Berlin bleibt eisern: Keine „letalen Waffen“ für die Ukraine
Die britischen Lieferungen von Panzerabwehrwaffen an die Ukraine in den vergangenen Tagen heizen auch in Deutschland die Diskussion wieder an: Sollte Deutschland angesichts des russischen Truppenaufmarsches an der ukrainischen Grenze der Regierung in Kiew Waffen, vorrangig solche, die als Defensivwaffen gelten, zur Verfügung stellen? Die Bundesregierung bleibt bei einem harten Nein – allerdings gibt es auch in der Ampel-Koalition Gegenstimmen.
Das klare Nein zu letalen, also tödlichen Waffen erneuerte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am (heutigen) Mittwoch vor der Bundespressekonferenz und bekräftigte damit frühere Aussagen von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne):
Das Transkript dazu (in Auszügen), mit Aussagen von Regierungssprecher Steffen Hebestreit, Christian Thiels vom Verteidigungsministerium, Andrea Sasse vom Auswärtigen Amt und Robert Säverin vom Bundeswirtschaftsministerium:
Frage: Zu dem Komplex Ukraine und Bundeswehr: Gibt es in irgendeiner Form seitens der Bundeswehr Vorbereitungen oder Überlegungen, ob deutsche Militärkräfte im Rahmen von Nato oder anderer Weise bei einem möglichen Konflikt eingebunden werden könnten?
Thiels: Herr Kollege, das ist eine extrem hypothetische Frage. Jetzt kann ich natürlich sagen: Auf hypothetische Fragen antworten wir hier nicht. Das tun wir auch nicht. Es gibt überhaupt keinen Anlass, jetzt über solche Szenarien nachzudenken. Wir unterstützen die Ukraine mit humanitären Mitteln, beispielsweise auch über die Bereitstellung eines Feldhospitals. Wir haben, wie Sie wissen, im Rahmen der humanitären Hilfe auch schon schwerstverletzte ukrainische Soldaten in deutschen Militärkrankenhäusern behandelt. Wir haben der Ukraine Sanitätsmaterial zur Verfügung gestellt. Das ist die aktuelle Unterstützung. Das Auswärtige Amt kann sicherlich auch noch etwas zur weiteren Unterstützung der Ukraine sagen. Aber militärische Pläne gibt es nicht.
Zusatzfrage: Hintergrund meiner Frage ist, wenn ich das noch nachtragen darf, dass die Ukraine nun sozusagen die Wünsche an Deutschland, was die Lieferung von Rüstungsgütern angeht, konkretisiert hat. Sind bestimmte Luftabwehrsysteme und bestimmte Marineschiffe von der Ukraine angefordert? Die Überlegung war, ob das die Diskussion auf deutscher Seite dann verändert.
Hebestreit: Ich darf Sie darauf verweisen, dass sowohl der Bundeskanzler als auch die Außenministerin in den vergangenen 48 Stunden relativ klar die Position dieser Bundesregierung deutlich gemacht haben. Die heißt, dass keine letalen Waffen geliefert werden. Das war in der Vergangenheit so; das war in vorherigen Administrationen so; das ist auch in dieser Regierung so. (…)
Frage: Frau Sasse, gibt es eine Reaktion auf den ukrainischen Botschafter, der sich ob der deutschen Begründung irritiert gezeigt, von deutscher Seite keine letalen Waffen, wie Herr Hebestreit gesagt hat, zu liefern? Gerade in Bezug auf das Argument der historischen Verantwortung hat er gesagt, dies sei erstaunlich und diese Verantwortung sollte gerade dem ukrainischen Volk gelten, das mindestens acht Millionen Menschenleben während der deutschen Naziokkupation der Ukraine verloren hat. Er meinte, es sei schade, dass die deutsche Gesellschaft in dieser Frage immer noch kein Fingerspitzengefühl habe.
Sasse: Herr Kollege, was die Äußerungen von Botschafter Melnyk angeht, kann ich Ihnen sagen, dass wir diese wie immer zur Kenntnis genommen haben. Die Außenministerin war ja vorgestern noch in Kiew und hat sich dort ausführlich Fragen und Antworten gestellt und hat unter anderem auch zum Thema Waffenlieferungen sehr deutlich Haltung in dem Sinne bezogen, wie es Herr Hebestreit bereits dargestellt hat.
Darüber hinaus werden wir die Äußerungen von Herrn Melnyk an dieser Stelle nicht kommentieren. Ich kann Ihnen allerdings versichern, dass der Austausch mit der Ukraine zu allen Themen sehr vertraulich und vertrauensvoll ist und Herr Melnyk das auch weiß. (…)
Frage an Herrn Hebestreit: Bedeutet „keine letalen Waffen“ – da zitiert sie Sie – auch keine Defensivwaffen?
Außerdem fragt sie das Wirtschaftsministerium, ob Minister Habeck die Regierungshaltung mitträgt.
Hebestreit: Ich glaube, Defensivwaffen fallen, wenn sie nicht letal sind, nicht unter die Definition. Wenn man aber damit tötet, dann schon. Insofern würde ich sagen: Auch eine Defensivwaffe kann letal sein und fällt dann unter die von mir geäußerten Bedenken.
Säverin: Selbstverständlich trägt Herr Habeck die Regierungsmeinung mit.
Die bislang prominenteste Stimme für Waffenlieferungen kam vom Koalitionspartner FDP: Deren Abgeordnete Marie-Agnes Strack-Zimmermann, die neue Vorsitzende des Bundestags-Verteidigungsausschusses, forderte unter anderem in einem Interview mit T-Online:
Wir haben in unserem Koalitionsvertrag vereinbart, dass keine Waffen in Krisengebiete geliefert werden sollen. Angesichts der aktuellen Lage und Betroffenheit unseres Kontinents sollten wir das im konkreten Fall überdenken: Die Lieferung von Defensivwaffen könnte eine Möglichkeit zur Unterstützung der Ukraine sein. Die gilt es dann aber zu definieren.
Widerspruch bekam Strack-Zimmermann allerdings schon aus der eigenen Fraktion. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Alexander Graf Lambsdorff betonte, solche Waffenlieferungen wären unzulässig und nicht Erfolg versprechend. Dagegen spreche nicht nur der Koalitionsvertrag mit seinem Bekenntnis zur restriktiven Rüstungsexportpolitik, sondern auch das geltende Recht. Eine Parallele zur deutschen Lieferung von Panzerabwehrwaffen an kurdische Peshmerga-Kämpfer im Jahr 2014 und den folgenden Jahren zur Abwehr des Islamischen Staates wollte Lambsdorff nicht gelten lassen: Damals sei es darum gegangen, einen ganz klaren Genozid zu verhindern, also eine ganz andere Situation.
Der stellvertretende FDP-Fraktionschef zeigte sich dagegen offen für die Lieferung von Ausrüstung, die nicht Waffen zuzuordnen sei, wie medizinischen Gerät, aber auch Schutzwesten oder Nachtsichtbrillen. (Lambsdorff erwähnte auch militärische Schutzhelme – daran dürfte die Ukraine allerdings nur begrenzt Bedarf haben, da sie sie selber herstellt und auch in die EU verkauft.)
Unklar ist, ob die deutsche Debatte damit erst einmal beendet ist oder erst richtig losgeht.
Der britische Verteidigungsminister Ben Wallace hatte am vergangenen Montag die britischen Lieferungen der Panzerabwehrraketen an die Ukraine im Parlament offiziell angekündigt und dabei betont, es handele sich um rein defensive Waffensysteme:
It is important that Ukraine has the capability to defend itself. After Ukraine lost large parts of its navy to Russia’s illegal occupation of Crimea, it became important to help Ukraine build up and sustain a naval capability.
We should not forget, Mr Speaker, the thousands of Ukrainians who have lost their lives defending their country, and who every day are murdered by snipers from across the divide.
That is why in 2019 I expanded Operation ORBITAL to include naval cooperation. And that is why last year we agreed a range of measures including supplying Ukraine with two mine counter-measure vessels as well as agreeing the joint production of eight new ships – equipped with modern weapons systems. Defensive weapon systems.
As I said in this House last week, the Framework Agreement presented to Parliament in November 2021 affirmed the principle that the UK will provide both training and defensive capabilities to Ukraine – to help them better defend themselves.
Within that same principle, I can today confirm to the House that, in light of the increasingly threatening behaviour from Russia, and in addition to our current support, the UK is providing a new security assistance package to increase Ukraine’s defensive capabilities.
We have taken the decision to supply Ukraine with light, anti-armour, defensive weapon systems. A small number of UK personnel will also provide early-stage training for a short period of time, within the framework of Operation ORBITAL, before then returning to the United Kingdom.
