Bundeswehr schickt wieder Einsatztruppe ins Kosovo – „Unabhängig von den jüngsten Ereignissen“
Erstmals seit Jahren will die Bundeswehr wieder Einsatztruppen ins Kosovo schicken. Im kommenden Jahr soll eine deutsche Kompanie österreichische Soldaten in der seit 1999 laufenden Mission ablösen. Die Entscheidung steht nach Angaben des Verteidigungsministeriums nicht im Zusammenhang mit den neu aufgeflammten Auseinandersetzungen zwischen dem Kosovo und Serbien.
Die Planung für die Entsendung von Soldatinnen und Soldaten, die zur Eindämmung von Gewalt unterhalb militärischer Auseinandersetzungen ausgebildet sind, der so genannten Crowd and Riot Control (CRC), teilte das Ministerium am (heutigen) Freitag den Bundestagsabgeordneten und öffentlich mit:
Unabhängig von den jüngsten Ereignissen im Kosovo hat die Bundesregierung die Ausweitung des deutschen militärischen Engagements bei KFORKosovo Force ab April 2024 entschieden.
Der NATO wurde am 5. Oktober bei der jährlichen Konferenz zur Kräftegestellung eine Kompanie angezeigt. Sie soll für ein Jahr im sogenannten Regionalkommando West im Kosovo eingesetzt werden. Die Kompanie kompensiert in 2024 nicht mehr zur Verfügung stehende österreichische Kräfte.
Wir sprechen von einer Kompanie mit rund 90 Soldatinnen und Soldaten. Die Kompanie wird zur sogenannten „crowd and riot control“ befähigt sein. Weiterhin sind rund 65 Soldatinnen und Soldaten zur Unterstützung notwendig.
Umfang und Auftrag der Kräfte sind vom aktuellen Mandat gedeckt. Das Mandat sieht eine Obergrenze von 400 vor.
Ein neuer Beschluss des Bundestages ist dafür nicht erforderlich. Derzeit sind im Kosovo 85 deutsche Soldatinnen und Soldaten eingesetzt, davon rund 30 im Stab der Kosovo-Schutztruppe KFOR, weitere rund 30 im so genannten nationalen Unterstützungselement, gut zehn bei multinationalen Aufklärungskräften und 15 zur Beratung der kosovarischen Sicherheitskräfte in den NATO Advisory and Liaison Teams (NALT).
Ihre Soldatinnen und Soldaten in den Einsatzkräften der NATO-geführten Truppe hatte die Bundeswehr bereits vor einigen Jahren abgezogen, zuletzt 2018 mit dem Ende der Beteiligung an einer deutsch-österreichischen Eingreifreserve.
(Archivbild März 2016: Soldaten des deutschen Einsatzkontingentes KFOR üben im Lager Nothing Hill das Eindämmen und Kontrollieren (Crowd and Riot Control-Übung) einer gewaltbereiten Ansammlung – Sebastian Wilke/Bundeswehr)
Wenn der OT gestattet ist: Was sind denn das für gepanzerte Stulpen auf den Schuhen der Soldaten (oder tragen die ihre Knieschoner so) und wogegen sollen die schützen?
Keine Ruhe für das Kosovo, Lösung nicht absehbar.
Die Europäische Politische Gemeinschaft hat es In Granada auch nicht geschafft, die serbische und kosovarische Regierung an einen Tisch zu bringen. Ebenso wenig wie Aserbaidschan und Armenien. Ein zahnloser Tiger, der auf den guten Willen seiner Mitglieder angewiesen ist. Und das Militär darf das wieder ausbaden, weil man niemanden politisch weh tun will.
Als Laie mal dumm gefragt, weil mir das Verhältnis sehr seltsam vorkommt: 90 Soldaten und dazu nochmal 65, die unterstützen sollen – sind das nicht sehr viele Unterstützer im Vergleich? Vor allem da ich vermutet hätte, dass der bürokratische Teil ja zumindest ansatzweise schon vor ort sein müsste, oder?
@ Observer22, 06.10.2023 um 13:42 Uhr
Spontan würde ich sagen, dass sind „Schienbein-/Spannschoner“ – kenne ich zumindest so aus dem Kampfsport.
