft, und schützt die Pfründe. Aber dem eigenen Gejammer soweit Glauben schenken, dass man proaktiv die eigenen Kinder in die Humankapital-Verwertungsmaschine „Duales Studium“ o. Ä. schickt? Oft kommen die Sprösslinge dann nach ein paar Jahren zurück und fragen: „Warum kann ich meiner Familie nicht das Leben bieten, was Du uns geboten hast, Papa/Mama?“ Weil man wohl in der freien Wirtschaft ganz schön und schnell stricken muss, um bei Einberechnung aller Leistungen auf ein vergleichbares Einkommensniveau zu kommen wie der Mittelbau der Streitkräfte.
Einer der wichtigsten Rekrutierungsfaktoren sind aktive Soldatinnen und Soldaten. In Gesprächen mit BS sowie (langjährigen) SaZ wird deutlich, dass nahezu NIEMAND Freunden, Bekannten oder auch anderen Interessierten den Dienst in der Bw weiterempfehlen würde.
Warum sollte ich als Interessent in die Bw eintreten, wenn:
– der Materialmangel omnipräsent ist,
– die Bürokratie überbordend ist,
– die Entscheidungen von BAPersBw einfach nur willkürlich und nicht nachvollziehbar sind und
durch die zu vielen StOffze einfach NICHTS vorangeht und gleichzeitig die Haushaltskarten für nachrückende Soldaten gesperrt/ nicht vorhanden sind?
Ich bin unglaublich gern Soldat, aber diese Umstände demotivieren massiv. Ich werde die Bw nach 13 Jahren Dienst verlassen – aber weiterempfehlen würde ich den Dienst trotz aller Vorteile niemandem.
SKB: Kleinste SKB seit Aufstellung
Marine: Kleinste Marine mindestens seit März 2010 (vorher habe ich die Zahlen nicht)
@ J10
Ich hatte als SaZ 13 – Offizier TrD mit Studium – eine wunderschöne Dienstzeit, weil ich vielfach einfach Glück hatte.
Die Beamtenwelt in der Bundeswehr ist zum Teil einfach nur krank. Unwissenheit gepaart mit Arroganz.
Es macht einen Unterschied, jemandem die Bundeswehr nicht zu empfehlen und selbst als Beamter auf Lebenszeit zu kündigen.
Florian Staudte sagt: 10.08.2024 um 12:12 Uhr
„Boris ist hoch gesprungen und ebenfalls kläglich gescheitert.“
Was aber nicht die Schuld von Herrn Pistorius ist. In der postheroischen Gesellschaft bekommt eine Armee nur noch Personal, wenn sie ein interessanter Arbeitgeber ist. Momentan gibt es aber sehr viele mindestens genauso interessante Alternativen und auch Bürgergeld ist nicht ganz so schlecht. Dazu kommt die etwas gewachsene Wahrscheinlichkeit, plötzlich doch den Helden spielen zu müssen.
Bitte nicht vergessen, alle Industriestaaten haben Personalprobleme bei ihren Streitkräften und wie gerade aktuell zu lesen, auch die osteuropäischen NATO- Mitglieder. Wir haben es hier nicht mit einem deutschen Problem zu tun.
Ein einzelner Verteidigungsminister kann die Gesellschaft nicht ändern. Ich denke, sowohl der BK als auch Herr Pistorius wissen das. Letzterer hat nach der desaströsen Performance seiner Vorgängerinnen so getan als ob und damit den Druck von der SPD genommen. Aus Sicht der SPD und des BK, Aufgabe erfüllt. Ab Ende 2025 darf die Union wieder den Verteidigungsminister stellen und hat damit den Schwarzen Peter.
Bei so vielen Negativ-Kommentaren (die ich uneingeschränkt teile) zu der Bundeswehr als Ganzes und dem Personal(miß)Management im Besonderen kann man eigentlich nur hoffen, dass einige Entscheidungsträger im BMVg dies auch lesen und Ernst nehmen.
