Neue Bundestagspräsidentin sichert Bundeswehr Unterstützung zu: „Wer den Frieden will, muss für den Frieden gerüstet sein“
Beim traditionellen Gelöbnis von Rekrutinnen und Rekruten am Jahrestag der Gründung der Bundeswehr hat die neue Bundestagspräsidentin Bärbel Bas den Streitkräften die Unterstützung des Parlaments zugesichert. Die SPD-Politikerin gab ein klares Bekenntnis zu deren Auftrag ab: Wer den Frieden will, muss für den Frieden gerüstet sein.
Bas war im Oktober vom neuen Bundestag als dritte Frau in der Geschichte des Bundestags an die Spitze gewählt worden. Ihr Auftritt als Ehrengast beim öffentlichen Gelöbnis vor dem Reichstagsgebäude am (heutigen) Freitag war nicht nur die erste Rede vor Soldatinnen und Soldaten im neuen Amt, sondern auch ihre erste öffentliche Rede nach Amtsantritt außerhalb des Bundestages.
Die Parlamentspräsidentin hob vor den rund 400 Rekrutinnen und Rekruten hervor, dass sich die Bundeswehr durch den Friedensauftrag der Verfassung – Denn Sie übernehmen es, „dem Frieden in der Welt zu dienen“, wie es in der Präambel unseres Grundgesetzes heißt – und die enge Bindung an die Politik von früheren deutschen Streitkräften unterscheide. Der Bundestag habe deshalb eine besondere Verantwortung, denn er entscheide nicht allein über die Entsendung von Soldaten in Auslandsmissionen:
Wir nehmen diese Verantwortung sehr ernst, wenn wir über Auslandseinsätze entscheiden. Aber auch wenn wir über den Haushalt, also über Investitionen für die Streitkräfte entscheiden. Es geht um Ihre Ausstattung. Wir sichern Ihre Arbeitsbedingungen, damit Sie dem Frieden in der Welt dienen können. Denn: Wer den Frieden will, muss für den Frieden gerüstet sein.
Mit dieser Aussage positioniert sich die Parlamentspräsidenten vermutlich nicht unbedingt zur Freude von Teilen ihrer eigenen Partei – vor allem die Abwandlung des alten römischen Sprichworts Wer den Frieden will, muss für den Krieg gerüstet sein und die Verbindung zum Verteidigungshaushalt dürfte in Teilen der SPD, aber auch beim angestrebten Koalitionspartner Grüne umstritten sein.
Bas sicherte den Soldaten zu, künftig – und damit vielleicht mehr als bisher? – im Parlament bei der Entscheidung über Auslandseinsätze, insbesondere aber auch über eine Verlängerung sorgfältig abzuwägen:
Kampfeinsätze dürfen nur die Ausnahme, das allerletzte Mittel sein – beschlossen vom Parlament und eingerahmt in die Bündnisverpflichtung. Wir müssen klare Ziele nennen und humanitäre, politische und wirtschaftliche Argumente mitdenken, bevor wir einen solchen Auftrag erteilen. Und wenn wir Auslandseinsätze verlängern, sollten wir genau prüfen, ob die Verlängerung sinnvoll und zumutbar ist. Das sind wir Ihnen und Ihren Familien schuldig. Es darf keinen Automatismus, keine Routine bei gefahrvollen Missionen geben.
Damit knüpfte die Bundestagspräsidentin an an das Ende des fast zwei Jahrzehnte dauernden Einsatzes der Bundeswehr in Afghanistan, der für alle westlichen Nationen in einem Desaster endete. Wir sind dort gescheitert – wir, nicht Sie! bekannte die Parlamentarierin gegenüber den Soldaten. Wir sind an der politischen Aufgabe gescheitert – nicht an der militärischen.
Bas sicherte zu, dass der Bundestag diesen Einsatz und die Gründe für das Scheitern untersuchen werde: Wir sind Ihnen die Aufarbeitung schuldig, damit sich ein solches Debakel nicht wiederholt.
Dass die Präsidentin des Deutschen Bundestages die Verankerung der Bundesrepublik und damit auch der Bundeswehr in der EU und der NATO betonte, ist wenig überraschend. Bas buchstabierte aber noch einmal aus, was das bedeutet: Gemeinsam haben wir die Aufgabe, die Sicherheit mit unseren Nachbarn und für unsere Nachbarn zu schützen. Im Bündnis mit ihnen zu agieren, ihre Interessen zu verstehen und dabei nicht zu vergessen, dass unser Kontinent größer ist als die EU. Nur gemeinsam kann Frieden gelingen!
(Die Rede von Bas zitiert nach dem veröffentlichten Redetext; die ganze Rede zum Nachlesen hier)
(Hinweis: Der Einfachheit halber verwende auch ich an dieser Stelle die Formulierung Jahrestag der Gründung der Bundeswehr – obwohl zum Gründungsdatum 12. November 1955 der Name Bundeswehr noch gar nicht feststand.)
(Foto: Bas bei der Rede zum feierliches Gelöbnis vor dem Reichstagsgebäude – Sebastian Wilke/Bundeswehr)
„Wer den Frieden will, muss für den Frieden gerüstet sein.“ – Also Frieden schaffen mit immer weniger (und veraltenden) Waffen? Da befindet sich die Bw ja auf einem guten Weg.
Vielleicht sagt man Frau Bas wie das Zitat richtig heißt? Und daß Abschreckung tatsächlich funktioniert hat? So ergibt ihr Ausspruch für mich überhaupt keinen Sinn.
@TW
Der 12.11. gilt offiziell als das Gründungsdatum der Bw, vielleicht weil in zeitlicher Nähe zum 11.11. Und ein kleiner Typo in „Grundgesetz“.
Es tut mir leid, aber die einzige Art, die ich mir vorstellen kann, wie man eine Armee für den Frieden rüsten kann, ist, ihr alle Waffen wegzunehmen.
Der römische Spruch macht Sinn. Der Spruch unserer Bundestagspräsidentin nicht.
Falls sie es so meint wie ich es verstehe, sehe ich für die Bundeswehr schwarz.
Immer wieder ärgerlich und wir duch ständiges Wiederholen nicht richtiger.
„Kampfeinsätze dürfen nur die Ausnahme, das allerletzte Mittel sein – beschlossen vom Parlament und eingerahmt in die Bündnisverpflichtung. “
Der Einsatz von (deutschen) Streitkräften ist nicht „Ausnahme“ sondern ist Bestandteil deutscher Außen-und Sicheheitspolitik. Sonst bräuchte man ja keine eigenen Streitkräfte oder darf man die Bundeswehr als „Ausnahmearmee“ bezeichnen?
