Der letzte US-Drohnenangriff in Kabul: Ahnungslos auf den Falschen

Kurz vor dem endgültigen Abzug aus Kabul und dem Ende der militärischen Evakuierungsoperation haben die USA in der afghanischen Hauptstadt einen Drohnenangriff auf einen angeblichen Selbstmordattentäter geflogen. Nach Recherchen der New York Times trafen schlampige Aufklärungsarbeit und der Wille zum Zuschlagen einen Unschuldigen.

Die Recherche-Ergebnisse der Zeitung zeigenvor allem eines: Das US-Militär verließ sich auf eine ungenügende Einschätzung und mangelhafte Informationen und interpretierte allein das Verhaltensmuster einer Person als Beleg dafür, dass es sich um einen Selbstmordattentäter des Islamischen Staats handeln könnte. Mit einer Hellfire-Rakete wurde dann ein Mitarbeiter einer Hilfsorganisation getötet, dessen Bewegungen in der Stadt – in einem weißen Toyota, mit großen Wasserkanistern – den Drohnen-Operateure als Grund für einen Angriff reichte.

Das entscheidende Rechercheergebnis der New York Times:

Our reporting concludes that the U.S. military struck a car parked inside a multi-family home in Kabul without knowing who the driver was, what he did for a living or where he lived. Fearing an attack, they interpreted an average day in his life as the behavior of a terrorist.

Im Hinblick auf die deutsche Debatte über bewaffnete Drohnen, für die dieser Vorfall sicherlich eine Rolle spielen wird, ein Hinweis: Der Angriff sagt weniger über die verwendete militärische Technik, also die Drohne, sondern mehr über Aufklärungsarbeit und die schnelle Bereitschaft eines überforderten – oder ängstlichen – militärischen Apparates zum tödlichen Angriff außerhalb von Kriegshandlungen gegen Zivilisten. Wäre der tödliche Schlag von einem Hubschrauber, einem Jet oder vom Boden abgefeuert worden, wäre das Ergebnis das gleiche gewesen.

Die Visual Story der New York Times im verlinkten Video oben und auf der Webseite hier; darüber hinaus hat das Blatt die Ergebnisse in einem Twitter-Thread zusammengefasst. Zur Dokumentation: