DroneWatch: SPD signalisiert Zustimmung für Drohnen-Bewaffnung für die Bundeswehr (Update)
Bei der auch innerhalb der Regierungskoalition strittigen Haltung zur Bewaffnung von Bundeswehr-Drohnen haben die Sozialdemokraten Entgegenkommen signalisiert. Die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Gabriela Heinrich kündigte unter Bedingungen eine Zustimmung ihrer Fraktion zur Beschaffung von Waffen für die unbemannten Systeme vom Typ Heron TP an, die die Bundeswehr ab dem kommenden Jahr einsetzen will. Damit rückt eine Billigung dieses Beschaffungsvorhabens in diesem Jahr in Reichweite.
Heinrich sagte dem Berliner Tagesspiegel (Link aus bekannten Gründen nicht):
Wir sind offen in der Frage der Bewaffnung von Drohnen. Aber nur, wenn strenge Bedingungen erfüllt werden, werden wir die Entscheidung mittragen.
Nach ihren Worten haben sich die Fachpolitiker der SPD-Fraktion auf einen Kriterienkatalog verständigt. Als Bedingung nannte die für Außen- und Verteidigungspolitik zuständige Vize-Fraktionschefin unter anderem
• eine Steuerung bewaffneter Drohnen aus dem Einsatzland: Das operative Hauptquartier, von dem aus die bewaffneten Drohnen gesteuert werden, muss in dem Land liegen, in dem diese Waffen eingesetzt werden. Nun ist zwar nicht so ganz klar, was an dieser Stelle mit operativem Hauptquartier gemeint ist – vermutlich hebt Heinrich auf die Stationierung der Bodenkontrollstation im Einsatzland ab. Das ist eine Vorgabe, die die Bundeswehr bereits jetzt bei der Steuerung ihrer unbewaffneten Aufklärungsdrohnen in Afghanistan und in Mali erfüllt.
• Die Piloten und Payload-Operatoren sollen psychologisch betreut werden: Wir bestehen auf die größtmögliche Fürsorge und Begleitung für unsere Soldatinnen und Soldaten, die bewaffnete Drohnen bedienen und die Befehle geben. Weil die psychischen Belastungen enorm sind, muss sichergestellt sein, dass fachlich ausgebildetes Betreuungspersonal für sie bereitsteht. Auch diese Bedingung dürfte für die Bundeswehr, die ohnehin routinemäßig Truppenpsychologen in die Einsätze entsendet, kein ausschlaggebendes Problem sein.
• Als weitere Vorbedingung nannte Heinrich laut Tagesspiegel die Offenlegung der allgemeinen Einsatzregeln. Das ist so unscharf formuliert, dass es ein Problem werden könnte – weniger auf politischer, aber auf militärischer Ebene nicht zuletzt in den Bündnissen und Organisationen, in denen die Bundeswehr im Auslandseinsatz ist. Die so genannten Rules of Engagement (RoE) werden in der Regel von der Führung eines Einsatzes erlassen, also in Afghanistan der NATO und im Blauhelm-Einsatz in Mali von den Vereinten Nationen. Diese für alle beteiligten Länder gültigen Einsatzregeln sind üblicherweise geheim. Möglicherweise meint die SPD-Politikerin aber die ausdrücklich von Deutschland für den Einsatz geltenden Regeln und damit abweichende Bestimmungen von den RoE, die so genannten Caveats (Vorbehalte). Da müssten allerdings die Fachpolitiker der Koalition noch mal genauer erklären, wie das gemeint ist – und das Verteidigungsministerium erläutern, ob es die öffentlich machen will.
Die seit Jahren im Wesentlichen ohne neue Argumente geführte Debatte zwischen Gegner und Befürworter einer Bewaffnung von Bundeswehrdrohnen war in den vergangenen Monaten noch mal in mehreren Veranstaltungen zur Information und Diskussion gebündelt worden, unter anderem in einer ganztägigen Debatte am 11. Mai. Die SPD hatte bislang – auch angesichts innerparteilich unterschiedlicher Ansichten – offengelassen, ob sie im Bundestag der für eine Beschaffung nötigen gesonderten Billigung zustimmen würde.
Zur Art der vorgesehenen Bewaffnung für die von Israel geleasten Drohnen gibt es aus Gründen der Geheimhaltung keine detaillierten Angaben. Allerdings hatte die Bundeswehr Ende Mai bei einer Präsentation für Parlamentarier die Anforderungen an diese Waffen erläutert:
Update: Angesichts einiger recht unscharf formulierter Aussagen der Parteivize habe ich versucht, ein bisschen Klarheit zu bekommen – und die habe ich an einem Punkt: Mit der Offenlegung der Einsatzregeln sind offensichtlich generische Grundsätze gemeint, die für jeden Einsatz gleichermaßen gelten müssen. Es geht wohl nicht um die RoE einzelner Einsätze oder die dabei geltend gemachten deutschen Caveats.
Nachtrag: Die SPD-Co-Vorsitzende Saskia Esken hat die Aussagen Heinrichs via Twitter etwas relativiert (danke für den Leserhinweis):
(Foto oben: Archivbild 2015: Heron TP der israelischen Luftwaffe – Foto Israeli Air Force; Foto unten: Screenshot aus der Präsentation)
„Da müssten allerdings die Fachpolitiker der Koalition noch mal genauer erklären, wie das gemeint ist – und das Verteidigungsministerium erläutern, ob es die öffentlich machen will.“
Die begrifflichen Ungenauigkeiten im Kernbereich (!) der Drohnendebatte rundum Einsatzgrundsätze, Einsatzkonzept, Einsatzregeln, etc wurde ja insbesondere vom BMVg befördert
(https://augengeradeaus.net/2020/05/dronewatch-zehn-jahre-heron-tp/#comment-344608).
Die Aussagen hierzu waren immer ungenau und meistens widersprüchlich. Auch über Caveats kann eigentlich öffentlich nicht gesprochen werden, da diese ja im Umkehrschluss die ROE öffentlich machen.
Die Fixierung auf einen Einsatz im Einsatzland entspringt ebenfalls einer recht abstrakten völkerrechtlichen Argumentation. In der Praxis würde dies bedeuten, dass ein Einsatz in der Sahelzone nur auf Mali begrenzt bleibt, obwohl EUTM in allen G5-Staaten eingesetzt werden soll.
Mein Fazit:
Die gesamte Debatte wurde – auch vom BMVg – auf einem unzureichenden Niveau geführt und entsprechend werden auch die Ergebnisse ausfallen. Aber wenigstens ist der Druck auf die SPD so groß geworden, dass sich wahrscheinlich überhaupt etwas verändert.
Sehr erfreuliche Entwicklung. Hätte ich ehrlich gesagt so schnell und (im Ergebnis so sachlich) nicht erwartet.
Und die konkreten Forderungen lassen sich sicherlich erfüllen. Mit der Steuerung aus dem Einsatzland lösen sich auch noch andere rechtliche und praktische Probleme, so dass das ja so oder so nicht auf Widerstand im BMVg treffen sollte. Der Begriff „operatives Hauptquartier“ ist allerdings für einen „Fachpolitiker“ mehr als nur peinlich, denn jeder auch nur halbwegs in Sicherheits- und Militärpolitik involvierte weiß, das ein „operatives Hauptquartier“ etwas ganz anderes ist als das was hier die Fachpolitikern der SPD offensichtlich meinen.
