Nach jahrelangem Streit: Neuer Name für die bisherige Lent-Kaserne
Nach jahrelangem Streit um den Namen ist die bisherige Lent-Kaserne in Rotenburg an der Wümme umbenannt worden: An Stelle des bisherigen Namensgebers, eines Jagdfliegers des Zweiten Weltkrieges, tritt ein deutscher Offizier der Befreiungskriege gegen Napoleon, die Kaserne heißt nun Von-Düring-Kaserne.
Die Umbenennung nahm der Parlamentarische Staatssekretär Peter Tauber vor, wie das Heer via Twitter mitteilte:
Die #Rotenburg|er Jägerkaserne trägt einen neuen Namen:
Lent ist Geschichte. Zukünftig fahren die #Soldaten des #Jägerbataillon91 in die Von-Düring-Kaserne.
Beim Festakt dabei: Staatssekretär @petertauber, Vertreter der Stadt und die Familie des Namensgebers. #Bundeswehr #Heer pic.twitter.com/AmR80hdtTG— Heer (@Deutsches_Heer) June 8, 2020
Um den Namen der Kaserne, in der neben dem Jägerbataillon 91 die 3. Kompanie des Versorgungsbataillons 141 sowie das Sanitätsversorgungszentrum Rotenburg stationiert sind, hatte es längeren politischen Streit gegeben. Die Kaserne war Anfang der 1960-er Jahre nach Übernahme von den britischen Streitkräften nach Helmut Lent benannt worden, einem der erfolgreichsten Nachtjäger der Wehrmacht. In der Debatte über diesen Namen in den vergangenen Jahren hatten sich sowohl Soldaten und zivile Mitarbeiter am Standort Rotenburg als auch Kommunalpolitiker für die Beibehaltung des Namens ausgesprochen.
Schon vor Inkrafttreten des neuen Traditionserlasses der Bundeswehr 2018 hatte jedoch die damalige Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen den Namen als nicht mehr sinnstiftend bezeichnet. Nach Gelten des neuen Erlasses hatte das Heer erklärt, der Name Lent könne nicht beibehalten werden.
In der Rede zur Umbenennung sagte Tauber, der neue Namensgeber Johann Christian von Düring Johann Christian von Düring verkörpere im besten Sinne, den Anspruch, den die Innere Führung an die Soldatinnen und Soldaten unserer Bundeswehr stellt: Er war „freier Mensch, guter Staatsbürger und vollwertiger Soldat zugleich“. Zudem hätten die Befreiungskriege, in denen Düring unter anderem an der Schlacht von Waterloo teilnahm, bis heute sinnstiftende Wirkung.
Mit der Umbenennung der Kaserne in Rotenburg steigt der politische Druck für die Umbenennung einer anderen Kaserne: Die Unteroffiziersschule der Luftwaffe ist in Appen (korrigiert) in der Marseille-Kaserne untergebracht, benannt nicht nach der französischen Stadt, sondern nach dem Wehrmachts-Jagdflieger Hans-Joachim Marseille – den die frühere Ministerin von der Leyen ebenfalls als nicht mehr sinnstiftend bezeichnet hatte. Die anhaltende Debatte über diesen Kasernennamen hat die Kollegin Julia Weigelt im Mai für den NDR nachgezeichnet.
(Archivbild: Hochdekorierte Offiziere der Luftwaffe, 3. v.l. Helmut Lent, am 21. Juni 1942 in Frankreich – Walter Doell/Wehrmacht via Bundesbildarchiv/Wikimedia Commons)
@koffer 09.06.2020 um 20:40 Uhr
„Soldaten WOLLEN Vorbilder/Helden/Identifitkationspersonen. Ein solch „klinischer“ Ansatz würde also genau das Gegenteil dessen erreichen, was Sie wollen. Nämlich die Soldaten bei ihrer Identitätssuche in den „Untergrund“ drängen.“
Jetzt haben Sie es geschafft, dass ich mich nach 26 Dienstjahren, alle Laufbahnen durchlaufend und viele Einsätze bestritten, selbst frage, ob ich was verkehrt mache oder gemacht habe, weil ich keine „Identitätssuche“ nach „Vorbilder/Helden/Identifitkationspersonen“ gewollt habe!!!
Hätte vielleicht mein Leistungsbild dadurch gesteigert werden können? Wäre ich motivierter durch den Dienstalltag gekommen? Zweifel über Zweifel….(sarc)
Mir war bisher (auch wenn es vlt ein wenig abstrakt scheint) die Dankbarkeit, dass ich in diesem Teil der Welt vom lieben Gott plaziert wurde und in einer Gesellschaftsordnung leben darf, die durch ein Grundgesetz so geregelt ist( um dass uns nicht wenige beneiden) Motivation genug, dafür bereit zu sein es mit meinem Leben zu verteidigen. Ich kann mich nicht erinnern, dass sich jemals Rommel bei der Einfahrt in die entsprechende Kaserne auf meine Motivation und auf mein soldatisches Selbstverständnis ausgewirkt hat! Vielmehr waren es immer Kameraden aus meiner Dienstzeit (bis heute!) die mich geprägt haben und die vorbildliche Attribute für mich verkörpert haben…. und das über alle Ebenen, Dienstgrade und Dienstorte /Einsatzszenarien.
Pauschal festzuhalten was „Soldaten WOLLEN“ klingt in diesem Zusammenhang für mich nicht überzeugend, sondern eher wie das Festhalten Einzelner an
etwas, was m.E. längst überholt scheint.
@JMWSt
Wählte Ungehorsam wo Gehorsam nicht Ehre brachte.
Im übrigen, wenn ich an Führung denke ist mein Beispiel par excellence Blücher wie er auf einem „Rückzug“ während der Befreiungskriege die Kolonnen entlang reitet und den Soldaten den strategisch-operativen Sinn hinter dem Vor und Zurück erklärt, im Angesicht der verfolgenden französischen Kolonnen.
@Koffer sagt: 09.06.2020 um 20:40 Uhr
„Soldaten WOLLEN Vorbilder/Helden/Identifitkationspersonen.“
Das ganz bestimmt. Aber der Kasernenname gehört nicht dazu. Da gibt das mal innerhalb der politischen Bildung einen Vortrag zu dem Namensgeber und das war es. Da müsste es dann noch etwas anderes dazu geben, so wie die Panzeraufklärer den Boeselager-Wettbewerb hatten. Zum Beispiel ein Düring-Vorderladerschießen für die Jägertruppe oder so. Das wäre lebendige Tradition.
Nach 34 Jahren als Soldat kann ich mich an die meisten Kasernennamen schon gar nicht mehr erinnern, da kann die Prägung dadurch nicht allzu dolle gewesen sein.
Kasernennamen/Symbole: Scheinheiligkeit, zweierlei Maß in der Bundeswehr!
Oberst Dr. Christian Freuding. War er nicht vor einigen Jahren Kommandeur eines Verbandes in Lüneburg (Panzeraufklärungsbataillion 3) welcher sich durch sein Wappen in der Tradition der 24. Panzer-Division (Wehrmacht) sieht? Gehört dieser Verband, immer noch mit diesem mit diesem Wappen, nicht heute zur Lehrbrigade 9 und zur 1. Panzerdivision der Bundeswehr? Haben diese beiden Generale, welche sich diesem Pressetermin stolz zeigen, das Buch: „Der springende Reiter: 1. Kavallerie-Division, 24. Panzer-Division im Bild (Deutsch) Gebundene Ausgabe – 1. Januar 1984“ nicht gelesen? Sicher wird das nun totgeschwiegen, weil, wenn man, wie Herr Dr. Freuding, in jahrelang nur in Adjutanturbereichen des BMVg, insbesondere Frau VdL, treu gedient hat, ist das Netzwerk sicher so, dass man dies totschwiegen kann. Jetzt wird man erklären, dass Ähnlichkeiten rein zufällig sind. Auch eine eine stilisierte Palme im Wappen des damalige Panzerbataillons 33 hatte nichts. Wir wissen doch, dass dass Soldaten des Kommando Spezialkräfte (KSK), das Symbol des Afrika-Korps der deutschen Wehrmacht auf ihre Fahrzeuge gesprüht haben. Das Verwenden von Wehrmachtssymbolen ist kein Einzelfall, einfach des Hakenkeuz weglassen oder kleine stilistische Veränderungen vornehmen, erledigt der Fall. Die Palme des Afrika-Korps wurde von KSK-Soldaten auf ihre Fahrzeuge gesprüht. Da war der Wirbel groß. Diese Palme war auch das offizielle Verbandsabzeichen des Panzerbataillons 33. Das Panzergrenadierbataillon 33 übernahm aber auch die Tradition und die Verbindung zum Freundeskreis des Panzerbataillons 33. Gehört dies nicht auch zur Panzerlehrbrigade 9? Soviel zu Symbolen und dem aufrichtigen Kampf gegen die Übernahme von Traditionen der Wehrmacht. Ich frage mich, was mehr Symbolkraft hat, Wappen mit eindeutigen Bezügen zur Wehrmacht oder Kasernen nach Forstmeistern benennen? Frau Wehrbeauftragte, bitte da mal nachfragen, Damen und Herren des Verteidigungsausschusses bitte mal den wissenschaftlichen Dienst des Bundestages fragen! Herr Generalinspekteur bitte mal das MGFA um Rat fragen!
