Bundeswehr beendet endgültig Einsatz in der Sahel-Region
Mit dem Abzug der letzten deutschen Soldaten aus dem westafrikanischen Niger ist der Einsatz der Bundeswehr in der Sahel-Region endgültig beendet. Auf dem Luftwaffenstützpunkt Wunstorf bei Hannover landeten am (heutigen) Freitagabend 60 Soldaten, die einen Lufttransportstützpunkt in der nigrischen Hauptstadt Niamey betrieben hatten.
Nach Angaben des Einsatzführungskommandos verließen die Soldaten am Freitagmorgen die Base Aerienne 101 in Niamey und flogen mit einer A400M-Transportmaschine zurück nach Deutschland. Zuvor war bereits das Personal auf dem Stützpunkt, gut 120 Soldatinnen und Soldaten sowie die Mitarbeiter ziviler Firmen, schrittweise reduziert worden.
Der Lufttransportstützpunkt war 2016 ursprünglich als Umschlagbasis für die Versorgung der Bundeswehr im Blauhelm-Einsatz im benachbarten Mali eingerichtet worden. Nachdem auf Druck der militärischen Übergangsregierung dort der UN-Einsatz beendet worden war, hatte das Verteidigungsministerium versucht, den Stützpunkt als Basis für mögliche Einsätze zum Beispiel zur Evakuierung deutscher Staatsbürger aus Westafrika zu erhalten.
Allerdings scheiterten die Verhandlungen mit der nigrischen Regierung, die ebenfalls von einer Militärjunta gestellt wird, über ein Abkommen zum Rechtsstatus der Bundeswehrsoldaten. Im Juli erklärte das Ministerium deshalb, der Stützpunkt werde aufgelöst.
Zusammen mit dem Betrieb der Umschlagbasis endete auch endgültig die Ausbildungsmission der Bundeswehr für Spezialkräfte Nigers. Die Arbeit der Mission Torima war allerdings bereits vor einem Jahr angesichts der Machtübernahme der Militärregierung nach einem Putsch ausgesetzt worden.
Das letzte Kontingent des Luftumschlagstützpunkts unter dem Kommando von Oberstleutnant Oliver Unger wurde in Wunstorf von Staatssekretär Nils Hilmer und dem stellvertretenden Generalinspekteur Generalleutnant Andreas Hoppe empfangen – ein deutlich kleinerer Rahmen als bei der Rückkehr des UN-Kontingents aus Mali im vergangenen Jahr.
Nach mehr als einem Jahrzehnt ist damit die Präsenz der Bundeswehr in dieser Region Westafrikas Geschichte. Bereits zuvor hatten die US-Streitkräfte nicht nur ihren Stützpunkt am Flughafen von Niamey, sondern auch eine Drohnenbasis in Agadez geräumt. Aus NATO-Ländern sind inzwischen nur noch italienische Soldaten in Niger präsent.
(Foto: Die letzten deutschen Soldaten verlassen Niamey – Foto Einsatzführungskommando der Bundeswehr)
Interessant aus Sichtweise ehemaliger Wehrdienstleistender noch im kalten Krieg.
Damals gab es qua Gesetz keine Auslandseinsätze, keine Polizeiaufgaben und keine Grenzsicherung. Da musste man nie irgendwelche Bedenken haben.
In eigentlich allen anderen NATO-Staaten war dies anders…
Das mit den Auslandseinsätzen bei der Bundeswehr ist ein zweischneidiges Schwert.
Wobei bei der BW im Vergleich zu anderen Armeen recht wenig Kollateralschäden zu beklagen waren.
Nach all den Jahren bin ich immer noch zwiegespalten ob der Frage (humanitäre) Auslandseinsätze der BW ja oder nein.
Grundsätzliches Problem ist und war immer die Abhängigkeit von anderen Partnern da die BW ja etliche benötigte Fähigkeiten nicht im nötigen Umfang besitzt.
Die Entscheidung gehen oder bleiben liegt eigentlich nie an der BW…
Und im Pulverfass Afrika ist es nochmal schwieriger…
Bleibt jetzt nur noch Jordanien als Stützpunkt für Kriseneinsätze. Grundsätzlich schade, dass es soweit gekommen ist. Aber jede Nation kann souverän entscheiden, was sie möchte und dann auch mit den Folgen leben. Zumindest konnten die Abzüge aus Mali und Niger geordnet erfolgen.
Ergo hat die Bundeswehr zur Zeit insgesamt 18 Soldatinnen und Soldaten auf dem gesamten afrikanischen stationiert (14 im Südsudan, 4 in der Westsahara). Die Franzosen haben spätestens mit Beginn des Jahres einen historische Truppenabzug eingeleitet, die Amerikaner haben mit Niger ebenfalls eine bedeutende Basis verloren und die Briten sind ebenfalls nicht großartig dort engagiert.
In einer Zeit, in der insbesondere in Westafrika dschihadistische Organisationen auf dem Vormarsch sind (letztes Jahr hatte die Sahelregion knapp 45% der weltweiten Terrorismusopfer zu beklagen), immer neue Militärdiktaturen mit russischer Unterstützung herausfinden, dass „Dörfer niederbrennen und die Zivilbevölkerung massakrieren“ keine funktionierend Strategie in der Aufstandsbekämpfung ist und sich immer mehr Menschen daran machen, die Region zu unterstützen.
Dass die Einsätze in Mali und Niger nicht mehr tragbar waren und beendet werden mussten: Keine Frage. Aber ich sehe sehe hier keinen Wechsel von militärischen Maßnahmen zu anderen Maßnahmen im Rahmen der integrierten Sicherheit, ich sehe hier eine Aufgabe von Teilen des Kontinents. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass uns das in ein paar Jahren böse auf die Füße fallen wird.
Unser Kolonialreich haben wir vor 106 Jahren abgegeben. Die Bundesrepublik hat und hatte nie Verantwortung in dieser Region und man sollte sich fragen welchen horrenden Betrag an deutschen Steuergeldern die Regierung dort in Infrastruktur versenkt hat. Solange unser Verteidigungsetats nicht ausreicht um die Kernaufgaben der Bundeswehr in der Heimat zu erfüllen sollten wir ein Moratorium für alle Auslandseinsätze außerhab des Bündnisgebiets beschließen. Kurzfristige Rettungs-& Evakuierungsmissionen natürlich ausgeschlossen.
Nach einem Bericht von Zeit Online vom 30.08.24 hatte die Bundeswehr zeitweise einen Lufttransportstützpunkt im Senegal. Es soll Gespräche darüber geben, ob dieser nicht in der Form vorgehalten werden kann, indem man dort Material einlagert und diesen bei Bedarf aktiviert.
Es gibt also durchaus deutsche sicherheitspolitische Aktivitäten in der Sahelzone. Was den Niger und Mali angeht, so haben sich diese an Russland angelehnt. Autokraten verstehen sich eben gut mit Autokraten und demokratische Ideen sind nicht so gerne gesehen.
[Die Pläne für eine „Cold Base“ in Dakar sind bekannt; aber es schon ein Unterschied, ob irgendwo Material lagert oder ob man Personal stationiert… T.W.]
@T.W.
Verstehe gerade Ihren Kritikpunkt nicht. Das gehört doch zum Gesamtlagebild dazu, wenn man über die Region spricht. Und die ersten drei Kommentatoren haben es offensichtlich nicht gewusst.
Natürlich ist da ein Unterschied, ob Personal vor Ort ist oder nicht. Aber was soll dort ständig Personal im Einsatz sein, das keine Mission unterstützt? Das macht keinen Sinn, dann lieber im Bedarfsfall einfliegen und den Stützpunkt hochfahren.
[Wir reden aneinander vorbei – eine Cold Base ohne Personal ist genau das, eben kein ‚Stützpunkt‘. T.W.]
