Vergabeverfahren für neues Bundeswehr-Sturmgewehr vorerst gestoppt
Der Auftrag für ein neues Sturmgewehr der Bundeswehr, das die bisherige Standardwaffe G36 ablösen soll, wird vorerst gestoppt. Die Vergabestelle, das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) hob nach einer Beschwerde der unterlegenen Firma Heckler&Koch die Entscheidung über den Auftrag wegen einer möglichen Patentrechtsverletzung durch den siegreichen Bieter C.G. Haenel auf. Das Verteidigungsministerium hatte Mitte September angekündigt, den Auftrag für 120.000 neue Gewehre an die Suhler Firma zu vergeben.
Aus der Mitteilung des Ministeriums an den Haushaltsausschuss des Bundestages:
Auf Grundlage des am 30. September 2020 bei der 1. Vergabekammer des Bundes beim Bundeskartellamt eingegangenen Nachprüfungsantrags der Firma Heckler&Koch hat die Vergabestelle des Bundes, das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr, erstmalig nachprüfbar von einer möglichen Patentrechtsverletzung durch die Firma C.G. Haenel Kenntnis erlangt.
Die darauf eingeleiteten internen Prüfungen haben zum Ergebnis geführt, dass eine entsprechende Patentrechtsverletzung durch den Bieter C.G. Haenel zulasten des Bieters Heckler&Koch nicht auszuschließen ist.
Vor diesem Hintergrund war die Vergabestelle des Bundes angehalten, das Informationsschreiben (§134 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen) an die Bieter über die beabsichtigte Zuschlagserteilung an die Firma C.G. Haenel aufzuheben.
Die Vergabestelle des Bundes wird damit in eine Neubewertung der Angebote unter Berücksichtigung aller Aspekte eintreten.
Unklar ist bislang, um welches Patent es sich dabei handelt. Zusätzlich kompliziert wird die Lage voraussichtlich dadurch, dass der Entwickler der Waffe, die bestellt werden soll, früher auch für Heckler&Koch tätig war.
Das Verteidigungsministerium hatte Mitte September die überraschende Entscheidung für Haenel als Lieferanten des künftigen Sturmgewehrs bekannt gegeben. Gegen die Auswahl des Sturmgewehrs MK556 der Firma, die ein Tochterunternehmen eines Konzerns in den Vereinigten Arabischen Emiraten ist, hatte der unterlegene Konkurrent Heckler&Koch rechtliche Schritte eingeleitet, die jetzt zu einem vorläufigen Erfolg führten.
Es ist bereits das zweite – und ebenfalls seit Jahren laufende – Vergabeverfahren für Ausrüstung der Bundeswehr, das innerhalb kurzer Zeit gestoppt wird: Erst Ende September war die Beschaffung des künftigen Schweren Transporthubschraubers für die Streitkräfte abgebrochen worden.
Damit ist vorerst auch unklar, wie lange sich ein Ersatz der seit Mitte der 1990-er Jahre genutzten Sturmgewehre G36 von Heckler&Koch hinziehen wird. Das jetzt abgebrochene Vergabeverfahren war bereits 2017 begonnen worden.
Der Grünen-Verteidigungspolitiker Tobias Lindner, der auch im Haushaltsausschuss sitzt, fand harsche Worte für die Entscheidung:
Dieser Vorgang ist eine gigantische Blamage für das Verteidigungsministerium. Ein Jahre andauerndes Vergabeverfahren, bei dem man alles superrichtig machen wollte, kippt wegen eines dummen Anfängerfehlers. Für die Bundeswehr ist dieser Vorgang bitter: nicht nur wird die Truppe noch weitere Jahre auf ein neues Sturmgewehr warten müssen, ein Abbruch des Vergabeverfahrens würde einen zweistelligen Millionenbetrag kosten. Ich erwarte, dass das Verteidigungsministerium nun unverzüglich transparent macht, ob und in welcher Höhe ein Schaden entstanden ist und wo die Verantwortung liegt. Anschließend müssen auch personelle Konsequenzen aus diesen Vorgängen gezogen werden.
Nachtrag: Heckler&Koch reagierte auf die Entscheidung mit einer Mitteilung, die leider zum Thema Patentverletzung auch keine weiteren Informationen bietet:
Heckler & Koch ist seit 60 Jahren ein zuverlässiger, seriöser und enger Ausrüstungspartner der Bundeswehr. Unsere Soldaten sowie unsere Nato-Partner können sich auf die Qualität unserer Waffen verlassen. Das gilt heute ebenso wie für die Zukunft. Insofern ist Heckler&Koch dem Verteidigungsministerium ausgesprochen dankbar, die Vergabeentscheidung für das neue Sturmgewehr der Bundeswehr vor dem Hintergrund unserer Rügepunkte noch einmal überprüfen zu wollen.
