NATO-Zahlen zu Verteidigungsausgaben: Große Spanne bei Personal und Betrieb
Da Wochenende ist, werfe ich diese Statistik jetzt nur mal schnell zum Wiederfinden hier rein: Die NATO hat am (heutigen) Freitag die jährliche Übersicht zu den Verteidigungsausgaben der Mitgliedsländer veröffentlich. Weiterhin gibt es die großen Unterschiede innerhalb des Bündnisses, vor allem beim Anteil der Ausgaben am Bruttoinlandsprodukt – und wenig überraschend liegt Deutschland mit 1,53 Prozent weiterhin unter dem vereinbarten Zwei-Prozent-Ziel.
Eine Grafik war mir allerdings bisher mit ihren großen Unterschieden nicht aufgefallen: Die Aufteilung nach Kategorien – also wie viel Prozent seines Verteidigungshaushalts jedes Land für Personal, Betrieb, Beschaffung und Entwicklung ausgibt:
Und da gibt es schon unter den größeren Bündnispartner sehr unterschiedliche Ansätze: Zum Beispiel gibt Italien gut 60 Prozent fürs Personal aus, mit 8,9 Prozent vergleichsweise wenig für Betrieb und Instandsetzung (die entsprechenden Zahlen für Deutschland liegen bei 41,7 und 36,1 Prozent). Das lohnt vielleicht noch eine nähere Betrachtung – aber nicht am Wochenende.
Die gesamte Übersicht hier:
Defence Expenditure of NATO Countries (2014-2021)
und fürs Archiv die Sicherungskopie:
210611-NATO_Defence_Expenditure_2021-04
Das ist wirklich mal sehr interessant, eine solche Übersicht zu sehen. Vielen Dank fürs „Auftreiben“ an den Hausherren! :-)
Und die Statistik wiederlegt m.E. die gerne mal – auch hier in den Kommentaren – gebrachte Darstellung, die hohen Personalkosten der Bw würden den deutschen Verteidungshaushalt über Gebühr belasten und damit wesentlich zu der grade aktuell heiß diskutierten Finanzierungsproblematik bei Rüstungsprojekten beitragen, zumindest insoweit, als die Personalkostenquote demnach ja niedriger als bei den meisten anderen NATO-Staaten liegt. Und sie liegt auch nur relativ geringfügig über der US-Quote.
Spannende Statistik, sowas hat mich schon länger interessiert.
Gerade den Vergleich mit Frankreich finde ich spannend und er bestätigt meinen subjektiven Eindruck: Frankreich gibt deutlich mehr Geld für Beschaffungen aus als Deutschland. Wir geben das Geld eher für Instandhaltung aus, was sicherlich auch den oftmals veralteten Waffensystemen geschuldet ist. Ergo: hilft alles nichts, Deutschland müsste als Kraftanstrengung einige Waffensysteme modernisieren um wieder Luft zum atmen zu bekommen.
Italien hat ja auch große Teile seiner Landstreitkräfte eher im Reservemodus laufen. Da muss das Material auch nur ein oder zweimal im Jahr funktionieren.
Aber schön das es Diagramm 7, von dem ich schon seit Jahren rede, mal an prominente Stelle geschafft hat.
@Krub
Das ist auch mein persönlicher Eindruck.
Frankreich bestellt regelmäßig nach und investiert auch viel mehr in die Breite, also in mehr spezialisierte Systeme als wir.
Wir haben insgesamt bis auf die Marine immer den Ansatz der eierlegenden Wollmilchsau, was in sehr hohen Beschaffungskosten und Verzögerungen resultiert und am Ende oft dazu führt, Systeme mehrere Jahrzehnte im Einsatz haben zu müssen, weil kein Geld für Ersatz da ist.
Gutes Beispiel hier die Transall:
Wir mustern jetzt unsere original beschafften Flugzeuge aus, während Frankreich ihre erste Generation komplett durch eine zweite Generation ersetzt hat und parallel Hercules und CN235 betrieb.