Das angesprochene „Lager“:
(Süddeutsche Zeitung vom 30.08.2024)
„Auf einem Militärflughafen der senegalesischen Hauptstadt Dakar verfügt die Bundesregierung über ein bewachtes und umzäuntes Areal, das für mögliche deutsche Einsätze vorgehalten wird. Deutsche Einsatzkräfte sind aber nicht vor Ort.“
Ich würde jetzt mal ganz stark vermuten das dort keine wie auch immer gearteten Waffen lagern. Entweder ich habe (als Land) meine Finger drauf oder es sind rein zivile Güter gelagert. Alles andere wäre der Bundesregierung wohl zu heikel…
@Apollo 11
Die von ihnen qua Gesetz erwähnte Rechtsgrundlage würde mich doch einmal interessieren!
Der Kalte Krieg endete mit der Auflösung des Warschuer Pakts im Jahr 1991.
Zuvor wurde die Bundeswehr, auch mit Wehrpflichtigen, mehrfach im Auskand eingesetzt. Der erste Einsatz war 1959 durch die Luftwaffe. Um nur einige Beispiele zu nennen:
Sanitäsidenstliche Unterstützung (Lufttransport von Verwundeten) während der Operationen Desert Shield und Desert Storm im Mittelmeer nach Italien 1990-1991, Einsatz der AMF-A Komponente in der Türkei, Unterstützung der Isrealis mit ABC-Schutzausstattung,
Noch früher Einsatz des Sanitätsdienstes, bei der Giftgaskatastrophe im indischen Bhopal 1984, Kurdenhilfe im Nordirak 1990, Davon abgesehen wurden deutsche Soldaten im Rahmen von damals geheimen Austauschprogrammen mit den früheren Kriegsgegnern USA, UK und Frankreich, in deren Stellvertreterkriegen regelmä0ig eingesetzt. Begründung des KG I. Korps in einer Festschrift zum 30-jährigen Bestehen 1986 „Die Bundeswehr verfügt über keine kampferprobten Soldaten, mit Ausnahme ehemaliger Wehrmachtsangehöriger im Pensionsalter“.
Im Kalten Krieg hat die Bundeswehr den BGS bis zum Beitritt der neuen Länder, materiell und personell bei der Grenzsicherung unterstützt. Soldaten wurden in Kasernen des BGS einquartiert, machten dort Dienst entweder in Zivil oder Dienstkleiidung des BGS.
Und natürlich hatte die Bundeswehr im Kalten Krieg auch Polizeiaufgaben. Beginnend mit den regelmäßigen Streifen der Feldjäger in Zügen mit Wehrpflichtigen und auf Bahnhöfen der Bundesbahn über Verkerhsregelung bei Marschkolonnen durch eigene Kräfte der Truppe. Hinzu kamen Streifen der Truppe an den Garnisonsstandorten.
[Da geht es jetzt aber munter durcheinander. Damit es nicht Kraut und Rüben wird, sollten wir für „Einsatz bewaffneter Kräfte“ bei der Definition des Bundesverfassungsgerichts bleiben (Einbeziehung in eine bewaffnete Unternehmung zu erwarten) und nicht jede Hilfsaktion anführen. T.W.]
„Nachhaltig sagt:
31.08.2024 um 0:31 Uhr
Bleibt jetzt nur noch Jordanien als Stützpunkt für Kriseneinsätze“
Bzw. als Stützpunkt für die volle Höhe des AVZ.
Leute, vergesst bitte nicht wie viele sich sabbernd selbst gemeldet haben.
@ Stefan L.
Der Vollständigkeit halber: es sind erheblich mehr Soldaten und Soldatinnen der Bw in Afrika stationiert, als die aufgeführten. Neben den MilAttStäben sind zumindest i.R. des Ausstattungshilfeprogramms der Bundesregierung in diversen Ländern Technische Beratergruppen dauerhaft stationiert und das mit Familienangehörigen! Aber sie sind nicht Gegenstand von großer Aufmerksamkeit, weil keine anerkannten „Einsätze“. Dabei ist deren Arbeit von erheblicher Bedeutung für die aufnehmenden Länder wie für die bilateralen Beziehungen.
[Prinzipiell korrekt, aber wenn wir anfangen, alle Militärattachés in Dutzenden Ländern als „Stationierung“ einzustufen, kommen wir auch nicht weiter. T.W.]
Zur Erklärung des deutschen Komplettabzuges aus der Sahelzone sollte man sich an die Anfänge des deutschen Engagements erinnern. Es war die Zeit, wo einige westliche Staaten, Frankreich vornweg, liebend gern in Syrien einmarschiert wären. Die Bundesregierung wollte aber nicht mitmachen. Um Frankreich nicht ganz zu verprellen, hatte man sich bereiterklärt, Frankreich bei seinen postkolonialen Militärambitionen in der Sahelzone zu unterstützen, damit französische Truppen frei werden. Alles andere, wie Stabilisierung der Region, Evakuierung usw. waren nur nachgeschobene Gründe.
Frankreich hatte aber aus Libyen soweit gelernt, dass ein Krieg gegen Syrien ohne die USA nicht geht und Obama hat letztendlich nein gesagt. Inzwischen musste Frankreich seine postkolonialen Träume deutlich reduzieren. Es gibt also keinen Grund mehr, deutsche Truppen in der Sahelzone zu haben.
[Ihre Meinung ist Ihre Meinung, die Verbindung „Frankreich wollte in Syrien einmarschieren“ mit dem Mali-Einsatz zu verbinden ist allerdings nicht gerade faktenbasiert. T.W.]
Der Abzug von der Bundeswehr aus dem Niger ist ein weiterer Tiefpunkt des deutschen Engagements im Ausland, hier in Afrika. Der gründlich gescheiterte Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan und Mali waren ja schon bittere Niederlagen.
Wie weit der Deutschland von seinen damals diffus formulierten Zielen entfernt ist, zeigt sich nun. Auch das militärische Engagement im Niger musste eine Kehrtwende vollziehen, im Zusammenhang mit der krachend gescheiterten Sahel-Strategie Deutschlands wieder mit Folgen für Sicherheit in Afrika bis hin zur Migration in Europa. Die ganze Interventionspolitik Deutschlands war ein Bruch mit dem Auftrag zur LV/BV des GG. Nie war klar, was man mit Interventionen erreichen will und kann. Für mich entscheidet sich die Frage einer Intervention immer noch am nationalen und Bündnisinteresse. Was bedeutet es für mein Land, zu intervenieren, um was geht es?
Der Abzug aus dem Niger ist ein Rückschlag für Deutschlands Präsenz in der Sahelzone, doch wenn man es wieder nur singulär betrachtet, ist nichts gelernt!
Die Enquete-Kommission des Bundestags stellte kürzlich Ergebnisse zum Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan vor. Das Papier stellt ein vernichtendes Zeugnis aus. „Strategisch gescheitert“
Ich ergänze, aus meiner Sicht operativ schlecht geführt und taktisch zu oft auch noch schlecht umgesetzt. Häufig hat es wohl mit Führungsversagen aller Ebenen zu tun.
Mali ist noch nicht umfassend ausgewerter, doch das Urteil wird wohl ähnlich ausfallen.
Niger, dito. Der Kanzler, der Verteidigungsminister, die Entwicklungshilfeministerin- wer immer von Niger sprach, nahm das Wort vom „Stabilitätsanker“ in den Mund. Man müsse sich in Afrika engagieren, hieß es, und dann?
Burkina Faso, der Tschad oder der Sudan, Mali und, jetzt am Ende auch Niger sind nun Staaten mit Putsch-Regierungen oder unsicheren politischen Verhältnissen.
Niger aber, so versicherten alle nach der Maliniederlage und hartnäckig bis zum Schluß, sei nun Zukunft des deutschen und europäischen Engagements in der Sahel-Region.
Was für eine kindlich naiv wirkende Einschätzung, auch und vor allem im BMVg und nicht zu vergessen, operativ auch im Einsatzführungskommando.