(Archivbild: Abgelegte Sturmgewehre G36 bei der NATO-Übung Noble Jump auf dem polnischen Übungsplatz Zagan)
Können wir den ganzen unsäglichen Zirkus einfach bleiben lassen, endlich die bescheuerte Optik loswerden und uns nochmal 120.000 G36 liefern lassen?
Und „einfach“ den Ausgang des Verfahrens(?) rund um das Patent abwarten geht nicht? Moratorium o.ä. – betrifft ja auch H&K, wenn der Konkurrent vergleichbar juristisch „zurückschießt“.
Jedenfalls sind hoffentlich die physikalischen und wirtschaftlichen Eigenschaften unstrittig und das alles nochmal zu prüfen denkbar stupide.
Was sagt man dazu…
@Robin
Unbedingt. Zeitgemäße Optik drauf und das G36 ist eine tiptop Waffe.
Kann man sich alles sparen.
Dass die Haenel ein Klon ist weiss man doch eigentlich schon länger ???
Vergleichsvorschlag:
H&K zieht seinen Einspruch zurück. Die BW kauft die Haenel wie geplant, und zusätzlich zehntausend HK433 (plus mehr MP7 für Fahrzeugbesatzungen sowie MG5 statt MG4) für die Grennies (und die zukünftigen schweren Ka-Boxer Kompanien). Die bleiben laut Doktrin ohnehin meist nah am Fahrzeug, können also kurzfristig etwas mehr Gewicht in Form von Munition mitschleppen, falls nötig.
Sagen wir zwanzigtausend, dann haben wir etwas Reserve und können ggf reagieren falls in einem spezifischen Auslandseinsatz (Regenwald? Buschland mit viel störendem Gestrüpp?) das kleinere Kaliber suboptimal erscheint.
Haenel und HK können sich dann immer noch über Patente und Lizenzzahlungen streiten, wenn sie wollen. Und falls Haenel nicht fristgerecht liefern kann, kann jederzeit der H&K Vertrag aufgestockt werden … Gibt genug anderweitige Verwendungen (FOB Verteidigung, Sicherungssoldaten der LW) wo etwas mehr Gewicht kein Problem ist.
Ist wurscht…. Ich kenne zwei ehemalige Fallschirmjäger Afghanistan Veteranen (2016) , die mit ihren aktuellen G36Axx blendend auskamen.
Die Ergonomie eines G36 mit niedriger picatinny oben ist unübertroffen… Oder hat schon mal einer versucht mit nem M4 Derivat im Liegen nen Magazin zu wechseln und durchzuladen?… (würg, Arm verkrampf).. Oder nen Klappschaft anzubauen? (das kann in der M4 Welt nur das SIG MCX) Das HK433 vereint beide Welten optimal. Nur das Kaliber taugt im 21.jhdt nicht… Zurück zu 7.62 mit neuer high tech ladung oder ein modernes 6.5er Derivat als Kompromiss zwischen gewicht/speed, und Durchschlagskraft, das wäre besser.
Wieso ist jetzt die Vergabestelle daran schuld, dass eine patentrechtsverletzung vorliegt? Verstehe die Forderung von Lindner irgendwie nicht…
Das klingt für mich einfach nach einer Auseinandersetzung zweier Unternehmen mit harten Bandagen und die Bundeswehr blickt nun in die Röhre.
@all
Die Diskussionen über „eigentlich ist das G36 gut, warum was Neues“ und „mit dem Kaliber wird das nix“ sind hier in den vergangenen Jahren zigfach geführt worden. Bei Bedarf einfach nachlesen. Damit jetzt wieder bei Null anzufangen, bringt keinem was. Mit anderen Worten: bitte nicht.
Lt. ESuT spekulieren „Fachkreise“ bereits länger über eine Patenrechtsverletzung eines Patentes der Fa.Magpul, im Bereich des Magazins, welches Haenel lt. ESuT bei Oberland Arms bezieht.
Trennung:
Die aufgeregte Art L.s ist weder der Ursachenforschung noch der BW dienlich, aber darum muss es kurz vor dem Wahlkampf ja auch gar nicht gehen.
Wovon spricht Lindner da?
Welcher Anfängerfehler? Welche Blamage?
Waren Patentstreitigkeiten da irgendwie absehbar?
Warum soll nach Herrn Lindner das BAAINBw für etwaige Patentrechtsverletzungen verantwortlich sein? Und warum fällt H&K die angebliche Patentrechtverletzung erst jetzt auf, obwohl das Gewehr schon länger auf dem Markt ist? Es ist mehr als traurig, dass am Ende wieder die Truppe Opfer dieser würdelosen Partisanenpolitik wird.
