Russische Söldner in Mali: Einsatz steht offensichtlich bevor, Westen verurteilt Unterstützung durch russische Regierung (Update)
Ein Einsatz der russischen Söldnerfirma Wagner in Mali scheint unmittelbar bevorzustehen und dürfte sich auf das Engagement westlicher Streitkräfte, darunter auch der Bundeswehr, direkt auswirken. 15 Nationen, die an den internationalen Missionen in Mali beteiligt sind, verurteilten die Stationierung der Söldner in dem westafrikanischen Land und warnten vor einer Destabilisierung. Zugleich warfen sie der russischen Regierung vor, den Einsatz der Gruppe Wagner praktisch zu unterstützen.
Die Erklärung von 15 Nationen – neben Deutschland Belgien, Dänemark, Estland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Kanada, Litauen, die Niederlande, Norwegen, Portugal, Rumänen, Tschechien und Schweden – wurde am (heutigen) Donnerstagabend unter anderem vom Auswärtigen Amt veröffentlicht, allerdings (zunächst?) nur im englischen Original. Die wesentlichen Passagen:
We, the international partners committed to supporting Mali and its people in their efforts to achieve sustainable peace and stability and combat terrorism, firmly condemn the deployment of mercenary troops on Malian territory. This deployment can only further deteriorate the security situation in West Africa, lead to an aggravation of the Human Rights situation in Mali, threaten the Agreement for peace and reconciliation in Mali resulting from the Algiers process, and hamper the efforts of the international community to ensure the protection of civilians and to provide support to the Malian armed forces.
We deeply regret the choice of the Malian transitional authorities to use already scarce public funds to pay foreign mercenaries instead of supporting the Malian Armed Forces and public services to the benefit of the Malian people.
We are aware of the involvement of the Russian Federation government in providing material support to the deployment of the Wagner group in Mali and call on Russia to revert to a responsible and constructive behavior in the region. (…)
We urge the Malian transitional authorities to undertake reforms and to restore constitutional order, through the timely preparation and organization of elections, as they have committed to before the Malian people, ECOWAS and the international community. We fully support recent decisions by ECOWAS in that regard.
Die deutlichen Worte vor allem in Richtung der russischen Regierung, so berichten die Kollegen von bruxelles2, haben mit aktuellen Beobachtungen in der malischen Hauptstadt Bamako zu tun: Auf dem Flughafen von Bamako wurden eilig militärische Einrichtungen errichtet, die die Aufnahme einer beträchtlichen Anzahl von Söldnern ermöglichten, sagte ein Diplomat. Zudem habe es Lufttransporte unter Beteiligung der russischen Streitkräfte gegeben, die von Wagner-Vertretern überwacht worden seien.
Die Europäische Union hatte erst am 13. Dezember Sanktionen gegen die Wagner-Gruppe und einzelne Personen verhängt, die an Aktionen oder deren Finanzierung in der Ukraine, Syrien und Libyen beteiligt sein sollen. Vorwürfe von Menschenrechtsverletzungen durch diese Söldner hatte es vor allem in der Zentralafrikanischen Republik gegeben, wo die russische Organisation parallel zu einer UN-Truppe und einer EU-Ausbildungsmission tätig ist. Am 15. Dezember hatte das US-Außenministerium die Regierung in Bamako eindringlich vor einem Zusammengehen mit der Söldnerfirma gewarnt.
Ein möglicher Vertrag zwischen der Regierung Malis und der Wagner-Gruppe hatte bereits im Spätsommer zu heftigem Protest aus Frankreich, aber auch aus Deutschland geführt. Die damalige deutsche Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer hatte für diesen Fall das weitere militärische Engagement der Bundeswehr in dem westafrikanischen Land infrage gestellt:
Ihre Nachfolgerin Christine Lambrecht hat zwar eine Überprüfung der deutschen Beteiligung an der EU-Trainingsmission und eine Verlegung der Ausbildungstätigkeit in ein anderes Land ebenfalls in Aussicht gestellt – das allerdings bislang nur mit Sicherheitsbedenken begründet.
Die beiden deutschen Missionen in Mali – eine EU-Trainingsmission mit gut 300 und vor allem die Beteiligung an der UN-Truppe MINUMA mit rund 1.000 Soldatinnen und Soldaten – sind inzwischen das größte Auslandsengagement der deutschen Streitkräfte. Das geltende Bundestagsmandat für beide Missionen läuft bis Ende Mai kommenden Jahres; spätestens im Frühjahr wird es ohnehin eine Debatte über die Verlängerung geben. Am vergangenen Dienstag hatte die Bundeswehr in Anwesenheit der Parlamentarischen Staatssekretärin Siemtje Möller und des stellvertrenden Generalinspekteurs Markus Laubenthal das Kommando über die EU-Trainingsmission an Österreich abgegeben.
Nachtrag: Das Verteidigungsministerium reagierte via Twitter mit einem Statement von Ministerin Christine Lambrecht:
Update 24. Dezember: Die malische Regierung wies den Vorwurf in einem über soziale Netzwerke (hier: Twitter) verbreiteten Dementi zurück:
(Foto: Übergabe des Kommandos über die EU TM Mali vom deutschen Brigadegeneral Jochen Deuer an den österreichischen Brigadegeneral Christian Riener – Foto EUTM)
was ändert sich eigentlich an den europäischen sicherheitsinteressen in mali ob nun russische söldner vor ort sind oder nicht?
solange die nicht pro islamistisch agieren ist doch eher konhruenz mit dem europäischen interessen gegeben.
verstehe zumindest in dieser beziehung (bin ansonsten eher russland skeptiker) die hyterie nicht
@wacaffe
Wahrscheinlich geht es darum, dass die Interessen des Westens und die von Russland nicht genau die selben sind in Mali, zwar mit Überschneidungen wie Hilfe für republikanisch/demokratische/weltliche Regierung, aber eben doch verschieden.
Aus diesem Grund befürchtet man nun eine Konfrontation mit Russland und will im Vorfeld dann lieber diese Möglichkeit gleich im Keim ersticken.
Zumal eine Söldnertruppe auch immer ein bisschen schwieriger einzuschätzen ist.
Aber ein runder Tisch mit allen Parteien (Mali-Regierung, Westen, Russland) wäre da natürlich angebrachter. Gab es aber wahrscheinlich schon und man ist zu keinem Ergebnis gekommen.
Nun … symbolisch läutet man das Ende der EUTM ein (denn u.a. darauf läuft ja der Wagner-Einsatz hinaus), denn MINUSMA bleibt davon ja quasi unberührt.
Barkane … tja, der „french footprint“ wird auch kleiner werden.
Mali hat im Gegensatz zur CAR eine höhere strategische Position innerhalb der afrikanischen Einsatzgebiete, daher mal schauen was sich substanzielles tut.
@wacaffe Die Problemrussen sind ja deshalb problematisch weil sie einer Putschistenarmee direkten Personenschutz anbieten und somit eine Soldateska an der Macht halten die sich in der Vergangenheit als unfähig, korrupt und gewalttätig erwiesen hat.
Diese Söldnertruppe ist ja eben nicht dazu da das Land zu sichern, Jihadisten zu bekämpfen und eine fähige Sicherheitsstruktur herauszuarbeiten sondern den alten Saustall zu erhalten.
Putin hat eine Heidenangst vor erfolgreichen Demokratien weil sie Konkurrenten und Vorbilder für seine Feinde sind.
