Russland/Ukraine/NATO/USA – Sammler 24. Januar 2022 (mit Updates)

Die Woche geht nicht so gut los, die Spannungen zwischen Russland, der Ukraine und dem Westen bestimmen weiterhin die politische Lage und Debatte. Dazu starte ich einen, zunächst mal unkommentierten, Sammler mit aktuellen Meldungen vom heutigen Montag (möglichst, aber nicht ganz chronologisch):

Die NATO fasst in einer Meldung die Absichten von Bündnispartnern zur Erhöhung von Bereitschaft und Verstärkung der Ostflanke zusammen:

NATO Allies send more ships, jets to enhance deterrence and defence in eastern Europe
NATO Allies are putting forces on standby and sending additional ships and fighter jets to NATO deployments in eastern Europe, reinforcing Allied deterrence and defence as Russia continues its military build-up in and around Ukraine.
n the past days, a number of Allies have made announcements regarding current or upcoming deployments. Denmark is sending a frigate to the Baltic Sea and is set to deploy four F-16 fighter jets to Lithuania in support of NATO’s long-standing air-policing mission in the region. Spain is sending ships to join NATO naval forces and is considering sending fighter jets to Bulgaria. France has expressed its readiness to send troops to Romania under NATO command. The Netherlands is sending two F-35 fighter aircraft to Bulgaria from April to support NATO’s air-policing activities in the region, and is putting a ship and land-based units on standby for NATO’s Response Force. The United States has also made clear that it is considering increasing its military presence in the eastern part of the Alliance.
NATO Secretary General Jens Stoltenberg said: “I welcome Allies contributing additional forces to NATO. NATO will continue to take all necessary measures to protect and defend all Allies, including by reinforcing the eastern part of the Alliance. We will always respond to any deterioration of our security environment, including through strengthening our collective defence.”
NATO is a defensive Alliance. In response to Russia’s illegal annexation of Crimea in 2014, NATO increased its presence in the eastern part of the alliance, including with four multinational battlegroups in Estonia, Latvia, Lithuania and Poland. These units, led by the United Kingdom, Canada, Germany and the United States respectively, are multinational, and combat-ready. Their presence makes clear that an attack on one Ally will be considered an attack on the whole Alliance. There were no NATO forces in the eastern part of the Alliance before 2014.

Der lettische Außenminister ruft zu weiterer Verstärkung auf:

Nach den USA zieht auch Großbritannien einen Teil seines Botschaftspersonals aus Kiew ab:

Die USA haben für Belarus eine erste vorsichtige Warnmeldung veröffentlicht:

Bereits in der Nacht hatte die New York Times von US-Überlegungen berichtet, weitere Truppen nach Europa zu verlegen:

Biden Weighs Deploying Thousands of Troops to Eastern Europe and Baltics

President Biden is considering deploying several thousand U.S. troops, as well as warships and aircraft, to NATO allies in the Baltics and Eastern Europe, an expansion of American military involvement amid mounting fears of a Russian incursion into Ukraine, according to administration officials.
The move would signal a major pivot for the Biden administration, which up until recently was taking a restrained stance on Ukraine, out of fear of provoking Russia into invading. But as President Vladimir V. Putin has ramped up his threatening actions toward Ukraine, and talks between American and Russian officials have failed to discourage him, the administration is now moving away from its do-not-provoke strategy.
In a meeting on Saturday at Camp David, the presidential retreat in Maryland, senior Pentagon officials presented Mr. Biden with several options that would shift American military assets much closer to Mr. Putin’s doorstep, the administration officials said. The options include sending 1,000 to 5,000 troops to Eastern European countries, with the potential to increase that number tenfold if things deteriorate.

Update: Der EU-Außenministerrat hat nach einem Treffen eine Erklärung veröffentlicht – in der sich auch (gemeinsam beschlossene) Satz findet:

The EU is defining modalities of support to Ukraine also in the area of professional military education.

Das Thema Russland/Ukraine und Deutschland ausführlich in der Bundespressekonferenz:

Das Transkript der Aussagen der stellvertretenden Regierungssprecherin Christiane Hoffmann, Christopher Burger fürs Auswärtige Amt, Christian Thiels fürs Verteidigungs- und Susanne Ungrad fürs Bundeswirtschaftsministerium:

Frage: Ich weiß nicht genau, an welches Ministerium ich mich wenden soll. Die Frage lautet: Die USA schätzen die Lage in der Ukraine als sehr dramatisch ein und holen ihre Botschaftsangehörigen schon zurück. Wie sieht die Bundesregierung das? Wie lautet die Einschätzung der Bundesregierung?

Zweitens: Vitali Klitschko wirft Deutschland praktisch unterlassene Hilfeleistung vor. Wie sehen Sie das?

Hoffmann: Vielen Dank erst einmal und schönen guten Tag! Ich würde sagen, für die Frage der Botschaftsangehörigen gebe ich an das AA ab. Ich äußere mich dann aber auch gern noch allgemein.

Burger: Vielen Dank. Diese Frage ist der Außenministerin auch heute Morgen in Brüssel vor Beginn des Treffens der Außenministerinnen und Außenminister der Europäischen Union gestellt worden. Sie hat dazu gesagt, dass wir die Lageentwicklung in der Ukraine natürlich in enger Abstimmung mit unseren Verbündeten dort sehr genau beobachten und uns natürlich auch konstant Gedanken darüber machen, was das für die Sicherheit unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und unserer Landsleute vor Ort bedeutet.