This security assistance package complements the training and capabilities that Ukraine already has, and those that are also being provided by the UK and other Allies in Europe and the United States. Ukraine has every right to defend its borders, and this new package of aid further enhances its ability to do so.
Let me be clear: this support is for short-range, and clearly defensive weapons capabilities; they are not strategic weapons and pose no threat to Russia. They are to use in self-defence and the UK personnel providing the early-stage training will return to the United Kingdom after completing it.
Die Lieferung mit C-17-Flugzeugen hatte noch am Montagabend begonnen.
(Archivbild März 2021: Anti-tank platoons fire their NLAW fire-and-forget anti-missile system during a mass fire exercise, Salisbury Plain Training Area, Wiltshire – Corporal Rob Kane/Crown copyright 2021/MOD News Licence)
@KPK:
Die NATO wird da gar nichts machen wollen und können. Auch nicht Inderdiction.
Dazu ist der A2-/AD-Bubble mit genug Abfangschichten ausgelegt.
Die NATO wurde in sehr kurzer Frist einen Großteil der Luftwaffen verlieren.
Man kennt die Probleme seit Jahren, aber Politik und Militärbürokratie in der gesamten NATO drücken sich halt nur sehr stark vor den unangenehmen Wahrheiten.
Wenn DEU Waffen an die Ukraine liefert, hat es seine Rolle als Vermittler aufgegeben. Aber die Vorstellung, dass im Falle eines russischen Angriffs auf die Ukraine von DEU nur Betroffenheits- und Solidaritätsadressen kommen, dies generiert sicher schon jetzt Frustration bei unseren eurropäischen Partnern.
Kann sich DEU hier beim Abwägen auf seine Geschichte berufen? Oder unterstellt man DEU einfach politische Bequemlichkeit und das permanente Schielen nach seiner eigenen Gasversorgung? Das ganze hat etwas von einer „Zero-Option“, was man macht; es könnte sich als folgenschwerer Fehler herausstellen…
In einer ARTE-Dokumentation über den Ukraine-Konflikt stellte Marieluise Beck von den Grünen nüchtern fest, viele Deutsche hätten wohl eher Verständnis für die russische, als für die amerikanische Position. In den letzten Tagen habe ich noch keine Meinungsumfrage gesehen, die das Thema Unterstützung der Ukraine aufgegriffen hätte.
(#Fortressonthehill: Ihr wiederholt bedientes Narrativ einer von Nazis unterwanderten ukrainischen Regierung duftet ein wenig nach den Argumenten von Russia Today und den Beiträgen spezieller Foristen im Leser-Forum von SPON. Bitte nicht hier….vielen Dank.)
Ich finde AoRs Kommentar, der die Situation in spieltheoretischer Sicht analysiert, erfreulich differenziert. Faktisch ist das System „RUS Streitkräfte“ den UKR Streitkräften so weit überlegen, dass die kurzfristige Lieferung einzelner Waffensysteme an der militärischen Lage nichts verändert. Um RUS im Falle eines Krieges standhalten zu können, müsste die Ukraine eine glaubhafte Gesamtverteidigung aufbauen. Flugabwehrgürtel inklusive weiträumiger Abwehrfähigkeit gegen ballistische Raketen und Marschflugkörper, vorbereitete Sperrvorrichtungen, gesicherte Führungsfähigkeit, Vorräte für 30 Tage Krieg, resiliente Streitkräfte, die auch nach hohen eigenen Verlusten noch kampffähig sind und zu Gegenangriffen auf Korpsebene imstande sind. Faktisch müsste die Ukraine ihre Wehrtechnik auf US- oder ISR-Niveau bringen und eine totale Verteidigung wie wir im kalten Krieg aufbauen. Ich vermute, dass das die Ukraine wirtschaftlich überfordern dürfte.
@Cybee:
Es genügt Russland schon in Belarus permanent präsent zu sein. Ein Landzugang nach Kaliningrad wäre ein Angriff auf die NATO (Suwalki-Gap in Polen oder Zugang über Litauen).
Die russischen Ziele werden real viel geringer sein:
Weltpolitische Aufmerksamkeit (bereits erreicht), mehr militärische Präsenz in Belarus (läuft schrittweise) und Stabilisierung des Einflusses im Donbass (eigentlich Bauch schon gesichert).
Einen besseren Zugang zur Krim wäre schön ein weitergehender Schritt der Eskalation.
Die Kernfrage für uns sollte weniger sein welche Waffen wir an die Ukraine hektisch abgeben, sondern welche Schritte sind in der NATO und insbesondere auch in Deutschland konkret (!) notwendig, um die wirkliche rote Linie (NATO-Gebiet) durch glaubwürdige (!) Abschreckung abzusichern? Da ist die Perspektive auch nicht die nächsten Tage und Wochen, sondern die nächsten Jahre.
Schaut man dann auf den Zustand unserer Streitkräfte – und noch mehr der Gesamtverteidigung – dann fehlt mir von allen politischen Parteien überhaupt der Ansatz eines Konzeptes.
Geschweige denn eines Planes und dessen Finanzierung.
@TW
Ich gehe davon aus, das Ihnen die Gesetzeslage in der Ukraine zur OUN und zur UPA geläuftig ist, wo beiden Gruppen incl. Ihrer Führer Nationalhelden per Gesetz sind, die für die Ermordung der Juden und Ukrainer unmittelbar mitverantwortlich sind. Wir haben hier in Deutschland keine Norm, die Adolf Hitler, die Waffen-SS als nationale Helden qualifiziert und schmeißen jeden zu Recht aus der Bundeswehr raus, der auch nur in Ansätzen politisch diese Ansichten vertritt. Ich werde zu diesen Basics zur Ukraine und auch sonst nichts mehr weiter hier mehr anmerken, weil die Nichterwähnung dieser Basics infam ist.
[Bislang hatte ich Ihnen zugute gehalten, dass es Ihnen um die Sache geht. Ich muss diese Ansicht leider revidieren. Und damit reicht es nun. T.W.]
@Memoria
Zustimmung, hatte mich oberflächlich ausgedrückt.
Mein „Interdiction“ bezieht sich auf RUS/BLR Kräfte, die NATO LuSK als einzig sofort verfügbare Kriegsmittel abriegeln müssten.
Das ist offenbar erkannt, denn daher offenbar die Massierung von Truppenflugabwehr (HFla) mit 2 (+) FlaBrig in West BLR
Bündnisinterne Kritik wächst inzwischen:
@anneapplebaum
France, Britain, the US, the Balts, Poles, Czechs have all sold or donated weapons to Ukraine. Germany’s insistence that it doesn’t want to help Ukraine defend itself is looking increasingly eccentric.
@Memoria
Belarus – Kaliningrad = Korridor 2.0? Das hatten wir ja in ähnlicher Form schon einmal 😎
@KPK:
Russland hat kriegstheoretisch und -praktisch so manches erkannt und (!) Umgesetzt, dass in der NATO noch nicht mal im Ansatz verstanden ist.
Gleichzeitig haben wir schon bei der Abgabe von ehemaligem NVA-Material Bedenken und Bedarf der Ressortabstimmung:
https://twitter.com/thomas_wiegold/status/1484616778718322691?t=qIsrV2jWN0WHhaow1l_2zg&s=19
Wie war das? Wer bei mir Führung bestellt…? Der bekommt offenbar Ressortabstimmung – in einem bereits länger bekannten Thema.
Nun ja, die meist völlig außer acht gelassene Betrachtung der ukrainischen Drohnen-Kapazitäten (via Türkei und Israel) ist m.E. spannender als das potenzielle Altmetall längst überholter Waffensysteme.
Russland hat sehr genau die Fehler Armeniens studiert und hat sich (via Rostec) stärker mit türkischen Akteuren abgesprochen (primär bezogen auf Libyen). Aber die Frage bleibt, was kann die Ukraine wirklich im Bereich der UAV aufbieten und was hat Russland dagegen aufzubieten.
Auch was Cyberoperationen und mögliche taktische Sperrungen der (üppig vorhandenen) Infrastruktur jenseits des Dnjepr seitens der UKR betrifft, ist eher wenig bekannt.
Auch wenn klassische Eskalation immer eine Option ist, gehe ich eher von einer anders gelagerten Eskalationsschraube mit hohem Symbolwert aus. Eher ein Putsch in Kiew mit massiven hybriden Threats als ein konventioneller All-Out War … aber wir werden es sehen.
Oder glaubt jemand ernsthaft an echten NATO-Support jenseits des Dnjepr? Waffenlieferungen dienen doch eher der Beruhigung eigener Gewissensbisse (bei totaler Verkennung der Konfliktgeschichte).
Und mit welchen Truppen denn (also jenseits türkischer Verbände ;-))?
