Zurück an die Arbeit. (Und: Was bisher geschah.)
Es war schon eine längere Urlaubspause, die ich mir diesmal gegönnt habe, und es wird langsam Zeit, wieder an die Arbeit zu gehen… Allerdings: Aus sicherheitspolitischer (deutscher) Sicht ist in den vergangenen Wochen so viel nicht passiert – und ehe es einen Aufschrei gibt: Der Einsatz der Bundeswehr im Hochwasser ist ein wichtiges, aber nur am Rande ein sicherheitspolitisches Ereignis. Dennoch, auf der Liste, was im Juli geschah, stehen einige Punkte, die ich – sicherlich unvollständig – mal versuche aufzuzählen:
• Das am stärksten öffentlich wahrgenommene Ereignis im Zusammenhang mit der Bundeswehr war sicherlich die Hochwasserkatastrophe im Westen Deutschlands und die Amtshilfe der Streitkräfte. Dazu wird’s sicherlich noch mehr aufzuarbeiten geben – nicht zuletzt bei der Frage, wie die große Hilfeleistung der Soldatinnen und Soldaten zunächst in der Coronavirus-Pandemie und dann nach dem Hochwasser das öffentliche Bild der Bundeswehr beeinflusst hat. Und ob das so eigentlich im Sinne von Streitkräften sein kann – Stichwort: wofür hat ein Staat Soldaten und was ist der Unterschied zum Katastrophenschutz?
Als Material dazu der Tagesbefehl des Nationalen Territorialen Befehlshabers und Inspekteurs der Streitkräftebasis, Generalleutnant Martin Schelleis, vom 21. Juli:
https://web.archive.org/web/20210721101621/https://www.bundeswehr.de/resource/blob/5202484/aec1b2c5240e30dd9047868028bc21d9/download-tagesbefehl-natterrbefh-data.pdf
und ein Video der Bundeswehr-Hilfe mit der interessanten Aussage zum Dornröschenschlaf des Materials:
https://youtu.be/LWiClsGVL1w
Auch das gehört dazu: am (gestrigen) Donnerstag hat die Luftwaffe mit Eurofightern des Taktischen Luftwaffengeschwaders 31 Luftaufnahmen von den Überschwemmungsgebieten gemacht, nachdem zuvor schon Tornados des Taktischen Luftwaffengeschwaders 51 und die Open Skies-Maschine Airbus A319 dafür im Einsatz waren.
Das Neue daran: damit wurden die Eurofighter in der Recce-(Aufklärungsrolle) zum ersten Mal außerhalb von Übungen eingesetzt, ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg, diese Jets als Aufklärungsmittel zu etablieren. Die Luftwaffe hatte ja ursprünglich geplant, im vergangenen Jahr in der Anti-ISIS-Koalition die Eurofighter mit dem Aufklärungspod in Jordanien zu stationieren, als die Tornados abgezogen wurden – allerdings hatte der Koalitionspartner SPD damals durchgesetzt, dass es keine weiteren Aufklärungsmaschinen in dieser Mission gab.
(Mehr zum Hochwassereinsatz sicherlich auch in den nächsten Tagen nach Entwicklung)
• Nach dem Ende der Mission in Afghanistan ist Mali und die Sahel-Zone mit gleich zwei – je nach Lesart: drei – Einsätzen der insgesamt größte Auslandseinsatz der Bundeswehr (und dennnoch, aus meiner Sicht, in der öffentlichen Wahrnehmung weit geringer präsent als der Afghanistan-Einsatz). Ein paar Merkposten dazu:
– Mitte Juli hat das Verteidigungsministerium einen Zwischenbericht zu dem Anschlag auf eine deutsche UN-Patrouille in Mali am 25. Juni vorgelegt, eine bemerkenswerte Aussage: Es gab offensichtlich keine Versuche, den Selbstmordattentäter mit Schüssen zu stoppen. Dazu ein gesonderter Eintrag.
– Die EU-Trainingsmission in Mali (EUTM Mali) steht erneut unter deutscher Führung; am 7. Juli übernahm Brigadegeneral Jochen Deuer das Kommando der Ausbildungsmission.
– In Tillia in Niger wurde Mitte Juli ein wesentlich von Deutschland finanziertes Trainingszentrum für Spezialkräfte im Kampf gegen (islamistischen) Terrorismus in Betrieb genommen. Der deutsche Botschafter in Niamey, Hermann Nicolai, bezeichnete das Zentrum als Leuchtturmprojekt. Bereits seit Jahren bilden Kampfschwimmer der Bundeswehr in Niger Spezialkräfte des Landes aus; die Operation Gazelle wurde zwar formal – im Bundestagsmandat – der Mission EUTM Mali zugeordnet, wird aber direkt aus Brüssel gesteuert und nicht von der EUTM-Führung.