@wacaffe Die Missionen der Vereinten Nationen und der Europäischen Union dienen in erster Linie allgemein zur Stabilisierung des Landes und nicht im Schwerpunkt der Islamisierungsbekämpfung. Mali hat wesentlich mehr innere Konflike zu bewältigen als Islamisten vs. Rest und auch mehr Unabhängigkeitsbestrebung. Durch den Einfluss der beiden Missionen konnte schon öfter ein überhartes Vorgehen der Zentralregierung gegen mutmaßliche Rebellen im Nordosten des Landes verhindert werden. Nun stehen hier möglicherweise bestausgebildete Söldner bereit, um abseits von den getroffenen Vereinbarungen den Willen einer Regierung und auch den ihrer Heimatregierung durchzusetzen.
Ich könnte mir auch durchaus vorstellen, mit Blick auf die im Artikel beschriebene, mutmaßliche Stationierung, dass die Zentralregierung sich auch vor einer möglichen nächsten Putsch schützen möchte. Das Vertrauen in die eigenen Streitkräfte ist in Mali kaum gegeben.
Ich wünsche dem Blog-Inhaber und allen Lesern frohe Weihnachten!
Wenn den Putschisten in Mali eine Söldner-Truppe, unterstützt vom Putin-Regime, helfen soll, ihre Machtposition zu festigen, dann hat spätestens jetzt die Bundeswehr ihren Auftrag zu beenden und aus Mali abzuziehen – ohne Wenn und Aber. Auch muss die finanzielle Unterstützung für Mali umgehend beendet werden, damit diese Mittel nicht für die Bezahlung der russischen Söldner verwendet wird.
Wie reagiert China?
Die sind doch ebenfalls engagiert?
Frage: Ist die Fremdenlegion eine Söldnertruppe?
@CRM-Moederator
„Ist die Fremdenlegion eine Söldnertruppe?“
Einfache Antwort auf einfache Frage: Nein
Einer dieser fälle wo schon ein kurzer Blick zu Wikipedia reichen würde. Oder ist die Bundeswehr eine Söldnertruppe wenn man Soldaten ohne deutsche Staatsbürgerschaft erlaubt……
@wacaffe
Viele Köche verderben den Brei. In Mali sind eigentlich schon viel zu viele ‚Köche‘ am Werk. Sieht man von den politischen Animositäten zwischen der EU und Russland einmal ab, gibt es natürlich Bedenken was die Sicherheit der Einsätze anbetrifft. Die Koordination zwischen den internationalen ‚Stabilisatoren‘ von Minusma, der EU-Mission und der Armee von Mali war ja bislang auch nicht so einfach. Wenn da noch eine Kraft, Krieg führt, könnte es zu bedauerlichen Missverständnissen und Verwechselungen kommen.
Irgendwelche strategischen Interessen der russischen Regierung kann ich in Mali nicht erkennen. Die Gruppe Wagner ist letztendlich ein private Contractor und der Auftrag könnte einfach nur ein Job sein.
Mali hat so viele Probleme und ich kann mir nicht vorstellen, dass russische Söldner diese Probleme lösen können. Ehrlicherweise muss man aber auch hinzufügen, dass weder Minusma noch EUTM viel positives in Mali bewirkt haben.
@CRM-Moderator sagt: 24.12.2021 um 13:08 Uhr
„Wie reagiert China?
Die sind doch ebenfalls engagiert?“
Ja, im Rahmen MINUSMA.
„Frage: Ist die Fremdenlegion eine Söldnertruppe?“
Ethisch habe ich mehr als gemischte Gefühle mit Blick auf die Fremdenlegion, aber völkerrechtlich ist die Antwort: Nein.
Im Gegensatz zu Söldnern, sind die Handlungen der Fremdenlegion umfassend dem FRA Staat zuzurechnen. Darüber hinaus kann die Fremdenlegion nicht gegen Bezahlung eingekauft werden und es besteht zudem eine „normale“ gesetzliche und organisatorische innerhalb der FRA SK inkl. der Fremdenlegion.
@Koffer:
Gibt es eine chinesische Reaktion?
Anschlussfrage Fremdenlegion:
War Blackwater eine Söldnertruppe?
@CRM-Moderator sagt: 25.12.2021 um 21:17 Uhr
„Gibt es eine chinesische Reaktion?“
Kein Ahnung.
„Anschlussfrage Fremdenlegion:
War Blackwater eine Söldnertruppe?“
Völkerrechtlich nein. Zum einen handelte es sich im IRQ nicht um einen internationalen Konflikt, zum anderen waren die (offiziell!) übertragenen Aufgaben (offiziell!) nicht militärischer Natur.
Wenn man genau hinschaut, dann könnte man aber zum Ergebnis kommen, dass es hier sehr, sehr, sehr „grau“ wurde im Grenzbereich ;)
Ethisch wiederum habe ich erhebliche Problem damit was die US-Regierung mit Blackwater im IRQ gemacht hat. Da waren Aufgaben dabei, die mEn hoheitlicher NAtur waren und durch Soldaten hätten erfüllt werden sollen (müssen).
Frohe Weihnachten allerseits!
Die Frage zu EUTM leicht beantwortet:
Offenbar ist der Outcome von EUTM nicht dergestalt, dass die Regierung ihren eignen ausgebildeten Soldaten vertraut die Ordnung im Land aufrechter zu halten.
Man bezahlt lieber Söldner (Wagner), als die kostenlos ausgebildeten Schergen.
Welchen Sinn EUTM vor diesem Hintergrund (noch) hat, sollen und können nur Politiker beantworten – militärisch oder im Sinne von „Nationbuilding“ macht EUTM weniger Sinn denn je.
MINUSMA, BAKANE & Co. lassen sich problemlos in weitere Restabilisierungsprojekte Frankreichs in ehemaligen Kolonien einreihen.
Man schickt mit großer Geste Militär, rührt in allen Töpfen, übernimmt sich, zieht sich kleinlaut zurück und überlässt den Scherbenhaufen irgendeiner Garantiemacht. Das waren im Falle von Korea und Vietnam die USA; in diesem Fall wird wohl Russland im Kleide von WAGNER den Schlamassel übernehmen.
Der einzige Grund für MINUSMA könnte noch sein, als irgendwie engagierte Kraft die Machbereiche WAGNERS einzuhegen.
Eher unwahrscheinlich, aber mit Feigenblattpolitik kennen wir uns ja aus (Thema: Atomare Teilhabe).
@CRM-Moderator:
Natürlich sind Blackwater & Co. Söldnertruppen, da sie von jedermann ohne staatliche Beteiligung engagiert werden können und unter keiner politischen/staatlichen Führung agieren.
Was für eine Kategorie Kämpfer braucht ein Staat ( besser eine „Elite“ )um militärisch an Orten zu projizieren, an welchen es unmöglich erscheint den eigenen Soldaten zu erklären, warum sie dort ihr Leben riskieren? (Also „Am Arsch der Welt“)
– Fanatiker
– Ideologen
– Söldner
– Anderweitig Verzweifelte und rohe Naturen
= Kann zutreffen für Legionäre, Söldner, Terroristen, Waffen-SS …
P.S: Ja Kritik kann weh tun.
P.p.S: Danke für die ernüchternde Perspektive, und was bezahlt China den Russen?
@CRM-Moderator sagt: 25.12.2021 um 21:17 Uhr
„Anschlussfrage Fremdenlegion: War Blackwater eine Söldnertruppe?“
Natürlich war Blackwater eine Söldnertruppe, auch wenn sie den Geheimdiensten nahestand. Im Gegensatz zur Fremdenlegion war Blackwater nie in die militärischen Strukturen der US-Streitkräfte organisatorisch, befehlsrechtlich usw. eingebunden. Die Fremdenlegion sehr wohl in die der FR-Streitkräfte.
Blackwater galt offiziell als PMC, was von der Fremdenlegion niemand behauptet.
Hier gilt mal wieder, nicht alles was hinkt ist ein Vergleich.