Heute findet im Auswärtigen Amt auch eine Krisenvorsorgesitzung zu diesem Thema statt. Falls es dazu einen neuen Sachstand zu berichten geben sollte, werden wir das natürlich gern tun.

Hoffmann: Allgemein kann ich nur ergänzen, dass wir in einem vertrauensvollen und sehr engen ständigen Dialog mit der ukrainischen Regierung stehen. Es gibt sehr viele Übereinstimmungen, aber eben auch Differenzen in den bekannten Positionen. Aber dieser Dialog steht auf einem sehr beständigen Fundament.

Zusatzfrage: Was sagen Sie zu den Vorwürfen von Herrn Klitschko?

SRS’in Hoffmann: Das war die Antwort auf die Frage nach den Vorwürfen von Klitschko.

Frage: Die Amerikaner schickten tödliche Waffen in die Ukraine. Bedeutet das, dass Washington eine Kugel auf die Verständigung mit Moskau abfeuert? – So formuliert er es. – Wie steht die Bundesregierung zu dieser Politik?

Hoffmann: Die Bundesregierung hat ihre Haltung gegenüber Waffenlieferung, vor allem gegenüber der Lieferung letaler Waffen in die Ukraine nicht verändert. Sie erteilt im Hinblick auf den Konflikt in der Ukraine keine Genehmigung für die Lieferung letaler Kriegswaffen.

Sie sieht natürlich, dass Verbündete eine andere Position haben und das auch anders handhaben, aber ihre Haltung ist unverändert.

Frage: Guten Tag! Das Auswärtige Amt, die Ministerin, hat gesagt, man kritisiere es nicht, wenn andere Länder Waffen lieferten. Nun werden aber aufgrund des Vetos Deutschlands keine Haubitzen geliefert. Die Finnen würden dem nicht entgegenstehen.

Ist es nicht ein Widerspruch, einerseits den anderen einzuräumen, zu machen, wie sie denken, und andererseits auf dem Umwege zu verhindern?

Hoffmann: Ich möchte dazu kurz etwas sagen. Wenn ich Sie richtig verstanden habe, dann sagen Sie, es würden keine Haubitzen geliefert. Tatsächlich aber hat die Bundesregierung in dieser Sache noch keine Entscheidung getroffen. Nur um die falsche Voraussetzung, die in der Frage steckte, zu entkräften.

Vorsitzende Buschow: In diese Richtung hat auch – das nehme ich einmal dazwischen – ein Kollege gefragt. Er fragt, ob eine Entscheidung schon gefallen sei beziehungsweise für wann sie erwartet werde. Vielleicht können Sie das noch ergänzen.

Hoffmann: Ich kann es nicht präzise sagen, aber es handelt sich nicht um Monate.

Frage: Das Verteidigungsministerium hat sich in sehr explizierter Weise von den Äußerungen des Admirals Schönbach distanziert und gesagt, sie entsprächen in keiner Form der Position der Bundesregierung. Die Quintessenz seiner Aussage war ja, Russland verlange Respekt, und es koste nicht viel, Russland diesen Respekt zu geben und Russland auf Augenhöhe zu begegnen.

Können Sie präzisieren, welche Aussagen von ihm tatsächlich nicht der Position der Bundesregierung entsprechen und ob es tatsächlich um diese Aussage bezüglich des Respekts in Bezug auf Russland ging?

Thiels: Ich habe den Äußerungen, die wir schon über das Wochenende gemacht haben, eigentlich nichts hinzuzufügen. Sowohl in Wortwahl als auch in Inhalt entsprachen die Äußerungen Herrn Schönbachs in keiner Weise der Haltung der Bundesregierung, die Sie ja hinlänglich kennen. Dem kann ich hier eigentlich nichts hinzufügen.

Zusatzfrage: Aber ich habe nach einer Konkretisierung gefragt. Er hat gesagt: Russland mehr Respekt geben; die Krim sei de facto erst einmal in den Händen Russlands – das ist ja eine rein faktische Feststellung -, und Russland hätte kein Interesse daran, den Donbass zu besetzen.

Das sind die drei Positionen. Welche dieser drei Positionen – zwei davon eher faktische Feststellungen – entsprechen in keiner Weise, wie es das Bundesverteidigungsministerium formuliert hat, der Position der Bundesregierung?

Hoffmann: Ich würde gern noch einmal im Namen der gesamten Bundesregierung bekräftigen, was der Kollege gesagt hat, dass sich die Bundesregierung ausdrücklich von den Äußerungen des Inspekteurs der Marine vom Freitag distanziert. Das ist nicht die Haltung der Bundesregierung. Die Bundesregierung hat eine klare Haltung, insbesondere was die Krim und die Achtung des internationalen Rechts angeht. An dieser Haltung kann es gar keinen Zweifel geben.

Frage: Wenn ich es richtig verstanden habe, dann gibt es jetzt erst einmal übergangsweise einen Nachfolger des Marineinspekteurs. Wann wird über eine dauerhafte Lösung entschieden, und auf welchem Wege passiert das?