(Randbemerkung für die Älteren: Nicolai dürften manche kennen, er war für das Auswärtige Amt unter anderem ziviler Co-Chef des PRT Kunduz…)
– Die Blauhelmmission MINUSMA in Mali könnte nach den Vorstellungen des UN-Generalsekretärs noch personell aufgestockt werden (da muss ich mal nach dem neuesten Stand gucken).
• Auch wenn der deutsche Einsatz in Afghanistan und ebenso die NATO-Mission Resolute Support beendet ist: Das Thema ist noch lange nicht durch. Das gilt für die weiterhin rasant schlechtere Sicherheitslage am Hindukusch und die zunehmende Kontrolle weiter Landesteile durch die Taliban ebenso wie für die Aufarbeitung in Deutschland. Schon das Thema Aufnahme von Ortskräften, wer darunter fällt, was dafür getan werden muss, ist noch lange nicht geklärt; wie dieser Jahrzehnte lange Einsatz in Deutschland aufgearbeitet wird, ist ebenso noch weitgehend offen und wird uns hier weiter beschäftigen.
Sicher ist bislang nur eines: am 31. August wird es in Berlin eine gesamtstaatliche Würdigung geben; unter anderem mit einem Großen Zapfenstreich vor dem Reichstag.
Wer ein bisschen – bittere – Bilanz aus US-Sicht nachlesen möchte: Der Special Inspector General for Afghanistan Reconstruction (SIGAR) hat seinen jüngsten, sehr ernüchternden Vierteljahresbericht veröffentlicht.
• Die lange Einkaufsliste, die der Haushaltsausschuss des Bundestages in seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause (und damit voraussichtlich auch in dieser Legislaturperiode) gebilligt hat, wird seitdem in Verträge umgesetzt, vom kleinen bis zum großen. (Da müsste man mal eine Übersicht machen…)
• Die Bundeswehr hat jetzt ein Weltraumkommando.
• Das erste operative Kommando der NATO in den USA, das Joint Force Command Norfolk, hat seine Full Operational Capability erklärt.
• Polen kauft weitere Kampfpanzer – interessanterweise nicht weitere (deutsche) Leopard zur Ergänzung der bestehenden Kampfpanzer-Flotte, sondern Abrams-Panzer aus den USA
https://www.reuters.com/business/aerospace-defense/poland-buy-250-us-tanks-it-seeks-beef-up-defences-2021-07-14/
Die interessante Frage ist, was diese Entscheidung beflügelt hat: ein günstiger Preis, die gewünschte engere Anbindung an die USA, die zunehmend problematische Beziehung zu Deutschland – oder alles zusammen?
https://www.realcleardefense.com/articles/2021/07/14/us-german-polish_cooperation_key_to_securing_europes_eastern_flank_785451.html
• Für Freunde der Drohnen-Nutzung: UK special forces drone swarms
https://www.royalnavy.mod.uk/news-and-latest-activity/news/2021/july/17/210715-autonomous-advance-force-4
• US-Präsident Joe Biden hat am 27. Juli eine Rede vor der Intelligence Community seines Landes gehalten. Diese Rede hat international vor allem deswegen Aufsehen erregt, weil Biden darin, eher als Randbemerkung, einen Cyber-Angriff als möglichen Auslöser eines konventionellen Krieges sieht:
You know, we’ve seen how cyber threats, including ransomware attacks, increasingly are able to cause damage and disruption to the real world. I can’t guarantee this, and you’re as informed as I am, but I think it’s more likely we’re going to end up — well, if we end up in a war, a real shooting war with a major power, it’s going to be as a consequence of a cyber breach of great consequence. And it’s increasing exponentially — the capabilities.
Weniger hat in der Berichterstattung eine andere Passage eine Rolle gespielt, die mir deutlich aussagekräftiger scheint:
This shared danger impacts all of nations. Climate challenges are already accelerating instability in our own country and around the world: extreme weather events that are more common and more deadly; food and water insecurity; sea levels rising, resulting in changing climates and driving greater migration and posing fundamental risk to the most vulnerable of communities.
If you could hold for just a second again. We’re in a situation where — think about this. Think about this: I’ll never forget the first time I went down in the tank as Vice President, after I got elected. The Defense Department said what the greatest threat facing America: climate change.
If, in fact, the seas’ level rises another two and half feet, you’re going to have millions of people migrating, fighting over arable land. You saw what happened in North Africa. What makes us think this doesn’t matter? It’s not your responsibility, but it’s something you’re watching because you know what’s going to happen.
People who were Muslim, and the only difference was Black and/or Arab, killing each other by the thousands for arable — a piece of arable — arable land in North Central Africa. But what happens — what happens in Indonesia if the projections are correct that, in the next 10 years, they may have to move their capital because they’re going to be underwater?