@Brainstormer:
Da gäbe es sicherlich tausend Dinge, die man auch in den letzten 8 Jahren an mil. Kooperation hätte tun können. Aber man hatte sich da ganz bewusst – mit einigen, wenigen Ausnahmen – dagegen entschieden. Die Frage ist jetzt, ob dieser Standpunkt noch Bestand hat. Ebenso wäre es interessant, ob die Regierung weitere ukrainische Beschaffungen über die NATO blockieren würde. Beim letzten Mal hat man NL an Bord geholt, um nicht alleine als der „Buhmann“ dazustehen. Das wird jetzt offenbar nicht mehr klappen. Und Alleingänge will man ja angeblich nicht mehr…
@fortressonthehill:
„Lesen Sie doch selbst, was er über Deutschland subtil denkt:
https://www.ukrinform.ua/rubric-polytics/3386179-andrij-melnik-posol-ukraini-u-frn.html“
Insgesamt hält sich der Botschafter in diesem Interview mit Kritik an Deutschland eher zurück und verteidigt die ablehnende Haltung Deutschlands bezügl. Waffenlieferungen sogar gegen, seiner Meinung nach, „zu emotionale Kritik“. Es wird auch Selbstkritik geäußert, das man wohl zu naiv gewesen sei. Die Initiative von Merkel vor sieben Jahren nennt er „historisch“.
Ich weiß nicht, was Sie mit diesem Post bezwecken wollten, aber ich werte das jetzt mal als ein klaren Eigentor.
Sollte es zutreffend sein, was Bxxx heute abend berichtet, wonach DEU verhindert, dass EST Waffen an die UKR liefern kann („Drittstaatenklausel“), dann isoliert sich DEU mit seiner weitgehend verstandenen pazifistischen Grundhaltung in einer für andere Staaten existientiellen Bedrohungslage zusehends und treibt -wieder einmal- Spaltkeile in die Nato.
Ich kann nachvollziehen (nicht notwendigerweise gutheissen), dass DEU sich aus realpolitischen und (inzwischen obsoleten) historischen Gründen Zurückhaltung auferlegt- aber DEU sollte andere Alliierte (hier: EST) nicht an der souverän zu entscheidenden Unterstützung eines Landes hindern, die sich ihrerseits aus aktuellen und historischen Erfahrungen heraus einen gemeinsamen Herausforderer gegenübersehen.
In meinen Augen wäre dies eine Arroganz, die zunächst das heimische Klientel beglückt- aber bei unseren Nachbarn nicht verstanden werden wird.
Wer sich in Europa wegduckt, wenn ein Zimmer im gemeinsamen Haus angezündet werden soll, verspielt jeglichen faktischen wie moralischen Führungsanspruch.
Diplomatie ersetzt nicht entschlossenes Handeln, sondern nur erfolgreiche tut es.
Wir sollten Andere nicht daran hindern, in einer gemeinschaftlichen Interessen- und Notlage Hilfe leisten zu können.
@Eric Hagen & all
Die genannte Zeitung hinkt hinter dem her, was international heute vor allem aufgrund eines Berichts des Wall Street Journal dazu läuft:
https://www.wsj.com/articles/germany-blocks-nato-ally-from-transferring-weapons-to-ukraine-11642790772
Ich hatte heute morgen (vor dem WSJ-Bericht) dazu in der Bundespressekonferenz gefragt:
Frage: Ich komme leider auch noch einmal zum Stichwort der Waffenlieferungen. Es gab, auch wenn es schon ein paar Tage her ist, die Aussage aus dem Baltikum – ich meine, aus Estland -, dass die geplante Lieferung von Waffen aus diesen baltischen Ländern an die Ukraine deswegen hänge, weil für Komponenten oder Systeme eine deutsche Zustimmung erforderlich sei. Hat jemand einen Überblick darüber, ob und, wenn ja, wie viele Verfahren noch anhängig sind oder ausstehen, hinsichtlich der keine entsprechende Bewilligung beziehungsweise Entscheidung getroffen wurde?
SRS’in Hoffmann: Das ist eine Frage an Sie.
Helmbold: Ja, vielleicht in Teilen an mich. – Ich habe keinen Überblick über Systeme. Was ich Ihnen aber bestätigen kann, ist, dass es eine Anfrage der estnischen Regierung gegeben hat, und zwar mit Blick auf die Lieferung beziehungsweise Weitergabe von Haubitzen. Zu dem Thema befinden wir uns im Moment in der Ressortabstimmung, und auch die Abstimmung mit Finnland darüber ist geplant.
Zusatzfrage: Gibt es einen Zeitrahmen? Ich glaube nämlich, diese Anfrage läuft schon seit etlichen Wochen.
Helmbold: Einen konkreten Zeitrahmen kann ich Ihnen nicht nennen. Wir stimmen das, wie gesagt, ressortübergreifend ab. Ich kann im Moment auch nicht darüber spekulieren, was der Inhalt oder Ausgang dieses Verfahrens sein wird. Aber ich kann Ihnen eben sagen, dass die Anfrage eingegangen ist und sich bei uns in der Ressortabstimmung befindet.
(Ggf. mache ich zum Wochenende noch zusammenfassend was, mal sehen.)
@MFG
„Um RUS im Falle eines Krieges standhalten zu können, müsste die Ukraine eine glaubhafte Gesamtverteidigung aufbauen. Flugabwehrgürtel inklusive weiträumiger Abwehrfähigkeit gegen ballistische Raketen und Marschflugkörper, vorbereitete Sperrvorrichtungen, gesicherte Führungsfähigkeit, Vorräte für 30 Tage Krieg, resiliente Streitkräfte, die auch nach hohen eigenen Verlusten noch kampffähig sind und zu Gegenangriffen auf Korpsebene imstande sind. Faktisch müsste die Ukraine ihre Wehrtechnik auf US- oder ISR-Niveau bringen und eine totale Verteidigung wie wir im kalten Krieg aufbauen.“
Oder anders ausgedrückt: Bloss nicht an DEU und der Bw orientieren oder um Rat fragen, denn die können nichts davon.
@ Thomas wiegold
Je nach Rechercheaufwand wäre es ja jetzt interessant zu erkunden was denn bezüglich der haubitzen konkret „Ressortabgestimmt“ werden muss, welche Ressorts involviert sind und ob es an die die Ressorts Weisungen aus dem Kanzleramt (beschleunigen/verzögern)
Gibt.
Nicht nur für mich dürfte diese „Ressortabstimmung“ wieder einmal die typische Verschleppungstaktik sein in der Hoffnung das Problem Ukraine lose sich zwischenzeitlich schön von selbst ohne das man innenpolitisch „unangenehme“ Entscheidungen treffen muss.
Und das von einer Regierung die in moralisierender Weise “ internationale Verantwortung“ und „Verlässlichkeit“ Predigt….
Trauerspiel
Koffer sagt:
21.01.2022 um 0:23 Uhr
@werner 69 sagt: 20.01.2022 um 22:29 Uhr
„Auf die von mir angeschnittenen Fragen gingen Sie gar nicht ein, da waren Etikette Punkte wichtiger – Warum ? Ganz gesittet gefragt.“
Koffer: „Umgangsformen ermöglichen eine Kommunikation ohne unnötige weitere Eskalation. Und zudem sind Sie ein Zeichen eines gewissen professionellen Standards, der in den Kommentarspalten dieses Blogs beachtet wird. Das hier ist weder TikTok noch Facebook.“
::absolut richtig. Wer wollte da widersprechen. Sie gehören am Ende auch zu denen, welche die „Weggabe“ der ukrainischen „Atommacht“ bedauern (jedenfalls im Nachhinein, seit 2014) ?
Konnten Sie sich jemals vorstellen, dass eine solche „Option“ realitätstauglich ist ? Wie hätte das ausgesehen ? Ukraine behält z.B. ICBM’s, im Alarmmodus (sicherheitshalber) auf Moskau gezielt. Wollte das im Westen, in den 1990ern, oder noch später, irgendwer ?
Ein Quasi-Nato-Mitglied Ukraine mit H-Bomben ? (von der Reaktion Moskaus, des guten alten Jelzin, mal ganz abgesehn !)
Glauben Sie ernsthaft, es würde vom Kreml vorher „angedroht“, er setze Nuklearwaffen ein, wenn er bestimmte Ansprüche – z. B. auf und in der Ukraine – nicht verwirklicht bekommt ?
Sie müssten doch ahnen, dass sowas anders abläuft.