@all
Die sich anbahnende ausführliche Debatte „was ist mehr Söldner, Blackwater oder die Fremdenlegion?“ habe ich mal als OT gestoppt.
@TW;
Schade.
Gerade wenn wir zu des Pudels Kern kommen, „stoppen“ Sie – wie so oft – den Erkenntnisgewinn.
Wen oder was würden jetzt genau weitere Kommentare zu diesem Themengebiet stören? Es geht um böse Söldner in Mali, weshalb wir nach einhelliger Forenmeinung da raus sollten.
Also gilt es doch erstmal rauszufinden, ab wann Söldnerei +/- beginnt. Und ob wir uns über Söldnerei nur dann empören und echauffieren, wenn Sie von der anderen Feldpostnummer ist. Aber umgekehrt mit „isso. kannste nix machen“, einen grünen Haken dran machen, wenn es unsere Verbündeten tun.
Nochmal: Es geht um Söldnerei in diesem Thread. Es ist aber „OT“ über Söldnerei zu diskutieren?
Was könnten wir denn iMn jetzt hier besprechen?
P.S.: Vielen Dank von den anderen Forumsteilnehmern für die Erklärungen. Zur Klarstellung: Mir ist das, was man mir [mitunter altväterlich] versucht hat zu erklären, alles bekannt und klar wie Kloßbrühe. Ich wollte nur der „Sofort-Raus“-Fraktion mal etwas Selbstreflektion angedeihen lassen.
[Schon klar, immer wenn ich darauf hinweise, dass die globalgalaktische Diskussion über einen generellen Sachverhalt hier vom Thema wegweist, kommen solche Hinweise. Pardon, das Derailing, was mit Blackwater oder der Fremdenlegion ist, ist beim Thema Mali OT. Und nein, es geht nicbt „um Söldnerei“ in diesem Thread, diese bewusste Irreführung bitte ich zu unterlassen. T.W.]
Nun, Wagner soll ja wohl Aufgaben abdecken, die EUTM MALI und MINUSMA nicht durchführen und FRA nicht übernehmen kann oder will.
Ist denn die Regierung Malis an die EU bzw. an FRA entsprechend vorher herangetreten? Oder stehen wir uns hier im Weg weil wir sie eigentlich nicht anerkennen wollen? Bzw. diese Aufgaben nicht durchführen wollen – dezentrale Ausbildung und Einsatzbegleitung?
Tatsache ist, daß die malische Regierung schon länger mit den Ergebnissen von EUTM und MINUSMA unzufrieden ist und auch die Bevölkerung nicht mehr deutlich positiv darüber denkt – was ggf. auch entsprechender Agitation geschuldet ist.
T.Wiegold sagt:
27.12.2021 um 17:12 Uhr
@all
„Die sich anbahnende ausführliche Debatte „was ist mehr Söldner, Blackwater oder die Fremdenlegion?“ habe ich mal als OT gestoppt.“
Unbestritten, daß TW die Richtung der Diskussion vorgibt und der OT-Gefahr entgegensteuert.
Wenn aber „ethisch gefühlte“ Aussagen zur französischen Armee und deren Verbände getroffen werden, so kann ich vor dem Hintergrund eigener Einsatzerfahrung wie der meiner Kameraden sagen, daß ein Vergleich mit Blackwater etc. durch einen vermutlichen Stabsoffiziers(Bw) = Koffer nicht so stehengelassen werden sollte. M.d.B. dies auch als OT zu stoppen.
@briscard: Keiner wird Wagner, Blackwater und die Französische Fremdenlegion über einen Kamm scheren. Keiner! Auch Koffer nicht, schauen sie nochmal genau hin!
@Thomas Melber sagt: 28.12.2021 um 14:28 Uhr
,“Tatsache ist, daß die malische Regierung schon länger mit den Ergebnissen von EUTM und MINUSMA unzufrieden ist und auch die Bevölkerung nicht mehr deutlich positiv darüber denkt – was ggf. auch entsprechender Agitation geschuldet ist.“
Natürlich ist die jetzige Putschistenregierung unzufrieden. Schließlich ist MINUSMA eine Stabilisierungsmission, die alle Parteien an einen Tisch holen soll und für verlässliche Strukturen sorgen. Und EUTM bildet im Sinne der Menschenrechte aus.
Das ist natürlich hinderlich, wenn es um reinen Machterhalt um jeden Preis geht. Da braucht man „Mittel“, die das nicht so genau nehmen, also mit Füßen treten.
Mein Vorschlag, sofort alle finanziellen Hilfen für Mali einstellen. Nicht das die noch mit EU-Geld bezahlt werden.
@CRM-Moderator sagt: 27.12.2021 um 18:37 Uhr
„Es geht um böse Söldner in Mali, weshalb wir nach einhelliger Forenmeinung da raus sollten.“
Nein, das ist definitiv nicht „einhellige“ Forenmeinung.
Ich bin definitiv nicht der Meinung, dass wir unsere Einsätze in MLI beenden sollten. Ich bin vielmehr der Meinung, dass wir endlich richtig einsteigen sollten, damit das alles sinnvoll wird.
„P.S.: Vielen Dank von den anderen Forumsteilnehmern für die Erklärungen. Zur Klarstellung: Mir ist das, was man mir [mitunter altväterlich] versucht hat zu erklären, alles bekannt und klar wie Kloßbrühe. Ich wollte nur der „Sofort-Raus“-Fraktion mal etwas Selbstreflektion angedeihen lassen.“
Ich bin ehrlich gesagt von diesem Vorgehen ziemlich angefressen. Wenn Sie etwas wissen wollen, fragen Sie, wenn Sie etwas kritisieren wollen, kritisieren Sie, aber Fragen zu stellen und am Ende dann zu behaupten das hätten Sie ja vorher doch alles gewusst und Sie wollten nur zum Nachdenken anregen empfinde ich als Verschwendung meiner Zeit. Und außerdem als unhöflich.
@Thomas Melber sagt: 28.12.2021 um 14:28 Uhr
„Ist denn die Regierung Malis an die EU bzw. an FRA entsprechend vorher herangetreten?“
Oh ja! Schon seit Jahren!
„Oder stehen wir uns hier im Weg weil wir sie eigentlich nicht anerkennen wollen? Bzw. diese Aufgaben nicht durchführen wollen – dezentrale Ausbildung und Einsatzbegleitung?“
Jepp. FRA würde gerne, hat aber mit dem eigentlichen, kinetischen Einsatz genug am Hals und möchte das hier endlich andere Verantwortung übernehmen, aber dafür sind sich dann die anderen (hier u.a. leider auch wieder einmal DEU zu fein).
„Tatsache ist, daß die malische Regierung schon länger mit den Ergebnissen von EUTM und MINUSMA unzufrieden ist“
Hm, das ist nicht mein Kenntnisstand. Mit EUTM ist man unzufrieden (ist ja auch wirklich eine reichlich überflüssige Mission in der aktuellen Konstruktion), aber MINUSMA wird bei aller Kritik im Details sehr wohl geschätzt.
Das Problem ist nicht MINUSMA, sondern der kinetische Kampf (den MINUSMA ja nicht führen darf, mangels VNSR Mandat).
@briscard sagt: 28.12.2021 um 16:38 Uhr
„Wenn aber „ethisch gefühlte“ Aussagen zur französischen Armee und deren Verbände getroffen werden, so kann ich vor dem Hintergrund eigener Einsatzerfahrung wie der meiner Kameraden sagen, daß ein Vergleich mit Blackwater etc. durch einen vermutlichen Stabsoffiziers(Bw) = Koffer nicht so stehengelassen werden sollte.“
Wie bitte? Ich habe bin mit Blick auf MLI glaube ich durchaus als jemand mit Fachwissen zu bezeichnen und ich kann mich nicht entsinnen hier die FRA SK diesbezüglich übermäßig scharf kritisiert zu haben. Ganz im Gegenteil. FRA macht mEn militärisch in MLI ziemlich viel richtig.
