Bundeswehr soll bis Mitte August aus Afghanistan abziehen (Update: BMVg-Korrektur)

Die Bundeswehr soll ihren Einsatz in Afghanistan bis Mitte August beenden. Das kündigten Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer und Generalinspekteur Eberhard Zorn in einem Tagesbefehl an die Streitkräfte an. Zuvor hatte die NATO beschlossen, den Abzug der internationalen Truppen in der Resolute Support Mission zum 1. Mai zu beginnen und innerhalb weniger Monate abzuschließen. Ausschlaggebend dafür war die Ankündigung der USA, ihre Truppen bis zum 11. September vom Hindukusch abzuziehen.

Die deutschen Streitkräfte waren in Afghanistan seit Dezember 2001 im Einsatz: zunächst parallel in der Operation Enduring Freedom (OEF) zur Unterstützung der USA nach den Terrorangriffen des 11. September 2001 und in der International Security Assistance Force (ISAF), ab 2015 in der Nachfolgemission Resolute Support. 35 deutsche Soldaten fielen am Hindukusch.

Die Bundeswehr verlässt Afghanistan mit Stolz. Unsere Soldatinnen und Soldaten haben alle Aufträge erfüllt, die das Parlament ihnen gegeben hat, hoben Ministerin und Generalinspekteur in ihrem Tagesbefehl am (heutigen) Donnerstag hervor. Jetzt sei das oberste Ziel, die noch rund 1.100 deutschen Soldatinnen und Soldaten, zivile Mitarbeiter und auch die Soldaten anderer an der Mission beteiligter Nationen sicher nach Hause zu bringen.

Dafür sollen unter anderem vorübergehend zusätzliche Bundeswehrkräfte zur Sicherung nach Afghanistan verlegt werden – unter anderem ist zusammen mit den Niederlanden die Entsendung von einem Mörserzug geplant, um auf mögliche Angriffe der Taliban auf die internationalen Truppen reagieren zu können.

Der Tagesbefehl im Wortlaut:

Tagesbefehl zum Afghanistan-Beschluss des NATO-Rates

Soldatinnen und Soldaten, Reservistinnen und Reservisten,
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter!

Gestern beschloss der NATO-Rat das Ende des Einsatzes in Afghanistan. Zum 1. Mai 2021 wird die Rückverlegung aller Kräfte der Mission „Resolute Support“ beginnen. Bis zum 11. September 2021, dem 20. Jahrestag der Terroranschläge auf die Vereinigten Staaten, werden alle Soldatinnen und Soldaten der Alliierten und ihrer Partner das Land verlassen haben.
Damit endet nach fast 20 Jahren der intensivste und verlustreichste Einsatz in der Geschichte der Bundeswehr.
Unser oberstes Ziel ist es, alle unsere Soldatinnen und Soldaten, zivile Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wie auch unsere internationalen Kameradinnen und Kameraden gesund und sicher in ihre Heimat zurück zu bringen. Darauf sind wir vorbereitet. Verläuft alles nach Plan, werden bereits Mitte August alle deutschen Kräfte Afghanistan verlassen.
Wir begleiten und beschützen den geordneten Abzug mit zusätzlichen Sicherungskräften.
Die Bundeswehr verlässt Afghanistan mit Stolz. Unsere Soldatinnen und Soldaten haben alle Aufträge erfüllt, die das Parlament ihnen gegeben hat.
Der Einsatz in Afghanistan hat die Bundeswehr geprägt. Die Soldatinnen und Soldaten haben unter oft schweren Bedingungen einen wichtigen Beitrag im Kampf gegen den internationalen Terrorismus geleistet.
Deutschland wird den afghanischen Friedensprozess und die Verhandlungen in Istanbul weiter unterstützen. Auch nach dem Ende der Mission „Resolute Support“ werden sich die Mitgliedsstaaten der NATO für eine stabile und friedliche Zukunft Afghanistans einsetzen. Wir appellieren an die Nachbarstaaten und an die internationale Gemeinschaft, einen langfristigen Beitrag für eine gute Entwicklung Afghanistans zu leisten.
Gemeinsam mit dem Auswärtigen Amt, dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sowie den anderen beteiligten Ministerien der Bundesregierung werden wir nach der sicheren Heimkehr aller unserer Männer und Frauen eine gründliche Bilanz des vernetzten Ansatzes in Afghanistan ziehen.
Wir denken heute besonders an Major Jörn Radloff, Hauptfeldfwebel Marius Dubnicki, Stabsunteroffizier Josef Kronawitter und Oberstabsarzt Dr. Thomas Broer. Sie fielen am 15. April 2010 in Gefechten bei Baglan. Fünf weitere Kameraden wurden schwer verletzt.
Sie stehen beispielhaft für alle, die im Afghanistan-Einsatz ihr Leben ließen oder verwundet wurden. Einige von ihnen leiden bis heute an Spätfolgen und Traumatisierungen. Die Menschen in Deutschland sind ihnen zu größtem Dank verpflichtet. Wir vergessen ihren Einsatz und ihr Opfer nicht. In Gedanken sind wir bei ihnen, ihren Familien und Hinterbliebenen.

(Update: Das BMVg hat den ursprünglichen Tagesbefehl durch eine Neufassung ersetzt. In der ursprünglichen Fassung hieß es

Damit endet nach fast 20 Jahren der längste und verlustreichste Einsatz in der Geschichte der Bundeswehr.

Dieser Satz wurde durch die Neufassung ersetzt

Damit endet nach fast 20 Jahren der intensivste und verlustreichste Einsatz in der Geschichte der Bundeswehr.

Der derzeit längste Einsatz in der Geschichte der Bundeswehr ist der im Juni 1999 begonnene und bis heute andauernde, wenn auch deutlich reduzierte Einsatz im Kosovo.)

Zur Situation aus Afghanistan berichtet die BBC derweil aus Mazar-e Sharif:

‚We have won the war, America has lost‘, say Taliban

(Archivbild: ISAF-Einsatz Januar 2012 – Alexander Linden/Bundeswehr)