Finanz-Warnbrief ans Verteidigungsministerium: „Realistische Planung“ bei langfristigen Ausgaben, Soldaten-Altersgrenze steht zur Disposition
Der Angstgegner jeder Verteidigungsministerin, jedes Verteidigungsministers in der eigenen Regierung ist nicht, wie oft geunkt wird, der Bundesfinanzminister. Ein weit härterer Kontrahent, unabhängig von der Parteizugehörigkeit, ist der für die Aufstellung des Haushalts zuständige Staatssekretär im Finanzressort. Werner Gatzer, bereits unter Finanzminister Olaf Scholz in diesem Amt, hat nun für den nächsten Haushalt harte Forderungen ans Verteidigungsministerium gestellt – und dabei geht’s noch nicht mal in erster Linie um die Höhe des Wehretats insgesamt.
Der Brief, den Gatzer in der vergangenen Woche an seine Kollegin Margaretha Sudhof im Wehrressort schrieb, folgt zwar in der Grundlinie den Briefen, die aus dem Finanzministerium in diesen Tagen zum Entwurf der Fortschreibung des Bundeshaushalts 2022 sowie der Eckwerte zum Bundeshaushalt 2023 und zum Finanzplan bis 2026 an alle Bundesministerien rausgehen:
Der Koalitionsvertrag gibt die klare Leitlinie für die Haushaltsaufstellung vor. … Leider muss ich feststellen, dass die Anmeldungen der Ressorts mit zusätzlichen Ausgaben von 70 Mrd. Euro im Jahr 2022 und weiteren Ausgabewünschen im mittleren dreistelligen Milliardenbereich in den Folgejahren in keiner Weise den finanzpolitischen Vereinbarungen entsprechen, die zur Einhaltung des Koalitionsvertrages und der grundgesetzlichen Vorgaben erforderlich sind.
Aber natürlich geht der Finanz-Staatssekretär auch auf die Besonderheiten des Verteidigungshaushalts ein (Für den Einzelplan 14 bitte ich folgende Hinweise zu beachten). Dabei steckt der Sprengstoff nicht mal in den Planungen für die Gesamthöhe des Wehretats in den kommenden Jahren – zumal die, wie auch die damit verbundene so genannte NATO-Quote, dem Anteil dieses Haushalts am Bruttoinlandsprodukt, am Ende eine politische Entscheidung auf Ebene von Bundeskanzler und Kabinett ist.
Wesentlicher dürften die technisch klingenden Anmerkungen Gatzers sein, die unterhalb dieser Schwelle liegen, aber große Auswirkungen auf die Beschaffungsplanung der Streitkräfte haben:
Weiterhin weise ich darauf hin, dass die im Einzelplan 14 enthaltenen Verpflichtungsermächtigungen (VE) – auch im Hinblick auf die in der Vergangenheit gestiegenen Inanspruchnahmequoten bei den einzelnen VE – plafondneutral auszufinanzieren sind und bitte darum, dies bei der Anmeldung für den Bundeshaushalt 2023 und Finanzplan bis 2026 zu berücksichtigen. Neue VE sollen nur im Einklang mit den vorhandenen Ansätzen im Finanzplan unter Berücksichtigung der Haushaltsreife und realistischer Planung veranschlagt werden. Die Vielzahl der in der Vergangenheit entstandenen Deckungsmöglichkeiten im Einzelplan soll von nun an im Hinblick auf eine gesicherte Planbarkeit des Mitteleinsatzes schrittweise zurückgeführt werden.
Mit den so genannten Verpflichtungsermächtigungen kann das Verteidigungsministerium Verträge für Rüstungsgüter abschließen, deren Kosten erst in den nächsten Jahren fällig werden. Der Wehretat weist die mit Abstand höchsten Verpflichtungsermächtigungen auf, weit mehr als zum Beispiel der Verkehrshaushalt, in dem ebenfalls langfristige Vorhaben über solche Ermächtigungen abgedeckt werden: Im vergangenen Jahr wurden dafür nach einer Übersicht des Finanzministeriums 24,8 Milliarden Euro eingeplant, von denen bis 2025 pro Jahr bis zu vier Milliarden und nach 2025 dann 13,4 Milliarden Euro benötigt werden.
Die entsprechenden Verträge allerdings kann das Verteidigungsministerium schließen, sobald das Parlament zugestimmt hat – und diese Verträge haben dann auch Einfluss auf den Spielraum, den es im Verteidigungshaushalt der kommenden Jahre gibt. Was der Finanz-Staatssekretär hier fordert, wird sich auf neue Beschaffungen der Bundeswehr auswirken: Die Forderung nach realistischer Planung enthält den dezenten Hinweis, dass das Wehrressort in den vergangenen Jahren, laienhaft gesprochen, ungedeckte Schecks auf die Zukunft erhalten hat.
Ob und welche langfristigen Projekte damit möglicherweise gefährdet sind, ist noch offen. Vor einem Jahr wurde, noch unter der damaligen Koalition von Union und SPD, im Entwurf für den Haushalt 2022 eine Brandmauer eingezogen: Vor allem multinationale Projekte wie das deutsch-französisch-spanische Future Combat Air System (FCAS) und die gemeinsam mit Norwegen geplanten neuen U-Boote sollten gesichert werden, ebenso die Beschaffung eines Nachfolgemodells für das veraltete Kampfflugzeug Tornado. Allerdings: Das damals ebenfalls genannte Taktische Luftverteidigungssystem (TLVS) wurde noch unter der schwarz-roten Koalition auf unbestimmte Zeit vertagt.
Ebenso hart wie absehbare Einschränkungen bei der Beschaffung dürften das Verteidigungsministerium die Vorgaben zum Personal treffen. Denn mit den Gehaltsrunden für die Arbeitnehmer*innen im öffentlichen Dienst steigt in der Regel dann auch die Besoldung von Soldat*innen (wie Beamt*innen). Und diese absehbaren Solderhöhungen, warnt Gatzer, wird das Wehrressort aus dem eigenen Haushalt bezahlen müssen. Einen Finanzierung über die Allgemeine Finanzverwaltung, den Einzelplan 60, wie mehrfach in den vergangenen Jahren werde es nicht geben:
Innerhalb des Ve1ieidigungsetats ist sowohl für das Jahr 2022 als auch die Folgejahre sicherzustellen, dass die Personal- und Versorgungsausgaben bedarfsgerecht veranschlagt sind. Der Vollständigkeit halber weise ich daraufhin, dass für die Auswirkungen der nächsten Tarif- und Besoldungsrunde 2023 keine zentrale Vorsorge vorgesehen wird.
Damit ist noch längst nicht alles zum Thema Personal – und auch Personalstärke – der Bundeswehr gesagt. Aus Gatzers Schreiben:
Nach dem Koalitionsvertrag müssen die Strukturen der Bundeswehr effektiver und effizienter gestaltet werden mit dem Ziel, die Einsatzbereitschaft zu erhöhen. In dem Zusammenhang sieht der Koalitionsvertrag eine kritische Bestandsaufnahme zu Personal, Material und Finanzen der Bundeswehr vor. Vor diesem Hintergrund und angesichts absehbarer Herausforderungen für den Sachhaushalt des Verteidigungsetats für die Folgejahre stelle ich das im 1. Regierungsentwurf 2022 noch enthaltene Zugeständnis der neuen Planstellen für Soldatinnen und Soldaten im Kap. 1403 in Frage. Im Rahmen der anstehenden Bestandsaufnahme sollte auch die längerfristige militärische Personalplanung kritisch überprüft werden.
Wie das Zugeständnis aussieht, hatte das Verteidigungsministerium im vergangenen Jahr so umrissen:
Sowohl im militärischen als auch im zivilen Bereich sind eine Vielzahl an Verbesserungen im Personalhaushalt vorgesehen. Die neue Veranschlagungsstärke der Bundeswehr liegt bei 176.500 Soldatinnen und Soldaten. Die Zahl der freiwillig Wehrdienstleistenden bleibt bei 12.500, die der Reservistendienstleistenden bei 4.500.
Der Hinweis Gatzers ist damit zugleich eine Vorgabe für die Bestandsaufnahme, die sich das Verteidigungsministerium selbst bis Ende Mai verordnet hat – deutlich nach den Haushaltsberatungen und den für Anfang März vorgesehenen Festlegungen des Bundeskabinetts zum Haushalt. Mit anderen Worten: Die Personalstärke der Truppe steht nach Ansicht des Finanzministeriums auf dem Prüfstand.
Während das alles die Truppe selbst langfristig und überwiegend indirekt betrifft, zielt ein anderer Vorstoß Gatzers auf die Situation vieler Soldatinnen und Soldaten: Die Altersgrenze, bis zu der sie arbeiten müssen, steht aus Sicht des Finanz-Staatssekretärs zur Disposition.
Um gleichzeitig die Personalplanung im militärischen Bereich langfristig auf eine verlässliche Grundlage zu stellen, die auch der demografischen Entwicklung in Deutschland Rechnung trägt, schlage ich vor, dass das BMVg und das BMF zeitnah in Gespräche darüber eintreten, in welchem Umfang eine Anhebung der allgemeinen und besonderen Altersgrenzen für Berufssoldatinnen und -soldaten sachlich vertretbar und notwendig ist. Ich beabsichtige, diese Thematik in die Haushaltsgespräche einzubeziehen.
