Urteil gegen Franco A.: Fünfeinhalb Jahre Haft für Planung von Terroranschlag (Neufassung)
Der Bundeswehr-Oberleutnant Franco A., der sich Waffen beschafft hatte und als angeblicher Flüchtling aufgetreten war, ist unter anderem wegen Planung eines Terroranschlags zu einer Haftstrafe von fünfeinhalb Jahren verurteilt worden. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main verurteilte den 33-jährigen vor allem wegen der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig; Revision beim Bundesgerichtshof ist möglich.
Das Strafverfahren hatte im Mai vergangenen Jahres begonnen. Die Bundesanwaltschaft hatte dem Soldaten vor allem vorgeworfen, einen Anschlag – möglicherweise auf den vormaligen Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz Heiko Maas, die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages Claudia Roth oder eine Menschenrechtsaktivistin – vorbereitet zu haben.
Der Offizier, der vom Dienst suspendiert ist, war im April 2017 festgenommen worden: Er flog auf, nachdem er auf dem Wiener Flughafen beim Abholen einer versteckten Waffe gestellt wurde. Beim Abgleich seiner Fingerabdrücke mit deutschen Datenbanken wurde festgestellt, dass die selbe Person als angeblicher Flüchtling Asyl beantragt hatte.
Aus der Mitteilung des Gerichts* zum Urteil am (heutigen) Freitag:
Der 5. Strafsenat (Staatschutzsenat) des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (OLG) hat heute den 33-jährigen deutschen Staatsangehörigen Franco A. der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat in Tateinheit mit vorsätzlicher unerlaubter Ausübung der tatsächlichen Gewalt über Kriegswaffen, vorsätzlichem unerlaubten Führen einer halbautomatischen Kurzwaffe, vorsätzlichem unerlaubten Besitz einer halbautomatischen Kurzwaffe, vorsätzlichem unerlaubten Besitz von Schusswaffen und Munition, vorsätzlichem unerlaubten Verbringen von Schusswaffen in den Geltungsbereich des Waffengesetzes, vorsätzlichem unerlaubten Umgang mit explosionsgefährlichen Stoffen und Unterschlagung in Tatmehrheit mit Betrug in zwei Fällen schuldig gesprochen. Der Senat hat ihn deswegen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. (…)
Der Senat führte aus, dass der Angeklagte eine seit Jahren verfestigte rechtsextreme, völkisch-nationalistische und rassistische Gesinnung habe. Besondere Abneigung habe er gegenüber Menschen jüdischen Glaubens, denen er – verbunden mit verschwörungstheoretischen Gedanken – den Wunsch nach einer „Weltherrschaft des Zionismus“ unterstelle. Er meine, zur Erreichung dieses Ziels wirkten Medien und staatliche Institutionen zusammen. Dabei sei er der Überzeugung, der „Zionismus“ führe einen systematischen Rassenkrieg, in welchem Millionen von Migranten nach Deutschland verbracht würden, wodurch es zu einer „Vermischung der Rassen“ und letztlich zu einer „Auslöschung der deutschen Rasse“ käme. Verantwortlich für diese von ihm wahrgenommene vermeintliche „Zersetzung der deutschen Nation“ seien dafür insbesondere hochrangige Politiker und Personen des öffentlichen Lebens, die sich durch ihr flüchtlingsfreundliches Engagement besonders auszeichneten. Der Angeklagte lehne etablierte demokratische Wege zur Veränderung der politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse ab und sei der Auffassung, das politische System der Bundesrepublik Deutschland sei „verlogen“.
Der Angeklagte habe sich ab dem 5. April 2016 unerlaubt in den Besitz eines Gewehrs der Marke Heckler & Koch G 3, einer Pistole des Herstellers FN Browning 7,65 mm und eines halbautomatischen Selbstladegewehrs des Herstellers Landmann Preetz gebracht, ohne entsprechende waffenrechtliche Erlaubnisse zu haben. Überdies habe er spätestens am 22. Januar 2017 eine Pistole des Herstellers Manufacture d´Armes des Pyrénées Francaises (M.A.P.F.), Modell Rr, Kaliber 7,65 mm Browning, Selbstlader Halbautomat erlangt. (…)
Während der Angeklagte die Schusswaffen, Sprengkörper, Kartuschen und Munition verwahrt habe, habe er den festen Entschluss gefasst, mittels dieser und aus seiner völkisch-nationalistischen, insbesondere antisemitischen und von Fremdenhass geprägten Gesinnung heraus einen Angriff auf das Leben hochrangiger Politiker und Personen des öffentlichen Lebens zu verüben, die sich besonders durch ihr flüchtlingsfreundliches Engagement auszeichneten, um einen politischen oder gesellschaftlichen Richtungswechsel in seinem Sinne herbeizuführen und so nach seiner Vorstellung zum „Erhalt der deutschen Nation“ beizutragen. Als mögliche Anschlagsopfer habe er die damalige Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages Claudia Roth, den damaligen Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz Heiko Maas sowie die Journalistin und Gründerin der Amadeu-Antonio-Stiftung, Anetta Kahane in Betracht gezogen. (…)
Nachdem er am 3. Februar 2017 am Wiener Flughafen festgenommen worden sei, habe der Angeklagte die weitere Anschlagsplanung wegen der dadurch erhöhten Entdeckungs- und Verfolgungsgefahr zunächst ruhen gelassen.
Der Senat habe nicht feststellen können, dass der Angeklagte den Anschlag unter sei- ner Scheinidentität als „Benjamin David/David Benjamin“ begehen wollte. (…)
Davon, dass der Angeklagte in dem Sinne zur Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat entschlossen gewesen sei, dass das „Ob“ der Tat festgestanden habe, sei der Senat aufgrund einer zusammenfassenden Würdigung der in der Beweisaufnahme hervorgetretenen objektiven Umstände überzeugt. Diese hätten zu dem Schluss geführt, dass der Angeklagte fest zur Begehung einer solchen Tat entschlossen gewesen sei. Insoweit seien insbesondere weitere Aufzeichnungen des Angeklagten und von ihm erstellte Audiodateien maßgeblich gewesen. Hinzu sei gekommen, dass der Angeklagte im Sommer 2016 das Gewehr der Marke Heckler & Koch G 3 mit einem Zielfernrohr versehen, die Tiefgarage des Gebäudes, in dem die Räumlichkeiten der Amadeu-Antonio-Stiftung liegen, ausgespäht, Fotos von den Autos in dieser Tiefgarage gemacht, mit dem Gewehr G 3 sowie mit der Pistole FN Browning Schießübungen auf einem Schießstand gemacht und ein Bild von Anetta Kahane an einen Zeugen übersandt habe. (…)
(Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 15.07.2022, Az. 5-2 StE 18/17 – 5a – 1/17)
Eine Aussage, ob Franco A. alleine handelte oder in ein Netzwerk von Gesinnungsgenossen eingebunden war, machte das Gericht in der Mitteilung nicht. Der Senat verwies lediglich darauf, dass er Mitglied einer Chat-Gruppe von so genannten Preppern auf dem Messenger-Dienst Telegram gewesen sei.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig, da sowohl der Angeklagte als auch die Bundesanwaltschaft Revision beim Bundesgerichtshof einlegen können.
Zur Erinnerung die Geschichte, wie sie sich seit 2017 entwickelt hatte, in wesentlichen Zügen:
• Im April 2017 flog der Oberleutnant, damals im Jägerbataillon 291 der Deutsch-Französischen Brigade in Illkirch bei Straßburg , auf – beim Abgleich seiner Fingerabdrücke nach Festnahme in Wien wegen der versteckten Pistole auf dem Flughafen Schwechat mit deutschen Datenbanken wurde festgestellt, dass die selbe Person als angeblicher Flüchtling Asyl beantragt hatte
• Kurz danach wurde seine Masterarbeit bekannt, die er in Frankreich geschrieben hatte, Titel Politischer Wandel und Subversionsstrategie. Eine Begutachtung des Manuskripts durch das Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr (ZMSBw) im Januar 2014 kam zu dem Ergebnis:
Bei dem Text handelt es sich nach Art und Inhalt nachweislich nicht um eine akademische Qualifikationsarbeit, sondern um einen radikalnationalistischen, rassistischen Appell, den der Verfasser mit einigem Aufwand auf eine pseudowissenschaftliche Art zu unterfüttern versucht. (…)
Was der Verfasser als Attacke der Anführer der (völkischen) Subversion bezeichnet, ist nicht andres als der Mythos vom Rassenkampf. (…) Der als Masterarbeit zu begutachtende Text ist deshalb keine geschichts- oder politikwissenschaftliche Abhandlung zum politischen Wandel, wie der Titel vermuten lässt, sondern ein Aufruf dazu, einen politischen Wandel herbeizuführen, der die gegebenen Verhältnisse an das vermeintliche Naturgesetz rassischer Reinheit anpasst.