@Florian Staudte 10.08.2024 um 17:28 Uhr:
Es scheint, als hätten Sie Ihr gesamtes bisheriges Berufsleben, inkl. Studium, voll alimentiert in den Streitkräften verbracht. „Thank you for your service“, aber das ist keine Einbahnstraße. Zudem scheint Ihre Bewertung bez. schönes Berufsumfeld Wirtschaft/Industrie dann eher auf Hörensagen zu rekurrieren. Zu Ihrem Urteil über die Kolleginnen und Kollegen Ihrer Statusgruppe fällt mir nur der alte Witz ein: Verkehrsfunk – „Auf der A24 Richtung Hamburg kommt Ihnen auf Höhe Parchim ein Falschfahrer entgegen..“ Man selbst – „Einer!?! Hunderte!!“
/
@Jojo2801 10.08.2024 um 16:16 Uhr:
Ähnlicher Fall bei Ihnen, bisher nur in der Bw tätig gewesen, wahrscheinlich inkl. mehr als ein halbes Jahrzehnt Ausbildung und Studium. Alles erdenklich Gute „draußen“ nach Ihrem Dienstzeitende. Ich prognostiziere aber: Sie werden nach Ihren ersten Schritten in der zivilen Berufswelt die vermeintliche Missstände in den Streitkräften in einem anderen Licht sehen, vielleicht sogar bedauern, nicht „Profi“ geworden zu sein. Denn: Was ist Ihr jew. Maßstab für Materialausstattungsniveau, Bürokratieumfang, Personalführung?
@ Florian Staudte: „Ich hatte als SaZ 13 – Offizier TrD mit Studium – eine wunderschöne Dienstzeit, weil ich vielfach einfach Glück hatte.“ Das Glück sei Ihnen gegönnt. Das ist aber auch ein zentrales Thema der Personalverwaltung. Gemäß der Vorschriften orientiert sich die Förderung / Beförderung an Eignung, Befähigung und Leistung. Glück findet sich da nicht. Für Sie war es Glück, für manch anderen ist es Willkür, Nasenfaktor oder Vetternwirtschaft.
@J10: Einspruch! Ich betreibe eben kein Sozen-Bashing pauschal, sondern kritisiere nur den um Mützenich organisierten Teil der Sozialdemokratie! Ich habe großen Respekt vor den Leistungen der Sozialdemokratie für unsere Streitkräfte in den 1970ern. Angesichts der 1968er Bewegung 4%++ politisch durchzusetzen und die Bundeswehr Anfang der 1980er zu einer bei den Bündnispartnern sehr, sehr respektierten Streitmacht gemacht zu haben sind unbestreitbare historische Verdienste. Noske, Schmidt, Leber, Apel, Struck sind Persönlichkeiten gewesen, die ihrer politischen und historischen Verantwortung mehr als gerecht geworden sind… Und außerdem weise ich den zuständigen Stellen der Bundeswehr und den Interessenverbänden auch Verantwortung für das Personaldesaster zu.
Frage eines lange „ausgedienten“ a.D.
Wenn ich die Hochglanz-Websides des Personalamtes richtig interpretiere gibt es die PersFuehrung seitens der Teistreikraefte nicht mehr?
Hat ein Offizier noch einen „Personalreferenten“ alter Art, den er kennt (vice versa) und der seine Verwendungsplanung betreibt?
Was machen/welche Aufgaben haben die S1/A1 der Btl/Reg/Div oder gleichgestellten Verbaende heute noch?
Cheers
@O.Punkt 10.08.24 um 17:01:
1990 hatte die Marine noch ca. 200 Schiffe und Boote und wurde von (nur!) 33 Admiralen (inkl. Admiralärzten) geführt.
Aktuell verfügt sie noch um ca. 60 seegehende Einheiten (ob da die Dienstsegelboote der Marineschule Mürwik schon mitgezählt sind, weiß ich nicht) besetzt aber aktuell 36 (!) Dienstposten B6+.
Das hier was grundsätzlich falsch läuft, merkt der dümmste Matrose.
@ Segestes:“ Ab Ende 2025 darf die Union wieder den Verteidigungsminister stellen und hat damit den Schwarzen Peter.“ Schauen wir mal, wie die Wahl ausgeht. Möglicherweise gibt es eine GroKo. Bei den vielen Ankündigungen (Reformen, Material, etc.) und Strukturentscheidungen (Brig Litauen, Optimierung BMVg, etc.) sollte der aktuelle BM auch die Chance (Inkl. Herausforderungen) bekommen, die Umsetzung, die ja dann wahrscheinlich in der nächsten Legislaturperiode stattfindet, zu begleiten. Angeschoben hat er vieles, nun gilt es das auch zu Ende zu führen.