@ Pio-Fritz
Sie haben absolut recht! Das könnte man einfacher lösen. Am einfachsten wäre es natürlich, wenn die Streitkräfte die Regierungsgewalt einfach selbst übernehmen. Dann müssen sie auch nichts ausbaden…
Aber in einem Rechtsstaat entscheiden Regierung und Parlament über den Einsatz der Staatsgewalt und damit auch der Streitkräfte. Die Bundeswehr erfüllt ihren staatlichen Auftrag. Sie badet garnichts aus.
@ T.W.: Ich bitte den OT zu entschuldigen. Manchmal scheinen Sie es zu begrüßen, wenn Kommentatoren sich Meinungen des politischen Randes in den Kommentaren entgegen stellen.
@Observer22:
Das sind Protektoren, die die Gelenke und Knochen in einer Crowd-and-Riot-Control—Lage schützen. Beispielsweise vor Steinwürfen oder gezielten Schlägen gegen Beine und Füße beispielsweise mit Baseballschlägern, um die Soldaten zu Fall zu bringen und aus der Postenkette zu ziehen.
Typischer Unsinn der BW. Kampftruppen müssten verlegt werden und zwar jetzt, um Serbien von einem Einmarsch in den Kosovo. abzuschrecken. Die Serben ziehen doch nicht zum Spaß Truppen zusammen. Die wollen sich den Kosovo zurück holen. Hat doch bei Bergkarabach auch funktioniert und Nato und EU haben nur zugeschaut.
90 Soldat:innen benötigen 65 unterstützende Soldat:innen?
Wie kann ich mir das vorstellen? Eine Kompanie CRC fähig, und drei viertel Kompanie putzt die Schilder und wäscht die Wäsche?
Ja das liebe Kosovo, alle zwei Parteien möchten den kompletten Kuchen für sich.
Eigentlich sind die Serben viel länger da, man betrachte nur die Jahrhundert alten orthodoxen Klöster. Die Siptari sind in absoluter Mehrheit und man kann und muß einfach klar und deutlich sagen, dass die serbische Fahne nie mehr in Pristina gehisst werden kann, außer an der Botschaft. Was ist die Lösung?
Alle zwei Völker sind stolze Nationen. Man wird sich nie einigen, es sei denn, dass die Serben eine absolute Autonomie kriegen oder der Norden mit Kosovska Mitrovica an Serbien geht. Im Gegenzug muss Serbien den Kosovo als unabhängigen Staat anerkennen.
@Observer22: das ist ein eigener Schutz für den Teil des Kampfstiefels, der nicht durch die harte Kappe vorn geschützt ist (u.a. aufgrund der Schnürsenkel). Denn bei einem Pflasterstein auf dem Fuß geben die meisten Kämpfer auf :-)
Wie jedesmal provoziert das Thema Kosovo die alten Debatten… ich denke das lassen wir mal.
Die deutsche Kompanie plus Unterstützungselement, ca. 150 Soldaten sind ja nicht allein dort. Heute (Freitag 6.10.) sind die ersten 200 britischen Soldaten im Kosovo angekommen. Weitere 200 folgen. Dazu hat Rumänien am Montag angekündigt etwa 100 Soldaten zu schicken. Jeder Blinde kann sehen, dass es im Kosovo um einen Teil der hybriden russischen Kriegsführung geht. Wer militärisch im Zentrum nicht weiterkommt sucht auf die Südflanke auszuweichen. Da bringt Einwirken suf MP Kurti wenig, die Ereignisse vom 24.9. waren waren eindeutig genug. Die Verbindungen der serbischen „grünen Männchen“ sind so gut durch die kos. Regierung belegt worden, wie das in solchen Fällen geht (ehem. Bodyguard des ser. Ministers bei Kosovobesuchen usf.)
@Closius
Und im Fall der Fälle gehen wir dann gegen Serbien kinetisch vor? Erst auf dem Territorium des Kosovo oder dann auch in Serbien selbst?
@Thomas Melber
Die Frage, was die NATO oder die Entsenderstaaten der KFOR im Fall der Fälle tun sollten wird sicherlich nicht hier am „Stammtisch“ geklärt werden.
Ich persönlich hoffe, dass die Verantwortlichen dies bereits geklärt haben und falls zur Abschreckung geeignet auch auf diversen Kanälen kommuniziert haben.
