Sicherheitshalber der Podcast Folge 42: Der große europäische Strategievergleich: Frankreich. Großbritannien. Deutschland?
Sicherheitshalber ist der Podcast zur sicherheitspolitischen Lage in Deutschland, Europa und der Welt. Folge 42 ist ein ganz wenig anders als sonst üblich. Wir beginnen mit einer kurzen Beschreibung der Lage an der Grenze zwischen Russland und der Ukraine. Für eine Analyse, finden zumindest Ulrike Franke, Frank Sauer, Carlo Masala und ich, ist aber es aktuell noch zu früh. Deswegen reden wir danach (ausschließlich!) über das eigentlich geplante Thema, nämlich die neue Integrated Review Großbritanniens und die Actualisation stratégique Frankreichs. Welche Bedrohungswahrnehmungen, welches Selbstverständnis, welche militärischen Überlegungen und Ambitionen kommen in diesen Strategiepapieren zum Ausdruck? Und was und wie wird in Deutschland eigentlich strategisch gedacht?
Abschließend wie immer der “Sicherheitshinweis”, der kurze Fingerzeig auf aktuelle, sicherheitspolitisch einschlägige Themen und Entwicklungen – diesmal zu abgefangenen russischen Flugzeugen, abgezogenen amerikanischen Nuklearwaffen, abgelehnten(?) französischen Einladungen und dieser TLVS-Geschichte, bei der die Bundeswehr mal eben 13 Milliarden Euro gespart hat.
Ukraine/Russland: 00:01:45
Strategievergleich: 00:06:21
Sicherheitshinweise: 01:00:53
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Erwähnte und weiterführende Interviews, Literatur und Dokumente:
Zur Lage: Ukraine/Russland
Fighting Escalates in Eastern Ukraine, Signaling the End to Another Cease-Fire, New York Times, 30.3.2021
https://www.nytimes.com/2021/03/30/world/europe/ukraine-russia-fighting.html
Russian Troop Movements and Talk of Intervention Cause Jitters in Ukraine, New York Times, 9.4.2021
https://www.nytimes.com/2021/04/09/world/europe/russia-ukraine-war-troops-intervention.html
Telephone conversation with Federal Chancellor of Germany Angela Merkel – Mitteilung des Kreml (englisches Original) 8.4.2021
http://en.kremlin.ru/events/president/news/65325
Telefonat von Bundeskanzlerin Merkel mit dem russischen Präsidenten Putin – Mitteilung der Bundesregierung, 8.4.2021
https://www.bundesregierung.de/breg-de/suche/telefonat-von-bundeskanzlerin-merkel-mit-dem-russischen-praesidenten-putin-1886540
Disinformation Build-Up: Pro-Kremlin Media Reinvigorate their Focus on Ukraine – European External Action Service/East StratCom Task Force (EU), 8.4.2021
https://euvsdisinfo.eu/disinformation-build-up-pro-kremlin-media-reinvigorate-their-focus-on-ukraine/
Spot Report 6/2021: SMM long-range UAV unable to take off due to dual GPS signal interference – OSCE Special Monitoring Mission to Ukraine, 7.4.2021
https://www.osce.org/special-monitoring-mission-to-ukraine/483008
Thema 1 (von 1, diesmal) – Der große Strategievergleich
UK Integrated Review
https://www.gov.uk/government/publications/global-britain-in-a-competitive-age-the-integrated-review-of-security-defence-development-and-foreign-policy
Ministry of Defence Integrated Review Command Paper
https://www.gov.uk/government/collections/integrated-review-ministry-of-defence#defence-command-paper
France Actualisation stratégique 2021,
https://www.defense.gouv.fr/dgris/presentation/evenements/actualisation-strategique-2021
Mujtaba Rahman, European sovereignty has lost its biggest champion, Politico, 7 April 2021,
https://www.politico.eu/article/european-sovereignty-has-lost-its-biggest-champion-emmanuel-macron/
Le président Macron assiste à un exercice militaire dans l’espace, Opinion, 12 Mars 2021
https://www.lopinion.fr/blog/secret-defense/president-macron-assiste-a-exercice-militaire-dans-l-espace-238952
Podcast discussion mit Michele Flournoy, FT
https://podcasts.apple.com/gb/podcast/the-rachman-review/id1504048545?i=1000516233960
Positionspapier von AKK und GI: Planung für die ‚Bundeswehr der Zukunft‘, Augen geradeaus!, 09.02.2021,
https://augengeradeaus.net/2021/02/positionspapier-von-akk-und-gi-planung-fuer-die-bundeswehr-der-zukunft/
Georgina Wright, Bruno Tertrais, The UK’s Integrated Review: What Global Britain Means for France, 17.03.2021,
https://www.institutmontaigne.org/en/blog/uks-integrated-review-what-global-britain-means-france
Heather Williams, U.K. Nuclear Weapons: Beyond the Numbers, War on the Rocks, 06.04.2021,
https://warontherocks.com/2021/04/u-k-nuclear-weapons-beyond-the-numbers/
Nicolas Barotte, Après le Covid, l’Europe menacée d’un «déclassement stratégique», Le Figaro, 21.01.2021,
https://www.lefigaro.fr/international/apres-le-covid-l-europe-menacee-d-un-declassement-strategique-20210121
Johnson träumt von der neuen “Soft Power Superpower”, Interview mit Ulrike Franke, Der Spiegel, 07.4.2021,
https://www.spiegel.de/politik/ausland/boris-johnsons-global-britain-vision-von-der-neuen-soft-power-superpower-a-d2ee2fa5-0502-4146-9dd8-442b73ee1941
Julia Berghofer, The UK Government’s change in nuclear policy could raise difficult questions with the Non-Proliferation Treaty (NPT) community, ELN, 22.03.2021,