@ J10 und ORR
Leider verstehen Sie die Botschaft nicht. Es ist war und ist nicht alles schlecht. Und man kann als Zeitsoldat auch eine schöne Dienstzeit verbringen.
Davon ist aber losgelöst zu betrachten, ob man die Bundeswehr aufgrund der gemachten Erfahrungen und aktuellen Entwicklungen weiterempfiehlt. Dass, was ich sehe und mitbekomme, reicht mir, um es meinen Söhnen nicht zu empfehlen. Entscheiden müssen beide selbst.
@ Segestes
Ich hatte mir von Minister Pistorius mehr versprochen. Gleichwohl ist es für ihn auch nicht einfach.
Die Nachteile des Soldatenberufs treten bei LV/BV stärker auf, als noch zu Hochzeiten des IKM, weil es am Ende alle Soldatinnen un Soldaten betreffen wird. Das ist ein großer Unsicherheitsfaktor und sicher auch ein Bewerbungshemmnis, dass n.m.M. nur mit einer deutlichen Anhebung der Besoldung überwunden werden könnte – am Besten mit eigener Besoldung „S“. Die Gefahr für Leib und Leben muss sich hier mehr widerspiegeln, gerade in Bezug zu den Besoldungsgruppen der Beamten. Mit Patriotismus und Liebe fürs Vaterland wird die Sollstärke auch 2045 nicht erreicht. Und bitte, hört auf mit Gleitzeit, Homeoffice und 4-Tage Woche zu philosophieren, als bedeutsame Faktoren für die Personalgewinnung zu benennen, denm damit wird nur eines erhöht, nämlich die Abbruchquote.
Zur Zeit ist der Präsident des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr Generalmajor Robert Sieger. Ich maße mir nicht an, die fachliche Qualität von General Sieger zu beurteilen, aber ich glaube, dass ein Beamter oder eine Beamtin (eventuell mit Vorzeiten als Soldat) diese Behörde leiten sollte – auch um die dringend erforderlich Personalstärke mit neuen Ideen und Überlegungen in Angriff zu nehmen. In der Personalplanung mit Hintergrundwissen als Soldat könnte so in der Verwaltung den Planungen in der Rekrutierung besser Rechnung getragen werden. Übrigens sollte die Besetzung von Dienstposten in der Bundeswehrverwaltung m.E. grundsätzlch wieder mit Beamten bzw, Beamtinnen besetzt werden. Ich bin der Meinung, dass der Soldat seinen Auftrag gem. Art. 87 a des Grundgesetzes und der Beamte seinen Auftrag nach Art. 87 b des Grundgesetzes erfüllen sollte.
Vielleicht bin ich ja nach 42 Jahren als Soldat und Beamter in der Bundeswehr und jetzt seit 13 Jahren in Pension noch mit „alten Gedanken“ behaftet, aber heißt es nicht immer, neue Besen kehren gut. Aber richtig ist auch, dass alte Besen wissen, wo der „Schmutz“ liegt.
Die Wahrscheinlichkeit dass wir zum Militarismus von vor dem 1. Weltkrieg zurückkehren und die reine Genugtuung in den Streitkräften dienen zu dürfen, ausreicht um genug Nachwuchs zu finden ist wohl eher gering. Damit bleibt. ur es tatsächlich attraktiver zu machen.
Für Dienstzeiten bis 4 Jahre geht das Recht einfach…muss man nur bereit sein die entsprechenden Gesetze zu machen. Für alles darüber muss man es halt wirklich attraktiv machen….da bleibt nur Geld, Arbeitszeit und der dienstort und Perspektiven
@ Florian Staudte 11.08.2024 um 10:24 Uhr
Nicht einfach? Das kann ja wohl keine Begründung dafür sein, dass der wortgewaltige Pistorius jetzt nicht liefert.
Liest man sicherheitspolitische Blogs, so wird BMVg und Bundeswehr– gefühlt – nur noch von unfähigen Führungskräften geführt. Fehlendes Geld, New Bundeswehr Work, Bundeswehr Work-Life-Balance, Personalengpass, Peter-Prinzip, Great Resignation und mangelnder Rückhalt der Politik weisen scheinbar höchsten Führungskräften in ihre Schranken. Pistorius hatte Zeit, sich die Lage genauer anzusehen und Führung zu übernehmen. Pistorius hat rasch viel angekündigt und wenig geliefert!