Letztendlich ist eine stärkere KFOR Präsenz sicher geeignet abschreckend zu wirken, das dadurch die Handlungsoptionen von KFOR von „die können eh nur zuschauen“ hoffentlich in ein „die können unsere Pläne zunichte machen“ abgewandelt werden. Ich denke, dass Serbien in seinen Plänen wohl nicht die Tötung dutzender Nato Soldaten verschiedenster Nationen eingepreist hat.
@Lobasta sagt: 06.10.2023 um 16:57 Uhr
Sie wollen mich mit aller Macht missverstehen. Ich wehre mich nicht gegen den Auftrag des Bundestags oder der Regierung, das liegt mir absolut fern.
Ich prangere nur an, daß unsere (die westliche) Politik unfähig ist, vernünftige und dauerhafte politische Lösungen zu schaffen. Und dann wird, nicht nur von DEU, eben wieder Militär geschickt. Das sorgt zwar für eine gewisse Ruhe, schafft aber auch keine dauerhafte Lösung des Konflikts.
Und gleichzeitig fordert unsere Aussenministerin, daß alle Ex-jugoslawischen Stasten mehr Anstrengungen unternehmen sollen, damit sie EU-Mitglieder werden können.
Das ist doch völlig weltfremd.
Zeitgleich geht der brain-drain in diesen Staaten weiter, weil die Bevölkerung diese Zustände nicht mehr erträgt. Im Kosovo ist die Bevölkerung seit 1999 um 300.000 Menschen oder ungefähr 15% gesunken. Das war der Beginn der UN-Mission (UNMIK, 10.06.1999), und die wurde auch von Politikern beschlossen, und das Militär musste das durchsetzen.
Was meinen Sie, was die erneute Miltärpräsenz dort bringt? Wo sehen Sie die dauerhafte friedliche Lösung? Die Zukunft des Landes (junge Bildungsbürger vor allem) hat schon mit den Füßen abgestimmt.
@ Closius Was hätten denn Ihrer Meinung nach die NATO, vor allem der NATO-Partner Türkei, der auf Seiten der Aseri ist, und die EU machen sollen? Welche Verpflichtungen haben wir denn da? Aserbaidschan hat sich die Kontrolle über einen Teil seines Staatsgebietes zurückgeholt.. Das muss man jetzt nicht toll finden und für die betroffenen Armenier ist das ganz übel, aber das ist die Rechtslage. Ansprechpartner wären da die Russen gewesen. Aber die sind bekanntermaßen gerade anderweitig beschäftigt. Und nun raten Sie mal wer uns gerade in Sachen Öl und Gas am Haken hat? Da werden wir von der Politik nicht viel hören. Im Kosovo ist das ganz anders. Das hat Auswirkungen auf die EU und die NATO. Und den Serben muss klipp und klar gesagt werden „Bis hier hin und nicht weiter!“.
@Closius sagt: 06.10.2023 um 17:24 Uhr
„Hat doch bei Bergkarabach auch funktioniert und Nato und EU haben nur zugeschaut.“
Da werden doch wieder Kürbisse mit Erbsen verglichen. Berg-Karabach hat seine Schutzmacht RUS um Hilfe gebeten und keine bekommen. Das zeigt doch nur, wie schwach RUS mittlerweile ist, es kann seinen Hinterhof nicht sauber halten.
Serbien hat klare Ansagen bekommen und die ersten 200 britischen Soldaten sind schon da. Das ORF-Bataillon wurde unterstellt. Vucic wird sich hüten, offiziell in den Kosovo einzumarschieren.
Normale Rotation – ist doch nix neues.
[Ja nee ist klar – seit fünf Jahren eben keine „normale Rotation“ mehr. T.W.]
Das Verhältnis Kämpfer /Unterstützer ist hier doch noch gut. In Afghanistan und auch in Mali war/ist es noch viel krasser. Kunduz 2010, 300 Infanteristen zu 1000 Unterstützern…..
@Y-998201 von wegen mit Öl&Gas am Haken: Die wahre Pikanterie der Gaslieferungen aus Baku liegt darin, dass die Aseri zunächstmal Gas in Russland ordern mussten bevor sie der EU Zusagen machen konnten. Ihre eigene Förderung reicht nicht allzu weit über den Eigenbedarf hinaus . . .