Und ja, die Nuklearwaffen haben sehr viel damit zu tun. Ich erklär mir die ganze Krise so, dass der Osten, also der Kreml, oder sagen wir Putin & seine Entourage, geradezu panisch von der Idee beherrscht wird, die NATO stellte demnächst – oder mittelfristig in wenigen hundert km Entfernung von Moskau eine k.o.-schlagsfähige Struktur auf (Stichwort: die russ. Bedenken gg. Dislozierung US-NATO-Raketen-Abwehr-System, bereits in den Nuller Jahren. Stichwort Prompt Global Strike, ob nun per Nuklearschlag oder Konventionell. Stichwort Lieber/Press, Foreign Affairs 2006 usw.)
zitat: Werner69: „Ach, ich liebe irgendwie diese gesittete Grüntisch Atmosphäre gediegener Nuclearstrategen. Aus den Golden Days des First & Second Cold War. –“
zitat Koffer: „Naja, die First and Second Wave ist zwar ja in der Tat am grünen Tisch (oder im Falle der Ersten Welle ja eher am akademischen Rednerpult bzw. Schreibtisch) entstanden, aber sie hat sich ja in der harten Praxis der Realität bewährt, von daher ein Musterbeispiel einer erfolgreichen Umsetzung einer akademischen Theorie in die Praxis.“
Das müssten sie schon näher erklären, wann da was, wie Sie behaupten, so erfolgreich von der Realität in die Praxis umgesetzt worden sein soll.
Bei der oben angesprochenen, evtl. leicht hysterischen Einkreisungsangst des Kreml – trotz seiner beeindruckenden Militär- und Nuklearmacht bereits jetzt – ist mein Bedenken, dass die Obsession des Russen mit seiner noch durch Ereignisse wie Barbarossa 41 historisch begründeten Paranoia eben grade dazu führen könnte, dass er präemptiv nuklear um sich schlägt. / Was sagten denn grade westliche Experten, und zwar schon seit der Krise 2014/15 verstärkt, sinngemäss, für den Russen ist die Unterscheidung konventionell / nuklear gar nicht so entscheidend, im Ernstfall könnten die recht schnell zuschlagen mit allem was sie haben. Von „nur-taktischen“ nukes angefangen ! (Und wenn die Welt in Scherben fällt.)
Ein gewisses mottenstaubiges Denken in veralteten Kategorien offenbart auch die heute noch gerne bemühte Waffenzählerei, wie z. B. in dem neuen Zeit-Appell, initiiert von A. Umland, wo zu lesen ist: „In Russland lagern heute mehr Nuklearsprengköpfe als in den drei Nato-Kernwaffenstaaten USA, Großbritannien und Frankreich zusammen.“ – als leichter Nerdgeek hätte ich dafür ganz gern eine Belegstelle. – Ist aber im Grunde auch egal, das sagte mir wieder mal, wie viele angeblich intelligente auch westliche einflussreiche Denker bis heute ticken.
Ich halt mich da eher an knapp-informative Statements wie dieses:
https://www.youtube.com/watch?v=M7hOpT0lPGI
…und mach mir weniger die Sorgen einer US-NATO oder eines RF-Putin, der andre könnt mich mit ein paar Sprengköpfen mehr oder ausgefuchsteren Systemen hie und da entscheidend übertrumpfen.
Dass ein „Atomkrieg“ bereits im begrenzten Rahmen tödlich für die human race auf dem Planeten wäre, ist wahr und unwahr zugleich, da es bis heute massiv Gläubige gibt, die den – auch wissenschaftlich fundierten Künder dieser Wahrheit – als Ketzer, Bangemacher, gar Feindagenten zu brandmarken geneigt sind.
Bitte im voraus um Verzeihung, sollte ich Ihnen zu nahetreten, wenn ich Sie ebenfalls zum Kreise dieser Gläubigen gehörig vermute, und zwar stark. Nach ihren relativ zuversichtlichen Statements zur Rationalität und Vernunft der ganzen vermaledeiten Geschichte „Nukleare Abschreckung“ zu urteilen.
Das z. B. ein Professor Masala von UniBw München ein true believer in nuclear deterrence ist, kann man dem sicherheitshalber podcast entnehmen. Das gilt selbstverständlich für jeden entscheidenderen dt. Politiker auch, hiesse er nun Annegret Kramp-Karrenbauer oder man höre und staune die ehedem gewaltfreien B-90-Grünen usw. usf., Ischinger selbstverständlich, und und. Da war halt meine Vermutung, die Leute glauben ganz fest dran, und konfrontiert man sie mit bedenklichen Wahrheiten wie dem og. Clip, dann wird ganz feste ausgeblendet, verdrängt. Oder halt zurückdenunziert ! – was es mit „der Wissenschaft“ hier, „Glauben“ da auf sich hat, lässt sich am Beispiel der Covidplage ja nun seit bald zwei Jahren beobachten !
…obwohl natürlich Ihre ganz persönliche Ausweichlinie / Beschwichtigungscredo angesichts des Medusenhaupts der Realität gewordenen Anwendung der Superbombe interessant wäre, Herr Koffer.
@Wacaffe sagt: 22.01.2022 um 8:48 Uhr
Ich denke die Verfahren hierzu sind klar und öffentlich bekannt. Die beteiligten Ressorts sind im Kern BMWi (FF), AA, BMVg und BKAmt. Nachrangig sind außerdem ggf. zu beteiligen die anderen Ressorts des BSR, also BMF, BMI, BMJ und BMZ.
Ob das zu einer Verschleppung genutzt wird oder nicht, muss man abwarten. Grundsätzlich haben wir in den letzten Jahren genau das im BSR gesehen. Aber einige Wochen ist jetzt für DEU Ministerialbürokratie (erst Recht frisch nach einem Regierungswechsel) noch kein zwingendes Zeichen für eine bewusste Verschleppung auch in diesem Fall.
Traurig, aber wahr.
Deutschland liefert durchaus Waffen in Konfliktgebiete, ich erinnere da an die Waffenlieferungen an Kurden oder Israel. Begründet wird das im Falle Israels, dass Deutschland da eine “ besondere historische Verantwortung“ habe.
Diese besondere Verantwortung hat Deutschland allerdings dann auch gegenüber der Ukraine.
Im 2. Weltkrieg wurden tausende ukrainische Dörfer von Deutschen zu verbrannter Erde gemacht, hunderttausende Ukrainer zur Zwangsarbeit nach Deutschland verschleppt, Millionen Ukrainer ( insbesondere jüdischen Glaubens, aber nicht nur) von Deutschen ermordet.
Davor, noch zu Friedenszeiten, sind Millionen Ukrainer durch den vom Kreml initiierten Holodomor und Verfolgung umgekommen.
Der Boden der Ukraine ist im wahren Sinne des Wortes blutgetränkt – woran die damaligen Diktatoren in Berlin und Moskau entscheidenden Anteil hatten.
(Gerade jetzt empfiehlt sich die Lektüre des Buches “ Bloodlands“ des Historikers Timothy Snider , der dies detailliert schildert.)
Die Anfrage der Esten (an das AA?), ob die Weitergabe möglich ist wird vermutlich in der Überlassungserklärung gefordert sein. Das AA wird sich nun vermutlich mit dem BMVg abstimmen müssen, inwiefern dort Bauteile verbaut sind, für die man selber erst eine Zustimmung einholen muss (üblicherweise Elektronik aus den USA).
[Äh, nein, und ich glaube, ich erkläre das noch mal gesondert… Es sind alte sowjetische Haubitzen, die aus dem Bestand der NVA nach der Wiedervereinigung an die Bundesrepublik fielen, dann an Finnland abgegeben wurden und von denen weiter an Estland. Elektronik aus den USA ist also schon aus mehreren Gründen nicht drin. Für diese so genannten Länderabgaben ist das BMVg zuständig. T.W.]
Denethor sagt:
21.01.2022 um 12:54 Uhr
„Beim Beispiel Russland ist es so, dass die NATO oder besser gesagt die USA den kalten Krieg gewonnen haben und Russland eben verloren.“
Was soll das sein, ein „Kriegsverlierer“ Russland ? Mir scheint da ein ähnlicher Grenzfall vorzuliegen wie beim „Kriegsverlierer“ Russland des 1. Weltkriegs, der zwar auch riesige Territorien – vorerst – einbüsste. Ist aber doch auf keinen Fall mit echten Verlierern wie Deutschland nach beiden Weltkriegen oder Japan usw. zu vergleichen. Das waren auch andere Zeiten. In denen der „Sieger“ wirklich seinen Willen dem „Verlierer“ aufzwingen konnte.
Dann noch ein in Variationen gern bemühter Glaubenssatz, den der intelligenter eingeschätzte Walter Kohl am 16.12.21 in der Phoenix Runde (nach min. 27:00) aufsagte. Er behauptet da, dass der NATO-Doppelbeschluß zur Situation in Polen und letzten Endes zum Mauerfall geführt hat (!). Na ja. Sieg im Kalten Krieg durch Rüstung (und diese Schraube kann man sicher endlos weiterdrehn. Aber warum eigentlich ? Wenn doch Verlierer und Sieger, wie oben proklamiert, ohnehin feststehn ?).