Trotz Kenntnis der deutschen Vorgesetzen in Frankreich hatte diese Arbeit keine Folgen; eine disziplinarische Untersuchung endete offensichtlich folgenlos. Franco A. wurde 2015 zum Berufssoldaten ernannt.
• Weitreichende Folgen, unabhängig vom rechtlichen und disziplinarischen Verfahren, hatte der Fall dagegen für die Bundeswehr selbst. Verteidigungsministerin von der Leyen reiste persönlich nach Illkirch (wo den Medien dann ein Aufenthaltsraum der Unteroffiziere mit Wehrmachtsdevotionalien präsentiert wurde, der nach heutiger Kenntnis keinen Bezug zu Franco A. hatte) und ging danach rigoros gegen tatsächliche oder vermutete rechtsextremistische Umtriebe in der Truppe vor. Anfang Mai 2017 warf die Ministerin aufgrund dieses Vorgangs, aber auch anderer Vorkommnisse in der Truppe der Bundeswehr ein Haltungsproblem vor.
• Die Frage, ob Franco A. Teil eines rechtsextremistischen Netzwerks in der Bundeswehr und darüber hinaus war, ist auch Jahre nach Bekanntwerden des Falles umstritten. Hinweise – bzw. Berichte darüber – gab es mehrfach, Konkretes selten. Interessant ist die interaktive Übersicht der Kolleg:innen der taz zu diesem Umfeld.
So lange das Urteil nicht rechtskräftig ist, bleibt Franco A. formal Angehöriger der Bundeswehr, wenn auch mit Verbot der Dienstausübung und Uniformtrageverbot – und weiter in Untersuchungshaft. Erst nach einer rechtskräftigen Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr sieht das Soldatengesetz (Paragraph 54 Abs.2 Satz 2 in Verbindung mit Paragraph 48) die Beendigung des Dienstes vor.
*Fürs Archiv die komplette Pressemitteilung des Gerichts:
20220715_OLG_Frankfurt_Urteil_Franco_A
In diesem Zusammenhang möchte ich auf die folgende Gerichtsentscheidungen aufmerksam machen dürfen. BverwG 16.05.22 1 W-VR 12/22. (Besonders RdNr5) Ich denke daraus wird schon recht deutlich dass selbst mit rechtskräftigen Verurteilung noch lange nicht „Edeka“ ist.
[Nee, Leute. Jetzt bitte nicht den Hobbyjuristen spielen. In dieser Verwaltungsgerichtsentscheidung geht es um eine einstweilige Anordnung imn Zusammenhang mit einer Beschwerde, über die noch nicht entschieden worden war. Und da steht eindeutig: „Durch das Strafgericht sei er nicht zu einer Geldstrafe verurteilt, sondern lediglich verwarnt worden.“ Das jetzt auf die gleiche Ebene zu setzen wie dieses Urteil in einem Strafverfahren ist noch nicht mal Äpfel mit Birnen vergleichen. Auf dem Level findet die Debatte hier nicht statt. T.W.]
Die Strategie seiner Verteidigung vor Gericht war, gelinde gesagt, kurios. In Anbetracht der Beweislage ist es bedenklich, dass er zu keiner härteren Strafe verurteilt wurde, zumal es (leider) zur Anrechnung einer langen Untersuchungshaft kommen wird.
Allerdings vermisse ich nach wie vor auch eine Aufarbeitung des Umstands, wie leicht dieser komische Vogel sich als Flüchtling ausgeben konnte. Man kann sich ausmalen, dass er dadurch in seinen Verschwörungstheorien bestätigt wurde, zumal er längst nicht der einzige Gefährder war, der sich in die Migrantenströme mogeln konnte; man denke nur an die Attentäter von Paris und Manchester.
Wenn man doch mal veröffentlichen dürfte, was man in den Standorten der Bundeswehr so sagt und denkt. @T.W. wünscht Belege, versteht sich. Ist schwierig, versteht sich sicher.
Klar ist für mich, zwischen offiziellen Auftritten und informellen Aussagen liegen Welten. Für mich ist das hart an der Grenze zur Unwahrheit. Doch es ist bekannt, wer nicht mit dem Strom schwimmt, geht unter, schlimmer noch er wird untergetaucht.
Das ist bei fast allen Themen so. Auch die Haltung zur Wehrmacht, oder zur Partei AXX, da gibt es die offizielle, gewünschte und artig aufgesagte Meinung und dann die Schattenwelt – vom Offiziercasino, über Mannschaftsheim bis hin zur Stube. Dorfdisco, Club im urbanen Zentrum, oder Singletreff ab 50, das gehört nicht hierher. Doch da wird vom Leder gezogen, junge, IT vertraute Leute weichen in chats aus. BAMAD kann gar nicht so schnell reagieren, wie auch , dieser Dienst ist ja nur zum Teil modern. Meist kann diese Bundesoberbehörde halt nur reagieren, agieren ist die Ausnahme. Ist halt Behörde, ….Hauptsache Erfolgsmeldungen, Statistiken und powerpoint.
Das die Ministerin ein so schlechtes Bild abgibt ist gerade verheerend, sie und ihr Umfeld wird regelrecht verspottet. Nein, es ist nicht die Optik oder der Anzug. Es ist sie selbst, wie und was sie sagt. Sie schadet regelrecht. Sie genießt allzu oft kein Vertrauen. Im Gegenteil. Kaum ist sie weg, wird gespöttelt, was war das denn? Nein, nicht nur beim Heer.
Haltung – da gibt es deutlich mehr Schieflagen, als im BMVg vorgetragen.
@T, W,
„Die Frage, ob Franco A. Teil eines rechtsextremistischen Netzwerks in der Bundeswehr und darüber hinaus war, ist auch Jahre nach Bekanntwerden des Falles umstritten.“
Nein, das ist unter seriösen Beobachtern nicht umstritten. Trotz Jahren der intensivsten Ermittlungen gibt es keinerlei Beweise, die diese Annahme bestätigt hätten. Auch Verfassungsschutzbehörden und BKA haben das wiederholt bekräftigt. Die Annahme der Existenz eines rechtsextremistischen Netzwerks in der Bundeswehr ist angesichts der Faktenlage als spekulative Verschwörungstheorie einzuordnen.
[Ja, sicher, ich nehme an, Sie haben da bessere Quellen als der frühere MAD-Präsident.
https://augengeradeaus.net/2020/06/dokumentation-mad-praesident-spricht-erstmals-von-rechtsextremen-netzwerken-in-der-bundeswehr/
T.W.]
@TW
Sie glauben doch nicht, daß ein Präsident einer Bundesoberbehörde öffentlich seinem Chef / seiner Chefin widerspricht? Zu was dies führt hat man an der causa Maaßen gesehen („Bestrafe einen, erziehe hundert“).
[Was soll das jetzt? Ein Kommentator sagt, die Sicherheitsbehörden sehen keine Netzwerke; ich belege das Gegenteil, und weil es Ihnen nicht passt, ist die Aussage des damaligen MAD-Präsidenten Unsinn? Diese Art von Debatte ist hinreichend sinnfrei. T.W.]
Da es hier ein Fachblog ist, will ich mal versuchen, ein paar fachliche Erklärungen zur Einordnung abseits des Hobbyjuristentums zu geben, die den ein oder anderen interessieren könnten.
Wie geht es jetzt weiter?
Der Angeklagte und der Generalbundesanwalt haben nun eine Woche Zeit, um zu entscheiden, ob sie überhaupt Revision einlegen. Machen Sie das nicht, ist das Urteil in einer Woche rechtskräftig.
Sollte Revision eingelegt werden, muss der Senat eine umfänglichere Begründung des Urteils schreiben. Dafür hätte der Senat (soweit die Informationen, die ich der Presse entnehmen kann, stimmen) bis zu 13 Wochen (ab heute) Zeit. Ob der Senat wirklich so lange (also Mitte Oktober) brauchen würde, lässt sich nicht sagen.
Sobald das Urteil geschrieben ist, muss dagegen die Revision begründet werden, wofür nochmal ein Monat Zeit zur Verfügung steht (dieser Zeitraum wird immer ausgeschöpft).