https://www.europeanleadershipnetwork.org/commentary/the-uk-governments-change-in-nuclear-policy-could-raise-difficult-questions-with-the-non-proliferation-treaty-npt-community/
Stefan Kornelius, Großbritannien:Johnsons Traum von neuer Stärke, SZ, 16.03.2021,
https://www.sueddeutsche.de/politik/boris-johnson-grossbritannien-aussenpolitik-1.5237664?reduced=true
Alexi Drew, The Integrated Review: a strategy of ‚bare bones‘ yet to be fleshed out, 31.03.2021
https://www.cyberalexi.com/blog/the-integrated-review-a-strategy-of-bare-bones-yet-to-be-fleshed-out
Economist Radio: Battle acts France beefs up its forces, April 2021 https://podcasts.apple.com/gb/podcast/battle-acts-france-beefs-up-its-forces/id151230264?i=1000515463432
The French armed forces are planning for high-intensity war, Economist, 03.04.2021,
https://www.economist.com/europe/2021/03/31/the-french-armed-forces-are-planning-for-high-intensity-war
Sicherheitshinweise
Frank: USA reduzieren Anzahl der im Rahmen der nuklearen Teilhabe in Europa stationierten Nuklearwaffen
https://www.zeit.de/politik/ausland/2021-03/atomwaffen-usa-europa-abruestung-militaer-nato?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.google.com%2F
&
Nuclear Notebook: United States nuclear weapons, 2021 – Bulletin of the Atomic Scientists, Hans M. Kristensen, Matt Korda, 12.01.2021
https://thebulletin.org/premium/2021-01/nuclear-notebook-united-states-nuclear-weapons-2021/
Carlo:
Französische Nuklearübung und eine Frage
https://www.connexionfrance.com/French-news/Why-you-may-hear-military-planes-flying-over-your-home-in-France-today
Thomas: Taktisches Luftverteidigungssystem TLVS “derzeit nicht im Fokus”
https://augengeradeaus.net/2021/03/planung-fuer-die-luftverteidigung-schwerpunkt-drohnenabwehr-entscheidung-ueber-tlvs-derzeit-nicht-im-fokus/
Rike: NATO Jets gegen russische Kampfflugzeuge am NATO Luftraum https://www.nato.int/cps/en/natohq/news_182897.htm
Beim Blick in die Ukraine konzentriert sich die Berichterstattung oft auf Truppenbewegungen, interessanter – und entscheidender – erscheint aber eher der „Aufmarsch“ im Informationsraum zu sein:
https://euvsdisinfo.eu/donbas-creating-fakes-on-the-ground/
Russland schafft erneut die Voraussetzungen für politische Erfolge über „Informationsoperationen“ und politische Einschüchterung auch mit militärischen Mitteln.
[In den passenderen Thread verschoben; auch wenn es sich dann mit den Shownotes überschneidet… T.W.]
Der Strategiebegriff scheint mir in der Diskussion etwas abstrakt zu sein.
Eine gute Strategie ist eine kohärente Zweck-Ziel-Mittel-Relation.
Dazu gehört dann auch „nitty-gritty“ im Sinne einer Stringenz.
Genau das fehlt ja bei den deutschen Weißbüchern schon traditionell.
Notwendig wäre aber auch eine intensivere Betrachtung des Kriegsbildes.
Dazu gab es ja schonmal eine Folge des Podcasts, wenn auch etwas anders angelegt.
Die Diskussion rundum das Kriegsbild bei Landstreitkräften war ganz interessant.
Wichtig erscheint mir dabei insbesondere die geopolitische Lage der Länder.
Die Annahme (von Dr. Sauer) es brauche deswegen keine mechanisierten Kräfte mehr wird in den USA, GBR, FRA, DEU und sonstwo so nicht geteilt.
Das Verhältnis zwischen direktem und indirektem Feuer verschiebt sich, aber führt nicht zu einem Wegfall eines Bereiches.
Dies wäre nur in einer friktionsloses Welt möglich.
In Deutschland gibt es auch aus meiner Sicht weiterhin ein weit verbreitetes Zerrbild der strategischen Ausrichtung Frankreichs:
Frankreich – wie in den Hinweisen erwähnt -sieht sieht die Notwendigkeit sich im Bereich der konventionellen Abschreckung in Europa zu engagieren.
Auf der Ebene der Mittel stärken Frankreich und Großbritannien eben ganz konkret die Fähigkeiten in Europa – mit den USA:
https://www.ftleavenworthlamp.com/community/2021/04/08/u-s-u-k-france-team-up-for-warfighter/
Die Diskussion darüber zu high-intensity und Stabilisierungsoperationen erinnert auch an die 90er Jahre (wer das Gefecht der verbundenen Waffen beherrscht…).
Es fehlte da aus meiner Sicht eine Kategorisierung nach Kriegsbilder bzw. Konfliktformen (nichtkonventionell, konventionell, unkonventionell).
Grossbritannien stärkt seine unkonventionellen Mittel für die Konflikte in der „grey zone“ mit dem neuen Rangerverband. Bin aber auch der Ansicht, dass man sich mehr nicht leisten kann (Landstreitkräfte), es aber mit gutem Marketing verpackt wird.
Aber was macht Deutschland gleichzeitig?
Auch im Mai werden die Ideen ja eher nicht revolutionär werden.
Und sollte nicht zumindest Polen auf der gleichen Ebene betrachtet werden?
Zum Glück kam am Ende die Finanzierung zur Sprache.
Wenn auch etwas oberflächlich, da fehlendes Geld planerisch (!) genau DAS Problem – auch in Deutschland – ist (im Gegensatz zu den Behauptungen von Prof. Masala) und deswegen soll ja die „Bundeswehr der Zukunft“ ab Mai 2021 entstehen. Verbindlich ist es natürlich nicht.
Mit echter Strategie wird es wenig zu tun haben.
Bzgl. des Sicherheitshinweises von TW.
