Neue Verteidigungspolitische Richtlinien: Frieden in der Mitte Europas „keine Selbstverständlichkeit mehr“
Die Forderungen nach einer einsatzbereiten wie kriegstüchtigen Bundeswehr hat Verteidigungsminister Boris Pistorius mit neuen Verteidigungspolitischen Richtlinien (VPR) seines Ressorts hervorgehoben. Die neue Ressortstrategie ist eine grundlegende Abkehr von den letzten VPR davor aus dem Jahr 2011.
Wie sehr sich die sicherheitspolitische Lage im zurückliegenden Jahrzehnt verändert hat, zeigt einer der Kernsätze des neuen Dokuments, das Pistorius am (heutigen) Donnerstag auf der Bundeswehrtagung in Berlin vorstellte: Ein Leben in Frieden und Freiheit ist in der Mitte Europas keine Selbstverständlichkeit mehr. Die Konsequenz: Die Befähigung zur Verteidigung Deutschlands und seiner Verbündeten bedarf der umfassenden militärischen Vorbereitung bereits im Frieden und dient der Abschreckung. Dazu gehöre auch ein Verteidigungshaushalt von dauerhaft mindestens zwei Prozent der Wirtschaftsleistung.
Der Grund dafür wird ebenfalls klar benannt: Die Russische Föderation bleibt ohne einen fundamentalen inneren Wandel dauerhaft die größte Bedrohung für Frieden und Sicherheit im euroatlantischen Raum. Das habe die brutale Realität des Krieges in der Ukraine deutlich gemacht
Dagegen hatten die vorangegangenen Verteidigungspolitischen Leitlinien, erlassen vom damaligen Minister Thomas de Maizière, noch eine ganz andere Welt repräsentiert. Eine unmittelbare territoriale Bedrohung Deutschlands mit konventionellen militärischen Mitteln ist unverändert unwahrscheinlich, hieß es 2011 zur Einleitung des damaligen Papiers.
Zum Nachlesen:
Verteidigungspolitische_Richtlinien_2023
Die VPR geben nach Darstellung des Ministeriums die strategischen Prioritäten der integrierten Verteidigungspolitik vor. Sie formulieren damit den Kernauftrag der Bundeswehr für die kommenden Jahre und benennen umfassend die Grundlagen für eine leistungsfähige, kriegstüchtige Bundeswehr der Zukunft u.a. bei Personal, Organisation, Infrastruktur, Haushalt und Finanzen, Nachhaltigkeit sowie Rüstungspolitik und Beschaffung.
Zum Vergleich die VPR von 2011:
Verteidigungspolitische_Richtlinien_2011
Zwar noch nicht gelesen, aber: werden die VPR nun handlungsleitend, so wie das Weißbuch ? Ich frage für einen Kameraden 😎
Mir fällt auf, dass zwar gelegentlich von der NATO aber kein einziges Mal von den USA die Rede ist. Formal ist die NATO auch ohne USA vorstellbar, faktisch natürlich nicht. Wird hier einer Wahlüberraschung in 2024 vorgebeugt?
„die Stärkung der Bundeswehr als militärischer Anlehnungspartner in Europa konsequent voranzutreiben,“ (S.14)
Ich unterstelle einmal, wenn hier „Europa“ steht, meint der Herr Minister die EU? Aber unabhängig davon, wird der Mund nicht etwas voll genommen? Ich könnte mir nicht vorstellen, dass sich die französische Armee an die Bundeswehr „anlehnt“. Selbst mit der „Anlehnung“ der polnischen oder schwedischen Armee könnte es schwierig werden. Ein deutscher Führungsanspruch, wenn die USA nicht führen können oder wollen, dürfte zum Scheitern verurteilt sein. Da ist noch zu wenig Zeit vergangen.
Leicht ketzerisch könnte man sagen:
1- Es wird treffend die aktuelle Situation beschrieben, Bedrohungen erfriachend klar benannt.
2- Alle Buzzwords sind drin.
3- Eine „Prioritätensetzung“ im Sinne von „wir benennen mal, was bei begrenzten Ressourcen im Zweifel weniger wichtig ist und NICHT verfolgt wird“ sucht man aber oft vergeblich.
4- LV/BV ist Kernauftrag – alles andere von IKM über NatKV und Framework Nation, Nachhaltigkeit bis hin zum IDP ist aber auch sehr wichtig!
5- Deshalb: NDPP erfüllen und 2% GDP.
Aha. soso.
Neue Erkenntnisse oder klare Prioritäten habe ich noch nicht gefunden.
Naja. Dafür sind die Bilder in der Broschüre hübsch. Immerhin.
Fakt ist doch, dass wir im Jahr 2023 in Deutschland den Auftrag der Landesverteidigung nicht erfüllen können. Es wäre nicht einmal möglich den europäischen Luftraum effektiv gegen einen Aggressor der militärisch wie die Russische Föderation mit Drohnen, Marschflugkörper und Co. angreift zu verteidigen. Würden, so unwahrscheinlich das auch ist, zwei feindliche CSG vor Helgoland auftauchen, wären wir ohne US-Truppen in Westeuropa nicht verteidigungsfähig. Die Gesellschaft hat sich zu sehr in Sicherheit gewogen und dementsprechend hat die Politik 30 Jahre lang so agiert, wie sie eben agiert. Viel eher müssten wir in Europa unsere gesellschaftlichen Bemühungen für ein starkes Militär massiv erhöhen.
Wenn man seit Mitte der achziger Jahre solche Papiere gelesen hat,
hat man ein gewisses „Deja vue“
Hier einige „Excerpta“:
„Die vielfältigen Angehörigen der Bundeswehr, die
Soldatinnen und Soldaten, Beamtinnen und Beam-
te, zivilen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind der
Schlüssel zum Erfolg. Sie haben einen Anspruch auf
moderne Ausrüstung und vollausgestattete Ver-
bände.“
Genau! Eine Vollausstattung unserer Verbände wäre vor
dem 24. Februar optimal gewesen.
Was sind „vielfaltige Angehörige“?
„Hilfeleistungen bei innerem Notstand so-
wie Amtshilfe…“
Hört, hört Kameraden in den BVKs und KVKs!
„…mindestens 2% des Brutto-
inlandsproduktes erforderlich sind…“
Betonung auf „mindestens“!
