AKK und Bundeswehr-Beschaffungen: Union und SPD machen Front gegen Ministerin (m. Korrektur)

Eigentlich ist ja schon Pfingstpause – aber an diesem Freitag vor dem langen Wochenende haben Abgeordnete der Regierungskoalition eine Salve auf Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer abgefeuert: Die haushalts- und verteidigungspolitischen Sprecher von Union und SPD wandten sich gegen die Planung Kramp-Karrenbauers für die Bundeswehrbeschaffungen noch in diesem Jahr.

Hintergrund ist die Absicht des Verteidigungsministeriums, noch bis zur Sommerpause dem Haushaltsausschuss des Bundestages zahlreiche Rüstungsprojekte zur Billigung vorzulegen, auch wenn etliche davon bislang nicht finanziell im Haushalt abgesichert sind. Das Verzwickte daran: Das Wehrressort markierte auch einige Rüstungsbeschaffungen als fraglich an, weil  die Finanzierung … aus dem Einzelplan 14 nicht gesichert ist – obwohl die Gelder im aktuellen Verteidigungshaushalt für dieses Jahr bereits eingestellt sind.

Dieses Vorgehen erzürnte die Koalitionsabgeordneten, die sich am (heutigen) Freitag mit einem Brief an Kramp-Karrenbauer wandten. Das Schreiben ist es wert, im Wortlaut dokumentiert zu werden:

Sehr geehrte Frau Bundesministerin,
mit Schreiben vom 7. Mai 2021 hat uns Ihr Parlamentarischer Staatssekretär Thomas Silberhorn über die bis zur Sommerpause geplanten 25 Mio. Euro-Vorlagen unterrichtet. Zu 15 von den 35 geplanten Vorlagen wurde darauf verwiesen, dass die Finanzierung aus dem Einzelplan 14 nicht gesichert sei.
Für einen Großteil dieser 15 Vorlagen sind im Verteidigungshaushalt 2021 sowie in der aktuellen Finanzplanung bereits entsprechende Mittel veranschlagt und in den Geheimen Erläuterungen entsprechend ausgewiesen. Daher können wir nicht nachvollziehen, dass eine Finanzierung aus dem Einzelplan 14 nicht mehr leistbar ist.
Wir bitten Sie daher – ausgehend von den Geheimen Erläuterungen zum Verteidigungshaushalt 2021 – um eine detaillierte Erläuterung, wie die für diese Vorhaben vom Parlament bewilligten Gelder verwendet bzw. neu verplant wurden. Dafür ist eine – mit dem Bundesministerium der Finanzen abgestimmte – titelscharfe, nach Maßnahmen unterteilte Darstellung der gebundenen bzw. nicht gebundenen Mittel innerhalb der Kapitel 1404 und 1405 erforderlich, die sich auf den 54. und den 55. Finanzplan (gemäß Eckwertebeschluss 2021) erstreckt und auch die angemeldeten Mittel als Grundlage für die Finanzplanung ausweist.
Sowohl die mangelnde und verspätete Kommunikation als auch die nicht ausreichende Qualität der Antworten auf die Fragen aus dem parlamentarischen Raum verwundern.
Abschließend weisen wir nochmals darauf hin, dass die geplanten Vertragsabschlüsse oder deren eventuell notwendige Priorisierung nicht ohne das Parlament erfolgen werden. Um noch eine Behandlung der geplanten 25 Mio. Euro-Vorlagen in dieser Legislaturperiode gewährleisten zu können, bitten wir um Rückantwort bis Freitag, den 28. Mai 2021.

Der Ton, den die CDU-Abgeordneten Eckhardt Rehberg (Haushalt) und Henning Otte (Verteidigung) und die SPD-Parlamentarier Dennis Rohde (Haushalt) und Siemtje Möller (Verteidigung) gefunden haben, ist schon recht klar.

Bei Rehberg, Rohde* und Möller kommt zu dem empfundenen grundsätzlichen Affront gegen das Haushaltsrecht des Parlaments noch eine weitere Dimension hinzu: Diese drei Abgeordneten kommen aus Küstenländern mit ihrer Werftindustrie. Und im aktuellen Haushalt ist bereits Geld eingestellt für den Ersatz der betagten Flottendienstboote Oker, Alster und Oste (Foto oben). Der Neubau solcher Schiffe mit ihrer Aufklärungs- und Überwachungstechnik ist aus allen denkbaren Gründen nur von deutschen Werften machbar – sowohl der Überwasserschiffbau, aber erst recht die an Bord verwendete Technik gelten als nationale Schlüsselindustrien. Dass die gut zwei Milliarden Euro dafür zwar im Haushalt stehen, aber als nicht finanziert gelten sollen, dürfte die Parlamentarier zusätzlich erzürnt haben.

Das umfangreiche Rüstungsbeschaffungsprogramm, das das Verteidigungsministerium noch in den beiden letzten Sitzungswochen vor der Sommerpause im Juni vorlegen will, gerät damit erneut ins Rutschen. Das Ministerium hatte bereits zusätzliche, tatsächlich nicht finanzierte Vorhaben auf die Liste gesetzt. Aber eben auch bislang scheinbar gesicherte Projekte wieder unter Vorbehalt gestellt.

*KORREKTUR: Ich hatte übersehen, dass auch Rohde aus der niedersächischen Küstenregion kommt; er ist direkt gewählter Abgeordneter im Wahlkreis Oldenburg-Ammerland.

(Archivbild Oktober 2020: Die Flottendienstboote Oste (A52), Alster (A50) und Oker (A53) in Eckernförde – Helwin Scharn)