Die gesonderte psychologische Betreuung ist zwar vermutlich überflüssig, denn die DEU Drohnenpiloten sind ja eben nicht solchen psychologischen Belastungen ausgesetzt wie die an den gezielten Tötungen beteiligten US Pendants, aber Betreuung schadet nicht, so dass das zwar vermutlich eine Handvoll verschwendeter DP im höheren Dienst bedeutet, aber das lässt sich angesichts der Bedeutung des Vorgangs verkraften.
Und bei den ROE stimme ich @T.W. hier muss geklärt werden, was gemeint ist. Die tatsächlichen ROE können nicht komplett offen gelegt werden, aber unter Wahrung von Geheimschutz könnte man Fachpolitikern Zugang gewähren. Und zudem interessieren die ROE ja auch eigentlich gar nicht, sondern die nationalen Umsetzungen und Auflagen sind das für DEU Soldaten bindende und die kann man viel leichter und viel weitgehender zugängig machen. Also auch hier lässt sich vermutlich sehr schnell eine Lösung finden.
Bin allerdings gespannt, ob das innerhalb der SPD-Fraktion mehrheitsfähig ist oder ob das nur von den Fachpolitikern getragen wird. Im Ergebnis ging es ja immer eher um „Gefühle“ und unbestimmte Ängste denn um tatsächliche Fachfragen…
Grundsätzlich ein sehr gutes Zeichen. Ich hoffe nur, dass die Partei- und Fraktionsführung sich mit der Position der Fachpolitiker anfreunden können.
Die Frage eines konkreten Einsatzes ist ein völlig anderes Thema. Die Bw besitzt ja auch Kampfflugzeuge und setzt dann nur Aufklärer, Sanitäter und Brunnenbohrer ein.
Aber ein erster Schritt ist vielleicht möglich.
Erstmal sehr gut für alle BW Soldaten die sich in den nächsten Jahren in Einsätze begeben dürfen/müssen…
Ganz einfach weil man die Option jetzt hätte im Notfall schnell Unterstützung zu haben…
Ein positives Signal auch Richtung europäisches MALE UAV …
bzgl Bewaffnung…was sind da aktuell die Optionen? Brimstone?
@Memoria sagt: 28.06.2020 um 13:27 Uhr
„Die Fixierung auf einen Einsatz im Einsatzland entspringt ebenfalls einer recht abstrakten völkerrechtlichen Argumentation. In der Praxis würde dies bedeuten, dass ein Einsatz in der Sahelzone nur auf Mali begrenzt bleibt, obwohl EUTM in allen G5-Staaten eingesetzt werden soll.“
Da machen Sie sich glaube ich zu viele Sorgen. Einsatzland wird hier vermutlich in Sinne „Mandatsgebiet“ bzw. Einsatzgebiet gemeint sein. Und wenn aus logistischen oder taktischen Gründen mehrere Staaten zu einem Einsatzgebiet zusammengefasst werden (und das im Bundestagsmandat abgebildet ist), dann sehe ich da keine Probleme, weder operativ noch rechtlich. Und ich denke, dass auch die SPD damit leben können wird (so sich denn die Fachpolitiker in der Fraktion durchsetzen).
@Koffer
Sie sehen mich gleichfalls positiv überrascht, und dies am Wochenende und von der Sozialdemokratie. Dass dies mit Muetzenich vereinbart wurde, unterstelle ich mal.
Ob bei „operatives Hauptquartier“ (OHQ) an https://www.bundeswehr.de/de/organisation/streitkraeftebasis/organisation/multinationales-kommando-operative-fuehrung Ulm gedacht wurde, will ich annehmen, hoffentlich nicht an das EinsFüKdo.
Dass die Ulmer sich nicht mit – in der Regel – taktischem 1×1 von UAS – Einsätzen beschäftigen, wird noch gelernt werden müssen. Die Auftragsausführung liegt natürlich im Einsatzland in betroffener J2/G2 Zentrale resp. der zugeordneten nationalen (!) BKS. Dies HQ darf dann, bezogen auf den AoR, gern als OHQ apostrophiert werden, obwohl allein einer taktischen Aufgabenstellung entsprochen werden muss.
Ziemlich sicher bin ich mir aber, dass ein künftiger „erster“ bewaffneter Einsatz einer Heron TP dergestalt strategische Bedeutung erlangen wird, als dass dies auf die politische Ebene nach Berlin hochgezogen werden wird.
Was mich erstaunt ist, öffentlich jedenfalls kein Gedanke zur Multionalität eines bewaffneten Einsatzes. Die J2-Zentralen zuständig für Intel/Aufkl sind alle multinational besetzt/geführt, zugeordnete Truppenteile oft ebenso. Bei J3 Operations (Ops) in der Einsatzdurchführung sieht es vergleichbar aus.
Zwar gelten RoE einheitlich, die Caveats jeweils national, dennoch erwächst m.E. eine Einsatz-Qualität außer der Reihe, wenn z.B. im AoR MINUSMA vom schwedischen Missionsführer ein deutscher UAS-Waffeneinsatz gefordert (befohlen?) würde.
Ein Abstimmung New York – Berlin/Kanzleramt bleibt uns hoffentlich erspart.
@Klaus-Peter Kaikowsky (KPK) sagt: 28.06.2020 um 15:21 Uhr
„Ob bei „operatives Hauptquartier“ (OHQ) an https://www.bundeswehr.de/de/organisation/streitkraeftebasis/organisation/multinationales-kommando-operative-fuehrung Ulm gedacht wurde, will ich annehmen, hoffentlich nicht an das EinsFüKdo.“
„Dies HQ darf dann, bezogen auf den AoR, gern als OHQ apostrophiert werden, obwohl allein einer taktischen Aufgabenstellung entsprochen werden muss.“
Lassen wir besser Ulm aus dem Spiel. Alleine die Nennung dieser Einrichtung erweckt falsche Bilder in der hier anhängigen Frage. Gehen wir einfach, bis wir hoffentlich nicht eines schlechteren belehrt werden, davon aus, dass der Begriff „operatives Hauptquartier“ weder etwas mit dem EinsFüKdo noch mit dem MN KdoOpFü zu tun hat, sondern das die SPD Fachpolitiker einfach eine zuständige Stabs- und Führungsstruktur im jeweiligen Einsatzgebiet meinen.
„Ziemlich sicher bin ich mir aber, dass ein künftiger „erster“ bewaffneter Einsatz einer Heron TP dergestalt strategische Bedeutung erlangen wird, als dass dies auf die politische Ebene nach Berlin hochgezogen werden wird.“
Das bliebe abzuwarten. Natürlich wird eine erhebliche Aufmerksamkeit auf der politischen Ebene bestehen, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass sich die IBuK oder der GI direkt in taktische Entscheidungen vor Ort einmischen würden. Zum einen lassen das die Zeitlinien häufig nicht zu, zum anderen würde das IBuK und GI im Fall der Fälle auch politisch und rechtlich persönlich angreifbar machen und zum dritten würde jeder (im Regelfall ja ausländische) Befehlshaber vor Ort sich eine direkte Einflussnahmen in seine Operationen verbitten.
Mal ganz ehrlich. So etwas macht man als BMVg auch geschickter. Die jeweiligen Kontingentführer bzw. DEU StOffz / Generale in entscheidender Position werden einfach vor ihrem Einsatz zu eingewiesen, dass sie die politisch opportunen Rahmenparameter verstanden haben.
„Was mich erstaunt ist, öffentlich jedenfalls kein Gedanke zur Multionalität eines bewaffneten Einsatzes. Die J2-Zentralen zuständig für Intel/Aufkl sind alle multinational besetzt/geführt, zugeordnete Truppenteile oft ebenso. Bei J3 Operations (Ops) in der Einsatzdurchführung sieht es vergleichbar aus.“
Ich sehe das Problem jetzt nicht. Die DEU Sdt erhalten ihre operativen Weisungen von multinationalen Vorgesetzten, aber unterliegen ja trotzdem noch DEU Befehlsrecht.