Die Baustelle „Personal“ ist schon lange bekannt. Nun hatte eine Task Force ihm gefällige Botschaften ins Ohr geflüstert. Wem hat es genutzt, das wissen wir…AL Pers von B3 auf B9, etc.
Nun muß geliefert werden. Nun sollte geliefert werden. Was hört man? Worte, Worte….
@ J10 und ORR
Es geht doch nicht darum wer den Verteidigungsminister stellt, sondern wie der innere Zustand der Bw ist und wie attraktiv die Bw für neue Bewerber ist.
Jeder der hier im Blog kommentiert, hat seine eigene Bw-Erfahrung gemacht und die Mehrheit fand ihre Bw-Zeit als erfüllend, spannend und für das Leben weiterentwickelnd sonst würden sie hier gar nicht mehr kommentieren.
Was hat sich also geändert, das dies heute nicht mehr so ist ?
Vieles ist schon gesagt worden, Gehaltshöhe und Sozialleistungen sind es sicherlich nicht, überbordende Bürokratie, zentralisierte Entscheidungsprozesse mit Kompetenz- und Entscheidungsverlusten für die unteren Ebenen, mangelnde Mittel zur materiellen Ausstattung der Truppe usw. schon eher.
Nun zu den jetzigen Entscheidungen der amtierenden Bundesregierung. In dieser Legislatur sind die Haushaltstellen der Ministerialbürokratie in Berlin um 10000 Stellen erhöht worden, gleichzeitig hat die Bw zu wenig Planstellen um ausgebildete Offiziersanwärter zum Leutnant zu befördern, d.h sie werden nicht als Zeitsoldaten übernommen weil keine A9 – HH-Karte vorhanden sind. Um die Offziersanwärter nach der Ausbildung zum Leutnant befördern zu können werden ersatzweise teilweise die A9 Haushaltskarten der Unteroffiziere (Stabsfeldwebel) benutzt.
Insgesamt gibt es einen Beförderungsstau auf allen Ebenen ab A9 von ca. 90 % der Anwärter auf einen Dienstposten. Für die Litauen-Brigade (ca. 5000 DP ) sind keine Planstellen mit HH-Karten vorhanden. Diese 5000 Planstellen müssen aus dem Bestand erwirtschaftet werden, d.h. Dienstposten im Inland bleiben unbesetzt oder Leute auf Dienstposten im Inland müssen eine höherwertige Tätigkeit ohne entsprechende Bezahlung ausüben (Vorsicht: § 18 BBesG „Funktionsgerechte Besoldung“).
Diese Versäumnisse haben nicht die Vorgängerregierungen sondern die jetzige Bundesregierung zu verantworten und wer so etwas macht, will keine „kriegstüchtige“ Bw, sondern eine wirkungsvolle „Abschreckung“ für den Aufwuchs der Bw.
Und da muss man @ Schnuckel recht geben: In der Industrie kommt kein Ingenieur zu einem Facharbeitertarif und entweder ist die Bezahlung für einen Mitarbeiter gewährleistet oder es wird die Stelle nicht besetzt !
Ich frage mich seit geraumer Zeit, wie viele Planstellen wir denn nun eigentlich wirklich haben.
Mehr als die Anzahl der derzeit aktiven Soldaten kann es eigentlich nicht geben. Sonst gäbe es keinerlei „Stau“.
Auch müssen wohl alle 203000 Dienstposten verteilt sein, sonst erklärt sich mir die ständige Praxis nicht, nach der neue Dienstposten nur geschaffen werden, wenn andere gesperrt werden.
Meine Versuche neues und schon fachlich qualifiziertes Personal gewinnen scheitert fast regelmäßig daran, dass angeblich keine Stellen frei seien.
Meine Zeit im „Mutterhaus der Personalführung“ sind lange vorbei, aber früher bekam man jeden in die Bundeswehr hinein, den man auch haben wollte.
Heute hat man das Gefühl, es wird irgendwie immer alles verhindert…
Also das „Rumgehaue“ auf den StOffz hier finde ich nicht in Ordnung (war selber einer). Das Dienstpostengefüge wird nicht an der Basis entschieden – das gilt übrigens auch für den Wasserkopf an Generalen, Admiralen und Direktoren. Dieses Gefüge wird m.E. mit Kalkühl erstellt – um Treppchen für die Karrieren zu bauen. Hier muss m.E. mal grundsätzlich angesetzt werden.