[Sie sind mit Ihren Anwürfen gegen eine einzelne Person hier ganz, ganz scharf an der Grenze des eventuell noch Zulässigen. So bitte hier nicht. T.W.]
@Pio-Fritz sagt:
10.06.2020 um 9:15 Uhr
Zitat:
Nach 34 Jahren als Soldat kann ich mich an die meisten Kasernennamen schon gar nicht mehr erinnern, da kann die Prägung dadurch nicht allzu dolle gewesen sein.
Sehen Sie! Das macht den Unterschied. Nach ebenfalls >34 Jahren kann ich mich sehr wohl an die Kasernennamen der „Stammheit(en)“ erinnern und einen geschichtlichen Bezug aufrecht erhalten
Das allerbeste ist, diesen gesamten „Hick-Hack“ zu beenden und alle Kasernen nur noch mit „Nummern“ zu versehen.
Das sich ja keiner mit irgendetwas Identifizieren soll oder darf oder will, oder alles zusammen, ist es dann auch politisch korrekt wenn die Kasernennummern NICHt mit irgendwelchen „braunen-Gedankengut“ in Form von Zahlenkombinationen gebracht werden kann!
Von mir aus auch „Pusteblumenkaserne“… Die „Erika“ ist natürlich strikt abzulehnen.
„Eisbergkaserne Nagold“
@0815 sagt: 10.06.2020 um 10:44 Uhr
„Eisbergkaserne Nagold“
Das ist doch ein super Beispiel. Regionaler Bezug und völlig unverfänglich. Genau das brauchen wir, möglichst keine Angriffsflächen.
@Paul Liedling: Ich kann nicht verstehen, worüber Sie sich hier so aufregen! Ich verstehe ihren Beitrag nicht so ganz. Denn ich kenne weder Herrn Oberst Dr. Freuding, noch das von Ihnen angeführte Buch über die 1. Kavalleriedivision und ich vermute, daß es viele andere Leser hier auch nicht kennen.
Tatsache ist, daß das Aufklärungsbataillon 3 schon immer das Wappen der 1. Kavalleriedivision fortführt. Ich kann daran nichts schlechtes erkennen, schließlich stammen viele Männer des Widerstandes von der Kavallerie! Ich erinnere an die Bamberger Reiter oder die Brüder von Boeselager.
Daß sich schlecht informierte Medien über eine Palme auf den Fahrzeugen des KSK aufgeregt haben war schon immer lächerlich, weil die Palme gehört zum Wappen des 33. Panzergrenadierbataillons noch heute! Und früher führte auch das 282. Panzergrenadierbataillon eine Palme(das Bataillon existiert nicht mehr)! Rommel ist noch Vorbild(die Rommelkasernen dürfen den Namen behalten) und das DAK unter Rommel hat in Nordafrika einen sauberen Krieg geführt und es war der einzige saubere Kriegsschauplatz. iIt der Palme kann an die Wüste oder ans DAK angeknüpft werden. Es ist ein völlig harmloses Symbol. Die Originalpalme des DAK hatte ein Hakenkreuz, aber Teilverbände des DAK(Sonderverband 288 Menton) führten eine Palme ohne Hakenkreuz.
Mit einem vernünftigen und normalen Umgang mit der Wehrmacht und der Nazi-Zeit könnten wir uns viel ersparen. Und es gäbe dann auch weniger Rechtsextremisten. Aber wenn man schon mit einer Palme provozieren kann ….. Die Umbenennung von Kasernen, wie die Lent Kaserne ist falsch.
Es verstößt gegen den Staatsbürger in Uniform, wenn wie hier, die Soldaten der Lent-Kaserne von oben gezwungen werden, den Namen der Kaserne zu ändern, obwohl es keine harten Fakten und Beweise gibt gegen Lent und die Soldaten den Namen behalten wollten. Wer deutsche Städte verteidigt hat gegen Alliierte Bomber und dabei gefallen ist, verdient es geehrt zu werden, solange der Person keine Kriegsverbrechen oder eine Nazi-Verbrechen nachgewiesen werden können. Gegen Lent oder Marseille gibt es keine Beweise oder harten Fakten für eine Umbenennung. Da sie gefallen sind, können diese sich weder selbst verteidigen und konnten auch nicht in der BW dienen. Beide wären wahrscheinlich, wenn sie den Krieg überlebt hätten, in die BW aufgenommen worden. Sie konnten beim Aufbau der BW leider nicht mehr helfen.
Gegen die Befreiungskriege als Vorbild der BW habe ich nichts. Aber dann sollt die BW die Völkerschlacht von Leipzig und/oder Waterloo auch feiern und die BW-Soldaten entsprechende Uniformen tragen dürfen. Eine Uniform nach dem Freikorps Lützow(Schwarz-Rot-Gold) für die BW war hier vor Jahren schon mal Thema in AG.
Paul Liedling sagt:
10.06.2020 um 9:40 Uhr
Was hat denn Herr Oberst Dr. Freuding persönlich mit Verbandswappen der beiden Bataillone zu tun? Diese bestehen so seit den späten 50iger und frühen 60iger Jahren des vorigen Jahrhunderts. Sicherlich passt das nicht so ganz in den Traditionserlaß. Aber das nun einem Mann anzulasten? Zudem heißt es korrekt Aufklärungslehrbataillon 3.
Sie erwecken den Eindruck, hier Ihre persönlichen Animositäten ausleben zu wollen. Interessiert mich gar nicht.
@Pio-Fritz sagt:
10.06.2020 um 13:41 Uhr
Ja, eben darum habe ich mir den Ritt in die Vergangenheit, in meine Grundausbildung und den ersten Verband meiner Dienstzeit auch gewählt.
Nebenbei. Sie können die Kaserne benennen wie sie wollen. Gibt es Wirrköpfe so wird es auch wirres Gedankengut in der „Sonnenblumenkaserne“ geben.
Ich sehe das Problem ganz anders gelagert. Jahrzehnte nach Ende des III.Reiches oder der WH haben wir Deutsche es immer noch nicht geschafft uns „Vernünftig“ damit zu arrangieren. Klar könnte ich die falsche Mähr vom Kriegsverlierer zünden. Ist aber nicht richtig. Andere Nationen mit deutlich ähnlichem „Schmutz“ an der Jacke gehen deutlich entspannter mit ihrer Geschichte um. Wir nicht. Entweder es drifftet zu sehr in die „Verherrlichung“ der WH oder in den totalen Pazifismus. Gesunder Mittelweg? Wo bitte?
Wenn der Staat , die Führung der Streitkräfte eine wirkliche Bildung von Idolen der Neuzeit haben will, so muss dies auch vehement umgesetzt werden.
Brunnenbohren in AFG oder MLI stehen beim derzeitigen Erfolgsmodell dort, nicht als Sinnbild soldatischer Tugenden zur Verfügung. Damit holen Sie keine Katze hinterm Ofen hervor!
Mittlerweile muss ja schon Angst haben oder soll sich sogar fast schämen, (Ur-)Großväter im II.WK gehabt zu haben.
Der gesunde Mittelweg fehlt mir! Mit Verstand.
Damit bin ich wieder aus dem Funkkreis. Lese aber weiterhin mit..
@ KPK:
Dann gibt es wohl in Zukunft keine Namensgebungen nach General Sherman mehr?
https://en.wikipedia.org/wiki/William_Tecumseh_Sherman#Total_warfare
Ach nein, natürlich nicht, es ist nur das übliche Besiegten-Bashing:
Im übrigen widert mich diese ganze hiesige Bilderstürmerei an. Die Damnatio Memoriae über untadelige Soldaten zu verhängen, denen keine Verbrechen vorgeworfen werden können, fällt auf diese ganzen übereifrigen ideologischen Geiferer selbst zurück.
Hm, ja, war zu erwarten, der ganze geifernde Hass der Gegner des neuen Traditionserlasses bricht auch hier hervor. Nicht besonders erfreulich und wird bitte so nicht fortgesetzt.
Eigentlich wollte ich ja zu dem Thema Kaserrnennamen……but, so what.Ich stimme @Koffer (ausnahmsweise ;-)) zu, Von-Düring ist eine ideale Namensgebung im heutigen Spannungsfeld zwichen Tradition und politischer Korrektheit. Ein imho vorbildlicher Staatsbürger in Uniform seiner Zeit mit Einsatzerfahrung und Forst-/Jagdkompetenz sowie Patriotismus Was mehr können sich heutige Jäger wünschen, so sie denn ein historisches Vorbild brauchen. Apropos, wieviele Saz/BS brauchen denn aus Gründen der Tradition historische Vorbilder ? Brauchen die nicht eher aktuelle Vorbilder, also kompetente Vorgesetzt, die fachlich und menschlich nicht toxic leadership sondern best practice leadership praktitieren ?
