US-Truppen in Deutschland: Angeblich deutliche Reduzierung geplant, mit harter Obergrenze (Nachtrag)

Öffentliche Überlegungen der US-Regierung, Truppen aus Deutschland abzuziehen oder zumindest zu verringern, gibt es seit dem Amtsantritt von Präsident Donald Trump regelmäßig. Jetzt soll ein konkreter Schritt dazu getan worden sein: Der Präsident wolle die US-Truppenstärke in Deutschland von bislang fast 35.000 auf künftig maximal 25.000 begrenzen, berichtet – bislang exklusiv – das Wall Street Journal (WSJ).

Nach der Meldung des Blattes vom (heutigen) Freitag (Text ist hinter Paywall), das sich auf nicht genannte Regierungsbeamte beruft, soll eine entsprechende Weisung bereits vom Nationalen Sicherheitsberater Robert O’Brien unterzeichnet worden sein. Die Direktive auf Anforderung von Trump an das Pentagon sehe vor, bereits bis zum September dieses Jahres die Truppenreduzierung vorzunehmen:

The move would reduce the U.S. troop presence in Germany by 9,500 troops from the 34,500 troops that are permanently assigned there.
The move also caps the number of U.S. service members who are in Germany at any one time at the 25,000-troop level. Under current practice, overall troop levels can rise to as high as 52,000 as units rotate in and out or take part in training exercises.

Angeblich wurde das Vorgehen bereits seit dem vergangenen Jahr in der US-Administration debattiert und sei keine Reaktion auf jüngste Verstimmungen zwischen Deutschland und den USA wie die Absage der Teilnahme am G7-Gipfel durch Bundeskanzlerin Angela Merkel, berichtete das WSJ.

Allerdings hatte es bereits in den vergangenen Jahren immer wieder Berichte über solche Abzugsplanungen gegeben, zum Beispiel vor dem NATO-Gipfel 2018. Damals waren die Meldungen von den USA selbst dementiert worden.

Eine Verringerung der US-Truppen um fast ein Drittel würde faktisch noch höher ausfallen, weil auch die derzeit regelmäßigen Truppenrotationen der US-Streitkräfte für Übungen in anderen europäischen Ländern oder Einsätze in Nahost in der Regel über die Drehscheibe Deutschland laufen. Allein die US-Luftwaffenbasis Ramstein hat dafür zentrale Bedeutung. Eine harte Obergrenze von 25.000 Soldaten auch bei solchen zeitweisen Entsendungen von Truppen würde bedeuten, dass die Zahl der dauerhaft in Deutschland stationierten Soldaten deutlich geringer ausfallen müsste.

Wie schon 2018 steht dem gegenüber, dass die US-Streitkräfte zahlreiche Einrichtungen in Deutschland betreiben, die ihnen Einsätze nicht nur in Europa, sondern auch in Nahost und Afrika erst ermöglichen. Eine nicht vollständige Übersicht:

• Das U.S. European Command in Stuttgart

• Das U.S. Africa Command in Stuttgart

• Das Hauptquartier der U.S. Army Europe in Wiesbaden

• Die Ramstein Air Base der U.S. Air Force

• Die Spangdahlem Air Base in der Eifel

• Die (offiziell nicht bestätigten) US-Atomwaffen in Büchel

• Das Krankenhaus der US-Streitkräfte in Landstuhl (für das gerade ein Neubau errichtet wird und das für Einsätze in Nahost und Afghanistan die am schnellsten erreichbare medizinische Einrichtung ist und den längeren Weg in eine Klinik in den USA vermeiden hilft)

• Die Trainingseinrichtungen in Grafenwöhr und Hohenfels

• Die in Vilseck, Bayern, stationierten Truppen einer Brigade der U.S. Army

Schon eine Truppenreduzierung mit der jetzt genannten Obergrenze dürfte den Betrieb dieser Einrichtungen erschweren – und eine Verlagerung zum Beispiel ins europäische Ausland (Polen hat sich dafür in der Vergangenheit mehrfach angeboten) würde nicht nur hohe Kosten, sondern auch Zeitprobleme beim Neubau bedeutet.

Allerdings sind unter Trump die Entscheidungen der US-Administration nicht zwingend von rationalen Überlegungen getrieben. Spannend wird jetzt, ob sich die Meldung des Wall Street Journal bestätigt.

Nachtrag: Nach dem WSJ kommen auch andere Medien mit gleich lautenden Meldungen.

Von Reuters:

U.S. President Donald Trump has ordered the military to remove nearly 9,500 troops from Germany, a senior U.S. official said on Friday, a move likely to raise concerns in Europe about the U.S. commitment to the region. (…)
The official, who did not want to be identified, said the move was the result of months of work by America’s top military officer, General Mark Milley, chairman of the joint chiefs of staff, and had nothing to do with tensions between Trump and German Chancellor Angela Merkel, who thwarted Trump’s plan to host a G7 meeting this month.
A second senior administration official said the 9,500 troops would be sent elsewhere, some to Poland, some to other allied countries, while some would return home.

Der Spiegel hat zwar ähnliche Zahlen, im Gegensatz zu WSJ und Reuters geht das deutsche Blatt aber von einer Reaktion auf die G7-Absage aus:

US-Präsident Donald Trump plant eine drastische Reduzierung der amerikanischen Truppenpräsenz in Deutschland. Nach SPIEGEL-Informationen hat das Weiße Haus Teile des US-Kongresses darüber informiert, dass das Pentagon bis zum Herbst 2020 zwischen 5000 und 15.000 der derzeit rund 35.000 US-Soldaten aus Deutschland abziehen werde. (…)
Hintergrund der Pläne könnte die Verärgerung des US-Präsidenten über Kanzlerin Angela Merkel sein, die Trumps Einladung für einen G7-Gipfel vor der amerikanischen Präsidentschaftswahl ausgeschlagen hat.

(Hinweis: Über die Rolle der USA in der internationalen Sicherheitsarchitektur und deren Veränderung sprechen wir in der jüngsten Folge des Podcasts Sicherheitshalber)

(Archivbild: U.S. Army Lt. Col. Andrew Gallo, commander assigned to the 3rd Squadron, 2d Cavalry Regiment, stands in front of his formation during the deployment ceremony in support of enhanced Forward Presence in Vilseck, Germany, Jan. 8, 2020 – U.S. Army photo by Sgt. LaShic Patterson)