Die Entwicklung soweit mitgekoppelt.
Doch sind die Zeichen irgenwie widersprüchlich. Die BM’in ließ sich ggü RND anders ein – siehe https://www.bmvg.de/de/aktuelles/verteidigungsministerin-akk-interview-multilateralismus-5049504:
Wir haben 15 Rüstungsprojekte inklusive der dazugehörigen Summen benannt. Dazu gehören neben den deutsch-französischen Projekten wie FCASFuture Combat Air System und MGCSMain Ground Combat System etwa die Nachfolge des Kampfflugzeuges Tornado, der Ersatz der veralteten Flottendienstboote, die Beschaffung von Luftfahrzeugen zur U-Boot-Abwehr sowie ein Taktisches Luftverteidigungssystem.
Auch in den USA bringt der Strategiewechsel hin zu „near peer competition“ noch so manches Problem mit sich:
https://breakingdefense.com/2021/04/army-still-too-focused-on-coin-fort-benning-co/
Auf strategischer Ebene sollte man sich aber zunächst einmal klar sein ob man überhaupt kein gemeinsames Verständnis gibt, in welchem Zustand man sich mit dem „competitor“ Russland befindet (competition, crisis, conflict) – dabei nicht auf klassische Domänen begrenzt.
Freue mich auf die neue Folge!
*Betretenes Schweigen*
@memoria ich habe nie gesagt, dass in DEu genug Geld da ist, für eine umfassende Ausstattung der Streitkräfte. ich habe nur darauf hingewiesen, dass unser Etat im nächsten Jahr wohl genauso groß ist, wie der von FRA
Bei den Briten kann ich mich nicht des Eindrucks erwehren, daß es sich bei diesem Review um eine kuriose Mischung aus der hochgradig verzerrten Selbstwahrnehmung des Tory-Elfenbeinturms und einer Prise Realität handelt. Die von Herrn Sauer so richtig als „merkwürdig“ betitelte Selbstbeschreibung klingt eher nach einer zwanghaften und geradezu manischen Selbstbestätigung einer Elite, die „the writing on the wall“ nicht sehen will und, trotz aller Gegenbeteuerungen, immer irgendwie noch zumindest mental am nostalgischen Bild der „British World Power“ aus Empire-Tagen klebt. Auch wenn die Folgerungen und Planungen im und durch das Review längst eine andere Sprache sprechen: Auch auf der Insel ist das (finanzielle) Hemd zu kurz und Kürzungen sind die Folge.
Wenn, wie im Podcast völlig zurecht hinterfragt, Russland als größte akute Bedrohung wahrgenommen wird, dann ist die faktische Demontage der Armee durch die angedachten Kürzungen schlicht unlogisch und all das Geschwurbel über „Global Britain“ und „Tilt to the Indo-Pacific“ nicht mehr als die Flucht vor der Realität. Und diese Realität heißt schlicht „Carrier Eats Armed Forces“. Und dann dennoch den einzigen Typ Flugzeug, der auf diesen Trägern betrieben werden kann (F-35B) auf nur 48 Stück zu deckeln und alles auf „Tempest“ zu setzen, das hat mehr als nur ein Geschmäckle nach Verschleierung der (fiskalischen) Realität und Selbstbetrug.
Bleibt am Ende die Frage wie lange britische Regierungen noch „kick the can down the road“ spielen können, bevor sie es auch sich selber eingestehen müssen: Ohne Resourcen können hochfliegende Weltmacht-Träume eben nicht realisiert werden.
@Carlo Masala:
Vielen Dank für ihre Rückmeldung.
Es liegt ja auch am Format eines Podcasts, dass manche Äußerungen spontan sind und somit ist eine Erläuterung zum Verständnis sehr hilfreich.
Ich bezog mich auf die Bemerkung bei 51:11 („Geld ist momentan nicht das Problem“).
Damit meinen sie wahrscheinlich den geplanten Aufwuchs im kommenden Jahr, der hilft aber eben nichts wegen der abfallenden Linie danach.
Dieses fehlende „Spielgeld“ ist aktuell ein massives Problem und führt – wiedermal – zur Reform der Reform ab Mai 2021.
Ich stimme ihnen jedoch voll zu, dass diese Diskussion nach der Wahl sicher erst richtig an Fahrt aufnimmt.
Eine Strategie werden wir bis dahin auch nicht haben, sondern weiterhin viele Einzelaktionen (Einsätze, Abschreckung, Indo-Pazifik, etc).
Also – positiv betrachtet – noch viel Stoff für viele Folgen des Podcasts.
Wie sehr sich Frankreich auf hochintensive Gefechte auf der Divisionsebene (und darüber) vorsieht zeigt sich in diesem Interview:
https://atlantico.fr/article/decryptage/guerres-du-futur—la-france-mise-sur-l-anticipation-de-conflits-militaires-conventionnels-le-royaume-uni-sur-la-technologie-qui-a-raison-conflits-armee-soldats-strategie-innovation-vincent-desportes-jean-dominique-merchet
Hier noch mehr Hintergrund:
http://www.penseemiliterre.fr/ressources/30137/15/retourdelahauteintensite.pdf
Und was macht Deutschland?
Ist mit einer VJTF auch im dritten Anlauf überfordert.
Wir reden von der „Division 2027“, Frankreich hingegen macht, insbesondere bei gemeinsamen Übungen mit USA und FRA.
Bündnispolitisch haben wir uns schon längst verzwergt.
Wir merken es nur schon nicht einmal mehr.
@Memoria
Herrn Masalas Hinweis auf den französischen Etat ist aber durchaus berechtigt, zumal die Franzosen, anders als wir, noch die Gendarmerie, einen Flugzeugträger und ihre Nuklearwaffen mitzufinanzieren haben und trotzdem über schlagkräftigere Streitkräfte verfügen.
Am Geld kann es also nicht liegen, jedenfalls nicht am Geld allein. Vielmehr wird das vorhandene Geld falsch verwendet; es versickert in ausufernden Bürokratie- und Personalkosten, wird für Einhornprojekte verpulvert. Diese Missstände lassen sich durch einen höheren Verteidigungsetat nicht beheben.
Im Gegenteil; selbst wenn man den Etat radikal erhöhte, würde sich dadurch nur die monetäre Verdunstungsfläche vergrößern. Das Geld würde eben nicht mehr im einstelligen, sondern im zweistelligen Milliardenbereich verschleudert, und es käme die Versorgungslast für neue Dienstposten hinzu.
@ Herr Wiegold
Es wurde in einem
Beitrag von Frank von einem weiteren Podcast mit Michèle Flournoy (USA) gesprochen. Thema: Abkehr von Legacy weapon systems zu stand off weapons.
Dieser podcast wurde noch nicht verlinkt und die beinah Verteidigungsministerin der USA ist sehr aktiv in der virtuellen Welt…
Könnten Sie diesen Poscast bitte noch verlinken?
[Äh, also, ich weiß nicht was Sie sehen, aber ich sehe oben diese Angabe in den Shownotes:
Podcast discussion mit Michele Flournoy, FT
https://podcasts.apple.com/gb/podcast/the-rachman-review/id1504048545?i=1000516233960
T.W.]
@muck:
Über die Finanzierung der Bundeswehr wurde in den letzten Jahren hier ja recht intensiv diskutiert (https://augengeradeaus.net/2019/11/haushaltsausschuss-ohne-ueberraschung-bisschen-mehr-geld-fuer-die-bundeswehr/#comment-325268).
Ihr Ansatz führt dazu, dass es weiterhin hohle Strukturen gibt und die Einsatzbereitschaft absinkt, da die von ihnen angenommenen Effizienzgewinne nicht so signifikant sind.
Egal wie intelligent die Organisation „gemanagt“ wird, mit der geplanten Finanzierung klappt es nicht.
Die begrenzte Sinnhaftigkeit der internationalen Vergleiche war hier ebenfalls schon Thema:
https://augengeradeaus.net/2020/10/sicherheitshalber-der-podcast-folge-34-militaerische-nutzung-von-neurotechnologie-die-nato-2-oder-wieviel-prozent-haetten-sie-denn-gern/
Dahinter liegt aber das echte Problem:
Der fehlende Anspruch und die Strategieunfähigkeit der deutschen Sicherheitspolitik.
Danke für die wieder einmal sehr spannende und hörenswerte Folge! Ich habe gerade mal in den Shownotes gestöbert und habe erfreut festgestellt, dass die verlinkte Actualisation stratégique 2021 (https://www.defense.gouv.fr/dgris/presentation/evenements/actualisation-strategique-2021) auch auf Englisch veröffentlicht wurde.
Dabei kam bei mir die Frage auf: Wie hält es denn die Bundeswehr bei ihren Publikationen mit fremdsprachigen Ausgaben? Das Weißbuch von 2016 habe ich mal auf Englisch gefunden, was ich als sehr sinnvoll erachte, aber wie sieht es mit einer Übersetzung z.B. ins Französische aus? Wäre wahrscheinlich keine so schlechte Idee.
@Memoria: „Dahinter liegt aber das echte Problem:
Der fehlende Anspruch und die Strategieunfähigkeit der deutschen Sicherheitspolitik.“.
Meiner Meinung nach liegt dies eher daran, dass die Kanzlerin jegliches Interesse an der Sicherheitspolitik vermissen lässt.
Wozu auch, Sie tut ja nur das, was nach den Umfragen zum Machterhalt nötig ist.
Und ne Kiste Bier an Wladimir P. aus M. ist da populärer.
Genau so wie eine Bundeswehr mit Kampfhubschraubern, die nicht fliegen, Schiffen ohne Tanker und Flugzeugen ohne Munition ist doch ein Heer von Sachbearbeiter*innen besser als kämpfende Divisionen.
Es treibt zwar Sie und mich in den Wahnsinn, aber man regiert damit ganz gut.
Nochmal OT. Zur Ukraine. Die bauen ihre T64 auf. Die Dinger laufen mit GEGENKOLBEN MOTOREN! Mal was ganz exotisches für alle Freunde der seltenen Technik. Grins
Sind die Strategiepapiere der Nachbarn auch ein Wink mit dem Zaunpfahl nach Berlin?
Zum einen sieht man Moskau als direkte Gefahr, widerspricht sich aber womöglich inhaltlich mit Bezug auf die praktischen Militär- und Rüstungspolitischen Folgen.
Rieke deutet es mit F-GB doch an: F-GB-D ala da fehlen die 4 Divisionen der Bundeswehr als letztes Puzzleteil europäischer Verteidigung.
Alternativ könnte man vermuten, beide Mittelmächte überließen eine Verteidigung gegen Moskau ihrem nuklearen Arsenal. Oder der guten Laune und Selbstüberschtzung, denn wie wollen die das bezahlen? (Vgl. Merkel: „Ich bin die Bank“)
Gefährlich, wenn sich zwei immer kleiner werdende Mittelmächte ihrem Imperium nachweinen…
P.S: Wir haben die DW und unsere Stiftungen, da ist auch ne Basis da 😉
Im o.g. Link zu „The French armed forces are planning for high-intensity war, Economist, 03.04.2021,“ wird angesprochen, dass man auch in FRA von einer 10-Jahres Vorwarnzeit ausgeht. Eine Zahl, die in DEU auch immer wieder kursiert. Angesichts der offenbar doch recht potenten RUS-Streitkräfte ist mir immer wieder schleierhaft, wie man darauf kommt, und es bedeutet de facto, dass man zu LV/BV eben auch in FRA nicht in der Lage ist – lässt man mal das Armageddon-Szenario eines Nuklearkrieges aussen vor. Ich halte das mittlerweile für äusserst gefährlich – die Unfähigkeit, konventionell auf konventionelle Aktionen von z.B: RUS zu reagieren, droht dann wieder zu dem „Massive-Retailiation“ Weltuntergangsszenario der 50er zu führen, als man auch schon einer konventionellen Überlegenheit der potenziellen Gegenseite zu wenig entgegen zu setzen hatte.