Er ist auch nicht das „allerletzte Mittel“, sondern das äußerste (staatliches) (Gewalt)mittel.
„Beschlossen vom Parlament“ – wie alles in der parlamentarischen Demokratie. Jedoch, der Antragsteller ist eine Bundesregierung, die immer eine eigene Mehrheit für eine Beschlussfassung hat; sonst wäre sie ja keine Regierung. Und, sie ist nicht darauf angewiesen, über die eigene Mehrheit hinaus nach Zustimmung zu suchen. Sonst bräuchte man eine 2/3 Mehrheit. Streitkräfte sind und bleiben Exektutive und nicht Legislative. Die Bezeichnung „Parlamentsarmee“ ist irreführend und lenkt von der Verantwortung einer Bundesregierung einschließlich des Bundesministers der Verieidgung ab.
Eine Blick ins Parlamentsbeteiligungsgesetz dient dem Erkenntnisgewinn.
https://www.gesetze-im-internet.de/parlbg/BJNR077500005.html
„Der Bundestag kann dem Antrag zustimmen oder ihn ablehnen. Änderungen des Antrags sind nicht zulässig.“ Bedeutet: „stimm zu“ oder „lehne ab“ – und eine Regierung, die einen solchen Antrag stellt weiss immer, dass sie eine (eigene) Mehrheit hat; sonst würde sie keinen Antrag stellen.
Das sind ja sehr „ermutigende“ Bekenntnisse, die sowohl tief blicken als auch schlimmstes befürchten lassen.
Am Ende entscheidet aber das Parlament und nicht die Regierung.
Im Gegensatz zu anderen Staaten ist deshalb unsere Armee eine Parlamentsarmee.
Die Ausführungen wie es zu einem Einatz kommt, sind natürlich trotzdem richtig. Aber Parlamentsarmee ist die Bundeswehr eben aus der Entscheidungshoheit der Parlamentarier und nicht der Regierungsmitglieder.
Auch ist es nicht ganz korrekt mit dem „eigene Mehrheit“.
Jedes mal, bei jedem Antrag oder Gesetz wird eine Mehrheit gesucht. Natürlich wurde im Vorfeld abgeklopft und einige Köpfe bekamen Hinterkopfschläge oder wurden gestreichelt, damit sie im Sinne der Regierung (der Koalitionsparteien) abstimmen.
Trotzdem ist jeder Antrag eine neue Mehrheitsfindung, auch nach Einreichung ins Parlament.
Die politische Praxis ist natürlich so wie Sie beschreiben.
Im Kern haben beide (Regierung und Parlament) ihre Verantwortung für ihre Taten, aber beim Einsatz der Armee oder bei beschlossenen oder abgelehnten Gesetzen/Anträgen hat das Parlament die Verantwortung übernommen.
Wenn die Regierung einen Antrag nicht einreicht – hat die Regierung die Verantwortung dafür. Also für das Nicht-handeln ist sie verantwortlich.
Oft genug wird leider (oder lässt sich) das Parlament von der Regierung an der kurzen Leine herumführen – ist aber eben dem Umstand geschuldet, dass die Regierung im Regelfall von sehr persönlichkeitsstarken Menschen gebildet wird und diese oft auch enorme Netzwerke haben und im Zweifel beim Krach zwischen Parlament und Regierung (also Koalitionsbundestagsmitglieder und Regierungsmitglieder) Neuwahlen anstehen oder „Projekte“ von diesen Bundestagsmitgliedern nicht umgesetzt werden können.
Wenn Frau Bas der lateinische Spruch zu martialisch ist kann man auf ein älteres Motto der Bw zurückgreifen:
„Kämpfen können um nicht kämpfen zu müssen“.
Das bezieht sich natürlich nur auf LV/BV, bei friedenserhaltenden / friedenserzwingenden Einsätzen sieht das natürlich anders aus.
@Thomas Melber.
„… vielleicht weil in zeitlicher Nähe zum 11.11. Und ein kleiner Typo in „Grundgesetz“.
Sie können das kaum ernst meinen, oder nur ist das ein misslungener Scherz zu Karnevalsbeginn?
Anlass für den 11nov55 war der 200. Geburtstag des preußischen Heeresreformers, Generalleutnant Gerhard Johann David von Scharnhorst vom 12. November 1755 in Bordenau/Grafschaft Schaumburg/Gut Scharnhorst, heute Krs Hannover/Land.
Seine Verdienste in der Preußischen Heeresreform 1807 – 14 waren traditionsbegründende Stimulans der Entscheidung.
Die Bas’sche Abwandlung des „si vis pacem para bellum“ macht vor der Kenntnis von Parteiherkunft und in Kenntnis ihrer Funktion unbedingt Sinn.
Intellektuell anerkennenswert hat sie ihrer Partei und dem künftigen Kanzler in aller Freiheit das Zumutbare anempfohlen. Sehr mutig.
„Si vis pacem para bellum“ … als Römerin und Repubikanerin, Frau Bas , oder als kaisertreue Bonapartistin „Si vis bellum para pacem“ ? Ja was denn nun ? … oder einfach nur ‚EN BAS‘ – nach unten ? … M.S.
@Josef König sagt: 12.11.2021 um 17:53 Uhr
Umfänglich Zustimmung. Die ständige Wiederholung von inhaltlich und formal falschen Aussagen hat glaube ich in der Zwischenzeit sogar dazu geführt, dass viele Soldaten und selbst viele MdB selbst daran glaube. Das macht es langsam sogar gefährlich…
Ich bin heute nicht so streng. Frau Bas spricht ja immerhin von „gerüstet sein“. Und da befindet sie sich im besten Einvernehmen mit Wilhelm Busch: „…bewaffnet, doch als Friedensheld.“
@KPK, 18:45h
https://www.bmvg.de/de/aktuelles/gruendungstag-der-bundeswehr/die-gruendung-der-bundeswehr-142028
OK, 1:0 für Sie.
In Bezug auf das abgewandelte Sprichwort: dies ergibt überhaupt keinen Sinn – wie will man sich für den Frieden rüsten? Und: wenn man für den Frieden gerüstet ist, wie verhält man sich dann bei einer Aggression?
Wer nicht konventionell bestehen kann braucht gleich Rekurs auf die nukleare Option oder er läßt den feindlichen Akt einfach geschehen.