@Derfflinger
Es geht um die durchaus berechtigte Frage, ob die US Army ihre Bases weiterhin nach Offizieren benannt haben will, die im entscheidenden Moment ihren Eid gebrochen haben und stattdessen lieber für einen Staat zu Felde gezogen sind, der die Sklaverei offen in seine Verfassung geschrieben hatte. Hier liegt mMn eine Parallele zu der Situation in Deutschland. Ist man schon deshalb traditionswürdig, wenn man persönlich „untadelig“ geblieben ist und seine militärische Pflicht vorbildlich erfüllt hat? Oder muss auch noch betrachtet werden, zu welchem Ziel oder unter welchem System diese militärischen Leistungen erbracht wurden?
Mal davon abgesehen: Wenn einige der größten und bedeutensten Bases der Army nach Südstaatlern benannt sind, dagegen aber kein Camp Grant, Camp Sherman oder Camp Thomas (mehr) existiert – ist es dann wirklich „Besiegten-Bashing“, wenn ich 150 Jahre nach Kriegsende eine Änderung fordere? Zumal viele der Namen nicht wirklich traditionswürdig sind. Über Fort Bragg kenne ich den Witz, dass der Namensgeber die Tradition des toxischen Führungsstils geprägt hat, die seitdem dort gelebt wird.
„Nach 34 Jahren als Soldat kann ich mich an die meisten Kasernennamen schon gar nicht mehr erinnern, da kann die Prägung dadurch nicht allzu dolle gewesen sein.“
Wie 0815 kann ich mich sehr wohl an die Namen aller Kasernen erinnern, in denen ich in mhereren Jahrzehnten längere Zeit Dienst geleistet habe. Und ich habe mich immer dafür interessiert, wer der Namengeber war ist oder welcher lokale oder regionale oder sonstige Bezug da vorlag.
– Sixt von Armin-Kaserne Wetzlar, Preißischer General, heute eher nicht mehr geeignet, schon lange aufgelassen;
– Douaumont-Kaserne Hamburg, I. Weltkrieg, aus meiner Sicht heute nicht mehr geeignet, heißt nach meiner Kenntnis immer noch so;
– Emmich-Cambrai-Kaserne Hannover, heute nicht emher greignet und letzens umbenannt;
– Rilchenberg-Kaserne Idar-Oberstein, totographischer Bezug und unbedenklich;
– Spilburg-Kaserne Wetzlar, unbedenklicher topographischer Bezug, schon lange aufgelassen;
– Steuben-Kaserne Gießen, auch heute noch geeigneter Kasernenname, aber schon lange aufgelassen;
– Harthberg-Kaserne Schwalmstadt-Treysa, unbedenktlich topographischer Bezug, schon lange aufgelassen;
– Kaserne Schloß Oranienstein Diez, völlig unbedenklicher historisch-topogaphischer Bezug;
– Graf Bülow-Kaserne Detmold, auch heute noch geeigneter Kasernenname, aber schon lange aufgelassen;
– Graf Stauffenberg-Kaserne Sigmaringen, sehr gut geeigneter Kasernenname, seit Ende 2015 aufgelassen, Kasernenname nach Dresden auf die Kasrene der OSH übertragen;
– Wettiner-Kaserne Frankenberg/Sachsen, gut geeigneter historischer Bezug;
– Hochstaufen-Kaserne Bad Reichenhall, gut geeignter topographischer Bezug am Fuß dieses Bergs, Umbenennung 2012 aus bedenklicher Vorbenennung;
– Clausewitz-Kaserne Burg/Magdeburg, gut geeigneter historischer Bezug.
Die Beschäftigung mit diesen Kasernennamen war für mich immer eine wertvolle Bereicherung und mein Urteil über die Eignung von Namengebern geschärft.
Side-Note:
Im Sezessionskrieg ging es Lincoln nur am Rande um die Abschaffung der Sklaverei. Sie war am Ende auch Mittel zum militärischen Zweck:
1862 kurz vor der Schlacht am Antietam:
„Könnte ich die Union retten, ohne auch nur einen Sklaven zu befreien, so würde ich es tun; könnte ich sie retten, indem ich alle Sklaven befreite, so würde ich es tun; und könnte ich die Union retten, indem ich einige Sklaven befreite und andere nicht, so würde ich auch das tun. Alles, was ich in Bezug auf die Sklaverei und die Schwarzen tue, geschieht, weil ich glaube, dass es hilft, die Union zu retten.“
Zum Thema:
Wieso verharrt die Bw bei diesem Thema „Namensgebung für Kasernen“ in Duldungsstarre. Ich erwarte einen psychologischen Befreiungsschlag. Einfach mal anmerken, dass die Bw wie so oft Vorreiter bei gesellschaftlichen Entwicklungen ist (Bsp.: Integration Ostdeutscher durch die „Armee der Einheit“), und bereits viele Namensänderungen vorgenommen hat. In diesem Sinne wäre jetzt mal endlich auch die zivile Seite des Staatsapparates dran, Farbe zu bekennen und sich ehrlich zu machen:
Das Robert-Koch-Institut hat sofort sich seines Namensgebers zu entledigen (Stichwort: Tuberkulin). Da dürften wir uns alle eing sein, oder?
Oder wie stets denn um die vielen Albert-Schweitzer-Schulen? Google-Suche „srf Kritische Stimmen zum Albert-Schweitzer-Jubiläum“.
Gebt doch einfach mal auch den anderen die Chance aufzuholen. Nicht nur Sun Tzu lesen und zitieren sondern ganz unmilitärisch anwenden.
All diejenigen, die argumentieren „so etwas brauchen wir nicht“, Vorbilder/Traditionsnamen etc. sind überflüssig (wahlweise vor ’55 sind überflüssig) übersehen meines Erachtens nach, dass der Gegenbeweis regelmäßig und durch junge und alte Soldaten aller Dienstgrade geführt wird.
Und jeder der aus seinem Verständnis heraus es allen verbieten möchte, der schadet meines Erachtens nach nicht nur den Soldaten, die es anders wollen/brauchen, sondern sogar sich selbst, denn er drängt damit diese Soldaten in den traditionstechnischen „Untergrund“ und vergibt damit die Chance positiv Einfluss zu nehmen.
Am 28.05. habe ich in einem anderen Beitrag (es ging um den neuerlichen Verdacht eines rechtsextremistischen Vorfalles beim KSK) kommentiert:
„…Ihr wurdert Euch? Wir lange konnte solch Geisteshaltung in der Bundeswehr „überleben“?…“
Als Antwort kommentierte
Mackiavelli sagt:
28.05.2020 um 15:34 Uhr
„…Die Wurzel der Bundeswehr in den alten deutschen Armeen ist unser Schicksal und das gilt es zu tragen und fair gegenüber diesen Generationen zu urteilen…. …Ich vermisse in Ihrem Beitrag jedes Augenmaß für die Verhältnisse der Zeit…“
In dieser nunmehrigen Diskussion über die Umbenennung von Kasernennamen finden sich nachfolgende Kommentare:
Closius sagt:
10.06.2020 um 14:02 Uhr
„…das DAK unter Rommel hat in Nordafrika einen sauberen Krieg geführt und es war der einzige saubere Kriegsschauplatz….
…Wer deutsche Städte verteidigt hat gegen Alliierte Bomber und dabei gefallen ist, verdient es geehrt zu werden,
solange der Person keine Kriegsverbrechen oder eine Nazi-Verbrechen nachgewiesen werden können…
Das DAK unter Rommel hat also einen „sauberen Krieg“ geführt? Was war an diesem Krieg „sauber“? Er diente dazu, das Deutsche Reich und die Einflusssphäre Hitlers und seiner mörderischen Naziclique auszudenen. Was ist daran „sauber“, einen Krieg zur Unterwerfung aller Völker zu führen?
Wir können diese toten Soldaten betrauern, aber ehren? War es aus unserer heutigen Sicht „ehrenvoll“ für Hitlers Ideen zu kämpfen und zu sterben?
0815 sagt:
10.06.2020 um 14:19 Uhr
„…Andere Nationen mit deutlich ähnlichem „Schmutz“ an der Jacke gehen deutlich entspannter mit ihrer Geschichte um….“
Sie vergleichen den Holocaust mit der Geschichte anderer Nationen und empfehlen einen entspannten Umgang mit Geschichte?
Für Sie ist die industrielle Vernichtung der Juden nur „Schmutz“, wie Gauland von der AfD mal sagte „Vogelschiss“?
VEREMUNDO sagt:
08.06.2020 um 21:38 Uhr
„…Die Lent-Kaserne in Rotenburg gab es bis Juni 2020; denn ein OTL d.Res. gelangte bei seinem Vortrag am 28. April 2017 nachweislich
zu dieser Erkenntnis: „Der Name Lent ist nach alledem unbefleckt, sowohl militärisch als auch persönlich.“ Die überwältigende Mehrheit
der historisch unbedarften Vertrauensleute in der Kaserne stimmte damals dafür, den Traditionsnamen „Lent“ beizubehalten…“
Also in 2017 erfolgte immer noch eine Gutheißung von Nazi-Soldaten?
Aus den Kommentaren ist für mich ersichtlich, dass der Geist der „Rückwärtsdenker“ immer noch da ist. Ich kenne die richtigen
Namen der Kommentatoren nicht. Ihre Verwendungen nicht, ihre Ränge nicht.
VEREMUNDO hat es dargestellt, dass bis vor nicht all zu langer Zeit ein OTL d.R.“erfolgreich“, Lent verteidigt hat.