Nur meine Meinung.
HS
Jenseits der reinen Personaldiskussion (die hier offensichtlich von vielen Insidern ziemlich negativ gesehen wird), wie will man denn unter diesen Umständen die Zeitenwende überhaupt realisieren? Denn ohne ausreichende Streitkräfte jenseits der Offiziere ist das doch kaum umzusetzen.
PX sagt:
11.08.2024 um 10:35 Uhr
„Und bitte, hört auf mit Gleitzeit, Homeoffice und 4-Tage Woche zu philosophieren, als bedeutsame Faktoren für die Personalgewinnung zu benennen, denm damit wird nur eines erhöht, nämlich die Abbruchquote.“
Nach meinem mittlerweiler 5-monatigen Arbeitsverhältnis in einem IGM-Konzern, will ich auf solche Annehmlichkeit nicht mehr verzichten. Und nur unter äquivalenten Bedingungen, würde ich zur Bundeswehr zurückgehen. Der Sport und die Abwechslung (Schiessen, Marsch und Technik) fehlen doch etwas
@Georg sag: „Es geht doch nicht darum wer den Verteidigungsminister stellt, sondern wie der innere Zustand der Bw ist und wie attraktiv die Bw für neue Bewerber ist.“ Aber genau das ist doch der Punkt. Der Minister hat doch die Macht den inneren Zustand zu ändern. Zugegeben nur langsam, aber immerhin. Genau deshalb sollte BM Pistorius auch -wenn politisch möglich- bleiben, um das, was er angeschoben hat auch umzusetzen und ggf. einzugreifen, wo es nicht so läuft, wie gewünscht.
So einige Äußerungen zeigen doch recht eindrucksvoll, dass die Transformation der Bundeswehr von einer Armee hin zu einer bewaffneten Behörde formidabel gelungen ist.
Ich kann dieses Gerede von der angeblich fehlenden Attraktivität nicht mehr hören, z.B. Stichwort Regionalitätsprinzip.
Der ein oder andere hat es möglicherweise noch nicht mitbekommen, aber heute werden z.B. Feldwebelanwärter in Stäben, Kommandos und Ämtern eingeplant. Die Zeiten, wo man als gewesener Spieß, der sich quasi im Feld abgerackert hatte, aus Altersgnade zur „SDH“ (heute: BAPersBw IV) oder ins Amt XY gekommen sind, sind vorbei. Heute ist der Spieß nicht selten die Endverwendung – da sind Leute teilweise ihre letzten 10, 15 Jahre Spieß. Stattdessen sitzen jetzt 20-jährige (oder Mitte 40-jährige Seiteneinsteiger) in einem Amt – oder im Divisionsstab.
DAS sind die Ergebnisse der „Attraktivität“. Es kann jeder selbst beurteilen, ob junge Feldwebel in einem Amt und 50 jährige Spieße in der Truppe für Kriegstüchtigkeit stehen.
Kriegstüchtigkeit ist nicht attraktiv – das bedeutet Truppe, das bedeutet Übungen, das bedeutet Leben im Felde und nicht vier-Tage-Woche oder Homeoffice.
Das ist Wesen der Streitkräfte, nein, das wäre Wesen von Streitkräften, die kriegstüchtig organisiert wären. In der „alten Bw“ war es übrigens auch so wie noch bei Preußens, da wusste jeder im Amt oder einer Schule, zu welchem (Reserve-) Truppenteil er im V-Fall abkommandiert worden wäre. Das hat man alles rasiert – restlos.
Stellen wir fest… die Trendwende Personal gescheitert! Die Zeitenwende personell gescheitert!
Mit dem Haushalt 2028 muss die Bundeswehr 26,5 Milliarden Euro über Nacht auftreiben und von den 203.000 Soldaten entfernt man sich jeden Monat ein kleines Stück weiter. Die kolportierten 460.000 für den V-Fall braucht man unter diesen Bedingungen eigentlich gar nicht ernst nehmen.
Die Stäbe und Ämter sind sich selbst genug, da stört dann auch keine Truppe mit realen Problemen.