Und wenn Sie mein Unbehagen über die Legion meinen. Tja, damit müssen sie leben (trotz aller völkerrechtlichen Legalität und zugestandenen Professionalität) als unzeitgemäß ab. Und da das eine persönliche Bewertung ist, müssen wir über dieses OT glaube ich nun wirklich nicht mehr länger sprechen.
Sollten Sie aber etwas anderes gemeint haben, was on-topic ist, stehe ich gerne zur Verfügung.
@Pio-Fritz sagt: 28.12.2021 um 17:55 Uhr
„Natürlich ist die jetzige Putschistenregierung unzufrieden. Schließlich ist MINUSMA eine Stabilisierungsmission, die alle Parteien an einen Tisch holen soll und für verlässliche Strukturen sorgen. Und EUTM bildet im Sinne der Menschenrechte aus.
Das ist natürlich hinderlich, wenn es um reinen Machterhalt um jeden Preis geht. Da braucht man „Mittel“, die das nicht so genau nehmen, also mit Füßen treten.“
Nach allem wie sich die Putschisten in den letzten 1,5 Jahren verhalten haben sind sie (bisher) keine „normale“ Putschistenregierung und weder MINUSMA noch EUTM sind ihnen im Weg. Sie haben keinerlei Schritte gegen MINUSMA unternommen und von EUTM verlangen sie nur das EUTM endlich anfängt (mehr) sinnvolles zu machen.
Man wird sehen, ob im laufe des nächsten Jahres die Putschisten wie versprochen die Macht abgeben, aber bisher gibt es ehrlich gesagt viel mehr Licht als Schatten, gerade wenn man sie mit der korrupten und reichlich unfähigen Vorgängerregierung vergleicht.
@Pio-Fritz
„Natürlich ist die jetzige Putschistenregierung unzufrieden. Schließlich ist MINUSMA eine Stabilisierungsmission, die alle Parteien an einen Tisch holen soll und für verlässliche Strukturen sorgen.“
Und wie weit ist man mit den „gemeinsamen Patrouillen“ und dem DDR Prozeß? SASE in Zentral- und Nord-Mali und in den Grenzgebieten im Süden? ‚frage für einen Freund.
War nicht auch „Staatlichkeit“ – also staatliche Strukturen – ein Thema? Wie in AFG auch gibt es einen „Kernstaat“, Bamako u.a. und sonst den ganzen, vernachlässigten Rest. Tatsächlich erwartet / erhofft sich die Bevölkerung dort eine nachhaltige Präsenz der Verwaltung bzw. das Machtvakuum wird in jedem Fall gefüllt werden.
Mit 10k FAMa PAX läßt sich eben in der Fläche auch wenig Staat machen, im wahrsten Wortsinne.
@Koffer sagt: 28.12.2021 um 22:11 Uhr
„…und von EUTM verlangen sie nur das EUTM endlich anfängt (mehr) sinnvolles zu machen.“
So wie ich das Ihren Äußerungen entnehme, ist für Sie „mehr sinnvolles machen“ Begleitung auch im Gefecht. Da muß man sich doch zuerst fragen, sind die Soldaten überhaupt so weit? Wenn man sich die Zahlen der Ausgebildeten FAMA-Soldaten seit 2013 anschaut und die Gesamtstärke der malischen Streitkräfte, dann muss jeder Soldat schon mindestens dreimal bei EUTM gewesen sein.
Aber offensichtlich ist die Fluktuation hoch und der Kampfeswillen niedrig, mit denen möchte ich auch nicht gerne ins Gefecht gehen müssen. Und EUTM macht das, worauf sich die europäischen Staaten geeinigt und der malischen Regierung angeboten haben. Wenn man dort unzufrieden ist, dann sollte man die Mission beenden.
@Thomas Melber sagt: 28.12.2021 um 23:17 Uhr
Für Ihre Fragen gilt das zuvor gesagte.
„Mit 10k FAMa PAX läßt sich eben in der Fläche auch wenig Staat machen, im wahrsten Wortsinne.“
Da haben Sie recht. Aber ist das unser Problem (DEU und EU)? Offensichtlich gibt man das Geld lieber für Söldner aus anstatt in die eigenen Streitkräfte zu investieren.
Zum Anfang würde es reichen, den Sold regelmäßig und auskömmlich zu bezahlen, das hebt wahrscheinlich schon mal die Moral der Truppe.
@Koffer:
Und bitte nicht vergessen:
Eine konsequente Einsatzbegleitung von EUTM wird seit Jahren vorallem von Deutschland verhindert.
“Mögen hätten wir schon gewollt, aber dürfen haben wir uns nicht getraut.”
(Karl Valentin).
@Pio-Fritz sagt: 29.12.2021 um 9:43 Uhr
„So wie ich das Ihren Äußerungen entnehme, ist für Sie „mehr sinnvolles machen“ Begleitung auch im Gefecht. Da muß man sich doch zuerst fragen, sind die Soldaten überhaupt so weit?“
Das können wir nicht bewerten, weil wir ja nicht dabei sind. Das ist ja gerade der Punkt! Wirkliches Mentoring geht halt nur, wenn man auch Gefechtsbegleitung macht.
Aber für den Anfang würde es ja schon mal reichen, wenn wir überhaupt nur aus Bamako/Koulikoro heraus kämen und wenigstens zu den Btl gehen würden.
„Und EUTM macht das, worauf sich die europäischen Staaten geeinigt und der malischen Regierung angeboten haben. Wenn man dort unzufrieden ist, dann sollte man die Mission beenden.“
Ich komme zu einem anderen Schluss. Man sollte die Mission endlich der Aufgabe gerecht aufstellen!
@Memoria sagt: 29.12.2021 um 10:12 Uhr
“Mögen hätten wir schon gewollt, aber dürfen haben wir uns nicht getraut.
(Karl Valentin).“
Leider nur allzu war…
Thomas Melber sagt:
28.12.2021 um 23:17 Uhr
Ihre Bewertung der malischen Armee teile ich, sie wird von einigen Militärbeobachtern wie auch von EUTM-Ausbildern kritisch gesehen; die infantr. Kräfte sind allenfalls zum Objektschutz und zum Betrieb von check-points einsetzbar (siehe auch den Versuch 2014, mit frisch EUTM-ausgebildeten GTIAs (gem. Gefechtsverbänden) die MNLA-Milizen aus Kidal zu vertreiben, was verlustreich und desaströs endete). Durch die ständigen Verlusten durch djih. Angriffe und IED in den folgenden Jahren haben sich weder Kampfkraft noch Moral der malischen Armee (FAMA) verbessert.
Malische Staatsorgane sind in und um Bamako noch präsent, ansonsten nähert sich MLI dem Zustand eines failing states. Militärische Hilfe durch wen auch immer wird diesen Zustand nicht verbessern, da MLI jede Hilfe annimmt, selbst aber nicht gewillt ist, größere Anstrengungen zur Verbesserung der Sicherheitslage zu unternehmen, die (siehe AFG) die Voraussetzung für die Arbeit staatlicher Organe schafft. Fakt ist auch, daß das malische Staatswesen sich seit der Unabhängigkeit nicht konsolidiert hat, sondern durch interne Konflikte und die djihadistische Bedrohung sich in einer katastrophalen Lage sich befindet, die aber von den politischen Eliten ziemlich nonchalant wahrgenommen wird und die Ebene der Colonels zu 2 coups d’état veranlasst hat. Hier müssen EU und andere westl. Staaten geeignetere Konzepte zur nation-rebuilding entwickeln, denn alle Hilfsprogramme haben bislang wenig bewirkt, allenfalls die Korruption in Gang gehalten.