Diese Kommentare sind es, die mich wütend machen. Wenn dann auch noch am Wochenende die TAZ über Burschenschaften/Reservisten und Rassenkrieg
berichtet, wird mir bange, über welche Traditionen hier geredet werden soll.
Umso erfreulicher ist es, dann weitere Kommentare zu lesen, die aus meiner Sicht in die richtige Richtung gehen.
Voodoo sagt:
08.06.2020 um 21:41 Uhr
„…Und, et voila, hätte man einen Verband, bei dem auch junge Rekruten sofort in eine Tradition hineinwachsen,
die man einfach mit der deutschen Militärgeschichte verknüpfen könnte…“
Aber welche deutsche Militärgeschichte ist gemeint? In einem vereinten Deutschland? Wen nehme ich mit, wen schließe ich aus?
Ich war im letzten Jahr auf einer Übung in Jägerbrück. Klasse Einheiten. Nach der Rückkehr habe ich dies
meinem Vater erzählt. Er sagte, „Torgelow, kenne ich, war ich auf Uffz-Schule, 1968.“ Militärgeschichte?
klabautermann sagt:
10.06.2020 um 15:58 Uhr
„…Brauchen die nicht eher aktuelle Vorbilder, also kompetente Vorgesetzt, die fachlich und menschlich nicht toxic
leadership sondern best practice leadership praktitieren ?…“
Da werfe ich mal Namen in die Runde.
Brigadegeneral Gert Gawellek.
Sein Einsatz als Soldat, in 2 deutschen Armeen, steht im Jahr 30 der deutschen Einheit, wie kein Zweiter.
Flottillenadmiral Christian Bock.
Leadership im wahrsten Sinne.
Wer Vorbilder braucht, es gibt genug. Kasernen zu benennen? Wenn’s benötigt wird.
[Nur ein Hinweis: In Deutschland ist es eher unüblich, irgendwas nach noch lebenden Personen zu benennen – und ich hoffe, Gawellek und Bock werden noch eine Weile leben… T.W.]
@TW
Mein Hinweis zu den Kameraden Gawellek und Bock beziehen sich auf die Frage von -klabautermann-, ob wir nicht AKTUELLE Vorbilder bräuchten. Es ging nicht darum, beide für Kasernennamen vozuschalgen.
Und Ja, auch in wünsche den Beiden beste Gesundheit und noch ein langes Leben.
@Trevor Faith
Jetzt wissen Sie u.a. warum Rechtsstaatlichkeit vor Demokratie kommt, wobei ich nicht sicher bin ob die Weimarer Republik da noch eine Demokratie war oder eine Ochlokratie und/oder Diktatur
@Mackiavelli
Scharnhorst erlag seinen in der Schlacht von Grosgörschen erlittenen Verletzungen wo er als Stabschef Blüchers diente, Gneisenau wurde sein Nachfolger.
@Closius
Mir fehlt gerade wann und wo Jochen Marseille deutsche Städte gegen alliierte Bomber verteidigte und auch welche rechtsstaatlichen Nationen so entspannt mit ihren massiven Genoziden und ähnlichem umgehen?
@Derfflinger
Untadelig im Dienst eines Staates und einer Regierung die massiv Verbrechen gegen die Menschlichkeit beging?
Wählte Gehorsam wo die Sache weder Gerecht noch Ehrenhaft war!
@Closius:
„das DAK unter Rommel hat in Nordafrika einen sauberen Krieg geführt und es war der einzige saubere Kriegsschauplatz“
Interessante Behauptung. Und wohl nicht wirklich haltbar.
Hier ein Link zu Yad Vashem: https://www.yadvashem.org/de/holocaust/about/outbreak-of-ww2-anti-jewish-policy/north-africa-and-middle-east.html#narrative_info und ein kurzer Auszug von dort:
„Im November 1942, nach der Invasion der Alliierten in Nordafrika, drang die deutsche Armee in Tunesien ein, mit ihr eine Einheit von SS-Männern, deren Aufgabe es war, dort die anti-jüdische Politik umzusetzen. Nach einer kurzen Konsolidierung begannen die Deutschen jüdisches Eigentum zu enteignen und viele Juden wurden zu Befestigunsarbeiten eingezogen. Die Verordnungen der Deutschen trafen vor allem die Juden der Hauptstadt, aber auch weitere Gemeinden, wie Djerba, litten unter Erniedrigungen und der Verschleppung zu Zwangsarbeit. Die Juden der Hauptstadt wurden dazu gezwungen eine Art Judenrat zu errichten, der 5.000 bis 6.000 Juden auswählen musste, von denen einige in Arbeitslager geschickt wurden. Anfang Mai 1943, zogen sich die Deutschen aufgrund der Entwicklungen im militärischen Bereich zurück.“
Es mag ja sein, dass es in Nordafrika quantitativ weniger Kriegsverbrechen gab und diese vielleicht auch qualitativ weniger schlimm waren, aber zu behaupten, dass Nordafrika ein „sauberer kriegsschauplatz“ gewesen sei, ist wohl kaum haltbar.
Da Links zu deutschen Verlagsseiten ja nicht erlaubt sind, vielleicht auch noch ein kurzer Hinweis auf Wikipedia (keine ideale Quelle, aber in dem Fall muss es wohl ausreichen): https://de.wikipedia.org/wiki/Walther_Rauff#Einsatzkommando_in_Nordafrika
Alternativ mal nach „KZ Cheylus“ googeln, der erste Treffer sollte ein Bericht auf welt.de sein.
Ansonsten ein paar Zitate aus: https://www
.nomos-elibrary.de/10.5771/1438-8332-2019-1-2-83/im-ruecken-rommels-kriegsverbrechen-koloniale-massengewalt-und-judenverfol-gung-in-nordafrika-1940-1943-jahrgang-17-2019-heft-1-2?page=1
„Zweifelsohne war das Maß an Gewalt, das in Nordafrika zum Tragen kam, geringer als in Osteuropa. Daraus aber vorschnell zu schließen, dass der Wüstenkrieg ein Krieg ohne Hass gewesen sei, ist weit überzogen. In den Jahren zwischen 1940 und 1943 kam es in Nordafrika zu zahlreichen Verbrechen wie Misshandlungen und Tötungen von Kriegsgefangenen, Plünderungen und gezielten Zerstörungen von Eigentum der Zivilbevölkerung, Vergewaltigungen einheimischer Frauen und Mädchen sowie Zwangsarbeit, Masseninternierungen und Mord an Arabern, Berbern und Juden. Hervorzuheben ist, dass etliche dieser Verbrechen rassistisch und antisemitisch begründet waren.“
Wenn Sie irgendwie Zugriff auf den Volltext bekpommen können, einfach mal lesen. Danach dürfte es jedenfalls schwieriger sein, von einem „sauberen Krieg“ zu sprechen (persönlich würde ich ja sagen, dass es den gar nicht geben kann, aber das ist ein anderes Thema)
In den Staaten geht die Diskussion über Ausschluss von Traditionsbildern in Zusammenhang mit der „Confederation Army“ weiter, federführend durch die Navy.
The Chief of Naval Operations (CNO) is the senior military officer of the Department of the Navy:
@USNavyCNO
Today, I directed my staff to begin crafting an order that would prohibit the Confederate battle flag from all public spaces and work areas aboard Navy installations, ships, aircraft and submarines.
Ganz nüchtern David Petraeus, aus army Sicht:
We could probably disqualify the rebel generals (1) on a technicality: After all, none of them were actually in the U.S. Army when they performed the actions for which they were honored.
(1) We do not live in a country to which Braxton Bragg, Henry L. Benning, or Robert E. Lee can serve as an inspiration.
@KPK
Trump hat heute getweetet, dass eine Umbenennung der Bases nicht stattfinden wird: […] my Administration will not even consider the renaming of these Magnificent and Fabled Military Installations.”
Keine Ahnung, ob seine Bundesregierung solche Entscheidungen trifft, aber ich denke mal, dass dies die Diskussion noch weiter anfachen wird.
Ganz aktuell und passt zur Debatte: Trump hat – offensichtlich ohne rechtliche Befugnis dafür, aber das spielt ja keine Rolle – öffentlich erklärt, die Umbenennung von Militäreinrichtungen mit den Namen von Südstaatengeneralen komme natürlich nicht infrage.
https://www.nytimes.com/2020/06/10/magazine/army-confederate-base-names.html
Der immer wiederkehrende Versuch, die Namen der Bw-Kasernen zu durchleuchten ob sie denn wohl u.a. politisch korrekt sind, führt mE zu nichts.
Den jeweiligen Namensgebern ist allenfalls der Vorwurf zu machen, daß sie allen Ernstes glaubten sinnstiftend im Hinblick auf die Schaffung von Traditionsbewußtsein etc zu sein. Der in den jeweiligen Kasernen untergebrachte Soldat konnte in den meisten Fällen mit Douaumont oder Emmich-Cambrai nichts anfangen, auch mit Clausewitz oder Rommel nicht viel mehr. Nach 40jähriger Dienstzeit waren auch mir die meisten Kasernennamen meiner Dienstorte entfallen.