Ja, die SU hat den „Kalten Krieg“ verloren. Mag man so sehen. Aber:
Ein Begriff „Krieg verloren“ passt m. E. nicht so recht auf eine im Zerfall befindliche Supermacht des Nuklearzeitalters, die den Kern ihrer Machtmittel – Nuklearsprengköpfe in den Tausenden – ja behalten „durfte“. Kein Territorium wurde dem Verlierer vom „Sieger“ abgenommen, er gab netterweise dank Gorbatschow alles selber auf & zerlegte sich am Ende (Dezember 1991) auch noch im Einvernehmen selbst, möglicherweise bereits wg. des aufsteigenden russ. Nationalismus eines Jelzin (vgl. Беловежские соглашения, „was brauchen wir die anderen noch“, was eine gewisse Ironie beinhaltet. Getragen von der – wie man jetzt sieht – unbegründeten Zuversicht, z. B. die Ukraine auch ohne Gewalt im eigenen Orbit halten zu können).
Ja, man sprach vom Kollabieren der Sowjetunion, vom Zerfall, davon, dass das Sowjetsystem eine Art staatlichen Herzinfarkt erlitt, aber am Ende stand dann eine „soglasenie“ = Einvernehmen. Einvernehmliche Auflösung des slawischen Kernbestands der SU !
Eine „Totrüstung“ durch den Westen wär aber auch zu bezweifeln.
Oder äußerte sich eine erneute „Niederlage“ der Sowjetunion, äh, nun Russlands, bereits im Zugestehen (?) der NATO Osterweiterung auf ehemaliges SU Territorium (!) im Baltikum ?
Oder war die Einbuße der Krim wirklich gleichzusetzen mit einer (quasi) Niederlage der US-NATO („Russland Sieger im Krimkrieg 2014“). ?
Weil ja keine „Operation Enduring XY“, vgl. Kuwait, Krajna, Kosovo, hab ich wen vergessen, betr. Nicht-NATO Territorium, nun ja, möglich war ?
Man sieht, wie hilfreich so grobe Kriterien „Sieg“ und „Niederlage“ im Nuklearzeitalter sind.
Oder so Backenaufbläsereien wie „Großmacht doch lediglich (!) wegen der Nuklearwaffen“, „findet ihr Russland in den Wirtschaftskraftstatistiken überhaupt noch ?“, „Russland westlich Ural mit der Kraft von haha..[zutreffendes Einsetzen] …“, ja, am Ende landet man doch immer bei den letzten Dingen, Leben. Oder Sterben im Nuklearzeitalter.
Und dann bricht trotz allen Siegerstolzes und Selbstgewissheit wieder der Ärger durch. Da hat doch dieser Verbrecher, WWP, nach wie vor das letzte Machtmittel in Händen. Wobei noch sehr die Frage ist, ob ein alternativer Oberrusse – sagen wir mal Navalny – dem Westen freie Hand betr. beliebige NATO Erweiterung lassen würde.
Möchte stark bezweifeln, dass selbst ein solcher neuer Leader der Verlierernation des Kalten Kriegs dazu fähig oder auch nur willens wär.
@werner69: Ich habe nun alle ihre Beiträge gelesen und stoße auf Meinung, Superlative, Anglizismen, Ahnungen, Vermutungen, kann aber wenig substanziell Neues finden. Ihren vermutlichen Beiträgen auf anderen Blogs nach zu urteilen, können sie das doch ganz gut. Wie wäre denn ihr Lösungsweg aus diesem Dilemma?
@werner 69
Die Entwicklung in Polen in den 1980ern verknüpft sich bei mir immer noch mit dem Wirken des damaligen (in Polen geborenen) Papstes und weniger mit dem NATO-Doppelbeschluss. Jahrhundertealte theologisch begründete Denktraditionen erwiesen sich in diesem Fall dann manchmal doch als wirkmächtiger als philosophisch fundierte gesellschaftlich Großtheorien oder politische Entscheidungen eines politischen Bündnisses. Vergleiche auch die Situation in Polen heute.
Vielleicht bietet es sich deshalb an, die derzeitige Situation um die Ukraine vor dem Hintergrund solch alter traditionell wirkmächtiger Denkgebäude zu verstehen zu versuchen. Es muss dabei ja nicht immer einen direkt theologischen Bezug geben. Panslawismus fällt mir da spontan als Stichwort ein.
Aber was wollen Sie mit Ihrer teils von Polemik durchsetzten Argumentation (die ich auch als Aneinanderreihung argumentativen Stückwerks lese.) rund um Totrüstung, Supermächte und atomare Bewaffnung nun eigentlich im Kern sagen? Dass sich das Problem mit einer Aussicht auf die Möglichkeit eines potentiell langen nuklearen Winter gut lösen lässt?
Ein kleiner Satz zum Nachdenken: Nach einem Krieg gibt es eigentlich keine Gewinner, nur Verlierer. Also vielleicht nicht vom Anfang auf das Ende, sondern vom Ende her denken?
@werner69 sagt: 22.01.2022 um 9:22 Uhr
Ehrlich gesagt ist mir Ihre Kommentar zu lange und schneidet zu viele Themen gleichzeitig an um auf ihn sinnvoll reagieren zu können.
Von daher nur zu zwei Aspekten:
„Sie gehören am Ende auch zu denen, welche die „Weggabe“ der ukrainischen „Atommacht“ bedauern (jedenfalls im Nachhinein, seit 2014) ?“
Da stellt sich die Frage aus welchem Blickwinkel.
Aus DEU oder übergreifendem sicherheitspolitsichen Blickwinkel war es die richtige Entscheidung. Niemand kann ein Interesse daran haben die Anzahl der Nuklearmächte weiter anwachsen zu lassen. Ich halte es also auch heute noch für die richtige Entscheidung.
Die UKR dürfte aber die damalige Entscheidung tief bedauern…
Und das Vorgehen RUS zeigt außerdem anderen Nuklear-Aspiranten wie PKR oder IRN deutlich auf, dass man nur mit Atomwaffen „sicher“ ist.
„Bitte im voraus um Verzeihung, sollte ich Ihnen zu nahetreten, wenn ich Sie ebenfalls zum Kreise dieser Gläubigen gehörig vermute, und zwar stark. Nach ihren relativ zuversichtlichen Statements zur Rationalität und Vernunft der ganzen vermaledeiten Geschichte „Nukleare Abschreckung“ zu urteilen.“
Ich habe ehrliche gesagt ein Problem mit Ihrer Rhetorik. Die Theorie der (nuklearen) Abschreckung ist eine anerkannte sicherheitspolitische Theorie, die zudem mit großem Erfolg während des kalten Krieges angewandt wurde. Ihre Versuche diese in Richtung einer Religion zu stilisieren halte ich in einem sicherheitspolitischen Fachblog für unangemessen. Und ja, ich halte das Konstrukt der nuklearen Abschreckung für valide und tragfähig.
Wiewohl es niemals „perfekt“ war (keine politische oder sicherheitspolitsche Strategie ist jemals perfekt) und zudem in der heutigen Welt sich Herausforderungen ergeben, die mit den klassischen Begriffen von Brodie & Co nicht mehr zu greifen sind.
Aber all das hat nunmal nichts mit der UKR zu tun…
@Hohenstaufen sagt: 22.01.2022 um 10:46 Uhr
„Deutschland liefert durchaus Waffen in Konfliktgebiete, ich erinnere da an die Waffenlieferungen an Kurden oder Israel.“
Ja, aber äußerst selten bzw. nur in besonderen Fällen.
Ich persönlich sehe die UKR zwar jetzt auch als einen solchen Fall, aber man kann den konkreten Fall nicht mit den beiden anderen vergleichen. ISR Rolle ist einzigartig und die Kurden haben ja faktisch unsere Drecksarbeit gemacht und das weitere Vordringen des IS verhindert (jetzt mal ganz von humanitären Gründen ab, mit dem das damals öffentlich „verkauft“ wurde).
Die historische Verantwortung ggü. der UKR lässt sich mEn nicht ableiten. Wenn man dieses Argument anführt. Dann hätten wir nicht nur eine historische Verantwortung ggü. nahezu jedem EUR Staat (denn wir waren ja nur in ganz wenigen nicht), sondern auch ggü. RUS. Also das Argument zieht hier nun wirklich nicht.
Ich bin um das mal klar zu sagen ganz eindeutig für Waffenlieferungen an die UKR. Sowohl um das demokratische Regime dort vor RUS zu schützen, als auch aus geopolitischen Gründen um dem RUS „Appetit“ Einhalt zu gebieten, aber Ihre Argumentation kaufe ich nicht.