„Ein Abstimmung New York – Berlin/Kanzleramt bleibt uns hoffentlich erspart.“
Natürlich wird es eine Abstimmung Berlin – NY geben bevor ein neues und wichtiges Einsatzmittel eingemeldet wird.
Aber dann ist es eingemeldet, weder NY (hier genauer gesagt das Department for Peace Operations – DPO) noch das BKAmt hat irgendwelche Zuständigkeiten im Rahmen von konkreten Operationen.
UAS-Besatzungen sind auch heute schon formalisiert in eine mögliche psychologische Betreuung eingebunden.
Wer das also fordert, kennt den Sachstand nicht.
@Koffer:
Ob man dann auf einmal pragmatisch wird, da bin ich mal skeptisch.
@KPK:
Ich habe den Eindruck sie überinterpretieren den Begriff operatives Hauptquartier.
Da der Waffeneinsatz nur zur Selbstverteidigung erfolgen soll, wäre eigentlich auch keine umfassende Entscheidung zum Waffeneinsatz vorab notwendig. Wobei ja gleichzeitig das BMVg die Entscheidung zum Waffeneinsatz einem B6 vorbehalten will. Alles wenig überzeugend.
@KPK: Das wird alles noch sehr politisch bleiben. Die gute Nachricht: In einem Szenario Karfteitagsgefecht ist schnell zusätzliche Hilfe und Aufklärung da.
@all
Siehe Update oben.
„generische Grundsätze“, seltsames Verständnis von militärischen Einsatzmitteln.
Damit soll vermutlich der Angst begegnet werden, dass die Drohnen doch zu gezielten Tötungen außerhalb unmittelbarer Kampfhandlungen eingesetzt werden.
Eigentlich ziemlich überflüssig, denn die hierfür gültigen „generischen Grundsätze“ sind ja unser Verfassungsrecht und die in DEU herrschende Auslegung des Völkerrechts.
Aber wenn das der Preis ist, warum nicht, dann schreiben wir Selbstverständliches halt nochmals auf.
@T.W.:
Dann bin ich mal gespannt wie „generische Grundsätze (…), die für jeden Einsatz gleichermaßen gelten müssen“ aussehen werden. Sofern es bei der Linie der bisherigen Debatte (insbesondere der Vorschläge des BMVg) bleibt, dann werden dies wohl Grundsätze die:
1. einen Einsatz der Bewaffnung nur bei Selbstverteidigung zulassen (also erstmals eine Nutzung zur Auftragserfüllung ausschließen) und
2. eine Freigabe durch die Besodlungsgruppe B6 (BrigGen) erfordern.
Diese Grundsätze wären bereits in sich widersprüchlich, da Selbstverteidigung nicht durch Vorgesetze in der Form eingeschränkt werden darf.
Oder die Grundsätze werden anders, wirklich ein sinnvoller Rahmen wird es wohl nicht werden.
Man kann nur hoffen, dass die notwendigen Beschaffungsentscheidungen dann noch vor der Wahl erfolgen.
Denn sonst steht im nächsten Koalitionsvertrag erneut etwas von einer notwendigen, breiten Debatte…
@Koffer:
„Damit soll vermutlich der Angst begegnet werden, dass die Drohnen doch zu gezielten Tötungen außerhalb unmittelbarer Kampfhandlungen eingesetzt werden.“
Damit wird aber weiterhin der wesentliche Anwendungsfall zur Auftragserfüllung ausserhalb von unmittelbaren Kampfhandlungen ausgeblendet. Das sind auch gezielte Tötungen. Rechtlich unbedenklich, militärisch notwendig, aber politisch nicht verstanden.
Genau diese Kernthema (Gewaltanwendung zur Auftragserfüllung) wird weiterhin ausgeblendet – insbesondere vom BMVg.
Darin liegt das wirkliche Problem der Drohnendebatte.
Das sieht mir eher nach der Entstehung einer Situation aus, in der realistischerweise mit bewaffneter Luftunterstützung durch Drohnen nicht zu rechnen ist, weil die gestellten Hürden zu hoch sind.
Vergessen wir eines nicht: Selbst die Grenzen des rechtlich unbestritten Möglichen werden selten ausgeschöpft aufgrund politischer Rücksichtnahmen. Es brauchte schon den hemdsärmeligen zu Guttenberg und dessen Wunsch, durch Beliebtheit in der Truppe das Verteidigungsministerium vom Schleudersitz zum Karrieresprungbrett umzufunktionieren, um in Afghanistan auch nur Artillerie zum Einsatz zu bringen.
Ich frage mich auch, ob hier nicht der Einsatzzweck der Drohnen insgesamt kompromittiert wird.
Denn: Eigentlich macht die Bewaffnung unserer Herons nur Sinn, damit man die Möglichkeit hat, während eines Aufklärungseinsatzes oder im Wege der fliegerischen Überwachung des Raumes erkannte Ziele ohne Zeitverzug zu bekämpfen. Aber: Was, wenn die aus dem Kompromiss erwachsenden Einsatzregeln sich als so einschränkend erweisen, dass man die Drohnen sowieso nur unbewaffnet fliegt, um wenigstens ihre Sensoren zur Verfügung zu haben?
Nebenbei, ich wundere mich immer wieder über die Unfähigkeit der Bundeswehr-PR. Da wirbt man bei den Abgeordneten um Drohnen, und anstatt dass man als Ziel die Abbildung eines „Technical“ wählt, malt man da einen unschuldigen roten Kleinwagen hin, was unweigerlich Assoziationen in puncto Pakistan oder Gaza-Streifen weckt.
Ich kapiere das Problem der Leserschaft nicht!
Fall 1:
Trupp Bundeswehrsoldaten befinden sich im Gefecht, benötigen Luftunterstützung.
Drohne wird angefordert, Kommandeur (oder wer auch immer in dem Moment in der Operationszentrale das Kommando hat) macht die Drohne startklar oder lässt sie zum Trupp umleiten. Kommandeur ruft in Deutschland an und schildert den Fall und bekommt das Go oder eben nicht für Waffeneinsatz.
Wir reden hier nicht vom Polizisten, der keine Zeit hat zum Nachfragen beim Revierleiter, wenn er seine Waffe ziehen muss weil er bedroht wird.
Vom Beginn Gefecht bis Anforderung Luftunterstützung vergehen oft schon viele Minuten.
Fall 2:
Drohne kreist zur allgemeinen Aufklärung über ein Gebiet. Dabei erkennt man einen feindlichen Trupp (Terroristen), der gerade einen LKW mit Waffen belädt und sich in Richtung deutscher Soldaten aufmacht.
Gleiches Spiel wie bei Fall 1.
Hier wäre dann zu prüfen, wie unmittelbar wirklich ein Angriff bevorsteht oder ob die Waffen nur transportiert werden sollen um auf dem Basar in der Nähe des deutschen Stützpunkts verkauft zu werden. Also eigentlich kein Angriff in diesem Moment stattfinden sollte.
Fall 3:
Terrorist ist durch Geheimdiensterkenntnisse bekannt und es ist auch bekannt, dass er eine Chemiewaffen in seinem Versteck produziert.
Hier kann die Drohne hervorragende Aufklärungsarbeit leisten.