Betroffen davon wären die – Stand Dezember 2021 – gut 55.000 Berufssoldat*innen. Welche Altersgrenzen für sie gelten, insbesondere die niedrigere besondere Altersgrenze, ist in Paragraph 45 des Soldatengesetzes geregelt.
Nun ist das nicht der erste Vorstoß dieser Art. Bereits 2016 hatte das Verteidigungsministerium unter der damaligen Ressortchefin Ursula von der Leyen selbst vorgeschlagen, dass Soldatinnen und Soldaten im gleichen Alter wie andere Staatsdiener in den Ruhestand gehen und nicht mehr wie bisher je nach Dienstgrad früher pensioniert werden sollten. 2018 hatte das Finanzministerium darauf gedrungen, die allgemeine Altersgrenze für Soldatinnen und Soldaten anzuheben, war aber auf Widerstand auch in der eigenen Koalition gestoßen.
Viel Zeit zum Gespräch über die erwarteten Änderungen in den Haushaltsplanungen des Verteidigungsministeriums gibt Gatzer seiner Kollegin Sudhof nicht. Um den Zeitplan für die Beratung im Bundeskabinett einhalten zu können, schrieb der Staatssekretär, müssten die entsprechenden Gespräche bis spätestens 25. Februar 2022 abgeschlossen sein.
(Archivbild Mai 2021: Verkehrsposten bei der Übung White Sparrow in Munster – Marco Dorow/Bundeswehr)
Giordano Bruno sagt:
05.02.2022 um 19:07 Uhr
„@Felix2 ich sprach von Mehrarbeit, also Überstunden.“
Dies war Ihre Aussage:
„@TW mMn wirkt sich das auf die Umsetzung des Mindestlohns bei der BW aus.
Unteren Mannschaftsdienstgrade bekommen 10,07€? Mindestlohn ist ab 01.07. schon 10,45€ und steigt auf 12€.“
Versehen mit einem ?.
In Bezug zum Mindestlohn.
Deshalb wollte ich nur verdeutlichen,
dass Mann-SaZ bereits jetzt beim
Einstiegsgehalt über dem kommenden Mindestlohn von 12 € / Brutto liegen.
Dazu würden dann ja noch die Vergütung für Mehrarbeit (ab 13,61 €/h/Brutto), bzw. ATZ (91 €/Tag/Brutto) kommen, wenn die Auszahlung durch den Disziplinarvorgesetzten festgelegt wird.
Wer sich kostenloses Bahnfahren für alle Soldatinnen und Soldaten ohne jegliche Limitierung leisten kann, der hat eindeutig zu viel Geld. Geldverschwendung muss man sich leisten können.
Ich hoffe als Angehöriger der Bundeswehr inständig, dass der Geldhahn zugedreht wird.
Wir haben zu viele „weiße Elefanten“ (nutzlose Rüstungsprojekte), die das Geld verschlingen.
@Florian Staudte sagt: 06.02.2022 um 10:12 Uhr
„Wer sich kostenloses Bahnfahren für alle Soldatinnen und Soldaten ohne jegliche Limitierung leisten kann, der hat eindeutig zu viel Geld. Geldverschwendung muss man sich leisten können.“
Ich persönlich halte die Maßnahme für eine der besten der Fürsorgemaßnahmen der letzten Jahrzehnte. Es unterstützt Soldaten dort wo sie (überproportional) anders sind als andere Staatsdiener und erinner die Öffentlichkeit zugleich an ihre Streitkräfte.
Zwei für den Preis von einem.
„Wir haben zu viele „weiße Elefanten“ (nutzlose Rüstungsprojekte), die das Geld verschlingen.“
Nutzlose Rüstungsprojekte habe ich ehrlich gesagt in den letzten Jahren keine gesehen. Schlecht aufgesetzte allerdings einige.
Andererseits ist das nichts ungewöhnliches im Rüstungsbereich jeder Nation die ich kenne, so das es bis zu einem gewissen Grade irgendwie systemimmanent zu sein scheint. Müsste man mal wissenschaftlich erforschen. Aber natürlich heisst das nicht, dass wir nicht besser werden müssen. Wobei es natürlich auch helfen würde, wenn die Politik uns auch lassen würde…
@woody:
„Hier wird im allgemeinen von Mehrkosten ausgegangen, welche die durch die tarifbedingten Erhöhungen bedingten Mehrkosten deutlich übersteigen.“
Damit würde der Druck auf MatInvest ja nochmals erheblich zunehmen.
Das werden dann wohl interessante Jahresprogrammverhandlungen.
Wobei die auch ziemlich kurz werden könnten. Kein Projektblatt für folgende Vorhaben: …
@Florian Staudte:
Beim Zudrehen des Geldhahnes ist dann aber auch kein Geld mehr da für die sinnvollen Projekte (wobei die Einteilung höchst subjektiv sein dürfte).
Be careful what you whish for…
Wenn die obigen Pläne umgesetzt werden, dann kommt eine noch größere Reform als die von TdM.
@Cato sagt: 06.02.2022 um 0:16 Uhr
„Die hier geführte Debatte zu den besonderen Altersgrenzen für Soldaten verfolge ich als 68 jähriger, Reserveoffizier einigermaßen amüsiert. Bis zur (zivilen) Altersgrenze (derzeit 65 Jahre und einige „Bonus“-Monate) war ich in einem bundeseigenen Unternehmen voll berufstätig.. Auch komme ich aus einer Familie, in der es teilweise üblich ist, bis ins hohe Alter weiter zu arbeiten.“
Sie übersehen zwei wesentliche Unterschiede zwischen Ihnen und mir als Reserveoffiziere und den aktiven Kameraden. Wir können uns unsere Verwendung nahezu aussuchen, im Prinzip geht es nur um die Qualifikation, und selber entscheiden, wie lange wir üben, uns also einbringen. Von Auslandseinsätzen mal ganz zu schweigen.
Und Sie haben freiwillig selber entschieden, wie Ihre Familienmitglieder auch, länger als bis zur allgemeinen Zurruhesetzungsgrenze zu arbeiten. Das würde mit einer Heraufsetzung der Altersgrenze eben entfallen. Und machen wir uns nichts vor, 67 Jahre ist nicht das letzte Wort.
Ich möchte weder so lange arbeiten noch dienen, also weder zivil noch militärisch. Ich habe da eben als Soldat auch Ansprüche an meine körperliche Fitness und möchte nicht, überspitzt gesagt, mit dem Rollator zum Dienst kommen. Hinterher heißt es, „da kommt Opa und erzählt wieder Geschichten aus dem Krieg“, grauenvolle Vorstellung. Und ja, ich mache beide Jobs gerne und habe sogar meinen Traumberuf ergriffen. Aber man sollte aufhören, bevor andere sagen „Hoffentlich geht er bald.“.
Wie gut, daß Herr Scholz dieser Tage bei Herrn Biden vortragen darf, wie sich die Bundesrepublik ihren Beitrag zur Verteidigungsbereitschaft des Bündnisses so vorstellt 😎
@ Cato
„Sicher sind die Zeiten an Bord meines MARDERs lange vorbei, aber als 65+-Soldat würden mir z.B.. in der Projektbegleitung bei der Entwicklung und Einführung des PUMA Fehlleistungen wie inkompatible digitale Benutzeroberflächen genauso wenig passieren, wie die Ausrüstungsüberfrachtung von deren Besetzungen und unterdimensionierte Stauräume. Ich traue einigen von uns Älteren auch zu unser Geld einfach dadurch zu verdienen, dass wir Mehrfach- und sonstige Fehlentwicklungen in der Bundeswehr aufspüren und als Zuarbeiter der politisch Verantwortlichen zumindest reduzieren (so es denn der Ministerin und dem Verteidigungsausschuss mit einem Umsteuern ernst sein sollte). Als solche „qualitätsverbessernde Maßnahme“ haben übrigens bereits die römischen Kaiser die „Evocati“ eingeführt. “
Das ist sicherlich löblich und ich meine keinen Disrespekt, aber ist das wirklich ein Auftrag für Soldaten?
@Memoria sagt: 06.02.2022 um 11:33 Uhr
„Damit würde der Druck auf MatInvest ja nochmals erheblich zunehmen.
Das werden dann wohl interessante Jahresprogrammverhandlungen.“
Und damit wären wir auch wieder bei den Befürchtungen, die schon bei AKKs (geglücktem?) Stunt für mehr Haushaltsmittel im Raum standen: Die neu vereinbarten Großprojekte (P-8, PEGASUS, U-212CD,…) verbrauchen langfristig mehr Geld als zusätzlich zur Verfügung steht, so dass dies auf Kosten von Betrieb und kleineren Investvorhaben geht.
Link zur aktuellen Finanzplanung: https://augengeradeaus.net/2021/06/verteidigungshaushalt-soll-2022-und-danach-staerker-steigen-als-geplant-erstmals-ueber-50-mrd-euro/
(@T.W.: Oben sind die Werte von März ´21 verlinkt. Der Nachtrag Juni ´21 müsste aktuell noch gültig sein, oder?)
Unabhängig davon die Frage, wie man dieses Satz des BMF einschätzen darf:
„Die Vielzahl der in der Vergangenheit entstandenen Deckungsmöglichkeiten im Einzelplan soll von nun an im Hinblick auf eine gesicherte Planbarkeit des Mitteleinsatzes schrittweise zurückgeführt werden.“
Ist hier das BMF leicht genervt von den erfolgreichen Bemühungen des Verteidigungsressorts, das beste für sich herauszuholen? Ein verstecktes Lob an BMVg und AKK?