@all
Ich habe einen neuen Thread aufgemacht, u.a. zu der Lieferung von Haubitzen aus Estland an die Ukraine und zum Marineinspekteur, und einige Kommentare dazu bereits von hier dorthin verschoben.
„zulu1975 sagt:
22.01.2022 um 12:46 Uhr
@werner69: Ich habe nun alle ihre Beiträge gelesen und stoße auf Meinung, Superlative, Anglizismen, Ahnungen, Vermutungen,“
Tut mir leid, War wirklich etwas zu länglich. Zu Ihrer Frage und der von H. Koffer:
– der Weg aus diesem Dilemma scheint nun wirklich nicht zu sein, dem intensiven Feindbedürfnis des Kreml zu entsprechen durch weiteres Näherrücken, Waffenlieferungen, und Kartoffelstärkegehabe im Geiste des „Wir“ und „Uns“, die dem Kreml oder Putin „mit Macht“ entgegentreten sollen. Das bleibt zu nebulös bis unheimlich, und am Ende gehts schief und „wir“ sind wieder in was „hineingeschlittert“.
– ja, dazu müßt man die Gegenseite auch anerkennen, und nicht auf den alten Primaten*irrweg verfallen: „Was, Du hältst Dich für stark ? Pah, sieh mal uns an ! Kusch!“
– da steht heutigentags nun wirklich zuviel auf dem Spiel, und ja, Sie mögen evtl. wie Herr Koffer glauben, dass die Nukleare Abschreckung ein bewährtes Friedenssicherungsmittel ist. Das mag gelten, solang es „gutgeht“. Wenn sie „versagt“, ist alles i. A., gut, dann gibts auch keine Verantwortlichen mehr
– Vorstellungen wie die einer nuklear bewaffneten Ukraine stammen rein vom Grünen Tisch, entbehren fast jeden Realitätsbezugs, sowie auch ähnliche Vorstellungen im og. Zeit-Appell vom 14.1.22, der ex-post gleich die gesamte deutsche RF-Politik der letzten 30 (!) Jahre als zu schlapp verurteilt !
(*im Osten ist man soweit, dass mittlerweile orthodoxe Popen die eigenen Nuklearsprengköpfe weihen & segnen; im gewiss gesitteteren Westen reicht ein fester Glaube der Zuständigen an die segensreiche Wirkung dieser Weltmachtattribute – bis dato – aus. Incl. der Gewissheit, dass Nuklearwaffen natürlich nur im Besitz der richtigen Staaten Grenzen und den Frieden sichern, vgl. Iran, vgl. Nordkorea usw.)
sputo.di.rospo sagt:
22.01.2022 um 12:49 Uhr
Dass sich das Problem mit einer Aussicht auf die Möglichkeit eines potentiell langen nuklearen Winter gut lösen lässt?
…
Ein kleiner Satz zum Nachdenken: Nach einem Krieg gibt es eigentlich keine Gewinner, nur Verlierer. Also vielleicht nicht vom Anfang auf das Ende, sondern vom Ende her denken?
1. Denke, dass haben Sie mißverstanden. Aus dem gesagten müsste deutlich genug hervorgehn, dass ich wie wohl die allermeisten keineswegs auch nur die letzten 3-5 Sekunden meines persönl. Lebens in dies Medusenhaupt des Versagens der n. A. blicken will.
2. Ja, das sollten beide Seiten bedenken: thread-einschlägig z. B. die BEFÜRWORTER deutscher WAFFENLIEFERUNGEN an die Ukraine, die evtl. nur verbohrten (west)UKRrainischen NationalFANATIKERN zur Hand gehn, die auch den Atomkrieg NICHT fürchten & sich eine Ukraine – und zwar von Lviv bis Debalzevo – nach ihrem Bilde schaffen wollen, also eine Balkanisierung Osteuropas hoch 3 – ebenso wie die russ. REVISIONISTEN und RUSSKI-Mir Fanatiker orthodoxer Provenienz, denen auch der Kamm schwillt.
(P.S.: für die Polenkrise 1980/81 bitte auch das Verschuldungsproblem Polens bei westl. Kreditgebern infolge der Auswirkungen besonders der Ölkrise 1973 ff. zu bedenken. Was der Panslawismus mit det Ganze zu thun hat, weiß ich nicht recht, fragt sich aber z. B., warum noch die k. u. k. Ruthenen – ausgerechnet die – zur Zeit des ersten Weltkrieges – von „den Österreichern“ als unsichere Kantonisten, Verräter des Vaterlands an den Zaren, die Russen usw. beargwöhnt und auch sanktioniert wurden)
@werner69 sagt: 22.01.2022 um 15:31 Uhr
„– der Weg aus diesem Dilemma scheint nun wirklich nicht zu sein, dem intensiven Feindbedürfnis des Kreml zu entsprechen“
Da wäre ich mir nicht komplett sicher. Einerseits muss man in der Tat Paranoia nicht noch befördern. Andererseits muss dem RUS Machstreben gen Westen Einhalt geboten werden und wenn die UKR zu Europa möchte, dann wäre es auch reichlich seltsam, wenn wir sie dabei nicht unterstützen wollten.
„– da steht heutigentags nun wirklich zuviel auf dem Spiel, und ja, Sie mögen evtl. wie Herr Koffer glauben, dass die Nukleare Abschreckung ein bewährtes Friedenssicherungsmittel ist. Das mag gelten, solang es „gutgeht“. Wenn sie „versagt“, ist alles i. A., gut, dann gibts auch keine Verantwortlichen mehr“
Ja in der Tat nukleare Abschreckung ist ein furchtbares Konstrukt. Aber Atomwaffen sind nun einmal in der Welt und unsere Freiheit ist nun einmal bedroht. Von daher ist es leider notwendig.
Koffer sagt:
22.01.2022 um 16:20 Uhr
„und wenn die UKR zu Europa möchte, dann wäre es auch reichlich seltsam, wenn wir sie dabei nicht unterstützen wollten.“
W: Fragt sich, welche Ukraine. Nach welchem Bild soll die geschaffen sein. Sie haben evtl. schon bemerkt, dass das Land nach der einen Seite einen starken Riß bekam, als Janukovic Miene machte, 2013/14 dem russ. Angebot zu folgen. Und kurz drauf in der andren Richtung der Kreml den Spaltkeil zu seinen Gunsten einsetzen konnte.
Herr Koffer: „Ja in der Tat nukleare Abschreckung ist ein furchtbares Konstrukt. Aber Atomwaffen sind nun einmal in der Welt und unsere Freiheit ist nun einmal bedroht. Von daher ist es leider notwendig.“
Wie gut eingerichtet, dass sich dabei einige wenige „Mächte“ in bester soll man sagen neokolonialer Manier anmassen, dem Rest der Welt, der an ihren Fehden evtl. gar nicht interessiert ist, dergleichen „Notwendigkeiten“ aufzuherrschen und diese Unbeteiligten im Zweifelsfall gleich mit in den Abgrund zu reißen. Das nennt man wohl „Verantwortungsübernahme“ !
Danke, ich fasse Ihr Statement zu diesem großartigen Großversuch nucleare Abschreckung mal in dem Alten Gassenhauer (Zutreffendes einsetzen)
„Lieber tot als …“
zusammen.
Was andres war auch gar nicht zu erwarten.
Und immer kräftig die 1. Person Plural bemühn („wir“ solln den oder den unterstützen, oder dem und dem „mit Macht“ gegenübertreten. Gott bzw. Gad bzw. Bog mit „uns“). Manche Dinge ändern sich eben nie, aber ohne 1. Pers. Pl. gehts dabei nie, weder bei „uns“ noch auf Seiten des Kreml.
Wenn die Ukraine Rußland aufhalten möchte, dann wäre der erste und grundlegende Schritt, daß sie das auch selbst will, bzw. die ukrainische Politik und die ukrainischen Eliten, und die Ukraine sich zuallererst selbst ertüchtigt. Die eigene Wirtschaft ankurbelt, die Armee modernisiert, vor allen Dingen die innere Spaltung in West- und Ostukraine (bzw. dem, was an Ostukraine noch unter ukrainischer Regierung ist) abbaut, idealerweise überwindet.
Davon ist die Ukraine 2022 genausoweit entfernt wie 2015. Die Ukraine hatte vor 10 Jahren 4.000 Panzer und Panzerfahrzeuge – auf dem Papier. Das sind vermutlich erheblich mehr, als zwischen der ukrainischen Grenze und dem Rhein vorhanden sind. Die Krim hätte nicht weg zu sein brauchen. Das wäre mit ein bißchen eigenem Engagement der Ukrainische in ihre Landesverteidigung absolut vermeidbar gewesen. Ich sehe heute noch die TV-Bilder von dem betrunkenen ukrainischen General vor mir, der seine Soldaten auf der Krim, die um den einsatzbefehl baten, öffentlich vor laufender Kamera als feiglinge beschimpfte. Aber keinen Befehl gab. 1015 ist jetzt auch schon ein paar Tage her. In den 5 1/2 Jahren hat früher schon mal ein kompletter Weltkrieg in Europa stattgefunden. Und davor noch einer. Genug Zeit, sich auf seine eigenen Ressourcen zu besinnen und die Landesverteidigung zu modernisieren.