War da nicht noch etwas mit einer Unterstützungsinitiative für Spezialkräfte? Klar! Das Kommando Spezialkräfte der Marine war seit 2018 im Niger, um dort Spezialkräfte des Niger auszubilden. Im Fokus standen Taktik, Planung und Durchführung von Spezialoperationen gegen terroristische Gruppen. Die Ausbildung fand u.a. in Tillia statt. Anfangs hieß die Operation „Gazelle“, später wurde sie unter der EU-Mission EUTM weitergeführt. Fallschirmjäger mit erweiterter Grundbefähigung sorgten für Sicherheit beim Ausbildungs- und Ertüchtigungseinsatz der JSOTF „Gazelle“ in Niger.
Von beiden Seiten gab es bis zum Schluß nichts als Lob für diese „spektakuläre“ Ausbildungsmission. Die erfolgreiche Bekämpfung des IS wurde in Berlin gern mit nie wirklichen belegten „beeindruckenden“ Zahlen untermauert.
Haben sich da nicht der GI Zorn und diverse Politiker mit aufgemotzt wirkenden Fotos ablichten lassen?
Der Knaller: Während seines Besuchs bei der Bundeswehr im Niger im Mai 2022 hat Olaf Scholz den Einsatz als vorbildlich für andere Regionen gewürdigt.
Jetzt haben wir, der Westen, dabei auch Deutschland, in Afghanistan geholfen Soldaten und Polizisten auszubilden, welche jetzt die Taliban unterstützen, dabei z.B. Spezialkräfte und Piloten aber auch hohe Offiziere. (Nun im höchstem Dienst der Taliban)
Wir haben malische Putschisten ausgebildet, teilweise sind diese in hochrangigen Führungsfunktionen.
Im Niger genauso!
Das heißt? Übergang zur Tagesordnung, ein paar hohe Offiziere und ein Staatssekretär begleiten einen schicken Appell und dann ab ins Wochenende?
Werfen wir abschließend einen Blick zurück nach Niger. Bildete früher die Bundeswehr nigrische Spezialkräfte aus, trainieren nun die Russen nigrische Soldaten und schulen sie an russischem Gerät. Die Stützpunkte lagen ja zum Schluss in Rufweite nebeneinander. Was für eine Schmach. Olaf Scholz hat den Einsatz als vorbildlich (!!) für andere Regionen gewürdigt. Hoffentlichmacht dieses Vorbild keine Schule!
@TW
@Segestes hat da schon einen Punkt, wie man wohl in neudeutsch sagt:
https://www.zeit.de/politik/ausland/2015-11/frankreich-beistand-eu-terror (der Artikel ist vom 17.11.2015)
„Frankreich wird sicherlich auch dafür werben, dass weitere europäische Länder in Syrien oder im Irak ihren Beitrag leisten – will dies aber am ehesten auf UN-Ebene beantragen. Viel eher erhofft sich Le Drian aber, dass sein Land anderer Stelle entlastet wird, etwa bei seinen Einsätzen in Afrika: „Wir können nicht mehr im Sahel, in Zentralafrika und im Libanon sein – wir werden nun diskutieren, was jeder europäische Partner beisteuern kann.“ Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen etwa hat bei dem Treffen in Brüssel bereits versichert, Deutschland werde sein militärisches Engagement in Mali deutlich ausbauen.“
FRA war allerdings in erster Linie daran gelegen, den IS zu bekämpfen, also nicht direkt im SYR Kernland zu operieren.
Noch mal ganz kurz zum Thema: „Keine Auslandseinsätze im kalten Krieg“:
Ich war in den 1980ern als Wehrpflichtiger als Krankheitsvertretung das „Vorzimmer“ des G2 (ein Oberstleutnant i.G.) im Wehrbereich IV ( damals in Mainz )..
Und hatte damals eine Tropenuniform für meinen Chef bestellt. Der ging als Militärattache nach Thailand. Das ist mir deutlich in Erinnerung weil ich es so ungewöhnlich fand..,
Würde man jeden Posten der BW im Ausland sowie rein sanitätsdienstliche Hilfseinsätze als militärischen Auslandseinsatz werten, dann naja..,
Es gab aber zumindest keine irgendwie gearteten Kampfeinsätze vor der Gesetzesänderung in den 1990ern…
Und mit dem „keine Polizeieinsätze“ kann man natürlich auch argumentieren das die ja in der Öffentlichkeit bewaffnet herumlaufen, mein Cousin war bspw. als Wehrpflichtiger Feldjäger. Damals 3 Monate erst in München, anschließend 6 Monate Feldjägerausbildung in Sonthofen.
Weisungsberechtigt i.d.R. für Zivilisten aber nur bei Verkehrsführung von BW-Fahrzeugen… Ansonsten nur mit ziviler Polizeibegleitung wenn es um Zivilisten ging !
Aber ja, die liefen schon immer mit Munition in der Waffe in der Öffentlichkeit herum…
Das war mir ( obwohl auch bei der gleichen Feldjägereinheit, allerdings Stabskompanie ) nie der Fall…
Die gescheiterte Krisenmission in der Sahelzone ist nun endgültig abgeschlossen – ein kleiner feierlicher Appell in Deutschland setzte symbolisch einen Schlusspunkt. So weit so gut? Nein! Schlimm ist doch, dass nach Ende des Einsatzes in Afghanistan sich das Scheitern fortsetzte.
Die Zahl an Kriseneinsätzen an denen sich Deutschland beteilige und mit denen, in meiner Wahrnehmung, die Bundesregierung geradezu zwanghaft Verantwortung für realitätsferne Ziele und vorhaben übernehmen wollte, stand schon damals in Frage. Für micht hat dies leider nicht zu einer Erweiterung sondern eher zu einer Art Entgrenzung des Begriffs der Verantwortung geführt, u.a weil die Erfolge der langen Ausbildungsmission in Mali schon sichtbar außerdem zweifelhaft waren. Doch es galt „weitermachen!“
Die Bundesregierung hat ihre Versprechen, u.a. nach Ende des Afghanistaneinsatzes, wieder und wieder nicht gehalten. Im Bundestag lasen Parlamentarier von Referenten formulierte Textbausteine vor. Es kam z.B. heraus, das Bundeswehreinsatz EUTM Mali mit großer Mehrheit von mal zu mal verlängert, gar erweitert wurde. Schwerpunkt neuer Mandatsanpassungen waren gern die sogenannte einsatznähere militärische Beratung und Ausbildung der dortigen Soldaten sowie – nach Schaffung der Voraussetzungen seitens der Europäischen Union – gar eine Ausweitung des Missionsgebietes auf G5-Sahel-Staaten. Diese Maßnahme zielten dann darauf ab, Beratung und Ausbildung auch oder weiter in Burkina Faso und in Niger anbieten zu können, die beide durch grenzüberschreitendes Agieren terroristischer Gruppen zunehmend unter Druck geraten sind.
Das war schon zu Beginn unrealistisch, aber es wurde immer wieder „weitergemacht“. Soldaten der Bundeswehr haben auf Risiken und unrealistische Ziele hingewiesen. Es wurde, so mein Eindruck, durch Politik aber auch höhere militärische Führung arrogant wegebabbelt.
Wer übernimmt nun Verantwortung für Fehlentscheidungen? Was wird nun aufgearbeitet?
Für mich gibt es nun schon wieder an der Spitze wieder vergleichbare Verhaltensmuster. Beratungsresistenz, Realitätsferne, Wunschdenken und Gefallen am Denken in der BMVg Blase.
@sharp3
„… und taktisch zu oft auch noch schlecht umgesetzt.“
Das mag sein, lag aber wohl a) an mangelnder Erfahrung und „Übung“ – die Stehzeiten dort waren ja eher kurz – und die ROE bzw. Zweifel, was man als Führer vor Ort denn nun ohne persönliche Konsequenzen fürchten zu müssen befehlen darf; zudem: Mikromanagement von der OPZ im Camp oder sogar bei geplanten Einsätzen vom EFK.
Führen mit Auftrag war da oft nicht gewollt.
