Bundestag setzt Gremium für Bundeswehr-Sondervermögen ein – ohne Linke und AfD

Fürs Protokoll: Die formalen Voraussetzungen für das 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen der Bundeswehr sind einen Schritt weitergekommen. Der Bundestag setzte ein (Beratungs)Gremium mit Mitgliedern des Haushaltsausschusses dafür ein. Allerdings wurden die Kandidaten von AfD und Linkspartei nicht gewählt.

Das Sondervermögen hatte Bundeskanzler Olaf Scholz am 27. Februar unter dem Eindruck des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine im Parlament angekündigt. Mit dem Geld sollen über die nächsten Jahre anstehende Großvorhaben der Streitkräfte finanziert werden. Der Bundestag hatte am 3. Juni die Festlegung dieses Sondervermögens im Grundgesetz und das entsprechende Gesetz sowie einen ersten Wirtschaftsplan gebilligt.

Nach Paragraph 5 des Gesetzes zur Finanzierung der Bundeswehr und zur Errichtung eines „Sondervermögens Bundeswehr“ (Bundeswehrfinanzierungs- und sondervermögensgesetz – BwFinSVermG) soll der Bundestag ein Gremium einsetzen, dass sich mit den Fragen dieses Milliardenpakets befasst:

Der Deutsche Bundestag wählt für die Dauer einer Wahlperiode ein Gremium, das aus Mitgliedern des
Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages besteht. Der Deutsche Bundestag bestimmt die Zahl
der Mitglieder, die Zusammensetzung und die Arbeitsweise. Gewählt ist, wer die Mehrheit der Stimmen der
Mitglieder des Deutschen Bundestages auf sich vereint. Scheidet ein Mitglied aus dem Deutschen Bundestag
oder seiner Fraktion aus oder wird ein Mitglied zur Bundesministerin oder zum Bundesminister oder zur
Parlamentarischen Staatssekretärin oder zum Parlamentarischen Staatssekretär ernannt, so verliert es seine
Mitgliedschaft im Gremium. Für ein ausscheidendes Mitglied ist unverzüglich ein neues Mitglied zu wählen.
Das Gremium wird vom Bundesministerium der Verteidigung über alle Fragen des „Sondervermögens
Bundeswehr“ unterrichtet. Das Gremium beschließt über die Hinzuziehung weiterer Teilnehmer.

Bereits in diesem Gesetzesparagraphen ist die so genannte Kanzlermehrheit festgeschrieben, das heißt für die Wahl in das Gremium ist die Mehrheit aller Abgeordneten erforderlich, die Mehrheit der abgegebenen Stimmen reicht nicht.

Der Bundestag billigte am (heutigen) Donnerstag zunächst den Antrag (Bundestagsdrucksache 20/3531) der Koalitionsfraktionen SPD, Grüne und FDP sowie der Union für die Einsetzung dieses Gremiums und setzte auch die Zahl der Mitglieder fest:

Der Deutsche Bundestag setzt ein Parlamentarisches Gremium mit beratender Funktion ein, das aus 13 Mitgliedern des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages besteht.
Das Gremium wird vom Bundesministerium der Verteidigung regelmäßig über alle Fragen des „Sondervermögens Bundeswehr“ unterrichtet.

Diesem Antrag stimmten die Koalitionsfraktionen, die Union und die AfD zu – die Linke sprach sich dagegen aus.

Bei der anschließenden Wahl der Mitglieder erreichten dann die Kandidaten von SPD, Grünen, FDP und Union die nötige Mehrheit. Die Kandidatin der Linkspartei und frühere Haushaltsausschuss-Vorsitzende Gesine Lötzsch sowie der AfD-Kandidat Michael Espendiller wurden dagegen nicht gewählt, wie der Bundestag auf seiner Webseite mitteilte:

Dieses Wahlergebnis scheint auch für den Bundestag selbst überraschend gekommen zu sein. Auf den Bundestags-Webseiten mit den Biographien der Abgeordneten war noch am Donnerstagabend sowohl für Lötzsch als auch für Espendiller die Mitgliedschaft im Gremium für das Sondervermögen aufgeführt.