Felix2 sie haben recht. Ich habe es nicht nur missverständlich ausgedrückt, ich hab auch noch in die alte Tabelle geschaut (die war aber so im Intranet).
Die Kernaussage, dass die zu erwartenden Mehrausgaben nicht kostenneutral gestellt werden bleibt aber.
Für die Zukunft klaue ich besser ihr 11.58€ Beispiel.
@ Memoria
Wahrscheinlich haben Sie keine Vorstellungen davon, wo die Streitkräfte überall das Geld in fragwürdiger Weise verbrennen. Alleine die Ausgaben für den morgigen Besuch der Ministerin in Munster. Zum Glück weiß die deutsche Bevölkerung nicht, was hier zum Teil abläuft.
Ich hoffe auf den Finanzminister, der der Bundeswehr hoffentlich das Geld zusammenstreicht.
Unbedingt – denn gerade in Bezug auf neues Wehrmaterial hat sich gezeigt, dass den industrieseitigen Ingenieuren oftmals der Blick aus Sicht der Anwender fehlt. Deutlich zuletzt beim PUMA: Sprechen Sie beispielsweise mal mit ehemaligen BS aus der ProjGrp PUMA, die jetzt ab und an eine Wehrübung in der PzTrS machen; was da erzählt wird, lässt einen staunend und auch fassungslos zurück. Insofern gäbe es schon eine Verwendung für Soldaten jenseits der 60, wo man sich die teils jahrzehntelang erworbene Erfahrung zunutze machen könnte.
Geht es eigentlich nur mir so, dass ich die angesprochenen Ziele als diametral widersprüchlich klassifizieren würde? Eine Verschlankung des Personalkörpers, bei gleichzeitigem Anhebens/Aufgebens der besonderen Altersgrenze für Berufssoldaten, führt doch unweigerlich zu einer noch ungünstigeren Alterspyramide in den Streitkräften.
Ein Staatssekretär weiß das doch ebenso, kann ich mir vorstellen. Also gibt es zwei Möglichkeiten der Interpretation:
1. Es wird in Kauf genommen und die Kampfkraft der Bundeswehr spielt keine Rolle in den Überlegungen der Regierung Scholz.
2. Es wird Verhandlungsmasse geschaffen, mit der dann andere Forderungen abgetauscht werden sollen.
Beiden gemeinsam ist, dass nur noch in Legislaturperioden gedacht wird und Probleme der Gegenwart und der Zukunft komplett ausgeblendet werden. Was auch bedeuten würde, dass wir nun endgültig am Ende der Realpolitik angekommen sind. Weil es wohl kein verlässlicheres Signal der eigenen Kampfbereitschaft an mögliche Kontrahenten geben kann, als dem eigenen militärischen Bereich gerade jetzt solche Briefe (öffentlich wirksam) zukommen zu lassen.
Ich habe in vielerlei Hinsicht kein gutes Gefühl dabei.
@ Thomas Melber
Als ob wir in den USA etwas zu melden hätten…
Dieses Privileg ist in der NATO den Briten und Franzosen vorbehalten.
Am Ende geht es bei diesem Gespräch nur ums Geld. Wie stark könnte der deutsche NATO-Beitrag steigen, oder könnte man sich auch anders einigen…
[Da jetzt wieder der ominöse „deutsche NATO-Beitrag (finanziell gemeint) hochkommt: die paar Millionen fürs eigene Budget der Allianz spielen wohl keine Rolle. T.W.]
@ Florian Staudte sagt 06.02.2022 um 13:31 Uhr zu @ Memoria
„Wahrscheinlich haben Sie keine Vorstellungen davon, wo die Streitkräfte überall das Geld in fragwürdiger Weise verbrennen. Alleine die Ausgaben für den morgigen Besuch der Ministerin in Munster. Zum Glück weiß die deutsche Bevölkerung nicht, was hier zum Teil abläuft.“
1+ Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit ist (auch) das Gebot der Zeit.
Es fehlt m.E.n. im BMVg und auch der Bundeswehr oft das Vermögen, die Erfahrung und auch der Mut dies, zu benennen. Ich finde aber die Öffentlichkeit sollte dies erfahren, es ist unser aller Steuergeld. Das Sparsamkeitsprinzip in seiner spezifischen „BW“-Auslegung ist doch Handlungsgrundsatz, wonach auch die Bundeswehr ihren Input (z.B. Ausgaben, Material- und Personaleinsatz usw.) zu minimieren hat. Das Sparsamkeitsprinzip geht somit einher mit dem Ziel der erforderlichen Ausgabenminimierung.
Kosten werden am Output gemessen, das kann einzig und allein nur Einsatzbereitschaft sein. Das Heer spricht von Kriegstüchtigkeit. Darunter fällt alles – auch Attraktivität für die Truppe(!) selbst. Alles andere gehört auf den Prüfstand. Wenn die Gesellschaft sparen muß, dann auch bitte die Bundeswehr. Der „Grundsatz der Wirtschaftlichkeit“ ist als Oberbegriff für die „Grundsätze“ der „Sparsamkeit“ und der „Ergiebigkeit“ anzusehen. Die dementsprechende Ausrichtung des Handelns soll die bestmögliche Nutzung von Ressourcen bewirken. Es ist gefordert, bei allen Maßnahmen einschließlich organisatorischer und verfahrensmäßiger Art die günstigste Relation zwischen dem verfolgten Zweck und den einzusetzenden Mitteln anzustreben. Soweit die Theorie.
In Munster gibt es morgen Praxis, sicher ganz großes Kino, um der Ministerin die Leistungsfähigkeit der Landstreitkräfte vorzustellen. Viele wissen hier, was das im Heer bedeutet. Da wird natürlich auch vom hohen Übungswert des Vorübens gesprochen. Das dies bezweifelt werden darf, weiß man mit Blick auf Lehrübungen. (z.B. Ausbildungslehrübung Landoperationen 2021 der Bundeswehr, zukünftig bitte nur da, was tatsächlich dem Ausbildungs- und Übungsziel untergeordnet ist).
Ich stelle mir die Frage, welches Bild man morgen der militärisch noch unerfahrenen Ministerin zeigen möchte oder gar glaubt zeigen zu müssen. Es wurde m.E. eine kleine Dosis genügen, dafür mehr unvorbereitete, intensive Gespräche. Nicht wieder diese typischen ‚Munster‘ – Runden, angeführt vom Brigadekommandeuer/Schulkommandeur. Man wird schon genau aussuchen, Diversität muss auch sichtbar sein etc., etc., alles richtig.
Ich hoffe das Frau Ministerin ein Gefühl dafür entwickelt, was man da auffährt oder auch mal die Frage stellt, was dies eigentlich alles kostet. Möglicherweise wird sie erahnen, dass es einen gewissen Wettbewerb der OrgBer gibt? Denn z.B. bei der SKB wurde auch „geboten“.
Ich wurde schon hart kritisiert, als ich schrieb, dass es unnütze und in Zeiten von Sparsamkeit, nicht mehr tragbare Ausgaben unter dem Titel Ausbildung/Übung gibt. Die Konzentration und des Weglassen von Unnötigem, da ist Ehrlichkeit aber auch Erfahrung gefragt. Auch Vorbild der Kommandeure und Inspekteure. Representativ, da wo notwendig aber nur da. Z.B. KFZ Ausstattung, ökologisch und sparsam.
Streng und klug den Schwerpunkt auf, wie sagt das Heer, Kriegstüchtigekeit legen.
Auch schwierige Themen bitte angehen. Wenn man schon General ist (Admiral etc.) kann auch mal am eigenen Ast sägen:-) :
Der Pool an B6 + Stellen im Vergleich zur Truppenstärke wurde ja hier im Blog als ein weiteres Beispiel angesprochen.
@Vodoo „Sprechen Sie beispielsweise mal mit ehemaligen BS aus der ProjGrp PUMA“
Bei allem Respekt-Ich denke, solche Lagerfeuergeschichten mit den eigenen Wahrheiten kennen wir alle.
Diese langlaufenden Großprojekte (sei es Puma oder sonst was) welche aus politischen Gründen ab 1990 (wegen Geldmangel) ewig gestreckt wurden, sind wie sie sind. Das ist Systemimmanent. Kein Soldat mehr oder weniger oder Beamter ( @ Herr Hagen: mit oder ohne Mickey Mouse Krawatte oder wahlweise eigenem Hausstand oder noch bei Mama) im BAAINBw kann daran was ändern.
@K.B.:
Ich verstehe das nicht als Lob, sondern als Tadel.
Das BMF will, dass das BMVg wieder ordentlich wirtschaftet, nachdem es durch politische Unterstützung aus der Reihe tanzte.
@Florian Staudte:
Natürlich kenne ich solche Beispiele, sogar dieses Einzelbeispiel.
Jedoch ändert das nichts am Gesamtbild, dass man selbst mit mehr Effizienzgewinnen eine erhebliche Investitionslücke hat.
Man kann nun die finanziellen Daumenschrauben ansetzen, damit es Effizienzgewinnen gibt.
Wird in der Art seit 30 Jahren gemacht. Funktioniert so nicht.
Wenn dann muss man das eine machen ohne das andere zu lassen.
Nannte sich mal Reform und Anschubfinanzierung (Weizsäcker-Kommission, 2001).