Das oft zitierte KSK darf dann in Erscheinung treten um diesen Drecksack festzunehmen. Wenn die Lage eskaliert, wird der Befehl zum Waffeneinsatz Drohne gegeben. Da dieser Einsatz geplant ist, wird ein Brigadegeneral in der Befehlskette irgendwo aufzutreiben sein in der Telefonleitung.
Fall 3.2:
Es ist keine Zeit für das KSK und der Terrorist steht kurz davor mit der Chemiewaffe abzuhauen.
Dann müssen entweder andere Kräfte die Aufgabe übernehmen oder
Dann muss die Drohne den Terroristen verfolgen bis zum nächsten Versteck oder vermuteten Angriff oder
Dann muss ganz schnell der/die amtierende Verteidigungsminister/in in die Kommunikation eingebunden werden und er/sie gibt das politische Go für den Waffeneinsatz und übernimmt die volle Verantwortung.
Fall 3.2 wird weniger als 0,1 Prozent der Einsätze ausmachen, die Wahrheit ist doch, dass man mit einer bewaffneten Drohne zum einen ein sicheres Gefühl hat als Bodentruppe (psychologischer Effekt), zum anderen man nicht bei jedem Gefecht (!) eigene Fliegerkräfte mit Hubschraubern oder Flugzeugen in Gefahr bringen muss, wenn mal doch Luftunterstützung benötigt wird.
Wie oft habe ich das schon gelesen, dass einfache Super Tucanos oder ähnliche simple CAS Flieger ein Segen für die Bundeswehr wäre.
Die leider nicht vorhandene Kanone am Tiger würde manchmal schon reichen um die kämpfende Truppe zu unterstützen (bei Gefechten).
[Ich kapiere das Problem der Kommentatoren nicht! Die verstehen nicht, dass es hier nicht „die Leserschaft“ mit einer einheitlichen Meinung gibt, sondern sehr viele unterschiedliche Einzelmeinungen. Ihre ist ja auch nur eine… T.W.]
Nur ein Paar Fragen:
Wer wird sich beim Staatsanwalt verantworten nachdem die Waffen eingesetzt wurden?
Der Drohnenpilot oder derjenige, der den Waffeneinsatz befohlen hat?
Mit Sicherheit der Drohnenpilot!
Abgesehen von der Möglichkeit/Wahrscheinlichkeit des Einsatzes ohne UN-Sicherheitsratsbeschlusses (Mali/Syrien) oder die erneute Führung eines Angriffskrieges (Bundesrepublik Jugoslawien). Ich traue weder einem Politiker noch vorgesetzten Offizieren, dazu habe ich schon zu viele rechtswidrige Befehle erhalten, die ich natürlich nicht ausgeführt habe.
Denn, das dieser eingeschaltet werden muss ist Gesetzeslage. Natürlich werden diese Verfahren zwar eingestellt, bleiben aber in InPol gespeichert. Das ist dann immer nett wenn bei einer Personenüberprüfung dem Polizisten erst einma die Spucke wegbleibt, weil er jemanden mit vielfachen Tötungsdelikten am Wickel hat.
Die SPD-Vorsitzende Esken möchte erstmal noch grundlegende Fragen sprechen, bevor über den obigen Vorschlag debattiert werden kann:
https://twitter.com/EskenSaskia/status/1277184915080204288
Mal abwarten wie die Fraktion insgesamt das Thema sieht.
Erstmal eine gute Nachricht. Wäre nur die Frage wass und wann beschafft wird und wer darüber entscheiden muss. Ich denke es geht in die Richtung Brinstone/Hellfiere. Mal sehen.
@obibiber
„Ein positives Signal auch Richtung europäisches MALE UAV …
bzgl Bewaffnung…was sind da aktuell die Optionen? Brimstone?“
Dazu hat der Generalinspekteur im Live Chat zur #DrohnenDebatte2020 am 18.05. Auskunft erteilt (Antwort auf Frage 65): „Für die EURODROHNE sind BRIMSTONE 3 und GBU 49 vorgesehen.“
Das ist insofern bemerkenswert, als das diese Bewaffnung die „Fähigkeitsanforderungen an die Bewaffnung für Drohnen“ des obigen Screenshots NICHTerfüllt.
Gelten diese Anforderungen also nur für die Zwischenlösung Heron TP? Und wenn ja, warum?
Ich bin der Meinung dass man das jetzt beschließen sollte. Und wenn es eine Brimsone Variante wird. Das endet doch wie bei vielen Projekten. Alle wollen alles und am Ende passt nichts. Und kostet teuer Geld.
Ich glaube tatsächlich nicht dass die Politik tatsächlich den Arsch in der Hose hat bei den Israelis die Bewaffnung dazu zu kaufen. Sollte die CDU und die Frau Merkel auf die Idee kommen und sagen „wir kaufen für die Drohnen 5000 luft boden Raketen für über 1 Mrd Euro“ wird es knapp. Das Geld ist ohne Frage da. Es verkauft sich in der Befölkerung halt schlecht.
@ muck
„Nebenbei, ich wundere mich immer wieder über die Unfähigkeit der Bundeswehr-PR. Da wirbt man bei den Abgeordneten um Drohnen, und anstatt dass man als Ziel die Abbildung eines „Technical“ wählt, malt man da einen unschuldigen roten Kleinwagen hin, was unweigerlich Assoziationen in puncto Pakistan oder Gaza-Streifen weckt.“
Das war auch das erste, was mir aufgefallen ist.
Was die Einsatzregeln angeht: Luftunterstützung auf Abruf bleibt eine Einsatzmöglichkeit. Aber dass man ‚erkannte Ziele […] ohne Zeitverzug‘ bekämpft, ist schon eine Sache, bei der ich die Bedenken gut verstehen kann. Feindliche oder vermeintlich feindliche ‚Ziele‘ weitab der eigenen Truppen aus der Luft zu vernichten, ist gerade in Konflikten mit irregulären Kräften sehr heikel – und ganz praktisch zeigt die Erfahrung, dass sowas langfristig nicht ohne tote Zivilisten geht. Das nicht bewusst in Kauf nehmen zu wollen, halte ich für legitim.
Ich hingegen wundere mich immer wieder über die Lesefaulheit mancher Kommentatoren… Mit dem Leasing der Heron TP in Israel ist auch eine mögliche israelische Bewaffnung gesetzt. Das war klar seit der Entscheidung für die Heron TP, das war ausschlaggebend im Rechtsstreit zum Vergabeverfahren mit General Atomics, das ist die eindeutige Aussage in der oben verlinkten Präsentation. Deswegen sind Aussagen wie „wird’s ne Brimstone oder was?“ oder gar „Ich glaube tatsächlich nicht dass die Politik tatsächlich den Arsch in der Hose hat bei den Israelis die Bewaffnung dazu zu kaufen“ lediglich der Hinweis darauf, dass die früheren Berichte dazu seit mindestens zwei Jahren schlicht ignoriert wurden. Auf das Niveau sollten wir bitte nicht kommen.
Thema Bewaffnung: die Heron soll also eine Drohne zur Zielbekämpfung bekommen? Bei über 50 km Reichweite, Loiterfähigkeit und kleinem Gefechtskopf wird die Auswahl der Anbieter sehr begrenzt sein…
[Nein, die Heron IST eine Drohne; ja, die Zahl der Anbieter ist begrenzt, aber diese Entscheidung steht längst – siehe meinen vorangegangen Kommentar. T.W.]
@TW Dass mit dem Arsch und der Hose war so gemeint dass es prinzipel abgenickt wird. Sollte es aber tatsächlich so kommen wird es den Politikern dennoch auf die Füße fallen da es aus der linken Ecke nicht durch kommt.