Eine begrenze Aktion im Baltikum oder in der Ukraine kann das russische Militär auch ohne „Cyber“, da bringt das Lähmen von IT Infrastruktur nicht allzu viel, was Rußland bei uns ja ebenfalls kann. Zudem kann Rußland sich auch komplett vom WWW abkoppeln, dies wurde bereits geübt.
@ Koffer
„in der Zwischenzeit sogar dazu geführt, dass viele Soldaten und selbst viele MdB selbst daran glaube. “
Und auch Journalistinnen und Journalisten und das ist meiner Meinung nach noch problematischer, weil damit auch faktisch die sog. „vierte Gewalt“ ausfällt.
Die ständige, fortlaufende und unreflekierte Verwendung der Bezeichnung „Parlamentsarmee“ für deutsche Streitkräfte ist eine absolute Verbiegung des Parlamentsbeteiligungsgesetzes (siehe link). Es ist reine Lyrik und hilft auch nicht den Soldatinnen und Soldaten. Die fragen zuvörderst nach dem „Dienstherrn und IBUK“ und nicht nach der Bundestagspräsidentin. Wer den Antrag auf den Einsatz deutscher Streitkräfte außerhalb der bündnisgezogenen Landesverteidung nach den Bestimmungen des Parlamentsbeteiligungsgesetzes stellt und wer dem dann zustimmt, der hat zuerst Verantwortung.
Fehlt nur noch: „Nun siegt mal schön.“
Das wird doch nix.
@ allen „…muss für den Frieden gerüstet sein“. Wirklich – „…die Welt beschützen“ ?
@Josef König sagt: 12.11.2021 um 19:53 Uhr
„Die ständige, fortlaufende und unreflekierte Verwendung der Bezeichnung „Parlamentsarmee“ für deutsche Streitkräfte ist eine absolute Verbiegung des Parlamentsbeteiligungsgesetzes (siehe link). Es ist reine Lyrik und hilft auch nicht den Soldatinnen und Soldaten. Die fragen zuvörderst nach dem „Dienstherrn und IBUK“ und nicht nach der Bundestagspräsidentin.“
In der Tat, es verkennt die Aufgabenteilung zwischen Exekutive und Legislative, dramatisch und deutet in eine falsche Richtung.
Zumal damit auch eine weitere Verantwortungsdiffusion einhergeht. Als hätten wir davon mit Blick auf die Bw nicht schon genug.
Ich erinnere mich an gewisse Zeiten in AFG, als sich beide Seiten (Reg/BMVg und BT) quasi hinter der anderen versteckten nur um nicht politisch unattractive Entscheidung zur schärferen Bewaffnung treffen zu müssen. Die BReg/BMVg verschanzte sich hinter dem Mandat. Der BT verschanzte sich hinter dem nicht erfolgten Antrag der BReg…
@all
Link zum kompletten Text der Rede oben nachgetragen.
@Koffer
Es gibt keine Verantwortungsdiffusion. Die BReg legt das Mandat einschließlich ROE dem Parlament vor.
Wer damit nicht konform geht kann das Mandat ablehnen. Jeder Parlamentarier, der zustimmt, trägt das Mandat und die ROE mit. Und somit die Verantwortung.
Deshalb finde ich die Krokodilstränen bei Gefallenen / Verwundeten heuchlerisch. Dies gilt auch für die Ltg. des Hohen Hauses.
Nota:
Es gibt gem. GG kein imperatives Mandat. Jeder Parlamentarier muß sein Abstimmungsverhalten mit seiner Überzeugung und seien Gewissen ausmachen und sich ggü. dem Wahlbürger verantworten.
Insgesamt eine sehr schöne Rede Frau Bas! Aber die Scorpions sind mir dann doch ein Greuel.
@Thomas Melber sagt: 12.11.2021 um 23:26 Uhr
„Es gibt keine Verantwortungsdiffusion. Die BReg legt das Mandat einschließlich ROE dem Parlament vor.“
Die Theorie und die tatsächliche, öffentliche Diskussion der letzten Jahre klaffen hier auseinander.
Irgendwann Anfang der 2000′ er war es ja politischer Konsens das wir mittlerweile eine Vorwarnzeit von 10 Jahren haben. Wenn man die Krimkriese 2014 als Startpunkt nimmt läuft die Frist in etwas mehr als zwei Jahren ab….
#sind wir ab 2024 Abwehrbereit im Rahmen LV/BV?
#haben wir ab 2024 100% des Großgerätes auf dem Hof zu stehen?
#können wir ab 2024 schnell starke Kräfte an die NATO Ostflanke verlegen?
# werden wir ab 2024 genug Personal haben um durchhaltefähig gegen einen starken symmetrischen Gegner zu sein?
#haben wir ab 2024 genug Munition & Ersatzteile um ein Gefecht hoher Intensität länger als 72h führen zu können?
Solange diese Fragen nicht mit JA beantwortet werden können, schützt uns einzig und allein der Amerikanische Nuklearschild vor dem Untergang.
*Kämpfen können um nicht kämpfen zu müssen!!*
Jeder darf natürlich seine Meinung haben.
Aber wenn ich ein Kommentar von Kater K. lese:
„Um Frieden zu schaffen nehmen wir der Bundeswehr alle Waffen weg.“
Glauben solche Menschen allen ernstes, das dann der Weltfrieden ausbricht!?
Sind solche Menschen dann auch Bereit zu ssgen:
Schaffen wir alle Feuerwehren ab, dann gibt es keine Brände mehr!
Menschen sind in der Regel ein dummes Wesen.
Wenn es keine moderne Waffen gibt bewaffnet man sich eben wie im Mittelalter. Mit Steinen und bewirft seine Mitmenschen, will man alle Steine abschaffen?
Oder man bewaffnet sich mit Heugabeln und spielst seinen Mitmenschen auf.
Will ich alle Heugabeln vernichten?
Gott-sei Dank, steht die Mehrheit der Bevölkerung hinter der Bundeswehr.
Die Bundeswehr geniesst mehr Vertrauen in der Bevölkerung, wie so manche Behörden.
Und das ist auch gut so.
Richten sich denn die bundesdeutschen Polizeikräfte an Bedrohungen aus, um die übrige Bevölkerung zu schützen?
Die Aussage der Bundestagspräsidentin macht für mich nur wenig Sinn. Ich möchte hier aber nicht übermäßig kritisch sein.
Die Intention der Bundestagspräsidentin mag gut sein, aber allein die Aussage trägt m.E. nicht zur Klarstellung des Selbstverständnisses der Bundeswehr bei.