Und verzeihen Sie mir bitte Herr Wiegold, der folgende Beitrag war ein echtes Highlight: „Ich kenne zwei ehemalige Fallschirmjäger Afghanistan Veteranen (2016) , die mit ihren aktuellen G36Axx blendend auskamen.“
Das ist natürlich Klasse wenn das G36 im TAACN HQ beim Anschießen in MES so gut funktioniert hat. Ich vermute es hat auch sehr gut in einem Shelter gelegen. „Fallschirmjäger-Afghanistan-Veteran 2016 kennen“, dass muss man sich wirklich auf der Zunge zergehen lassen.
Die wesentliche Abweichung des Haenel MK566 vom AR15-Standard ist die Verwendung eines „short-stroke piston“. Der Gasdruck zum repetieren der Waffe wird nicht durch ein Rohr sondern durch ein Gestänge zurück in den Verschluss übertragen. Nach dem selben Prinzip funktioniert auch das HK416 von Heckler & Koch. Ich kann mir vorstellen, dass hier der Hund begraben liegt und Haenel sich zu sehr von der HK416 hat inspirieren lassen.
NA dann warten wir es doch mal ab.
Die Grundwaffe AR15 ist aus den 50ern. Patente abgelaufen.
Das AR18 als Technikgeber des Kurhubgestänges ist aus den 60ern.
Das konnte HK dann kopieren und im Grunde gibst an so simplen Sachen dann keine geheimnisvollen Patente.
Was an den Grüchten dran ist, wer ev. Patente besitzt (Robert Hirt als Mitentwickler HK 416 , jetzt bei CARACAl oder HK) und was überhaupt patentiert sein soll, wird interessant sein.
Dann wissen wir mehr.
Dauert nun alles wieder länger für die Soldaten.
Mal @ All. Sollte sich irgendwann (und dass kann dauern) eine Einigung finden lassen. Werden die g36 verschrottet? Oder verschenkt? Oder eingelagert?
@Brainstormer sagt: 09.10.2020 um 17:28 Uhr
„Lt. ESuT spekulieren „Fachkreise“ bereits länger über eine Patenrechtsverletzung eines Patentes der Fa.Magpul, im Bereich des Magazins, welches Haenel lt. ESuT bei Oberland Arms bezieht.“
Auf esut gibt es dazu keine Meldung, Sie meinen sicherlich die hier: https://soldat-und-technik.de/2020/10/bewaffnung/24204/system-sturmgewehr-bundeswehr-vergabeverfahren-aufgehoben/
@Arno Schmidt:
Meines Wissens war an der Entwicklung des Caracal CAR 816, auf dem ja das Haenel MK556 basiert, der HK416 Entwickler Robert Hirt beteiligt. Nicht undenkbar also, dass das Problem dort liegen könnte. Aber vielleicht hat jemand ja präzisiere Informationen?
Das fällt HK jetzt ein dass angeblich ein Patent verletzt wurde – gibt ja das MK556 auch erst seit gestern. Da fällt mir echt nix mehr ein – absolutes Schmierentheater auf Kosten der Truppe.
Nur zum verständnis. Wo kommt denn eigendlich der Wert von der. Max Nutzungsdauer 20 j oder so her? Wenn ich alle Anbauteile bis hin zum Schlagbolzen nagelneu bei jeder Wartung ersetzen kann? Und im Grunde alle zufrieden sind?
@ Johannes Ram ;09.10.2020 um 17:48 Uhr
Haben Sie es verschlafen? Seit geraumer Zeit sind alle irgendwie Veteranen. Ob im Auslanseinsatz oder Zuhause an der LV/BV Front. Daher kann ich keinen Fehler darin erkennen!
-Trennung-
Auch wenn es skuril erscheint, die absolute Maße der Nutzer des G36 haben scheinbar keine Probleme mit der „Ordonnanzwaffe“. Wo liegt hier also ihren Äusserungen nach der Fehler?
Gegenfrage: Haben Sie mit dem G36 einmal bei 30Grad+ einen ganzen Tag geschossen? Ich meine so, daß danach der Handschutz (egal welcher) kaum anzufassen war?
Nach dem Verschuß von ca. 200+ Patronen (in unmittelbarer Folge) mit dem 08/15- G36 konnte immer noch ein Hartziel 40x40cm auf 200m sicher getroffen werden…
Ich lasse mir daher ihren Beitrag auch auf der Zunge zergehen und bewerte das für über 85% der Truppe, die weitere Nutzung des G36 ohne merkliche Folgen für die Einsatzbereitschaft haben wird.
[Ich versuch’s noch ein Mal mit dem freundlichen Hinweis, dass die Debatte „Das G36 ist doch nicht schlecht“ hier über Jahre zigfach geführt wurde und hier nicht erneut geführt wird. T.W.]