Dann geht das Verfahren erstmal zum Generalbundesanwalt. Dort wird dann eine Stellungnahme geschrieben. Wie lange das dauert, lässt sich ebenfalls nicht exakt sagen, weil es vom Umfang und Schwierigkeit abhängt. Dieser Stellungsnahme geht dann an den Bundesgerichtshof. Der folgt meist der Stellungnahme, muss dies aber nicht tun. Für den Komplex (Generalbundesanwalt und Bundesgerichtshof) kann man so rund 6 Monate einkalkulieren, sollte alles funktionieren. Wenn die Revision keinen Erfolg hat, ist das Urteil rechtskräftig. D.h. man könnte mit einem entgültigen Verfahrensabschluss im Frühjahr 2023 rechnen. Hat die Revision (in wesentlichen Teilen) Erfolg, geht es nochmal zum OLG. Dann dauert es bis zum Verfahrensabschluss noch einige Jahre (unwahrscheinlich).
Was das OLG heute als Begrüngung in der PM und der mündlichen Urteilsbegründung gesagt hat, ist für das weitere Verfahren weitgehend irrelevant. Es kommt drauf an, was letztlich in der Urteilsbegründung stehen wird. Die mündliche Begründung ist insoweit eine Richtschnurr, weil es (jedenfalls bei einem so öffentlichen Verfahren) nicht üblich ist, von der mündlichen Urteilsbegründung krass abzuweichen.
Was genau hat das OLG entschieden?
Der Senat hat zwei Komplexe entschieden.
Komplex Nr. 1 besteht aus den unwahren Angaben ggü. den Behörden im Asylverfahren.
Komplex Nr. 2 besteht aus der Waffenbeschaffung und den Anschlagsplanungen.
Zwischen diesen Komplexen hat der Senat offensichtlich keine Verbindung (also: Der Anschlag war nicht unter dem Deckmantel des Asylverfahrens geplant) gesehen. Das ist wichtig, weil dadurch das weitere Verfahren in Teilen einfacher wird.
Ein Betrug liegt nur dann vor, wenn man sich selbst wirklich bereichern möchte. Wären also die aus den Täuschungen im Asylverfahren erlangten Geldbeträge nur ein „Nebeneffekt“ für die Anschlagsplanung unter falschem Namen, hätte das höchstwahrscheinlich die zusätzliche Bestrafung wegen Betruges ausgeschlossen. Der Senat stand hier wahrscheinlich vor der Wahl, entweder anzunehmen, dass ein Anschlag unter dem fiktiven Namen geplant war oder davon auszugehen, dass diese Täuschung ein anderes Ziel (nämlich wirklich die Gelderlangung) zum Ziel gehabt hätte.
Intutiv wirkt die Annahme, dass beide Komplexe nichts miteinander zu tun hatten, eigenartig. Der Senat dürfte diesen Weg aber gegangen sein, weil sich so die Urteilsgründe wesentlich einfacher schreiben lassen. Es muss nicht über irgendwelche Zusammenhänge zur genauen Planung spekuliert werden, sondern es kann im Kern auf das abgestellt werden, was (ziemlich) sicher feststeht. Dass der Angeklagte nicht in diese Richtung plante, kann nun wirklich niemand glauben, der nicht mit einem Eimer über dem Kopf durchs Leben geht.
Dass sich der Senat gegen einen Zusammenhang zwischen diesen beiden Komplexen entschieden hat, macht die Feststellung des Betruges immer noch schwierig. Insoweit wird der Senat noch erklären müssen, was der Angeklagte mit dem Geld eigentlich vorgehabt haben soll. Die Erklärung, er habe einfach Geld gebraucht, dürfte insoweit nicht ausreichen. Wahrscheinlich wird das aber darauf hinauslaufen, dass es heißt, der Angeklagte habe sich auch über das Geld gefreut, das er zusätzlich erhielt. Das müsste reichen. Sollte der Angeklagte dieses Geld auch ausgegeben haben, wird das erst recht reichen. An dieser Stelle ist aber die PM des OLG Frankfurt ungenau. Darin heißt es, dass es dem Angeklagten auch darum ging, dass der Staat „ihm eine Unterkunft zur Verfügung stellte“. Sollte der Senat das so zur Grundlage der Urteilsbegründung machen, wird dieser Teil nicht halten. Dem Angeklagten wird es ja kaum daran gelegen gewesen sein, irgendwo in Bayern ein Zimmer zu bekommen, das er dann nie nutzte. Ins Gewicht fallen dürfte aber auch das nicht, wenn der Senat hierfür nicht noch eine Erklärung hinbekommt.
Dafür macht es aber die Feststellung der schweren staatsgefährdenden Straftat deutlich einfacher. Um wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährenden Straftat zu verurteilen, ist es egal, ob dies nun unter dem eigenen oder unter einem fremden Namen stattfinden sollte. Beides reicht. Je weniger komplex die Anschlagsplanung festgestellt wird, desto einfacher wird die Begründung dafür.
Selbst wenn die Verurteilung wegen Betruges am Ende also nicht halten sollte, dürfte das nicht die andere Verurteilung berühren. Diese Verurteilung wird aber den Hauptteil der Strafe ausmachen.
Was prüft dann der Bundesgerichtshof?
In der Revision wird nun nicht mehr geprüft, ob es wirklich so war, wie das Oberlandesgericht es jetzt aufschreibt. Es wird nur kontrolliert, ob der Ablauf, den das OLG angenommen hat, halbwegs plausibel ist und ob dieser Ablauf wirklich die Straftaten enthält, wegen derer nun verurteilt worden ist.
Dabei gilt, dass die Verurteilung im Kern auf der Vorbereitung der schweren staatsgefährdende Straftat ruht. Der Rest (also der Betrug, die ganzen verbotenen Waffenbesitze und die Unterschlagung (wohl zum Nachteil der BW?)) sind nur Kleinvieh. Wenn der Angeklagte wegen diesem Rest in der Revision noch etwas holen können sollte, wird es ihm nicht viel bringen.
Soweit schon in dem anderen Beitrag geschrieben worden ist, dass § 89a StGB (das ist die Norm, die die Vorbereitung der schwere staatsgefährdende Straftat regelt) umstritten sei, ist das eine Nebelkerze, die man getrost ignorieren kann. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshof – der wird zuständig sein – hält diese Norm für unbedenklich und „hält“ regelmäßig Verurteilungen deswegen. Der Senat wird seien Auffassung nicht ändern und schon gar nicht bei so einem Fall. Erst recht wird sich das Bundesverfassungsgericht dafür nicht interessieren.
Was passiert jetzt mit dem Angeklagten?
Der bleibt in Untersuchungshaft, weil der Senat die Haftfortdauer angeordnet hat. Die Untersuchungshaft ist erst dann zu Ende, wenn das Urteil rechtskräftig ist (oder der Angeklagte noch (sehr unwahrscheinlich) aus der Untersuchungshaft entlassen wird). Die Untersuchungshaft wird letztlich auf die Strafhaft angerechnet. Wenn ich es richtig überschlage, hat der Angeklagte bislang rund 12 Monate in Untersuchungshaft gesessen. Er ist jetzt zu 5 Jahren und 6 Monaten verurteil worden. Davon hat der Senat aber nochmal drei Monate wegen Verfahrenverzögerungen für bereits vollstreckt erklärt. Sollte das Urteil also heute rechtskräftig werden, hätte der Angeklagte noch 4 Jahre und 3 Monate abzusitzen. Wird es im Frühjahr rechtskräftig, stünden dann noch etwa 3 Jahre und 6 Monate Strafhaft an.
@T.W.
Der MAD-Präsident bezog sich hier nicht auf den Fall Franco A. In anderen offenen Quellen wurde seine Aussage präzisiert: Es geht um mutmaßliche Kennverhältnisse zwischen Personen in der Bundeswehr, die mutmaßlich entsprechend eingestuften Organisationen angehören. Die medialen Spekulationen über „Schattenarmeen“ etc. werden bislang weder durch Ermittlungen noch durch die Erkenntnisse von Verfassungsschutzbehörden und BAMAD auch nur im Ansatz gestützt.
[Netter Versuch. Ich habe Netzwerke geschrieben, nicht Schattenarmeen. Dass Sie mir das jetzt unterschieben wollen, machen wir hier nicht. T.W.]