@Thomas Melber u. Koffer:
Die ROE werden nicht dem regulär Parlament vorgelegt. Wurde hier schon mehrfach besprochen.
Aber offenbar lässt sich die Legende nicht aus der Welt schaffen.
@ Thomas Melber
Das Konzept der Abschreckung funktioniert leider nicht in mehrere Richtungen. Aber das verstehen viele Menschen nicht.
Wir haben heute keine zwei Blöcke mehr wie früher, sondern mindestens drei.
Wenn ich aber zwei Feinde habe und jeden einzeln abschrecken könnte, weil ich auf einem gleich starken militärischen Niveau bin, ist meine Abschreckung wirkungslos, wenn sich diese zwei Feinde zusammentun.
Und das wird passieren. Und führt dann zu einer Aufrüstungsspitale, die eigentlich niemand möchte.
@allexm78
„Aber wenn ich ein Kommentar von Kater K. lese:
„Um Frieden zu schaffen nehmen wir der Bundeswehr alle Waffen weg.““
Wenn man den Zustand der Bw 1990 und 2020 vergleicht könnte man schon geneigt sein, eben dies als handlungsleitend anzunehmen. Übrigens wurde GG Art. 87a während dieser Zeit nicht geändert.
@Küstengang01
„Irgendwann Anfang der 2000′ er war es ja politischer Konsens das wir mittlerweile eine Vorwarnzeit von 10 Jahren haben.“
Da wir, ambitioniert wie wir sind, bereits 2032 für LV/BV aufgestellt sein werden (drei (3) Divisionen im Feldheer, davon eine (oder sogar zwei?) schwere!) beginnt die Vorwarnzeit in der Zukunft, in 2022.
@Memoria sagt: 13.11.2021 um 11:53 Uhr
„Die ROE werden nicht dem regulär Parlament vorgelegt. Wurde hier schon mehrfach besprochen.
Aber offenbar lässt sich die Legende nicht aus der Welt schaffen.“
1. richtig, so sollte es sein (bzw. nicht sein) und der BT hat auch offiziell gar keine Befugnis diesbezüglich, aber wie ich ja sagte, Theorie und Praxis…
2. wobei es langsam schlimmer wird, weil das Parlament langsam selbst an die Legenden glaubt, werden in der Zwischenzeit sogar schon eingestufte OP-Pläne an den BZ übermittelt!
@Der Realist sagt: 13.11.2021 um 12:10 Uhr
„Das Konzept der Abschreckung funktioniert leider nicht in mehrere Richtungen. Aber das verstehen viele Menschen nicht.“
Sorry , aber das ist fachlich einfach falsch. Natürlich funktioniert Absvhreckung auch in einer multipolaren Welt. Solange sie einem potentiellen Gegner unabhängig vom Ausgang des eigentlich Konflikts einen Grad an Zerstörung als Vergeltung glaubwürdig androhen können, der seine politische, wirtschaftliche oder militärische Schmerzgrenze überschreitet ist es vollkommen egal ob sie Blöcke oder mehrere einzelne oder alliierte Gegner haben.
Ein größeres Problem sind heutzutage eher hybride, klandestine, halbstaatliche oä Attacken…
„Der Realist sagt: 13.11.2021 um 12:10 Uhr
Wenn ich aber zwei Feinde habe und jeden einzeln abschrecken könnte, weil ich auf einem gleich starken militärischen Niveau bin, ist meine Abschreckung wirkungslos, wenn sich diese zwei Feinde zusammentun.
Und das wird passieren. “
Das wird nicht passieren. Das ist schon seit ein paar Jahren so.
China und Russland haben das zwar nicht offiziell gemacht; de fakto ist es aber so, daß es eine „Aufgabenteilung“ gibt. Russland im Westen Asiens. China im Osten. Und deren Satelliten-Staaten machen fleißig mit, wohl wissen, daß die USA dem nichts entgegenzusetzen haben.
Und die Europäer erst recht nicht.
@ Koffer
Sie kennen mit Sicherheit den Spruch: „Der Feind meines Feindes ist mein Freund“.
Wenn wir nun annehmen, dass wir gemeinsam mit den USA zwar Russland ODER China abschrecken können, können wir wohl auch davon ausgehen, dass wir das nicht mehr könnten, sobald diese beiden „Feinde“ sich zusammenschließen.
Diese potentielle Gefahr gab es früher nicht. Jetzt aber schon.
Ihre am Ende genannten Beispiele sind auch richtig. Aber auch dort hilft Abschreckung nicht. Die Erfolgsgeschichte der USA in solchen Konflikten ist ja eher überschaubar…
@Koffer:
Es ist aber weder in der Theorie noch in der Praxis mit Blick auf Afghanistan der Fall gewesen, dass die Bundesregierung Themen wie ROE offen und transparent mit dem Bundestag diskutiert hat. Das Gegenteil war der Fall.
@ Trevor Faith
Ja, nur nicht mit dieser Schlagkraft, die diese beiden Länder zusammen besitzen.
@Der Realist sagt: 13.11.2021 um 16:56 Uhr
„Wenn wir nun annehmen, dass wir gemeinsam mit den USA zwar Russland ODER China abschrecken können, können wir wohl auch davon ausgehen, dass wir das nicht mehr könnten, sobald diese beiden „Feinde“ sich zusammenschließen.“
Abschreckung ist nicht das gleiche wie die glaubewürdige Möglichkeit zum Sieg.
Abschreckung ist die Androhung von ausreichender Zerstörung, dass man zumindest (!) soviel Schaden beim Angreifer anrichten kann, dass es ein vergifteter Sieg ist.
Deswegen funktioniert Abschreckung auch in einer Multipolaren Welt unverändert. Wenn die NATO in der Lage ist bei jedem Angreifer oder jeder Kombination von Angreifern ausreichend Schaden anzurichten, spielt es keine Rolle ob RUS und CHN sich verbünden.
Und das ist der Fall solange die NATO stark erscheint (und noch besser es auch ist UND so erscheint, das letztere ist aber tatsächlich wichtiger als das erstere, denn Abschreckung ist ja genau das).
„Ihre am Ende genannten Beispiele sind auch richtig. Aber auch dort hilft Abschreckung nicht.“
Ja und nein. Sie funktioniert, nur ist die viel schwieriger umzusetzen, deswegen muss man hier mehr Energie in das Durchdenken der eigenen „Grand Strategy“ aufbringen (etwas was bei DEU leider ernsthaft zu bezweifeln ist).