Koffer sagt: 29.12.2021 um 23:47 Uhr:
„Wirkliches Mentoring geht halt nur, wenn man auch Gefechtsbegleitung macht.“
Gefechtsbegleitung wird wohl angesichts des Zustandes der malischen Armee nicht reichen.
. M.E. bedeutet das eine andere Konfiguration der EUTM; die Ausbildungsteams müssen am Ausbildungsende mit der Truppe in den Einsatz gehen, wobei EUTM-seitig eingespielte, gutausgerüstete Teileinheiten das Rückgrat wären und die Führung des Verbandes übernehmen müßten. Eine reine begleitende Mentorentätigkeit (2 Schritte rückwärts gestaffelt) wird es dann wohl nicht mehr sein.
Hierbei könnten Anleihen bei der TF Tacouba genommen werden. Die einzelnen aus rein nationalen/frz Spezialkräften zusammengesetzten Task Force Groups bilden und rüsten aus malische Soldaten und formen aus ihnen sogen. ULRIs (unité légère de reconnaissance et d’intervention), ausgerüstet mit pick-ups und Motorrädern (und ausreichend Munition). Mit diesen Elementen gehen die TFGroups in den Einsatz, hauptsächlich Verfolgung von aufgeklärten Djihadistentrupps. Die Führung und Logisitik werden durch Barkhane bzw. durch die frz forces speciales sichergestellt. Luftunterstützung eingeschlossen. Bislang wurden 6 ULRIs (ca Kompaniestärke) im Länderdreieck südostw. GAO aufgestellt und sind dort im Einsatz.
Fazit: Wenn EUTM Mentoring als erweiterte Aufgabe erhält, bedeutet das angesichts des zu mentorenden Klientel Kampfeinsatz mit allen Konsequenzen. Dies alleine wird dennoch die Kampfkraft der ohnehin viel zu schwachen malischen Armee nicht wesentlich verstärken. Solange AlQaida und IS von der Schwäche Malis profitieren, wird dieser Staat sich nicht konsolidieren können, was jetzt auch schon auf die Nachbarstaaten zutrifft. Hier ist die EU gefragt, Frankreich wird weiterhin in der Sahelzone präsent bleiben, ist aber jetzt schon überfordert.
Puh … mal ernsthaft gefragt, was ist denn das deutsche Interesse in Mali jenseits von der Dt-Frz. Freundschaft und der EU-Migrationsstrategie?
Ich bin seit über 20 Jahren in der Entwicklungszusammenarbeit an der Schnittstelle zur SiPo und niemand konnte das bisher schlüssig erklären. Klaro gibt es Mandatstexte und auch Strategiepapiere … aber die westliche Sahel oder von mir aus auch die westafrikanische Region (die dann auch den Golf von Guinea umfasst) sind im geopolitischen Duktus genau so wertig oder wichtig wie Afghanistan. Nämlich… nicht.
Ehrliches Interesse an der Region und den Menschen gibt es mMn in der deutschen Politik und Gesellschaft noch weniger als im Falle von Afghanistan. Aber Konsequenzen ziehen ist auch keine deutsche Tugend. Nichts gegen Koffers Meinung, aber die Konflikte im Sahel löst die die deutsche Entwicklungspolitik bzw. Politik mit der Bundeswehr via EUTM nicht.
@briscard sagt: 30.12.2021 um 21:07 Uhr
„M.E. bedeutet das eine andere Konfiguration der EUTM; die Ausbildungsteams müssen am Ausbildungsende mit der Truppe in den Einsatz gehen, wobei EUTM-seitig eingespielte, gutausgerüstete Teileinheiten das Rückgrat wären und die Führung des Verbandes übernehmen müßten. Eine reine begleitende Mentorentätigkeit (2 Schritte rückwärts gestaffelt) wird es dann wohl nicht mehr sein.“
Ich sehe worauf Sie hinaus wollen, aber das ist nicht mein Verständnis von Hilfe zur Selbsthilfe.
Ich möchte, dass EUTM aus der Komfortzone hinausgeht und das Mentoring endlich ernst nimmt (bzw. im EU Jargon zu einer exekutiven Begleitung (executive accompaniment) umgestaltet.
Aber den Kampf muss die FAMA schon selbst führen. Wenn sie das (noch) nicht kann, dann muss halt Barkhana/Takuba ran, aber eine Vermischung beider Konzepte halte ich für schwierig.
„Fakt ist auch, daß das malische Staatswesen sich seit der Unabhängigkeit nicht konsolidiert hat, sondern durch interne Konflikte und die djihadistische Bedrohung sich in einer katastrophalen Lage sich befindet, die aber von den politischen Eliten ziemlich nonchalant wahrgenommen wird und die Ebene der Colonels zu 2 coups d’état veranlasst hat. Hier müssen EU und andere westl. Staaten geeignetere Konzepte zur nation-rebuilding entwickeln, denn alle Hilfsprogramme haben bislang wenig bewirkt, allenfalls die Korruption in Gang gehalten.“
Zustimmung. Die Schwäche des MLI Staates und die Grundhaltung der MLI Eliten ist die Wurzel allen Übels.
@Paradox77 sagt: 30.12.2021 um 21:20 Uhr
„Puh … mal ernsthaft gefragt, was ist denn das deutsche Interesse in Mali jenseits von der Dt-Frz. Freundschaft und der EU-Migrationsstrategie?“
Das sind beides gewichtige Argumente für ein starkes DEU/EUR Engagement.
„aber die westliche Sahel oder von mir aus auch die westafrikanische Region (die dann auch den Golf von Guinea umfasst) sind im geopolitischen Duktus genau so wertig oder wichtig wie Afghanistan. Nämlich… nicht.“
Hm, sehe ich anders. Für EUR ist ein noch weiter destabilisiertes Westafrika ein unmittelbares sicherheitspolitisches Problem.
Das unterscheidet die Situation fundamental von AFG. Da waren wir aus globalen Gründen, aus Bündnissolidarität und wegen der DEU-USA Freundschaft.
Westafrika ist unser Hinterhof, hier wird eine weitere Destabilisierung zu einem Problem führen. Und im Gegensatz zu AFG, wo die Destabilisierung gar nicht oder nur eingeschränkt in den Nachbarländer überschwappen wird, ist das in MLI anders. Wenn MLI fällt, haben wir sofort zwei weitere Länder (BFA und NGA) als nächste. Die sind jetzt bereits am Wackeln.
„Nichts gegen Koffers Meinung, aber die Konflikte im Sahel löst die die deutsche Entwicklungspolitik bzw. Politik mit der Bundeswehr via EUTM nicht.“
In der Tat nicht. Aber das ist auch nicht die Aufgabe von EUTM.
Ihr Glaube an die geostrategische Bedeutung Westafrikas in allen Ehren, aber ehrlich gesagt ist es der französische Hinterhof, dann kommt AFRICOM und dann lange nichts.
Ganz lange nichts.
Von den deutschen Traumtänzereien wie der Tschad-See-Konferenz oder diversen Ertüchtigungen mal abgesehen.
Die EU (und v.a. D) ist sich nicht einig in der Bewertung der Lage und Auswahl der Instrumente. Von der schwierigen bis lächerlichen Partnerwahl vor Ort gar nicht zu reden. Und wenn man sich mal mit den „regional Migration patterns“ auseinandersetzt, stellt man fest, dass militärische Mittel völlig (!) ungeeignet sind, um Migration zu minimieren oder zu steuern. Das beinhaltet übrigens auch CIMIC …
@Koffer u. Bridcard:
Dass DEU dabei meist ausschert, wenn es ernst wird, haben wir in Afghanistan mit den OMLT wohl oft genug gezeigt.