ME sind Kasernennamen wenig geeignet, Tradition für die Truppe (ausgenommen die militärhistorisch Interessierten) im Sinne des Erlasses zu stiften; geographische oder regionale Namensgebungen (Wettiner auch möglich) würden weniger Anlaß zu Diskussionen oder gar „Reinigungsritualen“ geben.
Die Anregung von @Pio-Fritz sagt: 10.06.2020 um 9:15 Uhr, lebendige Tradition (Feuer nicht Asche) zu schaffen, wie z.B. Boeselagerwettbewerb, Rommel-Pokal (unverdächtig, da von einem Briten gestiftet)/Canadian Army Trophy halte ich für sinnvoll; diese könnten vermutlich sinnstiftender sein, wobei der damals betriebene Aufwand heutzutage sich wohl in einem vertretbareren Rahmen halten würde. Für die beteiligten Soldaten bringt derartiges mehr. Vielleicht fällt den betr. Führungsebenen auch etwas Tradierungswürdiges ein, was den Einheiten und Verbänden zu mehr corporate identity verhelfen könnte. Und: auf die Gefahr hin, im OT zu landen: von der Sorgfalt der brit. Army bzgl der Amalgamierungen von Regimentern und der Rücksichtnahme auf deren Traditionen könnten sich unsere „Org-Leute“ eine Scheibe abschneiden. Sie sollten aufhören, bei jeder neuen Struktur und auch zwischendurch die Verbände neu zu numerieren und sinnlose Standortveränderungen durchzuführen.
@TW
Warum sollte DT als Commander-in-Chief nicht befugt sein, Umbenennungen zu untersagen? Die Ausführungen der NYT sind da etwas knapp.
Kann man sich nicht einmal mit einem scharfen Schnitt von der Wehrmacht lösen, welche in einem verbrecherischen Angriffskrieg die entscheidende Rolle spielte? Dass die deutsche Wehrmacht den Zweiten Weltkrieg einen verbrecherischen Angriffs-, Raub- und Vernichtungskampf geführt hat, ist doch nun wirklich hinreichend historisch belegt. Da gibt es also Blogteilnehmer, welche von einem ‚sauberen‘ Krieg sprechen, hier in Afrika. Es gibt wohl immer noch die Legende, dass die Verbrechen alle ‚nur’ von der SS, dem SD oder der Gestapo verübt wurden und die Wehrmacht – von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen – einen ‚sauberen Krieg‘ geführt habe. Ehrenwerte Jagdpiloten, korrekte Heeresgeneräle und kameradschaftliche U – Boot Fahrer. Spielfilmidylle. Schneidige Uniformen, kernige Typen. Helden, begeistert für Ruhm und Vaterland. Vom Leid erzählen sie nicht. Also immer noch versteckte Versuche, doch noch eine Bindung zur Wehrmacht herzustellen oder schlimmer noch, zu erhalten. Da ist sie also wieder die Legende von der ’sauberen Wehrmacht‘. Die Truppe hätte ja Distanz zu Hitler und dem NS-Regime gehalten, habe überwiegend mit Anstand und Würde ihre soldatische Pflicht erfüllt. Wobei denn? Bei der Umsetzung des Kommissarbefehles in Russland oder Erschießung von Zivilisten in Frankreich oder Italien? Es gab den Widerstand gegen Hitler und das NS Regime, dazu muß und sollte man sich viel, viel mehr bekennen. Es gab aufrichtige Offiziere, welche aus Fehlern gelernt haben und die Bundeswehr in Gründerzeiten massiv unterstützen. Respekt. Danke. Gleiches gilt für ehemalige NVA Offiziere in der Bundeswehr. Warum hat man aber eine instinktive Abscheu irgendetwas von der NVA zu übernehmen und spricht gleichzeitig davon, dass man Kasernen weiter nach Wehrmachtskampfpiloten könnte und bestimmte Symbole oder auch Wappen, welche durch die Wehrmacht oder sogar das NS Regime genutzt wurden, eine ‚gewisse‘ Berechtigung haben. Weil in Divisionen, welche u.a.Angriffskriege gegen Russland führten, einige aufrichtige Widerständler waren? Wir würdigen doch auch nicht ‚herausragende‘ Leistungen von DDR-Grenzern im Abschotten der DDR oder die beeindruckende Leistungen der Stasi, z.B. Markus Wolf.
Leistungen der Wehrmacht lassen sich also nicht würdigen, weil sie im Dienste eines verbrecherischen Systems für verbrecherische Ziele in einer verbrecherischen Institution errungen wurden. Bedeutet? Sobald auch ein Hauch von Bezug zur Wehrmacht entsteht, dann sollte man nun endlich mal genug haben. Warum so emotional? Ggf. hilft das: Generalfeldmarschall und Oberbefehlshaber des Heeres Walther von Brauchitsch in seinem Erlass des Jahres 1938 über die Erziehung des Offizierskorps:„Wehrmacht und Nationalsozialismus sind desselben geistigen Stammes. Sie werden weiter Großes für die Nation leisten, wenn sie dem Vorbild und der Lehre des Führers folgen, der in seiner Person den echten Soldaten und Nationalsozialisten verkörpert.“
Nun warte ich auf die Anhänger der latenten Heldenverehrung: Rommel, dem sogenannten Widerständler, über Manstein, dem Genie bis hin zu Steiner, dem Filmhelden. „Klagt nicht kämpft“ hängt nicht mehr im Büro, sondern ist nun Bildschirmschoner auf dem privaten PC.
@Thomas Melber
Gemäß DLFNachrichten vom morgen wird Trump, sollte der Kongress ein Gesetz zur Umbenennung auch nach seinem Veto mit 2/3 Mehrheit beschließen, dieses einfach nicht unterzeichnen. Und dann? Sicher keine Verfassungskrise mit Namensstreit als Ursache!
Ich verstehe ehrlich gesagt die ganze Aufregung bzgl. der Umbenennung von Kasernen nicht.
Ja, viele Soldaten hatten sich jahr(zehnt)elang an die Namen gewöhnt und/oder sich mit diesen identifiziert. Das heißt aber nicht, das man Derartiges nicht im Zuge einer Weiterentwicklung der „vorgeschriebenen Denke“ ändern kann.
Meiner persönlichen Meinung nach verhält es sich mit der Identifikation von Soldaten mit Namensgebern ihrer Kasernen und/oder sonstigen traditionsstiftenden Personen/Ereignissen eher so, dass die von Vorgesetzten im Rahmen der politischen Bildung sowie auch im sonstigen Diskurs vorgebrachte „Erklärung“ (Glorifizierung?) einfach unreflektiert übernommen wird.
Das hat nach meinem Dafürhalten in nahezu allen Fällen nichts mit einer irgendwie gearteten Verherrlichung oder Leugnung von Gewalttaten oder Straftaten Einzelner zu tun.
Daher sollte man sowohl auf Ebene BMVg als auch auf dem nachgeordneten Bereich ein wenig entspannter damit umgehen und sich besser „eingehend“ mit wirklichen Problemfällen in diesem Kontext befassen.
@ Lawrence 11.06.2020 um 3:03 Uhr
Eine klare Ansprache, welche aber niemand hören will. Können sie in eine Reihe mit allen Traditionserlassen stellen. Denn offiziell gibt man sich kämpferisch, räumt auf, benennt man Kasernen um und macht PR mit Fotos und richtig guten Reden. Frau WB sieht im Kampf gegen Rechtsradikalismus ihren Schwerpunkt. Na dann, war dem Vorgänger auch wichtig. Trotz aller Mühen haben wir z.B. die bitteren Vorfälle im KSK. Gestern war wieder eine neuer Fall bekannt geworden!! Link aus den hier bekannten Gründen nicht. Niemand beantwortet die Fragen, warum so viele Soldaten der Bundeswehr, nun also heimlich, verdeckt und privat und offenbar im Herzen Sehnsucht nach den anständigen Helden der Wehrmacht haben. Militärhistorische Devotionalien als Ausgangspunkt, Panzerlied, welches immer noch gesungen wird, Rituale der TSK, ja selbst hier im Blog wurde vom ritterlichen Kavalleriegeist und einem sauberen Krieg gesprochen. Symbole, Märsche, Wappen und Fahnen, natürlich Wehrtechnik üben seit jeher eine starke Anziehungskraft auf Rechtsextremisten aus. Die strengen Hierarchien der Wehrmacht, deren Uniformen, das Maß an funktionierendem Befehl und Gehorsam sind offenbar eine willkommene Projektionsfläche für offiziell nicht ausgesprochene Sehnsüchte. Heldengeschichten steuern das Pathos dazu bei.