@Dante: Folgendes ist laut Wikipedia mit den G3 passiert: „Nach fast 40-jähriger Nutzung des G3 durch die Bundeswehr wurde im Dezember 1997 die Ablösung durch das neue G36 beschlossen. Im Zuge der Umrüstung wurde ein Großteil der Waffen, zumeist ältere Jahrgänge, seit 2002 vernichtet, um eine ungewollte Verbreitung in Krisenregionen durch nicht mehr nachvollziehbare Folgeverkäufe zu verhindern. Trotzdem befinden sich in den Depots der Bundeswehr auch weiterhin mehrere hunderttausend G3-Gewehre für den Fall der Landesverteidigung, die auch weiterhin gewartet werden, zum Beispiel durch das Nachrüsten des oben genannten Hülsenabweisers. Außerdem sind auch in den Waffenkammern vieler Bundeswehreinheiten immer noch G3-Gewehre vorhanden und einsatzbereit.“
Zitat von Spiegel Online: „Nach SPIEGEL-Informationen geht es um einen Patentrechtsstreit rund um das Magazin des MK556-Sturmgewehrs. Haenel liegt offenbar bereits seit längerer Zeit mit einem US-Hersteller überkreuz, der sich bestimmte Komponenten des Magazins patentrechtlich schützen ließ. Aus Sicht der Thüringer Waffenschmiede besteht jedoch kein Schutz.“
Vielleicht hilft das hier ja bei der Suche nach der Grundlage und/oder jemand weiß mehr?
@Wa-Ge: In der Tat, ich meinte den Artikel der Soldat und Technik; streiche ESuT, setze SuT. Danke für die Korrektur!
H& K kann es einfach nicht. Das G36 ist war vor 20 Jahren mal gut aber ist schon lange nicht mehr zeitgemäß.
Hänel wäre super für die Truppe geworden aber dann geht H& K pleite und das kann und will die Politik nicht.
Dante 09.10.2020 um 18:52 Uhr:
Die Nutzungsdauer ist erstmal nur eine im Rahmen der Beschaffung getroffene Bewertung nach wie vielen Jahren ein System voraussichtlich nicht mehr nutzbar ist, weil z.B. es nicht mehr den zu erwarteten Veränderungen der taktischen Anforderungen entspricht, technisch veraltert oder nicht mehr mit Ersatzteilen versorgbar ist.
Anders als bei der Mindesthaltbarkeit von Milchprodukten oder Frischfleisch kann man aber durchaus am Ende der Nutzungsdauer zu dem Ergebnis kommen, daß das Produkt unverändert weiter verwendert werden kann oder durch geringfügige Änderungen (beseitigen von Obsoleszenz, also Austausch von nicht mehr Marktverfügbaren Ersatzteilen gegen verfügbare) in der Nutzungsdauer verlängert werden kann. Dann macht man ein „Nutzungsdauerverlängerung“.
Abzugrenzen wäre das gegen die „Kampfwertsteigerung“ wo, durch Änderungen das Systeme neue Fähigkeiten erhält, mit denen es die aktuellen taktisch/technischen Anforderungen erfüllt, mit denen es dann ebenfalls wieder weiter nutzbar wird.
In beiden Fällen muss im Rahmen der Prüfung auch festgestellt werden, ob die Nutzungsdauerverlängerung oder Kampfwertsteigerung des vorhandenen Systems wirtschaftlicher ist als die Entwicklung und Beschaffung eines neuen.
Das Problem im BAAIN scheint ja in den letzen Jahren (oder Jahrzehnten) eher zu sein, daß man vor lauter Umgliederung der Bundeswehr, des eigenen Hauses und der Beschaffungsprozesse es nicht mehr schafft, zeitgerecht vor Ablauf der Nutzungsdauer diese Bewertung durchzuführen oder eben, weil die Entwicklung der eigentlich fest vorgesehenen Neubeschaffung eines anderen Systems sich deutlich verzögert, eine ursprünglich garnicht geplante NDV des eigentlich auszuphasenden Systems kurzfristig über´s Knie brechen muss.
Also das, was man z.B. zur Zeit beim SPz Marder oder nun wohl auch bei der CH-53G macht (machen muss)…
Interessant ist auch die Stückzahl: 120.000 Stück. Im letzten „großen Konflickt“ war das der Monatsbedarf unserer Truppe.
Das man erst jetzt von einer möglichen Patentrechtsverletzung erfährt ist m. E. eine kalkulierte Sollbruchstelle im Vergabeverfahren. Wenn ich vom Hersteller fordere, dass sein Produkt frei von Rechten Dritter ist und als Nachweisart Eigenerklärung angebe, dann wird das erstmal jeder Hersteller bestätigen.