Wir sind in Mali, um (erneut) dabei zu sein.
Mehr an strategischem Rational ist nicht dahinter. Migration,etc sind nachgeschobene Gründe Bohne praktische Relevanz auf den Einsatz.
Wie bei AFG fällt die schiefe Begründung und halbherzige Durchführung erst so richtig auf, wenn es richtig schief geht.
Wagner ist daher eine schöne „Begründung“, um bei EUTM aufzuhören.
Aber was macht man bei MINUSMA?
Hoffentlich nicht zum Ausgleich nicht noch mehr.
@Paradox77 sagt: 30.12.2021 um 23:36 Uhr
I“hr Glaube an die geostrategische Bedeutung Westafrikas in allen Ehren, aber ehrlich gesagt ist es der französische Hinterhof, dann kommt AFRICOM und dann lange nichts.“
Ich bin nicht bei Ihnen ein destabilisiertes Westafrika ist nicht nur ein direktes Problem für FRA, sondern auch für ESP. Darüber hinaus führt ein destabilisiertes Westafrika zu Problemen in Nordafrika, das wiederum ist dann ein direktes Problem für ITA.
Wenn also FRA, ESP und ITA direkte Probleme mit einem destabilisierten Westafrika haben, dann hat EUR ein solches. Und ein europäisches Problem ist ein DEU Problem.
„Und wenn man sich mal mit den „regional Migration patterns“ auseinandersetzt, stellt man fest, dass militärische Mittel völlig (!) ungeeignet sind, um Migration zu minimieren oder zu steuern.“
Natürlich, aber das ist doch eine Binse, oder? Außerdem sind die mil Kräfte nicht dort um die Migration (direkt) zu verhindern, sondern um eine Destabilisierung der Region zu verhindern (und vielleicht zu einer Stabilisierung beizutragen). Und DAS für dann zu einer verminderten Migration.
@Memoria sagt: 31.12.2021 um 9:00 Uhr
„Dass DEU dabei meist ausschert, wenn es ernst wird, haben wir in Afghanistan mit den OMLT wohl oft genug gezeigt.“
Ja, leider. Peinlich. Und dumm.
„Aber was macht man bei MINUSMA?
Hoffentlich nicht zum Ausgleich nicht noch mehr.“
Ich denke nicht. Zumindest nicht viel. MINUSMA kann wegen der fehlenden Mehrheiten im VNSR nicht ohne weiteres aufgestockt werden und für die quantitativen Komponenten (aka Kampftruppe) hat DEU ja sowie so nicht genügend Mumm.
Also müsste man über weitere Hochwertressourcen sprechen, die würden die VN vermutlich auch akzeptieren, aber so gut sind wir da ja auch nicht aufgestellt.
Vor allem wenn wieder der fehlende Mumm zu einer Begrenzung auf Stadt und max Region Gao dazu kommt.
Puh … Stabilisierung einer Region führt zu einer statistischen Erhöhung von Migration. Zum Einen, da primär Mittelschichten die Kosten der Migration aufbringen können und über das nötige soziale Netzwerk verfügen („poor people stay in the region“) und zum anderen hilft die Stabilisierung durch die EU meist korrupten Regimen, welche den „War on Terror“ als Legitimationsnachweis dem „Westen“ ggü. nutzen und der sie gleichzeitig finanziert *und* am Leben hält (sollte jemand Parallelen zu AFG sehen … ja, sind vorhanden).
Und was ESP (v.a. Marokko, Westsahara und Mauretanien) und ITA (de facto „nur“ Libyen und teilweise Algerien) betrifft … haben Sie schon mal deren einschlägige Strategiepapiere zu der „Sahelzone“ angesehen? Die unterscheiden sich fundamental von den rudimentären deutschen Papern (die aber quasi in DEU alles non-paper sind) und kommen – o Wunder – auch zu anderen Instrumenten und Zielen.
Der politische Wunschtraum auch im BMVg zum Thema Sahel ist ja genau das, was @Koffer anführt. Aber das geht an der Realität weit vorbei. Wir haben in Afghanistan schon nicht hingeschaut und mit allen Akteuren geredet und im Sahel machen wir es auch nicht. Wir klammern uns ja sogar an die Utopie von Staatlichkeit und den „french masterplan“. Willkürlich werden zivile und militärische und zivil-militärische Punkte zusammengefasst wie es gerade passt. Und selbst die absoluten Basics hinsichtlich geographischer Ein- und Abgrenzung und Einbezig existierender staatlicher und überstaatlicher Strukturen werden entweder ignoriert oder offen verfälscht dargestellt. Das fängt bei Mandatstexten an, geht über unterste Kommentare zur Entwicklungspolitik weiter und gipfelt entweder in Neo-Kolonialen Anschuldigungen oder der Negation dessen.
Wie man ernsthaft – auch vor dem Hintergrund des russischen Engagements in der Region – sich den Einsatz je nach Gusto schönreden kann … das finde ich auch nach 20 Jahren im Geschäft noch faszinierend (ok, der Zyniker in mir sagt, es ist auch gut für mein Geschäftskonto und Bedarf besteht). Wenn man aber an die Menschen vor Ort denkt, dann ist diese Diskussion nur sinnbefreit.
Memoria sagt:
31.12.2021 um 9:00 Uhr
„Wir sind in Mali, um (erneut) dabei zu sein.
Mehr an strategischem Rational ist nicht dahinter.“
Falsch.
Wenn beispielsweise Spanien in Mali wäre, dann wären wir mit Sicherheit nicht dabei.
Es ist aber Frankreich und schon länger, aber gerade auch die letzten circa 10 Jahre will Deutschland mit Frankreich ein Tandem in Europa bilden und alle anderen werden dann diesen Schwergewicht folgen oder auch folgen müssen (aus Mangel an Alternativen zum Beispiel).
Nur muss man eben Frankreich auch mal von deutscher Seite aus zeigen, dass man ein wirkliches Interesse an diesem Tandem hat und nicht nur bloße Worthülsen streut.
DAS ist der Hauptgrund für unseren Mali-Einsatz. Frankreich klipp und klar zeigen, dass man französische Positionen auch (mal) unterstützt.
Frankreich wird sich schon bewusst sein, dass die BRD nicht mehr leisten will oder kann, aber sie leisten überhaupt und das ist der entscheidende Punkt. Sie stehen also öffentlich hinter französischen Ambitionen.
Die große Migrationsgefahr und der Dominoeffekt beim Fall von Mali ist da nur Beiwerk und nicht so wirklich im Auge Deutschlands. Denn sonst würde man eben mehr tun.
Die große Frage ist eher, ob man sich in Deutschland vieleicht nicht insgeheim freuen würde, wenn Frankreich mit Mali scheitert, denn dann würde und müsste sich Frankreich auch eingestehen wie UK nicht mehr so weltpolitische und geostrategische Ziele zu setzen.
DAS käme dann auch dem Tandem Frankreich-Deutschland langfristig zu gute.
[Ihre Meinung ist Ihre Meinung; dennoch muss ich darauf bestehen, dass es bei den Fakten bleibt und falsche Behauptungen wie „Wenn beispielsweise Spanien in Mali wäre, dann wären wir mit Sicherheit nicht dabei“ hier nicht als pseudo-Tatsache in den Raum geworfen werden.
(Ehe jetzt ein Aufschrei kommt: es lässt sich sehr, sehr, sehr einfach rausfinden, dass z.B. der Vorgänger des deutschen EUTM-Kommandeurs im vergangenen Jahr ein Spanier war. etc. T.w.]