Thiels: Herr Kollege, natürlich kann die Marine nicht dauerhaft in dieser Zwischenphase bleiben. Natürlich muss darüber entschieden werden, wer der nächste Inspekteur der Deutschen Marine wird. Aber dafür nehmen wir uns genügend Zeit und werden mit den entsprechenden Kandidaten, die von ihrem Verwendungsaufbau, ihrer Erfahrung und ihrer Eignung her infrage kommen, Gespräche führen. Dann wird es einen Vorschlag geben, und dann wird die Ministerin darüber entscheiden. Das kann aber noch ein bisschen dauern. Das werden wir nicht übers Knie brechen.

Frage: Herr Thiels, hat Herr Schönbach gegen Soldatengesetz verstoßen? War das eine politische Äußerung nach § 15?

Noch eine zweite Frage: Einige Nato-Mitgliedsstaaten verstärken ihre Militärpräsenz in Osteuropa. Ist die Bundeswehr daran indirekt oder direkt beteiligt

Thiels: Ich beginne gern mit der zweiten Frage. Das kann ich schnell beantworten. Wir werden bereits im Februar in der Nato Air Policing South in Rumänien unser Engagement verstärken. Das ist allerdings schon länger geplant und wird jetzt durchgeführt. Die Kräfte werden, wenn ich es richtig im Kopf habe, am 22. Februar eingemeldet. Sollte dieses Datum nicht stimmen, würde ich es Ihnen nachliefern, aber ich bin ziemlich sicher.

Zu ihrer ersten Frage: Sie kennen den Satz von uns in Sachen Zurruhesetzung: Zu einzelnen Personalangelegenheiten darf ich mich hier nicht äußern. – Ich kann Ihnen aber natürlich generell ein paar Dinge dazu sagen, wie in solchen Fällen vorgegangen wird. Vorabschicken möchte ich, dass Vizeadmiral Schönbach selbstständig um Entbindung von seinen Aufgaben gebeten hat. Dem hat die Ministerin entsprochen. Sie hat übrigens heute auch noch einmal ein persönliches Gespräch mit ihm geführt.

Wie schon gesagt, entsprechen seine Äußerungen in Indien in keiner Weise der Haltung des BMVg und auch nicht – das hat die Stellvertretende Regierungssprecherin eben schon gesagt – der Haltung der Bundesregierung. Auch Herr Schönbach selbst hat sich dazu schon eingelassen. Das konnten Sie in einer Pressemitteilung der Marine schon am Wochenende nachlesen. Deswegen ist es aus Sicht des BMVg der einzig richtige Schritt, dass er um Entbindung von seinen Aufgaben nachgesucht hat. Die Ministerin hat, wie gesagt, heute noch einmal mit ihm gesprochen. Sie hat ihm für seinen Dienst gedankt und ihm alles Gute gewünscht.

Was die grundsätzlichen Fragen einer Zurruhesetzung und Ähnliches betrifft, gibt es verschieden Möglichkeiten, wann der Dienstherr jemanden zur Ruhe setzen kann, etwa das Erreichen der Altersgrenze oder Ähnliches. Aber es kann natürlich auch allgemeine strukturelle Erwägungen geben, die zum Beispiel sachlich oder in der Person des Soldaten begründet sind, zum Beispiel eine fehlende Eignung oder auch Zweifel an der Dienstausübung in Übereinstimmung mit der Politik der Bundesregierung.

Jetzt können Sie für sich selbst überlegen, ob das auf diesen Fall passt oder nicht. Aber das sind die rechtlichen Voraussetzungen. Zu den Details können wir gern noch bilateral miteinander sprechen. Aber das ist relativ kompliziert. Ich bin kein Jurist. Deswegen würde ich Sie dazu gern in die Hände meiner Fachleute geben.

Frage: Sind die Waffenlieferungen der USA, Englands und der Türkei indirekt oder direkt an die Ukraine hinnehmbar oder kontraproduktiv?

Eine Frage von Boris Reitschuster nehme ich dazu. Er schreibt: Die Ministerin sagte, Waffenlieferungen an die Ukraine seien nicht hilfreich. Für wen konkret sind sie nicht hilfreich und warum nicht? – Auch das richtet sich wahrscheinlich an das Verteidigungsministerium, zumindest die zweite Frage.

Thiels: Damit kann ich gleich anfangen. Ich habe den sehr klaren Äußerungen der Ministerin in dem Fall nichts hinzuzufügen. Sie stehen für sich und sind, denke ich, eindeutig auf Linie der Bundesregierung, auch auf Linie dessen, was im Koalitionsvertrag steht.

Hoffmann: Was die Praxis befreundeter Nationen angeht, habe ich mich eben im Grunde schon geäußert. Das nimmt die Bundesregierung zur Kenntnis und sieht, dass unterschiedliche Bündnismitglieder ihre Zusammenarbeit mit der Ukraine in verschiedenen Ausprägungen betreiben.

Burger: Ich möchte noch hinzufügen, dass wir uns im Bündnis natürlich sehr, sehr einig sind. Das ist heute beim Rat der EU-Außenministerinnen und -Außenminister auch wieder zum Ausdruck gekommen, aber beispielsweise auch in den Äußerungen beim Besuch des amerikanischen Außenministers vergangene Woche. Wir als westliche Gemeinschaft, als Europäische Union, als transatlantisches Bündnis stehen geschlossen hinter der territorialen Unversehrtheit und Souveränität der Ukraine, weisen russische Drohmanöver zurück und haben alle gemeinsam sehr, sehr unmissverständlich deutlich gemacht, dass jede weitere Aggression gegen die Ukraine einen hohen Preis kosten würde.