@Memoria sagt: 13.11.2021 um 18:30 Uhr
„Es ist aber weder in der Theorie noch in der Praxis mit Blick auf Afghanistan der Fall gewesen, dass die Bundesregierung Themen wie ROE offen und transparent mit dem Bundestag diskutiert hat. Das Gegenteil war der Fall.“
Sagte ich doch: Verantwortungsdiffusion! Die eine Seite hat sich jeweils hinter der anderen versteckt!
„Und das wird passieren. Und führt dann zu einer Aufrüstungsspitale, die eigentlich niemand möchte.“
Völlig richtig und auch korrekte Einschätzung des Abschreckungsmechanismus.
@Koffer
„Solange sie einem potentiellen Gegner unabhängig vom Ausgang des eigentlich Konflikts einen Grad an Zerstörung als Vergeltung glaubwürdig androhen können,“
Sie reden jetzt ja von Nuklearwaffen.
Klar, damit kann eigentlich jeder Atomwaffenstaat mit genügend ICBM jeden anderen Staat abschrecken.
Aber die konventionelle Abschreckung funktioniert eben schon wie @Realist beschrieben hat.
Denn nach ihrer Definition kann das niemand mehr gegenseitig (auf die großen Bündnisse und Staaten bezogen).
Früher konnte man eben alles rote zählen und alles blaue und gegeneinander aufwiegen und es gab fast keinen Rest an Farben mehr auf der Erde.
Da hat der Plan geklappt.
Heute versucht man das zusammenzählen ja auch noch bei der NATO, wobei schon hier nicht mehr alles blau auch wirklich blau ist (siehe Türkei). Die Farbnuancen sind vielfältiger im Vergleich zum Kalten Krieg geworden.
Bei der Farbe Rot ist es noch fast wie „früher“, aber jetzt gesellen sich eben noch mehr Farben dazu und wie Realist schrieb wird es irgendwann in der Zukunft eine Vermischung der Farben geben und wieder auf nur 2 Farben hinauslaufen (mit ihren Schattierungen).
Bis dahin funktioniert die Abschreckung aber nur bedingt.
Denn wie wollen sie als eine Farbe denn zahlenmäßig gegen mehrere „Farben“ gleichzeitig ankommen? Das schafft momentan niemand und deshalb ist eine Aufrüstungsspirale in greifbarer Nähe. Oder, das ist aber unrealistisch in naher Zukunft, alle Farben aus der großen Farbpalette vermischen sich wieder nur zu 2 Farben
(gut/böse, weiß/schwarz/, rot/blau oder wie auch immer die dann heißen).
Es gibt im Moment halt keine einfache geteilte Welt wie vor Jahrzehnten. Selbst in China und Russland herrscht der Kapitalismus. Das war zumindest früher der Anknüpfungspunkt.
Jetzt könnte man mit Demokratie und/oder Menschenrechten kommen, aber auch hier gibt es zu starke Nunancen, selbst innerhalb der einzelnen Farben.
Deshalb funktioniert das Konzept der Abschreckung nicht oder nur theoretisch, wenn ein Lager (eine Farbe) gegen den Rest der Welt abschrecken könnte (nach ihrer Theorie mit dem Grad der Zerstörung usw.).
Das schafft aber momentan und in naher Zukunft kein Lager.
Selbst wenn man die NATO als geschlossen betrachtet (was sie nicht ist) und als 1 Farbe zählt und Russland als 1 Farbe und China inkl. Nordkorea als 1 Farbe.
Dann haben diese 3 Farben heute 0 Abschreckungspotenzial im konventionellen Bereich untereinander – weil keine der Farben alleine für sich gegen beide (!) Farben bestehen kann. Und das müssten sie im Zweifel, weil sich IMMER 2 Farben im konkreten Fall eines Krieges zusammenschließen würden und dann zu groß wären für die eine andere Farbe.
Aber es gibt momentan ja noch mehr Farben (gewichtige Staaten) auf der Erde, deren Ambitionen eben nicht so klar sind.
Im übrigen ist das im Lauf der Menschheitsgeschichte schon mehrmals passiert – das letzte mal im 2. WK mit der Farbe „Achsenmächte“ und der Mischfarbe „Alliierte“. Diese Mischfarbe war vor dem Krieg auch nur ein großes Blau und ein großes Rot (und kleinere andere Farben) und diese vermischten sich gegen einen gemeinsamen Feind nur um kurz danach wieder eigene Wege zu gehen.
„de fakto ist es aber so, daß es eine „Aufgabenteilung“ gibt. Russland im Westen Asiens. China im Osten.“
Ihre These lässt sich ganz einfach widerlegen:
Wenn dem so wäre, dann würde Russland keine Rüstungsvereinbarungen mit Indien treffen.
Dann würde China keine Marinestützpunkte oder andere Interessensprojekte westlich des Indischen Ozeans verfolgen.
Wenn dem so wäre, dann gäbe es keinen „Zank“ zwischen Russland und China und DEN gibt es auf vielen Ebenen.
Was nicht bedeutet, dass es nicht doch irgenwelche Absprachen und gemeinsame Interessen gibt.
Auch die USA haben z. B. mit Saudi-Arabien gemeinsame Interessen und ziehen manchmal am gleichen Strang, während sie sich in anderen Punkte mit Sicherheit nicht über den Weg trauen und gegensätzliche Interessen haben.
So ähnlich verhält sich das Thema Russland und China.
@Tom Cruise sagt: 13.11.2021 um 20:34 Uhr
„Sie reden jetzt ja von Nuklearwaffen.“
Nein. Ich rede AUCH von Nuklearwaffen. Wie Sie aus meinen Darlegungen erkennen können, habe ich bewusst den Begriff bisher nicht verwendet. Denn Nuklearwaffen sind in der Tat ein wirksames Mittel der Abschreckung, aber beim besten Willen nicht das einzige.
Die Theorie der Abschreckung basiert, und das habe ich ja schon weiter erläutert auf dem Potential, entweder sich praktisch tatsächlich erfolgreich verteidigen zu können ODER aber zumindest den Sieg des Gegner so teuer zu machen, so schmerzhaft, so opferreich, dass er nicht ohne zwingenden Grund gesucht wird. Das funktioniert natürlich nur bei rational denkenden, Gegnern, aber das ist bei RUS und CHN der Fall, deswegen ist es vollkommen irrelevant ob wir in einer bi- oder einer multipolaren Welt leben, solange die NATO glaubwürdiges (!) Vergeltungspotential hat (konventionell, nuklear, Cyber, ökonomisch, oder was auch immer), funktioniert Abschreckung.