It matters. It’s a strategic question as well as an environmental question.
A dramatically warming Arctic is opening up competition for resources that once were hard to access. I had — as they say in Southern Delaware — they talk at you like this, you know what I mean? — I had a “Come to Jesus” meeting, an “altar call” with Mr. Putin about what he thinks is what Russia’s property is in the Arctic. China looking very closely at that as well, where they are.
That’s what I mean about the world changing. What is that going to do to our strategic doctrine in the next 2, 5, 10, 12 years, when you can circumvent the Arctic without icebreakers?
Ich bin sicher, das war noch nicht alles. Aber ich fahre den Betrieb hier ja erst langsam wieder hoch.
(Foto oben: Das Hubschraubergeschwader 64 im Hochwasser-Hilfeeinsatz auf dem Flugplatz Bad Neuenahr-Ahrweiler am 16. Juli 2021 – HSG64/Bundeswehr; Foto unten: Luftaufnahme des Dammbruchs in Erftstadt – Luftwaffe)
Willkommen zurück, Herr Wiegold!
Ja, die Bundeswehr hat im Katastrophengebiet wieder mal ihren Wert unter Beweis gestellt.
Auch wenn selbst dort einige Gruppen versucht haben, dies zu verhindern. So streuten die dort aufgelaufenen „Querdenker“ in Euskirchen, als die Tornados mit Reccelite eine Bestandsaufnahme machten, das Gerücht, die Luftwaffe werde mit Bomben die Steinbachtalsperre zwecks einer kontrollierten Überflutung sprengen.
Aber wie dem auch sei, die Luftwaffenführung sollte die Gelegenheit nutzen und daran erinnern, dass die Katastrophe gezeigt hat, wie sehr die Truppe neue Hubschrauber gebrauchen könnte. Denn nach allem, was man so hört, hatten die dringend benötigten CH-53 wieder mal einen unterirdischen Klarstand.
Nachtrag: In puncto polnische Leoparden hat angeblich der Abrams deswegen gewonnen, weil KMW nicht in der vorgegebenen Zeit die geforderte Stückzahl liefern konnte. Politische Befindlichkeiten spielten aber wohl auch eine Rolle. Denn zwar fährt die Regierungspartei PiS einen energischen Aufrüstungskurs.
Allein, aus logistischer Sicht ist es dermaßen unvernünftig, nicht die Gelegenheit zur Konsolidierung der Flotte (hin zu einem einzigen Kampfpanzer) zu ergreifen, dass wohl eher Emotionen als Fakten den Ausschlag gegeben haben dürften. Zumal die polnische Wirtschaft jetzt schwerlich noch ein Stück von der Wertschöpfung abbekommen wird.
Möglich, dass anti-deutsche Ressentiments den Ausschlag gaben. Es wäre interessant zu wissen, welchen KPz das polnische Heer bevorzugte; auf der Arbeitsebene sind die Beziehungen noch gut. Denkbar ist jedoch auch, dass Warschau KMW’s französischer Gesponsin Nexter eins auswischen wollte, weil Paris Polens Eintritt ins MGCS-Programm verhindert hat.
Schön, dass es jetzt wieder los geht @T.W.
Ich hoffe der Urlaub konnte Ihnen die erhoffte, wohlverdiente Erholung verschaffen.
Den Einsatz der Bundeswehr im Katastrophenschutz sehe ich als zweischneidiges Schwert. Zwar kann den Betroffenen wertvolle Hilfe geleistet werden und die Bundeswehr kann ihr Ansehen in der Bevölkerung verbessern, allerdings verändert sich damit auch die Wahrnehmung.
Wenn wir die Bundeswehr in der öffentlichen Wahrnehmung als „THW für angespannte Sicherheitslagen“ aussehen lassen, brauchen wir uns nicht zu wundern wenn sich viele unter den Einsätzen in Afghanistan und Mali Brunnen bohren und Schulen bauen vorstellen.
Der neue Heimatschutz trägt auch dazu bei.
Ein schwieriges Thema…
*Themenwechsel*
In Bidens Statement zu Cyberangriffen würde ich keine zu große Bedeutsamkeit hinein interpretieren.
Für mich klingt das eher nach einem „wir nehmen solche Angriffe sehr ernst, also hört besser auf damit“.
Mit den Aussagen zum Klimawandel hat Biden zwar grundsätzlich Recht, aber seine Einordnung sehe ich kritisch.
Ich bin kein Freund davon den Klimawandel unmittelbar mit Sicherheitspolitik in Verbindung zu setzen.
Der Klimawandel ist ein Katalysator für Konflikte.
