Raketenschutzschirm für Deutschland? Laut Lambrecht noch keine Entscheidung über Notwendigkeit

Während in Deutschland seit dem vergangenen Wochenende über einen Raketenschutzschirm debattiert wird, ist über die Notwendigkeit eines solchen Schutzschildes in der Bundesregierung noch keine Entscheidung getroffen. Verteidigungsministerin Christine Lambrecht sagte bei einem Besuch in Washington, erst müssten die Gefahren identifiziert werden, die bewältigt werden müssten.

Die Ministerin äußerte sich am (heutigen) Mittwoch nach einem Treffen mit ihrem Kollegen Lloyd Austin  in der US-Hauptstadt auf die Frage, ob dabei auch eine deutsche Beschaffung des Raketenabwehrsystems THAAD (Terminal High Altitude Air Defense) besprochen worden sei:

20220330 Lambrecht Washington THAAD     

 

Zunächst müsse also erst einmal, das machte Lambrecht deutlich, die Bedrohung analysiert werden – erst danach könne darüber gesprochen werden, ob und welche Abwehrsysteme beschafft werden sollten.

Hintergrund waren Meldungen der vergangenen Tage, nach denen Deutschland sowohl an dem US-Abwehrsystem THAAD als auch an dem von Israel gemeinsam mit den USA entwickelten Arrow3-System interessiert sei. Während die Meldung über das israelische System zu einer intensiven Debatte geführt hatte, war die vorangegangene Meldung über das Interesse an THAAD hierzulande praktisch unbeachtet geblieben.

Bundeskanzler Olaf Scholz hatte am vergangenen Sonntag in der ARD-Sendung Anne Will zwar von entsprechenden Überlegungen gesprochen:

Ich habe mir vorgenommen, jetzt nicht die Einzelheiten eines noch nicht zu Ende abschließend beratenden Plans hier auszuplaudern. Aber ich kann Ihnen sagen, das gehört ganz sicher zu den Dingen, die wir beraten. Aus gutem Grund.

Nach Lambrechts Äußerung ist allerdings klar, dass es zunächst kaum um unmittelbare Beschaffungsentscheidungen für eine Raketenabwehr mit Systemen oberhalb der bereits in der Bundeswehr vorhandenen Patriot-Flugabwehrbatterien gehen dürfte.

Die Luftwaffe veröffentlichte ebenfalls am Mittwoch eine Übersicht über den aktuellen Stand der Luftverteidigung in Deutschland und im Rahmen der NATO. Darin wird auch deutlich, dass ein wesentlicher Teil der Raketenabwehr (Ballistic Missile Defence, BMD) in Europa derzeit von den USA abhängt:

Die NATO verfügt für die Aufgabe BMD über eigene Gefechtsstände zur Führung und stützt sich vor allem auf Fähigkeiten der USA, die sowohl permanent in Europa stationiert sind als auch temporäre Kräfte zu Land und auf See haben. Die BMD-Fähigkeiten bilden, neben den konventionellen Streitkräften und der nuklearen Abschreckung, einen wesentlichen Bestandteil des strategischen Mixes der NATO. Deutschland kann mit seinen Patriot-Einheiten einen Beitrag zur NATO BMD durch den Schutz besonders gefährdeter Einrichtungen leisten.

(Archivbild: A Terminal High Altitude Area Defense (THAAD) interceptor is launched from the Pacific Spaceport Complex Alaska in Kodiak, Alaska, during Flight Experiment THAAD on July 30, 2017. During the test, the THAAD weapon system successfully intercepted an air-launched, medium-range ballistic missile (MRBM) target – Leah Garton/U.S. Missile Defence Agency)