Dass FRA weit mehr Bang-for-the-Buck erzeugt als DEU wurde hier ja schon oft angesprochen. Ich stelle leider immer wieder fest, dass DEU sich hier ggü. FRA sehr unsolidarisch verhält.
Zu „Und was und wie wird in Deutschland eigentlich strategisch gedacht?“ wäre die vermutete und erwartete Wahrheit: De facto nichts verwendbares.
Zur Beruhigung von DEU kann aber ggf. die rote Laterne der grossen EU-Staaten hins. LV/BV bald an GBR abgegeben werden, wenn es da drüben so weiter geht.
Ein Staat ist eine Weltmacht, einer möchte wieder eine Weltmacht sein und der dritte Staat würde am liebsten überhaupt keine Militärmacht sein…
Die Briten sind ohne die USA hilflos und da nutzen auch aufgestockte Atomwaffen und zwei Flugzeugträger nichts. Die Briten haben sich beim ständig geänderten Layout ihrer teuren Träger verzockt und haben jetzt zu große Plattformen mit wenig Kampfkraft und fehlenden Unterstützungseinheiten. Außerdem fehlt ihnen generell das Geld für ihr neues Empire-Denken.
Wir haben das Geld und mangelnden Willen, es für das Militär auszugeben.
Die Franzosen liegen in ihrer Einstellung und finanziellen Kraft in der goldenen Mitte und werden deshalb das mächtigste Land (dieser 3) bleiben.
@Der Realist
Die Probleme FRAs sind innenpolitischer Natur. Und die OP SENTINELLE bindet zu viele Kräfte mit sehr wahrscheinlich geringem Effekt.
Und wirklich (politisch nachhaltig) erfolgreich ist FRA in den Einsätzen auch nicht, da nützen taktische Erfolge nur bedingt.
@Der Realist:
Eine Weltmacht ist niemand der drei Staaten. Dies sind perspektivisch lediglich die USA und China.
Die echte Frage für Strategien in Europa ist doch eher:
Was sind wirklich unsere Probleme und wie können wir diesen begegnen?
Der britische Fokus auf „east of Suez“ und der Anspruch Frankreichs im Indo-Pazifik (danach folgend Deutschland) sind nur der Abgesang der europäischen Mittelmächte, deren Eliten (insbesondere in UK) noch nicht realisiert haben, wie weit Anspruch und Wirklichkeit (vorallem auch wirtschaftlich) auseinander liegen.
@Memoria
„Was sind wirklich unsere Probleme …“ Manchmal macht man sich auch welche, z.B. DEU in Mali oder im Indo-Pazifik.
Aber wenn man sich über seine eigenen Interessen nicht klar ist … wobei die Beamten im AA u.a. sicher sehr gute Analysen und Vorlagen erstellen, man muß dann aber auch entscheiden und entsprechend umsetzen – Bereitschaft und Fähigkeit.
@Memoria
Wir sind näher beisammen, als es den Anschein haben mag, denn freilich ist der fehlende ganzheitliche Ansatz das grundlegende Problem. Zu viele Köche kochen ihr eigenes Süppchen, und so werden Zeit und Geld für redundante oder obsolete Strukturen verschwendet.
Wobei ich diesem Zusammenhang bemerken muss, dass man in Berlin meiner Auffassung nach nicht mal das eigene dürftige Weißbuch befolgt. Sich konsequenter selbst an diesem Meisterwerk schwammiger Absichtserklärungen zu orientieren, könnte schon ein Fortschritt sein.
Einige Beispiele in loser Sortierung:
• Hätte man 2011 langfristiger gedacht und die Heeresflugabwehr erhalten, müsste man sie jetzt nicht für teures Geld und mit einem Zeithorizont jenseits der fünfzehn Jahre mühsam wieder aufbauen.
• Hätte Deutschland eine planvolle Außenpolitik unter Einschluss militärischer Mittel formuliert, könnte man –nach dem Vorbild anderer Staaten – Auslandseinsätze der Streitkräfte aus Sondermitteln der beteiligten Regierungsstellen finanzieren, statt aus dem Etat, der dem Grundbetrieb und Fähigkeitserhalt der Streitkräfte dient.
• Seit beinahe 25 Jahren, mindestens aber seit 2006 (Wegfall der europäischen Lösung) gelingt es der Bundeswehr nicht, sich zwischen nur zwei verfügbaren Mustern als Nachfolge für die CH-53G zu entscheiden. Man denke an all das Geld, dass in Obsoleszenzbeseitigungen und Ertüchtigungen gesteckt werden musste.
Womöglich könnte man hier argumentieren, dass es klug gewesen sei, die Truppenerprobungsphase der CH-53K abzuwarten. Umgekehrt wird ein Schuh draus: In einer Zeit, in der bereits bedarfsmäßig die Hütte brannte, stand nur ein einziges Muster zur Verfügung, trotzdem wurde nicht zugegriffen.
Dass das Geschäft letztes Jahr wieder in die Hose ging, ist nicht fehlenden Geldmitteln geschuldet. Mit dem bereitgestellten Geld hätte man locker Lfz in erforderlicher Zahl und angemessener Ausstattung erwerben können. Stattdessen wollte man (und musste bürokratiebedingt) wieder mal die Goldrandlösung kaufen.
Ich muss nicht weiterschreiben; die Beispiele sind Legion, Sie kennen Sie ebenso gut wie ich – oder noch besser. Ungenutztes Optimierungspotential ist überall vorhanden. Als Steuerzahler tendiere ich sogar zu der Ansicht, es sollte genutzt werden, bevor man einen höheren Etat beantragt.
