„Bundeswehr der Zukunft“: Vier Dimensionen für die Kriegführung, schneller Einsatzbereit

Die Bundeswehr soll künftig an den vier Dimensionen Land, Luft- und Weltraum, See und Cyber- und Informationsraum ausgerichtet werden, um besser auf künftige mögliche bewaffnete Konflikte vorbereitet und schneller einsatzbereit zu sein. Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer und Generalinspekteur Eberhard Zorn legten dazu Eckpunkte für die Bundeswehr der Zukunft vor, die einen in Teilen raschen Umbau der Streitkräfte vorsehen. Die Gesamtstärke der Truppe soll aber ebensowenig angetastet werden wie die Standorte in Deutschland.

Bereits im Februar hatten Kramp-Karrenbauer und Zorn in einem Positionspapier die wahrscheinlichsten Herausforderungen für die Streitkräfte skizziert. Mit dem am (heutigen) Dienstag vorgelegten Eckpunktepapier sollen die aus ihrer Sicht nötigen Anpassungen der Bundeswehr begonnen werden. Zum Teil werden sie allerdings frühestens in der kommenden Legislaturperiode umgesetzt werden können.

Das 27-seitige Papier, das Augen geradeaus! vorliegt, fordert von der Truppe vor allem, ohne lange Vorlaufzeiten auf eine Konflikteskalation zu reagieren, d.h. „Kräfte der ersten Stunde“ insbesondere an den Außengrenzen des Bündnisses einzusetzen. Dafür sei abgestuft eine Kaltstartfähigkeit, eine hohe Reaktionsfähigkeit sowie Durchsetzungsfähigkeit gegen vorhandene gegnerische „Anti-Access/Area Denial (A2/AD)“ Architekturen erforderlich – und damit auch eine hohe Einsatzbereitschaft bereits in Friedenszeiten.

Neben einer grundsätzlichen Ausrichtung auf die Landes- und Bündnisverteidigung (und damit auf den Kriegsfall an Stelle der bisherigen Struktur mit Auslandseinsätzen zur Stabilisierung im Mittelpunkt) soll konkret die Führungsorganisation der Streitkräfte angepasst werden. Dafür sollen die so genannte Streitkräftebasis und der Zentrale Sanitätsdienst aufgelöst werden. Unter anderem ist vorgesehen:

• zwei operative Kommandos mit Weisungsbefugnis, die die Einsätze außerhalb Deutschlands und die Bundeswehr im Inland führen, jeweils direkt dem Generalinspekteur unterstellt. Damit wird neben das bereits bestehende Einsatzführungskommando ein nationales Kommando mit erweiterten Befugnissen das bereits existierende Kommando Terroriale Aufgaben aufwerten; es soll im Sinne der Resilienz an den zwei Standorten Berlin und Bonn angesiedelt werden

• vier so genannte Dimensionskommandos für die Dimensionen Land, Luft/Weltraum, See und Cyber, die einsatzbereite Streitkräfte bereitstellen. Der Dimension Land, also konkret: dem Heer,  werden dafür das ABC-Abwehrkommando, das Kommando Feldjäger und das CIMIC-Kommando zugeordnet. Die Dimension Luft wird um ein Weltraumkommando der Luftwaffe erweitert. Die Dimension Cyber soll die Führungstrukturen verschlanken; ein Joint Intelligence Center als Element des Militärischen Nachrichtenwesens wird dem Inspekteur Cyber- und Informationsraum unterstellt

• wie bisher – allerdings in anderer Struktur – soll es streitkräftegemeinsame Elemente geben

• An die Stelle des bisherigen Zentralen Sanitätsdienstes tritt ein Kommando Gesundheitsversorgung der Bundeswehr. Der bisherige Inspekteur des Sanitätsdienstes wird Generalarzt der Bundeswehr, der im  Verteidigungsministerium selbst angesiedelt wird

• Die Verantwortung für die Waffensysteme wird in Systemhäusern für die vier Dimensionen gebündelt – damit soll auch die Verlagerung der Nutzungsveranwortung vom Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung (BAAINBw) zurück in die Truppe einher gehen

• Es sollen für eine schnellere Verfügbarkeit eingespielte und kampfkräftige Einsatzverbünde geschaffen werden; die Details werden allerdings noch untersucht. Geplant ist eine neue Systematik der Einsatzbereitschaft, die Truppen in drei Bereitschaftsständen vorsieht:
– Einsatzphase: Verlegung in den Einsatz mit 7 bis 30 Tagen Vorlauf
– Phase erhöhter Einsatzbereitschaft: Vorlaufzeit vor Verlegung 30 bis 90 Tage
– Basisphase: Regeneration und geringere Verfügbarkeit mit Vorlauf von mehr als 90 bis maximal 360 Tagen
(Randbemerkung: Das bedeutet unter anderem, dass jede Einheit nach spätestens einem Jahr voll einsatzbereit sein soll)

• Offen ist vorerst, wo das Logisitikkommando der Bundeswehr, das Streitkräfteamt und das Multinationale Kommando Operative Führung in Ulm angesiedelt werden, die bisher zur künftig nicht mehr existierenden Streitkräftebasis gehören.

Der angestrebte Personalumfang von insgesamt 203.000 Soldatinnen und Soldaten – davon bis zu 12.500 Freiwillig Wehrdienst Leistende und 4.500 Stellen für Reservisten – soll unverändert bleiben. Derzeit beträgt die Personalstärke allerdings rund 184.000 aktive Soldatinnen und Soldaten und bis zu 5.500 Reservisten; die Zahl der Stellen für Reservisten Dienst Leistende (RDL) wurde nur für die Dauer der Coronavirus-Pandemie von 4.500 auf 5.500 erhöht und soll danach wiede reduziert werden.)

(Wird später ergänzt)

(Foto: Ein Sanitäter des Fallschirmjägerregiments 31 versorgt einen simulierten Verwundeten bei der Übung ‚Swift Response 21‘ am 15. Mai 2021 auf dem Übungsplatz Babadag in Rumänien – U.S. Army photo by Sgt. Audrequez Evans)