Das Konzept funktioniert nicht gegen Terroristen o.ä., aber das war ja auch nicht die Ausgangsthese von @Der Realist .
Wir haben derzeit andere Probleme, nämlich a) ist die NATO noch glaubwürdig und b) ist das Vernichtungspotential jenseits von Nuklearwaffen noch groß genug.
Aber das wirklich gar nichts mit multipolarer Weltordnung zu tun.
Abschreckung ist in DEU für viele ein unvertrautes Konzept, aber in anderen Ländern ziemlich gut wissenschaftlich untersucht und entfaltet als auch militär-doktrinär hinterlegt. Nur weil wir in DEU glauben nicht mitzuspielen im neuen „Großen Spiel“ heisst das nicht, dass wir nicht teil des Spiels sind.
@ Tom Cruise
Toller Beitrag!
„Aber das wirklich gar nichts mit multipolarer Weltordnung zu tun.“
Doch.
Gerade deshalb ist es in einer multipolaren Weltordnung sehr schwierig eine Abschreckung aufzubauen.
Wenn also Land A gegen Land B theoretisch keinen Krieg führen kann, weil es die eigene Vernichtung von seitens Land B fürchten muss oder der Sieg gegen Land B für Land A zu schmerzhaft/opferreich/teuer sein wird,
DANN
wird Land A einfach Land C mit ins Boot holen und schon muss Land B seine Kräfte aufteilen.
Denn Land B wird niemals seine gesamte Anstrengung nur gegen Land A richten und die Truppen von Land C ziehen lassen, sondern eben auch einen großen Teil seiner Kräfte gegen Land C einsetzen und schon ist der Schaden (Opfer, Kosten, Schmerz) für Land A um einen großen Teil gesunken und die Abschreckung funktioniert nicht.
Weil in einer richtigen multipolaren Welt (also mit mehr als 2 großen Blöcken – da sind wir momentan) diese Option immer gegeben ist, funktioniert die konventionelle Abschreckung nicht mehr. (Die Option ist die Möglichkeit, dass sich während einer Aggression die vorhandenen 3 oder mehr Blöcke zu nur 2 Blöcken zusammenschließen. Ich rede hier natürlich von Blöcken mit nenneswert hinterlegten Militärpotenzial. Irgendwelche Kleinländer, die sich neutral verhalten oder sich nicht entscheiden für einen Block sind irrelevant.)
Die konventionelle Abschreckung funktioniert dann nur, wenn die konventionelle Summe eines Blocks so groß oder annähernd so groß ist wie die Summe der anderen Blöcke zusammen. Das ist aber nicht der Fall und wird auch nie der Fall sein, denn bevor das passiert werden die anderen Blöcke aufrüsten. Rüstungsspirale.
@Koffer: Viel Zustimmung. Kurzer Zwischenruf einer Arbeitsthese zu „Das Konzept funktioniert nicht gegen Terroristen o.ä.“
Ist Terrorismus z.T nicht auch Folge erfolgreicher Abschreckung?
@Tom Cruise sagt: 14.11.2021 um 13:43 Uhr
„Die konventionelle Abschreckung funktioniert dann nur, wenn die konventionelle Summe eines Blocks so groß oder annähernd so groß ist wie die Summe der anderen Blöcke zusammen.“
Sorry, ich will Ihnen nicht zu nahe treten, aber das ist NICHT das Konzept der Abschreckung. Das ist das Konzept konventioneller Verteidigung! Bei der Abschreckung ist es überhaupt nicht notwendig sich auch tatsächlich erfolgreich verteidigen zu können.
Es ist lediglich notwendig ein ausreichend großes Vergeltungs/Zerstörungs/Schädigungspotential glaubwürdig androhen zu können. Und das können sie selbstverständlich auch in einer multipolaren Welt.
Ganz im Gegenteil! In den von Ihnen geschilderten Allianzen-Szenaren, ist Abschreckung sogar noch einfacher, weil man um die Allianz abschrecken zu können, sogar nur Zerstörungs-/Vergeltungs-/Schädigungs-Potential für einen Teil der Allianz aufbringen muss. Dieser ist durch diese Gefahr dann selbst daran interessiert sich nicht von der Allianz in den Strudel reiße zu lassen.
@AoR sagt: 14.11.2021 um 20:10 Uhr
„Ist Terrorismus z.T nicht auch Folge erfolgreicher Abschreckung?“
Ja und nein. Manchmal. Das hängt davon ab, ob es staatlich organisierter/geförderter Terrorismus ist. Selbstständiger Terror (religiös oder politisch) ist durch Abschreckung nicht betroffen, da er sich einem höheren Ziel verantwortlich fühlt und deswegen das Zerstörungs-/Vergeltung-/Schädigungspotential kein Bedrohung darstellt. Um es einfach zu sagen: wer das Paradies vor Augen hat, dem ist der Tod ja gerade egal.
Und beim staatlich geförderten Terrorismus funktioniert Abschreckung dann nicht, wenn er subversiv gefördert wird. Aber das geht jetzt schon sehr ins Detail. Da müsste ich noch weiter ausholen um hier die feinen Verästelungen der Abschreckungstheorie darzustellen und das wird dann langsam OT ;)
Bitte nicht über diese freie Interpretation der alten Römer aufregen. Sun Tzu sagt nichts wesentlich anderes als Frau Bas, wenn er meint:
Ich denke nicht, dass Frau Bas die zweite, unterschwellige Bedeutung des ganzen gemeint hat, nämlich die Fähigkeit, dem Gegner auch ohne erklärten Krieg zu schaden, bzw. ihm seine Fähigkeit zum Kampf zu nehmen.
Russland und China betreiben diese „Krieg im Frieden“-Strategie in der Tat schon seit einigen Jahren. Ich bin einigermaßen sicher, dass einige NATO-Staaten das auch tun. Bei unserer Bundeswehr bin ich mir da nicht so sicher. Wir fangen da erst an. Das würde aber auch nicht zu meinem moralischen Verständnis von Streitkräften passen. Das ist eher was für die Schlapphüte. Aber selbst Sun Tzu zitiert einerseits das moralische Gesetz als einen der fünf Faktoren für die Kriegskunst und hat andererseits viel Raum für die Täuschung des Feindes, das Verschleiern der eigenen Fähigkeiten und letztlich auch dem Gebrauch von Spionen ein ganzes eigenes Kapitel eingeräumt.