Hat man das in der Ukraine getan? … Nein. Das Einzige, was hier erkennbar ist, ist, daß die Ukraine fortgesetzt verlangt, daß der Westen sie verteidigt. Eigenleistung? Minimalst, Falls überhaupt vorhanden.
Von daher ist die Ukraine nicht die gesunden Knochen eines einzigen (vor)pommerschen Grenadiers wert. Sollte es für Deutschland jedenfalls nicht sein.
p.s.
Wenn die NATO damals, während der Jelzin-Zeit, als Rußland außenpolitisch komplett handlungsunfähig war, alle osteuropäischen Länder, die in die NATO wollten, die Ukraine eingeschlossen, einfach in die NATO aufgenommen hätte, dann hätten wir den ganzen Schlamassel heute nicht… Und die Krim wäre auch noch ukrainisch.
@werner69 sagt: 22.01.2022 um 16:54 Uhr
„Wie gut eingerichtet, dass sich dabei einige wenige „Mächte“ in bester soll man sagen neokolonialer Manier anmassen“
Hm, tja die Welt ist ungerecht, aber sie ist nun einmal so wie sie ist. Und da niemand ein Interesse daran haben kann, dass jeder Atomwaffen bekommt, die Waffen aber nun einmal in der Welt sind und nicht verschwinden, selbst wenn wir es uns wünschen würden, müssen wir in der Realität leben.
Aber zum dritten Mal: das hat alles nichts mit der UKR zu tun.
„Und immer kräftig die 1. Person Plural bemühn („wir“ solln den oder den unterstützen, oder dem und dem „mit Macht“ gegenübertreten. Gott bzw. Gad bzw. Bog mit „uns“).“
Aha, na wenn das alles ist…
@Mitleser sagt: 22.01.2022 um 17:21 Uhr
„Von daher ist die Ukraine nicht die gesunden Knochen eines einzigen (vor)pommerschen Grenadiers wert. Sollte es für Deutschland jedenfalls nicht sein.“
Da möchte ich Ihnen gleich doppelt widersprechen.
1. Sollten wir mEn Streben nach Freiheit und Demokratie überall tatkräftig unterstützen.
2. Umso mehr wenn es uns (EUR und NATO) einen Puffer zu RUS schafft.
Die Bitten – oder Forderungen – der Ukraine sind zudem abwegig: man möchte / will 100.000 Gefechtshelme und Schutzwesten für die Freiwilligen der Landwehr. Das andere Gerät natürlich ebenfalls.
Solche Mengen hat die Bw gar nicht im (Verfügungs-) Bestand und diese lassen sich auch nicht ‚mal eben auf dem Markt beschaffen.
Bei geschätzten Kosten von EUR 500 / Helm und EUR 1.000 / Weste wären wir zudem bei EUR 150 Mio. (!).
Mitleser sagt:
22.01.2022 um 17:21 Uhr
„Wenn die Ukraine Rußland aufhalten möchte, dann wäre der erste und grundlegende Schritt, daß sie das auch selbst will, bzw. die ukrainische Politik und die ukrainischen Eliten, und die Ukraine sich zuallererst selbst ertüchtigt. “
Ja, „die Ukraine“. – Das war wohl schon der Fehler, den z. B. die eifrigen Umsturz Unterstützer im Westen, z. B. the late German Foreign Minister Westerwelle, nicht recht bedachten – gibt oder gab es „die [einheitliche] Ukraine“ selbst 2013/14 überhaupt ?
Der Spaltpilz war angelegt & konnte voll aufgehen, u. a. wegen einer Kleinigkeit wie der „gemieteten“ Basis der Russian Black Sea Fleet in Sewastopol, an der sich das ganze ja wohl initial entzündete.
Dass die Krim, wenn überhaupt, allenfalls schlapp verteidigt werden würde, war den russ. „Organen“ (weiß der Geier, seit wann contingency plans für einen evtl. drohenden Verlust der Krimbasis vorlagen) wohl besser klar als sonstwem. Wenn sie ihr Geld halbwegs wert gewesen sein sollten. Schon wegen des Eigen-Charakters der Krim im Gesamtbild der Ukraine und der dort konkret eingesetzten Kräfte der brüchigen ukr. Streitkräfte. Und da wurde dann eben vom Kreml angesetzt, und da spulte sich das Ganze dann überhaupt auf.
Koffer sagt:
22.01.2022 um 17:33 Uhr
….
1. Sollten wir mEn Streben nach Freiheit und Demokratie überall tatkräftig unterstützen.
2. Umso mehr wenn es uns (EUR und NATO) einen Puffer zu RUS schafft.
Jetzt gehts aber allmählich über in Klartext, was Herrn Koffer betrifft, Respekt !
zu 1.: o. k., ihr privater überschäumender Enthusiasmus. Kein Kommentar
zu 2.: na super, diesen „Puffer“ hätte auch die RF sicher gern behalten.
– was wär ihnen im Zweifelsfall lieber, ein westliches Stillhalten z. B. um 2013/14, des Puffers zuliebe. Oder erst üppige Verteidigungswaffenlieferungen und im schlimmsten Fall eine Entscheidungsschlacht mit – holla – „deutschen Grenadieren“ 2022 ff., um „der Ukraine“ gegen deren altbösen Feind zu Freiheit & Demokratie zu verhelfen, allen Risiken zum Trotz, incl. ehrenvollen Beiderseitigen Untergang im Atomkrieg, der Freiheit zuliebe, letzteres halt mal billigend in Kauf genommen.
Sie sind mir schon einer.
Kurz und gut: den Puffer Ukraine hätt man auch billiger beibehalten können (ist aber nur meine persönl. Meinung)
@Koffer sagt: 22.01.2022 um 17:33 Uhr
Da möchte ich Ihnen gleich doppelt widersprechen.
1. Sollten wir mEn Streben nach Freiheit und Demokratie überall tatkräftig unterstützen.
2. Umso mehr wenn es uns (EUR und NATO) einen Puffer zu RUS schafft.
…
Afghanistan ist lange her, gell? Schon wieder alle vergessen, was dabei herauskommt, wenn man irgendwo das Streben nach Freiheit und Demokratie unterstützt, obwohl es niemand im ganzen Land so recht will? Außer dem Bürgermeister der Hauptstadt , der sich „Präsident“ nennt; und nicht mal der so richtig?
20 Jahre Krieg samt Kosten und Verlusten, auch an Bundesbürgern in Uniform, und nach dem Abzug hat der vormalige gegner binnen 6 Wochen das ganze Land übernommen. Meinen Sie, möchten Sie dafür einstehen, daß ein westlicher Einsatz in der Ukraine unserer Tage irgendwie ein anderes Ergebnis geben wird? Sowie die westlichen Truppen raus sind, wird der status quo ante der Ukraine umgehend wieder der heutige sein: Unfähig und unwillig, für die eigene Sicherheit zu sorgen. Mal ganz davon abgesehen, daß nach ein paar Jahren westliche Truppen auch in der Ukraine als Besatzer und Fremdbestimmer wahrgenommen werden würden. Je östlicher dort, desto eher.
Man kann in keinem Land Freiheit und Demokratie unterstützen, wenn es das Land selber nicht will.
Und man muß nicht zweimal den selben fehler machen. Zumindest nicht sooo kurz hintereinander.
Ich bin in Ihrem Kernanliegen voll bei Ihnen, Völlig. Jederzeit.
Aber man sollte dabei auch realistisch bleiben. Siehe vorherstehendes. Ukraine? Das wird nichts. Nicht mit der heutigen Ukraine.
…
Mit Ihrem zweiten Punkt sprechen Sie das aus, was Lawrow vor ein paar Tagen so laut und deutlich ausgesprochen hat, daß man es westlicherseits eigentlich verstanden haben müßte. Eigentlich.
„Puffer“ plus „Ukraine“.
Das ist das, was auch Rußland will und fordert: Ein neutraler Pufferstaat zwischen der NATO und Rußland. Eine sehr vernünftige Forderung, von beiden Seiten aus betrachtet. Man müßte dazu nur mal das Mantra „Jeder Staat hat das Recht, in die NATO einzutreten“ beiseitelegen. Dann wird Rußland plötzlich wieder sehr viel umgänglicher werden und die Spannungen rasch weniger werden, Da wette ich drauf.