Die Wehrmacht ist zu Recht für viele mit hoher Disziplin und Gehorsam, herausragenden Ausbildungsmethoden und Taktiken verbunden. Das verschleiert allerdings bei vielen die Sehnsucht nach dem Bild der Wehrmacht, die sich insgesamt um eine ritterliche Kampf- und Kriegführung bemüht habe. Da kann man doch einige Lieder, Symbole, Wappen und natürlich auch Kasernennamen behalten. Marseille-Kaserne, kein Problem für einige Verantwortliche. Niemand beantwortet die Frage, warum sich latent eine ungebrochene Attraktivität hält, die offiziell in gut klingenden Reden verneint wird und doch informell oder gar verdeckt weiterlebt. Offener Rechtsextremismus – das traut sich keiner mehr. Heimlich schon! Da sind wir wieder beim KSK und dem netten Fototermin des BMVg (in sozialen Medien) zur beginnenden Arbeit der neu geschaffenen Arbeitsgruppe. Bang, mitten in die Aufbereitung der nächste Fall. Ein Stabsfeldwebel. Offenbar erst vor einem Monat von den zuständigen Behörden als Rechtsextremist eingestuft und wohl vom Dienst suspendiert worden. Wo sind wir also nach den Traditionserlassen und den sicher richtigen Reden bei Umbenennungen von Kasernen u.ä.? Da kann man in der Arbeitsgruppe ja über die bisherigen Verantwortlichkeiten und Unterlassungen plaudern. In Lehrbüchern steht: Verantwortung übernehmen als zentrale Botschaft außerdem „nie aufgeben, sich immer wieder selbst überwinden“. Keine Ausreden.
[Ehe es Verwirrung gibt: Die gestrigen Berichte beziehen sich auf einen bereits bekannten Fall
https://www.tagesschau.de/investigativ/swr/ksk-soldat-101.html
oder meinen Sie etwas anderes? T.W.]
@Helmut Strokker:
„Niemand beantwortet die Frage, warum sich latent eine ungebrochene Attraktivität hält, die offiziell in gut klingenden Reden verneint wird und doch informell oder gar verdeckt weiterlebt.“
Ich versuchs mal mit einer Erklärung:
Weil die Wehrmacht einfach eine wahnsinnig [im doppeldeutigen Sinne] erfolgreiche Streitmacht war. Widerspiegelnd in Einzelpersonen. Einheiten. Taktiken.
Deshalb haben auch viele andere Nationen während und nach dem Krieg versucht, diese Effizienz zu ergründen, aufzuarbeiten und in ihre Streitkräfte zu überführen. Immer wieder die Buchempfehlung von van Creveld: „Kampfkraft“.
Denkanstoss: Warum haben so viele Soldaten aller Nationen ein Tattoo des spartanischen Helmes aus „300“? Weil sie sich mit den erbarmungslosen Aufzuchtmethoden der spartanischen Jugend als Krieger identifizieren? Natürlich nicht.
Was machen wir eigentlich mit den Werken/Bauten von NS-systemkonformen Künstlern/Architekten?
Was machen wir mit dem jährlichen Politikeraufmarsch in Bayreuth? Angeführt von der Verehrerin Wagners: Merkel.
Aus meiner Sicht: Alle Personennamen weg. Ernsthaft. Rein geografischer Bezug. Dann ist das Thema auf dieser Ebene endlich beerdigt. In Köpfe kann man nicht reingucken. Chatverläufe, Apps, Kommentare kann man immer noch prüfen und durchgreifen.
Nur dann bitte, wie ich oben angemerkt habe, für alle!
Robert Koch Institut
Albert Schweitzer Schulen
Rosa Luxemburg??? [Mitgründerin der heute verbotenen KPD]
…..
Ja, dann wirds natürlich richtig schwierig. Dann wäre es aber eine echte ehrliche „gesamtgesellschaftliche Diskussion“ [5€ ins Phrasenschwein] und kein Pfui-Bäh Bundeswehr rechtsextremer Sumpf moralisches Überlegenheitsfingerpointing.
P.S.: Helmut Kohl hat doch wirklich 1982 behauptet, dass Türken in dieser Grössenordnung nicht assimilisierbar seien und wollte die Häfte heimschicken. Helmut Schmidt sah die Integrationsfähigkeit ähnlich schwierig. Wie sollen wir mit diesen Aussagen und dem Andenken an diese Persönlichkeiten unserer Nation heute, 2020, umgehen?
@ Lawrence:
Ach, Felix Steiner war „Filmheld“? Wußte ich ja gar nicht, in welchem Film denn? Was man von „Experten“ hier nicht alles lernen kann.
@ ThoDan:
Weshalb wird diese angebliche Maxime des Kommandeurs des Regiments Gens d’Armes, des Generals von der Marwitz, eigentlich immer nur ausschließlich auf deutsche Soldaten des Zweiten Weltkriegs (und immer mehr auch des Ersten) angewendet?
Wie steht es denn beispielsweise mit Colonel Paul Tibbets und Major Charles Sweeney?
Bin gespannt auf die verbalen Verrenkungen, mit denen nun zweifellos diese Einäugigkeit „begründet“ werden wird.
@ Derfflinger
Ich weiß ja nicht wie alt Sie sind, und ob Sie viel Film schauen, aber für mich war klar, hier ist Rolf Steiner aus „Steiner – Das eiserne Kreuz“ gemeint gewesen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Steiner_%E2%80%93_Das_Eiserne_Kreuz
@ Bundesbürger:
Und ich weiß nicht, wie alt Sie sind, aber Sie bringen jetzt nicht im Ernst eine fiktive Figur des Regisseurs Sam Peckinpah und des Drehbuchschreibers Julius J. Epstein in eine Traditionsdebatte der Bundeswehr ein, oder? Welche Kasernen sind denn nach „Rolf Steiner“ benannt?
Hm, ich ahne schon, dass es etwas zu entgleisen droht. Ich bin ja für eine umfassende Debatte zu haben, aber die OT-Auswüchse sollten wir schon beenden.
@CRM-Moderator sagt: 11.06.2020 um 11:50 Uhr
„Weil die Wehrmacht einfach eine wahnsinnig [im doppeldeutigen Sinne] erfolgreiche Streitmacht war. Widerspiegelnd in Einzelpersonen. Einheiten. Taktiken.
Deshalb haben auch viele andere Nationen während und nach dem Krieg versucht, diese Effizienz zu ergründen, aufzuarbeiten und in ihre Streitkräfte zu überführen. Immer wieder die Buchempfehlung von van Creveld: „Kampfkraft“.
Denkanstoss: Warum haben so viele Soldaten aller Nationen ein Tattoo des spartanischen Helmes aus „300“? Weil sie sich mit den erbarmungslosen Aufzuchtmethoden der spartanischen Jugend als Krieger identifizieren? Natürlich nicht.“
Zustimmung. Die soldatisch-handwerkliche Strahlkraft bewegt viele Soldaten.
„Aus meiner Sicht: Alle Personennamen weg. Ernsthaft. Rein geografischer Bezug. Dann ist das Thema auf dieser Ebene endlich beerdigt. In Köpfe kann man nicht reingucken. Chatverläufe, Apps, Kommentare kann man immer noch prüfen und durchgreifen.“
Ich stimme Ihrer Analyse zu, aber komme zu einer 180° entgegen gesetzten Folgerung.
Mehr Personennamen, Lösen vom Ansatz Helden/Vorbilder müsste zu 100% perfekte Personen sein. Akzeptanz der Imperfektion von Menschen auch und gerade in ihrer Rolle als Helden und Vorbilder.
Dadurch Bedienung einerseits des Bedarf von Soldaten an solchen „Projektionsflächen“, gleichzeitig positive Gestaltung des konkreten Wer/Wieweit/etc. und abschließend auch besseres und glaubwürdigeres Menschenbild. Jemanden aus der Vergangenheit mit dem Wissen und den Maßstäben von heute zu bemessen ist nicht nur ahistorisch, es ist auch unmenschlich.
@Helmut Strokker @CRM Moderator
Weitgehend Zustimmung.
Das Geheimnis hier https://www.topagrar.com/jagd-und-wald/news/bundeswehr-sucht-in-sachsens-waeldern-nach-borkenkaefern-12082860.html
Der vertikale Umfassung gegen die Phalanx sächsischer Borkenkäfer ergibt (Überraschung? ) keinen identitätsstiftenden Beitrag, dessen unter Absingen von „Ob’s stürmt oder schneit“ am Lagerfeuer gedacht wird. Auch nicht, wenn der DivKdr vorbeischaut.
Ich denke, dass Bild an der Borkenkäfer-Front versinnbildlicht das Dilemma.
Kämpfer brauchen Vorbilder, aus dem Kampf. Werden die verweigert, unter Androhung von Sanktionen, suchen sich Betroffene ihre Idole andernorts, FDGO und InFü hin oder her.
Übrigens, in einem früheren Verband, in dem Guderian, Rommel und von Manstein abgehängt werden mussten, tauchten kurz darauf Bilder und auch Lieder (!) der Legion auf, aus Algerien und Vietnam.
Maßnahmen keine. Lernerfolg, Wehrmacht nein – Söldnertruppe in Kolonien ja?
@Derfflinger
Repugnant Battle Honours der Indischen Armee z.B.
Was die Atombomben betrifft, Unterschied zu Coventry, Nanking oder Manila, vs wie viele 100.000e wären wohl noch ermordet worden?
@Koffer
Wer hat hier Säulenheilige verlangt, wieso müssen Vorbilder keine sein aktuelle Mannschaftsdienstgrade müssen es aber sein?
@ThoDan sagt: 11.06.2020 um 19:41 Uhr
„Wer hat hier Säulenheilige verlangt, wieso müssen Vorbilder keine sein aktuelle Mannschaftsdienstgrade müssen es aber sein?“
Ich habe keine Ahnung, was Sie mit diesem Satz sagen wollen.
