Pistorius zum Haushalt: „Das Beste daraus machen“
Zur Dokumentation: Die absehbar nur geringe Erhöhung des Verteidigungshaushalts, auf die sich die Spitzen der Ampelkoalition verständigt haben, sieht Minister Boris Pistorius angesichts der Bedrohungslage als problematisch für die Bundeswehr. Dennoch werde er das Beste daraus machen, sagte der Ressortchef am (heutigen) Montag am Rande einer Luftwaffenübung in Alaska. Zum Nachhören:
Er umschmückt es mit Rosen und Duft und trägt es mit Fassung. Aber wer hat schon erwartet dass ohne Sicherheit alles Nichts ist?
Also sind das Gerede von „Putin (oder RUS) ante portas“ und die konkrete Bedrohung ab ca. 2029 nur Panikmache? Denn sonst müßte man doch jetzt (also wirklich: jetzt) konkret und zeitnah und nicht erst 2032 kriegstüchtig werden.
Das gilt natürlich analog für den Zivilschutz, also „schutzfähig“ werden (nicht unbedingt in Bezug auf Schutzbauten).
Vielleicht nimmt man sich einmal die neuen RRGV zur Hand und markiert dort Zeitlinien und erforderliche Budgets mit FOC 31.12.2030?
Es soll ja jetzt Nachbesserungen geben. Boris P. dürfte glücklich sein.
Noch mehr Geld, um es für schlechte, aber teure Rüstungsgüter auszugeben.
Noch mehr Geld, um noch mehr Beamte einzustellen, die sich selbst verwalten.
Der neue Vorsitzende des Verteidgungshaushalt stellt sich gerade im Fernsehen als „zufrieden“ mit dem Etat dar da er ja „gewachsen“ sei. Die 1,5 Mrd mehr sind allerdings weniger als die verschiedenen Kostensteigerungen, real sinkt der Haushalt also. Da wurde ein Cerberus durch ein Schoßhündchen ersetzt.
Naja, die Bw lernt nur langsam dazu, egal, ob es um Personal geht oder Material/Gerät. Es wird quasi jeder, der nicht bei drei die flucht ergreift, zum Berufssoldaten ernannt. Nur, damit Dienstposten, die eigentlich niemand braucht, durchgängig besetzt sind.
Beim Material muss immer noch die Bw-Goldrandlösung her, man kommt nur langsam von dem Trip runter, individuelle Lösungen den marktverfügbaren Lösungen vorzuziehen. Das kostet viel geld und bringt wenig Nutzen.
Von daher ist mehr Geld nur ein kleiner Teil eines großen Problems.
@Thomas Melber: Wie Sie richtig konstatieren (natürlich frage ich mich: Wer ist der „Böse“ bei dieser, Ihrer Suggestivfragestellung?), ist die „… KONKRETE Bedrohung ab CA. 2029…“ naturgemäß „Panikmache“.
Verteidigungshaushalt=Verteidigungsausschuss
Da war wohl meine Empörung zu hoch für die richtige Wortwahl.
Grob über den Daumen sind das 1.3 Prozent des BIP. Die „Zeitenwende“ , nichts weiter als eine Worthülse.
Sollen wir das Geld überhaupt ausgeben, oder nicht besser lernen, wie man unter einer russischen Hegemonie auch gut leben kann. Unser Parlamentär Orban war ja schon bei Zar Putin, um die Bedingungen auszuloten.