„Dieses gemeinsame Selbstverständnis von Wehr-
haftigkeit erwächst aus dem Willen und der persön-
lichen Einsatzbereitschaft aller Bundeswehrangehö-
rigen und ihrer Reserve und wird getragen durch das
Vorleben vor allem der Vorgesetzten aller Ebenen.“
Vorbild… Haltung… Pflichterfüllung…
„Es bedarf eines zukunftsfesten Personalkörpers aus
aktiven militärischen und zivilen Angehörigen so-
wie einer gut ausgebildeten Reserve.“
Genau! Warum haben wir das nicht, besonders
die „gut ausgebildete Reserve?“
„… auf Nutzung alternativer Antriebssyste-
me) einstellen“
Welche? Elektro, Wasserstoff?
„Die Förderung der nachhaltigen Entwicklung
und des Klimaschutzes darf deshalb nicht im
Widerspruch zum Auftrag oder zur Einsatzbereitschaft
unserer Streitkräfte stehen.“
Die Einschränkung… Also erstmal wieder Diesel.
„… ausreichende Bevorratung…“
Wäre vor Beginn des Ukraine-Krieges gut gewesen…
„Handlungsfreude, Übernahme von Verantwortung,
Entschlusskraft, Lernkultur und Fehlertoleranz sind
neben Fachwissen und Können die Schlüssel zu einem
modernen und leistungsfähigen Beschaffungswesen.“
Ein Gruß nach Koblenz!
Man möge mir meine zynischen Kommentare verzeihen.
AlterOLt sagt:
09.11.2023 um 20:15 Uhr:
Volle Zustimmung … von einem „Altersgenossen“: Alles schon mal da gewesen.
Und zu „Koblenz“ und dem letzten Absatz: Was passiert, wenn man verbale Handlungsfreude zeigt und die Wahrheit über die Diskrepanz zwischen unserer pazifierten Gesellschaft und der propagierten Kriegsnähe ausspricht, konnte man in dem Institut auf dem Hügel auf der anderen Rheinseite beobachten. Dann scheinen Fehlerkultur und -toleranz plötzlich abhanden gekommen …
@AlterOLt
„„Hilfeleistungen bei innerem Notstand so-
wie Amtshilfe…“
Hört, hört Kameraden in den BVKs und KVKs!“
Klar, es muß auch die TerrVbdgOrgBw in der Fläche der LV/BV dienen – ‚mal sehen, welche Aufgaben nun „neu“ hinzukommen, schließlich stellt und unterhält der Bund ja nicht Kräfte zur Amtshilfe auf.
Mit „innerem Notstand“ macht der IBUK allerdings ein Faß auf; nicht, daß er damit „nur“ schwere Katastrophen i.e.S. gemeint hat (Notstand = Bw mit hoheitlichen Befugnissen) ? Allerdings wird es Zeit, die Erkenntnis, daß man äußere und innere Sicherheit nicht mehr trennscharf abgrenzen kann, auch in den Regelungen abzubilden.
Christian Schmidt sagt:
09.11.2023 um 18:49 Uhr
[…]Würden, so unwahrscheinlich das auch ist, zwei feindliche CSG vor Helgoland auftauchen, wären wir ohne US-Truppen in Westeuropa nicht verteidigungsfähig[…].
Sie haben natürlich vollkommen Recht, wenn Sie auf die mangelnde Verteidigungsbereitschaft der Bundesrepublik hinweisen. Auch im Bezug auf die mangelnde europäische Verteidigungskonzeption und -bereitschaft.
Allerdings wäre ihr Szenario für fast jedes Land der Welt ein Fall von „das war es dann wohl“.
Es bleibt einfach zu hoffen, dass über Worthülsen hinaus etwas passiert.
Streiche „etwas“ und setze „viel“. Vor allem schnell und nachhaltig.
Wir leben in sehr spannenden Zeiten.
Und schon ist der Deckel auf, mir schauderts richtig darüber nachzudenken wie wir in der Verganhenheit überhaupt mit den grauenhaften Aggressoren und Diktatoren im Frieden Co-Existieren konnten – Sarkasmus Off.
Krieg ist ein politisches Mittel, das ist und bleibt so. Im Sinne der „globalen“ Entwicklung sollte man dies ggf. einmal wieder fokussieren und „wirtschaftliche“ Diskrepanzen dort diskutieren wo es angebracht wäre, anstatt der Gesellschaft wieder zunehmend Resilenz und Kriegstüchtigkeit zu vermitteln, zum. ist das der Sinn des „Friedens“.
Seidenstraße, Gasvorkommen, Weltmächte, Willkommen auf dem Schachbrett.
wie soll die LV erfüllt werden – Soldaten der Reserve insbesondere im Mannschaftsdienstgrad muß man erstmal ohne Wehrpflicht finden, die dann auch bereit sind wirklich zum Dienst anzutreten und dafür vom Arbeitgeber freigestellt werden und das auch zum Sport und zum Fußmarsch sowie der Raum- und Geländeerkundung? ich sehe das es wieder viele „frisch beförderte“ Häuptlinge geben wird unter Einfluß der Politik, man will ja jemanden mit dem Posten Oberst Regimentskommandeur versorgen, auch wenn der nicht die Erfahrung und Ausbildung (damit ist nicht Kommandeurslehrgang gemeint)
es mag ja sein das ich mich irre, nur daran glauben kann ich irgendwie nicht
und wer will schon monatlich ein zwei mal 100 km anfahren für eine Fortbildung – also kann es nur zugstarke Standorte geben.? wer will dann führen und überwachen wer dann im „Beritt“ dient – wesentlich in der heutigen Zeit ist auch durchaus politische Zuverlässigkeit – Beispiele aus der Vergangenheit gibt es genug, bevor alles damals unter Scharping und den weiteren zerschlagen wurde
@Alter OLt: Zum Verständnis: wann hat der Ukraine-Krieg nach Ihrem Verständnis begonnen?
Wer Auswirkung der VPR anfragt, es tut sich was.
Bundeswehrtagung:
@Bjoern__M
„Reform (Führungs)struktur #Bundeswehr – PM BMVg 👉 Nach den Anpassungen im BMVg sollen GI Breuer und Staatssekretär Hilmer in einer zweiten Phase Vorschläge „für strukturelle Veränderungen der Streitkräfte“ bis Ende März 2024 erarbeiten“.
Beim Heer (s. Zielstruktur) wird sich hinsichtlich des Zuschnitts der Brig kaum mehr viel tun, ggf bei Divisionstruppen (DivTr) über mglw HFla u Flusspioniere (FluPi).