Allerdings gibt es im BAAINBw genau für solche Fälle eine eigene Abteilung, die jedoch von sich aus nicht tätig wird, sondern nur auf Nachfragen durch das jeweiliges zuständige Vertragsreferat.
Diese Abteilung hat nur im Falle einer möglichen Patentrechtsverletzung zwei entscheidende Nachteile, dort sitzen Juristen und keine Techniker und soweit ich informiert bin, auch keine Patentreferenten, Patenrechercheure oder gar Patentanwälte. Damit ist auch klar, warum erst nach Vergaberüge das BAAINBw von einer möglichen Patentrechtsverletzung erfährt.
Ansonsten sind Patente nichts geheimnisvolles. Jeder kann in der Datenbank des DPMA recherchieren. Und prüfen wer welche Rechte besitzt.
„…Erst dadurch habe das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) „erstmalig nachprüfbar von einer möglichen Patentrechtsverletzung durch die Firma C.G. Haenel GmbH Kenntnis erlangt“, schreibt Silberhorn…“ (Welt)
Da steht bei AG (@Brainstormer) in den Kommentaren was anderes, siehe oben!
Da stimmt doch was nicht!
[Nur um an der Stelle keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Das ist nicht Silberhorn in der ‚Welt‘, sondern Silberhorn an den Bundestag, s. Text oben. Das kann man jetzt infrage stellen, wenn Sie meinen, „da stimmt doch was nicht“, sollten sie das auch erläutern. T.W.]
Ist mir jetzt thematisch nicht ganz klar:
„Die darauf eingeleiteten internen Prüfungen haben zum Ergebnis geführt, dass eine entsprechende Patentrechtsverletzung durch den Bieter C.G. Haenel zulasten des Bieters Heckler&Koch nicht auszuschließen ist.“
vs
„Die genauen Patentverletzungen wurden zwar nicht genannt, in Fachkreisen ist jedoch seit geraumer Zeit zu hören, dass beim MK556 Angebot der Firma C.G. Haenel möglicherweise ein Patent der Firma Magpul Industries (Magazin) verletzt wurde. Haenel stellt das Magazin nicht her, dieses wird nach Erkenntnissen von Soldat & Technik durch die in Bayern ansässige Oberland Arms GmbH zugeliefert.“
Diese Einschätzung deckt sich doch nicht mit der Pressemitteilung, die von einer möglichen Patentrechtsverletzung zu Lasten HK spricht. Oder gibt es hier einen Zusammenhang, der mit nicht bekannt ist?
Wenn es sich bei dem fraglichen Patent nicht um eines handelt, welches Heckler und Koch gehört, dann hat der Vorgang möglicherweise nur aufschiebende Wirkung. Haenel könnte Nutzungsrechte am Patent beim Rechteinhaber kaufen, diesen als Lieferanten der fraglichen Komponente wählen oder das Bauteil (Magazin?) so modifizieren, dass es keine Patente dritter verletzt.
Die Frage ist: Wenn man Haenel das Recht zur Nachbesserung in diesem Sinne einräumt – muss man dann auch HK das Recht einräumen, seinerseits verbesserte Waffen zur Nachprüfung vorzustellen?
Eine solche Nachbesserungsrunde gab es ja schon im Auswahlverfahren…
@Tony
Das Prinzip des Kurzhubgestänges (short stroke piston) ist selbstverständlich nichts Neues und schon lange bekannt. Dessen technische Umsetzung im Detail hat jedoch starken Einfluss auf Rückstoß, Balance, Gewicht und Zuverlässigkeit der Waffe. Hier gibt es eine Reihe von technischen Umsetzungen für zivile AR15 Derivate von US Herstellern, die alle mehr oder weniger gut im einen oder anderen Bereich sind. In den USA sind Kurzhubgestänge für die AR15 Platform eine noch relativ neue Entwicklung und auch noch nicht sonderlich weit verbreitet.
Aber wer weiß? Vielleicht hat HK auch ein Patent auf irgendwas anderes und wir haben in den falsche Richtung gedacht.
Das ist doch erbärmlich. Diese „Behörde“ gehört grundlegend reformiert…!
Auch bei der Beschaffung des G3 spielten Patentstreitigkeiten eine Rolle. Damals Mauser gegen Heckler & Koch. Die Rechtesituation war sehr komplex, da Fabrikant Großfuß auch mitmischte.
Nach den Aussagen damals Beteiligter (zum Beispiel Direktor Vorgrimler von Mauser), wurden letztlich in einem Gentlemens Agreement von Behördenseite der Firma Mauser zum Ausgleich andere Aufträge zugesichert. Was im Zeichen der Wiederbewaffnung sicherlich einfacher zu realisieren war.