“Machen ist wie wollen, nur krasser””.. heißt es in einer Liedzeile. Notieren wir uns also das Datum des Briefes und erinnern uns in 10 Jahren daran, was man hätte tun können-sollen-müssen, aber aus lauter Opportunismus weggebügelt hat und hoffen es kommt weniger schlimm…
Wir scheitern nicht an zu wenig Geld, wir scheitern an unseren eigenen Prozessen. Selbst wenn klipp und klar formuliert wird, was ein Bedarf bzw. eine Fähigkeitslücke ist, so sind die Prozesse zur Deckung bzw. Schließung der Lücke unendlich quälend und langwierig. Teilweise ist man Monate damit beschäftigt überhaupt herauszufinden wer denn nun was wann tun muss. Und bis dann endlich eine Entscheidung gefallen ist, hat sich der Preis deutlich erhöht und alle wundern sich, dass die ursprünglich kalkulierten Kosten nicht mehr mit den tatsächlichen Kosten übereinstimmen. Aber dieses Problem war hier ja schon oft genug Thema …
Die Aussenwirkung ist katastrophal und das Vertrauen in Deutschland ist keinesfalls gestiegen. Erst vollmundige Versprechen, sinngemäß: Ohne Sicherheit ist alles Nichts, dann kommt es doch zu einem anderen Ergebnis. Einige aus unserer Politikerklasse scheinen zu übersehen, dass Deutschland bei unseren Partner gerade was die Glaubwürdigkeit und Zuverlässigkeit betrifft, skeptisch beäugt wird
Das Beste wollen, ist manchmal nicht gut genug. Und wie bereits oben richtig erwähnt, verliert die Bundeswehr Geld durch falsche Prozesse, an deren Änderung sich niemand heranwagt. Die Bindung personeller Kapazität die damit verbunden ist, vergrößert die ineffiziente Verwendung der personellen Ressourcen und trägt dazu bei, dass die Kriegstüchtigkeit ein hehres Ziel bleibt.
Es wäre daher notwendig, dass die Bundeswehr einen Maßnahmenplan zur Erreichung der Kriegstüchtigkeit entwickelt und umsetzt und den mit Fristen unterlegt, sodass der Fortschritt meßbar wird. Der Plan wäre zumindestens für die interne Steuerung erforderlich.
Die erfolglosen Versuche der Bundeswehr z.B. bei der Personalgewinnung zeigen, dass die Bundeswehr noch immer nicht verstanden hat, wie man ausreichend Menschen für den Soldatenberuf gewinnt, weil sie dafür nach mehr als 10 Jahren immer noch keine probaten Methoden anwendet. Lange können wir uns diese grobe Fahrlässigkeit nicht mehr erlauben. Zweifel an der Lernfähigkeit der Organsation sind berechtigt.
@Nico:
Dieses Mantra dass ohne Sicherheit alles Nichts sei ist doch nun wirklich ausgelutscht und zu einfach gedacht. Wie soll Sicherheit denn ohne Bildung (jaja, Ländersache) hergestellt werden? Wieso sollte jemand für Sicherheit kämpfen, wenn es ihm und seiner Familie an sozialer Sicherheit oder Perspektiven fehlt? Und was bringt es mir sicher zu sein, wenn draußen Teile des Planeten absaufen, Menschen gen Europa flüchten, die Temperaturen steigen und Flüße über die Ufer laufen?
Wenn wir Sicherheit wollen, dann sollten wir schon anerkennen, dass das mehr bedeutet als nur den Verteidigungsetat zu erhöhen. Und dann muss man anerkennen, dass andere Ressorts eben auch Geld benötigen und Kompromisse finden zwischen den verschiedenen notwendigen Ausgaben.
Das alles heißt im übrigen ja nicht, dass man der Bundeswehr nicht mehr Geld an die Hand geben kann oder soll, aber dann doch bitte mit mehr als der hohlen Phrase von der über alles stehenden Sicherheit begründet.
@Heiko Kania
Die „Vogel-Strauß-Politik“ ist eben hier nicht zielführend: si vis pacem para bellum. Aussagen und Handeln passen überhaupt nicht zusammen. Wir reden auch über den Haushalt von 2025, d.h. bis 2026 tut sich dann wahrscheinlich nichts mehr, und die Vorlaufzeiten bis zum Zulauf von größerem Gerät ist ja hinlänglich bekannt.