@ eaco2009: Wenn Sie die Verantwortlichen suchen, dann sollten Sie ressortübergreifend unterwegs sein. Im Normalfall waren die Soldaten ja „nur“ der ausführende Arm der deutschen Außenpolitik. Die Einsätze wurden sich ja nicht im BMVg ausgedacht. Wenn Sie also Verantwortliche suchen, empfehle ich neben den Regierungsmitgliedern auch die Spitzenbeamten im AA. Allerdings erwarte ich nicht, dass hier Verantwortung übernommen wird, vielmehr ist mit einer Fülle von Ausreden zu rechnen.
@ eaco2009 – 01.09.2024 um 13:35 Uhr
Wenn es gestattet ist, zum Aspekt Verantwortung für Missionsplanungen der Bundeswehr.
Die Bundeswehr hat gute Papiere. In den steht sinngemäß, dass Fehlerkultur die Art und Weise, wie wir mit Fehlern und den daraus erwachsenden Konsequenzen umgehen, meint.
Ein in diesem Sinne positiv gelebter Umgang mit Fehlern setzt Empathie, Offenheit, Mut, Transparenz und natürlich gegenseitigen Respekt voraus und braucht einen lösungsorientierten Umgang miteinander. Was in der Konsequenz heißt, dass kalkulierbare Risiken zugelassen werden, um mutiges Entscheiden und Handeln zu fördern.
Prima, oder?
Realitätscheck:
Mut gibt es nicht nur im Einsatz und im Krieg, Kluges, strategische und offenes Regierungs- und Verwaltungshandeln kann auch MUT erfordern.
Positiv gelebter Umgang mit Fehlern gibt es auch, doch nach oben hin nimmt es auffallend und rapide ab.
Es ist eine Binsenwahrheit, dass Politiker und Generale Fehler machen. Die Herausforderungen werden schließlich immer komplexer. Dabei hat nicht zuletzt das Scheitern in Afghanistan verdeutlicht, wie dringend die Politik aber eben auch Soldaten einen anderen Umgang mit Fehlern braucht sowie die ehrliche Bereitschaft, daraus zu lernen
Mir ist allerdings nicht bekannt (bedeutet nicht, das es dies nicht gibt), dass sich jemand der 2- 4 * Ebene offen, tiefgründig und umfangreich zu EIGENEN Fehlentscheidungen bezüglich Missionen der Bundeswehr bekannt hat oder zugab, daß sogar die Basis für korrekte Lageeinschätzungen gefährlich dünn war., dies aber in den politischen Raum heinein vernebelt wurde, sogar anders dargestellt wurde.
Entscheidungen zugeben, revidieren und erklären will gelernt sein. Vor allem Fehlentscheidungen. Verweis auf „hinzunehmende“ politische Vorgaben oder Unvermögen der „Anderen“: schlecht. Im Vorfeld keine Verbündeten für Alternativen suchen, idealerweise auf höheren Ebenen, also den Entscheidungsebenen: ganz schlecht. Doch nicht zu vergessen; Sich gar selber „opfern“ (und als B… enden) : ganz, ganz schlecht.
Die beste Taktik zum Selbstschutz: die Lage auch im Nachhinein die „schwierigste Lage“ so zusammenfassen, dass die damals getroffen Entscheidung die einzig logische Konsequenz war. Und sich dann positionieren als derjenige, der es aus Pflichtgefühl eben durchzog. Motto: „Einer muuste es ja machen.“
Es bräuchte Mut und Charakter, Kurskorrekturen in den Missionsplanungen der Bundeswehr einzugestehen, zu erklären und gute Alternativen zu finden, statt ängstlich an dem als falsch erkannten Weg festzuhalten, gar den militärischen Ratschlag anzupassen. Ich sehe es allerdings so: Diese Ängstlichkeit war die DNA im BMVg und der Bundeswehr. Ich vermute diese Ängstlichkeit gibt es noch immer.
Deutschlands Sahel-Strategie ist also krachend gescheitert.
Aufträge der Bundeswehr im internationalen Krisenmanagement in Afghanistan, Mali und Niger endeten mit Niederlagen und zum Teil unwürdigen, zum Teil fluchtartigen Abzügen. Verwundete an Körper und Seele, Gefallene aber auch Tot durch Unfall und Hubschrauberabsturz bleiben in Erinnerung. Die Frage der Angehörigen nach dem Sinn der Opfer ist ständig in dieser Betrachtung einer der schmerzhaftesten Punkte.
Auch wenn letztlich immer nur eine Einzelfallbetrachtung zu seriösen Bewertungen führen kann, lassen doch diese Erfahrungen mit einem militärisch dominiertem Krisenmanagement eine beträchtliche Skepsis gegenüber ihrem politischen Nutzen zu. Manche sprechen gar von einer Illusion solcher militärischen Interventionen, denn Missionen Afghanistan, Mali und Niger haben letztlich allesamt eine Art Scherbenhaufen hinterlassen.
Pauschalkritik ist sicher verkürzt und überzogen, aber offenkundig bleibt, dass sich die hochgesteckten Erwartungen in der Regel nicht erfüllt haben.
Mögliche Ursachen für Scheitern sind sind vermutlich fehlende Strategie, Planlosigkeit, schlechte Führung, Ressortegoismus uvm.
Es wäre schön, etwas daraus für die Zeitenwende in der Sicherheitspolitik zu lernen. Persönlich schließe ich mich der Fragestellung nach Aufarbeitung, dabei auch eindeutige Verantwortungsübernahme für Fehlentscheidungen an.
Mit Blick auf die Lage der Bundeswehr aber auch die Ausrichtung der Sicherheitspolitik zweifle ich daran.
Kernproblem eines demokratischen Staates ist, dass er bei solchen Auslandseinsätzen keine undemokratischen Mittel einsetzen kann, ohne im Heimatland massiven Gegenwind zu riskieren. Man kann z.B. nicht eben mal eine unliebsame Militärdiktatur „beseitigen“.
Diktaturen wie Russland oder China haben hier viel weniger Restriktionen. Sie unterstützen einfach befreundete Kriminelle und setzen ihre Interessen durch. Wie es am Ende der lokalen Bevölkerung geht ist da egal.
China macht es aber wahrscheinlich am geschicktesten. Sie entwickeln in den afrikanischen Ländern eine gewisse Infrastruktur und Industrie. Dabei behält China die Hand auf den Unternehmen und die lokale Bevölkerung freut sich, dass sie die Jobs ganz unten in der Nahrungskette erhält. Ist ja immer noch besser als gar keine Jobs. Parallel dazu stellt die staatliche Propaganda China als Wohlsbringer und den Westen als Quelle allen Übels dar.
Ich glaube wir brauchen im Westen erstmal eine Gesamtstrategie wie man in Afrika aktiv sein möchte. Vorher brauchen wir uns über irgendwelche Militäreinsätze schon mal gar keine Gedanken machen. Wichtig sind wirtschaftliche Beziehungen und der Informationsraum.
Der starke Fokus der Strategie auf Niger als Ausweichlösung für deutsche/europäische Ausbildungsmaßnahmen und Sicherheitsinterventionen wurde bereits im Juli 2023 vom nigrischen Militärputsch überholt.
Angesichts der sich permanent ändernden Macht- und Politikverhältnisse in den Sahelstaaten seit Juli 2023 (Austritt Malis, Burkina Fasos und Nigers aus der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS, Gründung der Allianz der Sahelstaaten) ist davon auszugehen, dass auch die anderen kurz zuvor überarbeiteten Konzepte und Strategien der Bundesregierung bereits wieder angepasst werden müssten.
Auch im Lichte der aktuellen geopolitischen Herausforderungen und der Neuausrichtung der Streitkräfte auf ihren Kernauftrag – der Landes- und Bündnisverteidigung – soll die Bundeswehr weiter substantielle Beiträge zum internationalen Krisenmanagement leisten.
Das ist nachzulesen. Stichwort: Nationale Sicherheitsstrategie (2023).