Wir werden bald wissen in welche Richtung die Reise geht. Ich denke so wie die letzten male:
Kostensenkung ohne Orientierung an die Einsatzbereitschaft.
@ Fehlbesetzung sagt am 06.02.2022 um 14:11 Uhr:
…klar, präzise und auf den Punkt!
@ Memoria sagt: 06.02.2022 um 20:07 Uhr
„Wir werden bald wissen in welche Richtung die Reise geht. Ich denke so wie die letzten male:
Kostensenkung ohne Orientierung an die Einsatzbereitschaft.“
Das wissen wir doch im Grunde genommen jetzt schon.
Die Ampelparteien und die amtierenden Politiker in den Parteispitzen haben ihren Standpunkt zur Bundeswehr bereits in den letzten Jahren mehr als deutlich gemacht. Ich glaube nicht, daß diese sich durch die Ukraine-Krise fundamental geändert haben. Die Krise wird als etwas vorübergehendes gesehen, das keine grundsätzlichen Änderungen bei der Bundeswehr erforderlich macht. Alles anderes ist ganz weit weg.
@Hausherr: Bitte nicht mit den Augen rollen; das hier sollte keine Einleitung zum Bashing bestimmter Parteien werden, aber die Entscheidungen für die Zukunft der BW werden nun einmal in der Politik gefällt.
@ Fehlbesetzung
Genau so ist es. Wer das eine will (Abschaffung der besonderen Altersgrenze), der muss das andere mögen (Überalterung, zunehmende Stabslastigkeit = Wasserkopf).
Honi soit qui mal y pense.
@ Florian Staudte et all.
Streitkräfte sind per se nicht wirtschaftlich. Was beim Versuch herauskommt/-kam, ihnen wirtschaftliche Grundsätze überzustülpen, kann man sich doch beim BwFPS anschauen. Das war „bei den grünen Autos“ im Grunde schon die Vorwegnahme des „dynamischen Verfügbarkeitsmanagements“ – und ist krachend gescheitert. Alles was „Silbern“ ist (handelsüblich), das kann man sicher über den BwFPS sinnig betreiben, aber alles was „grün“ (handelsüblich mit Sonderausstattung) ist, da war es Unsinn sondersgleichen zu glauben, da könnte man in größerem Ausmaße etwas „poolen“. Die „Eigenkapitalerhöhungen“ der letzten Jahre haben ja eindrucksvoll gezeigt, dass der Ansatz gescheitert ist; insbesondere das Heer ist eben keine große Truppenschule.
Und was „Munster“ angeht: Es ist eine „Verkaufsveranstaltung“ für das deutsche Heer. Über bestimmte Dinge kann man in der Tat die Nase rümpfen.
Gleichwohl: Den „Mehrwert“ einer Fregatte oder eines Kampfflugzeugs lässt sich sehr einfach und anschaulich erklären, da hat man sofort ein Bild vor Augen. Wer das „System Brigade“ bzw. das Gefecht der verbundenen Waffen verstehen und anschaulich erklären will, der kommt an einer „ILÜ light“ schlichtweg nicht vorbei. Und da gehört das Klappern natürlich auch zum Geschäft. Wenn die Botschaft sein soll „wir bekommen ohnehin nichts mehr gebacken“, dann müsste man ja als Minister (m/w/d) schon mit dem Klammerbeutel gepudert sein, in den Trümmerhaufen noch mehr Geld zu investieren. Insofern muss es darum gehen zu zeigen, was eine Investition in das Heer für einen Mehrwert bringt – dass Stückwerk eben nicht ausreichend ist. Und das kann man schlecht im Unterrichtsraum zeigen.
@Hans Dampf am 07.02.2022 um 9:26 Uhr
So sehr wie ich schätze, dass Sie das „System Brigade“ o.ä. herausstellen und betonen, dass dies anschaulich dargestellt werden muß. Gleiches gilt für Gefecht der Verbundenen Waffen.
Doch eine „Verkaufsveranstaltung“ braucht man dazu nicht. Genaue, präzies Zielgruppenanalyse wäre wichtiger.
Richtig ist die Botschaft- Das Deutsche Heer braucht zur Aufgabenerfüllung und Modernisierung im Rahmen der Landes- und Bündnisverteidigung eine planbare Investitionsquote. Doch das allein ist eben nicht die Lösung.
Gerade das Heer sollte lernen wirtschaftlich zu denken. Gerade das Heer glaubt unter dem Stichwort Kriegstauglichkeit immer aus dem Vollen schöpfen zu können ohne sich selbst zu disziplinieren. Stichworte sind hier genügend gefallen, von Goldrandlösung bis …..! Das was die Gorch Fock für die Marine ist der Puma für das Heer. Selbst verschuldet.
Doch man kann z.B. auch nach der Hubschrauberlage fragen. Z.B. – Die CH-53 wurde seit ihrer Einführung in die Bundeswehr 1974 vom Heer betrieben. Sie galt als zuverlässiger, robuster Hubschrauber. Doch Heeresinspekteur Werner Freers wollte Geld sparen. Nun, wir wissen, welches Chaos entstand und was wir heute ausbaden, Selbst verschuldet! sicher OT.
Sturmgewehr. Auch OT.
Dysfunktionalen Strukturen im Heer?
„Heer 2011“, diejenigen Heeressoldaten, welche das schufen und Warnhinweise bezüglich LV/BV bewusst ignorierten, klagen heute am lautesten, und ‚weinen‘, dass dies „ja sein MUSSTE“ – heute müssen sie es selbst ausbaden. meistens mit ein paar *** mehr.
Moloch „Matrix-Org“ Kommando Heer oder Amt für Heeresentwicklung, selbst verschuldet. Auch OT.
Auch das Thema Wirtschaftlichkeit bei StO, da gibt es unverändert Fragen, auch OT.
Gravierende Fehler bei der Modernisierung des Heeres, also Geld- und Ressourcen-Verschwendung, dazu sollte der Frau BM unbedingt vorgetragen werden. Ich vermute sie kommt da selbst drauf, wenn sie allein den Aufwand für ihren Besuch erahnt.
Möglicherwise erhält das Heer NACH dem Besuch einen Fragenkatalog im Rahmen der Bestandsaufnahme.
„Steuerverschwendung und Fähigkeitsverlust im Heer“ – da sollte man genau hinschauen, die sogenannte „Schuldfrage“ liegt bei weitem nicht nur im BMVg, bei der „Politik“. Heeressoldaten haben über Jahre Hand selbst angelegt und dieses Heer mitgestaltet.
Pflicht zur Einsatzbereitschaft, einsatzbereite Großverbände und handlungsfähige Führungsorganisation – da ist bei weitem nicht alles Gold was glänzt, da kann sich das Heer einfach mal mit sich selbst beschäftigen.
@ Hans Dampf
Als Beamter der Bundeswehr stelle ich nicht die Streitkräfte in Frage, denen ich lange genug angehört hatte.
Es ist aber schon ein Munsteraner Phänomen, bei ILÜs, ALÜs und Ministerbesuchen Güter und Dienstleistungen einzukaufen, weil selbst das dienstlich Gelieferte nicht mehr ausreicht. Was kostet die Welt?
Ansonsten kosten Waffensysteme immer Geld. Das ist überhaupt nicht zu beanstanden, weil dies dem Kernauftrag von Streitkräften folgt.
Das von der Bundeswehr veranlasste Outsourcing (HIL, BwFPS etc.) halte ich für rechtlich fragwürdig, betriebswirtschaftlich unsinnig und ist teilweise eine Lügengeschichte im Quadrat.
Ich verfolge seit einigen Jahren Ihren Blog „Augen geradeaus“ mit großem Interesse und bedanke mich für die Informationen in Ihrer Berichterstattung. Bisher habe ich nichts zu der Informationsfülle beitragen können, aber in einem Bereich hoffe ich, dass ich ein wenig Schwarmwissen hinzufügen kann, sofern das Thema noch nirgends behandelt wurde.
Das Thema Anhebung der Altersgrenzen ist in den letzten Jahren immer wieder Bestandteil der Debatten der Politiker aber auch der Öffentlichkeit. Aktuell ist in den Kommentaren zu Ihrem Bericht „Finanz-Warnbrief ans Verteidigungsministerium: „Realistische Planung“ bei langfristigen Ausgaben, Soldaten-Altersgrenze steht zur Disposition“ die Frage nach dem Zustandekommen der besonderen und allgemeinen Altersgrenzen aufgekommen. Durch Zufall habe ich vor einiger Zeit die Drucksache 2705 aus der 3. Wahlperiode des Deutschen Bundestages gefunden. Es handelt sich um den „Schriftlichen Bericht des Ausschusses für Verteidigung über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über die Altersgrenze der Berufssoldaten – Drucksache 2391 –„.
Sie finden diesen Bericht aktuell in Google mit den Stichworten „Drucksache 2705 Deutscher Bundestag 3. Wahlperiode“ an 2. Stelle der Auflistung.
[Hinweis: Bundestagsdrucksachen können hier natürlich direkt verlinkt werden, das ist für alle Leser*innen hilfreich:
https://dserver.bundestag.de/btd/03/027/0302705.pdf
T.W.]
Der Bericht führt aus, dass „bis zum 31. März 1961 die Altersgrenzen für die einzelnen Gruppen der Berufssoldaten durch Gesetz geregelt werden“. Bis dato galt für alle Berufssoldaten als Altersgrenze das vollendete 60. Lebensjahr.
