Für die Debatte: Wehrbeauftragte regt Musterung für alle an
Angesichts der anhaltenden Personalprobleme der Bundeswehr und, als eine Folge, der immer wieder neu anlaufenden Debatte über eine Wehr- oder Dienstpflicht hat die Wehrbeauftragte des Bundestages einen neuen Vorschlag gemacht: Eva Högl regte eine Musterung für alle an, ohne dabei für die Wiedereinführung der Wehrpflicht zu plädieren.
Die Wehrbeauftragte äußerte sich in einem – längeren und lesenswerten – Interview auf dem Nachrichtenportal T-Online auch zu diesem Punkt, der am (heutigen) Freitag für ein gewisses Aufsehen sorgt:
Die Aussetzung der Wehrpflicht in Deutschland wieder rückgängig zu machen, hilft überhaupt nicht. (…) Aber die Idee eines verpflichtenden „Dienstjahres für Deutschland“, was dann im zivilen oder militärischen Bereich abgeleistet werden kann, finde ich diskussionswürdig. Man könnte wie in Schweden einen gesamten Jahrgang junger Leute für die Bundeswehr zur Musterung einladen. Und sie dann, sofern sie wehrfähig sind, selbst entscheiden lassen, ob sie sich engagieren wollen oder nicht. Und diese Musterung sollte sich an alle Geschlechter richten.
Nun sind diese skandinavischen Modelle mit ihrer selektiven Wehrpflicht etwas, was in der der deutschen Debatte immer wieder auftaucht. Allerdings sind sowohl die rechtlichen als auch die gesellschaftlichen Umstände in Deutschland grundlegend anders als in Schweden oder auch in Norwegen, wo es eine Wehrpflicht für Männer und Frauen gibt und die Streitkräfte nach ihrem Bedarf sich aus diesem Potenzial bedienen.
Das fängt hierzulande schon mit dem Thema Musterung an: Die folgt der – derzeit nur ausgesetzten, aber nicht abgeschafften – Wehrpflicht. Zur Musterung kann nur verpflichtet werden, wer auch der Wehrpflicht unterliegt – und das sind ausschließlich Männer, weil das Grundgesetz den verpflichtenden Dienst an der Waffe für Frauen ausschließt. Damit bliebe eine Einladung zur Musterung für Frauen eine freundliche, aber unverbindliche Bitte. Alles andere würde voraussichtlich sehr schnell vor Gericht scheitern.
Der Ansatz, die Gemusterten sollten dann selbst entscheiden, ob sie sich engagieren wollen oder nicht, ist dann nicht viel anders als das derzeitige Verfahren, das auf völlige Freiwilligkeit setzt. Und schon jetzt werden über die Einwohnermeldeämter alle jungen Männer von der Bundeswehr angeschrieben – was sich grundlegend ändern sollte mit diesem Vorschlag, ist deshalb nicht so klar.
Auffällig ist allerdings, dass die Wehrbeauftragte, wie zuvor auch der Verteidigungsminister, einen anderen Aspekt der Nachwuchswerbung der Bundeswehr vermeidet. Das Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr (ZMSBw) hatte in einer Studie, die in der vergangenen Woche veröffentlicht wurde, den Umgang der Bundeswehr mit den Bewerberinnen und Bewerbern als eines der Nachwuchsprobleme ausgemacht:
Solange 70 Prozent der Bewerberinnen und Bewerber bei der Bundeswehr keinen positiven Einstellungsbescheid bekommen, scheint trotz mancher anderslautender Aussagen von Verantwortlichen und Karriereberatern ein Teil des Problems weniger im Umfang des Bewerberaufkommens als vielmehr in dessen Ausschöpfung zu liegen.
Zu diesem Punkt sagte auch Verteidigungsminister Boris Pistorius bei seinem Besuch im zuständigen Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr (BAPersBw) am (gestrigen) Donnerstag kein Wort. Die interne Optimierung scheint nicht im Vordergrund zu stehen.