Tenor ist, wer politische Lösungen für die Krisen und Konflikte in der europäischen Nachbarschaft vorantreiben und Menschen schützen möchte, der muss zumindest die Möglichkeit offenlassen, als ultima ratio auch militärische Mittel zur Unterstützung solcher Lösungen einzusetzen.
Deutschland braucht jedoch nicht abstrakte und wortgewaltige Überschriften, sondern eine realistische und eindeutig formulierte Zielsetzung für Länder und Regionen, die von Fragilität betroffen sind. Das beinhaltet klar definierte, situationsangepasste und zugleich ressortübergreifend einheitlich verstandene Konzepte. Das kann und wird wie bisher Afrika betreffen.
Dies jedoch ohne realistische und ehrliche Afrika-Strategie im Rahmen der afrikapolitischen Leitlinien der Bundesregierung wird der Einsatz militärischer Mittel sinnlos.
Sollten militärische Missionen auch in der Zukunft ein relevantes Aktionsfeld der deutschen Außen-, Entwicklungs-, Friedens- und Sicherheitspolitik bleiben?
Wenn die Bundesregierung die Streitkräfte weiterhin auf Auslandseinsätze schicken will, sollte sie dringend aus den Fehlern der Debakel lernen.
Sieht es danach aus? Nein!
Bundeswehr als lernende Organisation? Nein!
Mit dieser Bundeswehr, den neuen Nato-Verpflichtungen in Osteuropa bei gleichzeitiger Fähigkeit zur Krisen- und Konfliktverhütung oder –bewältigung schneller an der Grenze des Machbaren, als manche glauben. Hat man sich also über Konsequenzen aus der Gestellung von Fähigkeiten zu Konfliktverhütung und Krisenbewältigung für die Fähigkeit zur Landes- und Bündnisverteidigung (LV/BV) für Deutschland Gedanken gemacht?
Vermutlich nicht!
Nochmal zu Bundeswehr als lernende Organisation. Die Bundeswehr kann und muss aus den Erfahrungen des Kriegsgeschehens in der Ukraine lernen. Tut sie das? Vermutlich auch nicht!
Funktioniert in Mali für Russland super. Kann man im NDR bei der Sendung Streitkräfte und Strategien vor ein paar Wochen nachören. Der Zauber des Neuanfangs verflüchtigt sich dort sehr schnell. Und China, ja, die sind schon geschickter, aber irgendwo bleibt auch der Eindruck, dass auch sie nicht so richtig wissen, was sie tun:
Die Schnellbahnstrecke Nairobi/Dar-es-Salam (Kenia/Tansania) steht zwar, aber kaum jemand benutzt sie und ist ein reines Zuschussgeschäft. Ist halt dann doch nicht Peking-Schanghai und der Rest kommt von selber. Ähnlich mit der neuen Seidenstraße, die Sri Lanka in den Ruin trieb und den Eisenbahnverbindungen über Kasachstan/Russland bis nach Duisburg. Sind massig Kapazitäten frei. China wird nach ein paar Jahren Party als Newcomer auch auf den Mühen der Ebene aufschlagen bzw. tut es bereits.
Grundsätzlich würde ich ein wenig mehr Frustrationstoleranz empfehlen und weniger Moralismus. Schon in Deutschland gehen die Meinungen, was erstrebenswert ist und was nicht, auseinander. Das potenziert sich in der EU, geht weiter bei der Nato, wird noch mal gehebelt bei „Anrainerstaaten“ wie Tunesien oder Ukraine (und ja, ich werde es nicht vergessen, dass die Ukraine Sabotageakte auf wichtige deutsche Infrastruktur verübt, wenn es ihr passt; nach Überzeugung des Generalbundesanwalts, beglaubigt durch einen Bundesrichter, der den Haftbefehl unterschrieb, im Einklang mit dem ndl. Militärgeheimdienst, bestätigt durch die Pentagonleaks vom letzten Jahr,), um dann letztendlich bei solchen fragilen Regimen wie in der Sahelzone oder Afghanistan anzukommen.
Die Welt macht den schönsten Plänen und „grand designs“ immer einen Strich durch die Rechnung.
Und um das wegen Afghanistan mal fortzusetzen…
Da hatte man sich selbst belogen oder glaubte zu sehr an eigene Ambitionen.
Zur Erinnerung:
Der Kriegsgrund war die Weigerung der Taliban Osama bin Laden auszuliefern.
Ein triftiger Kriegsgrund, imo, nachdem er zwei wichtige Bürogebäude, das amerikanische Verteidigungsministerium und wohl das Weiße Haus (Präsidentenresidenz) angriff.
Die Taliban weigerten sich. Artikel 5 Natovertrag wurde angefragt von den USA und alle stimmten zu.
Alerdings hatte man den Selbstanspruch Afghanistan aus diesem mittelalterlichen Regime zu befreien (später mit dem Irakkrieg auf die Spitze getrieben, aber cielleicht auch nicht falsch.; der Generationenwechsel in Syrien, Lybien Ägypten, Saudi-Arabien, Tunesien ging auch nicht problemlos ab, und nein, es ist nicht nur alles die Schuld der USA.)
Zurück zu Afghanistan: Grundsätzlich wurde das UNO-/Natomndat erfüllt. Osama wurde erwischt und getötet, pikanterweise in Pakistan, danach wurde Iasf beendet. Eine Afghanisierung des Afghanistankrieges wie die Vietnamisierung des Vietnamkrieges fand statt. Das waren schlimme Bilder aus Kabul, aber wenn in 1975 jeder Mensch über eine Handykamera verfügt hätte, wären genauso schlimme Bilder herausgekommen und nicht nur Symbolbilder wie der Hubschrauber vom Dach der amerikanischen Botschaft, der abhebt, während Leute auf eine Leiter zum Dach klettern.
Was man da 2009-2012 mit der Intensivierung des Konfliktes machte, ist eine sehr gute Frage.
@eaco209 et. al.:
Ich denke nicht, dass wir letztendlich gescheitert sind. Wir waren nur teils zu blauäugig (Mali) und teils zu ambitioniert (Afghanistan).
Wir, also die Bürger der Bundesrepublik Deutschland, glauben (mehrheitlich) an eine regelbasierte Ordnung der Welt.
An das „Recht des Schwächeren“, geschützt durch Gesetze, die wir für verbindlich erachten, in einer Umwelt, bei der politische Grenzen und Ethnische Lebensräume hinreichend deckungsgleich sind.
Wir glauben an Bildung, an Zukunft und an Verträge.
In weiten Teilen Afrikas, des Nahen Ostens oder gar Süd-Ost-Europas ist das nicht so.
Gerade in der Sahel-Region wurden vor allem in den 1850er – 1910er-Jahren viele „unnatürliche“ Landesgrenzen gezogen, die zwar die Einflussbereiche der jeweilgen Kolonialherren abbildeten, nicht aber die der jeweiligen Bevölkerungen – nicht nur in Afrika, sondern auch auf dem Balkan oder dem Nahen Osten (Stichwort: Balance of power).
Einhergehend mit der politischen Unterstützung des „Westens“ für die teilweise geringste Ethnie im „Staat“ (vor allem um so gewisse Strömungen zu vermeiden), hat man de facto Nepotismen unterstützt.
Die politische Führerschaft wird, nach wie vor, von der „Stammeszugehörigkeit“ abhängig gemacht. Durch gemeinsame Unterdrückungserlebnisse (aktiv wie passiv) werden hier die Solidaritäten geschaffen, die deutlich wirksamer und haltbarer sind, als irgendwelche Verträge.
Erhöhte Geburtenzahlen (im Vergleich zur „westlichen Welt“) und geringere wirtschaftliche Entfaltungsmöglichkeiten, erhöhen den Konkurrenzdruck um Geld, Macht und Nahrungsmittel.
Da es sich um eine Mangelverwaltung handelt, bringt einen hungernden Menschen rechtstaatliches Vertrauen nicht weiter. Es gilt den Tag zu überleben, die Familie durchzubringen – koste es, was es wolle.