Zunehmende Migrationsströme und ein gesteigertes Konfliktpotenzial durch neu zugängliche Ressourcen in der Arktis sind zwar Folgen des Klimawandels, das macht ihn aber nicht zu der direkten Bedrohung. Die sicherheitspolitischen Bedrohungen gehen nach wie vor von Menschen aus.
Deshalb spricht das Department of Defence auch nur allgemein von einer Bedrohungen für die USA (die auch wirtschaftlicher Art sein können) und nicht explizit von Bedrohungen für die amerikanische Sicherheitslage:
„The Defense Department said what the greatest threat facing America: climate change“
Sehr geehrter Herr Wiegold,
willkommen zurück aus dem Urlaub! Wie hätte denn in ihrer Abwesenheit etwas weltbewegendes auf dem sicherheitspolitischen Parkett geschehen können?!? Jeder potentielle Akteur ist sich doch bewusst, dass in AG-low-ops-Zeiten keine profunde und kritische Begleitung der Geschehnisse erfolgen kann! Also, das traut sich niemand…
Etwas ist doch geschehen, was ich hier
https://www.presseportal.de/pm/147341/4975892
gefunden habe. Es gibt also einen Beschluss zur Beschaffung eines Folgemusters für den KrKw! Letzterer kam ja auch bei den jüngsten Katastrophen in RP und NRW wieder zum Einsatz. Was ich mich bei der (knappen) Erläuterung frage: Ist dieses Fahrzeug wirklich für die Nutzung in einem originär militärischen Einsatz ausgelegt/geeignet? Ausrüstung mit zivilem BOS-Funk, militärisches Fm-Material bei Bedarf nachrüstbar. Ausgelegt für den Transport von einem Patienten. Das liest sich für mich nicht nach Verwundetentransport für eine Jägerkompanie in der Verteidigung nach einem Schlagabtausch mit wem auch immer, sondern eher als „KatS in Oliv“. Oder meinetwegen Transport eines Verletztenn vom Übungsplatz zum StOSanZ oder ins Krankenhaus. Mehr aber nicht. Werden hier eher der zivilen Seite ein paar Zückkerchen für Lagen wie in RP und NRW – so schlimm diese auch sind – hingeworfen, statt Material zu beschaffen, dass auch wirklich für den Einsatz in bewaffneten Konflikten taugt? Die hier
https://www.presseportal.de/pm/147341/4959702
beschriebenen GVTC sind sicher gut. Aber mit nur 12 Stück und unter Rückgriff auf vorhandene Fahrzeuge (wohl MULTI – den hat auch nicht jeder Verband) würde auch Blücher nicht ins Feld ziehen. Wie sehen dies die Mitleser hier in AG? Was weiß der Hausherr dazu?
[Ich hab‘ die Links mal durch die Original-Mitteilungen des BAAINBw ersetzt – das ganze ist ein Thema, wie angekündigt, für eine Übersicht über die Bestellungen. Nur ganz kurz: Die neuen Fahrzeuge sind nicht für den Einsatz auf dem Gefechtsfeld gedacht, sondern für den rückwärtigen Bereich und eben für Verlegungen, bei Übungen und eben im KatSchutz. Aber das passiert dann eher in einen gesonderten Thread. T.W.]
Betr. poln Panzerkauf
Ich sehe hier auch eher ein politisches Signal nach Washington.
Polen möchte eine dauerhafte amerikanische Truppenpräsenz in Polen. Interoperabilität bei den Hauptwaffensystemen mit den US Streitkräften ist da ein weiterer Schritt hin zu diesem (verständlichen)Ziel.
Dazu kommen die finanziellen Anreize solcher Käufe für die US Wirtschaft. Insbesondere wenn Polen seine Streitkräfte grundsätzlich modernisiert.
Grundsätzlich scheint Polen in der Sicherheitspolitik den Anschluß an die USA und weniger an die EU-Partner in der NATO zu suchen.
Ich finde, das sollte gerade Deutschland zu Denken geben.
@Th Brüggen Da wird es aber auch viele Leute geben die denken „Liebe Amerikaner, Dann geht doch nach Polen (und nehmt die Bomben aus Büchel gleich mit). Immer wieder ein tolles Thema für Prinzipielle Diskusionen.
Und villeicht OT. Aber da ich den ec 145m oder bk 117 t6? Oben sehe. Gab es nichtmal einen Plan 60 bis 80 davon als Mehrzweckhubschrauber zu kaufen? Quasi als allzweck Golf. Was ist draus geworden?
[Bitte nicht an dieser Stelle… Es gab (gibt?) den Plan, aber kein Geld ;-) T.W.]