Jenseits der finanziellen Ausstattung hat die Bw ein dramatisches Personalproblem. WELT Online („Hier offenbaren sich die sieben Schwachstellen der Nato – eine davon ist Deutschland“) schreibt heute u.a.:
Personalbedarf gem. NATO GDP
– 272k – aktiv (stehend)
– 260k – Res (natürlich entsprechend ausgebildet und ausgestattet)
Von der mängelbehafteten Infrastruktur mit Blick auf die „Drehscheibe DEU“ ganz zu schweigen.
Wenn aus der «Zeitenwende» eine «Zeitlupenwende» wird …
@ACE: Eben. Und wenn man dann „will – bloß krasser -„, dann fehlt es an Juristen „mit Eiern“ (i.ü.S.) im BAAINBW, die die Ausschreibung rechtssicher gestalten und den politisch Einflussnehmenden einen Riegel vorschieben, damit die Beschaffung nicht wieder vor der Vergabekammer des Bundes kassiert und verzögert wird.
Kaum ein Wunder. Verdient man doch als Fachanwalt für Vergaberecht ein Vielfaches von dem, was man mit Einstiegsamt A13/A14 so nach Hause trägt. Und für Kommentatoren wie @Florian Staudte ist man dann ja nur einer von vielen Beamten, „die sich selbst verwalten.“
Wie man’s macht, man macht’s eben falsch.
@ACE
Genau so sehe ich das auch. Es hat keinen Zweck, noch mehr Wasser in den löchrigen Eimer Beschaffungswesen zu gießen und gleichzeitig einen höheren Wasserstand darin zu erwarten. Die Prozesse sind astronomisch, die 4 Jahre Mindest- Vorlauf auch bei marktverfügbaren Kauflösungen durch das Haushaltsrecht sind einfach viel zu lange. Die Projekte dauern ewig und sind bereits bei Einführung hoffnungslos veraltet. Oder werden aus fadenscheinigen politischen Gründen 10 Jahre mit allen politischen Mitteln behindert, wie man am Beispiel der Drohnen gut erkennen konnte. Dann wird in Windeseile eine „Task Force Drohne“ eingesetzt, die diese Versäumnisse blitzschnell aufholen muss. Aber es ist ja auch völlig unverantwortlich, einem Militär, etwa einem General der Menschen im Krieg in den Tod schicken kann, die Verantwortung für ein funktionierendes Waffensystem zu übertragen. Oder noch schlimmer, entscheiden zu lassen, ob das dafür notwendige Geld bereitgestellt wird…Ohne „Zeitenwende“ bei Beschaffung kein Material. Ohne Material keine Ausbildung, ohne Ausbildung keine „Kriegstauglichkeit“.
@ All::
Die Politik darf die Bahn nicht überfordern. Das passiert leider auch jenseits der Europameisterschaft immer wieder. Politik und Bürger haben eine lange Wunschliste zur Anbindung und Taktung, die Wirtschaftlichkeit spielt keine Rolle mehr. Mehr Realismus tut not, viel wäre gewonnen, wenn wenigstens das derzeitige Angebot verlässlich wäre und wieder mehr Vertrauen weckte.
Dass selbst diese Hoffnung derzeit nicht erfüllt werden kann, zeigt die EM. Lange hatte sich die Bahn auf dieses Großereignis vorbereitet. Sie hat Wartungen und Baustellen vorgezogen und alle Mitarbeiter und Züge mobilisiert, die sie einsetzen kann.
Das hat zweifellos geholfen, aber es reichte nicht mehr aus. Wenigstens, und das ist die gute Nachricht, haben es alle verstanden: Die Bahn steht vor der größten Generalsanierung ihrer Geschichte, die Politik investiert so viel Geld wie nie zuvor.