Wahrscheinlich liegt der beste Ansatz in der Mitte der NATO Staaten. Und zumindest bin ich froh, dass nun endlich das Thema zu hohe Gehälter in der BW in den Bereich der Mythen und Sagen verlegt werden kann…
Ich würde mal sagen Deutschland muss schauen dass man bei den Beschaffungen und bei R&D auf einen Anteil von 25-30% kommt…das erscheint mir ein gesunder Anteil… Personal finde ich erstaunlich wenig…da hätte ich mehr erwartet…
Instandhaltung und Einsätze ist viel zu viel… das versickert aktuell viel viel Geld…vermutlich aber auch für neue Systeme die nachgerüstet werden müssen 🙈
Idee:
vllt wäre ein radikaler Ansatz mal dass man bei Instandhaltung die 5 teuersten Systeme sofort still legt und die Gelder direkt in neue nachfolge Systeme investiert…klar hat man dann 5 Jahre eine Lücke…aber vllt braucht es solch einen radikalen Schnitt…
Alternativ muss für 5 Jahre einfach mal deutlich zusätzlich Geld (einmalbetrag) investiert werden um das ganze anzuschieben und um aus dem teufelskreis rauszukommen…
eine Aufstellung nach kosten pro System der Instandhaltung wäre interessant
außerdem sollten nur noch fertig entwickelte Systeme beschafft werden!!
@SvD
Trifft das Italien-Argument dann auch auf Spanien zu?
Gerade die großen Marinen beider Länder sollten doch schon regelmäßig fahren und die Luftwaffen sind nun auch nicht klein.
Ich glaube aber eher wieder an einer Unvergleichlichkeit, weil allein schon beim Thema Personal ordentliche Ungleichgewichte entstehen können, wenn man einmal die Ruhestandskosten (Rentezahlungen/Pension) in die Personalkosten einberechnet und einmal nicht.
Gleiches gilt für die durchschnittliche Soldhöhe im Vergleich zum durchschnittlichen Einkommen in der Gesamtbevölkerung.
Würde micht zum Beispie nicht wundern, wenn in Italien und Spanien der Beruf Soldat besonders lukrativ ist im Vergleich zu anderen Berufen. In Deutschland im guten Durschnitt ist und in Norwegen eher „unterbezahlt“ wird und deshalb auch insgesamt die Personalkosten in Norwegen weniger Anteil an den Gesamtausgaben haben. Auch weil alle anderen Kosten (Kauf von Industrie, Wartung bei Industrie) eher sehr hoch sind durch höhere Löhne der dort angestellten Arbeiter (im Vergleich zum Soldatengehalt).
So verschieben sich recht schnell die Balken in die eine oder andere Richtung.
Es fällt auf daß viele Partner um oder unter für 30% Instandhaltung ausgeben. Und 6 bis 10% mehr für andere Baustellen ausgeben zu können ist dann doch ein echtes Pfund.
Interessant wäre mal die Aufschlüsselung bezogen auf die Personalstärke. Also Etat pro Nase. Im Übrigen würde mich bei der Liste auch Israel interessieren.
[Den Etat pro Kopf können Sie anhand der offen verfügbaren Daten gerne ausrechnen, einfach für jedes Land die Personalstärke nachgucken. Und, äh, das ist ne NATO-Liste, das beantwortet die Frage nach Israel… T.W.]
@sanderson:
Ich war auch etwas „überrascht“ über den Anteil der Personalkosten DEU im Vergleich; auf den ersten Blick.
Im zweiten Nachdenken stellt sich allerdings sofort die Frage, wie vergleichbar die Personalkosten sind und ob jede Nation das gleiche darunter versteht. Zum Beispiel würde es einen erheblichen Unterschied machen, wenn eine Nation die Kosten für retired soldiers mit im Verteidigungsbudget einschließt und eine andere Nation nicht. Oder sind die Kosten für Gesunderhaltung der Soldaten enthalten oder sind diese auf andere Haushalte ausgelagert. Wie sieht es aus mit Abfindungen und Übergangsgebührnissen? Da fallen einem sicher noch viele Beispiele ein, die große Wirkung hätten …
@Sanderson u.a: Ihre Vergleiche der Quoten für Personalkosten sollten mit Vorsicht genommen werden. Es spielt eine Rolle, was für die erfassten Personalaufwendungen denn so geleistet wird. Daher muss die Quote für Betrieb/Instandsetzung mit ins Bild genommen werden, weil zwischen diesen beiden Bereichen offenbar eine gewisse Substitution stattfindet: Wenn ich die Instandsetzungskapazitäten der Truppe ordentlich runter fahre, spare ich offen auszuweisende Personalkosten, weil ich den vorhandenen Personalbestand auf die „Kernaufgaben“ konzentriere. Weil dann aber die „Randaufgaben“ extern erledigt erden müssen, bekomme diese Personalkosten durch die Hintertür erhöhter Kosten für Betrieb und Instandsetzung wieder rein, vermutlich sogar deutlich teuerer als „selbstgemacht“.