Die Überlegungen, die zu den besonderen Altersgrenzen führten, sind dort detailliert ausgeführt. So sprächen für deren Einführung, dass „im Truppendienst bei den unteren und mittleren Offiziersdienstgraden körperliche Frische und die Kraft zum entschlossenen Handeln vorausgesetzt werden“ und dass „diese Bedingungen aber erfahrungsgemäß von einem besonderen Alter an nicht mehr in vollem Maße gegeben sind.“ Weiter heißt es, dass „Untersuchungen zum Ergebnis geführt haben, dass z.B. ein Hauptmann in aller Regel nur bis zum 42. Lebensjahr als Kompaniechef verwendbar ist“ und dass „ein solcher Hauptmann allerdings bei Erreichen dieses Alters noch nicht in den Ruhestand versetzt werden braucht, weil es gewisse Stellen (z.B. in zentralen militärischen Dienststellen) gibt, in denen eine Verwendung als Hauptmann auch bei höherem Alter möglich ist“. Weiter heißt es, dass „die Anzahl dieser Stellen aber begrenzt ist und eine Berechnung ergeben hat, dass Hauptleute in diesen Stellen nur bis zum 52. Lebensjahr beschäftigt werden können, weil inzwischen wieder eine entsprechende Anzahl von Hauptleuten (in Stellungen als Kompaniechef usw.) überaltert sind, die nunmehr in diese besonderen Stellen eingewiesen werden müssen.“ Die Verfasser resultieren daraus, dass „infolgedessen die besondere Altersgrenze für Hauptleute auf die Vollendung des 52. Lebensjahres festgesetzt wurde.“
Im Grunde, und so wird es auch in der Drucksache ausgeführt, „ergeben sich die besonderen Altersgrenzen im Truppendienst aus der Zeitspanne, während der ein Offizier noch verwendet werden kann, ohne dass ein Stau überalterter Offiziere dort eintritt, wo ein lebensjüngerer Mann erforderlich ist“.
Im Weiteren wird hergeleitet, warum die gleichen Altersgrenzen für Unteroffiziere mit Portepee gelten sollen. In der Schlussfolgerung soll mit diesen Maßnahmen die notwendige Verjüngung des Offiziers- und Unteroffizierskorps erreicht werden.
Interessant finde ich an dieser Stelle, dass bei der Aussetzung der Wehrpflicht angekündigt wurde, den Anteil der SaZ im Vergleich zu den BS zu erhöhen, um die in der obigen Drucksache mehrfach ausgeführte Verjüngung der Truppe zu erreichen, gleichzeitig in den Debatten um die Altersgrenzen dieses Thema, zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung, keine Rolle spielte und bis heute nicht spielt. Es läßt sich schier trefflich darüber diskutieren, ob ein Hauptmann F.D. oder Oberstabsfeldwebel in einer Ämterverwendung nicht auch bis zur allgemeinen Altersgrenze dienen könnte. Wohl sollte dabei aber berücksichtigt werden, ob die Stehzeiten der Kameraden in den Vorwendungen in der gleichen Größenordnung verlängert werden und ob damit einhergehend das Nachlassen der „körperlichen Frische“ und die Kraft zum entschlossenen Handeln“ und damit die Schlagkraft der Truppe bewußt in Kauf genommen wird.
Ich bin nun 53 Jahre alt und werde im Dienstgrad Oberstabsfeldwebel in einer oberen Kommandobehörde verwendet, eine typische Amtsverwendung. Stets habe ich alle sportlichen und militärischen Anforderungen erfüllen können. Das ein oder andere Zipperlein hat sich aber leider eingeschlichen, was mein TrArzt als „altersbedingter Verschleiß“ einstuft. Leider führt dieser „altersbedingte Verschleiß“ aktuell dazu, dass mir die Erfüllung des IGF immer schwerer fällt. Ich kenne auch keinen Kameraden aus meiner Altersgruppe, dem es wesentlich besser ginge. Als Heeresflieger hatte ich dabei rückblickend gesehen sicherlich auch noch eine weniger anstrengende Laufbahn. Der körperliche Zustand meines Sandkastenfreundes und Kameraden aus der Fallschirmjägertruppe dagegen ist mit Bandscheibenvorfällen und Tinnitus, die es ihm weder ermöglichen, die IGF-Vorgaben zu erfüllen noch an der Schießausbildung teilzunehmen, weniger glücklich dran. Mit Blick auf unsere wahrscheinlich nur noch 2 Jahre Restdienstzeit bis zur Zurruhesetzung ist das gerade noch erträglich. Nun erreichen uns allerdings wieder einmal Meldungen über das Anheben der Altersgrenzen und da stellt man sich schon die Frage, welche körperlichen Einschränkungen bei seinen lebensälteren Soldaten und Soldatinnen der Dienstherr gewillt ist hinzunehmen, ohne dass dies langfristig Auswirkungen auf die Einsatzbereitschaft der Truppe haben wird.
Dass in diversen Diskussionen gerne der Verweis auf die demografische Entwicklung bemüht wird, kann ich nachvollziehen. Leider wird dort aber nicht ausgeführt, ob mit einer höheren Lebenserwartung die Einsetzung der altersbedingten Zipperlein oder besser gesagt Erkrankungen ebenfalls später erfolgt. Ich vermute mal nein, denn die Gründe für eine höhere Lebenserwartung wie steigender Wohlstand, medizinischer Fortschritt, bessere Arbeitsbedingungen, gesündere Lebensweise, bessere soziale Fürsorge, bessere Hygienebedingungen sowie ein höheres Bildungsniveau lassen nicht automatisch die Folgerung zu, dass der menschliche Körper zwangsweise im gleichen Maße länger leistungsfähig bleibt als dass er länger lebt. Die Schlussfolgerungen aus „höhere Lebenserwartung gleich längere Lebensarbeitszeit“ und der Versuch, diese auf den Beruf des Soldaten umzulegen, hinkt dahingehend, dass eine höhere Lebenserwartung bei normalen Arbeitnehmern längere Rentenzahlungen nach sich zieht. Demzufolge kann das deutsche Rentenversicherungssystem allein den Lebensstandard der Menschen nicht sicherstellen. Entweder es wird gesetzlich geregelt, dass eine private Altersvorsorge zu betrieben ist oder es muss länger gearbeitet und in die Rentenversicherung einbezahlt werden. Dies trifft allerdings nicht auf die Soldaten und Soldatinnen zu, da wir in kein Rentenversicherungssystem einbezahlen.
Dass man hier aus moralischen Gründen ggf. mitziehen will, sinngemäß „wenn der normale Arbeitnehmer länger arbeiten muss, dann die Soldaten bitte schön auch“, kann ich ggf. noch nachvollziehen. Auf Grundlage des immer noch geltenden Systems der „körperlichen Frische und Kraft zum entschlossenen Handeln“ aber nicht. Hier müßte dann die Struktur der Bundeswehr für lebensältere Berufssoldaten und Berufssoldatinnen grundsätzlich überdacht werden.
@Jordi: durch Schutzmaßnahmen (besserer Gehörschutz), (gelenk-)schonenderes Training und den technischen Fortschritt (leichtere Ausrüstung, techn. Hilfsmittel,…) sowie besserer medizinische Heilung sollten die Zipperlein später kommen.
Jordi vom Amt:
Vielen Dank! Dem ist nichts mehr hinzuzufügen!
@Jordi vom Amt sagt: 07.02.2022 um 12:19 Uhr
Für Bestandskunden wie Sie ist das natürlich alles schwierig. Dafür bräuchte man eben ein Personalstärkegesetz. Und mal Hand aufs Herz, ist das Amt, in dem Sie dienen, notwendig? Und wenn ja, ist Ihr Dienstporsten zwingend notwendig? Könnte man das nicht anderswo miterledigen? Wenn von Bestandsaufnahme gesprochen wird, wäre eigentlich überall die alte STAN-Verhandlung notwendig, um den tatsächlichen Bedarf zu ermitteln.
Es hilft nichts, die Bw muss ihren BS-Anteil drastisch senken, um mindestens 50%, ansonsten erwischt sie die Altersfalle voll und ganz.
@Jordi vom Amt
Studien haben gezeigt, dass die gestiegene Lebenserwartung glücklicherweise nicht dazu führt, dass nur das Siechtum verlängert wird.
Die heutigen “ Alten “ sind im Schnitt körperlich und geistig fitter als ihre gleichalten Vorfahren vor 60 Jahren.
Eine etwas verlängerte Lebensarbeitszeit , das bezieht sich jetzt nicht speziell auf die Bundeswehr, wäre von der besseren körperlichen und geistigen Fitness der Älteren im Vergleich zu früher durchaus möglich.
@ Aussenstehender Leichtere Ausrüstung? Haben Sie mal gesehen, was die Infanterie heute alles mitschleppt? Die Ausrüstung wird nicht leichter. Das wird eher mehr. Und das macht sich bei dem einen mehr und dem anderen weniger bemerkbar. 50 Kilo+ an Ausrüstung sind halt nicht ohne.
Und bis Exoskelette und mechanische Mulis einsatzbereit sind, dauert noch ein bisschen.
@Dirk Wege
Ich wüßte nicht, was die Arbeit im Stab am Schreibtisch in einer höheren Kommandobehörde oder Amt physisch anspruchsvoller macht als ein 9 to 5 Bürojob im ÖD oder in der Privatwirtschaft.
