DroneWatch: Verteidigungsministerium legt Regeln für bewaffnete deutsche Drohnen vor

Pünktlich zum Beginn der parlamentarischen Sommerpause hat das Verteidigungsministerium dem Bundestag seinen Bericht zur Debatte über die Beschaffung der Bewaffnung für Drohnen der Bundeswehr vorgelegt. Dazu gehören auch Grundsätze für den Einsatz von deutschen bewaffneten Unmanned Aircraft Systems (UAS), wie sie der Koalitionspartner SPD verlangt hatte. Der Bericht soll nach den Worten des Parlamentarischen Staatssekretärs Peter Tauber als Grundlage für eine parlamentarische Befassung dienen.

Das Verteidigungsministerium hatte in den vergangenen Wochen eine auch öffentlich sichtbare Debatte vor allem mit Abgeordneten über das Vorhaben geführt, die bereits beschafften israelischen Heron TP-Drohnen der Bundeswehr zu bewaffnen. Hintergrund ist die Vorgabe des Bundestages, über die Bewaffnung der unbemannten Systeme gesondert zu entscheiden. Die Sozialdemokraten hatten dafür am (gestrigen) Donnerstag einen Kriterienkatalog festgelegt, in dem unter anderem die Erstellung und Offenlegung eines verbindlichen Einsatzkonzeptes für Drohnen verlangt wird.

Tauber übermittelte den Bericht am (heutigen) Freitagabend an den Verteidigungsausschuss und verband das mit der recht deutlichen Aufforderung: Nun ist es an den Abgeordneten, die Debatte fortzuführen. Unsere Soldatinnen und Soldaten warten auf diese Entscheidung.

Wenig überraschend sprechen sich in dem Bericht zur bisherigen Debatte sowohl das Ministerium als auch die Bundeswehr für die Beschaffung bewaffneter UAS aus. Die völker- und verfassungsrechtlichen Vorgaben für den Einsatz bewaffneter Drohnen seien die gleichen wie für den Einsatz anderer Waffensysteme, zudem werde ein Einsatz der Drohnen vom jeweiligen Bundestagsmandat für einen Einsatz bestimmt. Mit bewaffneten Drohnen könne zudem das so genannte Exzessverbot des Völkerrechts, das unverhältnismäßige Schäden unter Zivilisten verbiete, wegen der skalierbaren, präziseren und geringeren Waffenwirkung besser beachtet werden und Schäden in komplexen und urbanen Gefechtssituationen vermieden werden.

Das Verfahren für die Freigabe des Waffeneinsatzes sei zudem bei Drohnen nicht anders als bei bisherigen Einsätzen von Kampfflugzeugen, heißt es in dem Bericht. Dazu gehöre auch in multinationalen Einsätzen die Beschränkung auf nationale Vorgaben für den Waffeneinsatz, die von deutschen Offizieren im Befehlsprozess überwacht werde.

In dem Bericht werden auch Forderungen der SPD in ihrem Kriterienkatalog angesprochen: Die Stationierung der Kontrollstation für die Drohnen im Einsatzland selbst sei ebenso selbstverständlich wie die psychologische Begleitung der Operateure. Allerdings sei bei ihnen eine post-traumatische Belastungsstörung (PTBS) eher selten und kommt bei Drohnenbesatzungen weniger häufig vor , als bei Piloten im Einsatzgebiet.

Das Ministerium legte den Abgeordneten mit dem Bericht zwar Grundsätze für den Einsatz von deutschen bewaffneten Unmanned Aircraft Systems vor, warnte aber auch: Da die Einsatzregeln von den jeweiligen Umständen des Einzelfalles abhängen und nicht nur rechtliche Vorgaben umsetzen, lassen sich losgelöst von einem konkreten Einsatzkontext keine abstrakten Einsatzregeln z.B. für UAS-Pilotinnen und Piloten festlegen. Dennoch sind UAS-Pilotinnen und Piloten selbstverständlich an die im Rahmen eines konkreten Einsatzes geltenden Einsatzregeln gebunden. Allerdings bereite die Bundesregierung eine Initiative für internationale Einsatzprinzipien vor, mit der international verbindliche Regeln für den Einsatz bewaffneter Drohnen geschaffen werden sollten.

Die dem Bericht beigefügten Grundsätze enthalten, wenig überraschend, sehr allgemeine Regeln für den Einsatz, die an die Regeln für alle militärischen Waffensysteme angelehnt sind. Der Bundestag soll grundsätzlich vorher in einem Mandat den Einsatz bewaffneter Drohnen genehmigen und in Einsatzauftrag und -gebiet sowie den vorgesehenen Fähigkeiten die Grenzen dafür festlegen.

(Das scheint eine Erweiterung gegenüber der bislang geltenden Praxis – der Einsatz zum Beispiel von Artillerie im ISAF-Einsatz in Afghanistan war eine Entscheidung des Ministeriums, keine vorherige Mandatsentscheidung des Bundestages.)

Für den Waffeneinsatz selbst werden ebenfalls Regeln genannt:

Der Waffeneinsatz mittels eines UAS bedarf außer in Selbstverteidigungssituationen grundsätzlich der ebenengerechten Freigabe durch einen militärischen Entscheidungsträger (in der Regel Stabsoffizier aufwärts) unter Hinzuziehung eines Rechtsberaters. Es gilt der Grundsatz, je wahrscheinlicher zivile Kollateralschäden sind, desto höher die Entscheidungsebene.

Auch das ist prinzipiell angelehnt an die Waffenwirkung vor allem von Kampfflugzeugen.

Das Verteidigungsministerium plant die Veröffentlichung dieses Berichts und der Grundsätze für die kommende Woche; aber das ist ja auch schon mal Lesestoff für dieses Wochenende:

20200703 BMVg_Bericht_bewaffnete_Drohnen

(Archivbild: Heron TP auf der ILA 2018 in Berlin)