(Das BMVg hat auf seiner Seite war usprünglich die Audio-Datei mit dem Statement des Ministers beim BAPersBw verlinkt, diesen Link aber offensichtlich wieder entfernt. Ich helfe gerne aus:
Gesetzt den Fall, die vorhandenen GG-Hürden werden im Sinne einer „allgemeinen Dienstpflicht“ „gemeistert“, so hängt bzw. bedingt das in der Folge einen kaum zu übersehenden Organisationsaufwand, ohne Fachpersonal und entsprechende ortsgebundene Einrichtungen. Zumal m.E. der Aufwand in keinem Verhältnis zum Nutzen stehen wird. In der Wohlstandsblase unserer im allgemeinen eher neoliberal pazifistisch ausgerichteten Gesellschaft ist das Wort Pflicht negativ besetzt. In der Analyse ist der/die Heranwachsende mehrheitlich primär freizeitorientiert und versteht „Dienst an der Allgemeinheit“ – wie bereits vielfach hier im Forum angeklungen – als Dienstleistung der Anderen.
[Ihre Meinung ist Ihre Meinung, aber ich würde mal festhalten wollen, dass „neoliberal pazifistisch“ keine Zwangskopplung ist… T.W.]
Was ist eine „allgemeine“ Dienstpflicht anderes als die nächste Forderung zur Solidarität für Irgendetwas?
Deutschland und Belgien liefern sich bereits seit geraumer Zeit einen Weltlauf um die höchste Steuer- und Abgabenlast der Welt. In den entsprechenden Übersichten sind die MWSt, Branntweinsteuer, Sektsteuer, Tabaksteuer, etc. etc. noch nicht enthalten. Auch nicht enthalten sind die Belastungen durch politisch getriebene CO2-Abgaben, steigende Energiepreise (enthält auch die Strom- und Wärmeversorgung) und der allgemeinen Kostensteigerung. Die Subventionen für die günstigeren Industriestrompreise für einige Wenige müssen auch über die Solidarität von denen aufgebracht werden, die Steuern zahlen. Steigende Kranken- und Pflegekosten, …
Solidarität wird gewährt! Eine überbordende Forderung nach Solidarität, wenn sie mit zusätzlichen realen Belastungen verbunden ist, ist m.E. übergriffig.
„Der freiheitliche, säkularisierte Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann.“
(Ernst-Wolfgang Böckenförde)
Es wurde mehrfach, auch hier im Thread, das Für und Wider einer Dienstpflicht bzw. Wehrpflicht angesprochen. Ich finde dabei unbefriedigend, dass meist nur vom Blickwinkel einer entwickelten Demokratie mit ihren vielfältigen Freiheitsrechten für das Individuum argumentiert wurde. Wie es überhaupt in einem Jahrhunderte (sic) andauerndem Prozess zu dieser Demokratie kam, sie keine Selbstverständlichkeit ist (siehe zahlreiche andere Länder die mindestens keine Demokratien sind, bis hin zum Extrem des Failed State), und mit welchen (notwendigerweise auch unbequemen) Mitteln diese Demokratie erhalten werden kann spielt in der Diskussion (und Wahrnehmung der Beteiligten) leider keine große Rolle.
Das halte ich für einen großen Fehler – das „Wir“ in dieser Gesellschaft zu stärken (ggf. auch mit dem Mittel einer Wehr-, ggf. sogar auch allgemeinen Dienstpflicht) ist kein überflüssiger Luxus oder gar schädliche Freiheitsbeschränkung, sondern eine notwendige Investition in das Gemeinkapital von dem wir alle leben. Bitte fragen Sie diesbezüglich beliebige Bürger von Somalia, Sudan, Syrien und vielen anderen Ländern.
Die Schülervertretung Rheinland-Pfalz scheint die in unserem Land herrschenden, sicheren und sozialen Zustände als gottgegeben anzusehen. Die Hauptaufgabe des Staates kam im Unterricht wohl noch nicht dran. Die sollten sich im Geschichtsunterricht mal am Beispiel des Römischen Reiches ansehen, was passiert, wenn man, weil es einem zu gut geht und man die Prioritäten falsch gewichtet, die eigene Sicherheit in die Hände anderer Leute legt. Es ist kein Wunder, dass die Linken und die Grünen für eine Absenkung des Wahlalters sind.