„Man muss das Werk vom Künstler trennen!“ lautet die intellektuelle Bankrotterklärung in meiner zivilen Profession, der Musikwissenschaft, wenn die Oper (Richard Wagners) zu gut und liebgewonnen, aber das politische Pamphlet („Über das Judentum in der Musik“) eindeutig zu antisemitisch ist, um nicht gleich gänzlich ignoriert werden zu können. Der 2019 rechtskräftig verurteilte Vergewaltiger Siegfried Mauser kann so ein renommierter Pianist bleiben, auf Harvey Weinstein übertragen hieße das, ihn weiter nur als renommierten Filmproduzenten zu sehen.
An dieses Denkmuster fühle ich mich erinnert, wenn hier von gestandenen Mitforisten ernstlich versucht wird, die Traditionswürdigkeit von vor- und undemokratischen Systemen bzw. Regimen treu ergebenen Einzelpersonen dadurch herzustellen, dass ihr soldatisches Handeln solange dekontextualisiert wird, bis eine Art exkulpierender Überzeitlichkeit entstanden ist.
Diese Vorgehensweise, ich will sie noch nicht einmal Geschichtsklitterung oder Revisionismus nennen, denn dazu fehlt eindeutig das Motiv, ist einer Parlamentsarmee unwürdig: Wenn schon die Idole, unvoreingenommen betrachtet, außerhalb der FDGO stehen, wie soll dann ihre Gefolgschaft, beispielsweise im Moment der Bewährung im Gefecht, diese Prinzipien wahren lernen? Und, gerade bei einer Parlamentsarmee: Wie soll der Souverän über seine Streitkräfte denken, wenn der Eindruck nicht von der Hand zu weisen ist, dass den Streitkräften der eigene Traditionskontext nicht genügt?
Dabei gibt es, Binsenweisheit, diese Traditionen, es sei nur an die Umbenennung der Hauptfeldwebel-Lagenstein-Kaserne erinnert. Wenn man schon dem in postheroischen Gesellschaften nicht eben populären Grundsatz folgen will, dass das personifizierte Vorbild zum Traditionsbestand gehören soll, dann sind Umbenennungen nach diesem Muster mehr als überfällig. Mit Namensgebern, bei denen man um eine „Trennung von Werk und Künstler“ nicht herumkommt, erweist sich die Bundeswehr sonst nur einen Bärendienst, wenn sie sich aufrichtig gesellschaftlich legitimieren will.
@Koffer:
„Ich stimme Ihrer Analyse zu, aber komme zu einer 180° entgegen gesetzten Folgerung.“
Meine Folgerung war mal genauso. Ich bin aber zur Erkenntnis gekommen, dass das „Problem“ nicht befriedet wird. Dieses Thema geht politisch immer. Und poppt bei jeder rechtsradikalen Verfehlung automatisch hoch. Mit immer höherer Kadenz. Es ermüdet. Für mich persönlich ein Wunder, dass bspw. Richthofen noch nicht traditionsunwürdig ist. Adel, Menschenjäger, usw. Aber das wird noch kommen.
Deshalb 2 Schritte weitergehen.
1. Schritt
Umbenennen aller Kasernen in geografiebezogene Namen. Sollte irgendwo ein unverdächtiger Widerstandskämpfer gefunden werden, gerne auch den. Wäre aber gut, wenn er Soldat war.
2. Schritt
Befreiungsschlag am eigenen Strafraum volles Brett volley in den gegnerischen 16er und die Personalien Johann W. Goethe, Martin Luther, Robert Koch, Richard Wagner, Albert Schweitzer u.a. aufs Tapet bringen. Da war doch was, oder? Ach, die muss man „aus ihrer Zeit verstehen“? Bingo. Danke.
@ Lawrence, Helmut Strokker:
Viel nachdenkenswertes und aus meiner Sicht richtiges in Ihren Beiträgen! Man muss allerdings auch sehen, wo die BW bei der Thematik herkam – man stelle sich vor, bis um die Jahrtausendwende hiessen die stolzesten Schiffe der Marine Lütjens, Rommel und Mölders….
@ CRM-Moderator
„ Was machen wir eigentlich mit den Werken/Bauten von NS-systemkonformen Künstlern/Architekten?“
Wird etwas OT, aber, meine Meinung: langfristig bitte endlich WEG DAMIT! Ich halte es tatsächlich für problematisch, dass auch heute noch in vielen BW-Liegenschaften die BW-Angehörigen Ihren Tag in einer Umgebung verbringen, die noch von der Ästhetik des Nationalsozialismus geprägt ist-bis hin zum Reichsadler mit nur recht notdürftig entfernten Hakenkreuz, den man stellenweise immer noch findet. Wirkung und Ungang mit der NS-Ästhetik ist aber echt ein Thema für sich.
@Helmut Strokker, @Yeoman, @Lawrence und andere
Auch wenn ich Ihre einschränkende Sicht auf Traditionspflege nicht teile, erkenne ich an, dass sie ihr eine gewisse Stringenz und Klarheit innewohnt.
Aber der entscheidende Punkt ist: sie funktioniert nicht!
(Viele) Soldaten WOLLEN diese Traditionspflege nicht und verlangen nach anderen, „klassischen“ Helden und Vorbildern.
Das mögen Sie nicht nachvollziehen können und intellektuelle mag man auch argumentieren, dass es anders besser wäre, aber das ist eine rein akademische Diskussion.
Und da unser Menschenbild und unser Staatsbürgerverständnis und unser Politikverständnis nun einmal den Soldaten große persönliche Freiheiten gewährt funktioniert eine Unterdrückungsstrategie nicht.
Von daher sollten Sie und andere Kritiker klassischer Traditionspflege meines Erachtens besser eine positive gestaltende Rolle einnehmen, denn die grundsätzlich ablehnende.
Im Endeffekt bringt Ihnen das zwar nicht 100% dessen was Sie sich vielleicht wünsche, aber mehr als Ihre Fundamentalopposition.
@CRM-Moderator sagt: 11.06.2020 um 21:39 Uhr
„Befreiungsschlag am eigenen Strafraum volles Brett volley in den gegnerischen 16er und die Personalien Johann W. Goethe, Martin Luther, Robert Koch, Richard Wagner, Albert Schweitzer u.a. aufs Tapet bringen. Da war doch was, oder? Ach, die muss man „aus ihrer Zeit verstehen“? Bingo. Danke.“
Nicht schlecht. Dadurch kann man zwar diejenigen nicht einbeziehen, die Maximalforderungen stellen, aber zumindest die gemäßigten Kritiker zu nachdenken bringen.
@Koffer
Mir ist nicht aufgefallen, das jemand ernsthaft Säulenheilige als Vorbilder verlangt hätte, mir ist aber sehr wohl aufgefallen das hier und anderswo dieser Anspruch u.ä. überzogene Ansprüche an Mannschaftsdienstgrade und UoPs gestellt werden
@ Yeaoman: Ihr Kommentar geht am Punkt der aktuellen Debatte völlig vorbei und der pauschale Vergleich von Wehrmachtssoldaten mit einem Harvey Weinstein oder einem verurteilten Vergewaltiger ist widerwärtig. Dass Soldaten, die nachweislich an Verbrechen beteiligt waren, oder glühende Nationalsozialisten waren nicht zum Vorbild taugen, ist völlig unstrittig. Kein einziger der Kommentatoren hier hat eine derartige Position vertreten.
Der springende Punkt ist aber der, dass inzwischen jeder Wehrmachtssoldat der tapfer seine Pflicht erfüllt hat und im Kampf gefallen ist und somit nicht die Möglichkeit hatte am Aufbau der Bundeswehr mitzuwirken, nicht traditionswürdig ist – und schlimmer noch jedes Bildnis von ihm in Kasernen verboten ist. Das ist eine unfassbare Ungerechtigkeit.
Ich bin mit dem Fall Lent nicht zu sehr vertraut, aber nach meinem Wissen stand er dem Nazi-Regime zumindest nicht nahe und hat sich für seine Brüder eingesetzt, die verfolgt wurden. Ansonsten hat er sich völlig unpolitisch verhalten und seine soldatische Pflicht getan und ist dabei in Verteidigung seines Vaterlandes gefallen. Was sagt das über uns aus, wenn wir solche Leute in den Giftschrank der Geschichte verbannen? Können Sie in den Spiegel sehen und so ein moralisches Urteil über diese Person fällen, glauben Sie dass Sie etwas besseres sind?
Ich finde diesen Umgang mit den Wehrmachtsveteranen unmenschlich und ich finde es um so schlimmer, dass dieses Urteil von uns, einer verwöhnten Friedensgeneration gefällt wird, die wahrscheinlich niemals willens wäre vergleichbare Opfer für ihr Land zu bringen.
@Mackiavelli
Zwischen dem Giftschrank und Ehren als Vorbilder ist noch eine Menge Freiraum.
Wer tapfer als Soldat der Wehrmacht seine Pflicht getan hatte, hatte entweder gegen die Verbrechen des 3ten Reiches opponiert oder er hat Verbrechen gegen die Menschlichkeit unterstützt und ermöglicht(persönliche Verbrechen mal ganz außen vor) ggf. sogar beides.