Es gibt da einen doch bekannten DEFA Film von 1968 „Ich war neunzehn“… und eine Scene des Films könnte man sich wohl 1:1 im Jahr 2024 in einer x-belibigen Dienststube der Bundeswehr vorstellen…
Die Scene wo sich ein Wehrmachts Major telefonisch in Kriegsgefangenschaft bei seiner Vorgesetzten Dienststelle abmelden möchte. Was damals den deutschen Offizieren nachgesagt wurde ist bis heute noch symptomatisch für diese Berufsgruppe… selbst im totalen Zusammenbruch und Untergang des Systems doch noch bis zum letzten Atemzug Dienst nach Vorschrift machen zu wollen.
„Herr General ich melde das Bataillon ist mit 100% Einsatzklar, bei den besetzten Dienstposten.“
„Was soll das denn heißen Herr Oberst?“
„Herr General, wir haben nur den 1. Zug der 2. Kompanie personell besetzt und die sind alle da! Ich melde 100% Einsatzklar!“
@Ex.Soldat im BAAINBw sagt:
11.08.2024 um 16:14 Uhr
Es kommt sicher auf die persönliche Qualifikation an. Die Betriebsgröße und der damit meistens einhergehenden Wohlfühloase.
Aber in den allermeisten Fällen stellen Soldaten, Beamte oder auch Arbeitnehmer der Bundeswehr nach ausscheiden sehr schnell fest wie komfortabel sie es dann doch in den Streitkräften hatten.
Ein Florian Staudte den ich mal so auf 45-50 Jahren schätze weiß zwar genau warum er seinen Jungs nicht die BW empfiehlt, weiß aber auch genau warum er selber bleibt 😉
Ist ja dann doch in der Regel eher Bürgergeld+ wenn ich mir die Leistungsbereitschaft, und noch schlimmer, die Leistungs Erfordernis anschaue.
Und den jungen Rekruten der Panzer fahren will ködere ich nicht mit noch mehr Geld (bitte immer ein Soldaten Netto mit einem freien Wirtschaft Brutto vergleichen) sondern mit einem Panzer den er regelmäßig sinnvoll bewegen darf.
@Hans Dampf
Spannende Schilderung. Hat nur nichts mit einer Lösung zutun.
Sicher sind diese neuen Karrierewege von neu eingestellten Stabsdienstfeldwebeln abwegig und führen für alle Seiten zu unglücklichen Situationen, ist aber nur ein minimaler Teil des Problems. Mit ein bisschen Luft und Wasser und dem Stolz Dienen zu dürfen bekommt man halt einfach nicht genug und erst recht nicht das richtige Personal und ohne das ist halt auch nichts mit kriegstüchtig
Die ganze Diskussion von Attraktivität steigern etc. ist doch nur Nebelkerzen werfen…
Das wahre Problem ist und bleibt die Demografie! — die man schlicht ignoriert hat !!
Bis 2030/31 gehen die stärksten Babybommer-Jahrgänge in Rente/Pension.
Die Bundeswehr will parallel bis 2031 auf 203.000 Soldaten aufwachsen…
+ bei jetzt schon durchschnittlich 20.000 vakanten Dienstposten
+ bei einem schon immer bestehenden jährlichen Ergänzungsbedarf von 20.000 um das IST zu halten
Wo aber keine Menschen mehr sind … nützt alle Attraktivität nichts !
Wer nicht da ist … den kann ich nicht einstellen!
Und warum sollten sich plötzlich mehr (!!) Bewerber melden, als durchschnittlich die letzten Jahre ?
Noch dazu wo die nächsten Jahre noch mehr ein Azubi-Markt werden wird, wo sich jeder unter vielen (!) Angeboten aussuchen kann, wo er/sie seine persönliche Zukunft sieht !
Die Bw agiert doch nicht im luftleeren Raum!
Und die Bundeswehr hat nun einmal nicht überall Bedarf — sondern immer nur:
+ in bestimmten Verwendungen
+ an bestimmten Standorten
Wenn der Bewerber aber z.B. nicht FlaRakWtgFw im Wald bei Bad Sülze werden will…
… dann kann ich ihn eben nicht einstellen… Genauso wie BMW keinen Verkäufer einstellt…wenn ein CNC-Dreher gebraucht wird!
Vor diesem Hintergrund wäre es schon als Erfolg zu werten, wenn man den jährlichen Ergänzungsbedarf nur ansatzweise halten könnte.
Der Aufwuchs auf 203.000 bis 2031, nur über Freiwillige, ist vollkommen illusorisch !!
Auch wenn mehr Geld für die Besoldung da wäre (was nicht zu erwarten ist… siehe das Trauerspiel BBVAngG).