@ Memoria
Im Gegensatz zu GB ist F eine Weltmacht, die auch nach wie vor Überseegebiete unterhält. Gegenüber anderen Staaten würden ich sie so vermutlich auch nicht bezeichnen…
Ohne die USA würde kein britisches atomares U-Boot fahren, es gäbe keine Bordflugzeuge für die beiden Flugzeugträger, keinen AWACS-Nachfolger, keinen neuen U-Bootjäger. usw.
Ohne F hätte GB nicht einmal die Flugzeugträger…
Die Luftwaffe und Marine von GB sind in den letzten 100 Jahren noch nie so klein gewesen. Ich sehe GB auf unserem Level, auch wenn das dort niemand hören möchte.
Die 3 genannten Länder haben allesamt gegen China, Indien und die USA keine Chance, einen Konflikt zu gewinnen. Frankreich würde am längsten durchhalten, aber gewinnen können sie nicht.
Darum brauchen wir eine gemeinsame europäische Armee.
Wie man es auch immer verpackt, und da gibt es wohl kulturelle Unterschiede: DEU, FRA und GBR zollen alle den Anziehungskraeften Asiens Tribut, und auf jeweils auf ihre Art definitiv tributpflichtig sind hier DEU und GBR ggueb. USA. Nur sind wir weder eine P5-Atommacht, noch haben wir unser Hoheitsgebiet ueber den ganzen Globus gesprenkelt, oder sind rammdoesig aus der EU ausgetreten. Was strategische Autonomie angeht, ist FRA dem, wenn auch eingeschraenkt, von allen drei wohl am naechsten.
Dass wir das anders als die Briten „framen“, wenn ueberhaupt mal irgendetwas erklaert wird, liegt daran, dass weder in DEU noch bei unseren Partnern irgendwer wirklich deutsche Strategiefaehigkeit vermisst. Wir machen nur dann nicht alles mit, wenn irgendwelche Leitwoelfe es vermasseln, fuer das jeweilige Vorhaben eine Legitimationsgeschchte zu erzaehlen, die in DEU innenpolitisch mit genau jener gewuenschten strategischen Zurueckhaltung korrespondieren muss. Aber die Initiative in Sachen Abschreckung und/oder Machtprojektion in Europa und der Welt ueberlassen wir vernuenftiger Weise lieber anderen.
Verklemmte Ausbrueche wie damals auf der 2014er Muenchener Sicherheitskonferenz, wo die DEU Staatsfuehrung sich auf SiPo-Selbstverpflichtungen verstieg, die man dann wohl innenpolitisch als Druckmittel ausbeuten wollte, wird es wohl so schnell nicht nochmal geben.
Der alte Trick, auswaerts irgendwelche Dinge anzuschieben, um dann mit dem Hinweis, dass man ja nun leider, leider bei den Partnern in der Pflicht stehe, diese Dinge zuhause durchzudruecken, zieht bei vielen Hinterbaenklerinnen und Hinterbaenklern im Parlament nicht mehr. Von denen werden, so meine Vermutung, auch gerne mal Beschaffungsvorhaben bez. auslaendischen Wehrmaterials torpediert, was nahe liegt, wenn man sich aktuell anschaut, was fuer ein Autoritaet die jeweilige Partei- oder Fraktionsfuehrung in Union und SPD noch ins Feld fuehren kann. Von den unverfrorenen Amigos auf den billigen Plaetzen ganz zu schweigen.
Daher, alles in allem, wird sich in DEU in absehbarer weder direkt noch indirekt eine strategische Kultur entwickeln, wie sie sich insbesondere im anglo-amerikanischen Raum etabliert hat. Diese garantiert aber auch keinen Weitblick oder muss einen zwangslaeufig vor strategischen Offenbarungseiden bewahren, aber die Themen kommen auf den Tisch und Ideen stehen offen im Wettstreit miteinander. Da DEU aber eine besondere politische Kultur besitzt, die immer eine gewisse Spur von Selbstueberlistung braucht, um voran zu kommen, fahren wir sowas eben anders, aber im Ergebnis sind die Aehnlichkeiten, was Schwerpunkt und abgeleitete Massnahmen angeht, zu den Partnern doch augenfaellig.
@J10
Ihr Kommentar verwundert mich in einem Punkt doch ein bisschen, obwohl ich Ihnen in vielen Details zustimmen muss.
Was mich wundert, ist Ihre Aussage, dass es „vernünftig“ sei, dass Deutschland keine Maßnahmen zur Abschreckung und Machtprojektion in Europa und darüber hinaus unternähme. Dieses derzeitige (seit etwa 18 Jahren) Handeln bzw. Nicht-Handeln kann den Status Quo bewahren, solange es andere Akteure gibt, die (kostenlos?) die für uns Abschreckung gewähren und unsere Interessen jenseits von Kanalküste und Ukraine und Mittelmeer wahren (was für uns als Wirtschaftsnation, deren Wohl & Wehe untrennbar mit freiem Zugang zu Märkten verknüpft ist, Existenzgrundlage darstellt).
Wir liefern uns auf Gedeih und Verderb dem Wohlwollen anderer Staaten und deren Regierungen aus, stets in der Erwartung, selbst so unverzichtbar zu sein, dass andere in der Kosten-Nutzen-Abwägung die Übernahme der Schutzfunktion zu unseren Gunsten übernehmen – selbst wenn wir uns standhaft weigern, unsererseits Solidarität zu üben. Das geht wahrscheinlich ziemlich lange gut – auch römische Vasallenstaaten haben sich in der Antike sehr lange Zeit in solch einer Rolle wohl gefühlt. Das erinnert sehr an die Situation eines Mannes, der aus dem 20. Stockwerk springt, und bis ins 1.OG hinunter freudig bei jedem Stockwerk ruft „klappt prima“.