@CallSignRomeo fDer Einsatz der Bundeswehr im Katastrophenschutz ist seit dem Hamburg Hochwasser gesetzt und akzeptiert. So gesehen hat das Schwert schon lange zwei Aufgaben. CH-53 reparierten auch wieder einen (Erft)Deich ( Video bei You Tube). Natürlich gewinnen die Brunnenbohrer keinen Krieg, aber die Verbündeten mit ihren einsatzfähigen AH64 auch nicht.
„Der Einsatz der Bundeswehr im Hochwasser ist ein wichtiges, aber nur am Rande ein sicherheitspolitisches Ereignis.“
Wenn man den Gesamteinsatz betrachtet, dann ist es aus meiner Sicht ein elementares sicherheitspolitisches Thema, da ein Großteil der Kräfte auch im Rahmen der Gesamtverteidigung im Rahmen der Landes- und Bündnisverteidigung (Bevölkerungsschutz) in noch größeren Dimensionen funktionieren müsste.
Schon die Situation im Ahrtal zeigt ja deutlich, dass die Koordinierung und schnelle und effektive Hilfe nicht wirklich gegeben sind. Sogar Bürgermeister beschweren sich immer deutlicher über die Art des Krisenmanagements „Kritik von allen Seiten: Wie gut ist der Krisenstab an der Ahr wirklich?“).
Die Pressekonferenzen des Landes RLP sind da ein gutes Beispiel:
https://youtu.be/vJFkShBtVVg
Insbesondere die Antworten ab ca. 29:00.
Der Dornröschenschlaf ist halt nicht nur auf die Faltfestbrücke begrenzt, sondern durchzieht alle Bereiche und Ebenen (schönes Beispiel der beweglichen Leitstelle aus Reutlingen).
Wir galten mal als die Organisationsweltmeister, heute pflegen wir vorallem die (karriereförderliche) Verantwortungsdiffusion.
@Hoffnungslos
Deshalb sagte ich ja auch, dass die Katastrophenhilfe der Bundeswehr grundsätzlich gut ist.
Den Betroffenen kann wertvolle Hilfe geleistet werden (die andere gar nicht leisten könnten) und die Bundeswehr kann ihr Ansehen in der Bevölkerung verbessern (speziell kann hier vielleicht auch die Notwendigkeit von neuen schweren Hubschraubern verdeutlicht werden).
Allerdings ändert sich damit auch die Wahrnehmung der Bundeswehr.
Deshalb ist es ein zweischneidiges Schwert. Denn die veränderte Wahrnehmung zieht ihre Implikationen mit sich.
Die Bundeswehr wird durch zu viel ziviles Engagement in gewisser Weise entmilitarisiert.
Es wäre auch möglich, dass sich erneut die Ausrichtung die Bundeswehr ändert: Weg von LV/BV und weg von Auslandseinsätzen hin zu mehr Katastrophenhilfe.
Ganz unvorstellbar wäre das nicht. Biden spricht ja auch vom Klimawandel als größter Bedrohung.
Und wenn man den Katastrophenschutz als neue Kernkompetenz vermittelt, dann erwarten die Bürger, dass die Bundeswehr nur in Auslandseinätze geht, um diese Kompetenz einzubringen.
Kampfeinsätze, Counter Insurgency und auch der Selbstschutz treten in den Hintergrund, weil man ja vorrangig da ist um Hilfe zu leisten.
So können entweder die Einsatzziele nicht erreicht werden (weil man in einem instabilen Land noch gar keine Hilfe leisten kann) oder Soldaten werden unnötig gefährdet weil ihnen nicht die benötigte Ausrüstung zum Selbstschutz (schwere Waffen und bewaffnete Drohnen) zur Verfügung gestellt wird.
Wenn die Bundeswehr doch mal angegriffen wird ist die Überraschung umso größer.
Und langfristig lässt dadurch der Wille nach sich an gefährlichen Auslandseinsätzen zu beteiligen, in denen die Ziele nicht erreicht werden.
@ Thomas Brüggen
Völlig d’accord.
Wieso denn? Schon das simpelste Logik läßt am Ende nur die USA als theoretisch denkbarer Anlehnungspartner für ein Land wie Polen (mit der Geschichte und v.a. den damit tief verwurzelten „Eigenheiten“) zu. Erstens sind die USA eine Nuklearmacht (DE fällt damit schon raus). Zweitens hat die USA ein starkes Landheer (womit v.a. UK aus dem Rennen geht). Und drittens besteht in Washington auch ein Interesse an der Einhegung/Abschreckung Russlands – womit auch der letzte europäische Kandidat (Frankreich) aus dem Rennen ist (weil Paris ja mit Scheuklappen auf Afrika und den Mittleren Osten starrt). In Europa ist keiner groß, mächtig und reich genug um die Rolle der USA zu spielen, von der kulturellen Nicht-Eignung wollen wir mal gar nicht erst anfangen. Zwei von drei potentiellen Großmächten sind anderweitig beschäftigt, die dritte hat nur das theoretische Potential weil von der eigenen Vergangenheit viel zu traumatisiert um das Thema überhaupt mal ohne Hyperventilation und allgemeine Hysterie debattieren zu können.