Die gewählten Mitglieder des Gremiums:

SPD
Wiebke Esdar
Wolfgang Hellmich (verteidigungspolitischer Sprecher)
Thorsten Rudolph
Andreas Schwarz

Grüne
Sara Nanni (verteidigungspolitische Sprecherin)
Sebastian Schäfer

FDP
Karsten Klein
Thorsten Lieb

CDU/CSU
Reinhard Brandl
Ingo Gädechens
Christian Haase

Nachtrag 23. September: Das Abstimmungsergebnis laut Plenarprotokoll des Bundestages:

Vizepräsident Wolfgang Kubicki: Ich komme zunächst zurück zu Tagesordnungspunkt 11 b: Wahl von Mitgliedern des Gremiums gemäß § 5 des Gesetzes zur Finanzierung der Bundeswehr und zur Errichtung eines „Sondervermögens Bundeswehr“.
Von den 736 Kolleginnen und Kollegen, die diesem Hause angehören, haben 664 ihre Stimmzettel abgegeben.
Von den Abgeordnetenstimmen entfielen auf
Dr. Wiebke Esdar 508 Jastimmen, 93 Neinstimmen,
44 Enthaltungen, 19 ungültige Stimmen.
Auf den Abgeordneten Wolfgang Hellmich entfielen 522 Jastimmen, 79 Neinstimmen, 43 Enthaltungen und 20 ungültige Stimmen.
Auf den Kollegen Dr. Thorsten Rudolph entfielen 512 Jastimmen, 85 Neinstimmen, 47 Enthaltungen und 20 ungültige Stimmen; das ist ja sensationell.
Auf den Kollegen Andreas Schwarz entfielen 530 Jastimmen, 77 Neinstimmen, 38 Enthaltungen bei 19 ungültigen Stimmen.
Auf den Kollegen Dr. Reinhard Brandl entfielen 521 Jastimmen, 65 Neinstimmen, 42 Enthaltungen und 36 ungültige Stimmen.
Auf den Kollegen Ingo Gädechens entfielen 534 Jastimmen, 52 Neinstimmen, 42 Enthaltungen und 36 ungültige Stimmen.
Der Kollege Christian Haase erhielt 535 Jastimmen, 54 Neinstimmen, 40 Enthaltungen und 35 ungültige Stimmen.
Die Kollegin Sara Nanni erhielt 489 Jastimmen, 102 Neinstimmen, 48 Enthaltungen und 25 ungültige Stimmen.
Der Kollege Dr. Sebastian Schäfer erhielt 499 Jastimmen, 95 Neinstimmen, 45 Enthaltungen bei 25 ungültigen Stimmen.
Der Kollege Karsten Klein erhielt 544 Jastimmen, 57 Neinstimmen, 40 Enthaltungen bei 23 ungültigen Stimmen.
Der Kollege Dr. Thorsten Lieb erhielt 539 Jastimmen, 60 Neinstimmen, 41 Enthaltungen und 24 ungültige Stimmen.
Auf den Kollegen Dr. Michael Espendiller entfielen 114 Jastimmen, 435 Neinstimmen, 27 Enthaltungen, und 88 Menschen haben ihre Stimme
ungültig abgegeben.
(Zuruf von der AfD: Pfui! – Gegenruf von der SPD: Ruhig, Brauner!)
Auf die Kollegin Dr. Gesine Lötzsch entfielen 314 Jastimmen, 224 Neinstimmen bei 64 Enthaltungen und 58 ungültigen Stimmen.
Die Abgeordneten, die ich Ihnen jetzt vorlese, haben
die erforderliche Mehrheit von 369 Stimmen erreicht. Sie sind damit als Mitglieder des Gremiums gemäß § 5 des Gesetzes zur Finanzierung der Bundeswehr und zur Errichtung eines „Sondervermögens Bundeswehr“ gewählt. Die Abgeordneten Dr. Wiebke Esdar, Wolfgang
Hellmich, Dr. Thorsten Rudolph, Andreas Schwarz,
Dr. Reinhard Brandl, Ingo Gädechens, Christian Haase,
die Kollegin Sara Nanni, der Kollege Dr. Sebastian Schä-
fer, Karsten Klein und Dr. Thorsten Lieb haben die erforderliche Mehrheit von 369 Stimmen erreicht und sind damit gewählt.
Die Abgeordneten Dr. Michael Espendiller und Dr. Gesine Lötzsch haben die erforderliche Mehrheit nicht erreicht.
(Zuruf von der LINKEN: Unerhört!)