[so, und schon ist der OT beendet. T.W.]
@SanDino:
„Reservisten halfen vor und in Altenheimen“
Und warum? Weil die Pflegeheime selbst kein Personal bezahlen wollten.
Die Bundeswehr hat Leute eingezogen, die keine aktiven Soldaten waren, um sie für etwas einzusetzen, was kein Auftrag der Bundeswehr ist. Das BMVg hat ja recht früh klar gemacht, dass es keinen Kostenersatz haben will.
Die Leute hätte man auch zivil beschäftigen können. Viele Erfahrungsberichte schreiben davon, dass auf eine Bewerbung nie eine Antwort kam.
In einen Bereich, in dem Leute so verarscht werden, auch noch zwangsweise junge Menschen hinschicken? Nachdem die unter Corona so ziemlich am meisten Leiden durften, nu wirklich der falsche Weg.
@Dominik:
„Schauen Sie mal wofür es zb Pflegehelfer gibt und braucht.“
Volle Zustimmung. Die Pflegehelfer werden länger ausgebildet, als es bei einem Zivi möglich wäre. Der eigentliche Personalmangel besteht aber bei den examierten Pflegekräften und von denen wechseln viele wegen den Bedingungen die Branche. Hiilfskräfte zum Essen verteilen o.Ä. könnten die bestimmt noch gebrauchen, aber ich sehe keine Versuche, die auf dem regulären Arbeitsmarkt zu bekommen. So dringend kann es also nicht sein.
Eine breite und offene gesellschaftliche Diskussion über das Thema für einen „verpflichtenden Dienst für das Allgemeinwohl“ geht genau in meine Gedankenrichtung.
Am ehesten sehe ich eine Verbindung der „Dienstpflicht“ zu den vielen ehrenamtlichen Diensten die im Sinne einer solidarischen Gemeinschaft organisiert sind und unabhängig vom Staat am Allgemeinwohl mit arbeiten. Viele junge Menschen werden heute weder familiär oder schulisch an diese Organisationen herangeführt. Die Last auf viele Schultern zu verteilen und gemeinsam an etwas (auch unentgeltlich) zu arbeiten ist leider in vielen Fällen nur durch einen Input von außen entgegen zu wirken.
Die „Dienstpflicht“ wäre organisatorisch für Staat und Gesellschaft eine riesige Aufgabe, könnte aber auf lange Sicht ein Mittel sein um solidarisches Handeln wieder zu fördern. Dabei ist nachrangig ob sich der-/diejenige für Bundeswehr, Feuerwehr, THW, Gemeindearbeit, oder Gesundheit-/Pflege-/Jugendarbeit engagiert. Schlussendlich hätten alle Organisationen die Verpflichtung Ihre „Dienstleistenden“ zu der entsprechenden Arbeit zu motivieren. Steuerzahlungen und (politische) Wahlen alleine formen noch keine Solidargemeinschaft.
Hier wird weitgehend die Diskussion einer gesellschaftlichen Minderheit (um den Begriff Blase zu vermeiden) um die rechtlichen und sachlichen Beschränkungen einer allgemeinen Dienstpflicht geführt. Da diese aber (fast) die gesamte Gesellschaft berühren würde, muss man schon auf deren Meinung schauen. Und da ist es nun einmal so, dass in der postheroischen Gesellschaft kaum einer für irgendeinen Dienst zu begeistern ist, erst recht nicht für den Dienst an der Waffe, der mit dem Heldentod enden kann. Wie die Statistiken zur Befürwortung der 4-Tage-Woche zeigen, gilt die Aussage um so nachdrücklicher je jünger die Befragten. Für die zivilen Dienste gelingt es gerade noch, die Motivation durch Geld herzustellen. Für die Jobs mit dem Risiko des Ablebens sind, obwohl nur anekdotisch, die Beschreibungen von TPz1A8 und reality check wohl eher zutreffend.