Frage: Herr Thiels, noch einmal zum Vorgang mit dem Admiral: Sie sagten jetzt – das hat auch die Regierungssprecherin noch einmal bestätigt -, das, was er da geäußert habe, sei keine Position der Bundesregierung. Aber haben Sie Erkenntnisse darüber, ob das, was er da kundgetan hat, innerhalb der Bundeswehr eine weiter verbreitete Ansicht ist? Denn er hat das ja – man sieht es auf dem Video – sehr selbstbewusst vorgetragen, so nach dem Motto, dass sich das alles doch von selbst verstehe. Oder können Sie sicher sein, dass das einfach eine exotische Einzelmeinung war?

Thiels: Wir erheben keine Statistiken darüber, wer in der Bundeswehr welche private Meinung vertritt. Wir bekommen immer nur dann Erkenntnisse darüber, wenn diese öffentlich vertreten wird. Ich habe jetzt keine Erkenntnisse über Prozentzahlen oder was auch immer. Er hat für sich gesprochen. Aber er ist eben in einer besonderen Stellung. Deswegen hat das zu Recht eine besondere Aufmerksamkeit bekommen und auch zu den entsprechenden Konsequenzen geführt.

Man muss auch sagen: Es ist vielleicht auch ein Unterschied, wenn ein Obergefreiter irgendwo in der Fläche in Deutschland eine politische Meinung hat. Sie muss natürlich im Rahmen dessen sein, was unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung vorsieht. Aber es ist etwas völlig anderes, wenn sich der Inspekteur der Marine oder ein Mensch in einer ähnlich herausgehobenen Position klar und deutlich gegen die Linie der Bundesregierung oder auch der Nato stellt. Das ist in diesem Fall geschehen.

Zusatzfrage: Jetzt hat das trotz dieses Rücktritts politisch doch einen relativ starken Flurschaden angerichtet. Gibt es seitens der Bundesregierung Versuche, diesen Flurschaden auch gerade mit Blick auf die Ukraine zu beheben, oder meinen Sie, dass mit dem Rücktritt jetzt sozusagen der ganze Fall erledigt ist und die Ukraine sich sozusagen unnötig aufregt?

Burger: Die Außenministerin war ja in der vergangenen Woche in Kiew und hat dort die Haltung der Bundesregierung sehr, sehr deutlich gemacht. Insbesondere zur Krim ist das in der Pressekonferenz mit ihrem ukrainischen Außenministerkollegen noch einmal sehr deutlich geworden, weil dort der ukrainische Außenminister selbst verkündet hat, dass Deutschland in der Krim-Plattform der Ko-Vorsitz für das Thema Nichtanerkennungspolitik übernimmt. Insofern kennt die ukrainische Führung unsere Haltung dazu sehr gut. Wir werden natürlich weiter unsere diplomatischen Kanäle in die Ukraine nutzen, um das, wo nötig, deutlich zu machen.

Frage: Welche Kosten entstehen der Staatskasse durch den vorzeitigen Ruhestand?

Thiels: Das kann ich an dieser Stelle nicht beziffern. Wenn wir dazu etwas nachliefern können, tun wir das. Aber das kann ich jetzt nicht aus dem Handgelenk beziffern.

Frage: Frau Hoffmann, Sie haben eben die Position der Bundesregierung, was Waffenlieferungen angeht, klargemacht. Ich hätte ganz gerne gewusst, ob das eine Position ist, die jetzt gilt oder auch für den Fall, dass es eine Aggression gibt. Könnte die Ukraine also für den Fall, dass Russland die Ukraine angreifen sollte, mit deutschen Waffenlieferungen rechnen?

Hoffmann: Zunächst tun wir ja vonseiten der Bundesregierung, insbesondere des Bundeskanzlers, wirklich alles, um eine solche Eskalation zu verhindern. Für den Fall, dass es zu einer russischen Intervention oder eines wie auch immer gearteten Eindringens auf ukrainisches Territorium kommt, bereitet die Bundesregierung gemeinsam mit ihren Verbündeten eine Reihe von Maßnahmen vor, die wir jetzt hier aber im Einzelnen nicht besprechen.

Zusatzfrage: Dabei geht es ja vor allem um Sanktionen. Aber Waffenlieferungen fallen ja jetzt nicht direkt unter die Kategorie „Sanktionen“. Kann die Ukraine im Fall einer Aggression mit deutscher Hilfe rechnen?

Hoffmann: Deutschland hat sich ja bereits bereiterklärt, in sehr kurzer Zeit ein Feldlazarett an die Ukraine zu liefern. Über weitere Pläne oder auch Spekulationen über die Frage „Was wäre, wenn …?“ kann ich hier nichts sagen.

Frage: Frau Hoffmann, Herr Thiels, trifft es dazu, dass dieses Feldlazarett von Deutschland bezahlt wird, tatsächlich aber mit Personal aus Estland aufgebaut und betrieben wird?

Thiels: Ja, das trifft zu. Wir bezahlen. Wir machen das gemeinsam mit unseren estnischen Partnern beziehungsweise wir koordinieren das mit ihnen. Wir bezahlen das Feldlazarett, und die Esten sind sozusagen für die Abwicklung zuständig. Das ist ein gutes Beispiel für die gute Kooperation, die wir mit den baltischen Ländern haben.

Zusatzfrage: Das heißt, das Deutsche an diesem Feldlazarett ist eigentlich die bezahlte Rechnung?