Ob das ausreicht, wird man erst in einigen Jahren sehen. Es werden harte Jahre, und auf dem langen Weg darf niemandem die Puste und schon gar nicht das Geld ausgehen. Bis dahin werden die Bahnkunden noch viel Geduld und Verständnis aufbringen müssen. (FAZ heute)
Streiche Bahn, setze Bundeswehr und streiche EM, setze Ukraine – wer Parallelen findet darf sie behalten
– Ich hoffe der Hausherr toleriert diese Copy? –
[Grr. Geht nicht darum, ob ich das „toleriere“… Wenn sich die FAZ beschweren sollte, gebe ich die Konsequenzen weiter… T.W.]
@ sakrileg
„Wieso sollte jemand für Sicherheit kämpfen, wenn es ihm und seiner Familie an sozialer Sicherheit oder Perspektiven fehlt?“
Wenn Sie sich etwas besser in der Welt auskennen wuerden, muessten Sie feststellen, dass in Deutschland – und nur von „Altdeutschen“ – auf extrem hohem Niveau gemeckert, in Frage gestellt und gemault wird. Diese Leute haben Erwartungen, zum Teil durch politische Aussagen geweckt, die durch ihre Lebens-Leistungen nicht gerechtfertigt sind und glauben an Maerchenkarrieren aus den Fernsehen.
Tatsaechlich aber hat die Bundesrepublik, trotz aller Fehler, eines der besten Sozialsysteme der Welt, wahrscheinlich das beste Gesundheitssystem und fuer alle, die wollen, jede Foerderung.
Sozial-und Wirtschaftsfluechtlinge wissen das, und deshalb ist Deutschland heute, vor Schweden und NZ das beliebteste Einwanderungs- und Fluechtlingsziel.
Dies lohnt sich also auch fuer „Altdeutsche‘ zu verteidigen.
Interessante Debatte bezüglich der organisatorischen Mängel der Bunderwehr und der Wehrverwaltung.
@wetzelsgrün: wäre denn der „gemeine“ General mit Verantwortung für ein Waffensystem wirklich in der Lage dieses rechtssicher zu beschaffen? Das Vergaberecht grundsätzlich würde man hoffentlich mit einer, wie auch immer gearteten, Abschaffung des BAAIN nicht auch noch abschaffen. Und damit braucht es am Ende auch wieder rechtssichere Verträge, die hoffentlich nicht von Soldaten ausgearbeitet würden…
@Florian Staudte: selbst wenn man von heute auf morgen den Ihres Erachtens unnötigen Teil der Verwaltung, die unnötigen Stäbe abschaffen würde, würde der Staat ja vermutlich keinen Cent einsparen, da man die Mitarbeitenden als Beschäftige des öffentlichen Dienstes, bez. als Beamte, als Zeit- und Berufssoldaten weiter alimentieren müsste, da diese überwiegend unkündbar sein dürften.
Und dann nehmen wir noch mal gaaanz viel Geld in die Hand und bauen alles neu auf? Und in der Zwischenzeit machen wir was? auf das Entgegenkommen der Nato-Partner hoffen? Weil die Bundeswehr wegen Umbau geschlossen hat?
Von dem her bleibt dem Bundesminister wohl nichts anderes übrig wie zu versuchen, die Bundeswehr im laufenden Betrieb zu reorganisieren und zu hoffen, dass doch noch etwas mehr Geld abfällt.
Politik wird in demokratischen Staaten immer aus Kompromissen bestehen…
Und Politik in Demokratien ist anstrengend.
@SanHG93
Ich rede nicht davon das BAAINBw abzuschaffen, das wird fachlich beratend gebraucht! Aber die Entscheidung ob das Waffensystem gebraucht wird oder nicht, sollte schon der General treffen und nicht die Hausfrau im Haushaltsausschuss. Es geht also weniger um „Vergaberecht“ sondern um Haushaltsrecht. Das Beispiel 25- Mio Vorlagen ist charakterisierend für den Zeitverlust und das Tempo.