Als „vernünftig“ würde ich das allerdings nicht bezeichnen.
Vernünftig wäre es, die politische und kulturelle Führung eines Landes unternähme die Anstrengung, die Interessenlage des eigenen Landes zu definieren und kontrovers darüber zu diskutieren, welche sicherheitspolitischen Ableitungen und Maßnahmen daraus folgern. Alles andere ist das Warten auf den Einschlag (hoffend, er kommt erst für die nachfolgenden Legislaturperioden).
@muck“
„Hätte man 2011 langfristiger gedacht und die Heeresflugabwehr erhalten, müsste man sie jetzt nicht für teures Geld und mit einem Zeithorizont jenseits der fünfzehn Jahre mühsam wieder aufbauen.“
Hätte, hätte… Ihre Schlussfolgerung deswegen nun den Fehler nicht zu korrigieren und dabei zu bleiben ist für mich nicht logisch.
Es besteht jetzt eben Korrekturbedarf, der Verweis auf finanziell getriebene (!) Entscheidungen vor 10 Jahren ist da ziemlich wohlfeil.
Man kann sich natürlich stets an solchen Entscheidungen aufhängen und eine bessere Finanzierung der Bundeswehr deswegen ablehnen.
Damit wird man diese endgültig zerstören, da der Investitionsbedarf einfach enorm ist.
Wenn Deutschland wesentliche Beiträge zur Abschreckung in Europa leisten will (weil dies andere immer weniger tun) – als Kern unserer sicherheitspolitischen Startegie – dann kostet das mehr Geld egal wie sehr man das Beschaffungswesen noch optimiert, da sonst die Betriebskosten den gesamten Haushalt ausfüllen.
@Der Realist:
Wir haben offenbar sehr unterschiedliche Ansichten was eine Weltmacht ausmacht.
Der Besitz von Überseegebieten ist es für mich sicherlich nicht.
Meine stets hohen Erwartungen an die einzelnen Folgen wurden im Strategievergleich durchaus enttäuscht.
Die Betrachtung der FRA Absichten kam mir deutlich zu kurz, was an der kulturell und sprachlich exklusiv angelsächsichen Ausrichtung der Diskutanten liegen könnte?
Die Differenzierung zwischen politischer und militärischer Strategie, generell zu kurz kommend, fand ich bemerkenswert.
Hierzu wurde wenig (Weißbuch ’16) auf deutsche Postionen eingegangen, was u.U. auch besser ist, sonst wäre die Beantwortung der Frage erforderlich gewesen, welchen praktischen Stellenwert denn ein deutsches Weißbuch in der Politik des AA, des BMVg wohl so hat? Schlimm ist, vor Ende 2022 wird es Neues dazu nicht geben. Bis dahin dürfte RSM tatsächlich gelaufen sein, 9/11/21 end of tour, und VJTF 2023 steht in den Startlöchern. Alles mit DEU „Strategie-Handbuch“ von vor dann 6 Jahren? Übel.
Dr. Frank Sauer: sinngemäß, „mit weitreichenden konventionellen Angriffswaffen müssen große Infanterieverbände und Panzeransammlungen wegfallen“. Das hätte ich gern erklärt, samt Alternativen zu Mitteln mit operativer Stoßkraft.
Boxer: British Army setzt ausschließlich auf Boxer, jenseits von 148 Challenger 2, nämlich 523 EA. https://mobile.twitter.com/nicholadrummond/status/1270382199783804928/photo/1
2. UK Carrier: die Prince of Wales, erfüllt Funktion „amphibischer Angriffsträger“ mit 40 HubSchr und Raum für 900 Marines. Urspgl waren aber 36 F35B vorgesehen, mit letztlich kritischer Finanzierung.
@Der Realist
Weltmacht, definiert sich über:
Landmasse, Bevölkerungsmasse, Wirtschaftskraft, Verfügungsgewalt über Nuklearmittel, durchsetzungsfähiges politisches System in Zusammenhang mit nachhaltigem politischen Einfluss in globaler Reichweite.
Frankreich passt offensichtlich nicht unter diese Kategorien.
Wo, überraschenderweise, Frankreich unschlagbar ist, es verfügt unter Einbindung der Überseegebiete über die längste Küstenlinie weltweit, was aber Nebensache bleibt.
@Memoria
Schon klar … hätte, hätte, Fahrradkette.
Sie ist nicht logisch, und gerade deswegen habe ich eine solche Schlussfolgerung niemals gezogen. Natürlich muss die Flugabwehr wiederaufgebaut werden.
Mir fällt auf, dass Sie sich gerade an diesem einen Beispiel aufhängen, trotz des vielfältigen Angebots. Allein, der Betrieb des FlakPz Gepard kostete nicht die Welt. Mit das teuerste an der Heeresflugabwehrtruppe waren die Dienstposten, deren wenige aber ersatzlos wegfielen. Die meisten DP wurden bloß verlagert.
Der finanzielle Aufwand, der jetzt entsteht, weil man mühsam den Markt sichten, das Gerät testen, es kaufen, einführen und das Personal heranziehen und beüben muss, dürfte die Einsparungen insgesamt deutlich übersteigen.
Wohlgemerkt, die Truppengattung wurde 2013 außer Dienst gestellt. Man hat es also nicht einmal geschafft, über bloß ein Jahrzehnt im Voraus zu planen und eine realistische Bedrohung im Blick zu behalten. Warum? Weil der deutsche Staat insgesamt nicht vorausplant, es keine ganzheitliche Strategie gibt.
Und diese Untätigkeit, darin sind wir uns ja einig, zieht sich wie ein roter Faden durch alle Bereiche der deutschen Sicherheitspolitik. Ich schließe lediglich daraus, dass Reformen auf der politischen Ebene sowie in puncto Verwaltung und Beschaffungswesen die Geldnot lindern könnten und daher zu priorisieren sind.