Thiels: Wenn Sie das so sehen.
Das gibt mir die Gelegenheit, vielleicht etwas hinzuzufügen. Das ist nämlich auch nicht ganz uninteressant.
Wir sind zum Beispiel seit Beginn dieses Konflikts dabei, schwerstverletzte Soldatinnen und Soldaten und Angehörige der Sicherheitskräfte der Ukraine in Deutschland zu behandeln, die in der Ukraine nicht in dem Maße medizinisch behandelt werden können, wie das vielleicht wünschenswert wäre. Inzwischen sind in deutschen Militärkrankenhäusern 155 schwerstverletzte Menschen in dieser Art und Weise behandelt worden. Es ist nicht so, dass wir uns irgendwie zurücklehnen würden, sondern wir sehen schon, dass wir das tun, was wir tun können.

Vorsitzende Buschow: Es gibt zum Thema „Panzerhaubitzen“ eine Nachfrage. Er fragt, ob die Ankündigung einer Entscheidung so verstanden werden kann, dass die bisher geäußerte Haltung, dass keine Waffen in die Ukraine geliefert werden sollen, noch einmal überdacht wird.

Er fragt als Zusatz: Ist denn eine andere Antwort an Estland als „Nein“ vorstellbar?

SRS’in Hoffmann: Wie gesagt, es ist bisher dazu keine Entscheidung getroffen worden. Es geht ja in diesem Fall nicht um deutsche Waffenlieferungen, sondern um Waffenlieferungen aus Estland, das um eine Genehmigung ersucht hat, diese Waffen zu liefern. Aber die Entscheidung steht noch aus. Mehr kann ich dazu nicht sagen.

Frage: Ist eine Haubitze keine letale Waffe, Frau Hoffmann?

SRS’in Hoffmann: Die Entscheidung über die Lieferung von Haubitzen aus Estland steht noch aus.

Zusatz: Ich will nichts über Entscheidungen wissen, sondern ob eine Haubitze eine letale Waffe ist.

SRS’in Hoffmann: Eine Haubitze ist eine letale Waffe.

Zusatzfrage: Ich würde kurz zur Causa Schönbach zurückkommen. Das Bundesverteidigungsministerium hat sich geweigert, zu konkretisieren, was tatsächlich die Positionen von ihm waren, die gegen die Position der Bundesregierung stehen. Frau Hoffmann hat das wiederum kritisiert und hat gesagt, es ginge um die völkerrechtliche Verortung der Ukraine. Jetzt hat aber Herr Schönbach das in keiner Form irgendwie politisch oder völkerrechtlich bewertet, sondern lediglich die De-facto-Feststellung gemacht: Die Ukraine ist weg und wird auch nicht wiederkommen, außer man erobert sie.

Hoffmann: Sie meinen nicht, dass die Ukraine weg ist und nicht wiederkommen wird, sondern die Krim. Entschuldigung, wenn ich das – – –

Zuruf: Entschuldigung, die Krim! Ich weiß, andere werden jetzt etwas von Freud sagen. Was ich damit sagen wollte – – – –

Vorsitzende Buschow: Schöner wäre es noch, Sie würden eine Frage stellen.

Zusatz: Die stelle ich auch. Ohne meinen Fauxpas hätte ich die jetzt auch schon formuliert.

Wie gesagt, er stellt in seiner Ausführung in keiner Form völkerrechtlich oder politisch die Verortung der Ukraine infrage, sondern er sagt lediglich „Sie ist de facto weg und wird so schnell auch nicht wiederkommen“, mit der Implikation „außer man erobert sie militärisch“. Mich würde interessieren: Was ist an dieser von ihm so dargelegten Feststellung aus Sicht der Bundesregierung falsch? Es war, wie gesagt, in keiner Form eine politische oder völkerrechtliche Feststellung, die er getroffen hat.

Hoffmann: Mir kommt es so vor, als hätten Sie diese Frage vor zehn Minuten schon einmal gestellt. Ich habe sie auch schon beantwortet.

Thiels: Ich habe auch den Ausführungen der stellvertretenden Regierungssprecherin und dem, was ich gesagt habe, eigentlich nichts hinzuzufügen. Ich hatte Ihre Nachfrage schon beim ersten Mal verstanden. Aber ich bleibe bei meiner Aussage.

Zusatzfrage: Die Aussagen von Herrn Schönbach in Indien wurden wiederum von den indischen Counterparts voll umfänglich bestätigt. Sie sagten: Wir können ihm nicht mehr als zustimmen. Russland ist auch für uns ein wichtiger strategischer Partner und einer der engsten Freunde. – Das waren sozusagen die Originalaussagen der Inder.

Jetzt würde mich interessieren: Plant das Auswärtige Amt oder das Bundesverteidigungsministerium, sich aufgrund dieser voll umfassenden Zustimmung der indischen Seite in Bezug auf die Ausführungen auch von dieser Zustimmung der indischen Seite zu distanzieren? Das wäre in gewisser Weise ja konsequent.

SRS’in Hoffmann: Nein. Die Bundesregierung distanziert sich nicht von etwas, was die indische Regierung sagt. Das ist ja – – – Nein, die Bundesregierung distanziert sich nicht von den Indern.

Zuruf: (ohne Mikrofon; akustisch unverständlich)

Burger: Die Antwort ist die gleiche. Ich werde hier nicht angebliche Äußerungen von indischen Vertretern, die Sie so interpretieren, kommentieren. Das ist nicht meine Aufgabe.