@Mike Molto:
Spannend, dass Sie wissen, wie gut ich mich in der Welt auskenne. Anyway, mir ist schon klar, dass wir ein durchaus beneidenswertes Sozialsystem haben. Und auch, dass es auch mit weniger Geld immer noch weltweit führend sein dürfte. Das war gar nicht unbedingt mein Punkt, aber vielleicht ging der ja unter. Mir geht es zum einen darum, dass „Ohne Sicherheit ist alles nichts“ halt eine Phrase ist, mit der ich so ziemlich alles begründen kann, wenn es um den BW-Haushalt geht und dass das auf die Spitze getrieben eben bedeuten würde, dass alles andere an Staatsausgaben hinten an stehen muss. Und das sehe ich kritisch, weil es den Blick darauf verstellt, dass es eben auch andere – notwendige – Ausgaben gibt und man seinen Bedarf nicht mit einem – salopp gesagt – Totschlagargument begründen sollte. Und zum anderen, dass „Sicherheit“ eben mehr ist als nur militärische Sicherheit, sondern auch soziale und Klimaaspekte umfassen muss. Was dann im übrigen bedeuten würde, dass man die Phrase für diese Aspekte ebenfalls anwenden könnte, wenn man denn wollte. Was auch nicht zielführend wäre.
Insofern finde ich die Diskussion darum, wie und wo das Geld ausgegeben wird und wo das Beschaffungswesen Mängel aufweist deutlich zielführender als ein Satz, der am Ende alles und nix begründen kann.
Es wird für mich im deutlicher: Diese Koalition hat abgewirtschaftet. Ihre Protagonisten wollen es nur nicht wahrhaben weil sie allesamt mit ihrem A***** an ihren Stühlen kleben. Diese Koalition wird immer mehr zu einer Gefahr für die Sicherheit Deutschlands und Europas.
„Ohne Sicherheit ist alles nichts“ halt eine Phrase ist, mit der ich so ziemlich alles begründen kann, wenn es um den BW-Haushalt geht und dass das auf die Spitze getrieben eben bedeuten würde, dass alles andere an Staatsausgaben hinten an stehen muss.“
@Sakrileg: Ich verstehe was Sie meinen. Wir vergessen nicht dass dies ein Zitat vom Kanzler war dass er kürzlich gebracht hat. Das Schlimme ist nicht das Zitat, sondern dass er sich selbst nicht ernst nimmt. Komme was es wolle und drehe man es wie man wolle – mit der SPD kannst Du keinen Krieg gewinnen und die Herzen noch weniger !!!. Scholz hat den Schuss noch nicht gehört. Und ganz ehrlich: Den ganzen anderen Scheissdreck kannst Du Dir schenken wenn der Russe erstmal da ist. Kernaufgabe des Staates ist und bleibt der Schutz seiner Bürger. Ich bleibe dabei: ohne Sicherheit ist alles Nichts!
@Nico: Ich glaube, in der Sache sind wir gar nicht mal weit voneinander entfernt. Ich hab ja gar nix gegen mehr Geld für die Bundeswehr und die Argumentationen und Handlungen des Kanzlers in Übereinstimmung zu bringen fällt mir auch schwer, aber die verfassungsmäßigen Aufgaben des Staates, die wir uns im Rahmen eines demokratischen Prozesses selbst gesetzt haben als „Scheissdreck“ zu bezeichnen ist dann doch etwas, was ich ablehnen muss, Sicherheit hin oder her.