Das ist an Naivität kaum noch zu überbieten.
Da zeigt die Präsentation des BMVg ein militärisches Aufklärungsmittel, eine militärische bewaffnete Drohne und erklären deren Wirkweisen.
Und was ist das ausgemachte Ziel, ein ziviler PKW!!
Da hätte eine Pickup mit Maschinenkanone hingehört oder ein typisches militärisches Ziel.
@Memoria: „Damit wird aber weiterhin der wesentliche Anwendungsfall zur Auftragserfüllung außerhalb von unmittelbaren Kampfhandlungen ausgeblendet. Das sind auch gezielte Tötungen. Rechtlich unbedenklich, militärisch notwendig, aber politisch nicht verstanden.“
Also ich habe erhebliche Bedenken, „gezielte Tötungen als rechtlich unbedenklich“ zu sehen. Und dann dies auch noch als „wesentlichen Anwendungsfall zur Auftragserfüllung“ zu deklarieren. Genau solche Aussagen rechtfertigen meines Erachtens die öffentliche Debatte.
Grundregel in der Bundesrepublik Deutschland ist doch, dass vermutlichen Straftätern ein Gerichtsverfahren angehängt wird. Und die Todesstrafe ist in Deutschland verboten. Natürlich ist eine Tötung im Falle der Selbstverteidigung erlaubt, wenn sie verhältnismäßig ist. Und dass im Krieg bzw. einem kriegerischen Konflikt auch Töten zum Auftrag wird ist klar.
Ich bin absolut dafür, die deutschen Bodentruppen in Mali, Afghanistan und wo auch sonst in Zukunft, durch bewaffnete Drohnen zusätzlich zu schützen. Sollte es dort zu Gefechten kommen, darf meiner Meinung auch der „Befehlshaber vor Ort“ über den Einsatz entscheiden. Ähnliches sehe ich für Gebiete, wo die Bundeswehr gezielt in den Krieg geschickt wird (was bei dem Anti-IS durchaus möglich gewesen wäre). Schließlich kommt es dort dann auch zu Gefechten.
Ich bin absolut dagegen, in den gleichen Regionen die Tötung per bewaffneten Drohnen von mutmaßlichen Terroristen oder Attentätern oder Kriegstreibern, o.ä. abseits der Einsatzgebiete der deutschen Bodentruppen zu erlauben.
@Muck: „Denn: Eigentlich macht die Bewaffnung unserer Herons nur Sinn, damit man die Möglichkeit hat, während eines Aufklärungseinsatzes oder im Wege der fliegerischen Überwachung des Raumes erkannte Ziele ohne Zeitverzug zu bekämpfen. Aber: Was, wenn die aus dem Kompromiss erwachsenden Einsatzregeln sich als so einschränkend erweisen, dass man die Drohnen sowieso nur unbewaffnet fliegt, um wenigstens ihre Sensoren zur Verfügung zu haben?“ „Bei der Überwachung erkannte Ziele ohne Zeitverzug zu bekämpfen“ würde ich nur dann erlauben, wenn sich diese Ziele im Gefecht mit deutschen Bodentruppen befinden (siehe oben). Allerdings stimme ich Ihnen zu, dass für solche Fälle die Bewaffnung der Drohnen die Regel sein sollte.
@ TobyR: „Was die Einsatzregeln angeht: Luftunterstützung auf Abruf bleibt eine Einsatzmöglichkeit. Aber dass man ‚erkannte Ziele […] ohne Zeitverzug‘ bekämpft, ist schon eine Sache, bei der ich die Bedenken gut verstehen kann. Feindliche oder vermeintlich feindliche ‚Ziele‘ weitab der eigenen Truppen aus der Luft zu vernichten, ist gerade in Konflikten mit irregulären Kräften sehr heikel – und ganz praktisch zeigt die Erfahrung, dass sowas langfristig nicht ohne tote Zivilisten geht. Das nicht bewusst in Kauf nehmen zu wollen, halte ich für legitim.“ Wie oben ausgeführt, stimme ich Ihnen nicht nur zu sondern formuliere es noch schärfer.
@TW Natürlich ist Heron eine Drohne. Meine Frage ist eine andere: Anscheinend erfüllen weder Bomben (z.B. SPICE) noch gelenkte Raketen (LAHAT, Spike NLOS) die Anforderungen der Bundeswehr (insbesondere Loiterfähigkeit). Bleiben eigentlich nur Marschflugkörper (Delilah – für den Einsatz mit Heron absolut überdimensioniert) oder (Kamikaze-)Drohnen wie z.B. die HERO-Serie von UVision. Das macht bisher, soweit mir bekannt, kein anderes Land. Die Amerikaner, Briten, Israelis usw. nutzen entweder gelenkte Raketen oder Bomben. Also zurück zu meiner Aussage: unsere Heron-Drohnen werden Mini-Drohnen verschießen.
@nachhaltig:
Ihre Argumentation vermischt aus meiner Sicht – wie allzuoft bei diesem Thema – die objektive rechtliche Situation mit ihren subjektiven Ansichten.
Gezielte Tötungen in einem bewaffneten Konflikt sind rechtlich – unter definierten Bedingungen – völkerrechtliche und verfassungsrechtlich möglich. Unter gezielten Tötungen ist dabei auch die Unterbindung des Transports von Waffen und Munition oder das Verbringen von IEDs zu verstehen.
Zu Details verweise auf die erneuten Erläuterungen von Prof. Dr. Heintschel von Heinegg bei der Auftaktveranstaltung der #drohnendebatte2020 (https://augengeradeaus.net/2020/05/dokumentation-drohnendebatte-im-bmvg/).
Sie sprechen zunächst vom Verbot der Todesstrafe und später stellen sie selbst fest, dass Töten zur Erfüllung des Auftrages notwendig sein kann. Im Ergebnis sehen sie einen Einsatz von bewaffneten Drohnen nur für ethisch (?) gerechtfertigt, wenn bereits Bodenkräfte im Kampf stehen. Dies halte ich für realitätsfern und unzweckmässig.
Es geht in der Diskussion eben weiterhin um ein Grundverständnis was in bewaffneten Konflikten rechtlich möglich ist. Hier gibt es weiterhin erhebliche Mißverständnisse.
Inwiefern dieser Rechtsrahmen politisch ausgeschöpft wird, ist eine andere Frage (u.a. durch RoE).
In der Debatte wird jedoch allzuoft mit vermeintlichen Rechtsproblemen argumentiert, die keine sind.
Egal ob mit oder ohne Drohne.
@smithers:
Rechtlich ist im bewaffneten Konflikt die unmittelbare Bedrohung kein absolutes Kriterium (s.o.).
Es geht vielmehr um hostile intent und hostile act im Sinne des Prinzips „direct participation“ des IKRK.
@Nachhaltig & @Smithers
Meine Skepsis rührt daher, dass zwischen bemannten und unbemannten bewaffneten Fahrzeugen nicht der geringste moralische oder rechtliche Unterschied besteht, solange ein Mensch alle (insbesondere völkerrechtlich) relevanten Entscheidungen trifft. Und trotzdem führen wir diese Diskussion seit (nach meiner Zählung) nunmehr vierzehn Jahren.
Diese und andere, bereits erwähnte Beobachtungen legen es mir nahe, dass Ihre Erwartungen und Maßstäbe allzu optimistisch und – hinsichtlich des militärisch-technischen Teils – allzu pragmatisch geraten sind.
Was kann eine Drohne besser als ein bemanntes Flugzeug?
Sie hat eine wesentlich längere Verweildauer in der Luft als ein herkömmliches Kampfflugzeug und bietet eine insgesamt bessere Plattform für die luftgestützte Aufklärung.
Sie erlaubt es außerdem, den Piloten nicht der Gefahr des Abschusses oder Absturzes auszusetzen, und kommt billiger in Einsatz und Unterhalt – allerdings glaube ich, dass beide Aspekte den politischen Entscheidern nicht gerade unter den Nägeln brennen, andernfalls hätten wir unsere Tornados und Tiger längst durch Drohnen ersetzt.
Wenn nun Kräfte „outside the wire“ sind, will man idealerweise wenigstens eine Drohne ständig in der Luft haben, um diese Kräfte zu begleiten und abzusichern. Hinsichtlich der Option der Bewaffnung lässt sich sagen: Alles, was bis hierhin geschieht, geschieht sowieso.
Welchen Mehrwert hat es da, die Drohne zu bewaffnen?
Die Antwortet lautet meines Erachtens nach: Wenn Bedarf herrscht, kann ich ein aufgeklärtes Ziel sofort bekämpfen. Ich bin nicht länger auf meine Artillerie, Kampfhubschrauber oder Kampfflugzeuge angewiesen, die vielleicht nicht die benötigte Reichweite besitzen oder aus vielfältigen Gründen nicht zur Verfügung stehen.
Manche würden wohl aufgrund obiger Grafik hinzufügen: Ich kann außerdem wenig destruktive Waffen einsetzen und Kollateralschäden vermeiden. Freilich stehen mir Waffen dieser Art auch auf anderen Plattformen zur Verfügung.
Jetzt die politische Komponente.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass die SPD die Offenlegung der Rules of Engagement nur aus Gründen der Transparenz fordert. Vielmehr wird es darum gehen, gegebenenfalls durch öffentlichen Druck verstärkt abweichende Einsatzregeln für bewaffnete Drohnen durchzusetzen.
Der historische Rückblick kann uns aber nicht vertrauensvoll stimmen, was das angeht. Es könnte so kommen, dass die unvermeidlichen Caveats die bewaffnete Drohne schlechterdings konterkarieren. Was nützt sie mir, wenn der erkannte Aufständische, den ich beim Verbuddeln einer IED beobachtet habe, längst über alle sieben Berge ist, weil ich noch mit dem Rechtsberater telefoniere, der gerade krampfhaft versucht, eine zwanzigseitige Vorschrift zu interpretieren, ohne sich strafbar zu machen?
Aus dem Stand fallen mir nur sehr wenige Szenarien ein, die rechtlich wasserdicht zu sein versprechen und es meiner bewaffnete Heron TP erlauben, ihre Vorteile auszuspielen. Wenn ich aber für die meisten Einsätze ohnedies Artillerie oder bemannte Luftfahrzeuge vorhalten muss, fragt es sich, warum ich nicht einfach auf sie setze und das politische Tohuwabohu vermeide.
Mit Blick auf die anhaltenden Diskussionen um Einsatzgrundsätze, Einsatzkonzepte, Einsatzregeln, ROE, etc – nicht nur hier (https://twitter.com/Bjoern__M/status/1277520300188618752) hier nochmal ein Hinweis auf die Diskussion rundum die Auftaktveranstaltung:
https://augengeradeaus.net/2020/05/dronewatch-neue-debatte-argumente-wie-schon-2014/comment-page-1/#comments
Im Kern ist die Debatte nicht wirklich vorangekommen. Es wird weiterhin anhand von bewaffneten Drohnen um die Grundausrichtung der deutschen Sicherheitspolitik diskutiert (Rolle von Streitkräften und Bedeutung von Gewaltanwendung , Sinnhaftigkeit von Auslandseinsätzen und die Rolle von Streitkräften in den Einsätzen).
Da diese „Stellvertreterdebatte“ von keiner Seite ehrlich und stringent geführt wird, kommt es fortlaufend zu argumentative „Verrenkungen“ .
In der Situation befindet sich auch – oder sogar im besonders prägnanter Weise – die SPD-Bundestagsfraktion.
Daher wird es spannend zu sehen wie sich die Fraktion insgesamt (!) positionieren wird.
Sobald das BMVg das zugesagte Einsatzkonzept vorgelegt hat.
Ursprünglich sollten dies wohl im Juni 2020 vorgelegt werden.
Aber was ist der aktuelle Zeitplan?
@ MrDiversity „IAI vs Coronavirus“ – YouTube. 0.29 sec. Now the end is kind of an option…
@MrDiversity:
https://de.wikipedia.org/wiki/IAI_Harop
Hm. Kann es sein, dass beim Thema „welches Waffensystem“ jetzt sehr, sehr viel Spekulation reinkommt? Und nicht immer passend? Dass die Harop ein „Effektor mit sehr kleiner Wirkladung (unter 10 kg)“ sein soll, scheint mir ein bisschen… weit hergeholt.
That, of course, is only part of the story: – the weapon of Israeli drones is a taboo.
The range of application imposes special requirements and possible solutions (previously non-existent…) Mini-Harpi (IAI) is one of them and has:- „Abbruch bis kurs vor Einschlag“ and W=8 kg. Video: https://www.youtube.com/watch?v=Fnre6C803M8
Sincerely…
@Memoria: Sie kritisieren „Ihre Argumentation vermischt aus meiner Sicht – wie allzuoft bei diesem Thema – die objektive rechtliche Situation mit ihren subjektiven Ansichten.“. Dann will ich das mal „entmischen“. Ich bin kein Jurist und habe mich auch mit dieser Thematik bisher nicht eingehend befasst. Insofern ist alles was ich hier darstelle meine subjektive Ansicht. Und bei dieser nehme ich mir heraus, ethische und rechtlicher Prinzipien, die ich hier in Deutschland kenne auch auf die Einsätze der Bundeswehr im Ausland zu projizieren. Es mag sein, dass rechtlich mehr zulässig ist – deshalb muss ich und müssen wir es aber ethisch noch lange nicht gutheißen.
Was die Einsatzgrundsätze anbelangt: Ich verstehe nicht, warum man nicht einfach die übernimmt, die auch jetzt schon für z.B. MINUSMA gelten. Nehmen wir doch mal das Beispiel von Muck: „Was nützt sie mir, wenn der erkannte Aufständische, den ich beim Verbuddeln einer IED beobachtet habe, längst über alle sieben Berge ist, weil ich noch mit dem Rechtsberater telefoniere, der gerade krampfhaft versucht, eine zwanzigseitige Vorschrift zu interpretieren, ohne sich strafbar zu machen?“ Was macht denn eine normale Patrouille, wenn sie zufällig auf jemanden stößt, der gerade eine IED verbuddelt? Wird sie den sofort erschießen? Oder gibt es da andere Regeln? Warum sollen diese dann nicht auch für Drohnen gelten?
@
Nachhaltig sagt:
30.06.2020 um 12:12 Uhr
“
Was macht denn eine normale Patrouille, wenn sie zufällig auf jemanden stößt, der gerade eine IED verbuddelt? Wird sie den sofort erschießen? Oder gibt es da andere Regeln? Warum sollen diese dann nicht auch für Drohnen gelten?
“
Und genau das ist es doch: Die Drohne ist einfach auch nur eine Waffe aus dem Gesamtarsenal. Nicht mehr und nicht weniger. Und die Situation, die vorliegt im Zusammenhang mit dem eigenen Auftrag rechtfertig einen Waffeneinsatz oder eben nicht. Es ist dann völlig belanglos mit welcher Waffe und welchem Abstand der Einsatz abgearbeitet wird. Daher braucht es keine Sonderregeln für Drohnen. Es ist außerdem auch nicht von Bedeutung ob eine menschliche Patrouille besagtes Ereignis vorfindet, ein zufällig vorbei fliegender Tiger-Pilot oder ein Aufklärungssatellit oder eben die Drohne selbst.
Frage. Reichweite der Waffe größer 50 km und gefechtskopf unter 10 kg. Was soll das den sein? Brimstone und Hellfire kommen nicht so weit. Und alles andere ist schwerer oder müsste als Gleitbombe neu enwickelt werden.
[Nu ist langsam wirklich gut. Seit Jahren ist davon die Rede, das ein israelisches Waffensystem genutzt werden soll, dessen Details auf Wunsch der Israelis geheimgehalten werden. Die ständige Frage nach „Brimstone oder Hellfire“ steht in diesem Fall nicht an. Nachlesen, jetzt aber wirklich, und nicht jedesmal mit Fragen bei Null anfangen. T.W.]
Sorry TW. Hatte ich so nicht mitgeschnitten dass es ein Komplettpaket wird. Ich dachte die Bewaffnung wird im Nachgang bestellt.
@muck: „Es könnte so kommen, dass die unvermeidlichen Caveats die bewaffnete Drohne schlechterdings konterkarieren. Was nützt sie mir, wenn der erkannte Aufständische, den ich beim Verbuddeln einer IED beobachtet habe, längst über alle sieben Berge ist, weil ich noch mit dem Rechtsberater telefoniere, der gerade krampfhaft versucht, eine zwanzigseitige Vorschrift zu interpretieren, ohne sich strafbar zu machen?“
Der Rechtsberater war eigentlich noch nie das Problem, weil die Rechtslage in den allermeisten Fällen eindeutig ist. Problematisch ist es, einen eindeutigen Sachverhalt – militärisch: Lagebild – zu haben.
@Streifen Dass verbuddeln der IED wird aber nicht zwingend zum Einsatz führen. Ich habe es so verstanden dass die Drohne geleitschutz bietet. Als zweitschlagswaffe wenn die 1. Rakete oder Mörsergranate abgefeuert wurde um zu antworten.
Ob bei dem verbuddelten IED eine Drohne – oder ein anderes Waffensystem – zum Einsatz käme, hinge von einer Vielzahl von Faktoren ab. Neben der Frage, ob es sich bei dem beobachteten Vorgang überhaupt um das Vergraben eines IEDs handelt – so eindeutig ist das in der Praxis leider nicht – spielt beispielsweise eine wesentliche Rolle, ob mit Kollateralschäden zu rechnen ist. Nachdem in der Regel weder 100prozentig sicher ist, ob es sich um ein zulässiges Ziel handelt und ob Kollateralschäden auszuschließen, wird ein Abwägung erforderlich sein. Eine Abwägung, zwischen den Risiken sich bei der Einschätzung der Lage zu irren, dem militärischen Nutzen, wenn die Lage zutreffend beurteilt wurde und das Ziel erfolgreich bekämpft wurde und dem humanitären und politischen Schaden, wenn es schief geht. Diese Abwägung und die daraus folgende Entscheidung nimmt vor bzw. trifft der zuständige militärische Führer, nicht dessen Rechtsberater. Das Argument der „Zweitschlagswaffe“ halte ich für wenig überzeugend. Selbst wenn der Rechtsrahmen ausschließlich den Waffeneinsatz zur Selbstverteidigung erlaubt, brauche ich nicht zu warten, dass der Angreifer zuerst schießt. Die Herausforderung besteht darin sicher zu beurteilen, ob ein Angriff unmittelbar bevorsteht. Wenn ich warte, dass der andere zuerst schießt, gehe ich natürlich auf Nummer sicher. Rechtlich erforderlich ist das aber nicht.
Der Vorteil einer bewaffneten Drohne ist ja gerade, dass ich ein potentielles Ziel über einen langen Zeitraum beobachten kann. Hätte damals in Kunduz statt der Flugzeuge eine bewaffnete Drohne zur Verfügung gestanden, wäre es vermutlich nicht zum Waffeneinsatz gekommen.
@nachhaltig:
“ Wird sie den sofort erschießen? Oder gibt es da andere Regeln? Warum sollen diese dann nicht auch für Drohnen gelten?“
Genau darum geht ja. Jedoch sind die Regeln andere als oftmals in der deutschen Debatte vermutet. Wenn sie sich näher damit beschäftigen möchten, die teilweise hier verlinkten vorherigen Diskussionen geben da schon recht viel Lesestoff her.
Kurz gesagt:
Ein bewaffneter Konflikt folgt nicht der Logik der StPO und ist trotzdem verfassungsrechtlich möglich. Auch wenn Personen ohne Gerichtsurteil gezielt ausserhalb der Selbstverteidigung getötet werden. Die Detaillierung ist in einer Vielzahl von Folgeregelungen langjährige Praxis.
Im Rahmen der Drohnendebatte wird aber fortlaufend so getan als würde die NATO und die Bw im Jahr 1991 erstmals über Einsatz gegen asymmetrische Gegner nachdenken.
Das Thema ist aber halt politisch unbequem, daher befördert auch das BMVg weiter Scheindebatten um Selbstverteidigung, Einsatzkonzepte, Einsatzregeln, etc.
Die Regeln gibt es längst. Mit oder ohne Drohnen. Im Kern weicht man der darin liegenden Wahrheit aus:
Streitkräfte müssen in der Lage sein zur Auftragserfüllung Gewalt anzuwenden.
Wobei man schon ein bisschen im Hinblick auf aktuelle und mögliche Einsätze der Bundeswehr differenzieren sollte. Internationale bewaffnete Konflikte mit Anwendung des klassischen humanitären Völkerrechts sind ja eher die Ausnahme und nicht das Problem. In nicht-internationalen Konflikten besteht das Problem der direct participation, also wann ist ein Zivilist, der sich an Kampfhandlungen beteiligt oder diese unterstützt ein zulässiges militärisches Ziel. Hier besteht dann neben einer im Detail nicht international konsentierten Rechtsmeinung das zusätzliche Problem, dass auch das jeweilige Lagebild regelmäßig nicht eindeutig ist und nur auf mehr oder weniger überzeugenden Indizien basiert. Dazu kommt das weiter oben schon skizzierte Problem der Kollateralschäden, die im internationalen bewaffneten Konflikt bis zum Exzessverbot in Kauf genommen werden können. Im nicht-internationalen Konflikt ist das zumindest nicht so eindeutig. Und selbst, wenn man Kollateralschäden für zulässig hält, zeigen die Konzepte zu Counter Insurgency, dass sie contraproduktiv sind. Daher auch damals Wut der Amerikaner über das Kunduzbombardement. Unabhängig von einer völker- und strafrechtlichen Zulässigkeit, waren die Folgen der Aktion genau die, die der damalige COM ISAF vermeiden wollte. Im Rahmen von Counter Terrorism sind gezielte Tötungen von Terroristen erst recht zweifelhaft, da hier noch nicht mal zwangsläufig das Rechtsregime des nicht-internationalen bewaffneten Konflikts gilt. Der Punkt mit den bewaffneten Drohnen ist nun, dass man damit natürlich genau wie mit jedem Waffensystem nach unserem Rechtsverständnis illegale Dinge tun und Kriegsverbrechen begehen kann. Sie sind aber eben auch besser als andere Waffensysteme geeignet zu verhindern das Kollateralschäden entstehen. Meiner Ansicht nach sollte dieser Aspekt im Vordergrund stehen.