Sofern die SKB u auch ZSan angegangen werden, was angenommen werden darf, dann nicht ohne positive Auswirkungen auf die DivTr, z.B. ABCABw und eben HFla und Pionierfähigkeiten.
Ich habe irgendwie ein Problem mit den Begriffen „kriegstüchtig oder „kriegsfähig“. Das klingt für mich eher offensiv. Warum soll Deutschland und mit ihm seine Streitkräfte nicht „verteidigungsfähig“ werden? Zur Erinnerung: Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland. Art 87a. (1) „Der Bund stellt Streitkräfte zur Verteidigung auf“ Von „für einen Krieg“ steht da nichts.
und eines noch Dänemark hat und hatte seine Heimwehr aus Polizei-Heimwehr, Heeres-Heimwehr, Luftwaffen-Heimwehr und Marine(Küsten-)Heimwehr behalten, in Polen wurden die Raumselbstschutzkräfte aufgestellt – ich erinnere mich gut an ein Gespräch auf dem Gefechtsstand mit meinenm damaligen polnischen Oberst und Abteilungsleiter als Polen ganz neu in der NATO war – über die taktisch-operativen Einsatzmöglichkeiten und wofür sowas dient – aber gut, wenn der Russe wieder an den Grenzen steht oder ein anderer, dann wird man Aufwachen, aus dem Dornröschenschlaf – und der Tag wird kommen – jeden holen Fehler aus der Vergangenheit ein, auch mich, das kann ich in meinem Alter sehr wohl sagen
@Heiko Kania
2014
@Deichpirat 10.11. 14:40Uhr:
Es tut mir leid, dass Sie ein Problem mit den Begriffen „kriegstüchtig“ bzw. „kriegsfähig“ haben. Ich kann Sie aber trösten, denn damit sind Sie nicht alleine.
Man sollte die Wahrheit nicht beschönigen oder kleinreden. Kriegstüchtig ist nach allgemeiner (heutiger) Lesart und Definition die Fähigkeit, in einem Krieg zu bestehen.
Anderenorts wird allerdings behauptet: „Kriegstüchtig zu sein impliziert aber auch, einen Angriffskrieg führen zu können und zu wollen.“ Wer sich das ausgedacht hat, hat eine ziemlich isolierte Betrachtungsweise dieses Begriffs.
Sowohl in den VPR als auch im Rahmen der Bundeswehrtagung wurde eindeutig der defensive Charakter der Bundeswehr dokumentiert, ganz abgesehen von dem Gebot des Grundgesetzes. Opposition und Regierung sind sich ziemlich einig, sich nicht über diese Begrifflichkeit der Kriegstüchtigkeit aufzuregen.
Man stelle sich vor, es ist Krieg und man verteidigt sich gegen einen Aggressor. Sollte man da nicht tunlichst „kriegstüchtig“ sein, um in den Gefechts-/Operationsarten Verteidigung, Verzögerung, Angriff und Jagdkampf bestehen zu können?! Ja, auch der (Gegen-)Angriff gehört zur Verteidigung, wie uns in der Ukraine fast täglich vor Augen geführt wird. Damit wechseln keineswegs die Rollen der Kriegsparteien. Natürlich verbietet sich dabei für den Verteidiger ein Angriff auf gegnerisches Territorium mit dem Ziel, es dauerhaft zu besetzen. Eigenes Gebiet zurück zu erobern ist durchaus legitim.
Auch der Verteidiger befindet sich im Krieg, selbst wenn er das nicht will. Daher ist es ehrlicher und präziser, „kriegstüchtig“ statt „verteidigungsfähig“ zu sagen.
@Deichpirat
Die von Boris Pistorius gesetzten Begriffe „kriegstüchtig oder „kriegsfähig“. erreichten, ganz offensichtlich nicht nur bei Ihnen, den gewünschten Effekt: Aufrütteln aus dem Dornröschenschlaf sicherheitspolitischer Beliebigkeit in den die deutsche Gesellschaft sich immer noch im Stil der Friedensdividende ’90er Jahre wohlig eingerichtet hat.
Verteidigungsfähigkeit passt durchaus primär zu „stellt Streitkräfte zur Verteidigung auf“. Allerdings folgte diesem GG-Anspruch nach 1990 keine Umsetzung. Noch weniger seit Aussetzung der Wehrpflicht, die zwar zunächst das Personal betrachtete, in der Folge jedoch umfassendsten Materialabbau hervorbrachte, nahm die Verteidigungsfähigkeit bis zur Selbstverleugnung Schaden. Beispiel, von 2125 Leopard 2 (Leo 1 und M-48 nicht erwähnt) stehen zzt nur 210 den PzBtl zur Verfügung.
Der Begriff Kriegsfähigkeit erfüllt anspruchsvoll den Anspruch gem GG in Umsetzung der Zeitenwende mit Leben.
Mit meinen Worten eins draufgesetzt: Streitkräfte sind Kriegsführungsinstrument, NICHT zur Kriegführung, sondern über verbundene Fähigkeiten zur Kriegsverhinderung weil abschreckend.
Matthias Hake sagt:10.11.2023 um 14:45 Uhr
„aber gut, wenn der Russe wieder an den Grenzen steht oder ein anderer, dann wird man Aufwachen, aus dem Dornröschenschlaf – und der Tag wird kommen“
Interessanter Gedanke. Wir wissen beide, wenn „der Russe“ an der deutschen Grenze steht, wachen wir beide nicht mehr auf. Aber an welchen „anderen“ denken Sie denn noch so?
@Deichpirat sagt: 10.11.2023 um 14:40 Uhr
„Ich habe irgendwie ein Problem mit den Begriffen „kriegstüchtig oder „kriegsfähig“.“
Ja, kann ich mir vorstellen. In unserer weichgespülten, woken Komfortgesellschaft sind das auch böse Worte. Das könnte die Work-Life-Balance empfindlich stören.
Machen wir das doch einfach. Wenn einer verteidigt, muss ein anderer zwangsläufig angreifen. Das nennt man dann Krieg, wenn es sich dabei um zwei Staaten handelt.
Ohne Wehrpflicht wird es nicht gehen.