Zuruf: (ohne Mikrofon; akustisch unverständlich)

Vorsitzende Buschow: Herr Kollege, ich habe wirklich noch eine lange Liste. Und es kann sich nicht nur um Sie drehen. Es tut mir leid. – Habe ich Sie jetzt unterbrochen, Herr Burger?

Burger: Ich wollte nur einmal sagen: Wir sind hier wirklich seit Wochen dabei, die Haltung der Bundesregierung Sachen Russland/Ukraine zu verdeutlichen. Ich glaube, diese ist hier sehr, sehr klar geworden. Wir werden hier nicht jedes Video im Detail kommentieren, das Sie uns vorhalten.

Frage: Wird Bundesministerin Lambrecht nach der Bitte von Vizeadmiral Schönbach, von den Ämtern entbunden zu werden, beim Bundespräsidenten die Versetzung des Offiziers in den einstweiligen Ruhestand beantragen?

Thiels: Sie wird das nach dem üblichen Prozedere durchführen.

Vorsitzende Buschow: Das heißt einstweiliger Ruhestand? Ich glaube, darauf zielt die Frage.

Thiels: Das ist das normale Prozedere. Ich kann dem Kollegen gerne bilateral die genauen Details des Verfahrens erläutern.

Frage: Zurück zum Thema Waffenlieferungen. Frau Hoffmann, die Ukraine hat im Nachgang zu dem Fall Schönbach die Bitte nach Defensivwaffen erneuert und hat auch von Wiedergutmachung gesprochen. Um das noch einmal festzuhalten: Auch in puncto Lieferung von Defensivwaffen hat sich die Haltung gar nicht geändert?

Hoffmann: Die Haltung der Bundesregierung hat sich nicht geändert. Ich habe dazu keinen neuen Stand für Sie.

Zusatzfrage: Nicht zum Thema Waffen, sondern zum Normandie-Format, das ja, wie wir wissen, ein Herzensanliegen der Bundesregierung ist. Ich wollte das Auswärtige Amt fragen, ob es bestätigen kann, dass es am Mittwoch auf Direktorenebene ein Treffen dazu geben wird und ob irgendwann auch ein Ministertreffen avisiert ist.

Burger: Ich habe für den Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes hier keine Terminankündigung zu machen.

Hoffmann: Ich glaube, das ist vielleicht ein Missverständnis. Das Treffen, über das seit mehreren Wochen gesprochen wird, findet nicht auf Direktorenebene des Auswärtigen Amtes statt, sondern der außen- und sicherheitspolitischen Berater. In diesem Fall wäre das Herr Plötner. Man ist im Moment in sehr intensivem Gespräch und auch zuversichtlich, dass in Kürze ein solches Treffen stattfinden wird. Man ist gerade in den letzten Finalisierungen des Termins.

Frage: Es gab am Wochenende öffentlichen Protest oder Missfallensbekundungen aus der Ukraine. Ich wollte fragen, ob die Bundesregierung auch offiziellen Protest aus Kiew erreicht hat, was die Äußerungen des Admirals angeht, aber auch zum Beispiel bezüglich des Falls der möglichen Waffenlieferungen aus Estland. Hat sich die ukrainische Regierung also auch offiziell bei der Bundesregierung beschwert?
Hat das deutsch-ukrainische Verhältnis unter den Ereignissen der letzten Tage gelitten?

Burger: Es ist in den Medien in den letzten Tagen schon berichtet worden, dass unsere Botschafterin in Kiew am Wochenende vom ukrainischen Außenministerium zu einem Gespräch gebeten wurde. Dabei ging es um die Äußerungen von Herrn Schönbach.
Im Übrigen stehen wir natürlich mit der Ukraine in einem ständigen sehr engen Austausch, gerade in einer solchen Phase. Wie gesagt, die Außenministerin war ja gerade erst in der vergangenen Woche persönlich vor Ort in Kiew, genau um dort unsere Solidarität zu zeigen und klarzumachen, dass wir uns mit einer sehr klaren Haltung in diesem Konflikt positionieren.
Diese enge Absprache wird natürlich auch weitergehen. Die Außenministerin hat auch angekündigt, dass es für sie Pläne gibt, gemeinsam mit ihrem französischen Amtskollegin erneut die Ukraine zu besuchen und die Kontaktlinien im Donbass zu besuchen, um sich dort selbst ein Bild von der humanitären Lage der Bevölkerung vor Ort zu verschaffen. Ich glaube, auch das ist ein sehr deutliches Zeichen dafür, wie ernst wir unsere Verantwortung innerhalb Europas nehmen, hier zu einer Konfliktlösung beizutragen.

Frage: Hat die Bundesregierung gegen die NS-Bezüge in ukrainischen Beurteilungen der deutschen Haltung im Konflikt zwischen Russland und der Ukraine protestiert beziehungsweise um Erklärung gebeten?

Hoffmann: Mir ist jetzt gerade nicht präsent, worauf er sich bezieht.

Burger: Mir auch nicht. Wenn das noch einmal präzisiert werden könnte, könnte ich gerne versuchen, eine Antwort dazu nachzureichen.
Im Übrigen ist es natürlich so, dass wir hier nicht im Einzelnen über Inhalte vertraulicher Gespräche Auskunft geben.