Eine vorbeugende allgemeine Dienstpflicht wird wohl nur unter einer Diktatur herzustellen sein und wenn der Feind an der Grenze steht, ist es zu spät. Die Aussage gilt für fast alle westlichen Demokratien gleichermaßen. Nach gelegentlich auftauchenden Berichten haben z.B. auch die US- Streitkräfte Nachwuchsprobleme. Und da ist der Patriotismus noch wesentlich stärker verankert als in Deutschland.
Schon „damals“, im Zuge der Verkürzung der Wehrpflichdienstzeit, gab es ja Diskussionen in jede Richtung, inkl. des „provozierten Abgangs“ mittels „Tour-de-France“-Vergleich eines DivKdr…
Auch ich war dagegen, in kürzester Zeit das „normale Programm“, also schnell-Grundausbildung und eine absolut „nicht ausreichende“ Vollausbildung, speziell auf Dienstposten, die technikgeprägt sind, „durchzupeitschen“!
Aber die „Liberalen“ haben dann ja auch solange von „Freiheitsberaubung“ etc gesprochen, bis „KT“ (K.-Th zu Guttenberg) schließlich die Wehrpflicht aussetzen ließ – ein Fehler, der seine Spuren hinterlassen hat!
Alternativ hätte man meiner Ansicht nach sogar eine „W3“ (3-monatige) Wehrpflicht – aus „Gerechtigkeitsgründen“ gern auch für Jungs UND Mädels! – beibehalten SOLLEN!
Ja, sehr viel „OrgAufwand“, alle 3 Monate neue Soldaten, der ganze Papierkrieg…
ABER: Für eine „knackige“ GRUNDausbildung (aber inkl Gewehr&Pistole, nicht mehr!) hätte es gereicht!
Eine fachspezifische Ausbildung zum Artilleristen, Panzerbesatzung, Fernmelder, Pionier usw hätte angesichts der „Durchtechnisierung“ der Bw sowieso eine geringe „Halbwertszeit“, bei evtl Reservedienstleistungen müßte selnst nach relativ kurzem „Aussetzen“ eine sehr umfassende Neu-Einweisung erfolgen.
UND: Durch die Vielzahl der eingezogenen Wehrpflichtigen wäre vmtl – „wie früher“ – speziell bei „ordentlicher“ Durchführung der Grundausbildung, so mancher als Längerdiener/Fw/OffzAnwärter „hängengeblieben“, der sonst NIE über eine Berufswahl „Mllitär“ nachgedacht hätte.
Außerdem wäre dadurch ein riesiger „Pool“ an Reservisten aufgebaut worden, die – Stichwort „(Natur-)Katastrophen“ – auf den in der Not zurückgegriffen werden kann.
Und wenn nötig, können daraus natürlich auch Infanteristen, Fernmelder, Sanitäter oder wer sonst grad gebraucht wird, ausgebildet werden.
Die Berücksichtigung evtl passender Zivilberufe (IT, Instandsetzung…) sollte dabei berücksichtigt werden, „Effektivität“ UND „Effizienz“…
Ja, das ist deutlich mehr, als lediglich eine allgemeine Musterung, birgt aber den Charme von weit höherem Nutzen!
Desweiteren wage ich die Behauptumg, daß eine „Dienstpflicht“ – selbst von einem Jahr – ALLEN unseren Jugendlichen durchaus „zugemutet“ werden könnte, angesichts dessen, was Staat und Gesellschaft bis zu deren 16./17./18… Lebensjahr in sie „hineingepumpt“ haben!
„Das halte ich für einen großen Fehler – das „Wir“ in dieser Gesellschaft zu stärken (ggf. auch mit dem Mittel einer Wehr-, ggf. sogar auch allgemeinen Dienstpflicht) ist kein überflüssiger Luxus oder gar schädliche Freiheitsbeschränkung, sondern eine notwendige Investition in das Gemeinkapital von dem wir alle leben.“
Wer immer davon faselt, dass Zwangsarbeit oder Wehrpflicht die „Solidarität“ und den „gesellschaftlichen Zusammenhalt“ (und andere solche leeren Worthülsen) stärken würde, der belügt sich nur selbst (im Schlimmsten Fall würde vermutlich sogar das Gegenteil bewirkt).