Das wird jetzt den üblichen Gang gehen. Endlose mediale Auseinandersetzung mit der Wehrpflicht über das Für und Wider in Talkshows über Monate. Kommissionen, Stuhlkreise, mit den üblichen Vertretern aller gesellschaftlichen Strömungen. Kurz NGOs. Abschliessend grosses Treffen auf Ministerpräsidentenebene [Warum? Weil es ein geübtes Verfahren ist. Deshalb.]. Und somit werden wir nach langem zähen Ringen und einer nächtlichen Einigung um ca. 03:17Uhr stolz verkünden, dass so eine Art Wehrpflicht [vielleicht findet man einen anderen Namen, bspw. „Rüstzeit“] vorübergehend [wichtig] wieder stattfinden wird.
Ach ja, „Parlamentsarmee“, da war ja was. Nun gut. Die Bundestagsabgeordneten dürfen das ganze dann nachträglich Abstimmen. Fraktionszwang [den gibts ja eh nicht, oder?] aufgehoben. Jeder kann nochmal vor der Kamera seine Gewissensnöte offenbaren und es wird als Sternstunde der Demokratie abgefeiert. Und Schwupps gehts los.
Zeitachse:
Option A
Ukraine – Russland macht Waffenstillstand/Friedensverhandlung oder es geht weiter Richtung Odessa: Ostern 2024
Option B
Option A tritt nicht ein: Sommer 2024
Meinungen?
Zusatzfrage: Wer soll denn überhaupt Wehrpflicht „dürfen“?
@Thomas Melber und @AlterOLt: Die notwendigen Ideen für eine territoriale Struktur, die alle Aufträge erfüllen kann, liegen in den Köpfen vor, aber es fehlt der politische Wille zu radikalen Strukturreform beim Personal. ALLE, die im Frieden im territorialen Bereich unterwegs sind, müssten in eine gestraffte einheitliche TEILAKTIVE TerrOrg kommen: KVK / BVK / HSchKr sind klar, aber auch Jugendoffiziere, Nachwuchsgewinner, Wehrdienstberater, Familienbetreuer, Militärmusik und und und. Wie im Kalten Krieg haben alle einen Auftrag F und einen Auftrag V. Lageführung in der Amtshilfe oder WHNS ist bei aktiven ausgebildeten Offz/Fw keine Hexerei, wenn erfahrenes ZMZ-Führungspersonal den Rahmen gibt und das ganze hin und wieder geübt wurde. Auf diese Weise müssten alle Soldaten eine „Alarmrolle“ zugewiesen bekommen, um für kurzfristige Einsätze verfügbar zu sein. Wenn das Land Baden-Württemberg in polizeilichen Großlagen Aufruf- bzw. Alarmhundertschaften der Bereitschaftspolizei von Schreibtischen von Schutz- und Kriminalpolizei weg alarmieren kann, dann sollte es die Bundeswehr doch beispielsweise hinbekommen, aus den länger Kommandierten einer Bundeswehrfachschulbetreuungsstelle – die den LKdo bereits unterstehen – jeweils einen Alarmzug zu bilden. Auch wäre die Wieder-Einführung von Kalenderdienstposten bzw. V-Dienstposten für Aktive wohl kein Problem, zum Beispiel um den in bestimmte Lagen temporär hohen Bedarf an mobilen Erkundungs- und Verbindungstrupps mit Offz/Fw stellen zu können. Alles schon mal da gewesen, man muss nur wollen…
@ PiPo Ich hoffe, das Zerschlagen des Gegners auf seinem eigenen Territorium, um ihm die Lust auf weitere Angriffe zu nehmen, geht für Sie in Ordnung. Das kann auch bedeuten, dass man längere Zeit da bleiben muss. Sonst geht das irgendwann von vorne los. Ich kenne zwei Beispiele, wo das funktioniert hat. Ich finde es übrigens gut, dass endlich mal die Dinge beim Namen genannt werden und nicht mehr drumherum geredet wird.
Fehlt eigentlich nur noch ein neues Weißbuch. Ist da was in Arbeit?
Ich glaube Deichpirat zeigt sehr schön die Schizophrenie auf, die die Politik in den letzten 30 Jahren „herangezüchtet“ hat (@ Deichpirat – bitte nicht übelnehmen). „Kriegsfähig“ oder „kriegstauglich“ kann auch eine andere Einsatzart des Militärs bedeuten, als sie zwischen 1955 und 1990 als „gottgegeben“ in der BRD angesehen wurde – nämlich nicht erst, wenn man uns hier daheim angeht. Kohls „Salamitaktik“ und die folgenden Ägiden Schröder und v.a. Merkel haben aufgrund rhetorischer Unehrlichkeit viel Porzellan zerschlagen und Deichpirats Reaktion zeigt IMO sehr schön auf wo und welches:
Der Bevölkerung ist alles was über „strategische Defensive“ hinausgeht mehr als suspekt, schon sprachliche Regelungen die eventuell vielleicht möglicherweise so interpretiert werden könnten, daß damit über diese Defensive hinausgehende Intentionen gemeint sein könnten schrecken ab. /Zynismus off
Wenn wir uns hierzulande nicht endlich ehrlich machen und ohne Floskeln, Geschwurbel und rhetorische Künsteleien – und vor allem ohne vorgefertigte Endergebnisse – endlich ausbuchstabieren was an der „alten“ Ordnung laut GG und v.a. Mentalität nicht mehr paßt und was daran wie und unwiefern geändert werden muß, was das im Endeffekt für die Gesellschaft und auch den Steuerzahler bedeutet und welche Kosten (finanziell, personell, ideell !!!) daraus erwachsen werden wir nie diesen gordischen Knoten zerschlagen können und die BW wird nach und nach an ihren strukturellen Widersprüchen ersticken. Personell, materiell und letzten Endes ideell.
@CRM-Moderator: Wenn man die historischen Fälle der neuen Einführung einer Wehrpflicht im 20. Jahrhundert anschaut, also GB 1916 und 1939, USA 1918 und 1940, die Bundesrepublik 1956 und die DDR 1962, dann dauerte die Umsetzung zwischen sechs und achtzehn Monaten., je nach geleisteter Vorbereitung. Ein Blick auf die jeweilige Lösung des Auftrags zeigt, dass es nur mit Abstrichen bei den Wohlfühlfaktoren ging: Unterbringung in Großstuben, Altergrenze des Kaderpersonals, flexible Dienstzeiten zur Ausnutzung der Ausbildungseinrichtungen, Zustand der Dienstzimmer / Büroräume, Reaktivierung/Rückkauf aufgegebener Kasernen, die noch nicht kommunal verwertet wurden…. Meine Meinung: Wenn man jetzt mit den „sehr unkuscheligen“ Maßnahmen zu lange wartet, bis Gaza und Ukraine vielleicht eingefroren oder vorbei sind, dann wird die politische, mediale und öffentliche Akzeptanz kaum noch zu schaffen sein. Bei Beibehaltung der bisherigen Friedenswohlfühldenke in manchen Teilen der Bundeswehrführung und den immer noch starken Bundesoberbedenkenträgern, sehe ich kaum eine Chance…. Aber ich hoffe sehr, dass der Minister die Kraft zum Aufbruch behält. Wann, wenn nicht jetzt! Das Zeitfenster wird sich auch wieder schließen.