„Wer den Frieden will, muss für den Frieden gerüstet sein“
Hoffen wir mal, dass dieser Spruch lediglich das „Mindset“ des Redenschreibers und der Mitprüfenden der Rede im Umfeld von Bärbel reflektiert und nicht bereits innerhalb der neuen Regierung abgestimmt und mitgeprüft wurden. Denn für „den Frieden“ sind wir eigentlich viel zu gross und zu kämpferisch aufgestellt. „Frieden“ geht mit weit weniger Kräften und Fähigkeiten auch gut.
Ich finde es allerdings interessant wie sie es schafft die eigentlich Aufgabe von Soldaten „kill people and break things“ in „Wir müssen gemeinsame Sicherheit nicht nur denken, sondern sie auch gemeinsam realisieren“ umzuschreiben.
Insgesamt nette Rede mit interessanten politischen Statements.
Sorry liebe Leute.
Optimistisch sein und mit Fähigkeiten „drohen“, die wir in 10 Jahren haben könnten, stimmt mich traurig.
Bevor wir auf dem Stand sind, wo wir sein wollen, besser gesagt, wo wir sein sollten, taucht eher ein russisches oder chinesisches Atom-U-Boot im Genfersee auf.
Da wollte die friedensbewegte Sozialdemokratin bestimmt mal „intellektuell einen raushauen“. Kommt natürlich nichts bei raus, wenn man in der Sache nicht weiss, worüber man redet. Denn entweder hat sie das lateinische Originalsprichwort „Si vis pacem para bellum“ sprachlich vermurkst. Dann ist es einfach nur intellektuell peinlich. Oder aber sie wollte das Sprichwort „weiterentwickeln“ … DANN jedoch ist es GRÜNDLICH „in die Hose gegangen“. Denn in DIESER Form ist es in der Sache absoluter Quatsch.
Um friedfertig zu sein, muss man KÄMPFEN KÖNNEN. Nur dann kann man sich dafür entscheiden, nicht kämpfen zu WOLLEN. Wenn man hingegen gar nicht erst KÄMPFEN KANN, dann ist man nicht friedfertig, sondern HARMLOS … und das ist ein HIMMELWEITER Unterschied.
Achso, mit großem Latinum kann ich da mitreden. Das Zitat „wer Frieden will, der bereitet den Krieg“ ist im historischen Zusammenhang so zu verstehen, dass Rom Frieden nur unter der Bedingung eigener absoluter Dominanz anerkennt.
Es geht also um die Friedensdefinition eines auf Krieg gemünzten Imperiums. So bei Flavius nachzulesen.
Nicht zitiert aber der Argumentation des Römers folgend, z.B Ronald Reagan und entsprechende Doktrin im Kalten Krieg: „You can have peace at and second: Surrender!“
Die Frau Bundestagspräsidentin Bärbel Bas zitiert hier, den eingeschränkten Wahrnehmungsraum und „googlevermögen“ manch pöbelnder Mitkommentatoren unterstreichend, aber John Noble:
„if you wish for peace, prepare for peace“
Alles nachzuvollziehen unter https://de.m.wikipedia.org/wiki/Si_vis_pacem_para_bellum, denn so Noble:
„Friede sowohl in inner- als auch in zwischenstaatlicher Hinsicht sollte verstanden werden als ein gewaltfreier und auf die Verhütung von Gewaltanwendung gerichteter politischer Prozeß, in dem durch Verständigungen und Kompromisse solche Bedingungen des Zusammenlebens von gesellschaftlichen Gruppen bzw. von Staaten und Völkern geschaffen werden, die nicht ihre Existenz gefährden und nicht das Gerechtigkeitsempfinden oder die Lebensinteressen einzelner oder mehrerer von ihnen so schwerwiegend verletzen, daß sie nach Erschöpfung aller friedlichen Abhilfeverfahren Gewalt anwenden zu müssen glauben. Um Frieden zu erreichen, sind deshalb anhaltende Bemühungen um Rechtsstaatlichkeit, Erwartungsverläßlichkeit, ökonomischen Ausgleich und Empathie erforderlich.“
Anbei: Den Begriff den einige Kommentatoren umschreiben ist das Platonische Parabellum, der schlicht auf die Notwendigkeit hinweist, dass Bürger sich regelmäßig mit Wehrüben befassen sollen um eine generelle Verteidigungsfähigkeit darzustellen.
So, Parlamentsarmee auch wenn Instrument der Exekutive…
Es haette gereicht, den am Anfang der Bas-Rede gesetzten Punkt zum Gruendungsimpetus der Bw nicht weiter zu modifizieren:
„Die Mehrheit im Deutschen Bundestag fand: Es ist klug, für einen Krieg gerüstet zu sein, um den Frieden zu schützen.“
Alles andere ist doch wieder das uebliche „Es allen recht machen wollen“. Gut und schoen, aber missverstaendlich und, wie so oft in Deutschland in Sachen oeffentlicher Wuerdigung der Streitkraefte, historisch kurzsichtig und irgendwie, zumindest in meinen Augen, peinlich verkrampft zwischen „Danke, Danke, Danke, liebe Soldat*Innen, wir stehen in Ihrer Schuld“ und „Aber bitte nicht zu sehr auf Militaer machen, ja?“ oszillierend. Der groesste Kracher ins Kontor ist aber die deutsche Strategie-Erbsuende in neuer Form: Afghanistan = Politisch gescheitert, militaerisch gewonnen. Das ist „Im Felde unbesiegt“ fuer Arme. Wer Politik und das militaerische Instrument der Macht nicht zusammen denken kann, ist strategisch verloren. Frau Bas ist eine wackere Sozialdemokratin und sicherlich eine verdiente Parlamentarierin, aber sie ist offenkundig noch dabei, in die Rolle als protokolarisch-symbolisch zweithoechste Repraesentantin des Staates hinein zu wachsen. Hoffentlich geht es zuegig voran dabei. Das ist sie dem deutschen Volke schuldig, nicht den deutschen Streitkraeften.
@Koffer
„ein ausreichend großes Vergeltungs/Zerstörungs/Schädigungspotential glaubwürdig androhen zu können“
Ich glaube hier ist unser Unterschied erkennbar in der Interpretation der gegenwärtigen Lage.
Meiner Meinung nach (Nuklearwaffen ausgenommen) kann keine Allianz oder Einzelstaat dieses Potential glaubwürdig androhen.
Die NATO zum Beispiel kann zwar viel konventionell auffahren, würde aber damit (meine Meinung) nicht „viel“ Schaden oder Zerstörung bei Russland oder China anrichten.
Sie gehen ja davon aus, dass die gesamte Power der konventionellen Streitkräfte ungehindert durchkommt und Schaden anrichten könnte.