Wobei hier auch einmal gesagt werden muss, dass insbesondere bei den FWDL und SaZ-Mann mir erst mal
jemand eine vergleichbare Bezahlung in der zivilen Wirtschaft zeigen muss…
Diese müssen keinen (!) Zivilberuf mitbringen, nur (!) ihre Ausbildung am Arbeitsplatz bestehen und erhalten:
FWDL (brutto)
Schütze, etc. 1837 €
Gefreiter 1892 €
Obergefreiter 2001 €
Hauptgefreiter 2272 € (ca. 2000 € / netto, da keine Sozialabgaben zu zahlen sind)
Ein SaZ als StGefr, Ledig, 3. Dienstjahr, : ca. 2300 € / netto … und wohnt oft noch bei Mutti…
@ Felix2
(„Und wohnt oft noch bei Mutti“) … die dann aber 300 – 400km weit weg ist. Und das wollen heute offensichtlich nur noch wenige Jugendliche, wenn wir mal ehrlich sind, auch wenn sie dann Geld verlieren. Selbst bei Studienanfängern richtet sich der Ort der Universität mittlerweile nicht selten am Wohnort aus; die Zeiten von „abnabeln“ und möglichst weit weg in einer tolle Stadt zu studieren scheinen zu enden.
Kann die Bw das auffangen? Ich denke nicht, da es faktisch nun einmal so ist, dass viele Garnisonen abseits der Metropolen liegen.
@Hans Dampf
„Ich kann dieses Gerede von der angeblich fehlenden Attraktivität nicht mehr hören, z.B. Stichwort Regionalitätsprinzip…..
Kriegstüchtigkeit ist nicht attraktiv – das bedeutet Truppe, das bedeutet Übungen, das bedeutet Leben im Felde und nicht vier-Tage-Woche oder Homeoffice.“
Und genau da haben wir das Problem! Wer möchte, dass ein Soldat kriegstüchtig und willig ist, der muss ihm auf der anderen Seite einen „Ruhepol“ bieten. Das muss nicht die warme Amtsstube sein, aber alleine eine wertschätzende Personalführung könnte da für deutlich mehr Zufriedenheit sorgen. Nur so bekomme ich Leute, die sich mit der Firma identifizieren und sie auch weiterempfehlen. Nur ein drei Beispiele aus den letzen 10 Jahren. Ich bin sicher, jeder aktive Soldat kennt ähnliche Fälle:
Soldat aus Wilhelmshaven, nicht zeitkritischer Englischlehrgang in Hürth während der gleiche Lehrgang nicht voll besetzt in Bremerhaven läuft.
Bewährter Soldat möchte sich aus persönlichen Gründen örtlich umorientieren. Völlig undenkbar für die Personalführung, Umschulung viel zu teuer, vorher wurde der gleich Soldat fünfmal mit mehrmaligem Standortwechsel komplett umgeschult (Meisterniveau) um Lücken zu schließen, die es bei guter Planung gar nicht gegeben hätte.
BS auf kritischem DP würde seine Dienstzeit verlängern, fordert aber höhere Besoldung. Natürlich völlig undenkbar. DP wird von ziviler Firma übernommen die genau diesen Pensionar dafür einstellt.
Alles nur Einzelfälle, aber in dieser Häufung erlebe ich das bei meiner jetzigen Firma nicht. Und jeder, der erst einmal innerlich gekündigt hat, ist auch ein Multiplikator seiner Erfahrungen und wird schlimmstenfalls zum negativen Vorbild für sein Umfeld
@ Chris
„Spannende Schilderung. Hat nur nichts mit einer Lösung zutun.“ Das kann ich in Bezug auf Ihre Einlassung auch nur zurückgeben ;-).
Eine Lösung war auch gar nicht mein Anspruch, denn die gibt es in meinem Augen auf freiwilliger Basis nicht.
Mir ging es zum Einen darum darzustellen, dass vieles von dem, was der ein oder andere (z.T. wiederholt) hier als Forderung aufgestellt hat, bereits praktiziert wird, jedoch offensichtlich am Personalproblem nichts ändert.