Solange es sich auszahlte (wörtlich) ein bisschen Demokratie und Rechtstaatlichkeit zu spielen (Siehe Zentralafrika in den 60er – 200er Jahren), wurde das gemacht. Von Angola bis Mosambik herrschten Diktatoren und Bürgerkriege, unterstützt von verschiedenen Blöcken.
Solange der Westen (USA et al.) mehr bot, als der Osten (UdSSR/Russland), gab man sich demokratisch und aufgeklärt.
Seit diese Blockkonfrontation weg ist, Afrika „uninteressanter“ für die USA geworden ist und somit die Angebote russischer und chinesischer Akteure interessanter geworden sind, hat sich das Blatt gewendet.
Die haben nur wirtschaftliche Interessen und begnen den jeweiligen Machthaben (formal) auf Augenhöhe. Die westlichen Staaten machen schlechtere Angebote (finanziell) und haben immer dies erzieherischen Nebenbedingungen (Demokratie, Gleichberechtigung, …), was den Machthabern natürlich aufstößt.
Der Westen glaubt halt an Staaten – der Rest an Familien, Ethnien und Interessen.
Kurz: In diesem Gebilde führt nur erhöhte Aggressivität, Gewalt (Umsturz) und die Möglichkeiten zu Macht zu kommen, zu einer Aussicht auf ein eigenes Überleben und die Erlangung von Macht (über Einzelne, über Gebiete, über Institutionen…), um durch Korruption sein Leben mittelfritig zu sichern. Egal wer einen unterstützt.
Die Aussicht auf eine etwaige Verbesserung in 5 Jahren interessiert niemanden, solange er/sie das Überlebn nicht die nächsten 5 Tage sichern kann.
Vel predam – vel predator.
Vor diesem Hintergrund wird es nie möglich sein, dauerhaft demokratische Systeme zu etablieren, weil diese Systeme der Bevölkerung noch nie Vorteile gebracht haben.
Eine friedliche Koexistenz könnte (!) es dereinst vielleicht geben, wenn die Landesgrenzen mit den „Stammesgrenzen“ kongruenter wären, aber das wird es nicht geben, weil eine Änderung der Grenzen den Verlust des status quo für die teils Herrschenden bedeutete und in vielen Teilen zu Vertreibung führte…
Machen wir uns nichts vor: Die Demokratie, wenn nicht wehrhaft und mit einem dauerhaften Wohlstandsversprechen ausgestattet, wird dauerhaft kein Erfolgsmodell sein.
Solange Wachstum möglich ist und allein friedlche Koexistenz den Handel ermöglichen, wird Demokratie eine Chance haben.
Bei Notlagen, Allokationsproblemen lebenwichtiger Güter, Wohlstandsverlust (egal auf welchem Niveau), wird man versuchen sich über die Gesetze hinwegzusetzen, um sein eigenes Leben zu sichern.
Auch in Zentraleuropa haben wir diese Problematiken. Belgien ist ein Statt, der mehr durch die Rivalität der Wallonen und Flamen zusammengehalten wird, denn durch ein geminsames Credo.
Die Nachfolgeländer Yugoslawiens sind weiter verfehdet, so dass die Bundeswehr hier schon seit über 30 Jahren den Schiedrichter macht und dies wohl noch auf Jahrzehnte machen wird. DREIßIG Jahre direkt vor der Haustür und wir bilden uns ein, in Afrika und Vorderasien etwas reißen zu können….
So bitter es klingt: Wir werden diese Probleme nicht lösen können. Wir können nur sehen, wo wir unsere Position halten und unsere Mitwelt im Kleinen ein bisschen besser machen können.
Wenn wir uns auf Landes-, Bündnis- und „Nachbarn“-Verteidigung fokussieren, den Zustrom begrenzen (nicht aussetzen) und durch Erhöhung des Wohlstandes weiterhin ein Leuchtturm bleiben können, ist vielleicht mehr gewonnen, als durch militärische Präsenz und „Einmischung“.
Beneidetes Vorbild sein, statt zu belehren, sollte unsere Maxime sein (oder wieder werden).
Wenn wir das endlich begreifen, haben sich die Missionen – so zynisch es klingt – vielleicht sogar gelohnt.
„Fehlerkultur“ – das war ein seltsames Wort, das die politische Leitung des BMVg 2017 einführte.
Man wolle eine bessere Fehlerkultur in der Bundeswehr entwickeln.
Es galt u.a, den Fehler einer falschen strategischen Ausrichtung, wie z.B. nach dem Ende des Kalten Kriegs zu vermeiden allerdings auch toxische Führung, Planungs- und Führungsversagen zu erkennen und zu minimieren.
Man setzte hochfliegend an, übersah einfache Methoden. Mögliche Instrumente, diese „neue“ Kultur zu fördern, sind in der Truppe bekannte After Action Reviews (AAR) wo im Beisein aller Soldaten für jede Phase des taktischen Einsatzes folgende Fragen gestellt und beantwortet werden:
-Was hätte geschehen/erreicht werden sollen?
-Was ist tatsächlich geschehen/was wurde erreicht?
-Was waren die Ursachen für die Abweichung zwischen Soll und Ist?
-Mit welchen handlungsorientierten Massnahmen, insbesondere Ausbildung und Training, können Verbesserungen erreicht werden.
-Wo hätte jemand anderes unterstützen können?
-Welche Prozesse und Abläufe müssen verbessert und wieder eingeübt werden?
Es gab eigentlich so viele Möglichkeiten, auf Fehler aller Ebenen zu reagieren. Nur wenige von „oben“ verordnete Modelle waren geeignet, Fehler nachhaltig abzustellen und für die Zukunft zu vermeiden. Nur dort, wo kompetent, ruhig und sachlich mit Fehlern umgegangen wurde, konnten alle Beteiligten aus dem Schaden, der entstanden ist, klug werden. Das wussten und wissen eigentlich alle.
Doch was war trotz toller Seminare mehrheitlich zu sehen: Die Strukturen der Fehlervermeidungsmentalitätder und Verantwortungsdiffusion, wo der eine die Zuständigkeit für das beklagenswerte Ergebnis dem anderen zuschiebt, nahm eher zu. Allerdings besser getarnt.
Das beobachtend scheint unverändert das Motto im BMVg und auch in der Bundeswehr:
Fehlerverläufe sind schicksalhaft! Die Umstände! Die Anderen! Ich nicht!
Eine gute und konstruktive Fehlerkultur bekommt man halt nicht geschenkt. Sie ist vielmehr ein Ergebnis, das auf einer respektvollen und wertschätzenden Haltung anderen gegenüber
sowie einem konstruktiven und kooperativen Verhalten basiert.
Wenn es wirklich gewollt wäre, dann hätten wir das.
Ich wage eine Prognose.
Bei der nächsten Krise wird sich Deutschland ggf. mit militärischer ggf mit militärischer Intervention einbringen wollen.
Man könnte hoffen, das es besser würde. Halt Umsetzung einer effektiven strategischen Planung bis hin zur Taktik, basierend auf Erfahrungen und aktuellen Erkenntnissen.
Doch mit hoher Wahrscheinlichkeit wird man sehen, dass fast alles wieder von vorn los geht.
Winston Churchill brachte eine simple Lebensweisheit auf den Punkt: „Alle Menschen machen Fehler, aber nur die Klugen lernen daraus“ Ich suche die Klugen.
Zwei Aspekte: Viele Verantwortliche haben Stehzeiten, die viel zu kurz sind,damit sich ihre Erfahrung Verantwortung und Führungsbegabung auswirken könnten.
Fehler sind, wenn überhaupt, nicht systematisch erfasst, aus- und bewertet. Meist auch nicht in Ausbildung und Übung umgesetzt. Zumal ja wieder eine einseitige Ausrichtung wie nach Ende des kalten Krieges erfolgt. LV/BV, so richtig es ist, könnte zu singulär behandelt werden. Es stellt sich auch die Frage, ob wenigstens das Paket LV/BV richtig „angegangen“ wird. Da habe ich allerdings auch Zweifel.