In der heutigen, total verregulierten Situation und in Ermangelung von Gentlemen in Industrie (Profit über alles) und Behörden (bloß keine Verantwortung übernehmen) steht uns stattdessen wohl ein jahrelanger Rechtsstreit bevor,
@Deus_Ex_Machina
„Ansonsten sind Patente nichts geheimnisvolles. Jeder kann in der Datenbank des DPMA recherchieren. Und prüfen wer welche Rechte besitzt.“
Das „prüfen“ wer welche Patente besitzt ist durchaus komplizierte als mal eben in einer Datenbank nachzuschauen, wie in dem momentanen Fall durchaus ersichtlich ist. Die Meldung ist ja, dass Haenel die Patente von Magpull verletzt, so jedenfalls die U.S. Firma, Haenel sieht das natürlich anders.
Wer in dieser Situation Recht hat, steht eben nicht in der Datenbank.
[Nein, die Meldung hier (!) ist nicht, dass Haenel die Patente von Magpul verletzt. Das spekulieren andere; es wäre schon gut, wenn da sauber getrennt würde. Und ob die vom BMVg erwähnte Patentverletzung sich darauf bezieht, weiß ich zumindest nicht. T.W.]
@Stoerfang sagt: 09.10.2020 um 20:02 Uhr
„Diese Einschätzung deckt sich doch nicht mit der Pressemitteilung, die von einer möglichen Patentrechtsverletzung zu Lasten HK spricht. Oder gibt es hier einen Zusammenhang, der mit nicht bekannt ist?“
Die Lesart könnte auch die sein, dass jegliche potentielle Patentverletzung seitens des Haenel Angebotes automatisch zu Lasten von HK spricht, egal ob da ein HK Patent verletzt wurde oder nicht.
Wichtig in diesem Zusammenhang ist auch der letzte Satz der Mitteilung: „Die Vergabestelle des Bundes wird damit in eine Neubewertung der Angebote unter Berücksichtigung aller Aspekte eintreten.“
Wenn Beispielsweise ein für die Waffe entscheidendes Bauteil für die Patentverletzung verantwortlich wäre, dann müsste man das Angebot der Waffe auch nicht mehr prüfen, da diese dann ja automatisch disqualifiziert wäre. Betrifft es dagegen eine Baugruppe die vergleichsweise leicht austauschbar wäre, dann könnte man die Waffe ja weiter Betrachten. Und ein Magazin wäre ja so ein Bauteil, Da könnte man sich ja vielleicht sogar mit dem Hersteller einigen. Wäre es ein Patent von HK, wäre eine Einigung in diesem Zusammenhang ja wohl eher unwahrscheinlich.
Die Tatsache, dass irgendjemand im Ausschuss, Ministerium oder Baainbw bereits vor Tagen einen 20-Seiten-Vermerk (VS-NfD natürlich gekennzeichnet) mit Angebotspreisen etc. an den BusinessInsider durchgestochen hat, verleiht der Sache eine besondere Würze.
Es gibt hier auf politischer- oder Behördenseite mindestens ein großes Leck, mit Interessen.
Was verwunderte war, dass weder SZ, FAZ noch AG darüber berichtet haben.
[Und das hat jetzt mit der möglichen Patentverletzung, die das BMVg nennt, genau was zu tun? T.W.]
Meine These: HK wird rechtzeitig „Munition“ wie die mutmaßliche Patentrechtsverletzung gegen den Wettbewerber gesammelt haben, für den Fall, dass HK den Zuschlag nicht erhält. Diese wird nun ins Feld geführt. Grundsätzlich wirtschaftlich nachvollziehbar. Kann hier aber nicht erkennen, was dem BAAINBw hier vorzuwerfen ist, wenn seitens HK die Patentrechtverletzungen nicht vor Abschluss des Vergabeverfahrens geltend gemacht wurden (was zu vermuten ist).
Nunja, ob das BAAINBw hier irgendeine Schuld trifft, sei dahingestellt. Aber egal. Die Behörde ist und bleibt ein Sanierungsfall.
Der nächste (und weitaus lautere Knall) steht schon bevor! Hören Sie sich in Berlin um.
[Ich liebe verschwörungsmystisch angehauchtes Geraune… T.W.]
@ Arno Schmidt
ANchmeinem technischen Verständnis ist das weder in den USA, noch sonsto neu. Auch sind alle Patetnte diesbezüglich schon zeitlich abgelaufen.
Siehe Auch SIG516, SIG MCX, SCAR, Bushmaster ACR, Robinson MCX,…. undendlich viele.
Davor gabs das schon im SKS, FAL, STGW44 usw.
Verschklussträger mit Verschlusskopf und Kurzhubstange hat HK vom AR18 ins G36 „überführt“, Das kann man leicht erkennen.