PiPo sagt:
10.11.2023 um 18:06 Uhr
und
Pio-Fritz sagt:
10.11.2023 um 20:53 Uhr:
Volle Zustimmung für Ihre jeweiligen Worte
Ergänzen könnte man noch durch „Im Krieg wird halt gestorben“ (Ach so?? sarc off) der ersten noch WKII gedienten Ausbilder-Feldwebel der Bundeswehr und den euphemistischen Begriff des „internationalen bewaffneten Konflikts“.
Und: Das Völkerrecht lässt auch die Besetzung des Territoriums des Aggressors zu, nachdem man ihn vom eigenen vertrieben hat. Ob das hinsichtlich der Folgen (= „Verwaltung“ des Fremdgebiets wie D nach 1945 durch die Alliierten) auch gewünscht ist, ist eine andere, nämlich politische Frage.
Das Weissbuch 2016 hat der heutige GI mitverantwortlich entworfen. Einfach mal Inhalte vergleichen. Ist nämlich spannend bzw interessant zu lesen, was sich in den VPR nun wiederholt … und was nicht.
@Alter OLt: Zustimmung. Daraus folgt: seit 2014 mindestens 7 1/2 Jahre Lethargie, seit 1 1/2 Jahren gibt es die schon seit mindestens damals notwendigen Aktivitäten. Folge: allein RM hat aktuell Auftragsbestände von 15 Mrd € bei mil Dickblech- u. Dünnblech-Fz und 11,2 Mrd. bei Mun. Das sollte hier bei Wertungen ruhig mal berücksichtigt werden, auch wenn es vielen nicht leicht zu fallen scheint.
Ein Blick in den Wortlaut des (Wehrpflicht-) gesetztes dient dem Erkenntnisgewinn:
Das Gesetz über die allgemeine Wehrpflicht für männliche deutsche Staatsbürger ab dem 18. Lebensjahr gilt nach wie vor. Die §§ 3 bis 53 gelten im Spannungs- oder Verteidigungsfall., so regelt des §2 . Der Kerngehalt der Wehrpflicht, also erfassen, mustern und einberufen, tritt erst mit der Ausrufung des Spannungs-und Verteidigungsfalles. Eine hohe Hürde und, er könnte zu spät sein, um überhaupt aus ungedienten männlichen, zwar erwachsenen, aber eher noch jugendlichen, Staatsbürgern so etwas wie Kombattanten zu machen. Nicht ausgebildet und nicht verwendet – was machen also dann die einberufenen Kombattanten? Das Konstrukt § 2 Wehrpflichtgesetz scheint mir untauglich für die ins Auge gefasste „Kriegstüchtigkeit“ zu sein. Außer Schweden hat bislang noch kein weiterer Staat, der die Wehrpflicht in eigener Gesetzgebung entweder ausgesetzt oder gar abgeschafft hat, wieder eingeführt. Gilt der Satz „wer rechtlich aussetzt schafft faktisch ab“ oder gibt es Regelungen, die analog Schweden auch in Deutschland eine Chance hätte?
Davon zu trennen ist der Wunsch nach Einführung einer allgemeinen Dienstpflicht für Frauen und Männer ab dem 18. Lebensjahr, in der dann pflichtgemäß gewählt kann, ob man Kombattant oder „Laubsammler“ werden will. Eine „allgemeine Dienstpflicht“ ist keine Wehrform: Sie ist die romantische Vorstellung von einer Naturalsteuer, die zu entrichten gleichsam einen pädagogischen Zweck erfüllt und es sich lohnt dafür einen hohen Verwaltungsaufwand zu erbringen. Da war ich immer dagegen, außer es gibt ein Gesetz über die allgemeine Dienstpflicht für männliche und weibliche deutsche Staatsbürgerinnen ab dem 18. Lebensjahr. Diese (neue) Bundesoberbehörde würde das ehemalige Bundesamt für den Zivildienst in Köln, angesiedelt beim Bundesjugendministerium, personelle „in den Schatten“ stellen wird. Der Präsident oder die Präsidentin dieser Bundesoberbehörde kriegt B11 plus Amtszulage
Zu erwarten sind also weitere „Stuhlkreise“, die sich darum bemühen werden. Dagegen wäre nichts einzuwenden ginge es nicht um die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger in unserem Landes und der Bündnisverteidigung, die wir immer als Landesverteidigung sehen.
Die Meinung bei „NDR Info“ zu den VPR, zu Kriegstüchtigkeit und Reselienz.
https://www.ndr.de/nachrichten/info/sendungen/kommentare/Kommentar-Bundeswehr-ist-von-Abschreckung-weit-entfernt,audio1506246.html
Hörenswert.
„Als Staat und Gesellschaft haben wir die Bundeswehr jahrzehntelang vernachlässigt“.
Die Beschreibung trifft zwar zu, verdeutlicht aber nicht die Meinungsführerschaft mehrerer Regierungen bei „Niemand bedroht uns“, dem der Bürger nur allzu willig folgte, wurde er doch durch nichts Militärisches gefordert, nicht mal mehr von einer Wehrpflicht.
„Unser gemeinsames Selbstverständnis von Wehrhaftigkeit muss sich auch in der Struktur der Organisation widerspiegeln: Diese muss kohärent sein, Initiative sowie Entscheidungs- und Verantwortungskompetenz auf jeder Ebene stärken“.
Zur Struktur arbeiten GI und der Sts bis April ’24 Vorschläge aus. Geduld also.
Die Entscheidungs- und Verantwortungskompetenz ist im hergebrachten Selbstverständnis des Heeres eine Selbstverständlichkeit, Stichworte dazu sind Innere Führung und Führen mit Auftrag.
Dass dies auch der neue IBuK anmahnen lässt ist Hinweis, hier mangelt es. Voraussetzung für diese militärischen Tugenden, die deutschen Armeen seit gut 140 Jahren eingeübt werden und ff oft erfolgreich operativ und taktisch haben kämpfen lassen, ist Vertrauen. Vertrauen durch die imaginären Grenzen der Hierarchien hinweg, von oben nach unten und umgekehrt.