[So groß die Lust ist, die Bundeswehr insgesamt und in ihrer An- und Fürsichlichkeit zu debattieren: Das führt ziemlich weit vom eigentlichen Thema weg und ist jetzt bitte beendet. T.W.]
@someone
„Der Kriegsgrund war die Weigerung der Taliban Osama bin Laden auszuliefern.“
UBL genoß die Gastfreundschaft der TB, und Gastfreundschaft und Schutz der Gäste ist im dortigen Kulturkreis ein hohes Gut. Die TB waren auch nicht abgeneigt, UBL auszuliefern sofern die USA tragfähige Beweise für seine Verstrickungen in 9/11 beibringen konnten, denn das wäre tatsächlich ein Grund ihn zum Verlassen des Landes aufzufordern.
Nun, die USA konnten oder wollten diese nicht beibringen, und soweit ich weiß wurde UBL auch nie offiziell durch die amerikanische Justiz für 9/11 angeklagt.
Ansonsten war das dort „regime change“, und der ist gem. VN Statuten deutlich untersagt, d.h. man hätte die TB nicht einfach absetzen und eine andere Regierung einsetzen dürfen. Eigentlich.
@someone – zur UKR
Die UKR macht sich im SAHEL – nicht nur in MLI – gerade sehr unbeliebt da sie wohl Gruppen der TUAREG gg. WAGNER unterstützt, vielleicht mit der Lieferung von Drohnen, zumindest aber bei der Ausbildung.
Ist die Frage bei _wem_ sie sich unbeliebt machen. Vermutlich z.B. nicht bei den Überlebenden von Moura (Guardian: „Investigators from the UN human rights office concluded that there are strong indications that more than 500 people were killed – the majority in extrajudicial killings – by Malian troops and foreign military personnel believed to be from Wagner“).
Aber ein schönes Paxisbeispiel für aktive (militärische) Geopolitik – den Feind dort treffen wo es weh tut und wo er verwundbar ist.
Zu Afrika (bis Hoehe Namibia von Norden aus gesehen) zwei Anmerkungen (Suedlich davon keine persoenlichen Erkenntnisse/Erlebnisse):
1. Das Denkmuster aller Ex-Kolonialstaaten-Lenker/Top-Leute ist grundsaetzlich identisch: Sich die Taschen fuer die eigene Familie/Clan fuellen, auf Kosten wessen ist gleichgueltig (auch Auslandshilfe willkommen) und fuer schlechte Zeiten in sicherem Ausland parken.
2. Gegenueber ehemaligen Kolonialmaechten (dazu gehoert auch der Rechtsnachfolger des Deutschen Reiches) „You f’cked us 300 years – now we f’ck you.“
Die diplomatischen Vertretungen der westlichen Staaten wissen das alle, aber moechten wegen der allgemein schlechten Fehlerkultur der westlichen Demokratien natuerlich nicht damit bei ihren Regierungen sich selbst als scheiternd bekennen. Also weiter wursteln und Geld verbrennen.
Deutschland stand nach dem Zusammenbruch der UdSSR und der Auflösung des Warschauer Pakts vor der Herausforderung, seine Aufgaben in der Sicherheitspolitik neu zu definieren und die Existenz der Bundeswehr legitimieren. Zum geflügelten Wort wurde dabei die Aussage, die Bundeswehr werde mit westlichen aber auch UN Partnern „out of area, or out of business“
gehen. Vor diesem Hintergrund erweiterte Bundeswehr in den Folgejahren ihren Wirkungskreis. Für die Streitkräfte standen Einsätze der Konfliktverhütung und Krisenbewältigung sowie zur Unterstützung von Bündnispartnern im Vordergrund. Seit Ende des Kalten Krieges hat die Bundeswehr zahlreiche Missionen unternommen und ist damit ein größerer Akteur im Bereich der Krisenintervention in Afrika.
Deutschland hat den Bundeswehr-Einsatz in Mali beenden und stattdessen sein militärisches Engagement im Nachbarstaat Niger ausgebaut, das ebenfalls mit Instabilität und Dschihadisten kämpft. Das hat wieder mit einem unwürdigen Rück- bzw. Abzug geendet-
Trotz des militärischen Versagens in Afrika scheinen generelle Nicht-Intervention auch im
Hinblick auf die aktuelle Weltlage keine tragbare Option zu sein.
Nun herrscht meistens die Auffassung, dass künftige Interventionen hauptsächlich durch gezielte militärische Schläge geprägt sein werden, denn die westlichen Gesellschaften sind nicht mehr dazu bereit, die hohen Kosten und Opfer des nation buildings zu schultern.
Allerdings werden auch zukünftig bloße militärische Aktionen, um Aggressoren und Terroristen zum Einenken zu bewegen oder gar zu schlagen nicht ausreichten. Stets muß der zivile Aspekt mitbedacht werden, um ein Machtvakuum zu verhindern.
Als Mittel der militärischen Intervention der Bundeswehr kommen wahrscheinlich vor allem Luftangriffe, Seeblockaden und/oder Bodentruppen zum Einsatz. Das macht niemand aus dem Stand. Afghanistan und Maili haben dies deutlich gezeigt. Selbst Rückzugs- oder Abzugsoperationen erfordern, wie zum Schluß in Niger, fordern hohes Können.
Die vollumfängliche Fokussierung begrenzt auf die unmittelbare Landes- und Bündnisverteidigung ist daher strategisch zu kurz gedacht.
Unsere Kernaufgaben bei der Mission MINUSMA war, das Land zu stabilisieren und das malische Volk und dessen Besitz zu schützen.
Anfang 2016 wurde unser Mandat vor allem im Fähigkeitsbereich der Aufklärung erweitert, so sollten wir ein Gesamtlagebild für die Vereinten Nationen erstellen.
An diesen einfachen Auftrag sind wir aber gescheitert, weil wir für den Auftrag keine Aufklärungsdrohnen oder Aufklärungsflugzeuge vorhalten.
Die RQ-4 Global Hawk wäre für dem Auftrag die erste Wahl gewesen. Wir hingegen haben die völlig ungeeignete Heron Drohne nach Mali geschickt.
Nach dem Abzug der französischen Armee, haben Kräfte der Gruppe Wagner die Kasernen übernommen. Das gilt auch für den Flughafen von Gao, von dem das deutsche Feldlager nur einen Kilometer entfernt war. Das wir den Flughafen von Gao nicht übernommen haben, hat zu Folge gehabt, das der Flugbetrieb willkürlich, hauptsächlich zu Lasten Deutschland organisiert wurde.
Mit dem Verlust der Bewegungsfreiheit, ist die Mission MINUSMA eigentlich jetzt gescheitert.
Ich verstehe dieses schwarzseherische Rumgejaule hier im Blog mal wieder nicht. Gerade wenn es um beendete Missionen geht.
Wir sprechen hier über souveräne Staaten, die die UN und somit auch direkt oder indirekt Deutschland eingeladen haben, dort zu helfen. Offensichtlich hat man diese Hilfe nicht mehr benötigt und dieses der UN und somit auch Deutschland mitgeteilt. Die Missionen wurden beendet. Das wurde politisch umgesetzt, das Militär hat zu folgen.
Ob das „Ziel“ aus unserer Sicht erreicht wurde oder nicht, ist dabei völlig unerheblich. Auch, ob das unseren politischen Interessen entspricht oder nicht. Das ist schlicht und einfach koloniale Denke und man erkennt die afrikanischen Staaten nicht als gleichberechtigt an, wenn man so vorgeht. Wie die zu ihren Regierungen gekommen sind und ob diese totalitär sind oder nicht, ist auch nicht im westlichen Ermessen.
Wir als Westen sollten endlich aufhören, überall den Weltpolizisten zu geben und die Moralkeule mit dem westlichen Wertekanon zu schwingen. Offensichtlich ist das von einem größer werdenden Teil der Welt nicht gewollt.