Wenn der innere Antrieb fehlt, dann kann keine Pflicht der Welt für eine Verteidigungswilligkeit sorgen und das macht auch vor mir nicht halt: als Wanderer zwischen mehreren Kulturen wüsste ich inzwischen mehr Gründe, warum ich eher in die türkische Armee eintreten sollte (was ich nicht tue) als in die Bundeswehr. Ja, nicht jeder Türke fährt einen Mercedes und macht auch nicht 3 mal im Jahr Urlaub im Ausland, aber vergleichen Sie mal türkische Städte mit Deutschen und zählen sie die jeweiligen Landesfahnen, die dort zu sehen sind und vergleichen sie das hier vor Ort (und nein, die ukrainischen und Regenbogenfahnen gelten nicht als deutsche Landesfahnen). Man hat unweigerlich den Eindruck, dass es sich bei Deutschland nicht um ein Land, sondern ein Wirtschafts- und Siedlungsgebiet handelt. Und Konsumenten, Bürger möchte ich das nicht nennen, verteidigen eben keinen Supermarkt, sondern wechseln ihn nur (um Para zu machen noch gut (wobei..), aber zum Verteidigen ist das halt zu wenig).
[Ihre Meinung ist Ihre Meinung, das driftet jetzt allerdings ziemlich in „was ich von Deutschland insgesamt so halte“ ab und ist damit hier etwas fehl am Platz. T.W.]
Da war mal eine Ursula von der Leyen, die die BW zum attraktivsten Arbeitgeber der Republik machen wollte.
Das war genauso ein hoffnungsloses Unterfangen wie jetzt dieser Vorstoß von Frau Högl. Wir haben einen brutalen Fachkräftemangel, der sich in den nächsten Jahren noch mehr verschärfen wird. Die Industrie wird der Politik was husten, wenn man jetzt ganze Jahrgänge in der Etappe abhängen lassen will.
Warum ist die Reserve immer noch so ein Stiefkind? Würde man da investieren könnte man vielleicht noch die Löcher stopfen. Das Thema Wehrpflicht ist für Friedenszeiten durch, weil es für die heutige Jugend einfach kein Thema mehr ist. Sie würden in Massen verweigern. Man muss sich auf die konzentrieren, die den „Job“ machen wollen. Da ist es mit ein paar Socken nicht getan. Nur so am Rande, meine Tochter und mein Schwiegersohn waren bei der Truppe. Nach vier Jahren haben sie hingeschmissen, weil sie ihre Lebenszeit nicht so „verplembern“ wollten, mit der „Verwaltung des Mangels“ und dem Bewusstsein, „nicht vollständig einsatzbereit zu sein“, wie sich die Politik das immer wieder schön redet. Was man in 25 Jahren runtergewirtschaftet hat, wird 50 Jahre brauchen, um es wieder in Ordnung zu bringen.
„[…] aber vergleichen Sie mal türkische Städte mit Deutschen und zählen sie die jeweiligen Landesfahnen, die dort zu sehen sind und vergleichen sie das hier vor Ort (und nein, die ukrainischen und Regenbogenfahnen gelten nicht als deutsche Landesfahnen).“ Wir sollten uns davor hüten das Zeigen von nationalen Symbolen immer mit Patriotismus, Übereinstimmung und Zuspruch zu demokratischen Werten gleichzusetzen. Das schwenken einer Deutschlandfahne macht niemanden zum besten Verteidiger oder Diener seiner Heimat. Auch sind Einzelbeobachtung unserer Jugend auf RTL 2 noch keine repräsentative Studie zur Einstellung unserer Jugend. Die Parolen, früher war alles besser und da haben alle noch zusammengehalten, sind ebenso Blödsinn. Wenn wir wirklich eine Dienstpflicht wollen, muss das ernsthaft politisch diskutiert und begründet werden. Meinungsumfragen und Angst vor dem Wählerstimmenverlust helfen da nicht, es muss entschieden und beschlossen werden. Wenn ich meine Kinder frage, ob sie den Geschirrspüler ausräumen wollen, sagen die auch immer Nein. Wenn sie aber die Pflicht haben, diesen auszuräumen und sie verstanden haben, dass es notwendig ist, dann machen sie es. Nicht immer ohne Zwang, aber immer öfter ohne Diskussion.