Es ist doch auffällig, dass die BW zwar eine der höchsten Quoten für Betrieb/Instandsetzung ausweist, ich mich aber an Klagen erinnere, dass es der Truppe gerade auch beim Betrieb mangelt weil Piloten ihre Flugstunden nicht zusammen bekommen und nicht oft genug im Grünen (bei der Marine auf See) geübt werden kann, weil Sprit und Munition fehlen. Das passt alles nicht so richtig zusammen.
@TW Und ja. Sie haben recht. Wäre doch aber mal nen schöner Indikator. Mal den Durchschnittslohn in den verschidenen Staaten mit dem Lohn der Soldaten zu vergleichen. Und ja. So einfach ist es nicht.
Ich finde die aktuellen Zahlen erst einmal sehr positiv. Wir haben uns aus dem Bereich von unter 1,2% auf über 1,5% hochgearbeitet. Das kann sich durchaus sehen lassen. Es konnte ja niemand erwarten, dass wir unseren Etat auf einen Schlag fast verdoppeln.
Auch im Hinblick auf die Beschaffungen hilft mehr Geld nicht immer sofort. Aktuelle Beispiele füllen ja fast die Hälfte von Augen Geradeaus.
Sorgen macht mir und wahrscheinlich der ganzen Bundeswehr die mittelfristige Finanzplanung. Aber dieses Thema ist ja in Zusammenhang mit den noch in dieser Legislaturperiode geplanten 25-Mio-Vorlagen hinreichend ausdiskutiert.
@Dante sagt: 2.06.2021 um 14:13 Uhr
„@TW Und ja. Sie haben recht. Wäre doch aber mal nen schöner Indikator. Mal den Durchschnittslohn in den verschidenen Staaten mit dem Lohn der Soldaten zu vergleichen. Und ja. So einfach ist es nicht.“
Machen Sie das doch einfach mal, anstatt zu fordern. Das Lob der Foristen wäre Ihnen sicher.
@O.Punkt sagt: 12.06.2021 um 11:39 Uhr
„Im zweiten Nachdenken stellt sich allerdings sofort die Frage, wie vergleichbar die Personalkosten sind und ob jede Nation das gleiche darunter versteht. Zum Beispiel würde es einen erheblichen Unterschied machen, wenn eine Nation die Kosten für retired soldiers mit im Verteidigungsbudget einschließt und eine andere Nation nicht.“
Ich dachte um genau solche Fragen zu vermeiden, sei das für die NATO Quote standardisiert?!
In Anbetracht der Zahlen ist es für mich noch unverständlicher, warum man in vielen Bereichen immer noch an Kleinserien und Subvarianten festhält.
Vom Leo2 wird es demnächst 6 (?) unterschiedliche Versionen in der Truppe geben. Nicht nur logistisch ein Alptraum, auch müssen die Verbände über Jahre hinweg einen erheblichen Teil ihrer (ohnehin knappen) Böcke zur kawestierung abgeben.
Warum man nicht einfach 350 neue Fz bei KMW bestellt entzieht sich meinem Verständnis.
Ähnliches beim CH-53 oder NH90, die eh schon kleinen Flotten zerfasern sich in diverse Subtypen und verlieren dadurch ganz erheblich an Ausdauer und Einsatzwert.
@Andreas: volle Zustimmung…
vor allem die Kosten für Nachrüstungen von altsystemen sind fast schon auf dem Niveau von neubeschaffungen…
lieber die alten Systeme zeitnahe durch neue mit aktuellem rüststand ersetzen…und die alten Systeme einlagern oder weiter verkaufen…
vllt sollte man einfach festhalten das kein System älter als 30 Jahre sein darf!