Und was die Vergleiche mit Afghanistan angeht, so hinkt dieser gewaltig. Deutschland hätte am besten mit Frankreich zusammen 2013 mit dem Ende von ISAF Afghanistan verlassen. Resolute Support war ein Fehler und hat auch im Ergebnis nicht funktioniert. Man hat das in der Politik und militärischen Führung nur schön geredet und wurde dann zum Ende hin kalt erwischt. Letztlich hat die ANA den Taliban den roten Teppich ausgerollt und sinnbildlich Wegweiser nach Kabul aufgestellt. Auch hier war es blauäugig, einer klanstrukturierten Gesellschaft mit unseren Werten und Vorstellungen helfen zu wollen.
In der Quintessenz heißt das, das die UN und vor allem deren westliche Mitglieder sich gut überlegen müssen, ob sie irgendwo eingreifen oder nicht. Man muss diese Mandate immer politisch durchsetzen, damit hat man meistens schon mal die ersten faulen Kompromisse geschlossen. das was danach als Mission kommt, kann nicht besser sein.
@Bow @MikeMolto
Auf Dauer werden sich diese Erkenntnisse nicht verhindern lassen, alleine schon weil die Risiken für die ehemaligen Geberländer immer größer werden. Militärische Intervention ist nicht erfolgsversprechend und Entwicklungshilfe erweist sich als wirkungslos. Den gefährdeten Demokratien bleibt nichts anderes mehr übrig als die Anwendung einer an instabile Staaten / Regionen angepassten Eindämmungsstrategie.
@Pio-Fritz: Lesenswerte Berichte und Analysen: https://www.sigar.mil/quarterlyreports/index.aspx?SSR=6 Wenn man falsch macht, was man falsch machen kann, die Berichte um den Abzug sind ein Krimi …
Obwohl @Mike Molto auf Ebene lokal vorherrschender Narrative sicher in eine erkenntnisbringende Kerbe schlägt, ist die Frage interessanter, wer diese Narrative nährt. Zur Zeit als die Grünen Mänchen auf der Krim erschienen mag man den Eindruck erhalten haben RT-News und Sputnik spielten wieder das Lied vom antikolonialen Kampf in Afrika. Aus Gründen Männchen wurde eine Invasion, aus Narrativen und Propaganda Mmilitärputsche und ein Rauswurf.
Ich stelle die These auf das sich in Nordafrika / Sahel aber auch im Nahen Osten drei Dynamiken gegenseitig befruchten: Postkoloniale Resentiments und antikolonialer Kampf, GWOT/Islamismus, Kalter Krieg 2.0. Oder um es salopp zu formulieren: Aus drei Cluster Fucks wird ein Multibler Clusterfuck.
Auch wenn diese Zeilen unsympatisch, undiplomatisch und wenig empatisch erscheien mögen; Was wir mit der Russischen Invasion, am 7.Oktober 23 und mit der israelischen Antwort beobachten scheint nur der Anfang.
@Observer22: Das mag die erste Reaktion sein, nachvollziehbar. Aber wenn die Sch*** auf den Ventilator klatscht heist das: Wegrennen gilt nicht!
[Ich hab‘ mir mal erlaubt der Lesbarkeit wegen ein Komma einzufügen – es gab keine russische Invasion am 7. Oktober… T.W.]
Die Misserfolge europäischer, insbesondere deutscher Afrikapolitik sind Folge von Abarbeitung des „Schuldkomplexes Kolonialismus“ im Verbund mit Imperialismus des vergangenen Jahrhunderts. Das Deutsche Reich – und Rechtsnachfolger seit 1885 – war zwar nördlich des Niger in kolonialer Hinsicht nicht aktiv, die Aufarbeitung von Kolonialschuld der Bundesrepublik Deutschland lässt aber eine rein an Wachstum des jeweiligen Staates orientierte Entwicklungspolitik nicht zu.
Obendrein hat sich eine lukrative Entwicklungshilfe-Industrie rund um zahllose NGO entwickelt, die umfangreich gut bezahlte, sichere Jobs anbieten; deren Lobbyismus wirkt.
Rein zweckorientierte Entwicklungshilfe muss Interessen des Ziellandes aber insbesondere auch wirtschaftliche und sicherheitspolitische Belange des Geberlandes, also deutsche, solche von EU und NATO im Auge behalten.
Solange Berlin dem nicht folgt, sich vielmehr einen Platz auf dem „Siegertreppchen der Moralweltmeisterschaften“ behaupten will, ergeben sich Resultate à la Mali und Niger.
Wie es anders geht zeigt vor allem China. Umfangreiche Angebote, kurze Bürokratie, pünktliche Fertigstellung. Die Macht korrupter Potentaten wird nicht hinterfragt, so manche Summe fließt in Privatschatullen.
Ich rege dies Verfahren keineswegs zur Nachahmung an, bin aber sicher, weniger Auflagen bei innenpolitischen Abläufen samt Demokratiebildung kann im Endeffekt effizienter sein und führt weniger zu Formen des verdeckten/offenen Herauskomplimentierens und Verlust an politischem Einfluss. Freie Wahlen lassen sich mit Erfolgen im Wachstum Betroffener afrikanischer nachhaltiger als mit Auflagen ermöglichen.
@TW: Danke, gemeint ist natürlich das Massaker der Hamas an über 1000 Zivilisten.
Der hat einige Wochen nach den Anschlägen ohne jeglichen Druck selbst ein Bekennervideo von sich selbst ins Internet gestellt. Feierte bereits die Bombenanschläge 1996 in der Tiefgarage der Zwillingstürme. Viele nehmen an, dass auch dieses Attentat von ihm unterstützt wurde. Er äußerte bereits seinen pathologischen USA-Hass zu Beginn der 90’er, als er sich im Sudan aufhielt.
Die Taliban waren damals auf einem echten Steinzeitkurs: Sie fühlten sich bedroht von einer tausendjährigen Bhuddastatue, die sie sprengten, verboten Radios und Musik im allgemeinen. Sie jetzt als kompromissbereit darzustellen, grenzt schon extrem an Geschichtsklitterung, weil nicht alle Kalküle so aufgingen, wie man sich das so dachte. Es gab schon einige Gründe, warum China und Russland der UN-Resolution zustimmten. (Nebenbei haben „unsere“ Tschetschenen und Uiguren auch recht eigenwillige Vorstellungen von einer erstrebenswerten Welt. Genauso wie die Thuareg in Nordmali, denen die Ukraine nach Eigenangabe nun hilft.)
Grundsätzlich Zustimmung.
Da stand das Wort des ollen Transatlankers Schröders gegen: Er versprach „uneingeschränkte Solidarität“, also galt es bis zum (bitteren) Ende dabei zu bleiben. Grundsätzlich finde ich schon, dass Deutschland zu seinem Wort stehen sollte. Frankreich und Großbritannien äußerten sich im Herbst 2001 zurückhaltender. Und rein technsch betrachtet: Ich las nach dem Abzug aus Kabul einige Kritiken, dass man die afghanische Armee nach amerikanischen Vorbild aufbaute. Sprich: Sehr technikintensiv mit mobilen Heeresfliegern und KSK-Einheiten als Ausputzern, Luftwaffendominanz usw.
Schon Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Japan tun sich schwer, mit diesem Ansatz mitzuhalten. Bei einem bitterarmen Land wie Afghanistan, wo schlichte Alphabetisierung immer noch ein Thema ist, war er zum Scheitern verurteilt. Aber es wurden die Militärhilfegelder gut recyclet und flossen zurück ins eigene Land und boten amerikanischen Armeeveteranen als Mechaniker ein gutes Auskommen, während schlichte afghanische Außenposten an wichtigen Straßenkreuzungen nicht nur auf ihren Sold warten mussten, sondern sogar ihre Lebensmittel selbst anbauen mussten. Steigert nicht unbedingt die Kampfmoral.
Hm, oder die Ukraine gewinnt den Krieg. Würde zu einer Entlastung durch Anpassung der Erwartungshaltung der Parteien in den Anderen Regionen führen.