@Wiegold: Fehlt hier nicht das (verstärkte) Gendern in der BW? Ich weiß Sie sind nur eine 1.-Mann Armee und über die Umbenennung des EPA konnte man noch den Kopf schütteln, aber die Umbenennung von Panzerkommandant in Teamleitung ist auf Twitter nicht gut angekommen und immerhin mussten der Heeresinspekteur und die Verteidigungsministerin sich zu der Werbeanzeige der BW äußern. Leider hat sich die Verteidigungsministerin zum Kernproblem von Befehl und Gehorsam contra Team nicht geäußert.
Die Meinung der meisten männlichen Kommentatoren dazu kenne ich im Voraus(Sie wahrscheinlich auch), aber es wäre Interessant gewesen, was die Frauen/Soldatinnen hier zu der Anzeige und dem immer mehr Gendern in der BW sagen.
[Nee, das fehlt an dieser Stelle nicht. Nur weil die Nachwuchswerbung Begriffe benutzt, die Soldat*innen ein wenig aufstoßen, muss ich das nicht sofort aufgreifen… Aber dieses Thema merke ich mal vor ;-) Allerdings: das, wie Sie schreiben, „Kernproblem von Befehl und Gehorsam contra Team“ ist ja keine Gender-Problematik, sondern geht eher Richtung Innere Führung. T.W.]
csThor sagt:
31.07.2021 um 15:29 Uhr
Also Ihre Ausführung ist ziemlich weit hergeholt.
Allein schon Punkt 2 ist völlig aus der Luft gegriffen.
Wenn Russland Polen angreifen will, ist Polen überrannt. Da bringt es Polen nichts, dass die USA ein großes Landheer besitzt – denn wie wollen die ihr Heer einsetzen?
Gleichzeitig gehen sie davon aus bei Punkt 1, dass die USA bereit sind einen Atomkrieg oder zumindest den Einsatz von Nuklearwaffen einzugehen – nur weil sie es können.
Mag momentan ! noch so sein, wenn aber die Probleme im Pazifik immer größer werden und sich die USA stark auf diese Region konzentrieren, wird der Wille der USA sich wegen Polen in eine strategisch herausfordernde Lage zu begeben sehr sehr klein sein.
Selbstverständlich kann man argumentieren, dass die USA ihr Landheer (konventionell) dann im Fall einer russischen Aktion (auf Polen) über die europäischen Länder nach Polen bringen will – dann sind aber gerade diese Länder (Deutschland als Aufmarschgebiet oder Frontgebiet), UK und Frankreich als Anlandungsgebiet) strategisch und politisch wichtiger, als Sie sie momentan darstellen.
Was passiert denn, wenn den USA diese Länder nicht zur Verfügung stehen? Dann ist auch der beste US-Operationsplan für Polen gestorben.
Polen würde also rein strategisch eben NICHT eine US-Truppenpräsenz im eigenen Land haben wollen.
Polen müsste gleichzeitig aber Deutschland überzeugen langfristig im Osten von Deutschland seine Truppen zu konzentrieren (Anfahrtswege kürzer als momentan der Fall) und die EU oder auch die NATO (aber politisch aus Verhandlungsgeschick gegenüber Russland besser nur die EU) weiterhin bitten eine rotierende Truppenansammlung (wie auch immer man das denn nennt) auf polnischem Staatsgebiet (so bei Warschau) permanent „üben“ zu lassen.
DAS wäre schlau – das andere ist nicht zu Ende gedacht.
@CallsignRomeo & @Hoffnungslos
Wir leben in polarisierten Zeiten. Ich persönlich glaube nicht, dass Katastrophenhilfe-Einsätze der Bundeswehr die Meinung der Bevölkerung nachhaltig prägen. Wer sie ablehnte, wird dies auch weiterhin tun. Wer ihr gewogen war, wird dies auch weiterhin sein. Der breiten Masse ist es gleich, zumal sie wenig betroffen ist.
@Thomas Wiegold
Das eine ist mit dem anderen vielleicht insofern verknüpft, als dass der Auftrag der Bundeswehr nicht darin besteht, Sozialpolitik zu betreiben oder, wie in einer vor Jahren von Ihnen verlinkten Rede der damalige Kapitän z.S. Horn betonte, wie ein ziviler Arbeitgeber ein Rundum-Wohlfühlpaket zu liefern.