Im Zweifel erhalten die Kameraden eben die Signierziffer X (bisher nur für Reservisten); aus Wiki:
„Verwendungsgrad X (verwendungsfähig als Reservist im Stabsdienst Inland ohne körperlicher Belastung)
Diese wird für Soldaten vergeben, die eine Gesundheitsstörung der Gradation VI aufweisen, die nicht zu einem Dienstunfähigkeitsverfahren geführt hat, aber im Rahmen der Entlassungsuntersuchung mit „gesundheitlich nicht geeignet“ zu beurteilen wäre. Der Soldat ist mit eigenem Einverständnis für Stabsdienst im Inland und ohne körperlicher Belastung (zu beurteilen durch den Dienststellenleiter der Einsatzstelle) geeignet.“
Es muß ja nicht unbedingt „Gradation VI“ sein (Befund, der die Wehrdienstfähigkeit bzw. Dienstfähigkeit dauerhaft ausschließt), aber z.B. Befreiung von IGF/KLF, ggf. auch nur teilweise (Pendellauf).
@ Jordi vom Dienst
Ich kann Ihre Argumente der körperlichen Probleme mit zunehmendem Alter absolut nachvollziehen.
Allerdings trifft dies genauso, oder teilweise noch mehr, auf Berufe im zivilen Bereich zu.
Neben vielen anderen Gruppen fallen mir sofort Beschäftigte im Baugewerbe oder im Pflegedienst ein.
Jeder in der Gesellschaft trägt durch seine Aufgabe zur Stärkung dieser Gemeinschaft bei.
Aber Manche, durch jahrzehntelange Arbeit in der Wechselschicht, oder durch starke körperliche oder seelische Belastung, mehr als Andere.
Das wird man nicht ändern können.
Es ist aber schwer, der zivilen Bevölkerung klar zu machen, weshalb es diese Unterschiede im Renteneintrittsalter gibt.
Und deshalb müssen sie diskutiert werden.
Also ich bin nun ja schon seit 20 Jahren in der Industrie, und nicht mehr in der Artillerie … aber die Probleme sind teilweise ähnlich.
Man unterschätze bitte nicht den Druck in „meinem“ sehr großen Laden, die Produktivität jedes Jahr zu steigern (im Werk, aber genauso in Entwicklung, Verwaltung & Vertrieb). Es ist sicherlich verfehlt, von „Produktivitätssteigerung“ oder „Effizienzgewinn“ in der kämpfenden Truppe zu sprechen. Dort bedarf es der „Effektivität“, der letalen Wirkung gegen einen realen Gegner. Und damit am Ende auch einer nennenswerten Anzahl Kämpfer und Einsatzmittel.
Es ist aber mehr als legitim, nach Effizienzgewinnen auf der Ämterseite, der Friedenslogistik, den Stäben, den Ausbildungseinrichtungen und dergleichen zu rufen. Verglichen mit dem Zeitpunkt meines Ausscheidens aus der Bw verkaufen wir in meiner bescheidenen Organisation heute die doppelte Menge runder, schwarzer Kautschukerzeugnisse mit der doppelten Tonnage, transportiert über deutlich weitere Entfernungen an wesentlich mehr Kunden mit einer dreimal so hohen Anzahl an „Teilenummern“ – mit weniger als der Hälfte des Personals in Vertrieb, Verwaltung und Unterstützung (und mit drei Führungsebenen weniger). Mit messbar besserer Kundenzufriedenheit und messbar besserer Qualität.
Es gibt in der Bundeswehr ganz sicher ungeheuer viel Potential, Führungsprozesse zu verschlanken, Aufgaben effizienter zu organisieren (wegfallen zu lassen ist auch und oft sogar eine gute Option – wenn man es schafft, Stakeholder zu eliminieren, die wenig Mehrwert erbringen), Stabsstrukturen zu eliminieren … wenn diese Veränderungsprozesse gut gemacht werden, sind die „Opfer“ hinterher meist sogar zufriedener.
Es braucht aber neben dem Leidensdruck sehr viel Mut und einen klaren Willen, sich den Herausforderungen zu stellen. Und eine große Entschlossenheit, gepaart mit sehr guter Kommunikation, um allen Beteiligten klarzumachen, dass die Reise unausweichlich ist, und von einer guten Führungsmannschaft gemeinsam mit allen, die guten Willens sind, unternommen werden wird.
Bei der Bundeswehr fehlt seit > 30 Jahren schon der Mut und die Entschlossenheit, dies anzugehen. Allein weil es an der Ehrlichkeit mangelt, ein klares Bekenntnis zu einer kriegstauglichen Armee abzugeben und zu definieren, was es dazu braucht. Solange es diese sicherheitspolitische Klarheit und den politischen Mut nicht gibt, bleibt es weiterhin beim untauglichen Bemühen, es allen irgendwie recht machen zu wollen. Das funktioniert nicht.
In der Hoffnung, das dies kein OT sei …
@Der Realist 07.02.2022 um 17:35 Uhr
Ich würde ihnen recht geben, wenn die Folgen vergleichbar wären. Das sind sie aber nicht.
Natürlich gibt es schwere körperliche Berufe auch ausserhalb der Bundeswehr, und diese sind aufreibend und kräftezehrend. Rente mit 67 ist leichter, wenn man einen Bürojob hat, im Gegensatz zu einem Dachdecker oder einem Beton- und Stahlbetonbauer. Unbenommen richtig.
Wen aber nun die geforderte Leistung nicht mehr vollumfänglich erbracht werden kann, dann sind die Folgen bei einem Soldaten und einem Dachdecker schon nicht mehr vergleichbar. Ein Dachdecker braucht dann eben länger, andere Hilfsmittel oder kann im Extremfall seinen Beruf nicht mehr ausüben.
Ein nicht mehr voll einsatzfähiger Soldat gefährdet sein eigenes Leben, das Leben seiner Kameraden und letztlich das Gelingen der Operation.
Eine Verwendung in der Kampftruppe ab einem gewissen altersbedingten körperlichen Verfalls gefährdet die Schlagkraft und den Einsatzwert des Truppenteils. Und dieser Tatsache war ja der Grund für den Wechsel in andere Verwendungen ab einem gewissen Lebensalter. (siehe dazu die bei Jordi vom Amt verlinkte Bundesdrucksache …). Im Weiteren wurde dann ein überschlagenes Vorgehen mit der Pensionierung sichergestellt, weil sozusagen der nächste gealterte Kamerad den Dienstposten des Pensionärs brauchte.
Wenn sie sich die Zeitspannen der einzelnen Lebensphasen vor Augen führen, dann stellen sie fest, dass diese Zeitspannen nicht gleich lang sind. Wenn sie also die Zeitspanne des Älteren verlängern, dann brauchen sie mehr Stellen für Ältere, und anschließend noch mehr Stellen für Ältere und dann wieder weniger, weil sie ab einem gewissen Umfang der Alten keine Stellen mehr hatten um Junge einzustellen…
Es folgt der Kollaps des Systems.
Und dahin bewegen wir uns gereda. Und die Forderung aus dem Finanzministerium wird diesen Effekt verstärken.
Das ist das, was @Pio-Fritz am 07.02.2022 um 13:56 Uhr gesagt hat.
Wenn sie den Unterschied in den möglichen Folgen einer nicht mehr vollen Belastbarkeit berücksichtigen und mit diesem Wissen die Argumetation von Jordi vom Amt anschießend nochmals durchlesen.
Eine Diskussion darf gerne geführt werden, nur sollten wir dann sachbezogen argumentieren. Eine Debate sollte nicht geführt werden, wenn die Argumentation sich in die Richtung: „Warum die und wir/andere nicht?“ bewegt.
@ Thomas Melber, der Realist etc.
Worum geht es hier jetzt eigentlich?
Darum, dass aus Gründen der Außenwirkung, einer vermeintlichen Gerechtigkeit u.ä. sichergestellt werden soll, dass die Allgemeine Altersgrenze von jedem Soldaten erreicht werden kann?
Dann: Völlig d’accord – in Hege, Pflege und Aufwuchs vom Wasserkopf hat die Bundeswehr Übung. Das wird also garantiert klappen, für jeden einen altersgerechten Dienstposten in Amt, Kommando, Stab etc. einzurichten.
Ich hatte aber, naiv wie ich manchmal dann doch noch bin, angenommen, es müsste darum gehen, eine Personalstruktur zu haben, die originär militärischen Gesichtspunkten entspricht und „gesund“ ist, also vielen Indianern (tendenziell jünger) wenige Häuptlinge (tendenziell älter) gegenüber stellt.
Und wenn man weniger Häuptlinge haben will, hat man „oben“ auch weniger Bedarf. Und wenn man bei den nachrückenden Häuptlingen keinen Stau produzieren möchte, dann kann können die Häuptlinge oben nicht unendlich lange sitzen.
Und übrigens funktioniert der Vergleich mit der freien Wirtschaft eher leidlich.
Der Maurer (Ebene: Geselle) wird Maurer – und bleibt das auch in aller Regel bis zum Renteneintritt, der wechselt nicht später in die Verwaltung oder die Weiterentwicklungsabteilung. Für den Berufssoldaten endet die Karriere nicht „auf der Baustelle“ (um beim Bild zu bleiben), sondern sinnfälligerweise dort, wo er seine Erfahrung von der Baustelle – mindestens auf Meister- oder Technikerebene – gewinnbringend einbringen kann.