Erlebt, erlernt wird das in den Kompanien, Batterien und Staffeln, gelehrt an den Truppenschulen.
Die künftigen geänderten Strukturen müssen daher Chefs und Kommandeure umfassend in ihrer Verantwortung stärken, diese also zuweisen und dann natürlich auch fordern.
Verantwortung ist unteilbar.
Segestes 10.11.2023 um 20:29 Uhr
ich habe arabische Bekannte und Freunde – und ich achte das afghanische Sprichwort „In deinen schlechtesten Tagen wirst du sehen den Freund sehen der an deiner Seite steht“ – aber ich weiß auch wie sie über andere denken, auch als Bevölkerungsgruppen in Deutschland – und mag keiner glauben das alle Muslime gleich sind, wahrlich nicht – aber soviel Wissen und Kenntnisse setze ich eigentlich voraus
@Windlicht: Stimme Ihnen 100% zu.
Meine Zeitoptionen A/B war der Startknopf. Danach greift Ihre terminliche Einschätzung.
Übrigens: Mit der neuen Koalition in Hessen ist auch hier eine wiederholte strategische [s.a. Abgeordnetenwahl Berlin] Ausrichtung zu einer GroKo festzustellen. Das macht dann das bereits in früheren Jahren eingespielte Vorgehen erheblich leichter – im Falle einer Reaktivierung der Wehrpflicht.
MMn sind die Endlosschleifen, wie bei der bewaffneten Drohnendiskussion, zu Ende.
Apropos: Die Bw ist bereits seit Monaten und baw. ohne unbemannte Aufklärungsmittel MALE. Soll das so bleiben?
Kein Forum ohne, dass die Begrifflichkeit „woke“ auftaucht und als Kampfbegriff missliebig konnotiert wird.
Die Frage ob eine VPR und z.B. Worthülsen wie kriegstüchtig auch gesellschaftlich angenommen werden, liegt sicherlich nicht an der heutigen Zeit, sondern ist ein Prozess, den andere Generationen vorbereitet haben.
Dieses einschlagen auf die heutige Generation ist doch, genauso wie es das auch schon früher war, ein Sport der alten Leute, die sich nicht an die Zeit anpassen wollen und anstatt in den Dialog zu gehen um vielleicht auch mal zu verstehen, was denn der eigene Beitrag zu dieser Entwicklung war, lieber eigens idealisieen und dernRest abwertet. Da würde ich mir als junger Mensch auch veralbert vorkommen und in den Widerstand und Provokation gehen.
Ich will aber kein OT erzeugen, nur darauf aufmerksam machen, dass Verteidigungspolitik in Deutschland als Demokratie, die wir Gott sei Dank noch sein dürfen, auch Gesellschaftliche Fragen stets im Blick haben muss und da geht’s nicht mit Besserwisserei.
Insofern finde ich das Papier des Ministers auch durchaus zielführend, wenngleich AlterOlt ja schon, wie ich finde, sehr interessante historische Zusammenhänge hergestellt hat.
Es bleibt daher wie immer: An den Taten sollte gemessen werden.
@Segestes und @ Mattias Hake: Bei zahllosen Gesprächen/Vorträgen bzw. in der Lehre mit Menschen zwischen 15 und 25 in den letzten Jahren und besonders in den letzten Wochen sehe ich genau das: Ein signifikanter Teil der arabisch/muslimischen Jugendlichen spricht z.B. in Chiffren und Andeutungen oder fordern „Selbstverständlichkeiten“, lehnen damit z.B. die Existenz Israels ab oder meinen damit radikale Veränderungen bzw. vertreten kulturelle Dominanzvorstellungen und stellen damit auch indirekt nicht mit dem GG vereinbare Bedingungen gegenüber Staat und Gesellschaft. Etliche Jugendliche mit Russland-Bezug stehen offen an der Seite Putins. Und dazischen noch „Bio-Deutsche“ Linksradikale und Rechtsradikale. Und die Mehrheit bleibt weitgehend völlig indifferent. Nach offiziellen Zahlen des Statistischen Bundesamtes liegt in den potentiellen Jahrgängen einer Allgemeinen Dienstpflicht der Anteil der nIchtdeutschen bzw. Kindern mit Migrationshintergrund bei ca. 15% bzw. ca.35%, in der Summe 50% +X.. Über die sich daraus ergebenden Fragen hat sich noch niemand öffentlich Gedanken gemacht. Wehrrechtlichte Verfügbarkeiten? Sprachkomptenzen? Verteilung der Bildungsabschlüsse? Politische Einstellungen? Rücksichten auf kulturelle/religiöse Haltungen? Ungleichgewichte beim Wahlverhalten zwischen Wehrdienst und anderen Diensten? Herausforderungen an die historisch-politische Bildung in der Truppe? Schnelle Einbürgerungen? Dienstpflicht als Schmiede der Nation? Ein Fünftel eines Jahrgang leistet keinen Dienst, weil keine deutsche Staatsbürgerschaft? Hier ganz klar: Meine Erfahrungen mit Kameradinnen und Kameraden mit Migrationshintergrund sind erstklassig! Aber das waren alles FREIWILLIGE, die sich durch ihren Wehrdienst aktiv zur Bundesrepublik Deutschland bekannt hatten! Diese strategische Frage will vermutlich niemand diskutieren, obwohl wir ja aktuell sehen, wie groß das Mobilisierungspotential „problematischer“ Teile der jüngeren Bevölkerung ist. Neben der reinen Personalfrage ist damit natürlich auch die Frage des gesamtgesellschaftlichen Verteidigungswillens gestellt…
@Windlicht:
Vielen Dank, dass Sie das Integrationsphänomen Wehrpflicht hier ansprechen. Und die damit einhergehende Realität.
Mein Versuch die Tage schaffte es nicht in den Kommentarbereich. Off-Topic.