Sie ist nun mal kein „Arbeitgeber wie jeder andere“, und wer sich an historisch gewachsenen Bezeichnungen stört, sollte sich dort vielleicht nicht bewerben. Er oder sie hätte nicht nur den Sinn der Tradition verkannt, sondern auch seine bzw. ihre Aufgabe, sich zum Teil einer Gemeinschaft zu machen, ohne Anspruch auf Sonderbehandlung.
Das generische Maskulinum der deutschen Sprache schließt natürlich auch Frauen ein. Wäre es nicht so, hätte die damit führerlose Bundeswehr jetzt ein kleines Problem, denn nirgends erwähnt das Grundgesetz eine Bundeskanzlerin oder eine Bundesministerin. Hat es diese Ämter etwa Männern vorbehalten? Natürlich nicht.
[So, das beenden wir jetzt. Der Trick, dass jemand in den Kommentaren fragt, warum ich ein Thema nicht aufgreife, und das dann für die Debatte über dieses Thema genutzt werden soll, scheint zwar pfiffig, funktioniert aber nicht. T.W.]
@ Tom Cruise
Das polnische Bedrohungsempfinden ist primär auf das russische Landheer fixiert, da ist naturgemäß die US Army als deutlich größte Landstreitmacht eines Verbündeten klar der Fokus des Interesses in Warschau. Wer sonst soll das denn machen? Deutschland? Danke für den herzlichen Lacher. Frankreich? Steckt bis über beide Scheuklappen in ihrer post-kolonialen Weltsicht als Großmacht und ist obendrein am Osten völlig desinteressiert. Großbritannien? Ich sag nur „Träger frißt Streitkräfte“ …
Berechtigter Einwand. Doch es bleibt der Grundfakt, daß nur die USA überhaupt ein Arsenal (strategischer und v.a. substraktegischer) Nuklearwaffen haben und damit (auch rein zahlenmäßig) auf Augenhöhe mit Moskau sind. Frankreich ist kulturell nicht in der Lage die Rolle einer nuklearen Garantiemacht zu spielen weil zu selbstbezogen. Und unsere britischen Freunde haben weder ein sonderlich großes noch zu Abstufungen fähiges Nukleararsenal.
Wer in Warschau nimmt denn die Bundeswehr ernst? Das tut ja schon hierzulande kaum einer … und Sie glauben doch nicht allen Ernstes, daß deutsche Großverbände permanent in die ostdeutsche „Pampa“ verlegt werden würden. Da werden es Ihnen die Angehörigen der Soldatinnen und Soldaten aber richtig danken (sarc off).
Sagen wir es drastisch: Die Bundeswehr ist aktuell (und leider auch absehbar) kein nennenswerter Faktor wenn es um BV vis-a-vis Moskau geht. Das sagen auch alle Umfragen seit 2014 immer wieder klar aus (wo über 50% der befragten Deutschen eine militärische Beteiligung an einem „Konflikt mit Russland“ ablehnen, trotz NATO Mitgliedschaft).
Ich glaube nicht, dass man Sicherheitspoltik auf einen Bereich-hier Streitkräfte- oder auch nur ein Segment-hier Landstreitkräfte- reduzieren sollte.
Das unsere osteuropäischen Partner (Balten,Polen, teilweise Tschechen und Slowaken) die russische Poiltik unter Putin als größere Bedrohung ihrer Sicherheit begreifen, als die übrigen EU und europäischen Nato Staaten, ist so.
Allerdings scheinen auch die USA die größte Herausforderung in China und nicht in Russland zu sehen.
Schon Präsident Obama sah in Russland nur eine Regionalmacht. Präsident Biden scheint das so ähnlich zu sehen (Russland habe nur Ölquellen und Atomwaffen, sonst nichts).
Die Bereitschaft der USA, sich in Europa stärker und über das bisher gegeben Maß zu engagieren, scheint mir daher auch nicht ausgeprägt.
Ich bin daher der Meinung, die EU Partner sollten zu einer konsistenten, gemeinsamen Sicherheitspolitik finden. Etwas , das man wirklich als Gemeinesame Aussen-und Sicherheitspolitik bezeichnen könnte.
Das ist wichtiger als die Betrachtung einzelner Rüstungsprojekte.
Ich hoffe der Urlaub war mit der erhoften Erholung verbunden. Schön, das sie wieder da sind.
Den Einsatz der Bundeswehr als Unterstützung des THW sehe ich nicht so kritisch. Diese Überschwemmungskatastrophe hat alles inden Schatten gestellt, was wir seit dem Oderhochwasser von 1997 gesehen haben. Das THW war vor allem auf den Umfang des Bedarfs an Einsatzmitteln nicht vorbereitet. Im kreis Ahrweiler wurden allein 62 Brücken zerstört. Ich glaube nicht, dass das THW so viele Schnell- und Behelfsbrücken auf Lager hat, um damit schnell Zugang für schweres Gerät zu den zerstörten Ortschaften zu bekommen.