[Ich denke, diese etwas merkwürdige Türkei-Vergleichs-Debatte können wir jetzt beenden. T.W.]
@TomCat
Ja, man will eben viel – so wie der BK die Bw zur stärksten Armee (West-) Europas aufbauen wollte (will ?).
„Machen ist wie wollen, nur krasser“
@Segestes:
„Für die zivilen Dienste gelingt es gerade noch, die Motivation durch Geld herzustellen.“
Welche „zivilen Dienste“ meinen Sie?
Die Feuerwehr in meiner Wohnortstadt ist voll, Jugenfeuerwehr Wartezeit 1-2Jahre. THW ebenfalls. Die FSJ-Stellen in der Region sind oft sehr schnell weg.
Also ich krieg mich bei der hier herrschenden Realtitätsverweigerung kaum noch ein, Hauptsache sinnlos auf die Jugend geschimpft, die mit Pflichtjahr diszipliniert werden muss, gerne weil man gucken müsse “ was Staat und Gesellschaft bis zu deren 16./17./18… Lebensjahr in sie „hineingepumpt“ haben!“ wie @Arty1986 meint.
@Draufdrandrüber ist gleich dafür weil „Die „Dienstpflicht“ wäre organisatorisch für Staat und Gesellschaft eine riesige Aufgabe, könnte aber auf lange Sicht ein Mittel sein um solidarisches Handeln wieder zu fördern“, was ist denn mit der Rest der Gesellschaft? Wenn ich mir anschaue, wie solidarisch die ältere Bevölkerungshälfte mit der jüngeren ist. „Klimasschutz nee brauch ich nicht in bin dann doch schon Tod, jetzt will ich mit Diesel rumdieseln und Energie verschwenden, wie ich will.“ (Ausnahmen bestätigen die Regel)
Da kann man froh sein, dass die Jugend nicht viel radikaler vorgeht gegen die radikale Missachtung ihrer Grundrechte. (Schutz der Lebensgrundlagen ist im Grundgesetz verankert)
@Dominik, schön für Sie, dass Sie noch auf der Insel der Glückseligen wohnen. In meiner Gegend haben FW, Rettungsdienste usw. massiven Personalmangel, sowohl die Haupt- als auch die Ehrenamtlichen. Außerdem meinte ich mit „zivile Dienste“ genauso die Pflege oder die Kindererziehung. Geht beides im Homeoffice nur schlecht.
Falls Sie mich meinen, ich schimpfe nicht auf die Jugend, maximal beneide ich sie. Aber den Fakt der Einstellung der Jugend zu Arbeit und Pflicht sollten wir schon zur Kenntnis nehmen. Keine gesetzliche Pflicht kann in der freiheitlich- demokratischen Gesellschaft die ganz große Mehrheit zu etwas zwingen. Staatlicher Zwang ist immer nur gegen eine Minderheit möglich, wie die Geschichte des Wehrdienstes in der alten Bundesrepublik zeigt. Deswegen meine Grundaussage, in dieser Gesellschaft ist eine allgemeine Dienstpflicht nicht vorstellbar. Eine Diktatur würde ich mir nicht wünschen wollen.
@Segestes:
Wenn Sie in Regionen ohne junge Menschen leben, können Sie dort auch keine verpflichten.