Insofern werden die Vergleiche von Rente und Ruhegehalt bzw. der Eintrittsalter vom häufigen Wiederholen nicht zutreffender. Zumal es auch schon vor rund 40 Jahren und den geburtenstarken Jahrgängen schon schwer gewesen sein dürfte, „der zivilen Bevölkerung klar zu machen, weshalb es diese Unterschiede im Renteneintrittsalter gibt.“ – denn da ging auch die breite Masse keineswegs mit 53 in Rente.
Aber offenbar bestand da noch Einigkeit darin, dass Streitkräfte Streitkräfte sind und nicht die Kfz-Zulassungsstelle. Und dass immer noch gilt: Am Anfang steht die Berufswahl. Die wesentlichen „facts“ zum Soldatenberuf waren – im Gegensatz zur freien Wirtschaft – immer schon transparent und es stand und steht ja jedem frei, sich entsprechend zu bewerben, wenn die Vorzüge so gravierend sind.
@Hans Dampf sagt: 07.02.2022 um 19:08 Uhr
Natürlich geht es auch darum, die Alters- und damit auch Personalstruktur der Bw anzupassen. Wenn man den Mut dazu findet. Aber selbst zur Vorstellung eines solchen Szenarios reicht es bei einigen Kommentatoren nicht.
@ Hans Dampf
Ich sehe wenig Übereinstimmung in unserern Ansichten zu diesem Thema.
Gerade Ihr letzter Abschnitt zeigt das…
Heute wechseln Arbeitnehmer in der freien Wirtschaft im Schnitt alle 5 Jahre den Arbeitgeber. Die Zeiten, dass sich jemand am Anfang seiner beruflichen Zeit festlegen kann, sind lange vorbei. Da wird schon etwas mehr Flexibilität erwartet.
@ Festbesetzung
Und wen gefährdet die völlig überarbeitete, 65 Jahre alte Krankenschwester?
Ihre Patienten.
Wir drehen uns hier im Kreis….
Aber am Ende kommt immer wieder heraus, dass es kaum einen anderen Bereich außer der Bundeswehr gibt, wo man in Deutschland so früh pensioniert wird.
@ Der Realist
„Heute wechseln Arbeitnehmer in der freien Wirtschaft im Schnitt alle 5 Jahre den Arbeitgeber.“
Wir reden hier aber nicht von „der freien Wirtschaft“. Und Soldaten wechseln auch nicht „den Arbeitgeber“, denn es heißt zwar „der Bund stellt Streitkräfte zur Verteidigung auf“, de facto gibt es aber nur die eine Streitkraft Bundeswehr.
Und der hier viel zitierte Maurer wechselt zwar den Arbeitgeber, aber er wechselt sicher von Maurerbetrieb zu Maurerbetrieb oder zum Baukonzern (eben als Maurer) und sicher nicht zwischendurch mal zum Raumausstatter, Landschaftsgärtner oder zum Ordnungsamt. Soviel zum Thema Flexibilität.
Woher die Bundeswehr die Weisheit nimmt, dass gute Infanteristen in der späteren Blüte ihrer Jahre auch gute Amtschimmel (z.B. PersStOffze) abgeben, frag ich mich heute noch. Am Ende hat man weder Fisch noch Fleisch, was etwas über die Qualität im Wasserkopf aussagt.
„Man“ muss sich also auch fragen was man will. Leistungsfähige, junge und erfahrende „Verteidigungsprofis“ in Zeiten wie diesen oder die teure eierlegende dienstältere Wollmilchsau, die von allem etwas kann, vieles gehört aber auch vergessen hat und bereit ist, sich zwar in jede angebotene Bresche zu werfen, dort aber eher den (Improvisations)künstler als den Profi darstellt.
Verteidigung ist nix für blühende Improvisationskünstler oder alte „Meister“, sondern was für junge Profis.
Ich kann jetzt nur von der aktuellen Situation als FD-Offz in meiner Dienststelle sprich meinem kleinen Kosmos sprechen … schon jetzt verlängern bei uns ein Großteil der A12er und A13 und machen damit diese (bei uns) spärlichen Stellen auf Jahre dicht.
Selbstverständlich ist das ihr gutes Recht, allerdings sind genau diese Leute auch die, die den höchsten Krankenstand haben, keinen Schichtdienst mehr machen, keine Einsätze mehr machen und mehr beim BGM als in ihrem Büro sind … alles ok, allerdings führt es oft auch zu Unmut.
Eine erneute Verlängerung der aktiven Dienstzeit kann mMn nicht der Weg sein und wird nur zu weiterem Unmut und einer „leckt mich am Arsch“-Einstellung der Bestandskunden führen … nicht verwunderlich, weil eine frühzeitige Zuruhesetzung vermutlich für viele auch ein ausschlaggebendes Argument für den Berufssoldat war. Fehlende Aufstiegschancen, verlängerte Dienstzeit, Zulagen welche nicht mehr ruhegehaltsfähig sind etc. etc. etc. werden die Motivation nicht erhöhen.
@ sputo.di.rospo
„Verteidigung ist nix für blühende Improvisationskünstler oder alte „Meister“, sondern was für junge Profis.“
Ah ja…Wo endet denn jung und wo beginnt alt?
Ich weiß nicht, woher die weitverbreitete Vorstellung kommt, Soldaten könnten quasi durch Handauflegen in die öffentliche Verwaltung wechseln. Die wenigen Stellen für die Direkteinstellung werden gem. gesetzlicher Vorgabe öffentlich ausgeschrieben und der Soldat kann sich darauf bewerben, wie jeder andere Interessent auch. Und er bekommt nach wie vor keinen Bonus, dass er von der Truppe in die Verwaltung wechselt (nicht mal, wenn des die eigene Bundeswehrverwaltung ist). Und da – von einigen Ausnahmen im Bereich ReFü oder Perser der UmP abgesehen – auch kaum Verwaltungskenntnisse vorliegen, wäre das auch ziemlich sportlich, so zu verfahren … auch wenn man damit Truppe vom Hof bekäme.
Und bitte fangen Sie mir jetzt nicht mit diesem ominösen Binnenarbeitsmarkt an …
@Der Realist sagt am 07.02.2022 um 22:34 Uhr
Leider muss ich ihnen mitteilen, dass sie ihrem Namen keine Ehre machen. Mit „Whataboutism“ bleiben sie argumentativ auf der Strecke.
Tut mir leid.
Im Übrigen gefährdet auch eine völlig überarbeitete 36 jährige Krankenschwester ihre Patienten. Also, was soll das beweisen?
Ihre Meinung bleibt ihre Meinung,
Moseltaler: 08.02.2022 um 14:22 Uhr
Ihre Zustandbeschreibung öffnet die Augen. Leider nur hier.
Denn es ist in Stäben, Kommandos, Behörden, Ämtern bekannt und gelebter Alltag. Jeder weiß um die Zustände. Auch hier im Blog wurde es ja schon angesprochen.
M.E. berührt ihr Beitrag zwei Dinge. Einerseits Verlängerung der Dienstzeit und das ‚Verstopfen‘ von begehrten Stellen. Das betrifft natürlich nicht nur die FD, sondern auch Stoffz und UmP.
Auch ein General, welcher nun bis 65 dient, ‚verstopft‘ nun auch.
Ein anderer Aspekt ist die häufig an den Tag gelegte „Berufsmotivation“. Beispiele findet man unzählige. Mehr BGM als Büro, Atteste, was alles nicht erlaubt ist, zahlreiche Arztbesuche, kein Gefechtsdienst aber Teilnahme an sportlichen Wettkämpfen ziviler Natur, KZH aber Übungsleiter im Fußballverein der Kinder.
Gleitzeit im SKA, man kommt bereits um 0600, liest die Zeitung, packt die Brotdose aus, manche machen ihre erste Sporteinheit (nachmittags ist ja Tennis) etc, etc. Wenn der Chef kommt, läuft man ’show of force‘, Aktendeckel unter dem Arm – Grüß Gott, Herr oder Frau Oberstleutnant.
Dienstliche Aufgaben werden oft in sehr schlechter Qualität erledigt. Vorgesetzte sind dann verzweifelt und geben den Auftrag dann an junge, motivierte Mitarbeiter, die ächzen dann unter der Mehrarbeit.
Wenn man dieses Sparpotential anspricht, passiert nichts. Wenn man Pech hat, ist er eigene Vorgesetzte auch demotiviert und mental eher bei seiner um 1500 beginnenden Vereinstätigkeit.
Häufig wird man bei Ansprechen von diesen Missständen in die Ecke des Sozialneides gestellt. Vorgesetzte sind oft gar nicht gewillt, das zu ändern oder einfach machtlos. Manche „Bestandskunden“ wissen sehr genau, wie sie sich ihr schönes Leben sichern können. Hinzu kommt, bis zum Erreichen des Spitzendienstgrades waren viele irgendwie anders, da ging es um was. Kaum Ist das Ziel erreicht, zeigt sich eine andere Seite.
Ich bin der Meinung zahlreiche „Bestandskunden“ wollen gar nicht früher pensioniert werden, denn ein so schönes Leben bei bester Bezahlung, das geht nur bei der Bundeswehr.