Man fragt sich, ob der Ernst der Lage, in der sich die Welt befindet, auch bei den Ampel-Politikern angekommen ist. Seit längerer Zeit ist im internationalen Umfeld eine besorgniserregende Entwicklung zu sehen. Russland stellt zentrale Elemente seines industriellen Komplexes auf die Rüstungswirtschaft um. Russland rüstet, so formuliert es zumindest ein nicht unwesentlicher Teil der sicherheitspolitischen Experten, bereits jetzt für die Zeit nach dem Ukraine-Krieg. China tritt zunehmend aggressiv im pazifischen Raum auf und der Krieg im Nahen Osten birgt ein unkalkulierbares Risiko für die gesamte Region. Selbstverständlich sind diese Konflikte nicht isoliert zu betrachten, sondern als sicherheitspolitischer Gesamtkomplex. Auch emanzipiert sich der Globale Süden zunehmen von der westlichen Welt und nutzt die aktuellen Konflikte um eigene Interessen durchzusetzen. Moralische Appelle an Staaten wie Indien oder Brasilien sind eher Ausdruck des Nichtverstehenwollens deutscher Außenpolitik und offenbaren einen unrealistischeren Blick auf die internationale Gesamtkonstellation. Hinzu kommt der 5. November, der Europa sicherheitspolitisch nachhaltig verändern könnte, sollte Trump Präsident werden. Europa muss sich militärisch emanzipieren und für seine eigene Verteidigung sorgen. Dies bildet der Haushalt in keiner Weise ab. Es zeigt sich zum wiederholten Mal, dass Scholz Verbalweltmeister der Ankündigungen ist und dabei lediglich heiße Luft produziert. Sicherheit ist eine, wenn nicht die fundamentalste Aufgabe staatlichen Handelns. Dies scheint nicht erst seit der Ampelregierung völlig aus dem Blick der politisch Verantwortlichen gewichen zu sein. Es drängt sich der Eindruck auf, dass wir es mit politischen Schlafwandlern zu tun haben.
@SanHG93
Zitat:“Und damit braucht es am Ende auch wieder rechtssichere Verträge, die hoffentlich nicht von Soldaten ausgearbeitet würden…“
Ist das nicht eines der großen Probleme, die die Bundeswehr mit fast allen Beschaffungsmaßnahmen der letzen Jahrzehnte gehabt hat?
Das nämlich die Verträge, wie vom Bundesrechnungshof bemängelt, eben nicht rechtssicher waren. Überlegen Sie doch mal welche größere Beschaffungsmaßnahme nicht am Ende vor Gericht gelandet ist.
Ich finde, dass das Prozedere klarer strukturiert werden muss:
– der Anforderungskatalog wird von der Truppe einmalig erstellt und darf danach nicht mehr verändert werden.
– das BAINBW formuliert danach die Ausschreibung.
– der Bundesrechnungshof begutachtet den Auschreibungstext.
– das BAINBW kümmert sich um die Ausschreibung unter Berücksichtigung des RH Gutachtens.
Nach Eintreffen der Angebote von der Industrie:
– die Angebote werden von der Truppe auf Brauchbarkeit geprüft und mit Empfehlungen priorisiert.
– das BAINBW übernimmt die Brauchbarkeitsstudien und ergänzt sie um eine Empfehlung unter Berücksichtigung von Kosten, auch für Logistikanpassung, und der möglichen Lieferzeiten an das VM.
– das VM entscheidet auf der Basis der Priorisierung und formuliert die Vorlagen für die Ausschüsse für Haushalt und Verteidigung.
– die Ausschüsse empfehlen entweder die Annahme oder die Ablehnung (Veränderungen sind nicht zulässig).
– das Parlament entscheidet als letzte Instanz.
– Der Rechnungshof wird bei der Formulierung der Aufträge eingebunden.
Angesichts der Schwächen bei der Auftragsvergabe halte ich die Einbindung des RH für zwingend. Das ganze Verfahren muss dann nur noch mit festen Fristen für die verschiedenen Instanzen verbunden sein, damit eine zügige Bearbeitung und Prüfung möglich ist.
Vielleicht bin ich da ein bisschen naiv, aber die komplexe Materie von Ausschreibungen erfordet, dass man die Instanzen mit der jeweils besten Expertise an den richtigen Stellen einbindet.
Ich halte das aber für den einzigen Weg um sicherzustellen, dass die Truppe zeitnah das bekommt, was sie braucht.
Solche idiotischen Ausschreibungen, wie die für die Flottendienstboote, müssen der Vergangenheit angehören.