In der gegenwärtigen Lage muss man wachsam gegenüber möglichen Versuchen russischer Stellen sein, das Narrativ einer angeblichen größeren Unterwanderung der Bundeswehr durch Rechtsextremisten auszunutzen, um das Vertrauen in diese Institution zu untergraben, vor allem da dieses Narrativ in russischen Informationsoperationen gegen den ukrainischen Staat bereits massiv zu Einsatz kommt. Von einem voreiligen Verbreiten solcher (im Fall Franco A. unbelegten) Narrative rate ich daher ab.
[Nu is aber gut. Den Versuch, Hinweise auf Rechtsextremisten in der Bundeswehr als russische Informationsoperationen darzustellen, könnte ich ebenso als Versuch werten, die bekannte Unterstützung rechtsextremistischer Gruppierungen in Europa durch Russland zu verharmlosen. Wir stellen das jetzt mal umgehend ein. T.W.]
@T.W.
Ich schiebe Ihnen nichts unter. Die von Ihnen verlinkte taz-Quelle greift das „Schattenarmee“-Narrativ unmittelbar auf. In anderen taz-Artikeln zum Thema wird dieser Begriff auch explizit verwendet. Sie sollten hier wirklich sorgfältiger arbeiten.
Manche Leser werden sich fragen, was vom Gericht mit „Landmann, Preetz“ gemeint ist.
Dieser Hersteller fertigte Kleinkaliber-Selbstladegewehre, die vereinfacht gesagt wie eine Maschinenpistole aussahen. Sie waren, wie Langwaffen generell, bis zum Waffengesetz 1972 frei erwerbbar. Ein solcher „Landmann-Automat“ wurde bei einem Bankraub mit Geiselnahme in Köln verwendet. Das führte zu einer Änderung des Waffengesetzes, die solche Anscheinswaffen grundsätzlich verbot und das Geschäftsmodell von Landmann beendete.
Der Bankräuber wurde auf der Flucht gestellt und fand dabei den Tod.
Angerechnet werden 3 Monate wegen der langen Dauer des Verfahrens; die Dauer der Untersuchungshaft wird ebenfalls auf die zu erwartende Haftstrafe angerechnet werden. In U-Haft befand sich Franco A. für ca. 7 Monate im Jahr 2017, und erneut seit Februar 2022. Während der Zeit davor, auch während der Dauer des Prozesses, befand er sich auf freiem Fuß. Die U-Haft wurde angeordnet, weil Franco A. während einer Personenkontrolle mit beweiserheblichen ‚Gegenständen‘ angetroffen wurde; der zuständige Richter sah sowohl Flucht- als auch Verdunkelungsgefahr.
https://ordentliche-gerichtsbarkeit.hessen.de/pressemitteilungen/haftbefehl-gegen-franco-a
https://ordentliche-gerichtsbarkeit.hessen.de/pressemitteilungen/oberlandesgericht-frankfurt-am-main-verurteilt-franco-a-zu-einer
Bei den bei der Personenkontrolle vorgefundenen Gegenständen soll es sich um „23 Abzeichen mit Hakenkreuzen und NSDAP-Motiven, 21 Mobiltelefone, 50 Prepaid-Karten, ein gefälschter Impfpass und schriftliche Notizen“ gehandelt haben, schreibt belltower.news .
@1WO: Glauben Sie wirklich, dass sich irgendetwas an den Grundzügen der Beurteilung der Verfassung der BW ändert, wenn Sie auf diesen strafrechltichen Details herumreiten? Die zentrale Frage ist eine politische und da kann es nur heißen: Der Fall Franco A. belegt unabweisbar, dass die BW nicht nur einen Haltungschaden in relevanten Größenordnungen aufweist, der (um im Bild zu bleiben) mit Gymnastik und Physiotherapie zu beseitigen wäre sondern an einer ernsthaften moralischen Verkrüppelung leidet, die mit deutlich invasivem Vorgehen behoben werden müsste. Auch wenn Franco A. im strafrechtlichen Sinne Einzeltäter sein sollte, ist sein Fall gänzlich undenkbar ohne die stillschweigende Duldung, Zustimmung und Unterstützung vieler, auch und gerade seiner Vorgesetzen. So verkommt die BW zum Streichelzoo für (Neo-) Nazis. Ein Warnzeichen in dieser Hinsicht ist m.E. auch, dass immer noch allzuviele Uniformträger die „Blaunen“ für „Patrioten“ halten: Diese Blaunen, die sich von einem gewissen Herrn Putin (das ist der mit den „Informationsoperationen“ einer ausländischen Macht) mit einer Willfährigkeit haben kaufen lassen, die jeder Bordsteinschwalbe die Schamröte ins Gesicht treiben würde. Was ist daran patriotisch?
Der gefälschte Impfpass darf nicht fehlen.
Und Maaßen als Baueropfer darzustellen, weil er doch wohl nur die Wahrheit sagt, ist schon selten dämlich, wenn man bedenkt was der Kerl so in sozialen Medien für einen Müll ablässt. Das der Verfassungsschutzpräsident werden konnte macht wohl jedem anständigen interessierten Bürger durchaus Kopfschmerzen.
@Leser:
Sie sind ja scheinbar damit vertraut. Welche Strafe würde Franco A. Denn für Waffenbeschafgung,-Besitz, mit sich führen, Sprengstoffbesitz und den Asylbetrug erwarten? Nur falls man ihm seine Anschlagsplanung nicht hätte nachweisen können?
@Dominik
Ein gefälschter Impfpass ist halt kein Ausdruck der Meinungsfreiheit, wie manche Leute denken, sondern eine Urkundenfälschung.
Herzlichen Glückwunsch zunächst mal an die Bundeswehr! Jetzt werdet ihr Franco A. wohl wirklich endlich los.
Den „steileren“ Weg, ihn aufgrund seiner „Master-Arbeit“ zu entlassen, den seid ihr nicht gegangen.
Jetzt wird wieder von dem Einzelfall gesprochen. Das ist allerdings ganz weit weg von der Realität.
Wenn man sich jetzt mal anschaut, wie die Russen in der Ukraine agieren, da sehe ich überhaupt keinen Unterschied mehr zwischen einzelnen Protagonisten der BW und der russischen Armee. „Soldaten sind da zum
„ Sterben und zum Töten“ zwischendurch darf natürlich man auch noch ein bisschen vergewaltigen… Alles innerhalb der letzten zehn Jahre in der Bundeswehr mit „ großem Hallo“ propagiert worden! Und was hat die Bundeswehr-Führung dagegen getan?
Nichts wäre wohl noch zu freundlich… die Bundeswehr hat diese Einstellung mit Geldern gefördert. Geldern, die aus der hedonistischen, dekadenten, wertefreien, hedonistischen Bevölkerung stammen.
Nur zur Info: nicht die Bundeswehr sucht sich die Bevölkerung aus, die sie haben möchte. Sondern die Bevölkerung sucht sich die Bundeswehr aus, die sie haben möchte.
Leider beschäftigen sich viel zu wenige Teile der Bevölkerung mit der Bundeswehr. Auch nicht die Medien in ausreichendem Maße. Sonst wäre schon längst Schluss!
@Zivi a.D.
Die Bundeswehr hat mehr als 183.000 Angehörige. Es wurden im letzten Jahr 477 Fälle vom MAD gelistet. 477 bei 183.000 Angehörigen. Sie wollen im Ernst diese Menschen allesamt unter Generalverdacht stellen? Bei Ihrer Logik rate ich Ihnen auf der Hut vor der eventuellen Verfehlung eines Kollegen zu sein. Sie und der gesamte Betrieb könnten dafür verantwortlich gemacht werden.
@Zivi a.D. sagt: 16.07.2022 um 10:15 Uhr
„Die zentrale Frage ist eine politische“
Das sehe ich nicht so. Straftaten sind Straftaten. Dienstvergehen sind Dienstvergehen. Und Charakterschwäche ist Charakterschwäche. Das ist nicht politisch.
„und da kann es nur heißen: Der Fall Franco A. belegt unabweisbar, dass die BW nicht nur einen Haltungschaden in relevanten Größenordnungen aufweist“
Ich sehe keinerlei Anhaltspunkte für diese Behauptung.
Angesichts der umfangreichen Maßnahmen im Nachgang, sogar erhebliche Anzeichen für genau die gegenteilige Situation.
Nichts im Fall Franco A. weist auf ein systematisches Problem innerhalb der Bw hin.
Ausgenommen vielleicht die Frage ob wir wirklich junge DEU OA für fünf Jahre nach Frankreich schicken wollen/sollten…
@Dominik:
Das lässt sich so pauschal nur sehr schwierig beantworten, weil nicht nachgewiesen nicht bedeutet, dass die Umstände der ganzen Geschichte überhaupt nicht berücksichtigt würden.