Frage: Ich hätte noch eine Frage zur Nato an Frau Hoffmann und vielleicht auch an das AA und das BMVg. Dieser verstärkten Nato-Präsenz in Osteuropa liegt ja offenbar eine veränderte Lagebeurteilung zugrunde. Anders konnte man Herrn Stoltenberg ja auch gar nicht verstehen. Meine Frage ist: Welche Informationen hat die Bundesregierung? Teilen Sie diese Lagebeurteilung? Anders gefragt: Ist die Wahrscheinlichkeit eines Krieges in Europa in den letzten Stunden und Tagen größer geworden?

Hoffmann: Die Bundesregierung – vielen Dank für die Frage – ist sehr besorgt über die Situation an der ukrainischen Grenze sowie über das russische Vorgehen in den letzten Tagen und auch schon den letzten Wochen. Wir stehen im ständigen Dialog mit den Verbündeten in der EU – natürlich auch transatlantisch – über die angemessene Reaktion auf diesen Truppenaufmarsch und die Manöver in Belarus. Wir werden diese Beratungen auch in dieser Woche fortsetzen. Ich kann konkreten Ergebnissen jetzt nicht in irgendeiner Weise vorgreifen, aber wie befinden uns da im intensiven Gespräch.

Frage: Frau Hoffmann, ganz kurz zu Estland und diesen Haubitzen: Könnten Sie noch einmal erklären, was jetzt eigentlich genau geprüft wird? Das beinhaltet auch die Frage, aus welchem rechtlichen Grund Deutschland eigentlich überhaupt die Lieferung von Haubitzen aus Estland in die Ukraine verbieten oder blockieren kann. Wenn ich eine Meldung vom Wochenende richtig verstanden habe, dann wäre es ja falsch, dass die Bundesregierung diese Lieferung blockiert. Richtig?

Hoffmann: Wir kommentieren Medienberichte prinzipiell nicht, aber, wie gesagt, die Bundesregierung prüft das. Für die Details würde ich gerne an das BMWK oder das BMVg verweisen.

Thiels: Die rechtlichen Rahmenbedingungen, glaube ich, kennen die Kollegen aus dem Wirtschaftsministerium besser als ich.

Ungrad: Die rechtlichen Rahmenbedingungen müsste ich nachreichen, die kann ich Ihnen jetzt nicht nennen. Ansonsten gilt für uns auch das, was die stellvertretende Regierungssprecherin gesagt hat.

Zusatzfrage: Das liefern Sie noch einmal nach, ja? Das ist nämlich eine wichtige Frage.

Ungrad: Wenn wir etwas nachliefern können, dann liefere ich das nach, wenn das bei uns liegt. Ich schreibe es mit auf.

Thiels: Vielleicht kann ich kurz noch etwas ergänzen: Ich glaube – wirklich ungeschützt; ich bin kein Jurist -, das hat mit Endverbleibsklauseln zu tun. Immer wenn aus Deutschland Rüstungsexporte stattfinden – – – In diesem Fall handelt es sich ja um Haubitzen aus früheren Beständen der Nationalen Volksarmee der DDR, die an Finnland geliefert worden sind. Bei solchen Rüstungsgeschäften ging es zumindest in der Vergangenheit darum, dass das Empfängerland die dann nicht sozusagen ohne eine Genehmigung des Geberlandes weitergeben kann. Das ist schon einmal geschehen, von Finnland nach Estland, und dem hat Deutschland zugestimmt. Jetzt steht eben die Entscheidung aus, diese Haubitzen von Estland an die Ukraine zu liefern. Aber darüber findet die Ressortabstimmung statt, und auch die Finnen müssen sich da schütteln und sehen, wie sie das machen wollen. Da gibt es also tatsächlich noch keine Entscheidung.

Zusatzfrage: Kann man sagen, wie diese Klausel oder dieses Gesetz oder die Regelung hieß?

Thiels: Ich glaube, das ist eine Endverbleibserklärung. Aber das Wirtschaftsministerium kann Ihnen sicherlich, wenn Sie dort noch einmal nachfragen, die exakten Details liefern.

Burger: Ich kann Ihnen mitteilen, dass, während wir hier gesprochen haben, entschieden worden ist, dass für die Familienangehörigen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unserer Auslandsvertretungen in der Ukraine und genauso auch für die Familienangehörigen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern deutscher Organisationen in der Ukraine – also beispielsweise des Goethe-Instituts, des DAAD, der GIZ – die Möglichkeit zur freiwilligen Ausreise aus der Ukraine eingeräumt wird. Das heißt, wenn Familienangehörige die Ukraine verlassen möchten, dann werden die Reisekosten dafür vom Auswärtigen Amt beziehungsweise von den Arbeitgebern getragen. Das ist eine Maßnahme, die wir treffen, um die Sicherheit der Menschen, für die wir dort Verantwortung tragen, zu gewährleisten. Gleichzeitig stellen wir weiterhin die Arbeitsfähigkeit unserer Vertretungen in der Ukraine sicher. Unsere diplomatische Präsenz brauchen wir vor Ort auch weiterhin, um der Ukraine in dieser Situation zur Seite zu stehen.

Zusatzfrage: Können Sie das kurz erklären? Wenn ich es richtig verstehe, dann ist das jetzt keine Aufforderung, sondern man ermöglicht das denen einfach. Geht das weiter als das, was die US-Regierung für die Familienangehörigen von Botschaftsmitarbeitern gemacht hat, oder ist das praktisch mit der Maßnahme identisch?