[Bei aller Kritik am Vergabeverfahren: Zu glauben, ein Vertrag sei nicht rechtssicher, weil er vor Gericht angefochten wird, ist doch ein wenig naiv. Gerade im Vergaberecht. T.W.]
@Schlammstampfer: Irgendwie vermag ich ihren Prozessentwurf, so gut er qualitativ sein mag, nicht mit „zeitnah“ unter einen Hut zu bringen….
@T.W.
Die Möglichkeit einer etwas naiven Sichtweise habe ich selbst eingeräumt. ;-)
Ihr Einwand ist aber berechtigt. Vielleicht können wir uns darauf einigen, dass in allen Fällen, in denen Kläger mit ihren Klagen Erfolg hatten, die Vertragsgestaltung nicht so ganz ‚wasserdicht‘ gewesen sein kann.
@Fussgaenger
Zugegeben, es ist ein Kompromiss. Wer unter ‚zeitnah‘ ein heute-bestellt-morgen-geliefert versteht wird vermutlich enttäuscht werden. Aber im Vergleich zum aktuellen Verfahren sollten vor allem der Verzicht auf ‚Nachbesserungen‘, die Verringerung von Einspruchsmäglichkeiten aus den Ausschüssen und das Setzen von Bearbeitungsfristen dafür sorgen, dass Beschaffungsmaßnahmen schneller realisiert werden können und sich auch nicht nachträglich noch verzögern dadurch verteuern.
Das parlamentarische Verfahren ist aufgrund der Haushaltshoheit des parlaments nicht zu umgehen. Die Arbeit der Ausschüsse, die in der Vergangenheit durch Lobbyismus und Klientelwirtschaft Beschaffungsmaßnahmen so lange ausgebremst hatten, bis auch wirklich jeder Rüstungsbetrieb in den Wahlkreisen der Abgeordneten sein Stück vom Kuchen abgekriegt hatte, wird auf die essentiellen Verantwortlichkeiten gestutzt.
@KlausP:
Ihre Aussage finde ich – angesichts zuvor Jahrzehntelanger Demontage der Bundeswehr unter Unionsführung im BMVg – gelinde gesagt, gewagt!
Die Ampel, wie auch ihre Protagonisten, mag man ja in vielerlei Hinsicht kritisieren und muss die Politik, die sie macht, auch ganz bestimmt nicht unkritisch jubelpreisend hochleben lassen. Nur sollte man auch realistischerweise nicht erwarten, dass eine erst seit dem 8. Dezember 2021 im Amt befindliche Bundesregierung in nun noch nicht mal ganz drei Jahren alles wiedergutmacht, was seit der Wende und Wiedervereinigung an Fehlern in Bezug auf die Bundeswehr passiert ist.
Vor dem Ukrainekrieg hat man eine Entwicklung wie die aktuelle ja überhaupt nicht auf dem Schirm gehabt. Oder glauben Sie ernsthaft, jemand wie Christine Lambrecht wäre ansonsten überhaupt als Verteidigungsministerin ernsthaft in Frage gekommen?
@ Metallkopf
„Die Ampel, wie auch ihre Protagonisten, mag man ja in vielerlei Hinsicht kritisieren und muss die Politik, die sie macht, auch ganz bestimmt nicht unkritisch jubelpreisend hochleben lassen. Nur sollte man auch realistischerweise nicht erwarten, dass eine erst seit dem 8.“Dezember 2021 im Amt befindliche Bundesregierung in nun noch nicht mal ganz drei Jahren alles wiedergutmacht, was seit der Wende und Wiedervereinigung an Fehlern in Bezug auf die Bundeswehr passiert ist.“
Ich habe das anders in Erinnerung. Die Kanzlerpartei hat auch vor 2021 schon regiert. Und natürlich hat an der Misere nicht nur die Ampel schuld, sondern auch die Vorgängerregierungen. Aber sie wurden ja alle gewählt. Also muß sich der Wähler an die eigene Nase fassen. Es wurde lediglich geliefert, was bestellt wurde.