Ich würde aber vermuten, dass das noch im bewährungsfähigen Bereich gelegen hätte (d.h. unter 2 Jahre). Für Waffenbesitz und Betrug über 6000 Euro kommt man i.d.R. selbst in Bayern nicht sofort ins Gefängnis.
@all
Einen schönen Sonntagmorgen.
Mal ein grundsätzlicher Hinweis: Dieser Thread/dieses Thema wird von einigen dazu genutzt, ihre sehr grundsätzlichen Haltungen zu Bundeswehr ist rechtsextremistisch durchseucht/hat mit Rechtsextremismus nichts zu tun mal in aller Ausführlichkeit darzulegen. Da sind einige Kommentare dabei, die ich sonst stoppen würde, jetzt aber ausnahmsweise mal durchgelassen habe – aber das beende ich dann mal.
Mir ist klar, dass das Thema dazu einlädt. Aber diese Plattform zu nutzen, das Urteil lediglich als Aufhänger für Ausbreiten der jeweiligen Überzeugung zu nutzen (teils mit recht haarsträubenden Herleitungen), muss hier nicht sein.
@ Koffer: Ich würde Ihnen ja gerne darin zustimmen, dass es für die Darstellung von Zivi a.D. keine Grundlage gibt, aber der Beitrag von zahlenderBürger konterkariert dies leider.
Wir befinden uns hier in einer aufgewühlten Diskussion und die Beiträge gehen extrem in jedwede Richtung auseinander. Ein eingängiges Beispiel für Auslegungs- und Interpretationshoheit.
Allerdings wird sich die Realität nicht danach richten, weil Tatsachen halt unabänderlich sind. Wie auch immer es genannt wird, es verbleibt sich dieser tatsächlichen Realität zu stellen.
Mit der Verurteilung ist das Kapitel Franco A. nicht geschlossen sondern bleibt eine Aufgabe für die Bundeswehr genauso wie für die Gesellschaft. Solche Menschen sind ja nicht durch die Bundeswehr so geworden, sie sind ein Resultat der heutigen Gesellschaft und begeben sich dann gerne in Organisationen mit hoheitlichen Aufgaben um was auch immer dort zu finden …?
Die Gesellschaft und ihre Organisationen muss sich dagegen wehren und das ist die Aufgabe eines jeden Einzelnen von uns. Wir müssen für unsere Werte einstehen und auch akzeptieren, dass es andere Positionen gibt. Wir müssen verstehen, dass es um uns herum solche Extremisten gibt, und wir müssen ihnen kritisch begegnen. Man erkennt sie allerdings nicht an einer Uniform oder an einem anderem klar auszumachendem Zeichen. Es gibt Anhaltspunkte, aber letztlich bleibt uns der Blick in die Gedanken anderer Menschen verwehrt.
Aufmerksamkeit ist unsere Aufgabe, und bei entsprechenden Anhaltspunkten ist es unsere Pflicht diesen nachzugehen und nötigenfalls zu offenbaren.
@Eskadron
„Es wurden im letzten Jahr 477 Fälle vom MAD gelistet. 477 bei 183.000 Angehörigen.“
Diese Zahlen des MAD belegen natürlich keinen Generalverdacht gegen die BW.
Aber das Problem ist, dass diesen Zahlen eben nicht allgemein vertraut wird, eben wenn Franco mit seiner „Masterarbeit“ nicht rausfliegt, sondern befördert wird. Da kommt die Vermutung auf, dass diese Zahlen allenfalls die nicht unter den Teppich zu kehrende Spitze des Eisberges ist.
Über den MAD selbst sind ja eher wenige Skandale bekannt, aber über den Verfassungsschutz schon, siehe NSU und dessen ehemaligen Chef. Da ist einfach leider die Vermutung im Raum, dass der MAD ähnlich arbeitet.
Ich selbst kann das – wie inzwischen die meisten Zivilisten – nur bedingt direkt beurteilen, weil ich nicht in der Truppe war, aber eben weil ich von älteren Jahrgängen damals haarsträubende Geschichten aus der Grundausbildung gehört hatte, hatte ich mich dagegen entschieden zu dienen.
Darum glaube ich nicht, dass das alles isolierte Einzelfälle sind, sondern dass die BW zumindest teilweise gemäß der Logik, „Nazis kämpfen gut, also nutzen wir deren Kampfkraft, solange wir sie unter Kontrolle haben“ agiert hat.
Die Ukraine mit Asow wird ähnlich denken (nur offener) und ich vermute stark, das mit der zunehmenden Bedrohung durch Russland das Interesse an einer konsequenten Entnazifizierung der BW abnimmt, weil natürlich erstmal die Kampfkraft darunter leidet.
Aber wie gesagt, ich behaupte nicht, dass die BW ein Nazihaufen ist, nur dass ich stark vermute, dass sehr oft weggeschaut wurde. Anders kann ich mir den Fall hier (und andere) nicht erklären.
@T.W. das war etwas sehr allgemein, ich weiß, aber das soll es auch von mir dazu gewesen sein
Welches Signal sendet Franco A., dessen Profil öffentlich zugänglich ist, an Gleichgesinnte:
Dass wenn man zuvor keine Fingerabdrücke erkennungsdienstlich hinterlassen hat man als Rechtsextremist und deutscher Soldat gute Chancen hat, Politiker zu ermorden und ein „Zeichen“ als Terrorist zu setzten. Und zudem in der BW eine volksverhetzende und menschenverachtende Geisteshaltung an den Tag legen kann, ohne gemeldet zu werden und so seine politischen Pläne vom Staat alimentieren lassen kann… (und nein, jeder Einwand hier beleidigt meine Intelligenz)
MAD versagt*, Verfassungsschutz versagt*, Vorgesetzte versagt*, gerichtliche Vorinstanzen versagt*, Kameraden versagt*, Offizierskorps versagt*, Staatsanwaltschaft streckenweise verzweifelt. Es ist eine Schande für unser Land, betroffene Institutionen und die Gesellschaft.
Wen fordert der Vorgang zur Bewerbung bei der BW auf?
*Versagen ist ein weites Feld aus organisationswissenschaftlicher Sicht. Der Fall lädt zu nachvollziehbaren Versagensbegriffen in einer Bandbreite von Komplizenschaft bis Unfähigkeit ein.
Was zumindest mich immer noch verwundert und aus meiner Sicht eben das narrativ der strukturellen (Rechts-)Problematik in der BW untermauert:
Dass diese Masterarbeit so durchging.
Das lässt sich entweder mit Inkompetenz erklären – dann wusste der Prüfer es nicht besser. Wirft dann ein schlechtes Licht auf die BW, insbesondere auch in Hinblick auf die erfolgten Warnungen aus Paris.
Oder mit Sympathie für Franco A. Nichtmal politischer, aber meinetwegen persönlicher – vielleicht wollte man einfach nicht verantwortlich sein für die möglichen Konsequenzen. Auch dann gälte: Da saß der Falsche am falschen Ort.
Oder mit – und jetzt wirds halt kritischer – politischer Sympathie. Was das bedeutet spar ich mir mal.
Oder mit strukturellen Problemen in der BW, insofern als dass Franco A. befördert werden sollte, weil man Offiziere unbedingt halten will. Ziemlich unschön, wenn dann am Ende jemand wie Franco A. davon profitiert.
Oder oder oder… die Liste ließe sich vmt. länger fortsetzen, aber ich sehe akut keinen Fall, in dem „die Bundeswehr“ gut wegkommt – nur eine Skala zwischen Inkompetenz und Vorsatz. Und es ist bewusst „die Bundeswehr“, selbst wenn es an einem einzelnen Prüfer gelegen haben sollte – denn genau das ist es, was am Ende in der Öffentlichkeit ankommt. Dass mWn nie darüber gesprochen wurde, ob der Fall für den oder die Prüfer Konsequenzen hatte, unterstützt dieses Narrativ letztlich nur (man korrigiere mich hier bitte gegebenenfalls – alle Details habe ich jetzt auch nicht mehr im Kopf). Und das ganz unabhängig davon, ob das Narrativ von der Rechtsblindheit in der BW stimmt oder nicht – entscheidend ist halt, was am Ende hängen bleibt.
@ sakrileg 17.07.2022 um 13:08 Uhr
Vielleicht sollten sie in Erwägung ziehen, dass ihnen nur die Fälle bekannt werden, in denen die Bundeswehr nicht gut wegkommt.