Dadurch dass mehr Masse beschafft wird fallen auch die Preise
Andreas sagt:
12.06.2021 um 21:28 Uhr
Aber ganz wichtig:
1 Sturmgewehr, sonst liegt die Logistikkette der BW brach.
6 Versionen des Hauptkampfpanzers gehen aber in Ordnung -keine Probleme bei der Logistik/Instandsetzung.
Aufwachen – Bundeswehr ist ein Industriesubventionsprogramm und das schon seit mindestens 25-30 Jahren und mit jeder Reform und jedem neuen Minister wird es schlimmer.
Ich will gar nicht wissen, wie viel Schlagkraft verloren geht durch die 6 Versionen und ihren Problemen (Umschulungen, Ersatzteile fehlen und ähnliches) im Vergleich zu 1 Version.
Die 1 Version (und damit die erste Version) wäre dann natürlich viel älter und nicht mehr so schlagkräftig im Vergleich zur Version 6, aber mit ziemlicher Sicherheit wäre der Klarstand höher.
Und meine Meinung ist, dass dann die Gesamtschlagkraft (und darum geht es) viel höher wäre, als zum aktuellen 6-Versionen-Modell.
@LaForge
Welche 6 Leopard 2 Versionen, in Nutzung bei den aktiven PzBtl Deutsches Heer, schweben Ihnen vor, unter Außerachtlassung des Sonderfalles DEU/NLD PzBtl 414.
Es sind ja auch diese ganzen „Fremdfirmen“ die Dinge erledigen, welche früher von einem Soldaten oder Zivielangestellten erledigt wurden.
Beispiel Wache… da sitzt ein Angestellter einer Wachschutzfirma und natürlich macht der Chef einen Gewinn mit dem Auftrag. In anderen Streitkräften steht halt für viele Soldaten einfach 1x im Monat Wache auf dem Dienstplan.
Beispiel Instandsetzung…. Da werden KfZ in Werkstätten abgegeben und der Instandsetzungssoldat (den man ja für den Einsatz vorhalten muss) bohrt in der Nase.
Und so geht es weiter. Einfach Mal das Personal nutzen was eh auf dem Hof steht und bezahlt wird. Nur weil man Soldat geworden ist heisst das ja nicht das man nicht auch sein Unterkunftsgebäude selbst sauber halten kann oder den Rasen vorm Gebäude mähen kann. Da wird dann lieber *Klarhalten auf Stube* befohlen oder PoliBi angesetzt.
Als Subventionsmaschine ist die BW Weltklasse!
@KPK
„Welche 6 Leopard 2 Versionen, in Nutzung bei den aktiven PzBtl Deutsches Heer, schweben Ihnen vor…“
Geplante Rüststände Leo 2 bis ca. 2026:
A5 (nur Feinddarstellung im GÜZ)
In den Bataillonen:
A6
A6M A3
A6M A4
A7V
A7A1
Sollte einer fehlen, bitte ergänzen.
@Koffer:
Es wäre gut, wenn es so wäre. Aber haben wir nicht schon von mehr als eine Hand voll Fälle hier gelesen, wo es genau nicht so ist?
Da geht es doch schon bei der oben erwähnten „NATO-Quote“ los. Grundsätzlich versucht sich doch jeder in jeder Hinsicht „schön“ zu rechnen. Und egal wie standardisiert das sein mag, da bleibt immer noch Spiel- und Interpretationsraum.
O.Punkt sagt:
13.06.2021 um 17:32 Uhr
Deshalb ist auch die BIP-Quote Unsinn.
Einfach eine Zahl an x-verfügbaren Großgeräten (auf dem Kasernenhof stehend und einsatzbereit) und Soldaten pro Staat vorgeben (NATO-gemeinsam ausgehandelt) und keine Prozentquote vom BIP.
Das sollte eine richtige Vorgabe sein und dabei kann man dann eben auch relativ schnell aufzeigen, wer seinen Verpflichtungen nicht nachkommt. (Beispiel: „nur 80 % insgesamt sind einsatzbereit und nur 40 % bei der Luftwaffe“)
Alle 2 Jahre kommt einer von der NATO zufällig in eine Brigade und macht eine Überprüfung (Listen kontrollieren) mit kurzer Übung (flug-/fahrbereit?).
Alles andere ist nur reine Rüstungslobbysubvention.
Am Ende gibt man 2,0 % aus und trotzdem fliegt und fährt nichts.