@Paradox77 sagt: 31.12.2021 um 22:12 Uhr
„Stabilisierung einer Region führt zu einer statistischen Erhöhung von Migration.“
Das ist eine steile These. Wenn man das so stehen lassen würde, dann wäre im Umkehrschluss die starke Migration aus SYR nach dem Ausbruch des Bürgerkriegs ja vollkommen unlogisch.
Je nach konkreter sozioplitischer Lage vor Ort mag eine Stabilisierung und damit wirtschaftliche Erhöhung mittelfristig auch zu einer erhöhten Migration des Mittelstandes führen, aber langfristig halte ich Ihre These für abwegig.
Zumal nach der Stabilisierung, ja auch hoffentlich eine wirtschaftliche Stärkung folgen wird.
Wenn Sie natürlich nur ein unmittelbare sicherheitspolitische Stabilisierung meinen ohne jegliches sonstiges Konzept, dann würde ich Ihnen zustimmen, aber wer fordert denn so etwas???
„Wie man ernsthaft – auch vor dem Hintergrund des russischen Engagements in der Region – sich den Einsatz je nach Gusto schönreden kann“
Ich denke nicht, dass den Einsatz irgendjemand schönredet. Ich meine keinen einzigen Kommentar bisher gelesen zu haben, der EUTM in seiner jetzigen Form für sinnvoll hält.
@Denethor:
Ja die Motivation ist „Solidarität“ mit Frankreich. Aber halt wie bereits bei „Solidarität mit den USA“ in Afghanistan mit möglichst wenig kinetischem Anteil.
Daher entgegen des expliziten mehrfachen Wunsches keine Beteiligung an Serval, Barkhane und Takuba. Ebenfalls die Verhinderung von mehr Nähe zu „Kampfeinsätzen“ bei EUTM. Zudem auch beim Kampf gegen den IS.
Frankreich hat dabei endgültig gelernt, dass Deutschland ein Partner mit sehr geringem praktischen Mehrwert ist.
In der Konsequenz richtet Frankreich seine militärische Kooperation verstärkt auf andere Partner aus, u.a. Großbritannien.
Wie gesagt:
Wir wollen halt bischen dabei sein, aber bitte nicht so richtig.
Es kommt sicher niemand in AA, BMVg auf die 100-tägige Schonfrist zurück!
@Bjoern__M
#Bundeswehr #Mali Trouble incoming.
Laut Konate Malick will die Militärjunta statt Wahlen im Februar nun eine fünfjährige „Übergangsphase“: (Vorausgesetzt das Wohlwollen der IC, oder wird nicht mehr gebraucht, Wagner/Putin kann’s richten?) Da FRA die EU-Ratspräsidentschaft inne hat, dürfte Macron aus nationalen und europäischen Motiven zügig aktiv werden, einschließlich gewisser Erwartungen.
KONATE Malick
@konate90
·#Mali : chronogramme proposé par la transition à la #CEDEAO
– Décembre 2023 révision constitutionnelle;
– Juin 2024 : Elections territoriales;
– Mai 2025 : Élections législatives et sénatoriales;
– Janvier 2026 : Élections Présidentielles.
Wo hatte ich denn gelesen, dass Wagner quasi der „privatwirtschaftliche“ Arm irgendwelcher Speznas-Einheiten sei?
Sind die EU-Missionen in Mali eventuell doch zu „erfolgreich“ für Putin? Oder ist das nur ein weiterer „Nadelstich“ in Putins Vorgehen gegen die EU und den Westen?
Aktuell dazu: dpa-Gespräch mit der Wehrbeauftragten:
https://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/id_91409766/bundeswehr-wehrbeauftragte-hoegl-sieht-ende-von-mali-einsatz-als-option.html
@Hein Bloed
Na ja, die Junta in Mali möchte sich eben „vom Westen“ nicht in die Amtsgeschäfte hineinreden lassen – wir hatten ja bereits die Ankündigung von FRA, daß man Gespräche mit den Aufständischen (Islamisten) nicht will / nicht toleriert und mit Abzug gedroht, und dann kommt heute noch die Meldung, daß die USA Handelsabkommen (u.a. mit Mali) aufkündigen. Nota: FRA hat früher allerdings gegen den erklärten Willen der malischen Regierung direkt mit den Tuareg verhandelt.
Davon ab ist es tatsächlich schwer verständlich weshalb die Junta nicht versucht ihr Einflußgebiet in Zentral-Mali zurückzugewinnen und zu halten, zumal ja die Militärs gerade diesen Anspruch als Begründung für die Putsche genommen haben.
@T.W.
Entschuldigung, mein Beispiel mit Spanien war nicht so gemeint wie vielleicht verstanden.
Ich meinte „Solidarität mit Frankreich“ und der Rest folgte dem Tandem oder eben auch aus Solidarität Frankreichs gegenüber.
Spanien war dann als Beispielland unglücklich gewählt, aber wenn vor der ersten gemeinsamen Malimission eben nicht Frankreich sondern Dänemark oder Polen der vehemente Treiber dieser Mission gewesen, dann wäre (meine Meinung) es zu keiner EU Mission in dieser Form gekommen, weil zum Beispiel Deutschland dann militärisch nicht mitgemacht hätte und das zwar nicht zwingend für eine EU-Mission ist, aber eben politisch und öffentlich sehr wichtig ist.
Das bedeutet nicht, dass dann das Ergebnis ein besseres als jetzt gewesen wäre.
@Memoria
Aber das strategische Rational ist eben Solidarität mit Frankreich und das darf man nicht zu gering schätzen.
Im Vergleich zu den USA hätten wir glaube ich eine ordentliche politische Breitseite damals beim Irak abbekommen (Koalition der Unwilligen), aber wegen AFG konnten die USA eben nicht noch mehr politisch kontra geben als sie es getan hatten. Weil Unterstützung politisch hatten sie ja bekommen, Solidarität war also da. Die Karte der Solidarität ist politisch gesehen sehr viel wert
Eine ehrliche Zwischenbilanz der Bundesregierung zum Engagement in Mali? Erinnert irgendwie an die Fortschrittsberichte zu Afghanistan.
Ist halt schwierig, insbesondere für das AA, so nen Bericht zu schreiben bevor man weiß was politisch gewollt ist (Grad an Ehrlichkeit und Deutlichkeit).
Ehrliche Zwischenbilanz wäre ja:
So wirklich was erreichen wollten wir da nicht, so wirklich was erreicht haben wir auch nicht.
Also eigentlich ein Erfolg – daher können wir auch aufhören.
Die Wehrbeauftragte EvaHoegl fordert zum Jahresauftakt eine schonungslose Analyse der Einsätze, hier MINUSMA, nicht EUTM. Und sie warnt vor einer Situation, in der die Amerikaner nicht mehr mit der Bundeswehr üben. Dieser Satz ist mehr als bedenklich. „Ihr habt ja nicht mal Funkgeräte, mit denen wir verschlüsseln können“ wäre mögliche U.S. Aussage laut Hoegl. (FAZ.net)
Ein Hilferuf und Ruf der Hilflosigkeit gleichermaßen.
Sie will die Entscheidung zum Abzug von der Lageentwicklung in Mali abhängig machen, wurde sie bei NDR 2 zitiert.
Ist es nicht so, dass umgekehrt (!) die Lageentwicklung in Mali abhängig bleibt vom Beitrag MINUSMA und weiter Einsätze wie TAKUBA, BARKHANE? Oder bleiben wir nur, wenn die Malier, wie auch immer, sich zurechtstolpern.
Merkwürdige Folgerungen der Wehrbeauftragten.