Die Verwüstung kam zu schnell und zerstörte auch die lokale Feuerwehrgebäude, kommunale Einsatzleitstellen, Krankenhäuser, Bauhöfe, Polizeiwachen und EInsatzleitstellen. Der Totalausfall von Energieversorgung und Kommunikation (Festnetz / Handnetze) tat sein Übriges. Trotzdem schafften es die Profies nicht innerhalb von 48 h den Rettungs- und Bergungseinsatz ans Laufen zu bekommen. Ohne die vielen freiwilligen Helfer, die sich spontan auf den Weg gemacht haben, um mit mitgebrachtem schwerem Gerät zu helfen, wäre in der ersten Woche nach der Katastrophe wenig geschafft worden.
Vor einem Jahr hatte der bundesweite Warntag mit seinem desaströsen Ausgang gezeigt, das Sirenen häufig nicht mehr vorhanden waren bzw. nicht eingesetzt werden konnten. Aber passiert war seitdem praktisch nichts.
Natürlich muss jetzt was passieren aber die die sehr berechtigte Frage ist, muss dass THW tatsächlich mit Panzerschnellbrücken und Bergepanzern ausgestattet werden?
Um blockierte Straßen und Schienenwege wieder frei zu bekommen wurden Hunderte von Radladerern und Bagger benötigt. Weder die Bundeswehr hat im Normalfall so einen Bedarf. Sich solche Fahrzeuge ‚auf Halde‘ zu stellen, dürfte auch nicht ganz billig sein.
So eine Katastrophe kann sich leider jederzeit und in fast jedem Teil unseres Landes wiederholen. Die nächste Überschwemmungskatastrophe könnte bei steigendem Meeresspiegel auch eine Küstenstadt treffen. Auch dann müssten Zentausende bis Hundertausende von Menschen binnen weniger Stunden evakuiert werden.
Brandkatastrophen wie jetzt in der Türkei oder Griechenland könnten auch in Deutschland wüten. Die drei letzten Jahre mit Hunderten von Waldbränden bei uns waren ein Vorgeschmack darauf. Niemand kann jetzt noch ernsthaft bezweifeln, dass wir in Deutschland uns und unsere Infrastruktur auf solche Katastrophen vorbereiten müssen.
Als Konsequenz aus den Erfahrungen mit den Waldbränden im Land Brandenburg modernisiert die Landesregierungen die Feuerwehren des Landes. Auch das THW wird eine der neuen Bedrohungslage angepasste Ausstattung brauchen. Natürlich wird man in Zukunft bei Bauvorhaben die mögliche Bedrohung durch Hochwasser, Erdrutsche oder Waldbrände mit einkalkulieren müssen. Straßen, Brücken, Bahndämme und Versorgungsleitungen (Wasser, Energie, Daten) werden besser geschützt werden müssen.
Handymasten werden über eine Notstromversorgung verfügen müssen. Das alles wird viel Geld kosten und trotzdem, selbst wenn das alles umgesetzt wird, werden wir auch bei der nächsten Katastrophe nicht auf die Hilfe der Bundeswehr verzichten können.
„Handymasten werden über eine Notstromversorgung verfügen müssen.“
Nein. Wenn die Handymasten so aufgestellt sind, dass sie nicht von der Katastrophe betroffen sind, zum Beispiel auf einem Hügel bei Hochwasser oder genug Abstand zu umfallenden Bäumen bei Sturm, dann benötigt man vor Ort nur eine mobile Stromversorgung.
Diese Gerätschaften gibt es auch im Überfluss in der Privatwirtschaft (Baubetriebe), allein die möglicherweise fehldenden Anschlüsse an der Masttechnik sind ein Problem. Eine permanente Notstromversorgung (wie in einem Krankenhaus) an jedem Mast ist aber nicht nötig.
Niemand fordert mehr Bagger oder Radlader für THW.
Diese sind auch genügend vorhanden in Deutschland (Bauwirtschaft).
Aber die Spezialfahrzeuge und Spezialgeräte könnte man schon häufiger haben. Beispielsweise die Notbrücken oder die Hochleistungspumpen. Das gleiche bei den Bambi-Buckets (die Wasserbehälter für die Hubschrauber) und den mobilen Deichen. Da gibt es schöne Lösungen (keine Sandsäcke, sondern mit Wasser befüllbare Schläuche), aber die kosten natürlich und müssen regelmäßig gewartet werden und irgendwo gelagert werden (Lagerkosten). Sind dafür aber auch schneller einsatzbereit (weniger Mannstunden) und können auch mobil an die Orte gebracht werden.