„Bundeswehr hat richtig gehandelt“ oder „Bundeswehr hat Lage im Griff“ – sind halt keine Schlagzeilen.
@Fehlbesetzung: Für das richtig handeln und Lage im Griff haben gibt es den EP14, 100 Mrd. Sondervermögen, Top Gesundheitsversorgung, SAZV, Anerkennung, #fillthegap. Und das obwohl die guten Soldaten meistens wissen, es gibt größeres als sie selbst.
@Fehlbesetzung:
Stimmt natürlich, ist aber ja ein Problem mit dem jede Organisation/Firma leben und für dass man Strategien entwickeln muss.
In dem Satz hatte ich mich allerdings auch nur auf mögliche Erklärungen für das Durchkommen der MA-Arbeit von Franco A. bezogen, das war meinerseits offenbar schlecht formuliert. Und in dem konkreten Fall fällt mir einfach keine Erklärung ein, die nicht irgendwo zwischen den Polen „Inkompetenz“, „Desinteresse“ (was ich zu Inkompetenz zählen würde) oder „Absicht“ (ohne näheres Ansehen des Motives) schwankt. Eine Erklärung außerhalb davon mag es sicherlich geben, dann muss man aber lange suchen vermute ich. Und dann wäre es auch im Interesse der BW gewesen, diese zu benennen.
Meiner persönlichen (wie auch professionellen) Meinung nach, ist weniger der Fall an sich ein dramatisches Problem, als vielmehr der Umgang damit seitens der handelnden Akteure.
Warum? Zum einen ist es sicherlich ein Fakt, dass die Bundeswehr nur teilweise ein Spiegelbild der Gesellschaft ist. Das war sie übrigens auch zu Zeiten der Wehrpflicht nicht – bestimmte Gruppen waren überrepräsentiert, andere unterrepräsentiert. Aber von einer Relation bezogen auf das Vorhandensein politischer bzw. gesellschaftspolitischer Einstellungen ist auszugehen. Und das schließt auch die politischen Ränder mit ein. Was bedeutet, dass es in der Bw auch Menschen mit radikalen Einstellungen, mit nationalchauvinistischen Idealen und auch extremistischen Ausprägungen gibt. Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit auch in der Bw ist ein Fakt. Mit diesem Fakt (als Referenz würde ich eher soziologische Makrostudien nehmen als die BAMAD oder ZInFü-Statistiken) muss ich umgehen, aber ich muss ihn auch anerkennen und benennen.
Doch dieser soziologische Fakt ist heiß umstritten und immer wieder Thema teils bizarr anzusehender Rituale, Berichterstattungen und daraus folgender Maßnahmen seitens der Bw. Meist gehen die Maßnahmen aber an der Truppenrealität vorbei und führen zu Unverständnis oder gar konträren Resultaten.
Das hat viele Ausprägungen – sei es militärische Traditionspflege, das gefühlte Abhaken von politischer Bildung, oder die Ignoranz bezogen auf die politischen Ränder.
Aber … Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit ist auch immer ein Verstoß gegen die Kameradschaft. Dies ist m.E. nicht allen bewusst. Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit ist daher auch immer sicherheitsgefährdend und unterminiert das Verhältnis zwischen der Gesellschaft und den Streitkräften.
Das ist die letztliche Konsequenz vom Umgang mit Vorfällen wie Franco A./ Maximilian T. oder vielen anderen kleinen wie großen Ausprägungen der Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit bei der Bw.
477 Verdachtsfälle auf 183000 Soldaten sind knapp 0,3%, also pimaldaumen 3 Soldaten auf 1000.
Für den Puristen sind das 3 zu viel, für den Pragmatiker ist das erstaunlich wenig.
1. Ich sehe die moralische Integrität der BW noch nicht einmal im Ansatz in Gefahr.
2. Ich nehme mal an, dass das Interesse an der BW ein sozialer Filter ist, dh linksextreme, linke und GRÜNE bewerben sich eher selten.
Dann müssten Rechtsextreme im Vergleich zur Gesamtbevölkerung in der BW überproportional vertreten sein.
Um ehrlich zu sein, 0,3% beunruhigen mich da nicht. Die liefern bei Erkennen die Waffe ab und verlassen die BW.
Wachsam ist gut, Hysterie bewirkt hier eher das Gegenteil.
@kvogeler: Ab wann wurde Franco A., wenn überhaupt, als Verdachtsfall beim MAD statistisch geführt?
Nach der Masterarbeit?
@lukan:
Die Masterarbeit haben Sie und ich nicht gelesen, ich gehe jedoch davon aus, dass die Beschreibung als ein „völkisch-nationalistischer, rassistischer Appell“ stimmt. Eine derartige Masterarbeit hätte natürlich nicht akzeptiert werden dürfen. Eventuell lässt sich das durch freundschaftliche Beziehungen zwischen Prüfling und Prüfer erklären. Das sollte geklärt werden, wenn es sich denn nach 8 Jahren noch klären lässt. Mit Ihrer Einschätzung „…stark vermute, dass sehr oft weggeschaut wurde. Anders kann ich mir den Fall hier (und andere) nicht erklären“ haben Sie wohl leider Recht.
Ich kann Ihnen aus eigenen Erfahrungen aus meiner BW-Zeit in den 90ern berichten. Wir hatten in der Kompanie einen bekannten Rechtsradikalen (Robert W.), zu dem sich auch damals einschlägige Medienmeldungen finden liessen. Um diesen Robert W. scharrten sich zwei Mitläufer für die Dauer der Dienstzeit. Also drei Radikale in einer 120 Mann Kompanie. Ich kann nur wieder mein altbekanntes Mantra anbieten: hier zeigte sich die Stärke der Wehrpflicht. Vom Bäcker aus Aichach bis zum Abiturienten aus Stuttgart war alles vertreten. Es gab ein Geben und Nehmen von Perspektiven, das für alle lehrreich war. Die Etablierung von radikalen Tendenzen als Mainstream wäre undenkbar gewesen, dafür war die soziale Kontrolle aufgrund der Vielfalt an Meinungen viel zu stark. Was die Wehrpflicht hier leisten könnte, ist vielleicht auch gesellschaftlich mal eine Überlegung wert.
@alle:
weiß einer ob es Kalbitz als Ex AFDler zu seiner BW Zeit in die MAD Statistik geschafft hatte? Ich kenne allein 3 BW Angehörige die in Lionsdale und Thor Steinar Klamotten rumlaufen…
Ich find das schon relativ unseriös mit der MAD Zahl zu rechnen, aber eher wegen denen die dort nie auftauchen, obwohl sie locker da rein gehörten.
Als jemand, der an der Universität der Bundeswehr in München studiert hatte, stelle ich die Vermutung auf, dass eine Masterarbeit mit dem Inhalt der Arbeit von Franco A. in Deutschland ernsthafte Konsequenzen gehabt hätte.
Warum?
Es mangelt der Bundeswehr an französisch sprechenden Soldatinnen und Soldaten. Wenn die Bundeswehr bzw. die Bundesrepublik Deutschland einen Offizier zum Studium nach Frankreich entsendet, dann muss dieser der Speerspitze angehören.
Schon nach der Masterarbeit war für Franco A. kein Platz mehr in der Bundeswehr. Wie will man das aber Frankreich „verkaufen“, dass man einen Offizier vom Studium abzieht und aus dem Dienst entfernt?
Rechtlich wäre es geboten gewesen.
In Deutschland hätte man garantiert keine Rücksicht genommen.
„Ich find das schon relativ unseriös mit der MAD Zahl zu rechnen, aber eher wegen denen die dort nie auftauchen, obwohl sie locker da rein gehörten.“
Kann ich so bestätigen.
Die offiziell bekannte Zahl ist nur die bekannte Spitze des Eisberges.
Wer also mit 0,3 % hausieren geht, sollte eines bedenken:
Im Jahr 2020 gab es 160.000 Alkohol- und Drogenverstöße im Straßenverkehr.
Wer jetzt glaubt, dass diese 160.000 auch nur mehr als einen Bruchteil der Alkohol-/Drogenfahrten ausmacht, der ist sehr naiv.
@Florian Staude: Die Masterarbeit ist auf Deutsch. Das Inhaltsverzeichnis kann man bei Welt Online einsehen ( bitte Google, da Link aus bekannten Gründen nicht )
@Dominik: Wie sagte der Vater von Effi Briest einst zu ihr: „Ein weites Feld“
@Luftikus
@Dominik
„Ich find das schon relativ unseriös mit der MAD Zahl zu rechnen, aber eher wegen denen die dort nie auftauchen, obwohl sie locker da rein gehörten.“
„Locker da rein gehörten“ ist keine strafrechtlich relevante Kategorie. Dasselbe gilt für das Tragen von Textilien. So läuft das Spiel mit ALLEN Kriminalstatistiken. Glaube ich, dass in den MAD Zahlen alle relevanten Fälle erfasst sind? Nein, natürlich nicht. Aber es sind eben offizielle Zahlen. Wenn Sie mir Zahlen zu „locker da rein gehören“ liefern, könnten wir an der Stelle weiter diskutieren.
Mich würde generell mal interessieren, ob diejenigen, die hier über die „Spitze des Eisbergs“ in der Bundeswehr Texte verfassen, auch gedient haben. Egal ob als Freiwillige, SaZ oder BS. Kommen die Kommentare aus 1. Hand? Ich gestehe gerne ein, dass meine eigene Erfahrung sich auf die Bundeswehr wie sie vor über 20 Jahren bestand, bezieht. Das ist natürlich nicht die Bundeswehr von heute. Meine Kontakte mit Soldaten die aktuell dienen bzw. vor kurzem noch dienten, zeigen jedoch ein durchaus anderes Bild, als das was Sie hier portraitieren.
Eigentlich wollte ich hierzu gar nicht mehr kommentieren, allerdings gibt es eben Wörter die mich richtig „triggern“. „Bundeswehr Universität München“ ist so ein Begriff.
@Florian Staudte: 2011 hat es einen richtig heftigen Vorfall an der Bundeswehr Universität München gegeben. Drei als rechtsextrem bekannte Studenten der Universität haben in der dortigen Studenten Zeitschrift eine großformatige Anzeige des (auch damals schon) rechtsextremen Verlegers Götz Kubitschek platziert. Eine Werbeanzeige für ein Frauenverachtendes Buch, dass speziell nur für Soldaten geschrieben wurde. Daraufhin hat es ein riesiges Theater um diese drei Studenten gegeben. Die Rektorin der Bundeswehr Universität hat die Entfernung des Hauptprotagonisten aus der BW gefordert. Was ist geschehen? Ein Jahr später hat dieser Mann einen Anti-demokratischen Sammelband herausgegeben, den die Bundeswehr mit finanziellen Mitteln unterstützt hat. Als Mitherausgeber dabei: die beiden anderen Rechtsextremsten. Nur einem von diesen Leuten ist überhaupt etwas passiert. Nämlich Felix S. Der flog dann tatsächlich wegen Rechtsextremismus aus der BW, nachdem Fotos von ihm aufgetaucht sind, wie er bei einer Aktion der Identitären Bewegung mitmacht. Daraufhin wurde er aus dem Dienst entlassen und durfte seitdem im zivilen Dienst bei der Bundeswehr arbeiten. Übrigens ist Maximilian T., ein Kommilitone von Felix S. gewesen. Ja, richtig. An der Bundeswehr Universität München.
@Eskadron: Auf dem Beitrag von @Paradox77 lässt sich praktisch aufbauen.
Wer macht sich da ein Bild? Sobald sich der MAD mit einem Vorgang beschäftigt ist es längst zu spät. Und solange der MAD Jahre an Arbeit vor sich herschiebt, ist es Fahrlässigkeit der Personal- und Budgetverantwortlichen.
Mich würde tatsächlich interessieren, wie der MAD die Masterarbeit des A. bewertet: „Freiheit der Weltanschauungen“ – „Radikal“ – „Extremistisch“. Wo sind die Übergänge von dem einen möglichen Urteil in das Andere. Aber nochmal, das sind Fragen die zu beantworten wären ab dem Moment, wo der MAD genügend Personal hat.
@AoR
Paradox77 hat eleganter formuliert, was ich im Kern dazu im ersten Folder zur Urteil gegen Franco A. ( 15.07.) geschrieben hatte.
Jeder Soziologieprofessor würde einen mit dem Schürhaken durch die Straßen jagen, kämen dieselben unwissenschaftlichen Maßstäbe andernorts zum Tragen. Straftaten, insbesondere Gewaltdelikte und politisch motivierte Kriminalität sind den Kategorien „männlich, junge Erwachsene“ zuzuordnen. Nicht männlichen Vorschulkindern, nicht weiblichen Seniorinnen. Wären die beiden letzteren Gruppen Bw-Angehörige, sähe die Sache ganz anders aus. Die Bundeswehr besteht jedoch zu einem großen Teil aus genau der Kategorie, die grundsätzlich für die Begehung dieser Straftaten überdurchschnittlich oft verantwortlich ist. Dabei ist die Bundeswehr in Bezug auf ihre demographische Verteilung in Deutschland mit keiner anderen „Branche“ vergleichbar. Ich habe bisher keine einzige statistisch normalisierte (also skaliert, nach Gruppen innerhalb und außerhalb der Bw) Untersuchung gesehen, die den institutionellen Effekt (Bundeswehr) untersucht hätte. Aber alle plappern munter drauf los.
Die Frage, die am Ende all dieser dialektischen Spielchen steht, ist doch: Entsteht durch die Bundeswehr eine Gefahr für den deutschen Staat und seine Verfassung? Keiner der noch seine sieben Sinne beieinander hat, kann hier mit einem „Ja“ antworten.
@ BesorgteBürgerin:
Wenn eine Werbeanzeige für ein frauenverachtendes Buch, die vor 11 Jahren (!) in einer Studentenzeitschrift (!) gesetzt wurde und die daraus resultierenden Querelen um drei Oberleutnante, Sie triggert, ist das bedauerlich.
Die von Ihnen beschriebenen Fälle und Spinner wird es leider immer wieder geben. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Die Frage ist doch: sind sie relevant für die Zuverlässigkeit der Bundeswehr?
@ AoR
Ich habe nicht über die Sprache der Masterarbeit spekuliert. Franco A. kann ganz vernünftig französisch sprechen, was in der Bundeswehr und insbesondere in bestimmten Verwendungen einen Vorteil mit sich bringt.
Die Tatsache, dass das Studium in Frankreich stattfand, und seine Sprachkenntnisse haben ihn vor den Konsequenzen geschützt, die es zweifellos in Deutschland gegeben hätte. Da bin ich mir sehr sicher.
@Eskadron:
Es geht um den Umgang der BW mit solchen Leuten. Die Institutionen der BW Versagen ja gewohnheitsmäßig. Zusammen mit Polizeibehörden und Verfassungsschutz denen es ähnlich geht, finde ich das bedenklich.
Und ja Rechtsextremisten in der BW machen mir persönlich mehr „Angst“ als irgendein Islamist. Zugang zu Waffen und Informationen sind zb solche „Angstverstärker“….
@BesorgeBürgerin
Zu den „drei als rechtsextrem bekannten Studenten“: Wir leben in einem Rechtsstaat, und da stuft nicht das gesunde Volksempfinden Menschen als extremistisch ein, sondern die dazu zuständige Behörde. Keiner der drei Studenten war zu diesem Zeitpunkt entsprechend eingestuft, und auch der erwähnte Verleger nicht. Im Übrigen empfehle ich Ihnen, im eigenen Interesse einmal einen Blick in den § 186 StGB zu werfen.
[So, Ende jetzt. Andere Komentatoren anzugehen, ihnen strafbares Verhalten vorzuwerfen, weil sie Ihrer Meinung widersprechen, und dabei vorsätzlich mit Begriffsverschiebungen zu operieren, läuft hier nicht. Diese Art der Argumentation ist aus der Richtung gut bekannt und dokumentiert, und Sie lassen das jetzt – oder lassen es hier.
Zur Erinnerung noch mal:
https://augengeradeaus.net/2011/07/munchner-bundeswehr-uni-untersagt-werbung-fur-neue-rechte/comment-page-5/
T.W.]
@AoR
Wenn bekannt würde, dass das BAMAD Masterarbeiten auswertet und auf dieser Grundlage Entscheidungen zum Nachteil der Betroffenen trifft, hätten diese vor Gericht gute Karten und das Amt den nächsten Skandal wegen mutmaßlichem Verstoß gegen Art. 5 Abs. 3 GG. Im Fall Franco A. haben andere versagt; wenn man der Darstellung des Gerichts folgt vor allem Vorgesetzte und Kameraden.
