Die neue Rüstungsexportpolitik der Ampel: Was schwimmt, läuft?

Das Bundeswirtschaftsministerium, inzwischen unter Grünen-Führung und weiterhin für die Rüstungsexporte zuständig, strebt eine – vor allem erstmals gesetzliche – Neuregelung der deutschen Rüstungsexporte an. Deshalb ist (nicht nur) fürs Archiv interessant, wie sich dieses Ministerium jetzt zu einem Punkt der Exportpolitik geäußert hat. Es wirkt, als ließe es sich auf die alte Formel bringen: Was schwimmt, läuft.

Anlass war eine Frage in der Bundespressekonferenz zur Einschätzung Ägyptens durch die Bundesregierung – vor dem Hintergrund von Berichten über Menschenrechtsverletzungen in dem nordafrikanischen Land, dessen – zumindest mittelbare – Beteiligung am Krieg im Jemen und den jüngsten Zahlen zu Rüstungsexporten im vergangenen Jahr: Danach hatten Genehmigungen für solche Ausfuhren nach Ägypten in Höhe von 4,34 Milliarden Euro den höchsten Wert unter den Erlaubnissen für so genannte Drittstaaten außerhalb von NATO und EU. Die Genehmigungen waren noch von der Vorgängerregierung aus Union und SPD erteilt worden.

Auch unter neuem Management sieht das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz das offensichtlich nicht als problematisch an, wie dessen Sprecherin Susanne Ungrad am (gestrigen) Freitag erläuterte:

Fast der gesamte Genehmigungswert – ca. 97 Prozent – geht auf Genehmigungen für stationäres Luftverteidigungssystem und einzelne Genehmigungen für maritime Großaufträge zurück. Da sieht die Bundesregierung kein Risiko des Einsatzes für interne Repression und keine Relevanz dieser Güter für den Jemen-Konflikt. Leistungsfähige Seestreitkräfte liegen im legitimen verteidigungspolitischen Interesse Ägyptens und auch im internationalen Interesse an Küsten- und Seewegschutz.

Die Argumentation, dass Rüstungsgüter für Seestreitkräfte kein Risiko des Einsatzes für interne Repression bedeuten, ist unter den wechselnden Bundesregierungen der vergangenen Jahrzehnte nicht neu und war schon vor langer Zeit auf die Formel gebracht worden: Was schwimmt, läuft.

Allerdings war das schon in den vergangenen Jahren nicht unumstritten. Bedeutsamstes Beispiel in jüngerer Zeit war die Lieferung von deutschen Patrouillenbooten an Saudi-Arabien, die eben wegen der Beteiligung des Landes am Jemen-Krieg gestoppt wurde.

Eine Verbindung zwischen der Lieferung von Kriegsschiffen an Ägypten und dem Jemen-Krieg sah die Ministeriumssprecherin jedoch ausdrüchlich nicht, wie sie auf meine Frage sagte:

Frage: Frau Ungrad, da Sie nun schön die Genscher-Maxime „Was schwimmt, läuft“ in anderen Worten dargestellt haben: Wenn ich Sie richtig verstanden habe, ist damit dann auch die Lieferung von Booten an Saudi-Arabien im Unterschied zur früheren Regierung nicht mehr ein Problem? Denn Sie haben ja sinngemäß von maritimen Großprojekte, die nicht zur internen Repression genutzt werden können, gesprochen. Ist das die Position?

Ungrad: Diesen Zusammenhang kann ich jetzt nicht herstellen; dazu kann ich jetzt nichts sagen.

Für die geplante, um es mit den Worten der stellvertretenden Regierungssprecherin Christiane Hoffmann zu sagen, restriktivere Rüstungsexportpolitik werden solche Details wie der Umgang mit schwimmenden Rüstungsgütern sicherlich bedeutsam.

(Hinweis: Ich war bislang immer davon ausgegangen, dass das Zitat Was schwimmt, läuft dem früheren Außenminister Hans-Dietrich Genscher zuzuordnen ist, da bin ich mir aber inzwischen unsicher und versuche das noch genauer zu klären.)

(Archivbild April 2020: Ein U-Boot der Klasse 209/1400 von Thyssen Krupp Marine Systems für Ägypten bei der Rückkehr von Versuchsfahrten in See vor dem Leuchtturm Kiel-Friedrichsort (nicht Holtenau, wie zunächst falsch geschrieben) – Helwin Scharn)