@Windlicht: Zu den Fragen Wehrpflichtiger mit nicht deutschem Hintergrund (insb. sprachliche u. kulturelle Hintergründe) hat sich der Wehrbeauftragte des DtBT sehr deutlich und öffentlich Gedanken gemacht im Kontext mit Truppe, BMVg und WehrVerw (Jahresberichte 1998 – 2002 für 1997 – 2001). Auslöser waren eingangs Probleme mit sog. „Russlanddeutschen“.
https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/bundeswehrbeschaffung-100.html
„Alle Maßnahmen, die die Beschaffung bei der Bundeswehr verbessern sollen, sind laut einer neuen Studie „weitgehend gescheitert“. Das Sondervermögen hemme Reformen anstatt sie zu beschleunigen.“
Ich denke immer noch, dass die „schlafende Gesellschaft“ nicht das Hauptproblem ist. Der Verein selbst sollte mal sein Prioritäten klären. So geht Führung. Dann kommen die Leute auch und machen mit.
[Diese Studie im Auftrag von Greenpeace verlinke ich hier, wenn sie auch online steht, damit sich die Leser*innen selbst davon ein Bild machen können. T.W.]
@Windlicht sagt: 12.11.2023 um 11:07 Uhr
Ich verstehe nicht, warum Sie den Migrationshintergrund so betonen. Wer hier geboren ist und die deutsche Staatsbürgerschaft hat, der ist Deutscher. Punkt. Egal, woher die Eltern oder Großeltern kommen, das ist dann höchstens für die Abstammung interessant.
Jemand, der herkommt und die deutsche Staatsbürgerschaft annimmt, der hat einen Migrationshintergrund, aber die meinen Sie wohl nicht.
Und wer nicht deutscher Staatsbürger ist, der kann auch nicht der deutschen Wehrpflicht unterliegen, sondern nur der des Landes, dessen Staatsbürgerschaft diese Person hat.
Zitat aus Arsenale, Aufträge, Amigos
(K)eine Wende in der Rüstungsbeschaffung der Bundeswehr?
Autor: Prof. Dr. Michael Brzoska
S. 8
„… Wehrbeauftragten des Bundestages Eva Högel, …“
Na, wie heißt die Dame? Genau: Högl!
@Ralf Gabriel
„Ich denke immer noch, dass die „schlafende Gesellschaft“ nicht das Hauptproblem ist. Der Verein selbst sollte mal sein Prioritäten klären. So geht Führung. Dann kommen die Leute auch und machen mit.“
Schlafende Gesellschaft? Ich glaube nicht, dass diese Gesellschaft schläft. Ich glaube eher, dass diese Gesellschaft einfach nicht bereit ist ihr Leben oder das ihrer Kinder aktuell auf den Spieltisch zu legen.
Ich bin da auch mit dabei. Früher (bis 2012) war ich überzeugt von diesem Land und seinen Werten und in der Zwischenzeit ist soviel passiert, dass ich ablehne, dass ich eine regelrechte Aversion entwickelt habe. Das geht soweit, dass ich mich selbst bei einer Wehrpflicht im Falle einer mil. Auseinandersetzung absetzen würde.
Greenpeace Studie:
„Daher wäre es im Sinne effektiver Beschaffungen sinnvoll, wenn keine
Abgeordneten mit wirtschaftlichen Sonderinteressen an den Entscheidungen des
Haushaltsausschusses beteiligt würden. Die Entsendung von Abgeordneten aus Wahlkreisen
mit hoher Abhängigkeit von Rüstungsaufträgen in den Haushaltsausschuss sollte unterbleiben.“
Wäre das Grundgesetzkonform?
@Pio-Fritz und @Windlicht
nach Wikipedia haben zwischen 13% und 26% (je nach Definition) der Soldaten Migrationshintergrund und spiegeln damit unsere Bevölkerung ganz gut wieder.
Die amerikanischen Streitkräfte stellen jedes Jahr 8000 nicht US-Staatsbürger ein, mit der Option damit die Staatsbürgerschaft zu erwerben. Das könnte doch ein Modell für die Bundeswehr sein?
@Malefiz: Damit läge der Anteil MiHiGru sehr deutlich unterhalb der Jahrgänge, die jetzt in den Schulen heranwachsen. Die USA haben aber auch (noch) eine „große gemeinsame Erzählung“, die sie als Integrationsmotor nutzen können… Und darüber müssten sich Gesellschaft und Politik in Deutschland erst einmal einig werden! Ohne gemeinsamen Nenner, keine Integration durch einen Dienst für die Republik.
@Pio-Fritz: Die Bedeutung des Themas Nichtdeutsche in den Geburtsjahrgängen 2010 ff sieht man massiv an der aktuellen Debatte über den Entwurf zur Neufassung des Staatsbürgerschaftsrechts, der deutlich eine grüne Handschrift trägt. Mein Punkt ist hier das Aufzeigen der riskanten Alternativen: Entweder eine „Dienstungerechtigkeit“, wenn ein deutlicher Teil eines Jahrgangs nicht gezogen werden kann, weil keine Staatsbürger — oder eine sehr schnelle Einbürgerung, ohne Rücksicht auf Sprachkenntnisse, Haltungen und Wertegerüst… mit allen Folgen für die Truppe…
@Heiko Kania: Als Zugführer hatte ich Ende der 1990er mal 30% Russlanddeutsche, zwei sogar mit Vordienstzeit in der russ. Armee. Privat habe ich ständig mit Russlandeutschen zu tun, vom Handwerker bis zum Akademiker. Ja, Putin scheint bei manchen auf dem Schrank zu wohnen, aber das schätze ich auf der Zeitachse als „lösbareres“ Problem an.
Meine These: Wer Dienstpflicht sagt, muss sehr viel Kraft und politischen Willen aufbringen, eine gemeinsame lebbare Wertebasis zu schaffen.
@AlterOLt, warum sollte das nicht dem Grundgesetz entsprechen? Ich kenne keine Stelle die da lautet “ der Bundestag stellt über die Besetzung der Ausschüsse sicher das Aufträge zur Ausrüstung der Bundeswehr primär an die einheimische Rüstungsindustrie gehen „. Welche Ausschüsse es gibt , wer dort drin sitzt und welcher Ausschuss für was zuständig ist ist einzig Sache der Abgeordneten des Bundestages.
@Malefiz sagt: 12.11.2023 um 23:03 Uhr
„nach Wikipedia haben zwischen 13% und 26% (je nach Definition) der Soldaten Migrationshintergrund…“
Die offizielle Definition des Statistischen Bundesamtes sieht Migration dann, wenn die Person nicht hier geboren wurde oder mindestens ein Elternteil.
Das ich Migrationshintergrund habe, wenn ein Elternteil nicht in Deutschland geboren wurde, finde ich bedenklich. Gerade deswegen, wie der Begriff im gesellschaftlichen Diskurs verwendet wird.