Ansonsten war meine Aussage nicht wirklich an Sie gerichtet. Auch wenn gerade die Jugend in die Minderheit ist gegenüber der Masse an Alten. Erzieherin ist bis auf die Ausbildung recht attraktiv, mit komplett Ungelernten können Sie in der Kinderbetreuung rechtlich gar nichts anfangen, schon ein Sozialassistent (das ist die erste Ausbildung, bevor man Erzieherausbildung machen kann) ist kaum von Nutzen. Zur Pflege wurde schon viel gesagt, zur Unterstützung beim Essen austeilen etc. können Sie auch Hilfskräfte direkt einstellen oder das an einen Dienstleister komplett auslagern, war grad in einem sehr großen Krankenhaus wo das so gemacht wurde. Absolut sinnvoll.
Hier wurde auch schon mehrfach angesprochen, was ist eigentlich mit der Reserve? Die macht Sinn da professionelle Reservisten zu haben, dieses ewige diskutieren um Wehrpflicht zur Verteidigung, wo eh nur ein schlechter Volkssturm rauskäme, deren Waffe maximal Klappspaten wäre, ist doch sinnlos, wenn man eigentlich Leute für Pflege, Gesundheit und Soziales braucht.
@ die, die der Jugend wenig Engagement unterstellen: was sind denn nun die Fakten zur Einstellung der Jugend? Die aktuellste Studie die ich zu dem Thema finde, besagten, dass ca 50% der Jugendlichen (15-30) in irgendeiner Form ehrenamtlich engagiert sind (von Baulig Consulting durchgeführt, kann man bei Google gut finden).
Reicht das noch nicht aus? Haben Sie gegenteilige Studien oder ist das hier nicht alles Bauchgefühl ohne Basis?
@ Segestes 05.06.2023
nicht der Patriotismus, der vielleicht auch, sondern vor allem die wirtschaftlichen Gegebenheiten, den meisten bleibt sonst nur ein Job auf Lebenszeit bei McDonalds – wie mal eine Rekrutin aus dem Mittelwesten der Marines im Boot Camp sagte
@ Arty1986 05.06.2023
wie recht Sie haben – aber welche Reserve und Reservisten meinen Sie, ich kennen keinen mehr – vor allem auch keine mehr die vom Arbeitgeber für sowas freigestellt würden, es würde sofort die Kündigung erfolgen „bei solchen Spielchen“ und verlassen Sie sich mal nicht auf die Rechtsprechung – war übrigens zu meiner Zeit auch schon so und mein Geschäftsführer war der Bruder eines späteren stv Generalinspekteurs der selber für die Reservisten verantwortlich war
Dominik sagt:
06.06.2023 um 11:52 Uhr
Sakrileg sagt:
06.06.2023 um 16:35 Uhr
1+
Frau Högl sollte sich auf den Bürokratieabbau konzentrieren, dann würden genug DP frei und die Prozesse gestrafft. Dadurch würden die Prozesse evtl. auch schneller.
Leider ist es so, dass unsere Eliten seit Jahrzehnten nur Busswords generieren (Klimawandel, die Rente ist sicher, Flüchtlingskrise, Fachkräftemangel……) ohne die genannten Herausforderungen zu lösen. Weiterhin ist es leider so, dass die Wähler_innen auf diese Buzzwords reagiert (wie hier) und sich lieber gegenseitig „zerfleischen“ aber die Elite nicht auffordert Lösungen zu finden. Im Gegenteil, Bürger_innen die sich engagieren (FFF, LG) werden diffamiert und teilweise kriminalisiert.
Was eine Musterung für alle als Zwangsmaßnahme verbessern soll, das erhellt sich mir nicht. Eher im Gegenteil. Eine 3-monatige freiwillige (!) Grundi bei guter Bezahlung mit guter Ausbildung könnte als Personalgewinnungsmaßnahme vielleicht funktonieren.
Des Pudels Kern ist aber: Weil die BW kaputtgespart und extrem unattraktiv ist (Bürokratismus, Führungsinkompetenz, Equipmentprobleme, out of area / PC-Einsätze etc.) bleiben die guten Leute ZU RECHT weg, Alle echten Lösungen müssen bei der extremen Unattraktivität der BW ansetzen, Sonstige Maßnahmen können immer nur flankieren.
PS