Wir haben einen überbordenden Wasserkopf mit Möglichkeiten zu Homeoffice etc., Gleitzeit, planbarer Freizeit, wir haben Möglichkeiten zur „Karriere am Standort“ (insbesondere bei den Unteroffizieren), es wurden die segensreichen Dienstgrade (Stabs-) Korporal eingeführt, es wurden praktisch alle „Pflichttore“ geschliffen, sodass die Versetzungshäufigkeit drastisch zurückgegangen ist, wir haben „3+5“ betreffs Trennungsgeld (auch für Auslandsverwendungen) – und trotzdem werden weiterhin Märchen erzählt, es sei ja noch gar nichts passiert, von Versetzungsorgien fantasiert etc.
Zum anderen gehören die von mir geschilderten Aspekte (Übungen, Abwesenheit von zu Hause etc.) zum Dienst in einer Armee dazu – wer den Anspruch hat, es ginge dort zu wie bei Google, der wird in der Bundeswehr nicht glücklich. Einen anderen Eindruck zu erwecken, um Zahlen zu erfüllen, ist unredlich und nutzt niemandem etwas.
Wenn sich nicht genug Menschen finden, die in diesen Streitkräften dienen möchten und die Politik die zur Verfügung stehenden Instrumente nicht konsequent ausnutzen, sondern bei der elementarsten aller Staatsaufgaben auf die Kräfte des freien Marktes setzen will, dann sollte man die 50 – 80 Mrd Euro pro Jahr anders ausgeben. Baustellen gibt es in Deutschland genug, Halbherzigkeit können wir uns nicht mehr leisten.
… diese Nachricht ist einfach beschaemend fuer alle, die das Wort „Resilienz“ ernst nehmen und es mit der Bundeswehr gut meinen. „Geld allein schiesst keine Tore“, sagt man in der Bundesliga. Die Frage, in welcher Liga die Bundeswehr in den kommenden Jahren spielen wird, beantwortet sich beim Blick auf die Personallage also von selbst…
@ Felix 2
Zitat: „Wenn der Bewerber aber z.B. nicht FlaRakWtgFw im Wald bei Bad Sülze werden will…
… dann kann ich ihn eben nicht einstellen… Genauso wie BMW keinen Verkäufer einstellt…wenn ein CNC-Dreher gebraucht wird!“
Dies ist aber nur ein Teil des Problems. Oftmals ist ist die Stelle als FlaRakWtgFw im Wald bei Bad Sülze frei, aber im Karrierecenter haben sie die Anweisung dort nicht einzustellen, sondern für den Standort xy einzustellen, weil der höher priorisiert ist. Der potentielle Bewerber will aber nach Bad Sülze, dann kommt die Einstellung nicht zu stande.
Ich stimme Ihnen zu, die Bezahlung, insbesondere in den niedrigen Dienstgraden, ist nicht das Problem, sondern der Mangel an vorhandenen Planstellen, bzw. Haushaltskarten um die Planstellen auch besetzen zu können. Neben der schwerfälligen Einstellungsbürokratie der Bw ist der Mangel an Geld für Personal das Haupthindernis für die Aufwuchsfähigkeit der Bw.
Wenn die HH-Karte für eine Planstelle nicht vorhanden ist, dann kann eben nicht eingestellt werden. Das Problem der Nachwuchsgewinnung ist leider so banal. Kein Geld – keine neue Soldaten !
Die für den Haushalt 2025 vorgesehene Erhöhung des Verteidigungsetat von 1,2 Mrd Euro geht fast vollständig für die Besoldungsanpassung des vorhandenen Personals im Jahr 2025 drauf, also keine zusätzlichen Neueinstellungen über den Ergänzungsbedarf hinaus !
Wohlgemerkt die jetzige Bundesregierung hat in dieser Legislaturperiode die Beschäftigen auf Bundesebene, insbesondere in der Ministerialbürokratie um 10000 Stellen erhöht. Dies sind keine A3 – A5 besoldeten Stellen sondern eher A9 – B6 besoldete Stellen !
Also, das Geld zur Erhöhung der Ministerialbürokratie war vorhanden, das Geld zum Aufwuchs der Bw auf die vorgesehene Zielgröße ist nicht vorhanden, weil keine zusätzlichen Planstellen mit HH-Karten geschaffen wurden.
Alle gegenteiligen politischen Willensbekundungen zum Trotz, die Bürokratie in Deutschland wurde erhöht, die Bw bleibt auf dem gleichen oder geringeren Personalbestand und dies ist politische Absicht der jetzigen Regierung und keinesfalls ein Kollateralschaden !