Im 416 ist das ganze dann mit ebenfalls agelaufenen Patenten aus dem AR15 kombiniert (Verschlussträger dahingehend egewechselt, Sonst ist alles bereits so in den 50ern vorhaben.
Daher bin ich fast geneigt das magazingerücht aufzunehmen. Das wäre dann aber über Bande gespielt.
Natürlcih geht das zu Lasten HK, aber wegen des verlorenen Vergabeverfahrens und nicht wegen Patenten seitens HK. Am 416 ist eigentlich nichts neues. Man hat AR15 und AR18 zusammengeführt. Ursprünglich ging das 416 auch als Wechselsyetem (Oberteil) ins Rennen, um ein kostengünstuges Upgrade der M4 anzubieten.
Die US Streitkräfte hätten so die Unterteile behalten können und preiswerter bei identer Bedienung eine Modernisierung bekommen.
Grüße
Also meiner Ansicht nach kann man dem BAAINBW keinen Vorwurf machen.
Gerüchte kann es immer geben, das ist kein Grund, einen Bieter auszuschließen.
Und ganz ehrlich :
Soll die Behörde jetzt bei allen Bauteilen einzeln prüfen, ob es Patentverletzungen gibt?
Dann viel Spaß mit dem MKS 180 von Damen, da gibt es viele Bauteile.
@T.W.
Da war @Stoerfang mit der erläuterung schneller.
@Karl
HK geht nicht pleite, Produktion läuft.
Andere europäische Staaten setzen auf Erfahrung, Qualität und Versorgbarkeit.
Ein paar Punkte werden in den Kommentaren verdreht und müssen richtiggestellt werden:
– Wenn man das Statement genau liest, steht dort nirgendwo, dass das Vergabeverfahren abgebrochen wurde. Ausschließlich die Auswahlentscheidung wurde revidiert. Das heißt, dass das Verfahren die vorherige Phase nochmal durchlaufen wird. Die Angebote werden neu bewertet.
– Bezüglich der möglichen Patentverletzung ist der Bieter verantwortlich dafür, dass er ein Produkt liefert, dass frei von Mängeln ist. Das schließt auch Rechtsmängel mit ein. Das BAAINBw ist nicht in der Pflicht, dass pro-aktiv zu prüfen. Es muss aber reagieren, wenn es von solchen Mängeln erfährt. Das hat es auch getan und damit korrekt gehandelt.
Unabhängig davon halte ich das Statement von Herrn Lindner für einen ziemlich durchsichtigen Versuch, den nächsten „Skandal“ zu inszenieren und sich selbst ins Gespräch zu bringen. Mal ehrlich Herr Lindner, das kauft Ihnen doch keiner ab und Sie machen sich mit solchen Statements nur lächerlich. Das ist mindestens genauso lächerlich wie die Entscheidung von UvL das G36 überstürzt in Rente zu schicken. Von Politikern erwarte ich die Fähigkeit zum Führen. Andere Schlecht machen (in diesem Fall die Mitarbeiter des BAAINBw) ist aber eher unterste Schublade und Kindergarten. Die Grünen täten gut daran einen fähigen Ersatz für Herrn Lindner zu finden (und das sage ich als Stammwähler der Grünen).
Wenn ich meinen Vorredner folge, dann würde das Vergabeverfahren mit beiden Waffen fortgesetzt werden wenn der Mängel bei Heanel beseitigt.
Als Endanwender sehe ich da nicht wirklich ein Problem. Die Waffe als Plattform an sich ändert sich nicht. Das Magazin als Zubehör wird über Dritte zugekauft. Selbst bei einer eigenen Herstellung wäre es selbst jetzt noch möglich die fraglichen/streitigen Teile des Magazins ausreichend zu ändern.
—> Würde unter diesen Vorraussetzungen nicht dennoch Haenel als Sieger aus dem Vergabeverfahren hervorgehen?
Man kann H&K doch sehr gut verstehen. Die sind ein Unternehmen, die einen großen Auftrag haben wollen. Obendrein geht es da um den Heimatmarkt den man sich nicht wegnehmen lassen will.
Sie sind in das Auswahlverfahren gegangen und wurden nicht in der Produktqualität geschlagen, sondern beim Endpreis….. OK passiert, wenn man ein Cleveres Unternehmen ist hat man für so einen Fall vorgesorgt. Haben sie gemacht, ihre Anwälte haben das MK 533 durchleuchtet und ein Haar in der Suppe gefunden.
Wenn es ein Patent eines dritten ist, hätte man im Vorwege auch gar nichts tun können, sondern erst im Rahmen einer Rüge bei der Vergabekammer des Bundes als unterlegener Wettbewerber.
Business Insider spricht nicht von Patentrechtsverletzungen, sondern von „geheimen Absprachen“ zwischen der Rechtsabteilung des BAAINBw und Haenel.