Burger: Ich glaube, diesen Vergleich anzustellen, müsste ich Ihnen selbst überlassen. Ich würde, glaube ich, meine Kompetenzen überschreiten, wenn ich jetzt interpretieren würde, was genau die Maßnahmen der USA sind. Für Deutschland haben wir, wie gesagt, angeordnet, dass die Möglichkeit zur freiwilligen Ausreise – noch einmal: nicht für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sondern für die Familienangehörigen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – geschaffen wird.

Zusatzfrage: Aber es gäbe theoretisch noch die Steigerung, dass Familienangehörige dazu angewiesen werden, auszureisen. Richtig?

Burger: Genau. Es gibt noch durchaus weitere Maßnahmen, die man treffen könnte. Aus unserer Sicht ist in der Situation und in der Abwägung der Verantwortung für das Wohl der Menschen, für die wir dort Verantwortung tragen, dies der angemessene Schritt.

Frage: Herr Burger, haben Sie eine Zahl, wie viele Menschen davon betroffen sein könnten?

Burger: Das müsste ich Ihnen nachreichen, falls wir so eine Zahl haben. Ich könnte es wahrscheinlich nur für die Angehörigen des Auswärtigen Amtes selbst sagen. Analog wird das dann von den deutschen Mittlerorganisationen gehandhabt, die dort im staatlichen Auftrag tätig sind.
Da es eine Möglichkeit zur freiwilligen Ausreise ist, sagt das natürlich noch nicht sehr viel darüber aus, wie viele Menschen dann tatsächlich von dieser Möglichkeit Gebrauch machen möchte. Das hängt dann natürlich auch immer von der individuellen Gefährdungswahrnehmung, von den persönlichen Umständen etc. ab.

Am Montagnachmittag kündigte das Weiße Haus noch für den gleichen Tag eine Videkonferenz von US-Präsident Joe Biden mit den europäischen Partnern an:

In the afternoon, the President will hold a secure video call with European leaders as part of our close consultation and coordination with our Transatlantic Allies and partners in response to Russia’s military buildup on Ukraine’s borders. President Biden will speak with European Commission President Ursula von der Leyen, European Council President Charles Michel, President Emmanuel Macron of France, Chancellor Olaf Scholz of Germany, Prime Minister Mario Draghi of Italy, NATO Secretary General Jens Stoltenberg, President Andrzej Duda of Poland, and Prime Minister Boris Johnson of the United Kingdom.

Am Abend von Pentagon-Sprecher John Kirby (Transkript seiner Pressekonferenz wird ggf. nachgetragen):

Interessant ist dabei die Bezugnahme auf die NATO Response Force (NRF) – von deren Aktivierung allerdings bislang nicht die Rede ist. In seiner Pressekonferenz (hier das Transkript) war Kirby allerdings an dieser Stelle, trotz Nachfragen, nicht besonders präzise:

Q: I’m unclear the — the NATO Response Forces, the assumption that that’s something that could be activated in advance of an invasion or only would have been activated if — I know that it’s a NATO decision…
KIRBY: That would be an alliance call.
Q: I mean, what — what’s your understanding? I mean, is your understanding that it’s possible that this is something that can be called up — that these are troops that could be called up and sent for…
KIRBY: Again, I’d refer you to Brussels, Courtney. It’s really a decision for NATO to make. And what the criteria are for activating it is really for them to — to speak to, not — not for us. There’s no — I — I don’t know of a specific — I mean, it’s a existing response force, right.
And when it was established, you know, it — it wasn’t established specifically for the purposes of Russia invading Ukraine again. So I don’t know that there’s a specific limitation that, you know, they can only be activated — that would be a — an alliance decision.
That’s — that would be a discussion inside — inside NATO and inside the political leadership of NATO. I, again, I — I just don’t know what. What we’re trying to do is make sure that if it is, whenever that is, we’re ready to go.

Die Tageszusammenfassung des britischen Guardian, einschließlich der Äußerungen aus dem Pentagon und mit Reaktionen aus Moskau:

https://www.theguardian.com/world/2022/jan/24/nato-reinforces-eastern-borders-as-ukraine-tensions-mount

Zu der Videokonferenz von US-Präsident Joe Biden mit NATO, EU, Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien und Polen gab es bislang nur eine Mitteilung von NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg, die inhaltlich nicht über frühere Aussagen hinausgeht.

Aus der Mitteilung der Bundesregierung zu dieser Schaltkonferenz:

Alle Teilnehmer drückten ihre große Sorge angesichts der massiven russischen Truppenbewegungen und der durch Russland verursachten Spannungen aus. Sie waren gemeinsam der Auffassung, dass es an Russland liege, sichtbare Schritte der Deeskalation vorzunehmen. Alle Teilnehmer waren sich des Weiteren einig, dass Fragen der Sicherheit und Stabilität in Europa im Wege von Verhandlungen gelöst werden müssen. Sie bekräftigten ihre Bereitschaft, entsprechende diplomatische Bemühungen fortzusetzten, unter anderem durch die Bemühungen Deutschlands und Frankreichs im Rahmen des Normandie-Formats.
Zugleich bekräftigten die Teilnehmer ihre uneingeschränkte Unterstützung für die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine. Sie stimmten überein, dass eine weitere russische Aggression gegen die Ukraine sehr schwerwiegende Folgen haben werde.