@sakrileg sagt: 17.07.2022 um 13:08 Uhr
„Dass diese Masterarbeit so durchging.“
@Eskadron sagt: 17.07.2022 um 19:58 Uhr
„Die Masterarbeit haben Sie und ich nicht gelesen, ich gehe jedoch davon aus, dass die Beschreibung als ein „völkisch-nationalistischer, rassistischer Appell“ stimmt. Eine derartige Masterarbeit hätte natürlich nicht akzeptiert werden dürfen.“
Ist sie doch gar nicht!
Die Masterarbeit wurde von Sain-Cyr zurückgewiesen. Der zuständige DEU Disziplinarvorgesetzte in Verbindung mit dem zuständigen Rechtsberater hat den Vorfall untersucht.
Sowie so gut. Das die beiden dann zum Ergebnis kamen, dass Franco A. „noch zu retten ist“ (meine Worte), mag aus heutiger Sicht absurd wirken, aber es ist nun einmal sehr einfach es im nachhinein besser zu wissen.
Die Frage die ich mir gestellt habe, ist ob man Franco A. nach diesem Vorgang nicht besser hätten „begleiten“ (ggf. auch MAD-technisch überwachen) müssen. Andererseits sind solchen „roten Reitern“ rechtlich sehr (!) enge Grenzen gesetzt. Grundrechte und so…
Ich meine mich aber zu erinnern, das damals der MAD nicht informiert wurde. Es also „nur“ aus der Dienstvergehen/Dienstrechts-Brille betrachtet wurde. Vielleicht ist das die Lehre aus diesem Vorgang. (Aber vielleicht erinnere ich mich auch falsch und der MAD wurde informiert.)
@Besorgte Bürgerin sagt: 16.07.2022 um 20:36 Uhr
„Herzlichen Glückwunsch zunächst mal an die Bundeswehr! Jetzt werdet ihr Franco A. wohl wirklich endlich los.
Den „steileren“ Weg, ihn aufgrund seiner „Master-Arbeit“ zu entlassen, den seid ihr nicht gegangen.“
Naja, wenn Sie sich ein bisschen auskennen, dann wissen Sie vermutlich, dass Franco A. zum Zeitpunkt der Master-Arbeit bereits nicht mehr innerhalb der ersten vier Dienstjahre war. Eine Entlassung im Verwaltungsverfahren (die relativ einfach ist), war also gar nicht mehr möglich. Und für eine Entlassung durch Truppendienstgericht sind die Hürden (aus guten Gründen) SOOO hoch, dass ich meine Zweifel daran habe, dass das durchgegangen wäre. Der zuständige Rechtsberater hat sich ja damals den Fall angeschaut und sah offensichtlich nicht genügend Substanz für ein solches Verfahren.
Im Nachhinein ist man natürlich immer schlauer, aber so funktioniert die Welt nicht. Man muss auf der BAsis der bekannten Fakten handeln und ist in einem Rechtsstaat an enge Regeln gebunden. Willkür ist nun einmal grundgesetzwidrig…
@Dominik sagt: 18.07.2022 um 22:00 Uhr
„Es geht um den Umgang der BW mit solchen Leuten. Die Institutionen der BW Versagen ja gewohnheitsmäßig.“
Steile These.
@Eskadron: Was die Studie angeht sind wir auf dem richtigen Weg. Die BW ist sicher keine Gefahr für die Gesellschaft, was aber festzustellen ist, ist die Tatsache, dass diese rechtsextreme Agitation von Netzwerken einen Keil zwischen die BW und die Gesellschaft treibt. Unabhängig davon ob es sich um Radikalität oder Extremismus handelt.
Der GI möchte 17.000 Stellen neu besetzen. Die Gesellschaft fragt sich, was mit den restlichen 184.000 Stellen so los ist. @BesorgteBürgerin hat da schon recht. Es sind zu viele Spinner und die kennen sich untereinander.
@Florian Staude: Dann habe ich sie falsch verstanden.
@Dominik: Die Institutionen der BW leiden unter Reformen. Die neue Reform wird angesetzt, wenn die Reform davor am Höhepunkt ihrer Umsetzung steht.
-Trennung-
Es entsteht so tatsächlich die Gefahr, dass wir auf dem selben Weg sind wie die USA. Dort ist das Land gespalten zwischen Weißen aus ländlichem Gebiet, welche sich durch Liberale und Mitbürger anderer Ethnien ( in D mit Migrationshintergrund ) bedroht fühlen. Die BW ist leider eher eine Institution die erstere Gruppe anzieht. Kein Vergleich zur Privatwirtschaft und Gesamtgesellschaft. Und da sind meine Erfahrungen noch recht frisch.
Die Lösung des Problems ist in der Frage zu suchen, wo und mit welcher Außendarstellung die BW am Arbeitsmarkt auftritt. Zudem ist anzuerkennen, wie absolut schädlich (sowohl direkt wie indirekt) die Zersetzungstätigkeit dieser Spinner ist.
Danke an @T.W, dass er damals diese Buch bei erscheinen getweetet hat:
Dirk Laabs
Staatsfeinde in Uniform. Wie militante Rechte unsere Institutionen unterwandern
https://pw-portal.de/schlaglichter/41183-staatsfeinde-in-uniform-wie-militante-rechte-unsere-institutionen-unterwandern
@AoR sagt: „Die BW ist sicher keine Gefahr für die Gesellschaft, was aber festzustellen ist, ist die Tatsache, dass diese rechtsextreme Agitation von Netzwerken einen Keil zwischen die BW und die Gesellschaft treibt.“
Das ist völlig richtig, jedoch nur die Hälfte der Wahrheit. Von Seiten der Rechten wird versucht innerhalb der Bundeswehr zu rekrutieren und Netzwerke zu knüpfen. Zudem wird jedoch auch immer nach außen der Eindruck erweckt, dass drei Grantler die sich auf Telegram austauschen, eine halbe Armee sind. Dieser Eindruck wird von der Rechts und Links (einschließlich der Flügel von Mainstream-Parteien) erweckt, natürlich mit jeweils unterschiedlichen politischen Absichten. Die Agitation von Rechts und Links ist gleichermaßen ein Problem für die Stellung (vgl. Personalbedarf) der Bundeswehr in der Gesellschaft. Mir ist bewusst, dass man mit dem Versuch die Vorgänge in Relation zu setzen einen Drahtseilakt unternimmt.
@Eskadron
„die hier über die „Spitze des Eisbergs“ in der Bundeswehr Texte verfassen, auch gedient haben.“
Ja.
Ich für meinen Teil kann auf jeden Fall sagen, dass sehr viele Rechte oder Menschen mit rechten Meinungen in der Armee dienen.
Sind sie die Mehrheit? Nein, auf keinen Fall.
Eine kleine (!) Minderheit? Ja.
Sind alle Rechte ein Problem? Nein, auf keinen Fall.
Ist ein Soldat ein Problem, der intolerant ist? Ja.
Wo fängt Toleranz an und wo hört sie auf? Muss die Gesamtgesellschaft jeden Tag aufs Neue entscheiden.
Natürlich ist ein Soldat mit einer „merkwürdigen“ Meinung auch nur ein Mensch mit einer merkwürdigen Meinung und nicht mehr.
Aber man wundert sich dann doch seeeeehr oft, welche sehr merkwürdigen Meinungen bei vielen Soldaten vertreten sind.
2015 bei den Flüchtlingen wurde das sehr offensichtlich meiner Meinung nach.
Aber „merkwürdig“ ist nicht gleich illegal und Rechts ist nicht gleich rechtsextrem. Das ist auch klar.
Wenn aber in der Freizeit ein Soldat Sätze sagt wie „der Höcke muss an die Macht und mal aufräumen“, dann kann der Soldat im Dienst noch so tolerant sein und gute Arbeit leisten.
Und selbst gedruckte T-Shirts mit „merkwürdigen Meinungen“, die eindeutig eine Richtung darstellen, sind auch ein Ausdruck des Trägers.
Gerne werden diese Meinungen aber auch nur dann offenbart, wenn man sich unbeobachtet fühlt oder im Kreise ähnlich Denkender ist (oder diese glaubt).
Und von diesen Soldaten begegnen mir leider sehr viele und mit jedem Jahr auch mehr.
Und ich bin selbst auch intoleranter geworden, also ist die Schere (der Abstand) zwischen mir und denen nicht größer geworden.
Interessanterweise verändern sich auch sehr viele in der Bundeswehrzeit stark in diese Richtung.
Aber das soll dann jemand mal ganz wissenschaftlich untersuchen.