(Für die „die Ukraine hat das Recht…“-Einwände: Ja. Man muß allerdings auch selbst etwas dafür tun und kann nicht nur verlangen, daß der Westen alles für einen erledigt. Auch als Ukraine. Aber – siehe oben.)
@ werner69
„Aus dem gesagten müsste deutlich genug hervorgehn, dass…“
Das ist das Problem.. ihr kryptischer Orakelsprech und dabei ihr scheinbares Credo: „Störe meine Kreise nicht!“
Was wollen Sie uns mitteilen? Bitte: in der Kürze liegt die Würze.
„Mitleser sagt:
22.01.2022 um 17:25 Uhr
p.s.
Wenn die NATO damals, während der Jelzin-Zeit, als Rußland außenpolitisch komplett handlungsunfähig war, alle osteuropäischen Länder, die in die NATO wollten, die Ukraine eingeschlossen, einfach in die NATO aufgenommen hätte, dann hätten wir den ganzen Schlamassel heute nicht… Und die Krim wäre auch noch ukrainisch.“
…
In der Hätte-Hätte-Fahrradkette Welt ginge manches. / Deshalb bin ich über derartige Kommentare wie den von Mitleser oben immer weniger erstaunt. Nachdem sich selbst Kapazitäten und Koryphäen – und dabei sei zum wiederholten Male auf das von Andreas Umland initiierte Pamphlet in der ZEIT vom 14.1.22 verwiesen – aus ex-post eine Wünschdirwas Welt zurechtbiegen / Scheinbar kommt man heut mit sowas durch:
– deutsche Russlandpolitik der letzten 30 ! Jahre war zu soft on Russia, schlapp und untauglich, & dann sind wohl auch folgende einigermaßen, aber nur auf den 1. Blick !, spassige Schlußfolgerungen richtig:
– Weichzeichnung Jelzins als demokratischer Friedefürst war falsch (der eine Zeitlang Pressefreiheit usw. in RF ermöglichte)
– Einschreiten und üble Sanktionen angesichts Jelzins Vorgehen gegen die Opposition im Herbst 1993 wären von Seiten der demokratischen Welt geboten gewesen !
– die letzten deutschen Russlandversteher hätten spätestens anl. des Wahlerfolgs von Russen Hitler ! (vgl. BILD) Schirinowski Ende 1993 von ihren Illusionen kuriert sein sollen !
– Unterstützung Jelzins auf Teufel komm raus (in der allerdings beileibe nicht nur von D gebackten Wiederwahlkampagne von 1996) war grundfalsch
– Deutschland hätte der Ukraine dringend von der Unterzeichnung des Budapester Memorandums 1994 abraten sollen ! Nuklearukraine im ureigensten Interesse auch der Freien Welt !
– Verabschiedung der russ. Truppen 1994 aus D ohne jedes Zeremoniell, acht- und würdelose Abreise auf einem Berliner Güterbahnhof wär geboten gewesen !
– Tunlichste tatkräftige Osterweiterung der NATO spätestens ab 1992 !
– Schärfste Proteste gegen jegl. russ. „Out of Area“ Anmassungen ab 1992 (Transnistrien, Abchasien, Armenien, Kirgisien usw. usf.)
– Schärfste Wirtschaftssanktionen bereits anl. russ. Übergriffe wie Tschetschenien 1994 wären angezeigt gewesen !
– Kündigung sämtlicher schlapper Abrüstungsvereinbarungen gem. KSZE, INF spätestens Mitte der 90-er.
Und was das enttäuschte demokratische Westlerherz sonst noch begehrt – im Nachhinein.
(Verzeihung wegen diverser plotholes, aber eine Hätte-Wäre Zurechtlegung soweit im Nachhinein bereitet nun selbst dem Gutwilligsten Deutschlandversteher einigermaßen große Schwierigkeiten !)
Selbst das, was anderswo Offensivwaffen sind, wären für die Ukraine nur Defensivwaffen.
Die Ukraine hat noch nie einen Nachbarstaat angegriffen und wird solch eine Dummheit auch nicht begehen. Mit einem aggressiven Nachbarstaat wie Russland an der Türschwelle wären selbst Haubitzen und Kampfhelikopter reine Defensivwaffen.
Naja, wenn Russland weiter in der Ukraine einmarschiert, und sich Millionen von Ukrainer auf die Flucht nach Mitteleuropa machen, dann werden alle entsetzt aufrufen: „Oh, wie konnte das nur passieren!“
Es geht um weit mehr als Panzerabwehr.
Wobei diese Aufgabe aus besonders deutscher Sicht unter dem Eindruck von „Barbarossa“ zentral steht und auch über unseren Einfluss in damals NATO-Mitteleuropa alliierter Denken prägt(e).
Unterstellt, ein RUS Angriff vollzieht sich als Multi-Domain Operations (MDO) unter koordiniertem Einschluss von „land, sea, air, cyberspace and hybrid“ fehlt es der UKR an allen Ecken + Enden.
Punktuelle Hilfe über PzAbw kurzer Reichweite oder auch mFH 122 ist wenig mehr als ein sympathisches Symbol der Hilflosigkeit. Die überragende Schlagkraft der RUS Luftstreitkräfte und erforderliche Abwehr sind bedeutungslos? Muss nicht befürchtet werden, dass UKR MechBrig in ihren Bereitstellungsräumen zerschlagen werden, bevor auch nur ein Schuss 125 mm abgefeuert wurde?
Dabei vielleicht mehr als nur eine randnotizige Anmerkung: der RUS Aufmarsch begann in 08/21 – die Pandemie, zumal das hoch infektiöse Omikron, umgeht die Truppenansammlungen auf teils engstem Raum mit begrenzten hygienischen Umständen und jedenfalls nicht eindeutig belegter Wirkung der RUS Vakzine?
Klaus-Peter Kaikowsky (KPK) sagt:
23.01.2022 um 10:49 Uhr
„Es geht um weit mehr als Panzerabwehr.
Wobei diese Aufgabe aus besonders deutscher Sicht unter dem Eindruck von „Barbarossa“ zentral steht und auch über unseren Einfluss in damals NATO-Mitteleuropa alliierter Denken prägt(e).
…
Dabei vielleicht mehr als nur eine randnotizige Anmerkung: der RUS Aufmarsch begann in 08/21 – die Pandemie, zumal das hoch infektiöse Omikron, umgeht die Truppenansammlungen auf teils engstem Raum mit begrenzten hygienischen Umständen und jedenfalls nicht eindeutig belegter Wirkung der RUS Vakzine? “
zu 1.: sie reden etwas rätselhaft, was meinen Sie mit „Panzerabwehr“ und „Barbarossa“ und
ad 2: zynisch vgl. russ. Sprichwort: „Die dazu bestimmt sind zu hängen, werden nicht ertrinken“. Nun ja, aber die pfeif drauf Haltung in Russland dürfte doch mittlerweile erkennbar sein (abgesehn davon, dass die neuerdings auch und grade fürs Militär wieder recht bedeutende russ.-orthodoxe Kirche mit ihren Popen auch nicht als so unbedingt impf- oder wissenschaftsaffin gilt, um es zurückhaltend auszudrücken. Sputnik hin oder her.)
Zu empfehlen wären themeneinschlägig amerikanische, jedenfalls englischsprachige Podcasts der dortigen thinktanks. Für an Details Interessiert – auch wenn die, z. B. im „Augengeradeaus“ podcast immer schnell als „nerdish“ veräppelt werden. – Beobachter wie Michael Kofman usw., der sagt: die russische Armee ist eine Artilleriearmee mit vielen Panzern. Und ja, die seltsame Ausblendung in der hiesigen dt. Diskussion, so es sie überhaupt gibt, der russ. Luftkräfte wundert einen auch. Betr. Bereitstellung wird nur auf den Boden gesehn. Als ob eine Neuauflage der begrenzten Invasion von 2014 /15 anstünde. Wie haben denn westliche Großaktionen angefangen, vgl. Irak 91, Irak 03, oder auch Afghanistan 01 ? Und eine „Abschreckung“ müßte dieser Bedrohung erstmal begegnen können, da nutzen Panzerabwehrwaffen hie und da, bißchen Manpads u. ä. fast nichts. Eine Luftabwehr ermangelt. Die baut man auch nicht im Handumdrehn auf. Und eine „Verafghanisierung“ der Ukraine durch Förderung des Kleinkriegs mit Munitions- und Kleinwaffenlieferungen durch den Westen ?? Da in der Ukraine stehn u. a. mehrere AKW. Und das bedeutet Millionen – Millionen – von Flüchtlingen binnen kürzester Zeit in Steinwurfweite zur EU ! und und und.)
P.S.: „sicherheitshalber“ Podcast meinte ich, sorry.