Das tue ich überhaupt nicht. Was ich ablehne, ist, die Etaterhöhung den erforderlichen Reformen voranzustellen und den Gedanken wie eine Monstranz vor sich herzutragen, dass mit mehr Geld allein alles gut werde, besonders wenn die Gefahr besteht, dadurch Fehlentwicklungen zu verstetigen.
Dies gilt umso mehr, da wir in einer Rezession stecken und die inner- wie die außerparlamentarische Opposition lauter und lauter fragt, warum die Bundeswehr mehr Geld haben will, wenn sie damit weniger als andere Armeen auf die Beine stellt. (Siehe etwa die Aussagen des Abgeordneten Lindner.)
Es bringt nichts, ein Schlagloch alljährlich mit Schotter zuzuschütten, während Frost und Regen den Schaden unter der Deckschicht allmählich vergrößern. Man muss die Straße endlich ordentlich sanieren. Dazu kann gerne mehr Geld in die Hand genommen werden.
@KPK
Zu einer Weltmacht bedarf es m.E. auch einer gewissen Autarkie bei wichtigen Rohstoffen, insbesondere auch in Bezug auf die Energieversorgung, aber auch Ernährung.
@Thomas Melber
Ja, Rohstoffe und Energie, logisch.
Die einzig in Frage stehenden Kandidaten für „Weltmacht“, ich ergänze Super Power, erfüllen diese geforderte Qualität allerdings in der Untermenge von Landmasse, was nicht diskutierbar ist.
Diese sind die USA zu 100%, RUS in sinkender, und CHN in steigender Tendenz.
Sehr langfristig kann Indien dazustoßen, EUropa übrigens nie.
@Klaus-Peter Kaikowsky (KPK)
Ich spreche perfekt französisch, einer meiner Hauptthemen sind deutsch-französische Beziehungen und ich habe die Strategie im Original gelesen.
Der Grund, warum wir im Vergleich die britische mehr erwähnt haben, als die französische haben wir in der Folge erklärt: die Briten haben auf mehreren hundert Seiten eine NEUE Sicherheitsstrategie herausgegeben, mit dazugehöriger Militärstrategie. Die Franzosen haben ihre BESTEHENDE Strategie upgedated, deutlich weniger umfangreich. Das haben wir mehrfach während der Folge erwähnt.
@Ulrike Franke
Pardon, Frau Franke, ich will natürlich nicht persönlich werden.
Offenbar habe ich dann Ihre Erwähnungen nicht so aufgefasst, wie es verstanden werden sollte.
Ich höre noch einmal rein.
MfG
@muck:
Es ist ja nicht so, dass es gar keine nachvollziehbare Planung der Bundeswehr gibt. Die aktuelle ist sogar eine der stringentesten seit Jahrzehnten.
Ihre Vorstellung man müsse erst noch grundlegende Probleme lösen, führt realpolitisch dazu, dass dies zwar angekündigt wird, aber nie gänzlich in einer Großorganisation funktionieren kann.
Bis dahin sinkt der Verteidigungshaushalt weiter ab, damit gehen weitere Fähigkeiten verloren.
Ihr Beispiel STH halte ich übrigens ebenfalls für wenig überzeugend, da hier besonders industriepolitische Wünsche eine Realisierung im Kostenrahmen verhindert haben. Die Bundeswehr wird nun für Dinge bestraft, die ausserhalb der Bundeswehr liegen.
Insgesamt wird der Finanzrahmen der Bw Absinken, die von ihnen vermuteten Optimierungen wird es nicht geben.
Wir gehen in eine weitere Runde des Kaputtsparens. Dabei werden weitere Fähigkeiten – mehr als Material! – verloren gehen.
Strategisch (das eigentliche Thema) in der Weltlage sehr kurzsichtig.
@ KPK
Ihrer Logik nach wäre Russland also keine Weltmacht…
Dann müssen wir sie ja auch nicht immer wieder als neue, alte Bedrohung heranziehen…DAS würde ich sogar unterstützen.
Ich habe es hier im Forum schon oft gesagt, dass ich keinem Land Europas die Fähigkeit zuschreibe, gegen die neu entstandenen und entstehenden Weltmächte China und Indien zu bestehen. Frankreich macht da keine Ausnahme, obwohl sie klar die Nummer 1 in Westeuropa ist.
Wenn Europa die gemeinsamen Interessen und Werte in der Wirtschaft und der Politik durchsetzen möchte, geht das auch nur gemeinsam.
Aber das Gegenteil passiert.
Es werden überall Milliarden für neue Waffensysteme in homöopathischen Dosen ausgegeben. Das beste Beispiel dafür ist immer wieder unsere lächerliche Beschaffungspolitik für die Marine. Jede Klasse der Fregatten hat 3 bis 4 Schiffe, anstatt endlich eine modulare Klasse einzuführen. Die neuen U-Boote wurden als Ergänzung der Jetzigen versprochen und dann so spät eingeführt, dass die ältesten aktuellen Boote ausgemustert werden müssen…Seeaufklärer, die ihre Aufgaben nicht erfüllen, U-Bootjagdhubschrauber, die 20 Jahre nach den ersten Artikeln über sie in der Fachpresse bestellt werden, usw.
Es ist einfach nur traurig, welche Chancen der europäischen Zusammenarbeit und Beschaffung durch nationale Befindlichkeiten blockiert werden.
Ein sehr schöner, entspannter Podcast. Eine Pflicht, ebenso wie dieser Blog, für alle sicherheitspolitisch, militärisch interessierten Menschen. Vielen Dank an Herrn Wiegold und die anderen Partizipierenden.
P.S. : Wenn es länger als eine Stunde dauert, dann muss ich einfach mehr Laufen. Ich sehe es als Herausforderung ;)
Schönen Tag allerseits.