Thomas Melber sagt:
02.01.2022 um 10:20 Uhr
„Davon ab ist es tatsächlich schwer verständlich weshalb die Junta nicht versucht ihr Einflußgebiet in Zentral-Mali zurückzugewinnen und zu halten, zumal ja die Militärs gerade diesen Anspruch als Begründung für die Putsche genommen haben.“
Begründung für den Putsch: Korruption der Präsidenten-Familie, Betrug beim Wehretat, Wahlmanipulation durch den Präs IBK, Vormarsch der Djihadisten in Zentralmali.
Die Junta um Assimi Goita schaut zu, wie die sich die Alqaida-Allianz(JNIM) immer stärker in Zentralmali festsetzt; sie ist nicht in der Lage, die vorhandenen Kräfte der FAMA zielgerichteter
einzusetzen.
Klaus-Peter Kaikowsky (KPK) sagt:
02.01.2022 um 13:03 Uhr
Ist es nicht so, dass umgekehrt (!) die Lageentwicklung in Mali abhängig bleibt vom Beitrag MINUSMA und weiter Einsätze wie TAKUBA, BARKHANE?
Ja, aber: diese Einsätze (außer TAKOUBA) laufen seit Ende der Op SERVAL und haben die Verschlechterung der Sicherheitslage wie auch das Vordringen der JNIM nicht aufhalten können. MINUSMA, in Nordmali disloziert, verhindert die Realisierung von AZAWAD, wobei die JNIM wie auch die Tuaregmilizen der MNLA faktisch die Kontrolle ausüben bis in den Raum um Gao, den IS-Ableger EIGS mal außen vor gelassen. Die hohen Verluste von MINUSMA zeigen, daß die Mission selbst Ziel djihadistischer Angriffe ist. Ceterum censeo: ohne den Beitrag Malis ist auch der status quo der Sicherheitslage nicht zu halten. Und der wird sich m.E. nach nicht so schnell geleistet werden können.
Denethor sagt:
02.01.2022 um 10:37 Uhr
„Aber das strategische Rational ist eben Solidarität mit Frankreich und das darf man nicht zu gering schätzen.“
Wirkliche Solidarität bedingt auch, daß man im inner circle Klartext reden und eigene Positionen doch schon kommunizieren sollte (z.B. die Interessen Ds im europäischen sicherheitspolitischen Kontext). Wobei FR wohl nicht anders kann als in der lead position zu agieren. Bleibt ein äußerst schwieriger Partner, vorallem in den ehemaligen Kolonialgebieten (Francafrique).
Weiß jemand, ob es zwischen der Funkgeräte-Problematik (KPK oben 13:03 Uhr) und Mali einen aktuellen Zusammenhang gibt – außer dass die Wehrbeauftrage in derselben Quelle zu beidem zitiert wird?
„im inner circle Klartext reden und eigene Positionen doch schon kommunizieren sollte“
Wer weiß, vielleicht wird im inner circle auch mehr Klartext geredet, als die Öffentlichkeit vermutet.
Nur kann natürlich auch Frankreich einen Nutzen (innenpolitisch) aus diesem Umstand generieren. Am Ende war es die fehlende ausländische inneruropäische Unterstützung, wenn die eigenen Ziele nicht erreicht werden. Und nicht nur das eigene Versagen.
Ich glaube in allen politischen Entscheidungen wird sehr wohl gut abgewogen und es werden sich verschieden Szenarien überlegt und dabei werden auch die Konsequenzen abgewogen.
Beispiel AFG: keine paar Monate her und schon ist in der Öffentlichkeit (also beim Durchschnittsbürger) kein Interesse und auch kein aktuelles Wissen über die aktuelle Lage dort vorhanden. Ähnlich verhält es sich mit Mali. Wieso (innenpolitisch) sollte denn eine Regierung jetzt alles dran setzen das „Problem Mali“ zu lösen.
Erst muss es schlimmer werden (Kaputter Staat, Migrationsströme, ins Ausland wirkender Terrorismus), dann kann man innenpolitisch auch mehr machen und dann werden wir (BRD) auch mit richtig Kampftruppen reingehen. Bis dahin wird aber nur der Schein gewahrt – sowohl gegenüber der Weltöffentlichkeit, als auch gegenüber dem französischen Volk (Solidarität).
Die französische Regierung kennt ja auch die Innenpolitik der anderen Staaten und kennt auch damit diesen Umstand. Nur selbst können und konnten sie sich das eben bei Mali nicht erlauben und müssen deshalb noch weiter stark agieren.
Deshalb ist man außenpolitisch eigentlich ganz froh über Wagner, denn so wird das Mali-Problem entweder gelöst (unwahrscheinlich) oder der Zeitpunkt für eine größere und stärkere Mission mit mehr Beteiligung rückt näher.
Aber innenpolitisch kann man den Wagnereinsatz natürlich überhaupt nicht gutheißen und es ist auch wirklich nicht gut. Denn man zeigt damit ja offenkundig ein Versagen seiner Mission.
Man kann bei UK auch Ähnlichkeiten finden. Immer groß vom Empire reden (Innenpolitik) und dann seine Marine nur im Nordatlantik kreuzen lassen (Außenpolitik) passt halt auch nicht und würde dementsprechend gewürdigt werden (Innenpolitik). Also werden mit einer Trägergruppenfahrt tolle Bilder kreiert. Man musste aber vom großen Empire reden, weil das zu einem Zeitpunkt/Zeitraum gut ankam und man damit politisch punkte konnte (Innenpolitik).
@Denethor
Vor Abschluß der Präsidentenwahl in FRA wird nichts Substantielles entschieden werden (24.04.2022). In wie weit Mali / Außenpolitik im Wahlkampf eine Rolle spielen wird bleibt abzuwarten.
FRA hat ja nun auch die EU Ratspräsidentschaft inne, und auch das Papier zur EU Sicherheitspolitik soll im 1. Quartal offiziell verabschiedet und vorgestellt werden („strategischer Kompaß“).
Bei dem Zeitplan, den @ KPK gekostet hat, ist die politische Marschrichtung doch klar. Es geht zu einer autoratischen Pseudodemokratie, die einige wenige Familien an der Macht hält.
Das ist nicht das erklärte Ziel von Minusma. Und die Söldner führen EUTM ad absurdum.
Offenbar hat man aus AFG nicht gelernt, daß man gegen den Willen der Bevölkerung keine politischen Lösungen durchsetzen kann. Ich bezweifele, daß die Malier in der Mehrheit dieses Regime und seine Söldner wollen. Und militärisch löst man das nicht.
@Uwe
Die USA sind in Mali nur mit Polizeikräften in geringem Umfang bei Minusma präsent. Da besteht also kein Zusammenhang.
@Pio-Fritz sagt: 03.01.2022 um 17:53 Uhr
„Offenbar hat man aus AFG nicht gelernt, daß man gegen den Willen der Bevölkerung keine politischen Lösungen durchsetzen kann.“
Ich denke, die Analogie geht hier fehl. Die politischen, militärischen und soziologischen Rahmenbedingungen sind einfach zu verschieden.
„Ich bezweifele, daß die Malier in der Mehrheit dieses Regime und seine Söldner wollen.“
Man kann sich das aus DEU/EUR-Perspektive kaum vorstellen, aber die Reaktionen von Bevölkerung und Zivilbevölkerung nach dem Putsch war äußerst positiv.
Von daher bleibt abzuwarten wie es weitergeht, welche Erfolge die Putschregierung wird vorweisen können und wie lange sie dann an der Macht klammert.
Nach allem was ich höre, sind da zwar erhebliche Mängel in der Professionalität vorhanden, aber tatsächlich hat man Fortschritte gemacht in Bereichen, die die alte Clique nicht angehen wollte…