Sehe ich nicht so und glaube eher, dass die gegnerischen Streitkräfte die NATO Streitkräfte zum Teil zerlegen würden, bevor sie überhaupt wirken können. Den Schaden, den der NATO-Rest dann zufügen kann, ist nicht mehr abschreckungswürdig.
Das wäre aber im umgedrehten Fall auch so, also wenn Russland die NATO angreift.
Deshalb ist das Vergeltungs/Zerstörungs/Schädigungspotential so stark abhängig von der Summe der konventionellen Power.
Wenn die Summen ungefähr gleich sind (oder besser formuliert: die Streitkräfte sich ebenbürtig sind), besteht eine Abschreckung weil man einen Patt hat.
Es kommt bei beiden gleich viel durch oder nicht durch und jeder Panzer mehr auf einer Seite würde den Schaden erhöhen und damit besteht einmal eine Aufrüstungsspirale (die keiner wirklich will) oder eben eine Einsicht, dass ein Krieg nicht aussichtsreich ist. Aber eher aus dem Grund, weil während des Krieges jeder Block weiter Streitkräfte produzieren würde und jeder Block mal hier Raumgewinn hätte und mal dort Raumverlust (mit den Zerstörungen dieses Raumes natürlich). Denn die Streitkräfte waren vor Kriegseintritt ebenbürtig (Summe) und wären während des Krieges auch ebenbürtig (ähnliche wirtschaftsstarke Blöcke und Möglichkeit zur Kriegsproduktion) und kein Block könnte überall den Angriffswellen gleichzeitig standhalten. Jeder Block würde mal hier oder mal dort seine Truppen verstärken und auch mal durchkommen. Dann wieder an anderen Stellen Raumverluste einfahren. Eine Art Endloskrieg oder sogar ein Stellungskrieg wäre die Folge.
Die Abschreckung wirkt nicht durch das Schädigungspotential, sondern durch die Möglichkeit eines langen Krieges und den will niemand, weil man einen Krieg nur gewinnen kann, wenn man militärisch siegen kann. Das ist bei den gegenwärtigen Blöcken (Nuklearwaffen ausgenommen) aber nur schwer vorstellbar. Der Krieg würde vielleicht sogar Jahrzehnte dauern und das ist die Abschreckung. Nicht das Zerstörungspotential, welches die momentanen Streitkräfte dem Gegner zufügen kann, sondern die Dauer und Entbehrung, die ein Krieg dann mit sich bringt und damit auch Kosten oder entgangene Gewinne.
Wenn die Summen gleich sind, kann aber auch eine Aufrüstungsspirale stattfinden.
Eben um die eigene Summe zu erhöhen und damit dem Gegner überlegen zu sein. Durch Aufklärung weiß der Gegener das dann aber auch in der Regel und erhöht seine Summe. Spirale.
Die Aufrüstungsspirale kann aber umgangen werden:
Man beschließt nach Kriegseintritt eine Allianz mit einem weiteren unabhängigen Block, der vorher eben nicht in die Summe gezählt wurde.
Diese Allianz ist aber im Vorfeld schon als Gedanke im Kopf und deshalb gibt es keine Abschreckungswirkung der gegnerischen Streitkräfte.
Gleichzeitig existiert diese Allianz aber eben vor Krieg noch nicht und deshalb zählen sich die Blöcke einzeln (die Summe) und deshalb sind dieses Blöcke gegenseitig fast immer ebenbürtig oder versuchen ebenbürtig zu werden. Denn jeder einzelne Block muss die ähnliche Summe haben wie die anderen Blöcke.
Das ist das Kernproblem.
@J10: Ich denke wir tun Frau Bas unrecht. Den Nobleschen Friedensbegriff zugrunde liegend verortet die Bundestagspräsidentin die Rolle der Bundeswehr da, wo in der Diplomatie alle Stricke gerissen sind. Sie steht damit im Einklang mit dem Grundgesetz und allen Mandaten der Bundeswehr unabhängig der Partei, welche das Mandat stellt.
Die Debatte zu welcher sie auffordert ist doch auch die Frage, was für Befähigungen benötigt werden, so dass die BW den Auftrag erfüllen kann, welcher Eintritt, sollten alle Stricke reißen.
Und da fällt mir eben ein, dass zum Beispiel in Balearus die Armee Migranten über die Grenze nach Polen prügelt, sollten die zurück wollen. Polen überlegt sich, die NATO einzuschalten und die Bundeskanzlerin hat Herrn Putin um Vermittlung gebeten.
So an den Haaren herbei gezogen, was wenn alle Stricke im Nobelschen Sinne reißen? Oder in Mali, … #fillthegap
@Tom Cruise
„Es gibt im Moment halt keine einfache geteilte Welt wie vor Jahrzehnten. Selbst in China und Russland herrscht der Kapitalismus. Das war zumindest früher der Anknüpfungspunkt.“
Doch es gibt eine einfach geteilte Welt:
Auf der einen Seite stehen Demokratien, die an Menschenrechte glauben und versuchen diese in der Tagespolitik umzusetzen und dann gibt es Länder, die sich davon bedroht und vom Westen überfahren fühlen. Bei den Erstgenannten schließe ich ausdrücklich Polen und Ungarn (und wahrscheinlich einige andere) ein. Die wollen bloß nicht von Brüssel bevormundet werden, nach sie die Bevormundung Moskaus abgeschüttelt haben. Dort fühlt man sich vom Tempo des Wandels überfordert.
@Tom Cruise
„Das wäre aber im umgedrehten Fall auch so, also wenn Russland die NATO angreift.“
Das übliche: Zeit, Raum, Kräfte. Wie weit käme RUS mit seinen Luftlandetruppen und SpezKr und Kräften aus Kaliningrad in z.B. 72h bevor die NATO robust reagiert?
@Tom Cruise sagt: 15.11.2021 um 13:46 Uhr
„Ich glaube hier ist unser Unterschied erkennbar in der Interpretation der gegenwärtigen Lage.
Meiner Meinung nach (Nuklearwaffen ausgenommen) kann keine Allianz oder Einzelstaat dieses Potential glaubwürdig androhen.“
Ich stimme Ihnen ausdrücklich nicht zu. Abschreckung ist nicht nur konventionell oder nuklear. Cyber, Wirtschaft/Sanktionen, Finanzinstrumente, Handelswege etc. etc. all das kommt mit zu Abschreckung hinzu und da hat die NATO sowohl ggü. RUS als auch ggü. CHN erhebliches „Vergeltungspotential“. Und das nukleare ist ja immer noch da…