Ich sehe nicht wie man das Hakenkreuz vom Ritterkreuz trennen kann, es mögen tapfere – heroische Taten und Leistungen gewesen sein für die Ritterkreuze verliehen wurden aber für Verbrechen und Unrecht wurden diese Taten begangen.
@ThoDan sagt: 12.06.2020 um 9:40 Uhr
„Mir ist nicht aufgefallen, das jemand ernsthaft Säulenheilige als Vorbilder verlangt hätte“
Das sehe ich anders. Das Anlagen übertriebener Maßstäbe an Personen um sie als „unangemessen“ für einen Vorbildstatus zu (de)klassifizieren findet ständig statt. Auch hier im Forum. Ich habe ja überhaupt nichts gegen eine ganzheitliche Betrachtung/Bewertung einer Person. Wenn ich eine charakterlich grundsätzlich ungeeignete Person habe, dann kann auch eine einzelne Heldentat ihn nicht zum generellen Vorbild machen (wiewohl allerdings die einzelne Tat als vorbildhaft gewertet und vermittelt werden kann!).
Aber das Anlegen übertriebener Maßstäbe bei dieser ganzheitlichen Bewertung führt im Ergebnis dazu, dass wir unseren Soldaten jegliche (authentische) Vorbilder verweigern.
Noch schlimmer wird es dann, wenn ich heutiges Wissen oder heutige gesellschaftliche Maßstäbe umfänglich retrospektiv in diese ganzheitliche Bewertung einfließen lasse.
Das macht es dann erst recht ahistorisch.
Und unmenschlich.
Und was noch viel ärgerlicher ist: umpraktikabel für militärische Zwecke.
„mir ist aber sehr wohl aufgefallen das hier und anderswo dieser Anspruch u.ä. überzogene Ansprüche an Mannschaftsdienstgrade und UoPs gestellt werden“
Beispiele?
Vor allem bitte Beispiele, die etwas mit dem hier anhängige Thema zu tun haben. Eine Grundsatzdiskussion über die Ihrer Meinung während Ihrer Wehrdienst vorhandenen Ungerechtigkeiten Ihnen ggü. bringen uns jetzt in diesem Diskussionsfaden nicht weiter.
@ThoDan sagt: 12.06.2020 um 10:21 Uhr
„Ich sehe nicht wie man das Hakenkreuz vom Ritterkreuz trennen kann, es mögen tapfere – heroische Taten und Leistungen gewesen sein für die Ritterkreuze verliehen wurden aber für Verbrechen und Unrecht wurden diese Taten begangen.“
In den allermeisten Fällen eben nicht. Von den über 7.000 Verleihungen von Ritterkreuzen sind vermutlich noch nicht einmal 1/3 (Schätzung) problematisch.
Aber selbst wenn: Es geht ja gerade NICHT darum alle Ritterkreuzträger als Helden einzustufen, sondern die für uns als Bundeswehr geeigneten in einer ganzheitlichen Betrachtung (die sich aber eben nicht nur auf Widerstand beschränken darf).
Wir brauchen nicht 4.600 (2/3 von 7.000) neue Vorbilder und würden zwei oder drei Dutzend je TSK aus der Zeit zwischen 33-45 ja schon reichen. Dann nehmen wir noch ein ein paar Dutzend je TSK (außer Lw, da vielleicht etwas weniger) aus der Zeit der vor ’45 dazu und nutzen auch endlich (!!!) die Bw eigene Zeit besser und schwups haben wir eine breite Anzahl von glaubwürdigen und geeignete Personen mit denen sich unsere Soldaten identifizieren können.
@ ThoDan:
Sie haben Recht – es ist in der Tat sehr viel Raum zwischen dem Giftschrank und der Ehrung als Vorbild. Leider ist das nicht die Realität in der Bundeswehr: Inzwischen bekommt die Leitung im BMVg und damit leider auch viele Vorgsetzte in den Verbänden Schnappatmung, wenn sie nur irgendwo einen alten Stahlhelm oder irgendwas anderes aus dem Zweiten Weltkrieg sehen. Differenziert wird leider überhaupt nicht mehr, sondern nur verboten.
Ihre Betrachtungsweise, dass man entweder im Widerstand war, oder Verbrechen unterstützt hat ist übrigens auch entsprechend einseitig und wird der damaligen Lebenssituation überhaupt nicht gerecht. Ich erspare uns an dieser Stelle eine Aufzählung von aufrechten und auch heute noch vorbildhaften Lebenswegen, die Sie damit verunglimpfen – einschließlich der 16 Millionen ehemaligen Wehrmachtsangehörigen. Wenn man so an die Sache herangeht, dann gibt es auch bei Ihnen keinen Freiraum zwischen Giftschrank und Heldenverehrung.
@Koffer
I beg to differ, ich sehe den Dienst in der Wehrmacht prinzipiell nicht als Vorbildhaft für ein Militär in dem ich einst gedient habe und geeignet für den ethischen Standard den ich von der BW erwarte.
Welche Ritterkreuze wurden denn für Taten verliehen, die den Verbrechen des 3ten Reiches keinen Vorschub leisteten oder welche Träger haben dem Regime Widerstand geleistet?
Es würde zum Teil eine Grundsatzkritik werden
aber die Kritik an Hauptfeldwebel Tobias Lagenstein´s Ehrung zählt dazu, auch die Abwertung von Nichteinsatz oder „nur“ Drinnie Veteranen.
Militärische Exzellenz erwarte ich nicht, ich habe hohen Respekt vor Menschen obwohl sie nicht großartig in ihrer Aufgabe sind trotzdem aus Pflichtbewusstsein versuchen ihre Pflicht bestmöglich zu erfüllen.
@Mackiavelli und Koffer
„Die Bundeswehr wird sich niemals gänzlich von der Wehrmacht lösen können. Dafür sind die personellen sowie inhaltlichen (Vorschriften, Taktik, Ausbildungs- und Einsatzgrundsätze) Überschneidungen viel zu stark und niemand der halbwegs bei Verstand ist, wird eine saubere Neuschreibung der Geschichte im Sinne von „die demokratische Bundeswehr die 1955 vom Himmel gefallen ist“ glauben.“
Da gebe ich ihnen Recht, aber das ist nicht der Punkt.
„Auch die Entstehungsgeschichten von Truppengattungen (Panzer, Fallschirmjäger, Panzergrenadiere usw.) der U-Bootwaffe und der Luftwaffe sind so eng mit der Wehrmacht verzahnt, dass man dieses Thema niemals loswird.“
Das ist nur kein Argument dafür, einen Offizier mit dem Namenspatronat einer Kaserne zu ehren.
„Darüber hinaus wird jeder Soldat, der sich für seinen Beruf interessiert und sich mit Geschichte befasst feststellen, dass es da einmal eine Armee in seinem Land gab, die bei allem Schrecklichen auf militärischem Gebiet so ziemlich das beste und effektivste seit den römischen Legionen darstellte und atemberaubende Leistungen vollbracht hat.“
Obwohl das auch häufig ein Narrativ aus der jungen Bundesrepublik ist, in der man sich eben schwer distanzieren konnte. Aber selbst wenn, weshalb muss eine Kaserne danach benannt sein?
„Geschichte lässt sich nicht einfach totschweigen und nicht wegbefehlen. Daher sehe ich den einzigen sinnvollen Umgang darin sich der eigenen Geschichte zu stellen, im Guten wie im Schlechten.“
Ich denke, es gehört ebenfalls zur Geschichtsbewältigung, dann eben irgendwann mal zur Einsicht zu kommen, dass persönliche Ehrungen fehl am Platz sind.
Man kann die militärischen Leistungen ja auch ohne einen Personenkult betrachten. Das hat auch den Scharm, dass man erkennen kann, dass jedwede atemberaubende Leistung eines super effizienten Militärs nutzlos ist, wenn es strategisch entsprechend schlecht eingerahmt ist. Dann kämpft man im besten Fall gegen Windmühlen. Im schlechtesten Fall sterben unglaublich viele Menschen umsonst.
Klar kann man das nicht befehlen.
Dass die Bundeswehr das nicht von sich aus schafft, ist trotzdem traurig.
Und dann gab’s da noch Erich Mende, Vizekanzler, Bundesminister, Fraktionsvorsitzender der FDP
Maj und Stv RgtKdr in der 102. Infanterie-Division.
Auszeichnungen und Ehrungen
Eisernes Kreuz (1939) II. und I. Klasse
Nahkampfspange in Bronze
Deutsches Kreuz in Gold am 30. Mai 1942
Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes am 28. Februar 1945
Großkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland
Schlesierschild der Landsmannschaft Schlesien 1993.
Für seine Verdienste um die Verhinderung der Sprengung des Marineehrenmals in Laboe erhielt Mende vom Deutschen Marinebund 1983 das Goldene Eichenblatt. Neun Tage nach seinem Tod wurde Mende am 15. Mai 1998 vom Deutschen Bundestag mit einem Staatsakt geehrt.
Ritterkreuzträger und Vizekanzler der Bundesrepublik Deutschland, wo ist „seine“ Kaserne!