@Thomas Becker: sehr gut beschrieben. Die Bundeswehr klagt über Personalmangel und verschwendet gleichzeitig an anderer Stelle die wertvolle Ressource Mensch und deren Zeit, Kraft und Motivation. Weil jeglicher Mut zur unbequemen Veränderung abgeschafft wurde. Seit Jahren bemängele ich es und mache Verbesserungsvroschläge, aber immer noch verschwendet mein Team ca. 25% + der Dienstzeit für Bürokratie, Meldeorgien und andere Selbstbeschäftigung, die von oben vorgegeben ist. Und wenn zum Beispiel die allerhöchste Führung in Berlin die Jugendoffiziere sachwidrig quer über Grenzen von Bundesländern hin unterstellt, nur um B- Dienstposten im Wasserkopf zu legitimieren, dann spielt Qualität in der Auftragserfüllung eben keine Rolle, von den anderen Strukturmängeln im Bereich JugOffz ganz zu schweigen. Von daher meine Frage: vielleicht kann ein scharfer Schuß des BMF den überall notwendigen Reformdruck auslösen? Wenn der Sturm gegen das Pensionierungsalter 67 tobt?
@ Marmorklippe
Es gibt solche Stellen bereits nach der Dienstzeit, z.B. nach dem Modell der Zulassungs- oder Eingliederungsscheine. Diese Stellen werden gem. Gesetz vorgehalten und sind nicht im öffentlichen Wettbewerb aufgeführt, wie Sie sicherlich wissen. Wenn der Gesetzgeber es will, ist vieles denkbar, zumal der ÖD (zumindest in meinem Bundesland) erheblich unterbesetzt ist.
@ Chummily d.Ä. am 08.02.2022 um 16:37 Uhr
Heißes Thema :-), Zustimmung.
Zurzeit ist die Bundeswehr weitgehend nicht einsatztauglich.
Fakt ist, dass eine funktionierende Armee ihre besonders belastenden Dienstposten (meist im Truppendienst) mit jungen, körperlich und mental „im Saft stehenden“ Feldwebeln und Offizieren besetzen muss. Das sind eben vor allem die Trupp-, Gruppen- und Zugführer Fw und Offz (Ches, Kdr) und meist nicht die lebensälteren Kameraden.
Die Bundeswehr ist überstrapaziert, wird „verwaltet- durch einen administrativen Wasserkopf“, unterfinanziert und ächzt unter dieser Militärbürokratie. Das lesen wir hier oft.
„Wasserkopf statt Feuerkraft“ spitzt es zu.
These: „Personeller Wasserkopf“ besteht auch aus den bei Ihnen angesprochen Missständen, wie mangelnde Pflichterfüllung, Faulheit etc.
Bundeswehr im Dauerumbruch: Seit Jahren die gleichen Worte, nun wieder in ROT. SCHWARZ hat viel geredet, aber doch die Karre voll an die Wand gefahren
Ein Beispiel der Dauerbeschallung seit Jahren: Es ist höchste Zeit, dass ein Umdenken hin zu einer ernstfallorientierten Führung stattfindet und der Wasserkopf reduziert wird. Die Bundeswehr muss effizienter werden, weniger hierarchisch. Man will den unteren Ebenen wieder mehr Verantwortung und Entscheidungskompetenzen zubilligen. Sparpotenzial etwa in der Verwaltung, die gern plakativ als „Wasserkopf“ bezeichnet wird.
Warum das immer wieder nicht angegangen wird, verstehe ich nicht. Warum schleppen wir wissentlich Misstände mit? Da ist nicht die Politik „schuld“! Entschlackung kann auch bedeuten sich von Faulheit (also von faulen Soldaten/Beamten) und ähnlichen Erscheinungen der Militärbürokratie zu verabschieden. Lebensälteren Kameraden, welche bewusst ihre Pflichten nicht erfüllen, auf Wiedersehen. Nicht die kranken, nein, nein die faulen und trickreichen Pflichtverletzter.
Wie wäre es also , wenn das Prinzip „Befehl und Gehorsam“ also „kommandieren, kontrollieren, korrigieren“ statt „verwalten“ und „aussitzen“ wieder gelten dürfte. Ist nicht nur richtig, sondern am Ende des Tages auch wirtschaftlich.
Nun werde ich sicher hören, dass dies nicht geht.
@ Fehlbesetzung
Wenn meine Einstellung zu diesem Thema NICHT meinem Nickname entspricht, hoffe ich, dass es bei Ihnen ähnlich ist… ;-)
Zur Ihrem Vorwurf, dass ich whataboutism betreibe, muss ich Sie enttäuschen.
Es geht in dieser Diskussion darum, aufzuzeigen, dass eine länge Dienstzeit bis zum Rentenalter bei der BW keine Verschlechterung gegenüber fast allen anderen Bürgern bedeutet.
Es ist die Normalität.
Natürlich muss man da auch Beispiele nennen. Das habe ich getan.
Der Realist am 08.02.2022 um 19:32 Uhr
Stimmt, und ich habe ihnen geantwortet und angemerkt, dass ihr Beispiel willkürlich ist und kein zutreffender Vergleich.
Mein Nickname ist/war zutreffend, aber um hier zu antworten ist meine Verwendung leider unerheblich.
Hat auch niemand behauptet, es ist aber nachweislich eine schlechte Maßnahme für den Dienstherrn, das ist mein Argument.
Sie können mich nicht enttäuschen, dazu müsste ich Erwartungen an sie haben …
Aber bitte, machen sie weiter, sie schaffen das.
Ich verstehe ja die Aufregung, um die mögliche Anhebung der Altersgrenze.
Dies ist aber in der Gesamtschau nicht das Kernanliegen des BMF.
Im Kern geht es darum die Ausgaben des BMVg zur Einhaltung der Schuldenbremse deutlich unterhalb des Bedarfes zur Erfüllung der NATO-Forderungen zu deckeln.
Damit wird die Bestandsaufnahme eine erhebliche Reduzierung der Bundeswehr erzwingen. Wenn sich das BMF im Bundeskabinett durchsetzt.
Dann wird es komplett neue Strukturen und weniger Standorte geben.
Darin versteckt ein Personalanpassungsgesetz.
Im Ergebnis kommen Vollausstattung und Modernisierung weiterhin nicht voran.
Ein Haus in Trümmern wird nicht dadurch renoviert, dass man ein Stockwerk abreißt.
Bestandsaufnahme/Einsparpotential – konkreter Vorschlag:
Joint Helicopter Command (Command responsible for its helicopters and unmanned aerial systems)
Es erschließt sich nicht, warum die TSK eigene Hubschrauberkräfte haben, das Heer sogar ein Kommando Hubschrauber.
Synergieeffekte liegen auf der Hand, alles was fliegt, in eine Hand. Beseitigung von Unterschieden bei bestehenden Betriebsverfahren, Ausbildungen, Weiterbildungen, Schulungen, Standards, Weiterentwicklung und alles in allem Gewährleistung/Unterstützung für Operationen.
Ginge das nicht rasch und wäre wirklich wirtschaftlich? Sind die Zeiten von „auch haben“ für die TSK nicht vorbei?
Luftwaffe? Joint Helicopter Command soll in NL, GBR und anderen Ländern gut klappen.
Schon klar, es gäbe einen Aufschrei, doch das Kommando Hubschrauber könnte das Heer doch gleich als Nukleus abgeben.
Frau Lambrecht hat schon mal Bestand aufgenommen:
Ein extra geschaffener Dienstposten B++, es mangelt ja an StS, BMVg/Stab ist ja recht klein :-)
„Ein neuer Berater zur strategischen Umsetzung der im Koalitionsvertrag festgeschrieben Aufträge in Federführung bzw. mit Bezug zu unserem Ressort sowie die entsprechende Kommunikation in den parlamentarischen Raum“
Also ALLE StS und GI dafür nicht geeignet? Eine solche Aufgabe im BMVg nict abgebildet?
Tja, offenbar wieder Klüngelei und Machenschaften, man schiebt seinen Vertrauten Posten zu.
Alles wie immer im BMVg, nur andere Fahne auf dem Dach?
Ein Signal an den Steuerzahler?
[Hatte das gestern auch gesehen, es wird auch ein Name dafür gehandelt, die Besoldungsgruppe steht auch fest – aber es macht vermutlich mehr Sinn, die Debatte darüber ein wenig zurückzustellen, bis div. Änderungen im Ministerium klarer sind. T.W.]
@ chadm123
Das Ergebnis der „Synergieeffekte“ bei den fliegenden Waffensystemen im 2. Weltkrieg war es, dass die Bundeswehr, neben der Luftwaffe, auch Heeres- und Marineflieger aufgestellt hat.
Das hatte schon seinen Grund – und es ist heute deutlicher denn je erkennbar, dass dieser Schritt richtig war:
„Seekriegsführung aus der Luft“ – macht die Luftwaffe, Ergebnis: Dafür gibt es jetzt keine Bewaffnung mehr.
„begleitende Verbandsflugabwehr“ – macht die Luftwaffe, Ergebnis: Bei Ozelot fährt man auf Verschleiß und das Heer macht verzweifelte Klimmzüge, die sich „qualifizierte Fliegerabwehr“ nennen, weil man sich nicht eingestehen möchte, dass es ein epochaler Fehler war, die Heeresflugabwehr aufzulösen.
Entweder möchte man Synergieeffekte – oder man möchte Kriegsfähigkeit. Beides zusammen geht nicht. Wenn es ginge, könnte man es ja privatisieren.