@Nachhaltig & @ Alpha November
Ich hatte dieses Beispiel bewusst gewählt, um zu illustrieren, wie in der allgemeinen Wahrnehmung durch die bloße Einbeziehung einer Drohne eine rechtlich relativ eindeutige Konstellation plötzlich als fragwürdig erscheinen kann. Wie memoria jedoch richtig anmerkt, genügt im Zuge eines bewaffneten Konflikts nach internationalem Recht bereits das Indiz einer Feindseligkeit, um feindliche Kombattanten angreifen zu dürfen.
Zwar haben wir vorliegend die interessante Konstellation, dass die Exekutive (namentlich die Regierung) der Judikative im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens vorgeben kann, ob der operative Rahmen des Geschehnisses als bewaffneter Konflikt nach internationalem Recht zu beurteilen ist, oder das strengere (Friedens-)Strafrecht angewendet werden muss; ihr obliegt nämlich die alleinige Verantwortung für die deutsche Außenpolitik. (Was freilich nur gilt, solange die Angreifer keine regulären Kombattanten sind.)
Es besteht aber meines Erachtens nach sogar eine gewisse Aussicht darauf, dass das Verbringen einer Sprengfalle bereits die strafrechtlichen Kriterien eines gegenwärtigen Angriffs erfüllt, der im Rahmen der Notwehr beziehungsweise Nothilfe eine Gewaltanwendung rechtfertigt.
Im deutschen Strafrecht gilt der Grundsatz: Recht weicht Unrecht nicht. Spätestens in dem Moment, in dem die Sprengfalle eingebracht ist, stellt sie für mich und andere (Verbündete, Zivilisten, Feuerwerker) eine tödliche Gefahr dar, deren Entstehung ich keineswegs tolerieren muss.
Bleibt das Gebot der Verhältnismäßigkeit. Und da besteht der entscheidende Unterschied zwischen dem Szenario, in dem ich Kräfte vor Ort habe, und demjenigen, wo nur die Drohne in 13 Kilometer Höhe zur Verfügung steht. Habe ich geeignete Kräfte vor Ort (etwa ein gepanzertes Fahrzeug, das mich vor der Explosionswirkung schützt), würde es mir nach strafrechtlichen Maßgaben obliegen, zunächst ein milderes Mittel zu wählen, zum Beispiel die Drohung.
Habe ich nur die hochfliegende Drohne, kann ich nicht viel mehr tun, als zu beobachten oder zu schießen. Folglich ist es naheliegend, für den Einsatz der Drohne eigene Einsatzregeln zu entwickeln.
Freilich erhellt aus dem Gesagten auch: Das Erfordernis besteht in der Praxis, weil sich der Staat aus unterschiedlichen politischen Gründen selbst beschränkt. Denn in dem Augenblick, da ich in einer Auseinandersetzung zwischen staatlichen oder innerstaatlichen Akteuren Partei ergreife, und sei es auch nur durch die Gewährung von Überflugsrechten für Kampfflugzeuge, werde ich nach puristischer Definition Partei in einem (nicht-)internationalen bewaffneten Konflikt.
In einem nichtinternationalen bewaffneten Konflikt ist das Völkerrecht natürlich nur begrenzt anwendbar, was sich indes hauptsächlich auf den Umgang mit illegalen Kombattanten bezieht (also kämpfende Zivilisten, die nicht die Gebräuche des Krieges beachten). Ich kann sie als Kombattanten behandeln, aber auch als gewöhnliche Kriminelle (wenn auch nicht wahlweise).
Entscheide ich mich für Ersteres, folgt daraus, dass sie zu legitimen Zielen militärischer Gewalt werden, solange sie sich (vereinfacht gesagt) in einer Umgebung befinden, in der sie vernünftigerweise mit Angriffen rechnen müssen. Davon ausgenommen sind nur Aufenthalte an Orten, die das Völkerrecht explizit unter Schutz stellt, etwa Lazarette, religiöse Stäten oder neutrale Drittstaaten.
Gerade im Umgang mit Drohnen wird diese Problematik oft missverstanden. Eine Tötung im Krieg ist auch dann nicht illegal, wenn der Getötete den Feind nicht sieht oder sich in Sicherheit wähnt, etwa hinter der Frontlinie oder als untergetauchter Aufständischer. Wahrscheinlich halten weitaus mehr sogenannte gezielte Tötungen seitens Israels oder der USA in Pakistan völkerrechtlichen Geboten stand, als deren Kritiker annehmen.
@nachhaltig:
Etwas Lesestoff auch mit der Rechtsauffassung der Bundesregierung zu Gewaltanwendung ausserhalb der Selbstverteidigung:
https://augengeradeaus.net/2014/12/ueberraschung-bundeswehr-war-in-afghanistan-im-krieg/
Stellt sich bei genauerer Betrachtung eben anders dar wie in der oft aufgeregten öffentlichen Debatte und ist alles andere als neu. Aber diese Grundsätze kann man hier wohl fortlaufend wieder „neu“ in die Debatte einbringen.
@Muck:
„Habe ich nur die hochfliegende Drohne, kann ich nicht viel mehr tun, als zu beobachten oder zu schießen. Folglich ist es naheliegend, für den Einsatz der Drohne eigene Einsatzregeln zu entwickeln.“
Braucht man dann auch eigene Regeln für Flugzeuge und Hubschrauber?
Dann auch jeweils für G36-Schützen, MG-Schützen, Scharfschützen, etc?
Das ist ein Irrweg. Rechtlich und praktisch.
Auch das ist alles nicht drohnenspezifisch.
@muck: Ohne das jetzt hier zu einer völkerrechtlichen Diskussion und ins OT Abgleiten zu lassen:
– Im nicht-internationalen bewaffneten Konflikt gibt es keine Kombattanten. Kombattanten gibt’s nur im internationalen bewaffneten Konflikt.
– Im internationalen bewaffneten Konflikt braucht es überhaupt keine Feindseligkeit. Kombattanten dürfen da auch völlig unabhängig von individuellem feindseligem Verhalten bekämpft werden. Die Grenze ist Kampfunfähigkeit oder Kampfaufgabe.
– Im nicht-internationalen bewaffneten Konflikt kommt es darauf an, ob sich Zivilisten an direkt an Kampfhandlungen beteiligen (direct participation). Auch wenn die Kriterien dafür nicht unumstritten sind, reicht das Indiz einer Feindseligkeit – was immer das sein soll -nicht aus.
– Indiz für Feindseligkeiten klingt nach den ROE zu Hostile Intent/Hostile Act, auch wenn es die nicht genau trifft. Die ROE haben mit dem dem deutschen völker- und strafrechtlichen Rechtsrahmen nur begrenzt etwas zu tun. Vor allem bilden sie diesen nicht ab und schon gar nicht können sie ihn erweitern.
– Deutsches Strafrecht ist für deutsche Soldaten immer anwendbar, im Zusammenhang mit dem Kunduz-Verfahren hat der Generalbundesanwalt sowohl die Strafbarkeit nach dem Völkerstrafgesetzbuch als auch nach dem StGB geprüft.
Wie weiter oben bereits gesagt, für bewaffnete Drohnen braucht und gibt es keinen besonderen Rechtsrahmen. Bewaffnete Drohnen geben dem militärischen Führer aber ein Werkzeug, mit dem er in vielen Einsatzszenarien bessere – nicht zwangsläufig richtige – Entscheidungen über den Einsatz militärischer Gewalt treffen kann als mit anderen Waffensystemen.