Das gäbe dem ganzen Vorgang auch nochmal einen neuen Geschmack.
[Links zu deutschen Verlagswebseiten finden hier, wie bekannt, i.d.R. nicht statt; deshalb Link entfernt. T.W.]
@Rainer sagt: 09.10.2020 um 21:57 Uhr
Ich hätte ja nicht gedacht, dass ich Lindner mal gegen einen grünen Stammwähler verteidige, aber ich finde Lindners Einlassungen nicht außerhalb der Bandbreite, die ein Oppositionspolitiker äußern darf/sollte.
Ja, formal gesehen haben Sie vermutlich Recht, dass dem BAAINBw kein Vorwurf zu machen ist, aber angesichts der Zeitläufe wäre es vermutlich im Interesse der Bundeswehr gewesen, wenn das BAAINBw vorausschauend Probleme antizipiert hätte.
Es sei denn, dass kann ich nicht sagen, da ich nicht im Thema stecke, es hat dieses Problem antizipiert, hatte aber keine andere Wahl als auch rechtlichen Gründen es dennoch laufen zu lassen. Oder man sah das Problem, ist aber gelassen, dass die Auswahl am Ende doch Bestand haben wird. Oder möglicherweise gab es auch noch andere, berechtigte Gründe, die das BAAINBw dazu bewegt haben so zu handeln.
So oder so, da das die Opposition nicht weiß, kann sie die Regierung zu Recht kritisieren. Und insgesamt ist Lindner mEn für einen Oppositionspolitiker nicht der schlechteste Fachmann.
Also ich sehe auf Seiten des BAAINBw kein Versäumnis. Ein Anbieter eines Produktes muss bei seinem Angebot zusichern, dass es frei von Lasten Dritter ist, wie z.B. geistiges Eigentum eines Anderen.
Viel fragwürdiger ist hingegen die Vorgehensweise von H & K. Man kann zwar einerseitzs verstehen, dass H&K als unterlegener Bewerber Sand in das Getriebe streuen wollte, aber eigentlich ist dies ein Machtkampf zwischen der Bundesregierung und der Fa. Heckler & Koch.
Als Haus- und Hofliefererant für die Bw haben sie eine Platzhirschmentalität entwickelt, die mittlerweile unerträglich geworden ist. In ihre Pressemitteilung zu formuluieren, dass sie als mittelständisches Unternehmen Verantwortung für 950 Arbeitsplätze haben und damit quasi den höheren Preis für das Angebot zu legitimieren versuchen, ist in einer Marktwirtschaft schon dreist !
Ich hoffe, dass auch nach dem Patentstreit die Fa. Haenel zum Zuge kommt und H & K mal eine Lektion erteilt wird.
@Koffer:
Da der Kamerad L. sowohl im Verteidigungsausschuss, als auch im Haushaltsausschuss sitzt, kann man das Argument „Sitzt in der Opposition und weiß es daher ja nicht besser“ so in meinen Augen nicht anbringen.
@Koffer: Ehrlich gesagt, sind mir das zu viele Unbekannte, um Personelle Konsequenzen zu fordern.
Laut Welt könnte es die Präsidentin des BAAINBW treffen, welche von Frau vdL eingesetzt wurde.
Dafür ist mir das ein Fass zu viel.
@Koffer
Würde mich interessieren, wie man solche Probleme „vorausschauend antizipiert“.
In Zeiten von 25 Mio Vorlagen im HHA und der jährlichen Haushaltsführung kann man die Projektplanung eben nicht mal einfach um ein Risiko (wurde dieses überhaupt erkannt?) ergänzen. Dann läuft man nämlich mal eben 2 Jahre aus dem Plan… erst recht, wenn eine BT-Wahl ansteht und dann erst mal Schicht im Schacht bzgl. HHA und 25 Mio Vorlagen ist. Wenn nicht sogar eine HH-Sperre obendrauf kommt.
@Georg sagt: 10.10.2020 um 10:47 Uhr
„Also ich sehe auf Seiten des BAAINBw kein Versäumnis.“
Würden Sie diese Aussage auch wiederholen, wenn HK bspw. die möglichen Patentprobleme auch in der Rüge aufgeführt hätte (die das BAAINBw ja vor der zulässigen Maximalfrist abgeschmettert hat).
„Viel fragwürdiger ist hingegen die Vorgehensweise von H & K.“
Merkwürdiges Verständnis eines Rechtsstaates jemanden zu kritisieren, der rechtlich zulässige Schritte unternimmt und am Ende auch noch Recht bekommt.
Wenn es nicht erwünscht ist, dass Vergabeentscheidungen nachträglich überprüft werden können, dann muss der Bundestag halt das Recht ändern.