„Die amerikanischen Streitkräfte stellen jedes Jahr 8000 nicht US-Staatsbürger ein, mit der Option damit die Staatsbürgerschaft zu erwerben. Das könnte doch ein Modell für die Bundeswehr sein?“
Ich bin da für alle Varianten offen, es müssen nur die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen werden. Das sehe ich momentan nicht, bei der aufgeheizten Stimmung beim Thema Migration.
Der Text von Professor Dr M. Brzoska weist noch eine Besonderheit auf.
Beim Gendern wird immer ein Doppelpunkt verwendet. Hier ein Beispiel
auf Seite 35:
„Deutsche Rüstungshersteller:innen“.
Es soll in diesem Fall jedoch angemerkt werden, das eine Firma gar kein
biologisches Geschlecht besitzen kann…
Auf der Seite 34 jedoch steht „…ihrer politischen UnterstützerInnen…“
Der Text ist wohl weder vom Autor noch von Greenpeace korrekturgelesen
worden. Oder es waren verschiedene Schreiber am Werk…
Die Argumente von Brzoska bezüglich einer Bevorzugung europaweiten Ausschreibung von
Rüstungsaufträgen ist nicht schlüssig. Natürlich hat ein Staat in einem V-Fall ganz
andere Zugriffsmöglichkeiten auf Rüstungsbetriebe und deren Arbeiter, die sich eben
auf seinem Hoheitsgebiet befinden.
Sein Exkurs über die Kryptographie auf Seite 34 ist erstaunlich:
„So ist es sicherheitspolitisch gut begründet, Bereiche wie die Kryptographie,
wo Geheimhaltung von vorrangiger Bedeutung ist, in nationaler Verantwortung zu
halten.“
Meines Wissen jedoch ist seit den neunziger Jahren gerade in der Kryptologie nicht
passiert.
Mit Bezug auf nationale Fertigungskapazitäten sei an der Fall der geplanten Munitionsfabrik
auf dem Gelände des ehemaligen kanadischen NATO-Flugplatz Lahr in Baden erinnert. Die
Firma Galtech, eine Tochter der schweizer Saltech, wollte dort Munition für Behörden (Ja, auch die Bw ist eine Behörde…) herstellen.
Das wurde 2017 vom dortigen Gemeinderat abgelehnt. Es wurde damals eine „eine Remilitarisierung des Gebiets befürchtet…“
Kein Kommentar!
[Vorsorglicher Hinweis: Wer die Debatte hier missbraucht, um abseitige Lieblingsthemen wie „schreckliches Gendern!“ zu propagieren, kann nicht auf Beteiligung an der Debatte rechnen. T.W.]
Windlicht 12.11.2023 um 11:07 Uhr
an Windlicht woran liegt es – und damit auch für andere Anmerkungen in vorherigen Kommentaren über wer ist hat Migrationshintergrund – ich kenne Menschen die im Ausland geboren sind sich aber hier sozialisiert haben die deutscher sind als Deutsche und dann gibt es in Deutschland geborene mit muslimisch-arabischem oder russischem Hintergrund die aufgewachsen in einer Blase des Herkunftslandes ihrer Eltern diese Herkunft und Ansichten nie abgelegt haben – und jetzt? also wer eine solche Blase mit sich trägt der ist „Ausländer“ wer die Grundwerte des GG übernommen und verinnerlicht hat der ist Deutscher
Es ist bezeichnend, typisch „deutsch“, welche hohe medialen und politischen Wellen die Pistorius’sche „Kriegstüchtigkeit“ schlägt. Wie kann eine solche Binsenweisheut heute noch, am 13.11.2023, u.a. im Deutschlandfunk eine Topnachricht wert sein?
Die Bundeswehr muss seit jeher einen Krieg führen können, ergo „kriegstüchtig“ sein. Sie ist schon seit geraumer Zeit und allgemein bekannt nur noch „bedingt abwehrbereit“ – schon weit vor dem Aderlass in Sachen Ukraine und den daraus resultierenden weiteren strategischen Verpflichtungen (Truppen im Osten).
Die semantischen Spielchen, ob jetzt „verteidigungsfähig“, „friedensfähig“ etc. angemesseneres Vokabular wären, interessiert einen Aggressor wie Putin sowas von überhaupt nicht. Der zählt seine Männer und Munition, dann zählt er unsere – aus dieser Kalkulation ergibt sich, ob er draufhaut. (* natürliche spielt auch der Bluff-Faktor noch entscheidende Rolle, d.h. ob es mit rethorischer Einschüchterung >atomaratomaratomar…Propaganda< gelungen ist, den Gegner ausreichend anzuschlagen und Bündnisse ins Wanken zu bringen).
Jedenfalls ist bei der "Kriegstüchtig"-Spiegelfechterei ein Schmankerl am Rande, dass wohl die härteste Kritik aus der eigenen Partei die Delinquenten stammt. Frei nach dem Fauxpas mit Frau MASZ: Noch ein "Alter, der nervt"?
„Durch die nukleare Teilhabe leistet Deutschland zudem unverändert seinen Beitrag zur nuklearen Abschreckung im Bündnis“
Bemerkenswert klare Aussage.
AlterOLt sagt:
09.11.2023 um 20:15 Uhr
1+
Zu ihrem Kommentar von
AlterOLt sagt:
13.11.2023 um 8:18 Uhr
Muss ich Professor Dr M. Brzoska und ihnen bzgl. Kryptographie widersprechen.
Wenn sie in Wikipedia und entsprechenden Fachzeitschriften (Heise, Golem, c’t) mal nach Kryptographie suchen, werden sie feststellen, das dort eine Menge läuft.
McPotter sagt:
12.11.2023 um 8:15 Uhr
1+
Vielen Dank für den Kommentar!
Wir müssen wohl feststellen, dass die Demokratie nicht wg. kleinteiligen Diskussionen und Deutungshoheiten in Gefahr ist, sondern durch den Kapitalismus.
Die USA wird hier ja öfter zum Vergleich herangezogen.
Die USA lernt gerade, dass sie wohl auch nicht so ganz kriegstüchtig ist:
https://www.thebignewsletter.com/p/why-america-is-out-of-ammunition
Die USA lernen ferner gerade, dass Datenschutz doch nicht soo schlecht ist:
https://www.nbcnews.com/tech/security/us-service-members-data-easy-cheap-purchase-online-study-finds-rcna123064
Schöne Woche zusammen!