„Drei Null, hier Minister, Fortsetzung!“ (Nachtrag: Litauisch-deutsche Pressekonferenz)

Verteidigungsminister Boris Pistorius besucht bei seiner ersten Reise in ein Einsatzgebiet Litauen und eine Übung eines deutschen Jägerbataillons und überlegt, dass er eigentlich einmal die Woche bei der Truppe sein müsste.

Im tief verschneiten litauischen Kiefernwald wurde der Minister einen Moment nachdenklich. Eigentlich, sinnierte er, müsste gerade er als Chef des Wehrresorts jede Woche einmal bei der Truppe mitbekommen, was die Soldatinnen und Soldaten so machen. Statt der zahlreichen, wie es im Ministeriumsdeutsch heißt, Tischgespräche zu den Entscheidungen, die dort anstehen. Ob mir das gelingen wird, weiß ich nicht, denn es gibt auch dort viel zu tun, schränkte Pistorius dann auch gleich ein.

Was den Minister, keine zwei Monate im Amt, zu den Überlegungen veranlasste, war die Übung Griffin Lightning: Aus nächster Nähe beobachtete Pistorius bei seiner ersten Reise in ein Einsatzgebiet der Bundeswehr, wie die Soldatinnen und Soldaten des Jägerbataillons 413 die Verteidigung der NATO-Nordostflanke üben. Die Truppe aus Torgelow in Mecklenburg-Vorpommern ist Teil der Brigade, die Bundeskanzler Olaf Scholz im vergangenen Jahr dem baltischen Land als zusätzliche Rückversicherung zugesagt hatte.

Der Blick auf das infanteristische Vorgehen auf dem Truppenübungsplatz Pabrade, das Pistorius selbst über Funk ausgelöst hatte (Drei Null, hier Minister, Fortsetzung!) war der Teil der Reise, der dem Ressortchef am meisten gefallen haben dürfte. Das Lob, das er den Soldatinnen und Soldaten aussprach (O-Ton dazu unten), aber auch die spontane Reaktion Wir freuen uns, dass Sie hier sind! hatten seine Vorgängerinnen bei ihren Truppenbesuchen etwas sparsamer zu hören bekommen. Ebenso war dem Minister aber auch anzumerken, dass ihn der Kontakt zur Truppe ganz offensichlich einfach interessiert – über die Notwendigkeit hinaus, zu wissen, was in seinem Haus vorgeht.

Nach dem Geländeparcours durch Wald und Schnee stand Pistorius das Gespräch mit den litauischen Regierungsvertretern allerdings noch bevor. Und da ist immer wieder Thema, dass die Bundeswehr die deutsche Brigade, als enhanced Vigilance Acitivity (eVA, verstärkte Wachsamkeit) bezeichnet, in Deutschland bereithält und eben nicht, wie von Litauen gewünscht, dauerhaft komplett iim Baltikum stationiert.

Die Entscheidung darüber, sagt der deutsche Minister, hänge auch mit ungelösten Fragen wie der Infrastruktur und Unterbringung für Tausende von Soldatinnen und Soldaten zusammen – aber nicht nur. Die NATO müsse festlegen, ob sie tatsächlich einen Kampfverband im Baltikum binden wolle, statt ihn in Deutschland bereit zu halten und dann auch viel flexibler einsetzen zu können.

Wie sich die unterschiedlichen Ansichten vereinbaren lassen, wird nicht bei den Gesprächen am heutigen Dienstag in der litauischen Hauptstadt Vilnius entschieden. Sondern frühestens, wenn überhaupt, auf dem NATO-Gipfel im Juli. Der dann auch in Vilnius stattfindet.

Die Aussagen des Ministers nach dem Besuch der Übung zum Nachhören:

Pistorius_Pabrade_07mar2023     

 

Nachtrag: In der gemeinsamen Pressekonferenz i mit Pistorius hob der litauische Verteidigungsminister Arvydas Anušauskas genau diesen Punkt hervor: Sein Land strebe die dauerhafte Präsenz der deutschen Brigade an – und bis die Voraussetzungen dafür geschaffen seien, sei es das Ziel, die ununterbrochene Präsenz von mindestens einem deutschen Bataillon in Litauen zu bekommen. Im Gespräch habe er seinem deutschen Gast erläutert, welche Bedrohung unverändert von Russland ausgehe. Zum Nachhören:

Pistorius_Anusauskas_Vilnius_07mar2023     

 

(Foto: Pistorius in Pabrade beim Funkbefehl am SEM70 des Battaillonskommandeurs Oberstleutnant Alexander Döge; im Hintergrund Brigadegeneral Christian Nawrat, Kommandeur der Panzergrenadierbrigade 41 Vorpommern)